© 2021 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 058/21 Wirtschaftsförderung nach dem Investitionsgesetz Kohleregionen: Ermessen der Länder Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 058/21 Seite 2 Wirtschaftsförderung nach dem Investitionsgesetz Kohleregionen: Ermessen der Länder Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 058/21 Abschluss der Arbeit: 13. Juli 2021 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung und Landwirtschaft Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 058/21 Seite 3 1. Fragestellung Es stellt sich die Frage, ob die Bundesländer bei der Verausgabung der nach § 4 des Investitionsgesetzes Kohleregionen (InvKG)1 vorgesehenen Finanzhilfen des Bundes zur Wirtschaftsförderung in den Braunkohlerevieren an ermessenslenkende Vorgaben gebunden sind. 2. Grundsatz: freies Ermessen Die öffentliche Hand ist bei der Wirtschaftsförderung grundsätzlich frei darin, die Mittel zu vergeben .2 Eine Förderung darf lediglich zu keiner willkürlichen Ungleichbehandlung führen (Art. 3 Grundgesetz – GG): „Bei der gewährenden Staatstätigkeit hat der Gesetzgeber weitgehende Freiheit darüber zu entscheiden , welche Personen oder Unternehmen durch finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden sollen […]. Zwar bleibt er auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Das bedeutet aber nur, dass er seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten verteilen darf. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützt […].“3 Dies gilt auch für die Rechtsanwendung durch die Exekutive im Bereich der Leistungsverwaltung .4 3. Vorgaben des Investitionsgesetzes Kohleregionen Kapitel 1 des InvKG regelt die Finanzhilfen des Bundes nach Art. 104b GG für besonders bedeutsame Investitionen der Länder in den Braunkohlerevieren. Bei der Vergabe der Bundesmittel haben die Länder freies Ermessen innerhalb der eher allgemein gehaltenen Vorgaben des InvKG. § 1 InvKG nennt in Anlehnung an Art. 104b GG als Förderziele den Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft und die Förderung des wirtschaftlichen Wachstums in den Fördergebieten Lausitzer Revier, Rheinisches Revier und Mitteldeutsches Revier. § 4 benennt ausgewählte Förderbereiche , in denen der Bund die Finanzhilfen den Ländern für Investitionen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Infrastruktur gewährt. Dabei sollen die Investitionen insbesondere nach den folgenden Kriterien ausgewählt werden (§ 4 Abs. 2 InvKG): 1 https://www.gesetze-im-internet.de/invkg/BJNR179510020.html. 2 Siehe auch den Sachstand WD 5 – 3000 – 003/21 (Bedingungen bei Wirtschaftshilfen), https://www.bundestag .de/resource/blob/817916/e3e16f2fff1168ced5e660a3b1e50ace/WD-5-003-21-pdf-data.pdf. 3 BVerfGE 122, 1 (23) – Hervorhebung durch Autor. 4 Wollenschläger in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Auflage 2018, Art. 3 Rn. 216; Rossi in: Gröpl, Bundeshaushaltsordnung/Landeshaushaltsordnungen, 2. Auflage 2019, § 44 Rn. 10. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 058/21 Seite 4 – Schaffung und Erhalt von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in den Fördergebieten oder Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur und – Verbesserung der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts in den Fördergebieten. Schließlich sollen die geförderten Investitionen auch unter Berücksichtigung künftiger demografischer Entwicklungen nutzbar sein und im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen im Rahmen der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie stehen (§ 4 Abs. 3 InvKG). Weitere Ansatzpunkte für die regionale Entwicklung und die Verwendung der Finanzhilfen werden in den Leitbildern der Länder beschrieben, die sich auf eine nachhaltige Entwicklung in einem umfassenden ökonomischen, ökologischen und sozialen Verständnis beziehen (§ 1 Abs. 3 i.V.m. Anlagen 1 bis 3 InvKG). Diese Leitbilder benennen jeweils besondere Handlungs- oder Projektfelder für das jeweilige Braunkohlerevier. Weitere Einzelheiten können die Länder in Förderrichtlinien regeln.5 Dabei können die Länder grundsätzlich auch bestehende Förderrichtlinien des Bundes oder eines anderen Landes übernehmen , oder Teile solcher Richtlinien, insoweit diese der Umsetzung der allgemein gehaltenen Vorgaben des InvKG dienen. Die Förderung nach § 4 InvKG hat einen weitgehenden Fokus auf Infrastruktur. Dies ergibt sich schon explizit aus den Nr. 1 und 5-8 von Abs. 2, aber auch implizit weitgehend aus den anderen Nummern des Abs. 2.6 Insoweit ist diese Förderung grundsätzlich unabhängig von personenbezogenen Leistungsansprüchen, wie sie sich z. B. aus der Sozialgesetzgebung ergeben. Hätte der Bundesgesetzgeber einen besonderen Förderschwerpunkt gewünscht, z. B. für bestimmte Sozialoder Weiterbildungsbereiche, hätte er dies im InvKG verankern müssen. *** 5 Vgl. Förderrichtlinie Strukturentwicklung zum Lausitzer Braunkohlerevier Land Brandenburg, https://bravors .brandenburg.de/verwaltungsvorschriften/strukturentwicklung_braunkohle_2020; Richtlinie Sachsen-Anhalt Revier 2038, https://www.ib-sachsen-anhalt.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Kommunen/Revier 2038_Richtlinie.pdf; Förderrichtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Regionalentwicklung zur Gewährung von Zuwendungen nach dem Investitionsgesetz Kohleregionen, https://www.strukturentwicklung .sachsen.de/download/RL_InvKG_final.pdf; Rahmenrichtlinie zur Umsetzung des Investitionsgesetzes Kohleregionen in Nordrhein-Westfalen, https://www.wirtschaft.nrw/sites/default/files/asset/document/foerderrichtlinie _strukturwandel_nrw_08-12-2020_final.pdf. 6 Vgl. auch BT-Drs. 19/13398, Gesetzentwurf InvKG, S. 39: „Gute Infrastruktur und eine in der Folge positive Wirtschaftsentwicklung“ als Gesetzesfolge des InvKG, https://dserver.bundestag.de/btd/19/133/1913398.pdf.