© 2016 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 058/16 Ersatz von Bergschäden aufgrund des Braunkohlentagebaus in Deutschland Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 058/16 Seite 2 Ersatz von Bergschäden aufgrund des Braunkohlentagebaus in Deutschland Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 058/16 Abschluss der Arbeit: 20. Juli 2016 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 058/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Grundlagen des Bergschadensrechts nach Bundesberggesetz 4 2.1. Bergrechtliche Berechtigung und Betriebsplanverfahren im Sinne des BBergG 5 2.2. Überblick zu den rechtlichen Vorgaben der §§ 114 ff. BBergG für den Ersatz von Bergschäden im Zusammenhang mit Braunkohleabbauvorhaben 6 2.2.1. Vorliegen eines Bergschadens 6 2.2.2. Umfang der bergrechtlichen Schadensersatzpflicht 7 2.2.3. Verpflichtete eines bergrechtlichen Schadensersatzanspruchs 8 3. Stellungnahmen der braunkohleabbauenden Unternehmen 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 058/16 Seite 4 1. Einleitung Im Zeitpunkt der Erstellung der vorliegenden Arbeit wird Braunkohle in Deutschland in vier Revieren durch die nachfolgenden Unternehmen gefördert: Das rheinische Revier im Westen Nordrhein -Westfalens wird durch die RWE Power AG betrieben. In der brandenburgischen Lausitz ist die Vattenfall Europe Mining AG aktiv.1 In Mitteldeutschland (Südosten Sachsen-Anhalts sowie Nordwesten Sachsens) wird Braunkohle durch die MIBRAG GmbH sowie die ROMONTA GmbH gefördert. Und im Revier Helmstedt ist die Helmstedter Revier GmbH, ein 100 %iges Tochterunternehmen der MIBRAG GmbH, tätig.2 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, wie und in welchem Umfang Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte von Land- und/oder Forstwirtschaftsflächen entschädigt werden, wenn diese Flächen aufgrund von Folgeschäden des Braunkohlenbergbaus (Senkungsgefahr, Verockerung von Wasserläufen etc.) gesperrt wurden. Zu diesem Zweck werden im ersten Teil des Gutachtens die schadensersatzrechtlichen Grundlagen dargestellt und erläutert. Im zweiten Teil werden die Antworten der o. g. Unternehmen auf diese Frage wiedergegeben. 2. Grundlagen des Bergschadensrechts nach Bundesberggesetz Etwaige Ansprüche zum Ersatz von Folgeschäden des Braunkohlenbergbaus richten sich hinsichtlich ihres Inhalts und ihrer Reichweite nach den rechtlichen Vorgaben der §§ 114 ff. Bundesberggesetz (BBergG)3. Dabei liegt dem Bundesberggesetz eine mehrstufige Systematik zugrunde , die auf der ersten Stufe die Notwendigkeit einer bergrechtlichen Berechtigung, auf der zweiten Stufe eine das konkrete Abbauvorhaben zulassende bzw. beendende Betriebsgenehmigung und nach Abschluss des Abbauvorhabens auf der dritten Stufe etwaige Haftungsansprüche für Bergschäden vorsieht. Da diese Systematik auch für die Frage von Bedeutung ist, wer Ersatz für eventuelle Folgeschäden des Braunkohlenbergbaus zu leisten hat, werden die entsprechenden Grundzüge nachfolgend erläutert. Im Anschluss werden die Regelungen der §§ 114 ff. BBergG skizziert. 1 Zum Verkauf der Braunkohlesparte der Vattenfall AB, die sich vollständig im Besitz des schwedischen Staats befindet, an ein tschechisches Konsortium bestehend aus dem Energieversorgungsunternehmen Energetický a Průmyslový holding a. s. (EPH) und dem Finanzunternehmen PPF Investments vgl. Spiegelonline (2016). Vattenfall : Schweden billigt Verkauf von Braunkohlesparte an tschechische Firma. Onlineveröffentlichung vom 02.07.2016. Link: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/vattenfall-schweden-stimmt-braunkohle-verkauf -an-tschechische-firma-zu-a-1101005.html (letzter Abruf: 19.07.2016). 2 Vgl. DEBRIV – Bundesverband Braunkohle (2015). Braunkohle in Deutschland 2015. Profil eines Industriezweigs . Mai 2015. S. 24, 33. Link: http://www.braunkohle.de/3-0-Unsere-Braunkohle.html (letzter Abruf: 19.07.2016) 3 Bundesberggesetz vom 13.08.1980, BGBl. I S. 1310; zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.05.2016, BGBl. I S. 1217. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 058/16 Seite 5 2.1. Bergrechtliche Berechtigung und Betriebsplanverfahren im Sinne des BBergG Nach § 2 BBergG gilt das Gesetz insbesondere für das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen. Während grundeigene Bodenschätze (§ 3 Abs. 4 BBergG) im Eigentum des jeweiligen Grundeigentümers stehen, erstreckt sich das Grundeigentum nach § 3 Abs. 2 BBergG gerade nicht auf bergfreie Bodenschätze wie etwa Braunkohle (§ 3 Abs. 3 BBergG). Um letztere aufsuchen und gewinnen zu können, ist daher eine Bergbauberechtigung nach § 6 BBergG erforderlich. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen zwei Arten bergrechtlicher Berechtigungen: Die Erlaubnis nach § 7 BBergG gewährt das ausschließliche Recht, bergfreie Bodenschätze aufzusuchen.4 Die Bewilligung nach § 8 BBergG vermittelt das ausschließliche Recht, bergfreie Bodenschätze gewinnen zu dürfen.5 Das Verfahren zur Erteilung bergrechtlicher Berechtigungen richtet sich nach § 10 ff. BBergG. Sollten die normierten Versagensgründe nicht vorliegen, besteht ein gebundener Anspruch der Antragsteller auf Erteilung der konkret beantragten bergrechtlichen Berechtigung.6 Aus diesen Berechtigungen folgt jedoch nicht automatisch die Befugnis, sie auch ausüben zu dürfen .7 Vielmehr dürfen Betriebe zur Aufsuchung und/oder Gewinnung bergfreier oder grundeigener Bodenschätze nur aufgrund von Betriebsplänen errichtet, geführt und eingestellt werden, die vom Unternehmer aufgestellt und von der zuständigen Behörde zugelassen worden sind (Betriebspläne nach §§ 51 ff. BBergG).8 Das Gesetz kennt dabei eine Reihe unterschiedlicher zulassungspflichtiger Betriebspläne wie etwa den Hauptbetriebsplan nach § 52 Abs. 1 BBergG, Sonderbetriebspläne nach § 52 Abs. 2 Nr. 2 BBergG, gemeinschaftliche Betriebspläne nach § 52 Abs. 3 BBergG sowie Abschlussbetriebspläne bei Einstellung des Bergbaubetriebs nach § 53 BBergG. Die Betriebsplanpflicht ist dabei als präventiver Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet: Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, besteht ein gebundener Anspruch auf Zulassung des Betriebsplans .9 Für die aus den Betriebsplänen folgenden Pflichten, wie auch für die Pflichten nach BBergG insgesamt , sind die in § 58 ff. BBergG genannten natürlichen und juristischen Personen verantwortlich . 4 Zum Begriff des Aufsuchens vgl. § 4 Abs. 1 BBergG. 5 Zum Begriff des Gewinnens vgl. § 4 Abs. 2 BBergG. 6 Weller, Herbert/Kullmann, Ulrich (2012). In: Kullmann, Ulrich. Bundesberggesetz. Kommentar. 1. Auflage 2012. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft. § 11 Rn. 1. Weiterhin dazu Ludwig, Grit (2012). Umweltaspekte in Verfahren nach dem BBergG. Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR). 23. Jahrgang (2012). Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft. S. 150 – 157. 7 So u. a. Ludwig, Grit (2012). A. a. O. (Fn. 6). S. 150. 8 So § 51 Abs. 1 S. 1 BBergG. 9 Dazu Weller, Herbert/Kullmann, Ulrich (2012). A. a. O. (Fn. 6). § 51 Rn. 1, § 55 Rn. 2. Etwas anderes gilt für die Aufstellung von Rahmenbetriebsplänen für Bergbauvorhaben, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 57c BBergG bedürfen, und für deren Zulassung ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist. Vgl. dazu § 52 Abs. 2a i. V. m. §§ 57a ff. BBergG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 058/16 Seite 6 2.2. Überblick zu den rechtlichen Vorgaben der §§ 114 ff. BBergG für den Ersatz von Bergschäden im Zusammenhang mit Braunkohleabbauvorhaben Als Ausgleich für die Duldungspflicht, die das Bergrecht Grundeigentümern im Hinblick auf die Einwirkung der Bergbauvorhaben auf die Erdoberfläche auferlegt, normiert das Bundesberggesetz in den §§ 114 ff. BBergG ein umfangreiches Schadensrecht, welches zugunsten eines Geschädigten eine reine Verursachungs- bzw. Gefährdungshaftung im Falle von Bergschäden normiert.10 2.2.1. Vorliegen eines Bergschadens Für die Beantwortung der Frage, ob ein zum Schadensersatz verpflichtender Bergschaden vorliegt , sind die Regelungen des § 114 BBergG entscheidend. Die Norm lautet: „§ 114 Bergschaden (1) Wird infolge der Ausübung einer der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 bezeichneten Tätigkeiten oder durch eine der in § 2 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Einrichtungen (Bergbaubetrieb) ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt (Bergschaden), so ist für den daraus entstehenden Schaden nach den §§ 115 bis 120 Ersatz zu leisten. (2) Bergschaden im Sinne des Absatzes 1 ist nicht 1. ein Schaden, der an im Bergbaubetrieb beschäftigten Personen oder an im Bergbaubetrieb verwendeten Sachen entsteht, 2. ein Schaden, der an einem anderen Bergbaubetrieb oder an den dem Aufsuchungs- oder Gewinnungsrecht eines anderen unterliegenden Bodenschätzen entsteht, 3. ein Schaden, der durch Einwirkungen entsteht, die nach § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht verboten werden können, 4. ein Nachteil, der durch Planungsentscheidungen entsteht, die mit Rücksicht auf die Lagerstätte oder den Bergbaubetrieb getroffen werden und 5. ein unerheblicher Nachteil oder eine unerhebliche Aufwendung im Zusammenhang mit Maßnahmen der Anpassung nach § 110.“ Liegen diese Voraussetzungen vor, ist ein Geschädigter aufgrund dieser Regelungen insofern privilegiert , als dass der Schadensersatzanspruch nicht vom Nachweis der Rechtswidrigkeit der schadensverursachenden Handlung oder von einem Verschulden des Schädigers abhängt (Gefährdungshaftung ). Voraussetzung für das Vorliegen eines Bergschadens ist allerdings, dass der Schaden durch einen Bergbaubetrieb verursacht wurde. Folglich muss für die Bejahung eines 10 Weller, Herbert/Kullmann, Ulrich (2012). A. a. O. (Fn. 6). Einleitung Rn. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 058/16 Seite 7 Bergschadens ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen bergbaulichen Tätigkeiten oder Einrichtungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 – 3 BBergG und dem entstandenen Schaden bestehen (haftungsbegründende Kausalität).11 Die Beweislast für das Vorliegen dieser Voraussetzung trägt der Geschädigte.12 Die Bergschadensvermutung nach § 120 BBergG, wonach vermutet wird, dass ein Schaden durch einen Bergbaubetrieb verursacht worden ist, wenn im Einwirkungsbereich dieses Bergbaubetriebs ein Schaden durch Senkungen, Pressungen oder Zerrungen der Oberfläche oder durch Erdrisse entsteht und dieser Schaden seiner Art nach ein Bergschaden sein kann, gilt für den Braunkohlentagebau nicht, da sie nur untertägige Bergbaubetriebe erfasst.13 Braunkohle wird jedoch im Tagebau gefördert. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass etwa in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. September 2010 die Anrufungsstelle Bergschaden Braunkohle NRW existiert, die Bergschadensbetroffenen im rheinischen Braunkohlenrevier dabei helfen soll, eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden, um etwaige Ersatzansprüche zu klären.14 2.2.2. Umfang der bergrechtlichen Schadensersatzpflicht Der Umfang der Schadensersatzpflicht ist Regelungsgegenstand des § 117 BBergG. Die Norm lautet auszugsweise: „§ 117 Umfang der Ersatzpflicht, Verjährung, Rechte Dritter (1) Der Umfang der Ersatzpflicht richtet sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verpflichtung zum Ersatz des Schadens im Falle einer unerlaubten Handlung, jedoch mit folgenden Einschränkungen: 1. Im Falle der Tötung oder Verletzung eines Menschen haftet der Ersatzpflichtige für jede Person bis zu einem Kapitalbetrag von 600000 Euro oder bis zu einem Rentenbetrag von jährlich 36.000 Euro. 2. Im Falle einer Sachbeschädigung haftet der Ersatzpflichtige nur bis zur Höhe des gemeinen Wertes der beschädigten Sache; dies gilt nicht für die Beschädigung von Grundstücken , deren Bestandteilen und Zubehör. (2) […]“ 11 Weller, Herbert/Kullmann, Ulrich (2012). A. a. O. (Fn. 6). § 114 Rn. 1. 12 Weller, Herbert/Kullmann, Ulrich (2012). A. a. O. (Fn. 6). § 120 Rn. 1. 13 Vgl. den Wortlaut der Norm, der nur die untertägige Aufsuchung und Gewinnung erfasst. 14 Für weitere Details vgl. die Informationen auf der Internetseite der Anrufungsstelle. Link: http://www.anrufungsstelle .de/ (letzter Abruf: 19.07.2016). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 058/16 Seite 8 Aufgrund der Verweisung auf das Deliktsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs15 (BGB) gelten für die Frage nach der Haftungsausfüllung eines Schadensersatzanspruchs wegen eines Bergschadens grundsätzlich die Vorgaben der §§ 249 ff. BGB in der durch § 117 BBergG modifizierten Fassung.16 Die insoweit anwendbaren §§ 249 – 251 BGB unterscheiden zwei Formen des Schadensersatzes: einerseits die Herstellung des Zustands, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde (Naturalrestitution ), und andererseits den Geldersatz, wobei das Gesetz die Naturalrestitution als Regelfall ansieht und Geldersatz nur in den im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen geschuldet ist.17 Ob und inwieweit eine Naturalrestitution in dem Fall in Frage kommt, in dem Land- und/oder Forstwirtschaftsflächen aufgrund von Folgeschäden des Braunkohletagebaus gesperrt werden , kann nicht allgemeingültig beantwortet werden und hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Sollte die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands jedoch nicht möglich sein, müsste der zum Schadensersatz Verpflichtete nach § 251 BGB in Geld entschädigen. In diesem Fall müssten die Beschränkungen des § 117 BBergG geprüft werden. Zwar meint der gemeine Wert im Sinne des § 117 Abs. 1 Nr. 2 BBergG den im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für eine Sache zu erzielenden Preis.18 Nach dem Wortlaut der Norm gilt diese Beschränkung der Anspruchshöhe aber gerade nicht für die Beschädigung von Grundstücken sowie deren Bestandteilen und Zubehör. Insofern hat § 117 Abs. 1 Nr. 2 BBergG für die Praxis nur geringe Bedeutung, da Grundstücksschäden den Regelfall für zu ersetzende Bergschäden bilden.19 Im Ergebnis lässt sich die Frage nach Form und Umfang eines Anspruchs auf Ersatz eines Bergschadens an Grundstücken ohne Kenntnis der Umstände des konkreten Einzelfalls nicht pauschal beantworten. Rechtliche Einzelfallprüfungen fallen jedoch nicht in die Zuständigkeit der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages. 2.2.3. Verpflichtete eines bergrechtlichen Schadensersatzanspruchs Die §§ 115, 116 BBergG enthalten Regelungen zur Beantwortung der Frage, wer zum Ersatz eines Bergschadens verpflichtet ist. Nach § 115 Abs. 1 BBergG ist zum einen der Unternehmer verpflichtet , der den Bergbaubetrieb zur Zeit der Verursachung des Bergschadens betrieben hat oder für eigene Rechnung hat betreiben lassen. Zum anderen ist nach § 116 Abs. 1 S. 1 BBergG auch der Inhaber der dem Bergbaubetrieb zugrundeliegenden Bergbauberechtigung zum Schadenser- 15 Bürgerliches Gesetzbuch vom 02.01.2002, BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738; zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.05.2016, BGBl. I S. 1190. 16 Grundsätzlich zur Bedeutung der §§ 249 ff. BGB Oetker, Hartmut (2016). In: Säcker, Franz Jürgen/Rixecker, Roland /Oetker, Hartmut/Limperg, Bettina (Hrsg.). Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Band 2. 7. Auflage 2016. München: C. H. Beck. § 249 Rn. 1 f. 17 So Oetker, Hartmut (2016). A. a. O. (Fn. 16). Rn. 320. 18 So Weller, Herbert/Kullmann, Ulrich (2012). A. a. O. (Fn. 6). § 117 Rn. 1. 19 So Weller, Herbert/Kullmann, Ulrich (2012). A. a. O. (Fn. 6). § 117 Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 058/16 Seite 9 satz verpflichtet. Gegenüber dem Geschädigten haften Unternehmer und Inhaber der Bergbauberechtigung nach § 116 Abs. 1 S. 2 BBergG als Gesamtschuldner. Der Geschädigte hat in diesem Fall die Wahlmöglichkeit, ob er den Unternehmer oder den Inhaber der Bergbauberechtigung ganz oder teilweise auf Erfüllung des Schadensersatzanspruchs in Anspruch nimmt.20 Für den Fall der Insolvenz oder des Wegfalls des Schuldners besteht für Geschädigte die Möglichkeit , auf den Bergschadensausfallkasse e. V. zurückzugreifen, der im Jahr 1987 gegründet wurde und in Bonn ihren Sitz hat.21 3. Stellungnahmen der braunkohleabbauenden Unternehmen Den oben aufgeführten Unternehmen mit Ausnahme der Helmstedter Revier GmbH22 wurden per E-Mail folgende Fragen mit der Bitte um Beantwortung übersandt: „1. Wie und in welchem Umfang wurden im Zeitraum von 2012 bis heute Bergschäden nach den §§ 114 ff. BBergG durch Ihr Unternehmen bzw. durch die Bergschadensausfallkasse e. V. reguliert, die auf ehemalige oder aktive Braunkohleabbauvorhaben zurückzuführen sind (ggf. nach Bundesländern aufgeschlüsselt)? 2. Wie und in welchem Umfang wurden in diesem Zeitraum Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte von Land- und/oder Forstwirtschaftsflächen entschädigt, wenn diese Flächen aufgrund von Folgeschäden des Braunkohlebergbaus (Senkungsgefahr, Verockerung von Wasserläufen etc.) gesperrt wurden (ggf. nach Bundesländern aufgeschlüsselt)?“ Die RWE Power AG antwortete folgendermaßen: „zu Frage 1) – Bergschadenssituation im Rheinischen Braunkohlenrevier: Die Bergschadenssituation im Rheinischen Braunkohlenrevier (NRW) ist seit vielen Jahren in etwa gleichbleibend (siehe Tabelle). Ca. 250 – 300 neue Schadensmeldungen an Gebäuden pro Jahr gehen bei der RWE Power AG ein. Unter diesen Erstmeldungen erweisen sich nach sorgfältiger Prüfung nur wenige als neue Bergschadensfälle. Dies ist insofern auch fachlich erklärbar, als dass die großräumigen Entwässerungsmaßnahmen bereits seit Jahrzehnten wirken und schadensverursachende geologische Besonderheiten (Tektonik, Aue) überwiegend bereits vor vielen Jahren aktiviert bzw. beeinflusst wurden. Zusätzlich zu den Erstmeldungen wurden in den vergangenen Jahren an ca. 500 – 600 Objekten pro Jahr zum wiederholten Male Schäden gemeldet. Hierbei handelt es sich überwiegend um bekannte , ältere Bergschäden, die in Abstimmung mit den Betroffenen reguliert werden. 20 Zur Bedeutung von § 421 BGB vgl. Bydlinski, Peter (2016). In: Säcker, Franz Jürgen/Rixecker, Roland/Oetker, Hartmut/Limperg, Bettina (Hrsg.). A. a. O. (Fn. 16). § 421 Rn. 1 ff. 21 Weller, Herbert/Kullmann, Ulrich (2012). A. a. O. (Fn. 6). § 122 Rn. 3 f. 22 Wie gezeigt, steht die Helmstedter Revier GmbH zu 100 % im Eigentum der angefragten MIBRAG GmbH. Insofern wird davon ausgegangen, dass die Antworten der MIBRAG GmbH auch für das 100 %ige Tochterunternehmen gelten. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 058/16 Seite 10 Für die Regulierung der Bergschäden wendet RWE Power jährlich rund 10 Mio. € auf. Bergschäden Gebäude Erstmeldungen davon neue Bergschäden Wiederholungsmeldungen 2012 300 29 521 2013 270 19 612 2014 278 23 550 2015 251 23 553 2016 (1. HJ) 174 21 295 zu Frage 2) – Entschädigungen Land-/Forstwirtschaft: In den Tagebauen werden jährlich mehrere hundert ha land- und forstwirtschaftliche Flächen im Zuge der Wiedernutzbarmachung hergestellt. Landwirtschaftliche Flächen werden nach etwa 7jähriger Zwischenbewirtschaftung an Landwirte abgegeben. Alle wiederhergestellten land- und forstwirtschaftlichen Flächen sind ohne Einschränkung nutzbar; im Rheinischen Braunkohlenrevier wurden daher auch keine Land- und/oder Forstwirtschaftsflächen aufgrund von Folgeschäden des Braunkohlebergbaus gesperrt.“ Die Vattenfall Europe Mining AG antwortete auf die Fragen folgendermaßen: „[zu Frage 1] Im territorialen Verantwortungsbereich der Vattenfall Europe Mining AG wurden in dem von ihnen genannten Zeitraum Bergschäden nach den §§ 114 ff. BBergG wie folgt reguliert : - Brandenburg (Tagebau Jänschwalde, Cottbus-Nord und Welzow-Süd): angemeldet 200, davon in Bearbeitung 59, reguliert 58, abgelehnt 83 - Sachsen (Tagebau Nochten und Reichwalde): angemeldet 171, davon in Bearbeitung 50, reguliert 66, abgelehnt 55. [zu Frage 2] Im territorialen Verantwortungsbereich der Vattenfall Europe Mining AG gibt es keine Flächen , die aufgrund von Folgeschäden des Braunkohlebergbaus gesperrt sind. Ihre Frage Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 058/16 Seite 11 zielt vermutlich auf die gesperrten Flächen des Sanierungsbergbaus ab. Um dazu Informationen zu erhalten, bitte ich sie, sich an die LMBV[23] zu wenden.“ Die MIBRAG GmbH beantwortete die Fragen folgendermaßen: „1. Wir haben in dem angegebenen Zeitraum keine Bergschäden reguliert. Dies gilt auch für die Bergschadensausfallkasse, die ja ohnehin nur eintreten würde, wenn der eigentlich ersatzpflichtige Bergbauunternehmer oder der Bergbauberechtigte ausgefallen ist. 2. In diesem Zeitraum mussten auch keine Land- oder Forstwirtschaftsflächen aufgrund von Folgeschäden des Bergbaus gesperrt werden. Dementsprechend mussten hierfür auch keine Entschädigungen an Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte gezahlt werden .“ Die ROMONTA GmbH antwortete auf die Fragen, dass „1.) im Zeitraum von 2012 bis heute keine Bergschäden nach den §§ 114 ff. BBergG durch unser Unternehmen bzw. durch die Bergschadensausfallkasse e. V. reguliert worden sind, die auf ehemalige oder aktive Braunkohleabbauvorhaben zurückzuführen sind 2) in diesem Zeitraum keine Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte von Landund /oder Forstwirtschaftsflächen entschädigt wurden, da keine solcher Flächen aufgrund von Folgeschäden des Braunkohlebergbaus gesperrt waren bzw. sind.“ ENDE DER BEARBEITUNG 23 Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) ist ein bundeseigenes Bergbauunternehmen , das im Sanierungsbergbau tätig ist. Zu Art und Umfang von Entschädigungen durch diese Gesellschaft für Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte in Fällen der Sperrung von Land- und Forstwirtschaftsflächen aufgrund von Folgeschäden des Braunkohleabbaus siehe: Deutscher Bundestag (2016). Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 17. Mai 2016 eingegangenen Antworten der Bundesregierung. BT-Drs. 18/8523. S. 51 (Antwort auf Frage 75).