© 2017 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 053/17 Einzelfragen zu rechtlichen Vorgaben für die militärische Luftfahrt Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 053/17 Seite 2 Einzelfragen zu rechtlichen Vorgaben für die militärische Luftfahrt Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 053/17 Abschluss der Arbeit: 7. Juli 2017 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 053/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Bedeutung und Inhalt des § 30 Abs. 1 LuftVG 4 3. Zuständigkeit für die Festlegung von Luftsperrgebieten und Gebieten mit Flugbeschränkungen 5 4. Bedeutung landesnaturschutzrechtlicher Regelungen für Errichtung und Betrieb von Militärflugplätzen 6 4.1. Rechtliche Vorgaben für die Zulässigkeit von Militärflugplätzen 7 4.2. Bedeutung landesrechtlicher Naturschutzregelungen in Schutzgebietsfestlegungen für die Genehmigung der Anlegung sowie der wesentlichen Änderung oder Erweiterung militärischer Flugplätze 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 053/17 Seite 4 1. Einleitung Die vorliegende Ausarbeitung setzt sich mit einer Reihe von Einzelfragen im Zusammenhang mit den rechtlichen Vorgaben für den Luftverkehr mit militärischen Luftfahrzeugen in Deutschland auseinander. 2. Bedeutung und Inhalt des § 30 Abs. 1 LuftVG Nachfolgend werden Inhalt und Reichweite des § 30 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG)1 erläutert sowie insbesondere der Frage nachgegangen, ob diese Norm auch Übungsflüge und den Grundbetrieb der Bundeswehr erfasst oder nur im Zusammenhang mit konkreten militärischen Missionen zur Anwendung kommt. § 30 Abs. 1 LuftVG lautet: „§ 30 (1) Die Bundeswehr und die Truppen der NATO-Vertragsstaaten sowie Truppen, die auf Grund einer gesonderten Vereinbarung in Deutschland üben, dürfen von den Vorschriften des Ersten Abschnitts dieses Gesetzes, ausgenommen die §§ 12,13 und 15 bis 19, und von den zu seiner Durchführung erlassenen Vorschriften unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung abweichen, soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben erforderlich ist. Das in § 8 vorgesehene Planfeststellungsverfahren entfällt, wenn militärische Flugplätze angelegt oder geändert werden sollen. Von den Vorschriften über das Verhalten im Luftraum darf nur abgewichen werden, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zwingend notwendig ist.“ Die Regelungen des § 30 LuftVG legen ausdrücklich die Sonderstellung fest, die die Militärluftfahrt im Vergleich zur Zivilluftfahrt als Folge ihrer sich aus der Landesverteidigung ergebenden Aufgaben einnimmt.2 So dürfen die in § 30 Abs. 1 LuftVG benannten Adressaten von bestimmten Vorgaben des 1. Abschnitts des LuftVG abweichen, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit der Landesverteidigung erforderlich ist (§ 30 Abs. 1 S. 1 LuftVG). Die in § 30 Abs. 1 S. 3 LuftVG genannten Voraussetzungen für ein Abweichen von den Vorschriften über das Verhalten im Luftraum sind demgegenüber enger gefasst; dies betrifft insbesondere die Vorgaben der LuftVO3, die im Wesentlichen die Verkehrsregeln zum Gegenstand hat, denen 1 Luftverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.05.2017, BGBl. I S. 698; zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.05.2017, BGBl. I S. 1298. 2 Umfassend dazu Schwenk, Walter/Giemulla, Elmar (2013). Handbuch des Luftverkehrsrechts. 4. Auflage 2013. Köln: Carl Heymanns Verlag. S. 521 ff. 3 So Schwenk, Walter/Giemulla, Elmar (2013). A. a. O. (Fn. 2). S. 522. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 053/17 Seite 5 jeder Betrieb von Luft- und somit auch von Militärluftfahrzeugen unterworfen ist.4 Eine Abweichung ist hier nur zulässig, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zwingend notwendig ist. Bei der Entscheidung über das Vorliegen dieser Voraussetzungen steht dem zuständigen Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) ein nur begrenzt verwaltungsgerichtlich überprüfbarer verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum zu.5 Zwingend notwendig können Abweichungen dabei nicht nur im Fall militärischer Einsatzflüge sein. Für die Aufrechterhaltung der Verteidigungsbereitschaft sind auch Übungen unter realistischen Einsatzbedingungen erforderlich , die ebenfalls Abweichungen von Verhaltensregeln notwendig machen können.6 Insbesondere bei militärischen Tiefflügen durch Unterschreitung von Sicherheitsmindesthöhen zu Übungszwecken ist die Frage nach der zwingenden Notwendigkeit Gegenstand gerichtlicher Verfahren .7 Insofern erfasst § 30 Abs. 1 S. 3 LuftVG auch Übungsflüge und den Grundbetrieb der Bundeswehr , wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen. 3. Zuständigkeit für die Festlegung von Luftsperrgebieten und Gebieten mit Flugbeschränkungen Nachfolgend wird der Frage nachgegangen, wie die Zuständigkeiten für die Festlegung von Luftsperrgebieten und Gebieten mit Flugbeschränkungen geregelt sind. Nach § 26 Abs. 1 LuftVG können bestimmte Lufträume vorübergehend oder dauernd für den Luftverkehr gesperrt werden (Luftsperrgebiete). Daneben kann der Durchflug von Luftfahrzeugen in bestimmten Lufträumen besonderen Beschränkungen unterworfen werden (Gebiete mit Flugbeschränkungen ). Die Zuständigkeit zur Festlegung von Luftsperrgebieten und Gebieten mit Flugbeschränkungen ist Regelungsgegenstand des § 17 Abs. 1 Luftverkehrsordnung (LuftVO)8. Danach ist für die Festlegung von Luftsperrgebieten und Gebieten mit Flugbeschränkungen das 4 So Schwenk, Walter/Giemulla, Elmar (2013). A. a. O. (Fn. 2). S. 35. 5 Dazu Schwenk, Walter/Giemulla, Elmar (2013). A. a. O. (Fn. 2). 522 m. w. N.; Kämper, Norbert (2017). In: Grabherr , Edwin/Reidt, Olaf/Wysk, Peter (Hrsg.). Luftverkehrsgesetz. Kommentar. Loseblatt. 19. Ergänzungslieferung 2017. München: C. H. Beck. § 30 Rn. 13 m. w. N. 6 Schwenk, Walter/Giemulla, Elmar (2013). A. a. O. (Fn. 2). S. 522; Kämper, Norbert (2017). A. a. O. (Fn. 5). § 30 Rn. 13 m. w. N. 7 Dazu umfassend Kämper, Norbert (2017). A. a. O. (Fn.5). § 30 Rn. 52 m. w. N.; Stüer, Bernhard (2015). Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts. Planung – Genehmigung – Rechtsschutz. 5. Auflage 2015. München: C. H. Beck. Rn. 4076. 8 Luftverkehrs-Ordnung vom 29.10.2015, BGBl. I S. 1894; zuletzt geändert durch Verordnung vom 30.03.2017, BGBl. I S. 683. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 053/17 Seite 6 Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zuständig. Diese Norm begründet die ausschließliche Zuständigkeit des BMVI zum Erlass derartiger Festlegungen.9 4. Bedeutung landesnaturschutzrechtlicher Regelungen für Errichtung und Betrieb von Militärflugplätzen Nachfolgend soll der Frage nachgegangen werden, welche Bedeutung einzelne landesnaturschutzrechtliche Vorgaben für die Errichtung und den Betrieb von Flugplätzen für die Militärluftfahrt besitzen. Dies soll am Beispiel der maßgeblichen Regelungen der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Totes Moor“ in den Städten Neustadt a. Rbge. und Wunstorf, Region Hannover (NSG-HA 154 – Totes Moor)10 verdeutlicht werden. Die NSG-HA 154 – Totes Moor findet ihre Rechtsgrundlagen in §§ 22 Abs. 1, 2 und 23 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)11 sowie in den §§ 16 und 32 Abs. 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (NdsAG-BNatSchG)12 und verfolgt das Ziel, bestimmte Teile von Natur und Landschaft als Naturschutzgebiet unter Schutz zu stellen. § 4 NSG-HA 154 lautet auszugsweise: „§ 4 Verbote (1) […] […] (4) Verboten ist insbesondere 1. […] […] 7. im NSG und außerhalb in einer Zone von 500 m Breite um das NSG herum unbemannte Luftfahrzeuge zu betreiben sowie mit bemannten Luftfahrzeugen zu starten , eine Mindestflughöhe von 600 m zu unterschreiben oder zu landen – hiervon 9 So Giemulla, Elmar/van Schyndel, Heiko (2017). In: Giemulla, Elmar/Schmid, Ronald (Hrsg.). Luftverkehrsverordnungen – LuftVO/LuftVZO/LuftBO. Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht. Band 2. Loseblatt. 49. Ergänzungslieferung März 2017. München: Luchterhand. § 17 LuftVO Rn. 8; Schwenk, Walter/Giemulla, Elmar (2013). A. a. O. (Fn. 2). S. 166. 10 Verordnung über das Naturschutzgebiet „Totes Moor“ in den Städten Neustadt a. Rbge. und Wunstorf, Region Hannover (NSG-HA 154 – Totes Moor). Gemeinsames Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover Nr. 20 vom 26.05.2016. Link: http://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/schutzgebiete /einzelnen_naturschutzgebiete/amtliche-verordnung-zum-naturschutzgebiet-totes-moor-44524.html (letzter Abruf: 06.07.2017). 11 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege vom 29.07.2009, BGBl. I S. 2542; zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.05.2017, BGBl. I S. 1298. 12 Gesetz vom 19.02.2010, Nds. GVBl. 2010 S. 104. Link: http://www.nds-voris.de/jportal /?quelle=jlink&query=BNatSchGAG+ND&psml=bsvorisprod.psml&max=true&aiz=true (letzter Abruf: 06.07.2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 053/17 Seite 7 unbeschadet bleiben die Abweichungsmöglichkeiten insbesondere auch der Bundeswehr nach § 30 LuftVG,“ Wie gezeigt, regelt § 30 Abs. 1 LuftVG nur die Frage, ob und wenn ja, von welchen rechtlichen Vorgaben des LuftVG sowie der LuftVO die Bundeswehr bei Vorliegen der normierten Voraussetzungen abweichen darf. Die Regelung enthält in ihrem Wortlaut keine Vorgaben im Hinblick auf den Luftverkehr in oder in der Nähe von Naturschutzgebieten (NSG). Diese Landesregelungen sind allerdings bei der Frage nach der Zulässigkeit von Errichtung und Betrieb von Militärflugplätzen von Bedeutung. Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich auf die abstrakte Erläuterung der grundsätzlichen rechtlichen Systematik, wie Flugplatzplanungsrecht und naturschutzrechtliche Regelungen insbesondere der einzelnen Bundesländer verzahnt sind. Die Frage, ob konkrete Flugplatzvorhaben vor dem Hintergrund dieser abstrakten Darstellung rechtlich zulässig wären, kann ohne die Kenntnis der Umstände des zu beurteilenden Einzelfalls nicht beantwortet werden. Eine solche Einzelfallanalyse ist im Übrigen auch nicht Gegenstand der Begutachtung durch die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages. 4.1. Rechtliche Vorgaben für die Zulässigkeit von Militärflugplätzen Wie sich aus § 30 Abs. 1 S. 2 LuftVG ergibt, entfällt für die Realisierung eines militärischen Flugplatzes 13 zwar das Erfordernis, nach § 8 Abs. 1 S. 1 LuftVG vor dessen Anlegung oder Änderung ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen.14 Da militärische Flugplätze der Bundeswehr aber grundsätzlich den Vorgaben des Luftverkehrsrechts und insbesondere des Flugplatzplanungsrechts nach den §§ 6 ff. LuftVG unterfallen15, gilt für sie die Genehmigungspflicht des § 6 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 S. 2 LuftVG.16 Die Norm lautet auszugsweise: „§ 6 (1) Flugplätze (Flughäfen, Landeplätze und Segelfluggelände) dürfen nur mit Genehmigung angelegt oder betrieben werden. […] 13 Zum Begriff des militärischen Flugplatzes vgl. Kämper, Norbert (2017). A. a. O. (Fn. 5). § 30 Rn. 18. 14 Dazu Stüer, Bernhard (2015). A. a. O. (Fn. 7). Rn. 4070 ff. 15 So Kämper, Norbert (2017). A. a. O. (Fn. 5). § 30 Rn. 16. 16 Die Rechtsauffassung, dass § 6 LuftVG auch auf militärische Flugplätze anwendbar ist, setzte sich erst nach einer entsprechenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1988 durch. Vgl. Kämper, Norbert (2017). A. a. O. (Fn. 5). § 30 Rn. 21. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 053/17 Seite 8 (2) Vor Erteilung der Genehmigung ist besondere zu prüfen, ob die geplante Maßnahme den Erfordernissen der Raumordnung entspricht und ob die Erfordernisse des Naturschutzes […] angemessen berücksichtigt sind. […] (3) […] (4) Die Genehmigung ist zu ergänzen oder zu ändern, wen dies […] notwendig ist. Eine Änderung der Genehmigung ist auch erforderlich, wenn die Anlage oder der Betrieb des Flugplatzes wesentlich erweitert oder geändert werden soll.“ Mit der Anlegung militärischer Flugplätze ist die in der Praxis kaum noch vorkommende erstmalige Herstellung gemeint, wobei eine derartige Genehmigung die Zulassung des Baus der Anlage und des Betriebs sowie die Widmung der Flugplatzanlage für militärische Zwecke und ferner die Art des zugelassenen Verkehrs, nicht aber die Zulassung einzelner Flüge regelt.17 Eine nach § 6 Abs. 4 S. 2 LuftVG genehmigungspflichtige Änderung oder Erweiterung eines militärischen Flugplatzes ist dann anzunehmen, wenn ein Vorhaben vom Regelungsgehalt einer früheren Genehmigung nicht mehr gedeckt ist, aber nach § 6 Abs. 1 S. 1 LuftVG grundsätzlich genehmigungspflichtig bzw. dem Flugplatz genehmigungsrechtlich zuzurechnen ist.18 Dies trifft auf sämtliche Flugbetriebsflächen wie Start- und Landebahnen, Rollwege, Vorfelder etc. zu.19 Wann eine Änderung oder Erweiterung eines Militärflugplatzes als wesentlich im Sinne des § 6 Abs. 4 S. 2 LuftVG anzusehen ist, kann nur nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Dabei kann etwa maßgeblich sein, ob die geplante Änderung zur verstärkten Beeinträchtigung rechtlich geschützter nachbarlicher Interessen führt oder sich das „Gesicht“ des Flugplatzes etwa dadurch ändert, dass durch die zusätzliche Stationierung weiterer militärischer Luftfahrzeuge und die damit einhergehende quantitative Steigerung des Flugbetriebs in eine geänderte Qualität des Flugbetriebs umschlage.20 Sollte eine angezeigte Änderung nach Prüfung durch die zuständige Luftfahrtbehörde nicht wesentlich im Sinne der Norm sein, stellt sie dies durch einen Bescheid fest (Negativattest), dem gleichzeitig Zulassungswirkung für die Realisierung der geplanten Änderung oder Erweiterung zukommt.21 Die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens entfällt in diesen Fällen. 17 Kämper, Norbert (2017). A. a. O. (Fn. 5). § 30 Rn. 22 f. 18 Kämper, Norbert (2017). A. a. O. (Fn. 5). § 30 Rn. 25. 19 Kämper, Norbert (2017). A. a. O. (Fn. 5). Ebd. 20 So Kämper, Norbert (2017). A. a. O. (Fn. 5). § 30 Rn. 25 unter Hinweis auf die maßgeblichen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. 21 Kämper, Norbert (2017). A. a. O. (Fn. 5). § 30 Rn. 26. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 053/17 Seite 9 In den übrigen Fällen ist ein luftrechtliches Genehmigungsverfahren durchzuführen, das sich nach den allgemeinen Verfahrensvorschriften des LuftVG, des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)22 und – subsidiär – nach den maßgeblichen Vorgaben der einschlägigen Verwaltungsverfahrensgesetze richtet, soweit nicht § 30 Abs. 3 LuftVG Sondervorschriften normiert .23 In materiell-rechtlicher Hinsicht ist die Genehmigung der Anlegung oder der wesentlichen Änderung oder Erweiterung eines militärischen Flugplatzes eine planerische Abwägungsentscheidung , bei der zwingend zu beachtende Genehmigungsanforderungen wie etwa das Naturschutzrecht die Realisierung eines derartigen Projekts verhindern können.24 Dies verdeutlicht § 6 Abs. 2 S. 1 LuftVG, wonach vor Erteilung der Genehmigung besondere zu prüfen ist, ob bei der geplanten Maßnahme die Erfordernisse des Naturschutzes angemessen berücksichtigt sind. 4.2. Bedeutung landesrechtlicher Naturschutzregelungen in Schutzgebietsfestlegungen für die Genehmigung der Anlegung sowie der wesentlichen Änderung oder Erweiterung militärischer Flugplätze Ein wichtiges Instrument des bei dieser Abwägungsentscheidung zwingend zu beachtenden Naturschutzrechts ist der Schutz bestimmter Teile von Natur und Landschaft durch die Ausweisung von Schutzgebieten nach den §§ 20 ff. BNatSchG.25 Darunter fallen insbesondere Ausweisungen als Naturschutzgebiet (NSG) im Sinne des § 23 BNatSchG. Diese Norm lautet auszugsweise: „§ 23 Naturschutzgebiete (1) Naturschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen erforderlich ist […]. (2) Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. […].“ Form und Verfahren der Unterschutzstellung bestimmter Teile von Natur und Landschaft etwa als NSG richten sich nach den Regelungen des Landesrechts.26 In der Schutzerklärung müssen u. 22 Gesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.02.2010, BGBl. I S. 94; zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.06.2017, BGBl. I S. 1966. 23 Dazu umfassend Kämper, Norbert (2017). A. a. O. (Fn. 5). § 30 Rn. 27 ff. 24 Kämper, Norbert (2017). A. a. O. (Fn. 5). § 30 Rn. 40; Stüer, Bernhard (2015). A. a. O. (Fn. 7). Rn. 4083. 25 Umfassend dazu Fellenberg, Frank (2015). In: Grabherr, Edwin/Reidt, Olaf/Wysk, Peter (Hrsg.). Luftverkehrsgesetz . Kommentar. Loseblatt. 19. Ergänzungslieferung 2017. München: C. H. Beck. § 6 Rn. 211 ff. 26 § 22 Abs. 2 BNatSchG. Vgl. dazu beispielhaft § 16 NdsAG-BNatSchG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 053/17 Seite 10 a. der Schutzgegenstand, der Schutzzweck sowie die schutzwürdigen Gebote und Verbote enthalten sein.27 Die Unterschutzstellung erfolgt durch rechtsförmige Festlegung der zuständigen Landesbehörden durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Satzung.28 Wie im oben aufgeführten § 4 Abs. 4 NSG-HA 154 enthalten die Schutzgebietsfestlegungen in unterschiedlichem Umfang Verbote von Handlungen, die die für das Schutzgebiet relevanten Schutzgüter gefährden. Dabei haben Länder einen nicht unerheblichen Handlungsspielraum.29 So verbieten manche Schutzgebietsfestlegungen – wie auch § 4 Abs. 4 Nr. 4 NSG-HA 154 – die Errichtung von baulichen Anlagen, wie sie die Anlegung von Flugplätzen zwingend zur Folge hat. Und so wie auch § 4 Abs. 4 Nr. 7 NSG-HA 154 enthalten manche Schutzgebietsfestlegungen spezielle Regelungen, die gezielt Flugplatzvorhaben und Flugbetrieb verhindern sollen. Die Tatsache , dass der Bund nach Art. 73 Nr. 6 Grundgesetz (GG)30 die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz über den Luftverkehr besitzt31, verbietet es dabei nicht, dass das Luftrecht die Beachtung naturschutzrechtlicher Belange zulässt, welche durch das Landesrecht konkretisiert werden .32 Ergibt die Prüfung des konkreten Einzelfalls, dass die geplante Realisierung eines Flugplatzvorhabens nach den naturschutzrechtliche Vorgaben der jeweiligen Schutzgebietsfestlegung verboten ist, könnte das Vorhaben unter naturschutzrechtlichen Aspekten dennoch zulässig sein, wenn es etwa von in der Schutzgebietsfestlegung normierten Freistellungen erfasst oder von den Vorgaben der Schutzgebietsfestlegungen nach § 67 BNatSchG in Verbindung mit den entsprechenden Landesregelungen befreit auf Antrag befreit wird.33 So ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 NSG-HA 154 beispielsweise die Nutzung und Unterhaltung der bestehenden rechtmäßigen Anlagen und Einrichtungen in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang von den Verboten des § 4 NSG-HA 154 freigestellt, sofern sich aus den Ziffern 3 bis 10 keine Abweichungen oder Einschränkungen ergeben. Etwaige Einschränkungen der Nutzung bestehender militärischer Flugplätze, wie sie § 4 Abs. 4 Nr. 7 NSG-HA 154 normiert, würden folglich unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 NSG-HA 154 nicht gelten. Die Frage, wie der Verweis des § 4 Abs. 4 Nr. 7 NSG-HA 154 auf § 30 LuftVG rechtlich zu bewerten ist, ist für diese 27 § 22 Abs. 1 BNatSchG. 28 Fellenberg, Frank (2015). A. a. O. (Fn. 25). Rn. 213. 29 Fellenberg, Frank (2015). A. a. O. (Fn. 25). Rn. 212. 30 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung; zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2014, BGBl. I S. 2438. 31 Dazu auch Schwenk, Walter/Giemulla, Elmar (2013). A. a. O. (Fn. 2). S. 30. 32 So Fellenberg, Frank (2015). A. a. O. (Fn. 25). Rn. 214 m. w. N. insbesondere zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts . 33 Fellenberg, Frank (2015). A. a. O. (Fn. 25). Rn. 214. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 053/17 Seite 11 Fälle jedenfalls ohne Bedeutung. Im Übrigen dürfte der Verweis nur klarstellende Funktion besitzen , da er die Möglichkeit der Bundeswehr wiederholt, von Vorschriften über das Verhalten im Luftraum wie etwa über die Einhaltung von Sicherheitsmindesthöhen abweichen zu können. Eine Befreiung von den Vorgaben der Schutzgebietsfestlegung kann nach § 67 Abs. 1 BNatSchG auf Antrag gewährt werden, wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.34 Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, kann nur im Einzelfall entschieden werden, da etwa das Spektrum der zur Rechtfertigung einer Befreiung in Frage kommenden öffentlichen Interessen prinzipiell sehr weit ist.35 * * * 34 Vergleiche dazu den wortgleichen § 7 NSG-HA 154 sowie § 41 NdsAG-BNatSchG hinsichtlich des Verfahrens. 35 So Gellermann, Martin (2015). In: Beckmann, Martin/Durner, Wolfgang/Mann, Thomas/Röckinghausen, Marc (Hrsg.). Landmann/Rohmer – Umweltrecht. Kommentar. Loseblatt. 82. Ergänzungslieferung 2017. § 67 BNatSchG Rn. 11.