Deutscher Bundestag Verfahren nach Ablauf von Konzessionsverträgen sowie Auskunftsanspruch der Kommunen nach dem Energiewirtschaftsgesetz Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 5 – 3000 – 053/2011 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 2 Verfahren nach Ablauf von Konzessionsverträgen sowie Auskunftsanspruch der Kommunen nach dem Energiewirtschaftsgesetz Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 5 – 3000 – 053/2011 Abschluss der Arbeit: 19.04.2011 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Tourismus Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Der Konzessionsvertrag - begriffliche Einordnung 4 2.1. Einfache und qualifizierte Wegenutzungsverträge 4 2.2. Schlussfolgerungen für die in der Ausarbeitung aufgeworfenen Fragen 5 3. Verfahren bei Auslaufen eines Konzessionsvertrages - Regelungen im Energiewirtschaftsgesetz 6 3.1. Bekanntmachung bezüglich Vertragsende 6 3.2. Verfahren bei Vertragsverlängerung vor Ablauf der Vertragslaufzeit 8 3.3. Öffentliche Bekanntmachung der Entscheidung 9 3.4. Eigenbetriebe der Kommunen 10 3.5. Netzübergabe 11 3.5.1. Auslegung des Tatbestandsmerkmals „überlassen“ 11 3.5.2. Reichweite der Überlassungspflicht im Tatsächlichen 11 3.5.3. Übertragung von Kundenbeziehungen 12 3.5.4. Wirtschaftlich angemessene Vergütung 12 3.5.5. Ergebnis zu 3.5. 13 3.6. Ergebnis 3 13 4. Regelungen außerhalb des Energiewirtschaftsgesetzes 14 4.1. Europarecht 14 4.1.1. Richtlinien 2003/54/ EG; 2003/55/EG (Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie; Gasbinnenmarktrichtlinie) 14 4.1.2. Richtlinie 2004/17/EG (Sektorenrichtlinie) 14 4.1.3. Richtlinie 2004/18/EG 15 4.2. Innerstaatliches Recht 16 4.2.1. Vergaberecht 16 4.2.2. Kartellrecht 17 4.3. Zusammenfassung zu 4. 17 5. Informationsinteresse der Kommune 18 5.1. Derzeitige Rechtslage 18 5.1.1. Informationsanspruch mit Abschluss des neuen Konzessionsvertrages 18 5.1.2. Informationsanspruch vor dem Übergabeanspruch 19 5.2. Änderung des § 46 EnWG 19 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 4 1. Einleitung In der dieser Ausarbeitung zugrundliegenden Anfrage geht es um die Stellung der Kommunen nach Ablauf von Konzessionsverträgen nach dem Energiewirtschaftsgesetz1. Dabei sind folgende Fragen zu beantworten: Wie ist das Verfahren beim Auslaufen einer Konzession und dem anschließenden Ausschreibungsverfahren geregelt? (Gliederungspunkte 3 und 4) Welche Vorschrift müsste geändert werden, damit die Kommune bereits vor Beginn des Ausschreibungsverfahrens das Recht hat, alle relevanten Daten vom bisherigen Konzessionsinhaber zu erfahren? (Gliederungspunkt 5) 2. Der Konzessionsvertrag - begriffliche Einordnung Die Beantwortung dieser Fragen bedarf vorher der genauen Bestimmung des Begriffs „Konzessionsvertrag “. Grundsätzlich geht es in diesem Zusammenhang um Wegenutzungsverträge zwischen den Kommunen und den Energieversorgungsunternehmen. 2.1. Einfache und qualifizierte Wegenutzungsverträge Ihre rechtliche Grundlage finden die Wegenutzungsverträge in § 46 EnWG. Dabei ist zwischen den sogenannten einfachen Wegenutzungsverträgen des § 46 Absatz 1 EnWG und den in § 46 Absatz 2 – 4 EnWG geregelten qualifizierten Wegenutzungsverträgen zu unterscheiden, wobei Letztere regelmäßig auch als (qualifizierte) Konzessionsverträge bezeichnet werden2. Die Differenzierung zwischen den Vertragstypen ergibt sich dabei im Wesentlichen aus folgenden Aspekten3: Der einfache Wegenutzungsvertrag (§ 46 Absatz 1 EnWG) betrifft die Verpflichtung der Kommune , ihre öffentlichen Verkehrswege zur Verlegung und den Betrieb von Leitungen (einschließlich Fernwirkleitungen zur Netzsteuerung und Zubehör) zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet den entsprechenden Energieversorgungsunternehmen zur Verfügung zu stellen. Die Wegenutzung ist hier leitungsbezogen, da insoweit nur die leitungsbezogene Versorgung mit Elektrizität und Gas Normziel ist. Damit soll insbesondere der Wettbewerb durch zusätzliche, also über die allgemeine Versorgung hinausgehende, Direktleitungen ermöglicht werden, sodass hierunter unter anderem Verträge, mit denen Wegerechte für einzelne Leitungen gewährt werden, fallen4. Die Kommunen müssen dabei – unter Berücksichtigung des Diskriminierungsverbots - grundsätzlich der Verlegung und den Betrieb von Leitungen zustimmen 1 Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz -EnWG) vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. März 2011 (BGBl. I S. 338), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/enwg_2005/gesamt.pdf [04.04.2011]. 2 Die Termini werden, so weit ersichtlich, jedoch nicht einheitlich verwendet. 3 Vgl. insgesamt hierzu und zu weiteren Einzelheiten Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, 66. Ergänzungslieferung 2010, § 46 Rn. 17 ff; Wegner, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 2. Auflage 2010, § 46 Rn. 26 ff. 4 So Albrecht, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, S. 435 Rn. 62 f., auch zu weiteren Beispielen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 5 und unterliegen folglich einem sogenannten Kontrahierungszwang5. Zudem können diese Verträge unbefristet abgeschlossen werden. Insgesamt finden die Regelungen des § 46 Absätze 2 – 4 EnWG auf die einfachen Wegenutzungsverträge keine Anwendung. Demgegenüber ist ein qualifizierter Wegenutzungsvertrag im Sinne des § 46 Absatz 2 EnWG nicht leitungs-, sondern gebietsbezogen, da hierdurch den Energieversorgungsunternehmen das Recht zur Nutzung der öffentlichen Verkehrswege für Energieversorgungsnetze der allgemeinen Versorgung im Gemeindesgebiet eingeräumt wird. Wesentliches Abgrenzungskriterium zu Verträgen im Sinne von § 46 Absatz 1 EnWG stellt dabei die Voraussetzung des Energieversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung in § 46 Absatz 2 Satz 1 EnWG dar6. Nach § 3 Nr. 17 EnWG sind damit Energieversorgungsnetze gemeint, die der Verteilung von Energie an Dritte dienen und von ihrer Dimensionierung nicht von vornherein allein auf die Versorgung bestimmter, bei der Netzerrichtung bereits feststehender oder bestimmbarer Letztverbraucher angelegt ist, sondern grundsätzlich für die Versorgung jedes Letztverbrauchers offen stehen. Entgegen der einfachen Wegenutzungsverträge besteht hier kein Kontrahierungszwang. Andererseits dürfen Verträge im Sinne des § 46 Absatz 2 EnWG nur für eine Höchstdauer von 20 Jahren abgeschlossen werden (§ 46 Absatz 2 Satz 1 EnWG), mit der Folge, dass eine darüberhinausgehende Laufzeitregelung nichtig ist7. 2.2. Schlussfolgerungen für die in der Ausarbeitung aufgeworfenen Fragen Vor diesem Hintergrund betrifft die vorliegende Anfrage qualifizierte Wegenutzungsverträge im Sinne des § 46 Absatz 2 EnWG. Denn die rechtliche Situation der Kommunen findet ihre derzeitige Aktualität im verstärkten Auslaufen der regelmäßig auf 20 Jahre geschlossenen Konzessionsverträge 8 und der Tendenz zu insoweit zunehmenden Kommunalisierungsüberlegungen. Auf Grund des Kontrahierungszwangs, der grundsätzlichen Möglichkeit zur unbefristeten Nutzungsgewährung und der Tatsache, dass auch die übrigen (einschränkenden) Regelungen des § 46 Absatz 2 – 4 EnWG auf einfache Wegenutzungsverträge im Sinne des § 46 Absatz 1 EnWG keine Anwendung finden, ist deren Situation von der vorliegenden Anfrage demgegenüber regelmäßig nicht betroffen. Hinzuweisen ist an dieser Stelle noch darauf, dass Konzessionsverträge allein ein Wegenutzungsrecht schaffen. Demgegenüber umfassen die Verträge nicht die (Grund-)Versorgung mit Energie an sich. Mit den Konzessionsverträgen geht folglich keine „Versorgungskonzession“ einher. Denn die Grundversorgung wird durch § 36 EnWG dem Unternehmen auferlegt, welches die meisten 5 Eine Ablehnung seitens der Kommune ist nach § 46 Absatz 1 Satz 2 EnWG nur möglich, wenn das Energieversorgungsunternehmen die Zahlung der Konzessionsabgaben in Höhe der Höchstsätze verweigert und eine Einigung über deren Höhe noch nicht erzielt ist. 6 So Wegner, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 46. 7 So Albrecht, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 2008, S. 436 f, der sich insbesondere auch gegen die Möglichkeit einer geltungserhaltenden Reduktion auf die Höchstlaufzeit von 20 Jahren ausspricht. 8 Vgl. Theobald: „Auslaufende Konzessionsverträge Strom und Gas: Was ist seitens der Kommune zu tun?“, DÖV 2009, 356, 356; zudem Schau: Die wettbewerbliche Vergabe von Konzessionen nach § 46 EnWG – Verfahren ohne Regeln und Schiedsrichter?“, RdE 2011, 1 (Fn. 1), wonach „ in den drei Jahren bis 2012 […] mehr als 3000 Strom- und Gaskonzessionsverträge auslaufen.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 6 Haushaltskunden in einem Netzgebiet der allgemeinen Versorgung beliefert (§ 36 Absatz 2 Satz 1 EnWG)9. Damit haben die Kommunen keinen Einfluss mehr darauf, wer in ihrem Gebiet die Versorgung mit Energie durchführt10. 3. Verfahren bei Auslaufen eines Konzessionsvertrages - Regelungen im Energiewirtschaftsgesetz Regelungen zum Ablauf des Verfahrens bei Beendigung von Konzessionsverträgen11 finden sich in § 46 Absatz 3 EnWG, wonach die Kommune verschiedenen Veröffentlichungspflichten12 unterliegt . Diese dienen zum einen dazu, einen Wettbewerb um Netzgebiete rechtzeitig zu initiieren 13. Zum anderen soll dadurch die Nachvollziehbarkeit von Konzessionsneuvergaben und damit die Transparenz verbessert werden14. 3.1. Bekanntmachung bezüglich Vertragsende Gemäß § 46 Absatz 3 Satz 1 EnWG sind die Kommunen verpflichtet, spätestens zwei Jahre vor Ablauf der Konzessionsverträge das Vertragsende durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu geben. Sofern im Gemeindegebiet mehr als 100.000 Kunden unmittelbar oder mittelbar an das Versorgungsnetz angeschlossen sind, hat diese Bekanntmachung zusätzlich im Amtsblatt der Europäischen Union zu erfolgen (§ 46 Absatz 3 Satz 2 EnWG). Denn bei diesem Umfang wird davon ausgegangen, dass auch Unternehmen aus anderen EU–Ländern zu den potenzielle Interessenten gehören und ihnen somit die Möglichkeit eröffnet werden soll, am „Wettbewerb um das Netz“ teilzunehmen. Da Ausgangspunkt für die Berechnung der Zwei–Jahresfrist das Vertragsende und somit das Ende der Laufzeit des geltenden Konzessionsvertrages ist, hat eine Bekanntgabe grundsätzlich unabhängig davon zu erfolgen, ob bei Vertragsende die Höchstlaufzeit von 20 Jahren (§ 46 Absatz 2 Satz 1 EnWG) erreicht wurde oder nicht. Anders ist demgegenüber der Fall zu beurteilen, in dem 9 Vgl. Eder, in: Danner/Theobald, Energierecht, § 36 Rn. 17; Pippke/Gaßner: „Neuabschluss, Verlängerung und Änderung von Konzessionsverträgen nach dem neuen EnWG“, RdE 2006, 33, 33. 10 Vgl. Wegner, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 19; zur Entstehungsgeschichte (insbesondere auch zur insoweit bis 2005 anderen Rechtslage), ders. § 46 Rn. 7 ff. 11 Dass hiervon allein Verträge im Sinne des § 46 Absatz 2 EnWG betroffen sind, wurde unter Gliederungsnummer 2 ausgeführt. 12 Einen Überblick hierzu liefert unter anderem Albrecht, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, S. 437 ff.; Theobald, DÖV 2009, 356 ff. 13 Vgl. Theobald, DÖV 2009, 356, 356; kritisch gegenüber dem Wettbewerbsgedanken „um das Netz“ als gesetzgeberisches Ziel Wegner, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 5; Pippke/Gaßner: „Neuabschluss , Verlängerung und Änderung von Konzessionsverträgen nach dem neuen EnWG“, RdE 2006, 33, 38, unter anderem mit dem Hinweis, dass das Netzeigentum für den Endkundenwettbewerb nicht mehr den entscheidenden Faktor darstellt. 14 Vgl. Wegner, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 97. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 7 bereits bei Vertragsschluss eine Verlängerung des Konzessionsvertrages vereinbart wurde15. Sofern die Höchstlaufzeit von 20 Jahren insgesamt eingehalten wird, bedarf es hier keiner Bekanntgabe . Da nämlich die Verlängerung bereits Bestandteil des Vertrages war, ist es zu keinem tatsächlichen Vertragsende gekommen. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass es für die Verlängerung – anders als bei einer Neuvergabe nach Vertragsbeendigung - keine erneute rechtsgeschäftliche Einigung der Vertragsparteien bedarf16. Wie bereits erwähnt, steht dies jedoch unter der Voraussetzung, dass die Gesamtlaufzeit nicht die Höchstdauer von 20 Jahren überschreitet. Eine Regelung, wann frühestens die Bekanntmachung erfolgen darf, enthält § 46 Absatz 3 EnWG dagegen nicht. Hier wird teilweise die Ansicht vertreten, dass es für eine erheblich vor Vertragsende erfolgte Bekanntgabe keine berechtigten Gründe seitens der Kommunen gebe und diese daher als kartellrechtlich17 missbräuchlich anzusehen wäre. Dagegen lässt sich einwenden, dass auf Grund der Mindestfrist18 von zwei Jahren der Gesetzgeber gerade die Möglichkeit einer weiter davor liegenden Bekanntgabe eröffnet hat. Von einem Missbrauch wird man daher jedenfalls dann ausgehen können, wenn Anhaltspunkte gegeben sind, dass mit der frühzeitigen Bekanntmachung ein einzelner Interessent (zum Beispiel der bisherige Netzbetreiber) bewusst bevorteilt werden soll19. Nicht geregelt ist zudem, in welcher Frist im Anschluss an die Bekanntgabe die Interessenten ein Angebot abgeben müssen (Interessensbekundungsfrist), in welcher Frist die Kommune zu entscheiden hat (Entscheidungsfrist) und bis zu welchem Zeitpunkt der Neuabschluss des Konzessionsvertrages zu erfolgen hat (Vertragsabschlussfrist). Daher ist die Gemeinde bei der Ausgestaltung des Verfahrens insoweit grundsätzlich frei20. Problematisch sind Verträge, in denen eine sehr kurze Laufzeit, etwa von nur einem Jahr, vereinbart worden ist. Eine Bekanntmachungsfrist von zwei Jahren ist dann nicht möglich. In derartigen Fällen wird eine Verkürzung der Bekanntmachungsfrist unter entsprechender Anwendung des § 46 Absatz 3 Satz 3 und 4 EnWG (drei Monate nach Bekanntmachung) vorgeschlagen, da hierdurch die geschützten Interessen der Wettbewerber gewahrt werden21. Hinzuweisen sei noch darauf, dass die Bekanntmachungspflicht des § 46 Absatz 3 Satz 1, 2 EnWG in entsprechender Weise auch im Falle bislang vertragsloser Nutzung öffentlicher Verkehrswege anzuwenden ist. Sofern ein vertragsloser Zustand vorliegt, muss die Kommune dies 15 Zum Beispiel durch eine Regelung dergestalt, dass sich mangels Kündigung einer Partei der Vertrag um eine bestimmte Zeit verlängert. 16 Vgl. Wegner, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 101; Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 40. 17 Zu den kartellrechtlichen Vorgaben, vgl. Gliederungspunkt 4.2.2. 18 § 46 Absatz 3 Satz 1 EnWG spricht von „spätestens“ zwei Jahren. 19 Vgl. insgesamt Wegner, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 99. 20 Vgl. Wegner, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 99, der darauf hinweist, dass sich eine Interessensbekundungsfrist empfiehlt, da anderenfalls Angebote auch noch kurz vor Abschluss des neuen Konzessionsvertrages abgegeben werden könnten. 21 So Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, § 46 Rn. 109; ders., DÖV 2009, 356, 357. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 8 bekannt geben und nach einer angemessenen Frist über die Neuvergabe entscheiden. Demgegenüber ist die Zwei–Jahresfrist des § 46 Absatz 2 Satz 1 EnWG nicht anzuwenden, weil dadurch der vertragslose Zustand für weitere zwei Jahre zementiert bliebe22. 3.2. Verfahren bei Vertragsverlängerung vor Ablauf der Vertragslaufzeit Gemäß § 46 Absatz 3 Satz 3 EnWG sind für den Fall, dass die Kommune eine Vertragsverlängerung vor Ablauf des derzeitigen Vertrages (vorzeitige Vertragsverlängerung) beabsichtigt, die bestehenden Verträge zu beenden und die vorzeitige Beendigung sowie das Vertragsende öffentlich bekannt zu geben. Ziel dieser Regelung ist es, eine Umgehung der Bekanntmachungspflicht des § 46 Absatz 3 Satz 1 EnWG seitens der Kommunen durch vorhergehende Neuabschlüsse mit den bisherigen Konzessionsnehmern zu vermeiden23. Sofern lediglich eine bereits im Ursprungsvertrag vorgesehene Verlängerung (zum Beispiel bei Nichtausübung einer Kündigungsoption) zur Geltung gelangt, greift § 46 Abs. 3 S. 3 EnWG nicht ein24, denn es handelt sich in dieser Konstellation ja nicht um einen Neuabschluss. Eine Bekanntmachung ist allerdings nur dann nicht erforderlich, wenn die Gesamtlaufzeit die Höchstfrist von 20 Jahren nicht überschreitet25. Auch Vertragsveränderungen, die keine Verlängerung zur Folge haben, sind von § 46 Absatz 3 Satz 3 EnWG nicht berührt. Eine Bekanntmachungspflicht kommt mit Blick auf § 46 Absatz 3 Satz 1 EnWG und dessen wettbewerblichen Zweck nur dann in Betracht, wenn die Änderungen dem Abschluss eines neuen Konzessionsvertrages gleichkommen. Sofern wesentliche Vertragsbestandteile (Art und Umfang des Nutzungsrechts; Höhe der Konzessionsabgabe) unberührt bleiben , kann von einer Bekanntmachungspflicht folglich nicht ausgegangen werden26. Der Wortlaut des § 46 Absatz 3 Satz 3 EnWG bereitet auch insoweit Probleme, als bereits an die Absicht der Gemeinde, einen Konzessionsvertrag vor Ablauf der Vertragslaufzeit zu verlängern, die Verpflichtung geknüpft wird, den bestehenden Vertrag zu beenden. Denn diese Pflicht kann die Kommune häufig gar nicht erfüllen. Schließlich sind die Konzessionsverträge regelmäßig befristet und damit nur außerordentlich kündbar. Da die einseitige Verlängerungsabsicht jedoch keinen außerordentlichen Kündigungsrund darstellt, kann die Kommune jedenfalls einseitig die Auflösung der Verträge nicht herbeiführen. Vielmehr ist hierfür die Zustimmung des Vertragspartners im Rahmen einer vorzeitigen Vertragsauflösung notwendig27. 22 So Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 107. 23 Vgl. Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 108. 24 Vgl. Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 109; Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 39 f. 25 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen unter Gliederungspunkt 3.1. 26 Vgl. Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 112; Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 40. Letztere auch mit Blick auf die teilweise strengere Rechtsprechung. 27 So Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 109; Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 39. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 9 Zudem ist bei § 46 Absatz 3 Satz 3 EnWG lediglich allgemein die Rede von einer öffentlichen Bekanntmachung , ohne aber deren genauen Ausgestaltung festzulegen. Dies wird verstärkt als gesetzgeberisches Versehen betrachtet, mit der Folge, dass insoweit § 46 Absatz 3 Satz 1 und 2 EnWG entsprechend anzuwenden sind28. Daher hat auch hier eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder elektronischen Bundesanzeiger und gegebenenfalls zusätzlich im Amtsblatt der Europäischen Union zu erfolgen. Im weiteren Verlauf ist bei einer vorzeitigen Vertragsverlängerung zu beachten, dass gemäß § 46 Absatz 3 Satz 4 EnWG neue Vertragsabschlüsse frühestens drei Monate nach Bekanntgabe der vorzeitigen Beendigung erfolgen dürfen. Diese Regelung wird teilweise kritisch hinterfragt. Denn hier besteht die Möglichkeit, die Zwei–Jahresfrist des § 46 Absatz 3 Satz 1 EnWG dadurch zu umgehen , dass ohne jede Einschränkung der Vertrag vorzeitig beendet und bereits drei Monate nach Bekanntmachung neu abgeschlossen wird. Teilweise wird daher erwogen, auch hier zusätzlich die Zwei–Jahresfrist anzuwenden29. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass dieses Problem im Gesetzgebungsverfahren thematisiert wurde30, der Gesetzgeber aber letztlich an den unterschiedlichen Bekanntmachungsfristen festhielt. Es spricht daher viel dafür, dass die Zwei–Jahresfrist des § 46 Absatz 3 Satz 1 EnWG keine Entscheidungsfrist für den Mitbewerber darstellen soll, sondern deren Interessen vielmehr durch die Drei–Monatsfrist als gewahrt anzusehen sind31. Insgesamt ist daher die Anwendung der Zwei–Jahresfrist bei Fällen der vorzeitigen Vertragsverlängerung abzulehnen32. 3.3. Öffentliche Bekanntmachung der Entscheidung Gemäß § 46 Absatz 3 Satz 5 EnWG ist die Kommune bei Neuabschluss oder Verlängerung von Konzessionsverträgen nach § 46 Absatz 2 EnWG verpflichtet, ihre Entscheidung unter Angabe der maßgeblichen Gründe öffentlich bekannt zu machen. Dies gilt nach § 46 Absatz 3 Satz 5 EnWG jedoch nur für den Fall, dass sich mehrere Unternehmen beworben haben. Da wiederum die genaue Art und Weise der Bekanntmachung nicht geregelt wurde, stellt sich auch hier die Frage der entsprechenden Anwendung des § 46 Absatz 3 Satz 1 EnWG33. Dies wird 28 Vgl. Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, § 46 Rn. 108; Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht , § 46 Rn. 110 (mit weiteren Nachweisen auch zur insoweit vertretenen Gegenansicht). 29 Vgl. hierzu Byok: „Neuabschluss und Verlängerung von Konzessionsverträgen – Anforderungen an Bekanntmachung und Durchführung des Auswahlverfahrens“, RdE 2008, 268, 268 f. 30 Vgl. die Ausführungen der Bundesregierung im Rahmen ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates , wonach explizit auf die Umgehungsmöglichkeit hingewiesen wird, BT-Drucksache 15/4068, S. 8 Ziffer 47. 31 So Theobald, DÖV 2009, 356, 357. 32 So auch Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 111; Theobald, DÖV 2009, 356, 357; differenzierend demgegenüber Byok, RdE 2008, 268, 269, der eine vorzeitige Vertragsverlängerung nur bis zu Beginn der Zwei – Jahresfrist (letzte Gelegenheit zur Bekanntgabe der vorzeitigen Vertragsverlängerung soll zwei Jahre und drei Monate vor dem regulären Ende sein) zulassen möchte. 33 Vgl. dazu bereits unter Gliederungspunkt 3.2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 10 teilweise auch hier befürwortet34. Dagegen lässt sich jedoch einwenden, dass es hier nicht (mehr) um den „Wettbewerb um die Netze“ als Gesetzeszweck geht, sondern die Kommune durch die Bekanntmachungspflicht veranlasst werden soll, die Auswahl unter den Bewerbern auf der Basis begründeter, nachvollziehbarer, rationaler und wettbewerbsorientierter Kriterien zu treffen35. Es spricht daher einiges dafür, die Bekanntmachung zumindest grundsätzlich im jeweiligen kommunalen Amtsblatt und darüber hinaus in der Tagespresse als ausreichend anzusehen36. Allenfalls bei Erreichen der Schwelle des § 46 Absatz 3 Satz 2 EnWG37 wäre dann zu überlegen, eine Bekanntmachung wiederum auch im Amtsblatt der Europäischen Union durchzuführen, um dem Informationsinteresse eventueller europäischer Mitbewerber nachzukommen. 3.4. Eigenbetriebe der Kommunen Gemäß § 46 Absatz 4 EnWG findet § 46 Absatz 2 und 3 EnWG für Eigenbetriebe der Gemeinden entsprechende Anwendung. Im Gegensatz zu Eigengesellschaften38 stellen Eigenbetriebe rechtlich unselbständige Teile der Gemeindeverwaltung dar, sodass beide eine einheitliche juristische Person darstellen. Falls die Kommune die Versorgungsnetze eigenständig im Rahmen von Eigenbetrieben betreiben möchte, hat dies daher zur Folge, dass ein Vertragsschluss im Sinne von § 46 Absatz 2 EnWG auf Grund der Personenidentität nicht möglich ist und damit die mit § 46 Absatz 2 und 3 EnWG verfolgten wettbewerbsfördernden Zwecke umgangen werden könnten. Daher stellt § 46 Absatz 4 EnWG sicher, dass die Konzessionierung die Höchstfrist von 20 Jahren nicht übersteigt, um damit die Wechselmöglichkeit des Netzbetreibers zu erhalten und die Transparenz zu wahren39. Die genaue Ausgestaltung der Konzessionierung von Eigenbetrieben regelt die Norm dagegen nicht. Daher sind die Kommunen im Rahmen des einschlägigen Kommunalrechts frei, über die Form zu entscheiden. Aufgrund der fehlenden unmittelbaren Außenwirkung spricht einiges dafür , dass für die Entscheidung ein einfacher Gemeinderatsbeschluss ausreicht und eine kommunale Satzung demgegenüber nicht notwendig ist40. 34 Vgl. Salie, Energiewirtschaftsgesetz Kommentar, 2006, § 46 Rn. 153. 35 So Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, § 46 Rn. 110. 36 So Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 113; Albrecht, in: Recht der Energiewirtschaft, S. 438. 37 Wie unter Gliederungspunkt 3.1 erwähnt, ist dies der Fall, wenn im Gemeindegebiet mehr als 100.000 Kunden an das Versorgungsnetz angeschlossen sind. 38 Bei diesen ist § 46 Absatz 2, 3 EnWG direkt anwendbar; vgl. Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 132. 39 Vgl. Amtliche Begründung, BT-Drucks. 13/7274, S. 21; Theoabald, in: Danner/Theobald, Energierecht, § 46 Rn. 111. 40 So Theoabald, in: Danner/Theobald, Energierecht, § 46 Rn. 112. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 11 3.5. Netzübergabe Entscheidet sich die Kommune letztlich nicht für den bisherigen Netzbetreiber, muss dieser dem Nachfolger gemäß § 46 Absatz 2 Satz 2 EnWG das Leitungsnetz gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung überlassen. Im Konkreten ergeben sich hier mehrere Problemfelder , die bislang noch nicht abschließend geklärt sind. 3.5.1. Auslegung des Tatbestandsmerkmals „überlassen“ Unterschiedliche Ansichten bestehen hinsichtlich der Frage, was genau unter „überlassen“ im Sinne von § 46 Absatz 2 Satz 2 EnWG gemeint ist. Einerseits wird vertreten, dass dadurch die Pflicht zur Übereignung des Netzes einherginge41. Anderer Ansicht zur Folge reiche eine Besitzübertragung im Rahmen eines Pachtverhältnisses aus, da auch dadurch die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis verbunden wäre42. 3.5.2. Reichweite der Überlassungspflicht im Tatsächlichen Zudem stellt sich die Frage, wieweit die Überlassungspflicht im Tatsächlichen reicht, anders ausgedrückt , welche Anlagen vom Altnetzbetreiber übergeben werden müssen. Dem Gesetzeswortlaut zur Folge sind das all die „für den Betrieb der Netze der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet notwendigen Verteilungsanlagen.“ Da Netze der allgemeinen Versorgung nach § 3 Nr. 17 EnWG alle zur Versorgung von im Gemeindegebiet ansässigen und an das Netz angeschlossenen Letztverbraucher erforderlichen Verteilungsanlagen umfassen, ist man sich jedenfalls insoweit einig, als dass hierzu die Niederspannungs- bzw.-druckanlagen (unter anderem Leitungen, Ortsnetzstationen , Kabelschränke, Zähler- und Hausanschlüsse) zählen43. Demgegenüber fallen Leitungen , die nicht der Versorgung im Gemeindegebiet dienen (zum Beispiel reine Durchgangsleitungen ), zweifelsohne nicht unter die Überlassungspflicht. Problematisch ist demgegenüber die Situation der Leitungen, die nicht ausschließlich der Versorgung der „eigenen“ Gemeinde, sondern zudem noch dem Transport von Energie in andere Gemeinden, dienen44. Ob diese der Überlassungspflicht unterfallen, ist umstritten45. Vor dem Hintergrund, dass der Betreiber des Netzes der allgemeinen Versorgung seine Aufgaben sinnvoll wahrnehmen können muss, wird sich im 41 So unter anderem Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, § 46 Rn. 35 ff. (mit weiteren Nachweisen). 42 So unter anderem Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 65 ff. (mit weiteren Nachweisen), auch mit Blick auf die damit einhergehenden praktischen Probleme. 43 Vgl. unter anderem Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 61, auch zu weiteren unstreitigen Anlagebestandteilen. 44 Das betrifft regelmäßig Mittelspannungs- bzw. –drucknetze sowie der Hochspannungs- bzw. –drucknetze, vgl. Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 62. 45 Eine Übersicht hierzu liefert unter anderem Theobald/Theobald, in: Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, 2. Auflage 2008, S. 415 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 12 Schrifttum verbreitet – jedenfalls im Einzelfall – für eine entsprechende Überlassungspflicht ausgesprochen 46. 3.5.3. Übertragung von Kundenbeziehungen In diesem Zusammenhang wird auch kontrovers diskutiert, ob bzw. inwieweit der Altnetzbetreiber zur Übertragung seiner Kundenbeziehungen verpflichtet ist. Ausgehend von der Trennung zwischen Netzbetrieb und Grundversorgung mit der Folge, dass die Versorgung nicht (mehr) den Netzbetreiber, sondern den Grundversorger trifft47, wird sich verstärkt gegen eine entsprechende Übertragungspflicht ausgesprochen48. Andererseits finden Differenzierungen unterschiedlicher Art und Weise statt. So wird zum Beispiel eine Unterscheidung dahingehend vertreten, dass im Gegensatz zu den Tarifkunden zumindest die sogenannten Sondervertragskunden nicht mehr von der Übertragungspflicht umfasst seien49. Insgesamt bleibt auch hier die weitere Entwicklung abzuwarten50. 3.5.4. Wirtschaftlich angemessene Vergütung Offen ist bislang zudem die Festlegung der „wirtschaftlich angemessenen Vergütung“ im Sinne des § 46 Absatz 2 S. 2 EnWG. Hier stellt sich insbesondere die Frage, ob dabei auf den Sachzeitoder den Ertragswert als Richtgröße abzustellen ist. Kernpunkt des Streits bildet dabei insbesondere die Frage, inwieweit die sogenannte „Kaufering“–Entscheidung des BGH51 Anwendung findet . Hier hatte der BGH im Wesentlichen entschieden, dass die Vereinbarung eines Entgeltes in Höhe des Sachzeitwertes grundsätzlich zulässig ist, jedoch mit der Einschränkung, dass dieser den Ertragswert nicht wesentlich übersteigt, da ein höheres Entgelt anderenfalls zu einer unzulässigen , faktischen Bindung der Kommune an den bisherigen Versorger führen würde. Da diese Entscheidung jedoch auf der Grundlage des EnWG [1998] und somit nach altem Recht erging, ist 46 Vgl. insgesamt Albrecht, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, S. 445 f. Rn. 101; Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, § 46 Rn. 29 f.; Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 62; dagegen aber Reinhardt, in: Stuhlmacher/Stappert/Schoon/Jahnsen, Grundriss zum Energierecht, 1. Auflage 2011, S. 233 Rn. 36 ff. 47 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen unter Gliederungspunkt 2.2. 48 Vgl. Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, § 46 Rn. 95; Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht , § 46 Rn. 88. 49 Vgl. Theobald, DÖV 2009, 356, 362. 50 Einen Überblick gibt Albrecht, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, S. 449 f. Rn. 116 ff. 51 BGH, Urteil vom 16. 11. 1999 - KZR 12/97, NJW 2000, 577 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 13 umstritten, inwieweit deren Aussagen jetzt noch Gültigkeit haben. Dies wird teilweise so gesehen 52. Dem wird vor allem mit der Erwägung entgegen getreten, dass die Anwendung der „Kaufering “–Entscheidung mit Blick auf den jeweiligen § 6 Absatz 6 GasNEV53/StromNEV54 letztlich zur Pflicht führen könnte, das Netz erheblich unter dem tatsächlichen Sachzeitwert veräußern zu müssen, was weder der Wettbewerbsintention des Gesetzgebers noch der Grundrechtsposition des bisherigen Netzeigentümers (Art. 14 GG) entspräche55. Vielmehr soll allein der Sachzeitwert zur Bestimmung des Entgeltes herangezogen werden56. 3.5.5. Ergebnis zu 3.5. Insgesamt zeigt sich, dass es hinsichtlich des Pflichtenumfangs des übertragenden Altnetzbetreibers erhebliche Unsicherheiten bestehen. Dies betrifft die Situation der Kommunen und somit deren Verfahren insbesondere dann, wenn diese sich zur Kommunalisierung des Netzwerkes entscheiden und somit (zusätzlich) die Rolle des Neubetreibers einnehmen. 3.6. Ergebnis 3 Im Rahmen der Konzessionsvergabe wird die Gemeinde mit verschiedenen Interessenlagen konfrontiert . Während sie zu Beginn des Verfahrens noch auf ein interessenhomogenes Bewerberfeld trifft, im Rahmen dessen die Unternehmen gleichlaufend jeweils auf den Zuschlag durch die Gemeinde hoffen, gehen für den Zeitraum danach die Interessenlagen der (noch) Beteiligten diametral auseinander: Während zum Beispiel der Altkonzessionär eine möglichst hohe Vergütung für die Netzüberlassung erzielen will, ist der Neuerwerber an einem möglichst raschen, profitablen Betrieb interessiert. Der Interessenmix verkompliziert sich zudem, wenn die Gemeinde von vornherein (auch) eine Kommunalisierung der Versorgung in Erwägung zieht. Denn damit nimmt sie auf Grund ihrer Stellung als Konzessionsgeberin einerseits und eventuelle Konzessionsnehmerin andererseits 52 So Theobald/Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 421 ff.; Hinweise zu der Berechnung liefert dabei Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, § 46 Rn. 86 ff. 53 Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Gasversorgungsnetzen (Gasnetzentgeltverordnung - GasNEV) vom 25. Juli 2005 (BGBl. I S. 2197), zuletzt geändert durch Artikel 5 der Verordnung vom 3. September 2010 (BGBl. I S. 1261), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/gasnev/gesamt.pdf [06.04.2011]. 54 Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen (Stromnetzentgeltverordnung - StromNEV) vom 25. Juli 2005 (BGBl. I S. 2225), zuletzt geändert durch Artikel 6 der Verordnung vom 3. September 2010 (BGBl. I S. 1261), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/stromnev/gesamt .pdf [06.04.2011]. 55 So Reinhardt, in: Stuhlmacher/Stappert/Schoon/Jahnsen, Grundriss zum Energierecht, S. 236 Rn. 56 f.; Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 83; Hintergrund ist § 6 Absatz 6 GasNEV/StromNEV, wonach der kalkulatorische Restwert der Anlage nach Ablauf des Abschreibungszeitraums Null beträgt und ein Wiederaufleben kalkulatorischer Restwerte nicht zulässig ist; kritisch auch Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 35. 56 So Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 83, und zwar - auf Grund der in Fußnote 55 erwähnten Abschreibungsproblematik - unabhängig von § Absatz 6 GasNEV/StromNEV; Demgegenüber lassen zum Beispiel Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 35 letztlich offen, auf welchen Wert (objektiver Wert, Sachzeitwert, Ertragswert, sonstiger Wert) abzustellen ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 14 quasi eine Doppelrolle ein. Denn sie muss einerseits ein (möglichst) faires Verfahren schaffen und andererseits auch verstärkt innerkommunale Aspekte berücksichtigen57. Vor diesem Hintergrund ist das entsprechende Verfahren in § 46 Absatz 2 – 4 EnWG nur rudimentär geregelt. Wie aus den bisherigen Ausführungen ersichtlich, ergeben sich bei deren Anwendung zudem noch zum Teil erhebliche Rechtsunsicherheiten58. Es stellt sich daher die Frage, ob bei der Gestaltung des Auswahlverfahrens ergänzend Bestimmungen aus anderen Rechtsgebieten heranzuziehen sind. 4. Regelungen außerhalb des Energiewirtschaftsgesetzes 4.1. Europarecht 4.1.1. Richtlinien 2003/54/ EG; 2003/55/EG (Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie; Gasbinnenmarktrichtlinie ) Weder aus der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie59 noch aus der Gasbinnenmarktrichtlinie60 gehen weitere Verfahrensbestimmungen hervor. Zwar lässt sich ihnen entnehmen, dass der europäische Gesetzgeber vorrangig den Wettbewerb durch Nutzungsrechte bestehender Leitungen schaffen will und den Bau neuer Leitungen nur im Ausnahmefall als zulässig erachtet61. Der in § 46 Absatz 2 EnWG zugrunde gelegte „Wettbewerb um das Netz“ wird durch diese Richtlinien jedoch gerade nicht vorgeschrieben62, sodass auch entsprechende Vorgaben insoweit nicht hervorgehen . 4.1.2. Richtlinie 2004/17/EG (Sektorenrichtlinie) Auch die Sektorenrichtlinie63 ist nicht einschlägig, sodass Verfahrensbestimmungen hieraus nicht hervorgehen. Denn nach deren Artikel 2 Absatz 2 a) gilt diese nur für Auftraggeber und somit nur dann, wenn Aufträge von Energieversorgungsunternehmen im Raum stehen, nicht jedoch 57 Vgl. insgesamt zur Stellung der Gemeinde Schau, RdE 2011, 1, 1 f. 58 Kritisch daher Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 36. 59 Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG, ABl. L 176, S. 37 ff., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:176:0037:0037:DE:PDF [05.04.2011]. 60 Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG, ABl. L 176, S. 57 ff., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:176:0057:0057:DE:PDF [05.04.2011]. 61 Vgl. Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, Vorbemerkung zu § 46 Rn. 4. 62 Vgl. Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 16. 63 Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie und Verkehrsversorgung sowie der Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 15 für Verträge, die Gemeinden mit Unternehmen über die Nutzung öffentlicher Straßen und Wege schließen64. 4.1.3. Richtlinie 2004/18/EG Umstritten ist jedoch, ob die Wegenutzungsverträge des § 46 Absatz 2 EnWG als Dienstleistungskonzessionen im Sinne des Art. 1 Absatz 4 der Richtlinie 2004/18/EG65 anzusehen sind. Dies hätte zwar zunächst zur Folge, dass dann die Richtlinie 2004/18/EG nicht unmittelbar anwendbar wäre. Denn nach deren Art. 17 gilt die Richtlinie gerade nicht für Dienstleistungskonzessionen . Jedoch müssten nach der sogenannten „Parking Brixon“–Rechtsprechung66 des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zumindest die allgemeinen europäischen Grundsätze der Gleichbehandlung , Nichtdiskriminierung und Transparenz beachtet werden67. Letztlich spricht einiges dafür, die Wegenutzungsverträge nicht als Dienstleistungskonzessionen anzusehen. Nach Art. 1 Absatz 2 d) der Richtlinie 2004/18/EG sind öffentliche Dienstleistungsaufträge öffentliche Aufträge über die Erbringung von Dienstleistungen. Daran anknüpfend stellen Dienstleistungskonzessionen Verträge dar, die von öffentlichen Dienstleistungen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistung ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht (Art. 1 Absatz 4 der Richtlinie 2004/18/EG). Grundsätzlich notwendig ist daher das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags. In diesem Zusammenhang geht die Richtlinie davon aus, dass der öffentliche Auftraggeber Nachfrager einer Leistung ist und die Dienstleistung folglich vom Vertragspartner Postdienste, ABl. L 134, S. 1 ff., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUri- Serv.do?uri=OJ:L:2004:134:0114:024:de:PDF [05.04.2011]. 64 Vgl. Niehof: „Konzessionsverträge und Vergaberecht“, RdE 2011, 15, 16; Salje, Energiewirtschaftsgesetz, § 46 Rn. 147. 65 Richtlinie 2004/18/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABl. L 134 S. 114 ff., abrufbar unter: http://simap.europa.eu/docs/simap/nomenclature/32004l18de.pdf [18.04.2011]. 66 EuGH, Urteil vom 13. 10. 2005 - C-458/03 (Parking Brixen GmbH/Gemeinde Brixen und Stadtwerke Brixen AG), EuZW 2005, 727 ff; Der EuGH hat hier zudem entschieden, dass ein völliges Fehlen einer Ausschreibung bei öffentlichen Dienstleistungskonzessionen den Grundsätzen der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und der Transparenz regelmäßig (Ausnahme: sogenannte Inhouse – Vergabe) nicht gerecht wird. 67 Eine nähere Konkretisierung dahingehend, wie das Verfahren auszugestalten ist, um diesen Grundsätzen gerecht zu werden, hat der EuGH demgegenüber nicht gegeben. Vielmehr hat er dies der betreffenden öffentlichen Stelle – unter Kontrolle durch die innerstaatlichen Gerichte – überlassen. Als Möglichkeit für die Verfahrensausgestaltung kommt dabei die Anlehnung an die (nicht unmittelbar anwendbare) Richtlinie 2004/18/EG und dabei insbesondere deren Art. 28 ff. in Betracht; in diese Richtung Knauff, Anmerkung zu EuGH, Urteil vom 13.10.2005 - C-458/03 (Parking Brixen GmbH/Gemeinde Brixen und Stadtwerke Brixen AG), EuZW 2005, 731 f., ähnlich zur vorhergehenden Rechtslage Salje, Energiewirtschaftsgesetz, § 46 Rn. 149 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 16 erbracht werden muss. Der öffentliche Auftrag setzt somit voraus, dass sich die öffentliche Hand eine (Bau- oder -) Leistung verschafft oder Waren einkauft (Beschaffungselement)68. Dies ist bei Wegenutzungsverträgen regelmäßig aber gerade nicht der Fall, da der Schwerpunkt hier in der Verpachtung der Straßen, Wege etc. zu einem bestimmten Zweck liegt. Die Kommune nimmt daher nicht die Rolle einer Leistungsbeschafferin ein, sondern erbringt ihrerseits vielmehr eine Leistung durch die (zum Beispiel mittels Pachtvertrag) verschaffte Nutzungsmöglichkeit. Zwar ist der Netzbetreiber im weiteren Verlauf verpflichtet, das Leitungsnetz zu betreiben, zu warten, bedarfsgerecht auszubauen und den Netzzugang zu gewähren. Diese Pflichten entstammen jedoch den Regelungen des EnWG (u. a. §§ 11, 17, 20) und resultieren daher gerade nicht aus dem Konzessionsvertrag, sodass es auch insoweit am Beschaffungselement der Kommune fehlt69. Folgt man dieser Argumentation, fehlt es an einem Auftrag und somit auch an einer Dienstleistungskonzession, sodass die Grundsätze der „Parking Brixon“–Rechtsprechung nicht anzuwenden wäre70. Die allgemeinen europäischen Grundsätze wären jedenfalls in diesem Zusammenhang daher nicht anwendbar. 4.2. Innerstaatliches Recht 4.2.1. Vergaberecht Die Anwendung der Verfahrensreglungen §§ 97 ff. GWB71 auf das Konzessionsverfahren kommt nicht in Betracht. Denn es besteht weitgehend Übereinstimmung, dass die hier zu betrachtenden Wegenutzungsverträge keine Bau- und Dienstleistungsaufträge im Sinne des § 97 Absatz 1 GWB darstellen. Denn nach § 99 Absatz 1 GWB sind öffentliche Aufträge entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen, die Liefer-, Bau oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Da die Kommune vorliegend als Anbieter von Wegenutzungsrechten und somit gerade nicht als Nachfrager entsprechender Leistungen fungiert, fehlt es gerade an dem notwendigen Auftragsverhältnis. Auch ergeben sich Zweifel an der Entgeltlichkeit, da die Zahlung an die Kommune (lediglich) im Rahmen der Konzessionsabgabe erfolgt72. 68 Vgl. Niehof, RdE 2011, 15, 17. 69 Vgl. Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 105. 70 So Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 105; Niehof, RdE 2011, 15, 17 f.; anders demgegenüber Schau, RdE 2011, 1, 3; Byok, RdE 2008, 268, 271. 71 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 2005 (BGBl. I S. 2114; 2009 I S. 3850), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2262), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/gwb/gesamt.pdf [18.04.2011]. 72 Vgl. Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 104; Niehoff, RdE 2011, 15, 16, jeweils mit weiteren Nachweisen; differenzierend Byok, RdE 2008, 268, 271 f; In der Literatur wird daran anschließend dann die Frage der Dienstleistungskonzession diskutiert, die, wie unter Gliederungspunkt 4.1.3 dargelegt, umstritten ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 17 4.2.2. Kartellrecht Jedoch ergeben sich aus den kartellrechtlichen Regelungen der §§ 1, 19, 20 GWB Vorgaben für das Verfahren. Grundsätzlich dient das Kartellrecht dazu, die Freiheit des Wettbewerbs sicherzustellen und wirtschaftliche Macht dort zu kontrollieren, wo sie die Wirksamkeit des Wettbewerbs beeinträchtigt73. Dabei beziehen sich die entsprechenden Regelungen zwar auf das Verhalten von Unternehmen (§ 1 GWB). Der Unternehmensbegriff ist hier jedoch funktional auszulegen, dessen Inhalt sich aus dem Gesamtzusammenhang sowie Sinn und Zweck des Gesetzes ergibt74. Vor diesem Hintergrund wird die Vergabe von Wegerechten als unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 1 GWB angesehen75. Da die Kommunen auf ihrem Gebiet bei der Vergabe von Wegerechten Alleinanbieter sind, nehmen sie zudem insoweit eine marktbeherrschende Stellung im Sinne von § 19 GWB ein76. Vor diesem Hintergrund haben die Kommunen bei der Einräumung von Wegerechten insbesondere das Diskriminierungsverbot (§ 20 GWB) sowie das Verbot, ihre marktbeherrschende Stellung zu missbrauchen, zu beachten77. Damit ist die Gemeinde kartellrechtlich zur Gleichbehandlung aller Bewerber verpflichtet, soweit nicht aus sachlichen Gründen eine Differenzierung geboten ist78. 4.3. Zusammenfassung zu 4. Im Ergebnis lässt sich sagen, dass das Verfahren bei der Wegenutzungsvergabe durch Regelungen außerhalb des Energiewirtschaftsgesetzes nur in geringem Umfang näher bestimmt wird, sodass den Kommunen im Übrigen ein erheblicher Spielraum verbleibt. Insbesondere sind auch die Kriterien , auf deren Grundlage die Kommune ihre Entscheidung letztlich trifft, nicht näher geregelt. Vielmehr bleibt ihnen überlassen, im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung zu entscheiden , welche Faktoren sie bei der Ausgestaltung der Versorgung als besonders wichtig erachten79. Neben Aspekten der Wirtschaftlichkeit (Höhe der Konzessionsabgabe, Umfang des zu versorgenden Gebietes, wirtschaftliche und technologische Leistungsfähigkeit sowie Zuverlässigkeit der 73 Vgl. Albrecht, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, S. 427 Rn. 29. 74 Vgl. Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht GWB, 4. Auflage 2007, § 1 Rn. 27. 75 Vgl. Albrecht, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, S. 427 Rn. 29; Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 116. 76 Vgl. Albrecht, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, S. 428 Rn. 30; allg. zum Terminus der marktbeherrschenden Stellung Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht GWB, § 19 Rn. 17 ff. 77 Vgl. Albrecht, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, S. 428 Rn. 31 ff.; Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 116. 78 Vgl. Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 36; Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass die in Gliederungspunkt 4.1.3 dargelegte Fragestellung bezüglich des Vorliegens einer Dienstleistungskonzession jedenfalls mit Blick auf die Folgen nicht von allzu großer Relevanz sein wird. 79 Vgl. Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 114. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 18 Bewerber) können hier unter anderem folgende Kriterien eine Rolle spielen: Erhalt oder Schaffung neuer Arbeitsplätze vor Ort, Sicherstellung der Einflussnahme auf die kommunale Infrastruktur , Bereitschaft des Konzessionärs zum Auf- und Ausbau dezentraler Energieversorgungsstrukturen , Förderung des Klimaschutzes vor Ort durch Angebote zur Bürgerbeteiligung an den Versorgungs- bzw. Netzbetriebsunternehmen, Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz neuer und sanierter Gebäude80. 5. Informationsinteresse der Kommune 5.1. Derzeitige Rechtslage Um ein ordnungsgemäßes Verfahren gewährleisten zu können, sind die Kommunen auf verschiedenste Informationen angewiesen. Insbesondere müssen in der nach § 46 Absatz 3 EnWG zu erfolgenden Bekanntmachung alle Informationen enthalten sein, die potenzielle Neukonzessionäre für ihre Entscheidung, am Verfahren teilzunehmen, benötigen. Trotz dieses Informationsbedürfnisses ist ein entsprechender Anspruch der Kommune für den Zeitraum des Verfahrens in § 46 EnWG nicht geregelt. Daher wird vertreten, dass die Kommune gegenüber dem bisherigen Netzbetreiber keinen Informationsanspruch innehabe81. 5.1.1. Informationsanspruch mit Abschluss des neuen Konzessionsvertrages Nach anderer Ansicht soll sich ein Informationsanspruch jedenfalls mit Abschluss des neuen Konzessionsvertrages ergeben82. Auch das Landgericht Hannover hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2010 einen Informationsanspruch jedenfalls des Neukonzessionärs gegenüber dem Altkonzessionär auf Grund des Überlassungsanspruchs aus § 46 Absatz 2 Satz 2 EnWG in Verbindung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) angenommen83. Jedenfalls für den Fall, dass die Kommune als Neukonzessionär fungiert, würde nach dieser Ansicht ein Anspruch ab dem Zeitpunkt der Netzübergabe einhergehen. Ob – und falls ja, ab wann – ein Informationsanspruch der Kommune für den Fall besteht, dass diese keinen Eigenbetrieb durchführen will, wurde demgegenüber vom Landgericht Hannover nicht entschieden. 80 Vgl. Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 114; Theobald, DÖV 2009, 356, 357 f. 81 Vgl. Wegner, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 46 Rn. 106; Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 39. 82 In diese Richtung Theobald, DÖV 2009. 356, 361. 83 Vgl. LG Hannover, Urteil vom 24.06.2010 – 18 O 260/08, BeckRS 2010, 26154; in diesem Sinne auch Becker, „Eilrechtsschutz bei einer Netzübernahme“, RdE 2010, 243, 244 f., kritisch demgegenüber Höch/Kalwa, „Auskunft und Besitzeinweisung im Eilverfahren bei Netzübernahmen“, RdE 2010, 364, 365 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 19 5.1.2. Informationsanspruch vor dem Übergabeanspruch Für den hier relevanten Zeitraum des Verfahrens vor dem Übergabeanspruch (§ 46 Absatz 2 Satz 2 EnWG) ließe sich ein Informationsanspruch der Kommune gegenüber dem derzeitigen Netzbetreiber wiederum allenfalls als eine aus dem Grundsatz von Treu und Glauben resultierende Nebenpflicht aus dem bestehenden Wegenutzungsvertrag in Verbindung mit § 46 Absatz 3 EnWG herleiten. Gegen einen solchen Informationsanspruchs spricht jedoch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bleiben die vertraglichen Bestimmungen eines Konzessionsvertrages und somit die darin festgelegten Ansprüche durch die Regelung des § 46 Absatz 2 Satz 2 EnWG unberührt84. Diese Trennung zwischen den gesetzlichen Ansprüchen aus § 46 EnWG, der einen Informationsanspruch gerade nicht vorsieht, und den individuell ausgehandelten Ansprüchen aus dem Wegenutzungsvertrag würde durch die Konstruktion über die Nebenpflicht konterkariert. Denn dies könnte zu der Situation führen, wonach die Gemeinde im Falle des eigentlich vertraglich nicht vereinbarten Auskunftsanspruchs diesen dennoch über die „Hintertür“ der Nebenpflicht geltend machen könnte85. Insgesamt lässt sich daher derzeitig ein umfassender Informationsanspruch des Kommune aus § 46 EnWG nicht herleiten. 5.2. Änderung des § 46 EnWG Vor diesem Hintergrund könnte eine Änderung des § 46 EnWG dahingehend in Erwägung gezogen werden, den Kommunen nunmehr bereits frühzeitig einen Informationsanspruch gegenüber dem bisherigen Netzbetreiber gesetzlich an die Hand zu geben. Dabei ist aber auf Folgendes hinzuweisen : Grundsätzlich müsste näher konkretisiert werden, welche Informationen als relevante Daten angesehen werden. Denn eine allgemein formulierte Regelung, wonach sich ein Informationsanspruch auf alle relevanten Daten bezieht, würde bereits am verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgrundsatz 86 scheitern. Im Rahmen dieser Festlegung wäre zudem zu prüfen, inwieweit auf die entsprechenden Informationen aufgrund bestehender Regelungen (insbesondere 84 BGH, Urteil vom 29. 9. 2009 - EnZR 14/08 (OLG Frankfurt a.M.), NJW-RR 2010, 1070 ff. 85 Vgl. insoweit auch Höch/Kalwa, RdE 2010, 364, 365 f. 86 Vgl. allgemein zum Bestimmtheitsgrundsatz Grzeszick, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz 60. Ergänzungslieferung 2010, Art. 20 Rn. 58; Danach müssen die Normen so bestimmt formuliert sein, dass die Folgen der Regelung für den Normadressat so vorhersehbar und berechenbar sind, dass er sein Verhalten danach ausrichten kann, dass der Verwaltung angemessen klare Handlungsmaßstäbe vorgeben werden und dass eine hinreichende gerichtliche Kontrolle möglich ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 20 durch § 27 StromNEV87, § 27 GasNEV88, §§ 27 ff. ARegV89, § 17 StromNZV90, § 40 GasNZV91) bereits zurückgegriffen werden kann92. In diesem Zusammenhang müsste zudem berücksichtigt werden, dass ein umfassender Informationsanspruch auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des derzeitigen Netzbetreibers betreffen kann, die unter dem grundrechtlichen Schutz aus Art. 12, 14 GG stehen und deren Herausgabe daher einer besonderen Rechtfertigung bedürften93. Insbesondere für den Fall, dass diese Informationen zudem noch – zum Beispiel im Rahmen der Bekanntgabe nach § 46 Absatz 3 Satz 1 EnWG – veröffentlicht werden sollen94, würde diese Grundrechtsproblematik noch zunehmend verschärfen. Zudem erscheint es zumindest für die Fälle, bei denen die Kommune selbst die Übernahme des Netzes erwägt, fraglich, ob sich der Informationsanspruch auf die Kommune begrenzen lässt. Denn insoweit tritt die Kommune dann (zumindest auch) als potentieller Bewerber auf, hätte jedoch gegenüber den anderen Mitbewerbern einen Informationsvorsprung. Hier liegt die Gefährdung wettbewerbsrechtlicher Grundsätze nahe95. 87 Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen (Stromnetzentgeltverordnung - StromNEV) vom 25. Juli 2005 (BGBl. I S. 2225), zuletzt geändert durch Artikel 6 der Verordnung vom 3. September 2010 (BGBl. I S. 1261), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/stromnev/gesamt .pdf [18.04.2011]. 88 Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Gasversorgungsnetzen (Gasnetzentgeltverordnung - GasNEV) vom 25. Juli 2005 (BGBl. I S. 2197), zuletzt geändert durch Artikel 5 der Verordnung vom 3. September 2010 (BGBl. I S. 1261), abrufbar unter http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/gasnev/gesamt.pdf [18.04.2011]. 89 Verordnung über die Anreizregulierung der Energieversorgungsnetze (Anreizregulierungsverordnung - ARegV) vom 29. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2529), zuletzt geändert durch Artikel 7 der Verordnung vom 3. September 2010 (BGBl. I S. 1261), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/aregv/gesamt.pdf [18.04.2011]. 90 Verordnung über den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen (Stromnetzzugangsverordnung - StromNZV) vom 25. Juli 2005 (BGBl. I S. 2243), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung vom 17. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2006), abrufbar unter: http://www.gesetze.juris.de/bundesrecht/stromnzv/gesamt.pdf [18.04.2011]. 91 Verordnung über den Zugang zu Gasversorgungsnetzen (Gasnetzzugangsverordnung - GasNZV) vom 3. September 2010 (BGBl. I S. 1261), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/gasnzv_2010/gesamt .pdf [18.04.2011]. 92 Dass darüber hinaus weitere Informationen als notwendig erachtet werden, zeigt das oben erwähnten Urteil des LG Hannover. Vgl. auch Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 39. 93 Zum Grundrechtsschutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen BVerfG (1. Kammer des Ersten Senats), Beschluß vom 5. 2. 2004 - 1 BvR 2087/03 u. 2111/03, NVwZ 2004, 719 ff. 94 Hier sei nochmals darauf hinzuweisen, dass die Bekanntgabe gerade auch die Informationsgrundlage für potentielle Bewerber liefern soll, auf deren Basis diese ihre Entscheidung, am Verfahren teilzunehmen, fällen können. 95 Kritisch auch Höch/Kalwa, RdE 2010, 364, 364. Ein Verstoß gegen den in Artikel 3 Absatz 1 GG verankerten Gleichheitsgrundsatz, wonach gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich, unterschiedliche nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, ein abweichendes Vorgehen ist sachlich gerechtfertigt, würde demgegenüber Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 053/2011 Seite 21 Insgesamt wird daher deutlich, dass bei der Statuierung einer Informationspflicht verschiedene, teilweise grundrechtsrelevante Interessenlagen berücksichtigt werden müssten. wohl nicht einhergehen. Denn insoweit könnte argumentiert werden, dass die Informationspflicht für die Schaffung eines ordnungsgemäßen Verfahrens notwendig ist, deren Durchführung nach § 46 Absatz 3 EnWG allein der jeweiligen Kommune obliegt. Insoweit unterscheidet sich somit deren Situation von denen der Mitbewerber , folglich es an der Voraussetzung gleicher Sachverhalte fehlt. Allg. zum Gleichheitsgrundsatz Kischel, in: Epping/Hillgruber, Beck'scher Online-Kommentar GG, Stand 15.01.2011, Art. 3 Rn. 14 ff.