© 2017 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 051/17 Anwendungsbereich des Eisenbahnkreuzungsgesetzes Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 051/17 Seite 2 Anwendungsbereich des Eisenbahnkreuzungsgesetzes Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 051/17 Abschluss der Arbeit: 27. Juni 2017 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 051/17 Seite 3 1. Einleitung Der vorliegende Sachstand widmet sich der Frage, ob das Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG)1 in einer bestimmten Fallkonstellation Anwendung finden würde. Den Hintergrund bilden dabei die folgenden Überlegungen: Eine nicht mehr für den Schienenverkehr zu verwendende Eisenbahnstrecke soll zu einer Straße umgebaut werden, die für den öffentlichen Personenverkehr mit Bussen genutzt werden soll. Dabei soll die bestehende Schieneninfrastruktur bestehen bleiben und das Fundament bzw. den baulichen Untergrund für die etwa durch Verlegung von Betonplatten zu errichtende Straße bilden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob das Eisenbahnkreuzungsgesetz Anwendung fände, wenn eine solche Straße eine andere Straße kreuzt. 2. Anwendungsbereich des Eisenbahnkreuzungsgesetzes Das EKrG verfolgt die Ziele, die widerstreitenden öffentlichen Aufgaben, die mit der Straßenbaulast einerseits und dem Betrieb von Eisenbahnschieneninfrastruktur andererseits einhergehen, für die Fälle der Kreuzung dieser Verkehrsinfrastrukturen gegeneinander abzugrenzen und durch die Schaffung bestimmter rechtlicher Vorgaben die Lücke zu schließen, die sich daraus ergibt, dass die zuständigen Straßen- bzw. Eisenbahnaufsichtsbehörden für sich allein nicht befugt sind, die notwendigen gemeinschaftlichen Maßnahmen an Kreuzungen durchzusetzen.2 Weiterhin trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, dass die Kreuzung von Schienen- und Straßenverkehr erhebliche Gefahren birgt, denen mit den gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zu begegnen ist.3 Dabei lautet § 1 EKrG, der den Anwendungsbereich des Gesetzes festlegt und einige Legaldefinitionen enthält, auszugsweise: „§ 1 (1) Dieses Gesetz gilt für Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen. (2) […] (3) Eisenbahnen im Sinne dieses Gesetzes sind die Eisenbahnen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, sowie die Eisenbahnen, die nicht dem öffentlichen Verkehr dienen, wenn die Betriebsmittel auf Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs übergehen können (Anschlussbahnen ), und ferner die den Anschlussbahnen gleichgestellten Eisenbahnen. […]“ 1 Gesetz über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.03.1971, BGBl. I S. 337; zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.08.2015, BGBl. I S. 1474. 2 Marschall, Ernst A./Schweinsberg, Ralf (1990). Eisenbahnkreuzungsgesetz. Kommentar. 4. Auflage. Köln: Carl Heymanns. § 1 Rn. 4.2. 3 Siehe dazu § 3 EKrG. Zum Sinn und Zweck des Gesetzes vgl. Marschall, Ernst A./Schweinsberg, Ralf (1990). A. a. O. (Fn. 2). § 1 Rn. 3.3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 051/17 Seite 4 Nach diesem Wortlaut fände das EKrG in der zu Grunde gelegten Fallkonstellation somit nur Anwendung , wenn es sich bei der errichteten Straße um eine Eisenbahn im Sinne des Gesetzes handelte , obwohl der Schienenweg nur das bauliche Fundament einer für den öffentlichen Personenverkehr mit Bussen zu nutzenden Straße bilden soll. Unabhängig davon, wie eine derartige Straße straßenrechtlich zu qualifizieren wäre und welche Schlussfolgerungen sich daraus für die Anwendbarkeit des EKrG ergäben,4 ist die rechtliche Frage, ob es sich bei einem bestimmten Schienenweg um eine Eisenbahn im Sinne des EKrG handelt, vor dem Hintergrund der Zweckbestimmung des Schienenwegs zu beantworten.5 In der zu Grunde liegenden Fallkonstellation bestünde der Zweck des Schienenwegs nicht mehr darin, Schienenverkehrsleistungen zu ermöglichen. Er würde vielmehr ausschließlich als bauliche Grundlage für eine darauf zu errichtende Straße dienen. Sollte ein derartiges Bauwerk technisch realisiert sein, würde der Schienenweg folglich die sachliche Verbindung zu seiner ursprünglichen Zweckbestimmung als Schienenverkehr ermöglichende Verkehrsinfrastruktur verlieren . Insofern spricht die für die Beantwortung der Frage maßgebliche Zweckbestimmung des Schienenwegs in der zu Grunde gelegten Fallkonstellation dafür, dass dieser nicht mehr als Eisenbahn im Sinne des EKrG zu qualifizieren wäre. Gleiches würde für die zu errichtende Straße gelten. Das EKrG fände somit auf die zu Grunde gelegte Fallkonstellation keine Anwendung. * * * 4 Zur straßenrechtlichen Widmung und deren Bedeutung vgl. etwa Stelkens, Ulrich (2014). In: Stelkens, Paul/Bonk, Heinz/Sachs, Michael (Hrsg.). Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar. 8. Auflage 2014. München: C. H. Beck. § 35 Rn. 320 ff. 5 So Marschall, Ernst A./Schweinsberg, Ralf (1990). A. a. O. (Fn. 2). § 1 Rn. 3.3.