© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 051/15 Fahrgastrechte bei den Verkehrsmitteln Bahn, Flugzeug und Fernbus Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 051/15 Seite 2 Fahrgastrechte bei den Verkehrsmitteln Bahn, Flugzeug und Fernbus Verfasser: Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 051/15 Abschluss der Arbeit: 10. April 2015 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Tourismus Telefon: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 051/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Bahn 4 1.1. Entschädigung bei Verspätung 4 1.2. Besondere Regelungen für den Nahverkehr 4 1.3. Rechte von Personen mit eingeschränkter Mobilität 5 1.4. Informationspflichten 5 2. Flugzeug 5 2.1. Entschädigung bei Nichtbeförderung, Annullierung oder Verspätung 5 2.2. Rechte von Personen mit eingeschränkter Mobilität 6 2.3. Informationspflichten / Preistransparenz 7 3. Fernbus 7 3.1. Entschädigung bei Annullierung oder Verspätung 7 3.2. Rechte von Personen mit eingeschränkter Mobilität 8 3.3. Informationspflichten 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 051/15 Seite 4 1. Bahn Für Bahnreisende gelten in Deutschland seit dem 29. Juli 2009 gesetzlich verankerte Fahrgastrechte laut dem Gesetz zur Anpassung eisenbahnrechtlicher Vorschriften an die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr. Die wichtigsten Regelungen sind:1 1.1. Entschädigung bei Verspätung - ab 60 Minuten Verspätung am Zielort Anspruch auf Erstattung von 25 Prozent des Fahrpreises, - ab 120 Minuten Verspätung Anspruch auf Erstattung von 50 Prozent des Fahrpreises. Der zu erstattende Betrag muss dem Fahrgast auf dessen Wunsch in bar ausgezahlt werden. Wird wegen einer Verspätung von mehr als 60 Minuten eine Übernachtung erforderlich, muss das Eisenbahnunternehmen dem Fahrgast eine kostenlose Hotelunterkunft anbieten. Das Eisenbahnunternehmen kann von einer Zahlung absehen, wenn der zu erstattende Betrag unter 4 Euro liegt. Sonderregeln gelten für Zeitfahrkarten (z.B. Bahncard), bei denen die Entschädigungspauschalen nicht gelten. Das Eisenbahnunternehmen muss aber eine angemessene Entschädigung zahlen, wenn der Fahrgast wiederholt Verspätungen erleidet. Fahrgäste können aber auch grundsätzlich von der Zugfahrt absehen, wenn sich eine Verspätung von mehr als 60 Minuten abzeichnet. Dann besteht ein Anspruch auf Fahrpreiserstattung oder eine spätere Durchführung die Fahrt (ggf. auch mit geänderter Streckenführung). 1.2. Besondere Regelungen für den Nahverkehr Muss ein Fahrgast mit dem Ausfall oder der Unpünktlichkeit seines Nahverkehrszuges rechnen, hat er zusätzliche Rechte. Bei einer absehbaren Verspätung von mindestens 20 Minuten kann er jeden beliebigen anderen Zug nutzen, auch einen Zug des Fernverkehrs. Ausgenommen sind nur Sonderfahrten sowie Züge mit umfassender Reservierungspflicht (z.B. ICE Sprinter oder City Night Line). Bei Nachtfahrten kann der Fahrgast bei absehbaren Verspätungen von mindestens 60 Minuten jedes andere Verkehrsmittel nehmen, auch ein Taxi. Letzteres gilt allerdings nur, wenn es überhaupt keine oder keine preisgünstigeren Verkehrsmittel mehr gibt, um den Zielbahnhof zu erreichen . Die Erstattung beträgt maximal 80 Euro. Als Nachtfahrt gelten Fahrten, die fahrplanmäßig zwischen 0.00 und 5.00 Uhr enden. Die gleiche Regelung wie für Nachtfahrten gilt, wenn der fahrplanmäßig letzte Zug des Tages ausfällt und der Fahrgast den Zielbahnhof ohne Nutzung eines anderen Verkehrsmittels nicht mehr bis 24.00 Uhr erreichen kann. 1 Vgl. die Information „Ihre Fahrgastrechte“ auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) unter http://www.bmjv.de/DE/Themen/ReisenundVerkehr/Passagierrechte /_doc/Ihre_Fahrgastrechte_doc.html?nn=1463820 (Stand: 10. April 2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 051/15 Seite 5 1.3. Rechte von Personen mit eingeschränkter Mobilität Bahnhöfe, Bahnsteige, Fahrzeuge und sonstige Einrichtungen müssen für Personen mit eingeschränkter Mobilität zugänglich sein. Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber müssen kostenlos Unterstützung beim Ein- und Aussteigen und bei der Fahrt leisten, soweit Personal vorhanden ist und der Bedarf vorher angemeldet wird. 1.4. Informationspflichten Die Eisenbahnunternehmen sind verpflichtet, Fahrgäste beim Fahrkartenverkauf und während der Fahrt gut zu informieren. Dabei müssen die speziellen Bedürfnisse von Menschen mit einer Gehör- oder Sehbehinderung berücksichtigt werden. Auf Nachfrage muss das Eisenbahnunternehmen vor allem folgende Informationen vor Fahrtantritt geben: - Welche Verbindung ist die kürzeste und preisgünstigste? - Sind Störungen oder Verspätungen absehbar? - Welche Einrichtungen gibt es für Personen mit eingeschränkter Mobilität, insbesondere zum Einstieg in den Zug als auch im Zug? - Welche Einrichtungen gibt es für Fahrgäste mit Fahrrädern? Während der Fahrt muss das Eisenbahnunternehmen folgende Informationen geben: - Gibt es eine Verspätung, und wenn ja, in welchem Umfang? - Welche Anschlusszüge kann der Fahrgast erreichen? - Welche Serviceleistungen werden im Zug angeboten? Im Nahverkehr sind die Informationspflichten aus Praktikabilitätsgründen weniger umfangreich. So können die Informationen über Anschlussverbindungen während der Fahrt entfallen oder Fahrgäste durch eine Zusammenfassung informiert werden, wobei die Information durch Aushang oder Auslage sowie ein Informations- und Buchungssystems erfolgen kann. 2. Flugzeug 2.1. Entschädigung bei Nichtbeförderung, Annullierung oder Verspätung Die Ansprüche von Fluggästen auf Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen sind in der am 17. Februar 2005 in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 261/2004 („Denied-Boarding-Verordnung“) festgelegt . Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 19. November 2009 haben Fluggäste auch bei sogenannten Ankunftsverspätungen Anspruch auf Ausgleichsleistungen nach der Verordnung, die ausdrücklich mit der verspäteten Ankunft am Zielort, beginnend mit einer Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 051/15 Seite 6 Verspätung von mehr als drei Stunden, verknüpft sind.2 Diese Verordnung gilt für Flüge, die in einem EU-Mitgliedstaat angetreten werden bzw. bei einem Antritts außerhalb der EU für Flüge von Fluggesellschaften mit Sitz in der EU. Die wichtigsten Regelungen der Verordnung sind:3 Bei Überbuchung kann der Fluggast als Unterstützung zum Flug selbst zwischen Flugpreiserstattung , Rückflug zum ersten Abflugort oder Ersatzbeförderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt wählen. Außerdem hat er Anspruch auf Betreuungsleistungen (Mahlzeiten und Getränke, zwei kostenlose Telefonate, Faxe oder E-Mails sowie ggf. Hotelunterkunft inkl. Transfer) und eine Ausgleichszahlung in Abhängigkeit von der Flugdistanz: - bis 1.500 km: 250 Euro, - bis 3.500 km: 400 Euro (gilt auch für Flüge innerhalb der EU über 3.500 km), - über 3.500 km: 600 Euro. Die Ansprüche bei einer Annullierung sind wie bei Überbuchung geregelt, allerdings entfällt eine Ausgleichszahlung, wenn die Annullierung rechtzeitig vor Abflug mitgeteilt wurde oder wenn sie auf unvermeidbare Ereignisse zurückgeht. Die Ansprüche bei einer Verspätung sind ebenfalls wie bei Überbuchung geregelt, jedoch halbiert sich die Höhe der Ausgleichszahlung, wenn die Verspätung folgende Zeiträume nicht übersteigt: - zwei Stunden (bei einer Flugdistanz bis 1.500 km), - drei Stunden (bei einer Flugdistanz bis 3.500 km und Flügen innerhalb der EU über 3.500 km), - vier Stunden (bei sonstigen Flügen). Außerdem gibt es eine Unterstützung zum Flug selbst erst ab einer Verspätung von fünf Stunden, Betreuungsleistungen erst ab einer Verspätung von zwei bis vier Stunden sowie eine Ausgleichszahlung erst ab einer Verspätung von drei Stunden und wenn die Verspätung nicht auf unvermeidbare Ereignisse zurückgeht. 2.2. Rechte von Personen mit eingeschränkter Mobilität Die Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität enthält Informations- und Betreuungspflichten, die Luftfahrtunternehmen und Flughäfen zu erbringen haben. Flughäfen müssen die durchgehende Betreuung mobilitätseingeschränkter Personen von der Ankunft am Flughafen bis zum Abflug und 2 Vgl. die Information „Verbraucherschutzrechte im Luftverkehr“ auf der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unter http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/LR/verbraucherschutzrecht -im-luftverkehr.html (Stand: 10. April 2015). 3 Vgl. die Information „Rechte Flugreisende“ auf der Internetseite der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) unter https://soep-online.de/rechte-flugreisende.html (Stand: 10. April 2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 051/15 Seite 7 umgekehrt organisieren. Außerdem sind Luftfahrtunternehmen verpflichtet, während des Fluges bestimmte für den Passagier kostenfreie Betreuungsleistungen zu erbringen.4 Voraussetzung für einen Anspruch auf Betreuungsleistungen ist die rechtzeitige Anmeldung der besonderen Bedürfnisse mindestens 48 Stunden vor Abflug bei der Fluggesellschaft oder beim Reiseveranstalter.5 2.3. Informationspflichten / Preistransparenz Mit der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 wurden wichtige Vorgaben zur Preistransparenz bei der Buchung von Flügen geschaffen. Demnach müssen Luftfahrtunternehmen neben dem Endpreis die Steuern, Flughafengebühren und sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte gesondert ausweisen . Weitere Zusatzkosten für hinzuwählbare Zusatzleistungen (z. B. eine Reiserücktrittsversicherung ) müssen klar, transparent und eindeutig schon zu Beginn des Buchungsvorgangs mitgeteilt werden. Außerdem verbietet die Verordnung eine Preisdiskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes des Fluggastes.6 3. Fernbus Seit dem 1. März 2013 gilt innerhalb der EU die EU-Verordnung Nr. 181/2011 über die Fahrgastrechte im Busverkehr. Besonders relevant sind folgende Fahrgastrechte, die vor allem für Linienfernverkehre (ab 250 km) gelten7: 3.1. Entschädigung bei Annullierung oder Verspätung Bei Annullierung, Überbuchung oder Verspätung von mehr als 120 Minuten muss der Beförderer dem Fahrgast eine Fahrpreiserstattung oder die Fortsetzung der Fahrt (ggf. auch mit geänderter Streckenführung) anbieten. Erfolgt dies nicht, hat der Fahrgast zusätzlich zur Fahrpreiserstattung Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 50 % des Fahrpreises. Bei Annullierung oder Verspätung von mehr als 90 Minuten von einem Busbahnhof muss der Beförderer dem Fahrgast Imbisse, Mahlzeiten oder Erfrischungen sowie erforderlichenfalls ein Ho- 4 Vgl. die Information „Verbraucherschutzrechte im Luftverkehr“ auf der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unter http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/LR/verbraucherschutzrecht -im-luftverkehr.html (Stand: 10. April 2015). 5 Vgl. die Information „Fluggastrechte für mobilitätseingeschränkte und behinderte Menschen“ auf der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unter http://www.bmvi.de/Shared- Docs/DE/Artikel/LR/barrierefreies-reisen-rechte-von-fluggaesten-mit-behinderung-oder-eingeschraenkter-mobilitaet .html (Stand: 10. April 2015). 6 Vgl. die Information „Verbraucherschutzrechte im Luftverkehr“ auf der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unter http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/LR/verbraucherschutzrecht -im-luftverkehr.html (Stand: 10. April 2015). 7 Vgl. die Information „Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr“ auf der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unter http://www.bmvi.de/DE/VerkehrUndMobilitaet/Verkehrsteilnehmer /FahrUndFluggastrechte/FahrgastrechteBus/farhrgastrechte-bus_node.html (Stand: 10. April 2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 051/15 Seite 8 telzimmer bis zu zwei Nächte (ggf. begrenzt auf 80 Euro pro Nacht) anbieten. Es gibt jedoch keinen Anspruch auf Erstattung der Hotelkosten, wenn die Annullierung oder Verspätung durch widrige Wetterbedingungen oder schwere Naturkatastrophen verursacht wurden. Außerdem gilt dies nicht bei Fahrten mit einer planmäßigen Dauer von bis zu 3 Stunden. Bei Annullierung und Verspätungen müssen Fahrgäste so schnell wie möglich, jedoch spätestens 30 Minuten nach der fahrplanmäßigen Abfahrtszeit, über die Lage und über die voraussichtliche Abfahrtszeit informiert werden. 3.2. Rechte von Personen mit eingeschränkter Mobilität Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf eine Beförderung ohne Aufpreis. Außerdem kann eine Begleitperson kostenlos mitgenommen werden, wenn durch deren Hilfeleistung Sicherheitsvorschriften erfüllt oder Barrieren beim Fahrzeug oder an den Haltestellen überwunden werden können , die ansonsten den Beförderer berechtigt hätten, die Beförderung zu verweigern. Es besteht auch ein Anspruch auf kostenlose Hilfeleistung im Bus und an Busbahnhöfen, an denen eine besondere Hilfeleistung für behinderte Menschen vorgesehen ist (dies sind gegenwärtig die Zentralen Omnibusbahnhöfe in Hamburg und Mannheim). Diese Hilfeleistung muss mindestens 36 Stunden vorher angemeldet werden. Außerdem besteht Anspruch auf Entschädigung für beschädigte oder abhandengekommene Mobilitätshilfen sowie die Beschaffung von vorübergehendem Ersatz. 3.3. Informationspflichten Beförderer und Busbahnhofbetreiber müssen vor und während der gesamten Fahrt für eine angemessene Information der Fahrgäste sorgen. Spätestens bei der Abfahrt müssen die Fahrgäste geeignete und verständliche Informationen über die Fahrgastrechte nach der EU-Verordnung Nr. 181/2011 erhalten. Weiterhin müssen alle relevanten und allgemeinen Informationen behinderten und mobilitätseingeschränkten Fahrgästen zugänglich sein.