© 2018 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 050/18 Rechtliche Verbindlichkeit geographischer Angaben im Bundesverkehrswegeplan Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 050/18 Seite 2 Rechtliche Verbindlichkeit geographischer Angaben im Bundesverkehrswegeplan Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 050/18 Abschluss der Arbeit: 11.4.2018 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 050/18 Seite 3 1. Einleitung Die vorliegende Ausarbeitung dient der Beantwortung der Frage, ob die geographischen Angaben im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) für Vorhabenträger bindend sind. Der BVWP ist die Grundlage der Verkehrsinfrastrukturpolitik der Bundesrepublik Deutschland für die nächsten 10 bis 15 Jahre. Als Regierungsprogramm wird er vom Bundeskabinett beschlossen und bildet die Basis für den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung der Ausbaugesetze für Straße und Schiene mit den dazugehörigen Bedarfsplänen. Der BVWP enthält eine grundsätzliche Analyse des zukünftigen Bedarfs an Verkehrsinfrastruktur: Hier geht es in erster Linie darum, "ob" eine verkehrsinfrastrukturpolitische Maßnahme in Zukunft notwendig und wirtschaftlich sein wird. Natürlich verfügen auch die Verkehrsprojekte, die im Rahmen des BVWP erstmalig untersucht werden, über eine gewisse und sorgfältig erarbeitete Planungsbasis – diese Planung dient jedoch lediglich als Bewertungsgrundlage für den BVWP und legt z. B. noch keine konkrete Linienführung fest. Solche Details sind Gegenstand nachgeordneter Planungsverfahren, die durchgeführt werden, wenn ein Projekt realisiert werden soll.1 2. Rechtliche Verbindlichkeit des BVWP Der Bundesverkehrswegeplan enthält keine förmlichen Bindungen für die o. g. nachgeordneten Planungsverfahren. Auch steht der Bundesverkehrswegeplan mit den Bedarfsplänen des Bundes im Zusammenhang, deren Entwürfe durch den Bundesverkehrswegeplan vorbereitet werden. Die in diesem enthaltenen politischen Absichtserklärungen beinhalten allerdings weder förmliche Bindungswirkung in dem Sinne, dass bereits durch die Aufnahme eines Projektes in diesen Plan das Vorhaben gerechtfertigt oder gar zugelassen wäre, noch kann der einzelne Bürger Ansprüche aus dem Bundesverkehrswegeplan ableiten. Der Plan hat keine formal-rechtliche Relevanz.2 Der Regelungscharakter des BVWP verdeutlicht dies. Es handelt sich bei dem BVWP „nur“ um einen Bedarfsplan. Im Rahmen der Erstellung dieses Planes wird erarbeitet, ob ein Projekt zur Bewältigung zukünftigen Verkehrs grundsätzlich notwendig ist und nicht wie das Projekt tatsächlich in seinen Details umgesetzt werden soll.3 Im Ergebnis dient die Planung der jeweiligen Verkehrsprojekte lediglich als Bewertungsgrundlage für den BVWP, nicht hingegen der konkreten Umsetzung des Projektes. 1 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/BVWP/bundesverkehrswegeplanung-ausbaugesetze-und-nachgelagerte -planungsverfahren.html (aufgerufen am: 04.04.2018). 2 Stüer, NVwZ 2002, 1164. 3 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/BVWP/bundesverkehrswegeplanung-transparenz-und-beteiligung .html?nn=12830 (04.04.2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 050/18 Seite 4 Erst auf den nachgeordneten Planungsstufen (Raumordnungsverfahren und Planfeststellungsverfahren ) werden die Planungen des BVWP projektspezifisch von den jeweiligen Vorhabenträgern vertieft, wie auch dem Wortlaut des BVWP 2030 zu entnehmen ist.4 In diesem Zusammenhang werden unabhängig von der BVWP-Bewertung je nach Erfordernis Raumordnungsverfahren, Linien- bzw. Trassenbestimmungsverfahren und Planfeststellungsverfahren durchlaufen und die Projekte bis zum Baurecht geführt.5 In diesen Verfahrensstufen wird unter anderem auch die Raumverträglichkeit eines Vorhabens untersucht.6 In diesem Rahmen wird eine Umweltverträglichkeitsprüfung, deren Ziel die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen des planfestzustellenden Vorhabens auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern ist.7 Im Rahmen dieser Prüfung hat der Projektträger gemäß § 49 Abs. 1 UVPG i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 3 ROG auch nach umweltschonenden Alternativen zu suchen, was das Prüfen räumlicher Vorhabens - oder Trassenalternativen bedingt.8 Selbst eine ausführungsgesetzliche Streckenverankerung steht dem nicht entgegen, wie das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom 8. Juni 1998 bestätigt hat.9 Das BVerfG unterstreicht, dass die gesetzliche Regelung zwar den Bedarf im Sinne der Planrechtfertigung für das Vorhaben konkretisiert, dies jedoch die bedarfsbezogene Alternativprüfung mit einschließt. Der Verkehrsbedarf stellt insoweit nur einen unter vielen Belangen dar, die bei der Planung zu berücksichtigen sind. So kann eine nach der gesetzlichen Festlegung unter verkehrlichen Aspekten vorzugswürdige Trasse immer noch an entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Belangen scheitern.10 3. Fazit Bei dem BVWP handelt es sich um ein Regierungsprogramm, das die Verkehrsinfrastrukturpolitik der Bundesrepublik Deutschland für die nächsten Jahre festlegt. Formell-rechtliche Relevanz ent- 4 BVWP 2030, Abschnitt X. S. 7. 5 Ebenda. 6 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/BVWP/bundesverkehrswegeplanung-ausbaugesetze-und-nachgelagerte -planungsverfahren.html (04.04.2018). 7 § 3 UVPG i.V.m. § 2 Abs. 1 UVPG; Johlen/Oerder, MAH Verwaltungsrecht, Teil C. Das Besondere Verwaltungsrecht in der anwaltlichen Praxis § 19 Das Mandat im Planfeststellungsrecht Rn. 47-53. 8 So auch https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/BVWP/bundesverkehrswegeplanung-ausbaugesetzeund -nachgelagerte-planungsverfahren.html (04.04.2018). 9 BVerfG Beschluss vom 08.06.1998 – 1 BvR 650/97 Rn. 7, http://www.bundesverfassungsgericht.de/Shared- Docs/Entscheidungen/DE/2008/06/rk20080602_1bvr034904.html. 10 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 050/18 Seite 5 faltet es dabei nicht. Die konkrete Ausgestaltung des jeweiligen Verkehrsprojektes findet auf nachgeordneten Planungsstufen statt, die mit dem Planfeststellungsverfahren und einem – erst dann – verbindlichen Verkehrsinfrastrukturvorhaben enden. Die geographischen Angaben im BVWP sind demzufolge nicht bindend. ***