© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 049/20 Zur Einordnung der Schifffahrtsindustrie als „strategische Industrie“ Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 049/20 Seite 2 Zur Einordnung der Schifffahrtsindustrie als „strategische Industrie“ Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 049/20 Abschluss der Arbeit: 2. Juni 2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 049/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Frage 4 2. Einordnung der deutschen Schifffahrtsindustrie 4 2.1. Frage der rechtlichen Einordnung als „strategische Industrie“ 4 2.2. Wirtschaftliche Bedeutung 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 049/20 Seite 4 1. Frage Die Wissenschaftlichen Dienste wurden gefragt, ob der Schifffahrtsindustrie in Deutschland der (rechtliche) Status einer „strategischen Industrie“ zukommt und ggf. welche Vorteile und Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung damit verbunden wären. Mit „strategischer Industrie “ sind jene Wirtschaftszweige gemeint, die wirtschaftlich sowie gesellschaftlich von herausgehobener Bedeutung sind. 2. Einordnung der deutschen Schifffahrtsindustrie In Deutschland gibt es keine Rechtsnorm, die der Schifffahrtsindustrie den Status einer „strategischen Industrie“ verleihen würde. Gleichwohl ist die Schifffahrtsindustrie für Deutschland wirtschaftlich von großer Bedeutung. 2.1. Frage der rechtlichen Einordnung als „strategische Industrie“ „Strategische Industrie“ ist im deutschen Recht kein Rechtsbegriff. Dasselbe gilt für verwandte Begriffe wie „Schlüsselindustrie“ oder „Kernindustrie“. Es existiert jedoch eine rechtliche Definition der „Kritischen Infrastruktur“. Davon werden aber nur bestimmte Einrichtungen oder Anlagen umfasst. Industriezweige als solche, wie z. B. die Schifffahrtsindustrie, gehören nicht dazu. So lautet § 2 Abs. 10 S. 1 des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz, BSIG)1 wie folgt: „Kritische Infrastrukturen im Sinne dieses Gesetzes sind Einrichtungen, Anlagen oder Teile davon , die 1. den Sektoren Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung sowie Finanz- und Versicherungswesen angehören und 2. von hoher Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens sind, weil durch ihren Ausfall oder ihre Beeinträchtigung erhebliche Versorgungsengpässe oder Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit eintreten würden.“2 Diese Kriterien werden durch Rechtsverordnung näher bestimmt (vgl. § 2 Abs. 10 S. 2 BSI-Gesetz ). Anhang 7 der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz 1 BSI-Gesetz vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2821), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626) geändert worden ist; abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet .de/bsig_2009/BSIG.pdf. 2 Hervorhebungen durch Verf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 049/20 Seite 5 (BSI-Kritisverordnung - BSI-KritisV)3 führt für die verschiedenen Sektoren, darunter auch Transport und Verkehr einschließlich Schifffahrt, die Kriterien für die Einstufung von Anlagen als Kritische Infrastruktur auf. Im Bereich See- und Binnenschifffahrt gehören dazu u. a. Anlagen oder Systeme zum Betrieb von Bundeswasserstraßen. Für die Einordnung als kritische Infrastruktur müssen bestimmte Schwellenwerte (insbesondere Transportmengen) überschritten sein. Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist die Schifffahrtsindustrie als solche keine kritische Infrastruktur . 2.2. Wirtschaftliche Bedeutung In ihrer „Maritimen Agenda 2025“ zählt die Bundesregierung die Schifffahrtsindustrie ungeachtet dessen zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen. Sie verweist dabei auf Schätzungen, die von einem Umsatzvolumen von bis zu 50 Milliarden Euro und von bis zu 400.000 Arbeitsplätzen ausgehen , die direkt oder indirekt von der maritimen Wirtschaft abhängig seien.4 In der Maritimen Agenda 2025 sind zahlreiche Maßnahmen zur Förderung und Stärkung der Schifffahrtsindustrie vorgesehen. Die Bundesregierung gibt in ihrem am 27. März 2019 verabschiedeten Sechsten Bericht über die Entwicklung und Zukunftsperspektiven der maritimen Wirtschaft in Deutschland 5 (Sechster Bericht) einen Überblick über die Lage der Branche und die Maßnahmen der Bundesregierung in den Bereichen Maritime Wirtschaft. Die Unterrichtung bezieht sich auf die Bereiche Maritime Industrie (Werften und Meerestechnik einschließlich Zulieferindustrie), Seeschifffahrt und -häfen, Klima- und Umweltschutz im Seeverkehr, Offshore-Windenergie sowie Meeresforschung seit 2017. *** 3 Verordnung zu Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz - BSI-Kritisverordnung vom 22. April 2016 (BGBl. I S. 958), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 21. Juni 2017 (BGBl. I S. 1903) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/bsi-kritisv/BSI-KritisV.pdf. 4 Maritime Agenda 2025 der Bundesregierung für die Zukunft des maritimen Wirtschaftsstandorts in Deutschland , Bundestags-Drs. 18/10911 vom 18. Januar 2017, S. 5; die englische Fassung ist abrufbar unter https://www.bmwi.de/Redaktion/EN/Publikationen/maritime-agenda-2025.pdf?__blob=publicationFile&v=5. 5 Vgl. Bundestags-Drs. 19/9030 vom 29. März 2019.