© 2016 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 048/16 Mögliche Auswirkungen der Veränderungen im EU-Emissionshandel ab 2021 auf die deutsche und europäische Stahlindustrie Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 048/16 Seite 2 Mögliche Auswirkungen der Veränderungen im EU-Emissionshandel ab 2021 auf die deutsche und europäische Stahlindustrie Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 048/16 Abschluss der Arbeit: 23. Juni 2016 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Tourismus Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 048/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Mögliche Auswirkungen des ETS von 2021 bis 2030 auf die deutsche Stahlindustrie 6 3. Mögliche Kosten des ETS von 2021 bis 2030 für den Stahlsektor in Europa 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 048/16 Seite 4 1. Einführung Am 12. Oktober 2003 schuf das Europäische Parlament (EP) und der Europäische Rat die rechtliche Grundlage für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten, um mittels des Handels mit diesen Zertifikaten vor allem die Kohlendioxid (CO2)-Emissionen langfristig zu reduzieren. In Artikel 1 der entsprechenden Richtlinie heißt es: „Mit dieser Richtlinie wird ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft (nachstehend „Gemeinschaftssystem“ genannt) geschaffen, um auf kosteneffiziente und wirtschaftlich effiziente Weise auf eine Verringerung von Treibhausgasemissionen hinzuwirken.“1 In den folgenden Jahren wurde das Europäische Emissionshandelssystem (Emission-Trade-System , ETS) bis 2020 in drei Perioden unterteilt. Für die vierte Periode von 2021 bis 2030 soll das ETS überarbeitet werden2. Für diese vierte Periode veröffentlichte die Europäische Kommission (KOM) am 15. Juli 2015 eine umfassende Folgeabschätzungsstudie3, die mit dem Vorschlag für eine Richtlinie des EP und des Europäischen Rates zur Reduzierung von Emissionen einhergeht. In der Folgeabschätzungsanalyse werden die CO2-Reduktionsziele genannt und teilweise auch die Methode, mit der vorgegangen werden soll, um die Ziele zu erreichen: “The general problem analysis concerning EU climate policy targets for 2030 and the ETS has been done in the impact assessment on the 2030 climate and energy framework. In brief, despite the fact that the EU is on track to meet its short-term emission reduction target of -20% by 2020, to ensure the long-term goal of a low-carbon economy and emission reductions of 80 to 95% by 2050, an intermediate step needs to be made with the binding EU target of at least 40% domestic reduction by 2030 compared to 1990. This target should be delivered collectively by the EU in the most cost-effective manner possible, with the reductions in the ETS sectors amounting to 43% and 30% in the non-ETS sectors compared to 2005. Concerning the implementation of the emission reduction target, setting the cap at the emission level leading to a reduction of 43% would require a change in the linear reduction factor from 2021 onwards. The European Council conclusions already foresee certain methodological elements for the implementation of the EU's GHG emission reduction target, for which no options were hence developed. These include the change in the annual linear reduction factor reducing the EU ETS cap from 2021 onwards and the share of allowances to be auctioned.”4 Ausgehend von der vorliegenden Folgenabschätzung der KOM wurden zwei Studien für die deutsche und die europäische Stahlindustrie gefertigt, auf die in diesem Sachstand noch näher eingegangen wird. 1 http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02003L0087-20140430&from=DE,%20, S. 6 2 http://ec.europa.eu/clima/policies/ets/revision/index_en.htm 3 http://ec.europa.eu/clima/policies/ets/revision/docs/impact_assessment_en.pdf 4 http://ec.europa.eu/clima/policies/ets/revision/docs/impact_assessment_en.pdf, S. 19 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 048/16 Seite 5 Des Weiteren wird auf die Mitteilung der KOM vom 16. März 2016 “Die Stahlindustrie: Erhaltung von dauerhaften Arbeitsplätzen und nachhaltigem Wachstum in Europa“ hingewiesen. Darin wird u.a. Folgendes festgehalten: „In ihrem Vorschlag für die Überarbeitung des Emissionshandelssystems spricht sich die Kommission daher dafür aus, die kostenfreien Zertifikate so zu verteilen, dass energieintensive Branchen wie der Stahlsektor angemessen unterstützt und die erfolgreichsten Unternehmen weiterhin belohnt werden. Die strategische Entscheidung des Europäischen Rates, die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten nach 2020 beizubehalten, und die vorgeschlagenen Bestimmungen über die Verlagerung von CO2-Emissionen stellen zum jetzigen Zeitpunkt die ausgewogenste Lösung dar. 5 Weiter heißt es in der KOM-Mitteilung: „Zur Unterstützung von Investitionen in Innovationen wie etwa Technologieprojekte für die CO2- Abscheidung und -Nutzung (CCU) wird vorgeschlagen, ab 2021 rund 400 Millionen Emissionszertifikate diesem Zweck vorzubehalten. Zusätzlich sollen weitere 50 Millionen Zertifikate, die im Zeitraum 2013-2020 nicht zugeteilt wurden (und andernfalls in die Marktstabilitätsreserve fließen würden), zurückgestellt werden, um dem Innovationsfonds die Aufnahme seiner Tätigkeit vor 2021 zu ermöglichen und Projekte zur Unterstützung der Einführung neuer bahnbrechender Technologien in der Industrie zu finanzieren.“ 6 Bei der Betrachtung der CO2-Emissionen der Stahlindustrie und möglicher zusätzlicher Kosten infolge des überarbeiteten ETS sei zudem erwähnt, dass sich Unternehmen und Organisationen aus europäischen Ländern zu einem Konsortium unter dem Namen ULCOS7 zusammengeschlossen haben: „ULCOS steht für Ultra-Low Carbon Dioxide (CO2) Steelmaking, also die Verringerung von CO2- Emissionen bei der Stahlerzeugung. 48 Unternehmen und Organisationen aus 15 europäischen Ländern haben sich zu einem Konsortium zusammengeschlossen. Dazu gehören alle führenden Stahlunternehmen der Europäischen Union, Partner der Energie- und Bauwirtschaft, Forschungseinrichtungen und Universitäten. Das Projekt wird von der Europäischen Kommission gefördert. Ziel ist eine Reduzierung des Kohlendioxid (CO2)-Ausstoßes um mindestens 50 Prozent gegenüber den gegenwärtig effektivsten Technologien.“8 5 http://ec.europa.eu/DocsRoom/documents/15947/attachments/1/translations/de/renditions/native, S. 13 6 http://ec.europa.eu/DocsRoom/documents/15947/attachments/1/translations/de/renditions/native, S. 13 7 http://www.ulcos.org/en/about_ulcos/home.php 8 http://www.ulcos.org/de/about_ulcos/home.php Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 048/16 Seite 6 2. Mögliche Auswirkungen des ETS von 2021 bis 2030 auf die deutsche Stahlindustrie Die Wirtschaftsvereinigung Stahl hat aufgrund der Folgeschätzungsstudie der KOM bei der Prognos AG, Basel, eine Studie9 in Auftrag gegeben, die nicht nur die Belastungen für die deutsche Stahlindustrie, sondern auch die Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft bewerten sollte. Für die Stahlindustrie werden ein Referenzszenario (keine CO2-bedingten Kosten im Simulationszeitraum ) und ein Belastungsszenario (steigende CO2-Kosten im Simulationszeitraum) erstellt : „Im Referenzszenario gehen wir davon aus, dass für die deutsche Stahlindustrie im Simulationszeitraum keine CO2-bedingten Kosten anfallen. Unter diesen Voraussetzungen beschreibt die deutsche Stahlproduktion bis 2030 eine stabile Seitwärtsbewegung: die reale Produktion legt um 0,9 % p.a. zu (nominal + 2,4 % p.a.), aufgrund des steigenden Vorleistungsanteils liegt der Zuwachs der realen Wertschöpfung darunter (0,2 % p.a.). Die Zahl der Erwerbstätigen sinkt von 77 Tsd. (2015) auf 61 Tsd. Personen in 2030. Im Referenzszenario wird die mengenmäßige Rohstahlerzeugung bis 2030 leicht auf etwas über 45 Mio. Tonnen zunehmen.“ 10 Quelle: Prognos AG11 „Im Belastungsszenario wird die deutsche Stahlindustrie zunehmend mit CO2-bedingten Kosten 9 http://www.stahl-online.de/wp-content/uploads/2016/03/20160331_WVStahl_Prognos_Gutachten_final.pdf, 10 http://www.stahl-online.de/wp-content/uploads/2016/03/20160331_WVStahl_Prognos_Gutachten_final.pdf, S. 21 11 http://www.stahl-online.de/wp-content/uploads/2016/03/20160331_WVStahl_Prognos_Gutachten_final.pdf, S. 21 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 048/16 Seite 7 konfrontiert. In der Konsequenz steigt die Kostenbelastung auf knapp 1,6 Mrd. Euro im Jahr 2030 an. Unter der Annahme, dass aufgrund der hohen Wettbewerbsintensität gerade mit ausländischen Konkurrenten dieser Kostenimpuls nicht auf die Preise überwälzt werden kann, sinkt die Umsatzrendite in der deutschen Stahlindustrie nach 2020 und wird Mitte der 2020er Jahre schließlich negativ. Als vorausschauende Unternehmen reagieren die deutschen Produzenten hierauf bereits vorab und stellen ihre Investitionstätigkeit nach 2020 ein – der Kapitalstock der deutschen Stahlproduzenten schrumpft und damit auch Produktion und Wertschöpfung.“12 Und weiter heißt es in der Studie für die Wirtschaftsvereinigung Stahl: „Im Belastungsszenario steigt der CO2-Preis ab dem Jahr 2021 von 20,1 Euro je Tonne auf 40,7 Euro je Tonne im Jahr 2030. Die Kürzung der geltenden Benchmarks um jährlich ein Prozent – rückwirkend beginnend im Jahr 2008 bis zum Jahr 2030 – führt in Kombination mit dem sektorübergreifenden Korrekturfaktor gegenüber den tatsächlichen Emissionen der Branche zu einer Zertifikateknappheit von 31 % im Jahr 2021 und 48 % im Jahr 2030. Der Strompreiseffekt wird über einen Emissionsfaktor von 0,76 t CO2 je MWh ermittelt, wie er von der EU-Kommission in Anhang IV der Leitlinien für bestimmte Beihilfemaßnahmen im Zusammenhang mit dem System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten nach 2012 als regionaler Emissionsfaktor für die Region Mittel- und Westeuropa ausgewiesen wird. Unter dieser Prämisse wird er von 15,3 Euro je MWh im Jahr 2021 auf 30,9 Euro je MWh im Jahr 2030 steigen. Bei der Abschätzung der resultierenden Kosten wird ein Szenario unterstellt, in dem die emissionshandelsbedingten Stromkostensteigerungen nicht finanziell kompensiert werden. Als vorausschauende Akteure reagieren die Unternehmen hierauf bereits vorher: annahmegemäß stellen sie bereits nach 2020 ihre Investitionstätigkeit ein, es finden weder Ersatz- noch Erweiterungsinvestitionen statt. Die Abschreibungsrate des Kapitalstocks der deutschen Stahlindustrie liegt statistisch bei 8-9 % pro Jahr, gemäß dieser Rate schrumpft der Kapitalstock von Jahr zu Jahr. Im Endjahr der Betrachtung (2030) liegt der verbleibende Kapitalstock gut 60 % unter dem Referenzniveau. Langfristig würde die deutsche Stahlproduktion unter diesen Annahmen auf null zurückgehen.13 12 http://www.stahl-online.de/wp-content/uploads/2016/03/20160331_WVStahl_Prognos_Gutachten_final.pdf, S. 1 13 http://www.stahl-online.de/wp-content/uploads/2016/03/20160331_WVStahl_Prognos_Gutachten_final.pdf, S. 23 f Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 048/16 Seite 8 Quelle: Prognos AG14 Hinsichtlich der volkswirtschaftlichen Effekte kommt die Prognos-Studie zu dem Ergebnis: „Durch makroökonomische Rückkopplungen und Multiplikatorwirkungen fällt der gesamtwirtschaftliche negative Effekt größer aus als die Summe der Einzeleffekte in der statischen Betrachtung . Insgesamt liegt in der Konsequenz die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung im Jahre 2030 um 30 Mrd. Euro niedriger als im Referenzszenario. Hiermit sind Beschäftigungsverluste in Höhe von 380 Tsd. Arbeitsplätzen verbunden. Von den Effekten sind vor allem die Vorleister (z.B. Logistikunternehmen ) und Abnehmer von Stahlprodukten (z.B. Maschinen- und Fahrzeugbau) betroffen , aber auch bedingt durch eine Dämpfung der verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte konsumnahe Bereiche im Dienstleistungssektor.“15 14 http://www.stahl-online.de/wp-content/uploads/2016/03/20160331_WVStahl_Prognos_Gutachten_final.pdf, S. 23 15 http://www.stahl-online.de/wp-content/uploads/2016/03/20160331_WVStahl_Prognos_Gutachten_final.pdf, S. 2 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 048/16 Seite 9 Die folgende Abbildung zeigt laut Prognos die möglichen negativen Effekte für die Wertschöpfung und Beschäftigung: Quelle: Prognos AG 16 Eine Gegenposition vertritt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der der Auffassung ist, dass die Stahlbranche mit ihren Emissionen zusätzlich Profite in Milliardenhöhe erwirtschaften werde. Dessen Vorsitzender Weiger wird in einer Pressemitteilung des BUND vom 12. April 2016 wie folgt wiedergegeben: „Allein die Eisen- und Stahl-Industrie habe dadurch im Jahr 2014 etwa 77 Millionen Euro und im Jahr 2015 rund 45 Millionen Euro erhalten, trotz der historisch niedrigen Strompreise für Großverbraucher und eines minimalen CO2-Preises.“17 16 http://www.stahl-online.de/wp-content/uploads/2016/03/20160331_WVStahl_Prognos_Gutachten_final.pdf S. 28 17 http://www.bund.net/nc/presse/pressemitteilungen/detail/artikel/ungerechtfertigte-mobilmachung-der-stahlindustrie -gegen-emissionshandel-auch-thyssenkrupp-profitie/ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 048/16 Seite 10 3. Mögliche Kosten des ETS von 2021 bis 2030 für den Stahlsektor in Europa Ähnlich wie die Wirtschaftsvereinigung Stahl hat auch der europäische Stahlverband EUROFER eine Studie18 in Auftrag gegeben. Das beauftragte Beratungsinstitut ECOFYS in den Niederlanden sieht sich als ein führendes Beratungsunternehmen für Erneuerbare Energien, Energie- und CO2- Effizienz, Energiesysteme und –märkte und Energie- und Klimapolitik.19 Nach diesem Gutachten wird die europäische Stahlindustrie einer jährlichen Verknappung der Zuteilungen für direkte Emissionen ansteigend von 31% in 2021 auf 48 % in 2030 (im Durchschnitt 38 % über die gesamte Periode 2021-2030) entgegensehen. Ausgehend von der Projektion von Thomson Reuters für den Preis für CO2-Zertifikate könne sich diese Verknappung in Kosten von etwa 1,4 Milliarden Euro in 2021 und 4,6 Milliarden Euro in 2030 ausdrücken. Zusammengerechnet würden die direkten Nettokosten für CO2 Zertifikate 26,1 Milliarden Euro für die Periode 2021-2030 betragen.20 Neben den direkten Kosten sei der Sektor auch indirekten Kosten durch die Strompreise, die durchgereicht würden, ausgesetzt. Für diese indirekten Kosten gebe es die Möglichkeit, dass die Mitgliedsstaaten diese durch Maßnahmen kompensieren könnten. Nach der Studie von ECOFYS würden 24 % der indirekten Kosten durch finanzielle Kompensation für die Dekade 2021-2030 abgedeckt, vorausgesetzt die Mitgliedsstaaten behielten die jetzige Kompensation auch in der vierten Phase bei.21 Demnach würden die Bruttokosten (direkte und indirekte für die Jahre 2021 bis 2030) insgesamt 79,5 Milliarden Euro betragen. Darin enthalten seien die direkten Kosten von 69 Milliarden Euro und die indirekten von 10,5 Milliarden Euro. Als finanzielle Kompensation würden kostenfreie Zertifikate in Höhe von 45,3 Milliarden Euro und 2,3 Milliarden Euro für indirekte Kosten gewährt . Die Gesamtkosten beliefen sich demzufolge netto auf 34,2 Milliarden Euro. Umgerechnet auf die Tonne Stahl würde dies bedeuten, dass nach der Studie in 2021 pro Tonne Rohstahl 10 Euro an CO2-Kosten anfielen, die bis 2030 auf 28 Euro pro Tonne Rohstahl anstiegen.22 18 http://www.ecofys.com/files/files/ecofys-2015-carbon-costs-for-the-steel-sector-in-europe-post2020.pdf 19 http://www.ecofys.com/de/info//about/ 20 http://www.ecofys.com/de/info//about/, S 4 21 http://www.ecofys.com/de/info//about/, S. 6 22 http://www.ecofys.com/de/info//about/, S. 6 f Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 048/16 Seite 11 Quelle: Ecofys23 Im Gegensatz zu der Studie von ECOFYS stellt etwa Emil Dimantchev in seinem Artikel „To end windfall profits EU should limit free allocation of CO2 allowances to industry“ 24 in der Energypost vom 10. Mai 2016 kritische Erwägungen an. Zunächst erwähnt der Autor das grundsätzliche Dilemma zwischen der Klima- und Industriepolitik bei der Zuteilung von kostenlosen CO2 Zertifikaten im ETS. Bei einer Zuteilung von zu vielen Zertifikaten entgingen der EU Einnahmen aus der Versteigerung und die Industrie mache weitere Windfall Profits25 und habe wenig Anreize, die Emissionen zu reduzieren. Auf der anderen Seite könnte bei zu wenig ausgegebenen Zertifikaten der Kostendruck auf die europäische Stahlindustrie dazu führen, dass es zu einer Verlagerung der CO2-Emissionen komme, sei es, indem die europäische Stahlindustrie ihre Standorte 23 http://www.ecofys.com/de/info//about/, S. 6 24 http://www.energypost.eu/end-windfall-profits-eu-limit-free-allocation-co2-allowances-industry/ 25 Zufallsgewinn; Windfall-Profit ist ein unvorhergesehener, nicht eingeplanter bzw. nicht einplanbarer Gewinn, siehe hierzu: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/windfall-profit.html, weiterführend: Die ökonomischen Ursachen der Entstehung von Windfall Profits der Stromerzeuger durch die Einführung des Handels mit Emissionszertifikaten, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Aktueller Begriff Nr. 27/06, http://www.bundestag.de/blob/189610/463baabde05f384a7d230c64af3fb8cc/windfall_profits-data.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 048/16 Seite 12 verlagerte oder sei es, dass aufgrund der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit Billigstahl aus anderen Ländern ohne gleichwertigen Emissionshandel importiert werde. Hierzu heißt es im englischen Originaltext: “This decision will have economic and climate consequences. If the EU gives away too many allowances , it will forgo revenues that could be earned from auctioning the permits, while industries will make windfall profits, lose any kind of incentive to reduce emissions, and possibly emit more CO2. If industry receives too few allowances, its costs would rise, and if the carbon price reaches significant levels in the future, the result may be carbon leakage, whereby CO2 emissions increase outside the EU.”26 Weiter sieht Dimantchev - ähnlich wie der BUND - die Gefahr, dass die Stahlindustrie an den Zertifikaten zusätzlich verdiene. Daher spricht er sich auch für eine Begrenzung der kostenlosten Zertifikate aus. Die Windfall Profits könnten weitergehen, weil die verschiedenen Industriesektoren mehr kostenlose Zertifikate erhielten als sie benötigten, und zudem auch die Möglichkeit einer Weitergabe der CO2-Kosten an die Kunden vom Gesetzgeber unterschätzt werde. Im englischen Originaltext heißt es: “Windfall profits may continue There is now a real risk that industries will continue to receive more allowances than they need in phase 4 of the carbon market if lawmakers continue to underestimate their ability to pass through CO2 costs. The Commission’s official proposal for phase 4 again includes giving free allowances to steel, cement, and other heavy industry equivalent to 100% of their estimated emissions .”27 ENDE DER BEARBEITUNG 26 http://www.energypost.eu/end-windfall-profits-eu-limit-free-allocation-co2-allowances-industry/ 27 http://www.energypost.eu/end-windfall-profits-eu-limit-free-allocation-co2-allowances-industry/