© 2021 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 047/21 Zur Funktion der Bundesnetzagentur in der Bundesfachplanung für Übertragungsnetze Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Einleitung Es ist danach gefragt, ob die Bundesnetzagentur bei der Planung von Leitungen für das Übertragungsnetz 1 im Rahmen der Bundesfachplanung, eine gewisse Planungskompetenz besitzt, die es ihr erlaubt den Vorhabenträger zu bestimmten Planungen zu verpflichten, oder ob sich ihre Funktion rein in der einer Genehmigungsbehörde erschöpft. Dem Bau oder Ausbau von Stromleitungen für das Übertragungsnetz geht ein mehrstufiges Bedarfsermittlungs - und Planungsverfahren voraus.2 Es beginnt mit der Erstellung eines Szenariorahmens sowie eines darauf aufbauenden Netzentwicklungsplans.3 Anschließend wird der Bundesbedarfsplan erstellt, der vom Bundesgesetzgeber beschlossen werden muss.4 Nachfolgend finden die Bundesfachplanung bzw. ein Raumordnungsverfahren und das Planfeststellungsverfahren statt.5 Die Bundesfachplanung wird nach den Maßgaben des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (NABEG)6 durchgeführt, wenn das konkrete Vorhaben unter § 4 NABEG fällt, d.h. wenn es um die Errichtung oder Änderung von länderübergreifenden oder grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen und Anbindungsleitungen von den Offshore-Windpark-Umspannwerken zu den Netzverknüpfungspunkten an Land geht und das Vorhaben im Bundesbedarfsplangesetz als solches gekennzeichnet ist. Überquert die geplante Leitung keine Staats- oder Ländergrenzen, ist statt der Bundesnetzagentur eine Landesbehörde zuständig und statt der Bundesfachplanung, wird ein Raumordnungsverfahren durchgeführt.7 1 Das Übertragungsnetz dient dem Transport von Strom auf Höchstspannungsebene über weite Strecken zu den nachgelagerten Verteilungsnetzen, vgl. https://www.netztransparenz.de/Allgemeines/Deutsches-Uebertragungsnetz . Siehe auch Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Erdverkabelung von Höchstspannungsvorhaben , Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 014/18 vom 19. Februar 2018, S. 4, https://www.bundestag.de/resource /blob/548338/29ff28326d1368cbb110f33485ecfe83/wd-5-014-18-pdf-data.pdf . 2 Siehe zum Planungsverfahren auch Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Planungsverfahren beim Ausbau von Höchstspannungsnetzen, WD 5 – 3000 – 007/20 vom 29. Januar 2020, https://www.bundestag .de/resource/blob/684626/1527e1ead7de8a5310cdc20ba30cb0eb/WD-5-007-20-pdf-data.pdf. 3 https://www.netzausbau.de/Wissen/Ausbaubedarf/de.html. 4 https://www.netzausbau.de/Wissen/Ausbaubedarf/Bundesbedarfsplan/de.html. 5 https://www.netzausbau.de/Wissen/Trassenfindung/Trassenfindung.html. 6 http://www.gesetze-im-internet.de/nabeg/BJNR169010011.html. 7 https://www.netzausbau.de/Wissen/Trassenfindung/Bundesfachplanung/de.html;jsessionid =59B139CE7289C4E3C3C438BED1D9AD39 . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 047/21 Seite 5 Die Verantwortung für den sicheren und angemessenen Ausbau des Stromnetzes obliegt den jeweiligen Netzbetreibern, vgl. § 11 Abs. 1 S. 1 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)8. Für das Übertragungsnetz sind das die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB).9 Sie tragen auch die Finanzierungsverantwortung und das unternehmerische Risiko und sind für die Kapitalbeschaffung verantwortlich , unabhängig davon, dass sie die Kosten letztlich über die Netzentgelte umlegen.10 2. Aufgaben der Bundesnetzagentur Die Bundesnetzagentur (BNetzA) ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und (nationale) Regulierungsbehörde für u.a. den Energiebereich . Daneben ist sie für die Durchführung bestimmter Genehmigungsverfahren, insbesondere für Höchstspannungsleitungen, zuständig.11 2.1. Genehmigungsbehörde Im Bedarfsermittlungs- und Planungsverfahren agiert die BNetzA mindestens in Teilen als Genehmigungsbehörde . Beispielsweise muss sie als zuständige Regulierungsbehörde den von den Übertragungsnetzbetreibern entwickelten Szenariorahmen und anschließend den Netzentwicklungsplan genehmigen beziehungsweise bestätigen, vgl. §§ 12a Abs. 3 S. 1, 12b Abs. 1 S. 1 EnWG. 2.2. Zur Frage der Planungskompetenz in der Bundesfachplanung 2.2.1. Diskussionsstand in der Literatur Die Bundesfachplanung als erste Phase des Planungsverfahrens dient dem Zweck, einen geeigneten , insbesondere raumverträglichen Trassenkorridor zu finden, durch den die Leitung verlaufen soll.12 Dazu regeln die §§ 4 bis 17 NABEG das Verfahren der Bundesfachplanung. Die Einleitung erfolgt ausschließlich durch Antrag des Vorhabenträgers, § 6 S. 1 NABEG, eine Einleitung von Amts wegen ist nicht möglich.13 8 https://www.gesetze-im-internet.de/enwg_2005/BJNR197010005.html. 9 Vgl. König, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Auflage 2019, EnWG § 11 Rn. 30. 10 Vgl. Appel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Auflage 2019, NABEG § 5 Rn. 113 sowie https://www.netzausbau.de/Wissen/Akteure/de.html;jsessionid=C01EE5628AFE8989C3EF6A1274534D25 (unter „Die Bundesnetzagentur“). 11 Vgl. https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Allgemeines/DieBundesnetzagentur/UeberdieAgentur/Aufgaben /aufgaben-node.html. 12 https://www.netzausbau.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/FAQ.pdf?__blob=publicationFile, S. 7. 13 Vgl. Durinke, in: de Witt/Scheuten, NABEG, 1. Auflage 2013, § 6 Rn. 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 047/21 Seite 6 Die Vorschriften zur Bundesfachplanung enthalten eine Vielzahl an Aufgaben und Befugnissen der BNetzA während des gesamten Verfahrens. Damit hat die BNetzA zwar verglichen zu anderen Fachplanungsverfahren weitergehenden Einfluss auf den Inhalt der Planung einer Höchstspannungsleitung 14 – diese Steuerungskompetenzen beruhen auf der besonderen Verpflichtung der Netzbetreiber zum bedarfsgerechten Ausbau der Energieversorgungsnetze und der Monopolstellung der Netzbetreiber.15 Ob die BNetzA in der Bundesfachplanung aber eine eigenständige Planungskompetenz besitzt bzw. sie Planungsträgerin ist, wird in der Literatur unterschiedlich bewertet. Eine eigenständige Planungskompetenz der BNetzA wird unter anderem aus folgenden Gründen bejaht: – Eine Planungskompetenz bzw. Planungsträgerschaft wird der BNetzA aufgrund des Wortlauts in § 5 Abs. 1 S. 1 NABEG „Die Bundesnetzagentur bestimmt in der Bundesfachplanung […] Trassenkorridore von im Bundesbedarfsplan aufgeführten Höchstspannungsleitungen .“16 zugesprochen.17 – Auch die Befugnis der BNetzA, dem Vorhabenträger die Untersuchung eines weiteren, von ihm nicht vorgeschlagenen Trassenkorridors aufzugeben, weise daraufhin, dass die Kompetenz der BNetzA über die einer reinen Genehmigungsbehörde hinausgehe und die BNetzA eine „eigene planerische Entscheidung“ treffe.18 – Überhaupt liege die eigentliche Planungsentscheidung und Planungsverantwortung bei der BNetzA, da sie in der Bundesfachplanung gemäß § 7 Abs. 3 S. 2 NABEG – anders als bei der Planfeststellung – gerade nicht an den Antrag des Vorhabenträgers gebunden sei. Ihr komme stattdessen ein deutliches Mehr an planerischer Gestaltung zu.19 Die Gegenansicht verneint eine solche Planungskompetenz und sieht die Planungshoheit eindeutig und allein beim Vorhabenträger20, dem jeweiligen ÜNB: 14 Vgl. Schmitz/Uibeleisen, Netzausbau, 1. Auflage 2016, Rn. 512. 15 Vgl. Appel, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Auflage 2019, NABEG § 5 Rn. 6. 16 Hervorgehoben durch den Verfasser der Ausarbeitung. 17 So Schlacke, Bundesfachplanung für Höchstspannungsleitungen, NVwZ 2015, 626 (629). 18 Vgl. de Witt, in: de Witt/Scheuten, NABEG, 1. Auflage 2013, § 5 Rn. 33. 19 So Kümper, Das Verhältnis der Bundesfachplanung nach §§ 4 ff. NABEG zur Raumordnung der Länder, NVwZ 2014, 1409 (1410) und Die öffentliche Antragskonferenz als neues Verfahrensinstrument des Energieplanungsrechts : Grundzüge und Funktion, DÖV 2016, 929 (938) sowie Hermes, Das neue System der Energienetzplanung – verfassungsrechtliche und planungsrechtliche Grundfragen und weiterer Handlungsbedarf, EnWZ 2013, 395 (397). 20 So beispielsweise Ruge, Das Freileitungsprüfverlangen gem. § 3 III BBPlG in der Planung des Vorhabenträgers, EnWZ 2017, 51 (54). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 047/21 Seite 7 – Die Planung liege im Verantwortungsbereich der ÜNB. Denn trotz der Instrumente, durch die die BNetzA in der Bundesfachplanung auf die Auswahl des Trassenkorridors Einfluss nehmen könne, bleibe die Bundesfachplanung wegen ihres gesetzlichen Grundkonzepts und der praktischen Handhabung eine Antragsplanung auf Initiative des jeweiligen Vorhabenträgers .21 In dieser führe in allen Fällen immer der jeweilige Vorhabenträger die zentralen planerischen Aufgaben durch, wie z.B. umfangreiche Datenerhebungen und die darauf aufbauende Suche, Analyse und der Vergleich der Trassenkorridore. Der BNetzA obliege es, allein die Planungen auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu prüfen und entsprechend den Anforderungen des Abwägungsgebots nachzuvollziehen.22 – Bei der Bundesfachplanung handele es sich um ein behördlich geleitetes Verfahren, das auch mit einer behördlichen Entscheidung ende, in dem aber dem Vorhabenträger eine entscheidende Rolle zukomme. Ihm obliege die Stellung und inhaltliche Ausgestaltung des Antrags sowie die Verantwortung dafür, dass eine positive Bescheidung erfolgen könne. Die BNetzA selbst sei nicht zu einer eigenständigen Modifikation des Antrags oder dessen Inhalt befugt.23 Ihr obliege die formelle Verfahrensleitung, während der ÜNB als Vorhabenträger die Verantwortung für die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Genehmigung trage.24 Dies folge insbesondere auch aus grundrechtlichen Aspekten, da eine Verpflichtung des Vorhabenträgers zu einem bestimmten Verhalten stets einen Grundrechtseingriff darstelle, der neben einer Ermächtigungsgrundlage auch die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfordere.25 – Der BNetzA stehe in der Bundesfachplanung kein eigenes „Trassenkorridorfindungsrecht“ zu, sondern ihre Befugnisse beschränkten sich auf den Nachvollzug der vom Vorhabenträger und von Dritten26 in das Verfahren eingebrachten Trassenkorridore.27 Insbesondere könne sie dem Vorhabenträger keine inhaltlichen Vorgaben machen oder gar von ihm verlangen , einen bestimmten Trassenkorridor zum Inhalt seines Antrags zu machen.28 21 Vgl. Appel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Auflage 2019, NABEG § 5 Rn. 113 sowie Schmitz/Uibeleisen, Netzausbau, 1. Auflage 2016, Rn. 512. 22 Vgl. Appel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Auflage 2019, NABEG § 5 Rn. 113 sowie Knauff, Methodenfreiheit in der Netzplanung, EnWZ 2019, 51 (55). 23 Vgl. Knauff, Methodenfreiheit in der Netzplanung, EnWZ 2019, 51 (56). 24 Ebd. 25 Ebd. 26 Beispielsweise können Länder, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor verlaufen wird, eine gewünschte Trassierung vorschlagen und Alternativen erläutern, § 7 Abs. 3 S. 1 NABEG, vgl. de Witt, in: de Witt/Scheuten, NABEG, 1. Auflage 2013, § 5 Rn. 29. 27 Vgl. Appel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Auflage 2019, NABEG § 5 Rn. 116. 28 Vgl. Appel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Auflage 2019, NABEG § 6 Rn. 8 sowie Durinke, in: de Witt/Scheuten, NABEG, 1. Auflage 2013, § 6 Rn. 15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 047/21 Seite 8 – Da eine Planungskompetenz der BNetzA für das Planfeststellungsverfahren unstreitig nicht gegeben sei, müsse dies auch für die Bundesfachplanung gelten, da die Planungsträgerschaft „nicht je nach Genehmigungsverfahren ‚mutieren‘ könne.“29 – Die fehlende eigene Planungskompetenz spiegele sich auch darin wider, dass, sollte der ÜNB seiner Verpflichtung zur Antragsstellung nicht nachkommen, die BNetzA ihn lediglich dazu auffordern und zur Durchsetzung Zwangsmittel nach § 34 NABEG anwenden könne, jedoch keine eigene Planung an seiner Stelle vornehmen dürfe.30 Ebenso verhalte es sich, wenn der ÜNB innerhalb von drei Jahren seinen Verpflichtungen aus dem Netzentwicklungsplan nicht nachkomme. Die BNetzA sei nur befugt, eine Realisierungsaufforderung zu machen und anschließend ein Ausschreibungsverfahren, um die Realisierung durch einen Dritten zu ermöglichen, durchzuführen.31 – Einer Planungsträgerschaft der BNetzA und einer bloßen staatlichen „Indienstnahme“ der ÜNB wird außerdem entgegen gehalten, dass in einem solchen Fall, keine Verwaltungsgebühren von den ÜNB verlangt werden dürften, wie es aber der Fall sei, sondern im Gegenteil ihnen ein finanzieller Ausgleich für den Aufwand zu gewähren sei.32 2.2.2. Position der Bundesregierung und Verwaltungspraxis Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) äußerte sich auf Anfrage in einer Stellungnahme folgendermaßen33: „Nach unserer Auffassung ist die Rolle der BNetzA in der Bundesfachplanung aufgrund der einschlägigen gesetzlichen Regelungen als Genehmigungsbehörde, nicht jedoch als Planungsbehörde , einzuordnen. Zunächst ist zu konstatieren, dass der Netzausbau als private Planungsaufgabe ausgestaltet ist. Bei dem bisherigen Planungs- und Genehmigungsregime für Höchstspannungsleitungen (i.d.R. Raumordnungsverfahren, Planfeststellung nach §§ 43 ff. EnWG) handelt es sich nicht um staatliche, sondern um private Planungen. Etwas anderes gilt auch nicht für die Verfahren nach dem NABEG. Die Aufgabe des Netzausbaus obliegt dem originären Pflichtenkreis des Übertragungsnetzbetreibers (vgl. §§ 11 Abs. 1 S.1 EnWG). Auch die Systematik der Bundesfachplanung (sowie im Übrigen auch der Planfeststellung) widerspricht einer staatlichen Planung: Die der Planfeststellung vorgelagerte Ebene der Bundesfachplanung nach dem NABEG versteht sich als Antragsverfahren auf Initiative des jeweiligen Übertragungs- 29 Appel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Auflage 2019, NABEG § 5 Rn. 114. 30 Appel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Auflage 2019, NABEG § 5 Rn. 113 sowie Schmitz/Uibeleisen, Netzausbau, 1. Auflage 2016, Rn. 512. 31 Appel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Auflage 2019, NABEG § 5 Rn. 113. 32 Appel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Auflage 2019, NABEG § 5 Rn. 114. 33 Email des BMWi vom 31. Mai 2021. Alle Fettungen im Zitat durch Verfasser der Ausarbeitung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 047/21 Seite 9 netzbetreibers als Vorhabenträger (vgl. § 6 S. 1 NABEG) und unterliegt dem Gebührentatbestand des § 30 NABEG. Zudem obliegt den Übertragungsnetzbetreibern die Erarbeitung der jeweiligen, den Antrag vertiefenden, Unterlagen nach § 8 NABEG. Die Bundesnetzagentur nimmt als Genehmigungsbehörde eine nachvollziehende Prüfung vor und ist für die Durchführung eines rechtssicheren Bundesfachplanungsverfahrens mit entsprechender Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange sowie der Öffentlichkeit an den Planungen des Vorhabenträgers verantwortlich(…) Aufgrund der fehlenden Bindung der BNetzA an den Antrag des Vorhabenträgers (vgl. § 7 Abs. 3 NABEG) ist die Bundesfachplanung wesentlich offener angelegt als andere Antragsverfahren . Das NABEG eröffnet der BNetzA die Möglichkeit, vom Vorschlag des Vorhabenträgers abzuweichen, insbesondere indem sie vorgibt, im Bundesfachplanungsverfahren (auch) andere Korridorverläufe, bspw. von Dritten, in den Blick zu nehmen, die von dem Vorhabenträger entweder gar nicht betrachtet oder aber nicht als Vorschlagskorridor beantragt worden waren. Die weiteren vertiefenden Prüfungen hinsichtlich alternativer Trassenkorridorverläufe bleiben dabei Aufgabe des Vorhabenträgers. Schließlich würde es auch der engen Verzahnung von Bundesfachplanung und Planfeststellung (vgl. unter anderem § 15 Abs. 1 S. 1 NABEG zur Verbindlichkeit der Bundesfachplanung für das nachfolgende Planfeststellungsverfahren einerseits sowie § 15 Abs. 3 S. 1 NABEG zur inzidenten Überprüfung der Bundesfachplanungsentscheidung im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Zulassungsentscheidung für die jeweilige Ausbaumaßnahme ) zuwiderlaufen, wenn man die vorgelagerte Bundesfachplanung als eigenständige , staatliche Planungsaufgabe ansehen würde, während es sich bei der nachfolgenden Planfeststellung um die Zulassung von Projekten der ÜNB handelt. Eine Rollenverschiebung hin zur BNetzA als Planungsbehörde müsste konsequenterweise zur Folge haben, dass die BNetzA als planende Bundesbehörde entsprechende Kompetenzen erhielte, den bestehenden Landesplanungen ggf. entgegenstehende Erfordernisse der Raumordnung im Rahmen einer Bundesraumordnung selbst aufzustellen und nicht nur die Übereinstimmung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Vorhaben mit den Erfordernissen der Raumordnung zu überprüfen (vgl. hierzu u.a. § 5 Abs. 2 NABEG).“ Zur Verwaltungspraxis der BNetzA führt das BMWi weiter aus:34 „Dieses Verständnis zur Rolle der BNetzA in der Bundesfachplanung als Genehmigungsbehörde spiegelt sich auch in ihrer Genehmigungspraxis wieder. Aus der Verwaltungspraxis der BNetzA lässt sich sagen, dass die Behörde, der vorstehend beschriebenen Rechtsauffassung folgend, in keinem Bundesfachplanungsverfahren eigene Planungen betrieben hat. In den meisten Fällen wurden im Rahmen von laufenden Bundesfachplanungsverfahren Alternativen Dritter vorgebracht. Diese waren sodann vom Vorhabenträger dahingehend 34 Email des BMWi vom 31. Mai 2021. Alle Fettungen im Zitat durch Verfasser der Ausarbeitung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 047/21 Seite 10 überschlägig zu bewerten, ob die Alternativvorschläge auch im weiteren Bundesfachplanungsverfahren einzubeziehen und vertiefend zu prüfen sind oder aber als offensichtlich nicht in Betracht kommend abgeschichtet werden können. Die BNetzA hat hier dem Vorhabenträger in mehreren Fällen entgegen dessen Einschätzung Alternativvorschläge zur vertieften Prüfung aufgegeben. Dies war dann der Fall, wenn die durch den Vorhabenträger erfolgte Grobprüfung aus Sicht der Behörde nicht nachvollzogen werden konnte, da sich nach Ansicht der Behörde im Vergleich mit dem beantragten Trassenkorridorverlauf keine wesentlichen Unterschiede ergaben, die einen deutlichen Nachteil der Alternative hätte erkennen lassen und eine Zurückstellung der Alternative rechtfertigen ließe. Grund war hierfür beispielsweise, dass eine von den Vorhabenträgern vorgetragene erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebietes bei einem Alternativvorschlag nicht hinreichend konkret dargelegt worden war. Folge hieraus war dann, dass (auch) der Alternativvorschlag als ernsthaft in Betracht kommende Alternative durch den Vorhabenträger vertiefend zu prüfen war. In einzelnen Fällen war im Rahmen der durch die BNetzA zu treffende Bundesfachplanungsentscheidung nach § 12 NABEG ein teilweise von dem Vorschlag des Vorhabenträgers abweichender Trassenkorridor festzulegen. Dies erfolgte dann, wenn sich die alternativen Trassenkorridorsegmente im Verfahren als vorzugswürdig herausstellten, da beispielsweise Konflikte mit der Abwägung entzogener öffentlicher oder privater Belange bei dem vorgeschlagenen Trassenkorridor vorlagen, etwa durch prognostizierte Verstöße gegen zwingende Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes. Hier manifestiert sich am deutlichsten die Rolle der BNetzA als Genehmigungsbehörde, die vollkommen ergebnisoffen eine nachvollziehende Prüfung durchführt und an den Antrag des Vorhabenträgers nicht gebunden ist.“ 2.2.3. Initiative zur Änderung von § 5 NABEG Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften“ vom 25.9.2020, Bundesratsdrucksache 570/2035 hatte unter anderem der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates Stellung genommen. In seiner Stellungnahme schlug er vor, in § 5 Abs. 1 Satz 1 NABEG nach dem Wort „Bundesnetzagentur“ die Worte „als Planungsbehörde“ einzufügen. Die Rolle der BNetzA als Planungsbehörde sei erforderlich , damit sie in der Bundesfachplanung die Konfliktbewältigung ermögliche.36 Dieser Empfehlung ist der Bundesrat in seinem Beschluss vom 6.11.2020 gefolgt.37 Die Bundesregierung 35 https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2020/0501-0600/570-20.pdf?__blob=publicationFile&v=1 36 https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2020/0501-0600/570-1-20.pdf?__blob=publication- File&v=1 Ziffer 20, S. 26. 37 https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2020/0501-0600/570-20(B).pdf?__blob=publication- File&v=1, Ziffer 9., S. 13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 047/21 Seite 11 lehnte diesen Vorschlag in ihrer Gegenäußerung ab.38 In den Ausschussberatungen des Ausschusses für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages ist keine entsprechende Änderung in den Gesetzentwurf eingefügt worden.39 2.2.4. Fazit Hinsichtlich der Rolle der BNetzA in der Bundesfachplanung werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. So besitzt die BNetzA nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht eine eigenständige Planungskompetenz bzw. ist Planungsträgerin. Die Gegenauffassung, die auch vom BMWi vertreten wird, sieht die BNetzA als reine Genehmigungsbehörde ohne eigenständige Planungskompetenz . Die Verwaltungspraxis der BNetzA spricht für die Einordnung der BNetzA als reine Genehmigungsbehörde. Ferner bezeichnet, § 3 Nr.9 NABEG unter der Überschrift „Begriffsbestimmungen “ die Übertragungsnetzbetreiber als Vorhabenträger i.S.d. § 12c Abs. 8 S. 1 EnWG. Die BNetzA kann die Planung zwar in einem bestimmten Maße beeinflussen und ist nicht an den Antrag gebunden, sie kann aber nicht auf eigene Initiative hin tätig werden. Diese Auffassung wird gestützt durch die Initiative des Bundesrates, das NABEG so ändern zu wollen, dass der BNetzA die Rolle der Planungsbehörde übertragen worden wäre. Diese Initiative hat sich im Ergebnis nicht durchgesetzt. *** 38 S. Bundestagsdrucksache 19/24236 vom 11.11.2020, S. 26f., https://dserver.bundestag .de/btd/19/242/1924236.pdf . 39 S. hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie vom 27.1.2021, BT- Drs. 19/26241. https://dserver.bundestag.de/btd/19/262/1926241.pdf .