© 2016 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 – 045/14 Zusammenhänge zwischen der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der Entwicklung des Strompreises für Haushaltskunden in Deutschland Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 2 Zusammenhänge zwischen der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der Entwicklung des Strompreises für Haushaltskunden in Deutschland Verfasser: Aktenzeichen: WD 5 - 3000 – 045/14 Abschluss der Arbeit: 9. April 2014 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Komponenten des Strompreises für Haushaltskunden im Jahr 2013 5 3. Zusammenhänge zwischen dem weiteren Ausbau erneuerbarer Energien und den Komponenten des Strompreises für Haushaltskunden 7 3.1. Annahmen und Voraussetzungen für die weiteren Ausführungen und Konkretisierung der Fragestellung 8 3.2. Entwicklungsprognosen zu einzelnen Strompreiskomponenten 10 3.2.1. Überlegungen zur Prognose der EEG-Umlage für das Jahr 2030 10 3.2.1.1. Bildung der EEG-Umlage 11 3.2.1.2. Studie von 2010 zur Entwicklung der EEG-Umlage bis zum Jahr 2030 13 3.2.1.3. Eigene Überlegungen zur EEG-Umlage im Jahr 2030 15 3.2.1.4. Auswirkungen auf die EEG-Umlage 2030 bei Ausscheiden einer bestimmten Anzahl geförderter EEG-Analgen 15 3.2.2. Überlegungen zur relativen Bedeutung der EEG-Umlage für den Strompreis für Haushaltskunden im Jahr 2030 15 3.2.2.1. Energiebeschaffung und Vertrieb 16 3.2.2.2. Netzentgelte 18 3.2.2.2.1. Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der Aus- und Umbaubedarf bei der Stromtransportinfrastruktur 18 3.2.2.2.2. Refinanzierung von Infrastrukturinvestitionen und die Regulierung der Netzentgelte 19 3.2.2.2.3. Entwicklung der Netzentgelte 20 3.2.2.2.4. Veränderte Relation von EEG-Umlage und Netzentgelten im Jahr 2030 21 3.2.2.3. Veränderungen des Strommarktdesigns 21 3.2.2.3.1. Refinanzierung von Investitionen in erforderliche fossil-befeuerte Stromerzeugungskapazitäten 22 3.2.2.3.2. Mögliche Kapazitätsmarktumlage und deren relative Bedeutung zur EEG-Umlage im Jahr 2030 24 4. Auswirkungen des Ablaufs der 20-jährigen Vergütungsfrist auf den Strompreis für Haushaltskunden im Jahr 2030 25 5. Quellen- und Literaturverzeichnis 26 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 4 1. Einleitung Seit 2000 wird in Deutschland der Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien durch Instrumente des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)1 gefördert.2 Das bereits im Energiekonzept der Bundesregierung aus dem Jahr 20103 formulierte und im Zeitpunkt der Bearbeitung in § 1 Abs. 2 EEG normierte energiepolitische Ziel besteht darin, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung bis 2050 auf mindestens 80% erhöht zu haben. Im Jahr 2013 lag der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch4 in Deutschland bereits bei 25,3%.5 Um diese Ausbauziele zu erreichen, regelt das EEG einen grundsätzlichen Anreizmechanismus für private Investoren, um diese dazu zu bringen, in Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien (EEG-Anlagen) zu investieren: Das ist die sog. Einspeisevergütung. Dabei handelt es sich im Grundsatz um einen gesetzlichen Anspruch der Betreiber der EEG-Anlagen auf Zahlung einer gesetzlich festgelegten und technologiespezifischen Vergütung für den produzierten und in das Stromnetz eingespeisten Strom, den die Betreiber der Stromnetze, an die die EEG-Anlage angeschlossen ist (Netzbetreiber), für einen Zeitraum von 20 Jahren zu erfüllen haben .6 Die genannte Befristung der Vergütung verhindert „einerseits die dauerhafte Vergütung von Strom aus Erneuerbaren Energien und dient andererseits der Absicherung der Investoren, da sie diesen ein Höchstmaß an Planungssicherheit bietet. Die Befristung der Vergütungszahlung folgt dabei gängigen energiewirtschaftlichen Berechnungsformeln und Amortisationszyklen.“7 Die aus diesem Fördermechanismus resultierenden Gesamtkosten sind im Ergebnis von allen Stromverbrauchern anteilig zu tragen, die nicht unter bestimmte gesetzliche Privilegierungstatbestände fallen. Das entsprechende Instrument zur Kostenverteilung ist die EEG-Umlage nach § 37 1 Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG) vom 25.10.2008, BGBl. I S. 2074; zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2012, BGBl. I S. 2730. 2 Zu den Hintergründen und Entwicklungen vgl. Schwarz, Adrian (2014). Die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland. Hintergründe und Entwicklungen. „Infobrief“ der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 07.01.2014. WD5 – 3010 – 109/13. 3 Bundesregierung (2010). Unterrichtung des Bundestages über das Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung und 10-Punkte-Sofortprogramm – Monitoring und Zwischenbericht vom 28.09.2010. Drucksache des Deutschen Bundestages (BT-Drs.) 17/3049. 4 Nach der Definition der Bundesregierung entspricht der nationale Bruttostromverbrauch der national produzierten Gesamtstrommenge, die aus allen Quellen erzeugt wurde (Wind, Wasser, Sonne, Kohle, Öl, Erdgas etc.), zuzüglich Einfuhren, abzüglich Ausfuhren, Link: http://www.bundesregierung.de/Content/DE/StatischeSeiten /Breg/FAQ/faq-energie.html (letzter Abruf: 02.04.2014). 5 Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (2014). Bruttostromerzeugung in Deutschland von 1990 bis 2013 nach Energieträgern. Stand: 07.02.2014. 6 Vgl. die Regelungen in §§ 16, 21, 23 ff. EEG. 7 So die Begründung der Regierungsfraktionen im Gesetzentwurf vom 18.02.2004 zu § 12 Abs. 3 Satz 1 EEG 2004 (Gesetz vom 21.07.2004, BGBl. I S. 1918), der die Vergütungsfrist von 20 Jahren bis zum Erlass des EEG 2009 (Gesetz vom 25.10.2008, BGBl. I S. 2074) regelte, BT-Drs. 15/2327, S. 35. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 5 Abs. 2 EEG, deren stetiger Anstieg eine wesentliche Ursache für den Anstieg der Strompreise für Haushaltskunden bildet.8 Vor diesem Hintergrund geht die vorliegende Arbeit der Frage nach, ob und inwieweit sich das Auslaufen der 20-jährigen Vergütungsfrist nach EEG auf die Höhe der Strompreise für Haushaltskunden auswirkt. Zu diesem Zweck werden einleitend die einzelnen Komponenten des Strompreises für Haushaltskunden im Jahr 2013 überblicksartig dargestellt und erläutert (2.). Anschließend werden einige der für die Beantwortung der Frage maßgeblichen energiewirtschaftlichen Zusammenhänge erläutert (3.). Die Kenntnis dieser Zusammenhänge ist ihrerseits erforderlich, um nachvollziehen zu können, warum die Frage aus Sicht des Verfassers nicht eindeutig zu beantworten ist (4.). Die Arbeit schließt mit einem umfassenden Quellen- und Literaturverzeichnis, das v.a. auch dazu dienen soll, einige der in der vorliegenden Arbeit allenfalls angerissenen und überblicksartig erläuterten Themenkomplexe vertiefen zu können (5.). Aus Gründen, die sich bei der Lektüre der vorliegenden Ausarbeitung erschließen werden, erhebt diese Arbeit keinen Anspruch auf letztgültige Darstellung. Vielmehr wird versucht, sich der Beantwortung der zwar naheliegenden aber dennoch äußerst komplexen Fragestellung zu nähern. 2. Komponenten des Strompreises für Haushaltskunden im Jahr 2013 Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes setzt sich der Endverkaufspreis für Strom „aus folgenden Bestandteilen zusammen. - Erzeugungskosten - Netzübertragungskosten - Vertriebskosten - Verbrauchssteuern und steuerähnliche Abgaben (Stromsteuer, Konzessionsabgaben, EEGund KWK-Abgabe), evtl. Mehrwertsteuer - Kosten im Zusammenhang mit dem Emissionshandel - Gewinne der Unternehmen.“9 Für das Jahr 201310 benennen Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt in ihrem gemeinsamen Monitoringbericht vom Dezember 2013 die folgenden Bestandteile des 8 So Bundesnetzagentur/Bundeskartellamt (2013). Monitoringbericht 2013. Monitoringbericht gemäß § 63 Abs. 3 i. V. m. § 35 EnWG und § 48 Abs. 3 i. V. m. § 53 Abs. 3 GWB. Stand: Dezember 2013. S. 153, 156 f. 9 Statistisches Bundesamt (2014). Preise. Daten zur Energiepreisentwicklung. Lange Reihen von Januar 2000 bis Februar 2014. Erscheinungsfolge: monatlich. Stand: 31.03.2014. S. 11. 10 Neben den nachfolgend aufgeführten Umlagen und Abgaben ist durch § 18 der Verordnung zu abschaltbaren Lasten (AbLaV) vom 28.12.2012 (BGBl. I S. 2998) eine weitere Umlage eingeführt worden, die ab dem 01.01.2014 den Endverkaufspreis für Strom um 0,009 Cent/Kilowattstunde verbrauchten Stroms erhöht. Vgl. dazu auch die Informationen auf der von den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern betriebenen Internetseite http://www.netztransparenz.de/de/Umlage_18.htm (letzter Abruf: 02.04.2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 6 Strompreises:11 - Nettonetzentgelt - Entgelt für Abrechnung, Messung und Messstellenbetrieb - Energiebeschaffung - Vertrieb (inkl. Marge) - Konzessionsabgabe - Umlage nach EEG - Umlage nach Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG)12 - Umlage nach § 19 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV)13 - Umlage Offshore-Haftung nach § 17 f Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)14 - Stromsteuer - Umsatzsteuer. Entsprechend der systematisierenden Betrachtungsweise des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) lassen sich diese Komponenten einer der drei Kategorien zuordnen :15 - Strombeschaffung und Vertrieb (hierunter fallen: Erzeugungskosten, Kosten im Zusammenhang mit dem Emissionshandel, Vertriebskosten und Gewinne der Unternehmen) - regulierte Netzentgelte (hierunter fallen: Nettonetzentgelte, Entgelte für Messung, Messstellenbetrieb und Abrechnung bzw. die Netzübertragungskosten) 11 Vgl. die Auflistung bei Bundesnetzagentur/Bundeskartellamt (2013), S. 152. 12 Gemeint ist hier das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) vom 19.03.2002, BGBl. I S. 1092; zuletzt geändert durch Gesetz vom 07.08.2013, BGBl. I S. 3154. Dieses Gesetz soll dazu dienen, den Anteil der hocheffizienten KWK an der Stromversorgung in Deutschland bis 2020 auf 25% zu erhöhen. Dabei werden fossile Energieträger sowohl zur Strom- als auch zur Wärmeerzeugung genutzt, was ihren Wirkungsgrad erheblich steigert. Die KWKG-Umlage dient dazu, die Gesamtkosten, die aus dem gesetzlich geregelten System resultieren, mittels monetärer Anreize private Investoren für diese Technologie zu gewinnen, auf möglichst viele Stromverbraucher zu verteilen. 13 Gemeint ist § 19 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) vom 25.07.2005 (BGBl. I S. 2225); zuletzt geändert durch Verordnung vom 14.08.2013 (BGBl. I S. 3250). Diese Norm ermöglich die Privilegierung bestimmter Nutzer des Stromnetzes bei den Netznutzungsentgelten. Vgl. dazu Schwarz, Adrian (2013). Privilegierung bestimmter Stromverbraucher bei den Entgelten für die Nutzung der Stromnetze. Zu Geschichte, Hintergründen und Novelle des § 19 Abs. 2 StromNEV. „Infobrief“ der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 03.12.2013. WD5 – 3010 – 098/13. 14 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) vom 07.07.2005, BGBl. I S. 1970, 3621; zuletzt geändert durch Gesetz vom 04.10.2013, BGBl. I S. 3746. Die Umlage dient der Verteilung eines Teils der Kosten, die bei bestimmten Stromnetzbetreibern durch Ausgleichsansprüche von Betreibern von Offshore-Windkraftanlagen entstehen, die diese wegen Problemen bei der Netzanbindung ihrer Anlagen gegen die anbindungsverpflichteten Netzbetreiber haben . 15 Vgl. Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. – BDEW (2013). BDEW-Strompreisanalyse November 2013. Haushalte und Industrie. Stand: 20.11.2013. S. 9 sowie die entsprechenden Angaben bei Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. – BDEW (2014). Erneuerbare Energien und das EEG: Zahlen, Fakten , Grafiken (2013). Anlagen, installierte Leistung, Stromerzeugung, EEG-Auszahlungen, Marktintegration der Erneuerbaren Energien und regionale Verteilung der EEG-induzierten Zahlungsströme. Stand: 24.02.2014. S. 43. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 7 - Steuern und Abgaben (hierunter fallen: Strom- und Umsatzsteuer, Konzessionsabgaben sowie die Umlagen nach EEG, KWKG, StromNEV und EnWG). Nach Angaben des BDEW betrug der Anteil der Steuern und Abgaben etwa 50%, der staatlich regulierten Netzentgelte (inkl. der Kosten für Messung, Messstellenbetrieb und Abrechnung) etwa 20% und der Kosten für Strombeschaffung und Vertrieb etwa 30% der Höhe des Strompreises für Haushaltskunden im Jahr 2013.16 Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt in Bezug auf die prozentualen Anteile der genannten Kategorien am durchschnittlichen mengengewichteten Einzelhandelspreisniveau für Strom für Haushaltskunden im Jahr 2013:17 - Danach machte der Anteil der Steuern und Abgaben 49,1% des Strompreises für Haushaltskunden im Jahr 2013 aus. o Innerhalb dieser Kategorie stellten die EEG-Umlage mit 18%, die Umsatzsteuer mit 16% und die Stromsteuer mit 7% des Strompreises für Haushaltskunden im Jahr 2013 die größten Einzelpositionen dar. - Die staatlich regulierten Netzentgelte (inkl. der Kosten für Messung, Messstellenbetrieb und Abrechnung) waren für 22,2% der Höhe des Strompreises für Haushaltskunden im Jahre 2013 verantwortlich. o Dabei stellten die Nettonetzentgelte mit 19,8% die größte Einzelposition innerhalb dieser Kategorie dar. - Der Anteil der Kosten für Energiebeschaffung und Vertrieb am Strompreis für Haushaltskunden im Jahr 2013 betrug insgesamt 28,8%, wobei die Kosten für Energiebeschaffung mit 21,3% die größte Einzelposition darstellte.18 3. Zusammenhänge zwischen dem weiteren Ausbau erneuerbarer Energien und den Komponenten des Strompreises für Haushaltskunden Um der Frage nachgehen zu können, ob sich aus dem Auslaufen der 20-jährigen Vergütungsfrist Rückschlüsse auf die Strompreisentwicklung ziehen lassen, wenn die aus dem Fördermechanismus ausscheidenden EEG-Anlagen gleichwohl weiter Strom produzieren und einspeisen, werden nachfolgend einige der maßgeblichen Zusammenhänge zwischen der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der Entwicklung einzelner o.g. Strompreiskomponenten dargestellt. 16 BDEW (2013), S. 9. 17 Zur Erläuterung (auch der verklausulierten Kategorisierung) vgl. die Ausführungen bei Bundesnetzagentur/Bundeskartellamt (2013), S. 144 ff. 18 Vgl. Bundesnetzagentur/Bundeskartellamt (2013), S. 152 sowie den auf dieser Seite enthaltenen Hinweis in Fn. 111, dass die Summe der Einzelbestandteile aufgrund von Rundungsdifferenzen leicht abweichen kann. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 8 3.1. Annahmen und Voraussetzungen für die weiteren Ausführungen und Konkretisierung der Fragestellung Da die Beantwortung der eigentlichen Frage allerdings eine Prognose erfordert und sowohl die Energiewirtschaft selbst als auch die maßgeblichen Vorgaben des Energiewirtschaftsrechts sehr dynamisch sind, müssen vorab einige Bedingungen definiert werden, die den energiewirtschaftlichen und v.a. energiewirtschaftsrechtlichen Rahmen der Beantwortung der Frage bilden: - Für die nachfolgenden Ausführungen wird davon ausgegangen, dass die im Zeitpunkt der Bearbeitung geltende Gesetzeslage auch in dem zu betrachtenden Zeitpunkt Geltung besitzt . Die gilt insbesondere für die gesetzlich geregelten und technologiespezifischen Vergütungssätze für Strom aus erneuerbaren Energien sowie den gesamten übrigen Regelungskomplex des Förder- und Ausgleichsmechanismus im EEG. 19 Um die Wichtigkeit dieser Voraussetzung zu verdeutlichen, sei kurz auf die Entwicklung innerhalb der letzten 17, 18 Jahre in Deutschland und Europa im Bereich der Energie- und v.a. der Stromwirtschaft hingewiesen: o Die erste europäische Richtlinie zur Liberalisierung des Strombinnenmarktes wurde im Dezember 1996 erlassen.20 Dies markiert den Beginn der rasant zunehmenden Tätigkeiten der europäischen und nationalen Normgeber, um den Bereich der Energiewirtschaft zu liberalisieren.21 Seitdem sind auf europäischer Ebene ein Zweites und ein Drittes Energiebinnenmarktpaket, die jeweils aus verschiedenen Legislativakten bestanden, verabschiedet und in nationales Recht transformiert worden.22 Daneben begann 2005 der europaweite Emissionshandel, der mittels Marktinstrumenten zum Erreichen der Treibhausgasreduktionsziele beitragen soll und – jedenfalls von seiner Zielstellung her – erheblichen Einfluss auf die Erzeugungskosten von Strom haben soll, wenn dieser mittels Nutzung fossiler Energieträger erzeugt wurde.23 Im Kontext der europäischen Energie- und Klimapolitik sind darüberhinaus die legislativen Maßnahmen zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien beim Stromverbrauch seit 2001 zu nennen24, denen entsprechende Regelungen auf nationaler Ebene folgten. Dieser Überblick ist natürlich 19 Der Vollständigkeit halber sei auf den bekannten Umstand hingewiesen, dass im Zeitpunkt der Bearbeitung der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie für ein Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 31.03.2014 vorliegt. Link: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/Erneuerbare-Energien/eeg-reform .html (letzter Abruf: 04.04.2014). Die Regelungen dieses Entwurfs sind jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit. 20 Gemeint ist die Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.12.1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, ABl. Nr. L 027 vom 30.01.1997, S. 20. 21 Vgl. die Ausführungen bei Schneider, Jens-Peter/Theobald, Christian (2013). Recht der Energiewirtschaft. Praxishandbuch . 4. Auflage 2013. München: C. H. Beck. § 1 Rn. 25 ff. 22 Vgl. die Nachweise und Ausführungen bei Schneider/Theobald (2013), § 2 Rn. 33 ff. 23 Vgl. die Ausführungen bei Schneider/Theobald (2013), § 13 Rn. 61. 24 Vgl. die Ausführungen bei Schneider/Theobald (2013), § 21 Rn. 24 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 9 sehr oberflächlich und keinesfalls abschließend. Er soll nur verdeutlichen, dass es den Bereich des Energiewirtschaftsrechts, wie er sich heute darstellt, im Grunde erst seit 18 Jahren gibt. Dies wird wohl am besten dadurch deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass das EnWG von 199825, das u.a. das Ziel verfolgte, die o.g. Richtline von 1996 umzusetzen, das EnWG von 1935 ablöste, das seinerseits noch dazu dienen sollte, „volkswirtschaftlich schädliche Auswirkungen des Wettbewerbs zu verhindern“.26 Auch wenn sich im Zeitpunkt der Bearbeitung bestimmte energiepolitische Linien abzeichnen, nimmt die zu beantwortende Frage dennoch einen Zeitraum in den Blick, bei dem die weitere Entwicklung des Energiewirtschaftsrechts nicht sicher vorhergesehen werden kann.27 - Grundlage der weiteren Ausführungen bildet des Weiteren die Annahme, dass die im Zeitpunkt der Bearbeitung maßgeblichen energiepolitischen Ziele im Bereich der erneuerbaren Energien in der Stromversorgung erreicht werden. o Zur Erinnerung: Während 2013 der Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Stromverbrauch bei 25,3% lag28, verfolgt das EEG das weit darüber hinausgehende Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung mindestens zu erhöhen auf 35% bis 2020, 50% bis 2030, 65% bis 2040 und 80% bis 2050.29 - Gleiches gilt für die Atompolitik: Nach dem im Zeitpunkt der Bearbeitung geltenden § 7 Abs. 1a des Atomgesetzes (AtG)30 wird spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2022 kein in Deutschland produzierter Strom aus Atomenergie mehr im deutschen Stromnetz vorhanden sein. Für die vorliegende Arbeit wird daher angenommen, dass dieses Ziel erreicht wird. 25 Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung vom 24.04.1998, BGBl. I S. 730. 26 Vgl. die Ausführungen bei Schneider/Theobald (2013), § 1 Rn. 25 sowie den Informationen in dem von der Rechtsanwaltskanzlei becker büttner held betriebenen Energieblog, Link: http://www.derenergieblog.de/allethemen /energie/75-jahre-energiewirtschaftsgesetz/ (letzter Abruf: 03.04.2014). 27 Auch wenn dies für die vorliegende Arbeit nicht von Belang ist, sei in diesem Zusammenhang auf den Referentenentwurf für ein Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 31.03.2014 hingewiesen, der auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie abrufbar ist. Link: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie /Erneuerbare-Energien/eeg-reform.html (letzter Abruf: 07.04.2014). Darin sind sehr bemerkenswerte Regelungen enthalten, die zu einer grundsätzlichen Neuausrichtung des Fördersystems zum weiteren Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien führen (können). Dies meint etwa die zukünftig verpflichtende Direktvermarktung und das für die Zeit ab 2017 geplante Ausschreibungsverfahren. 28 Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (2014). 29 Vgl. § 1 Abs. 2 EEG. 30 Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) vom 15.07.1985, BGBl. I S. 1565; zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.08.2013, BGBl. I S. 3313. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 10 - Bei der Beantwortung der Frage wird der angestrebte einheitliche europäische Energiebinnenmarkt 31 außen vor gelassen. Dies bedeutet, dass im Hinblick auf den Strommix32 modellhaft davon ausgegangen wird, dass der gesamte Bruttostromverbrauch der zu betrachtenden Zukunft durch Erzeugungskapazitäten in Deutschland und damit nach den deutschen Energiewirtschaftsregeln produziert wird. - Um die Frage beantworten zu können, wie es sich auf den Strompreis für Haushaltskunden auswirkt, wenn EEG-geförderte Stromerzeugungsanlagen nach Ablauf der 20-jährigen Vergütungsfrist keine Förderung mehr erhalten aber dennoch weiterhin Strom produzieren und einspeisen, wird die Frage folglich dahingehend konkretisiert, ob und wie es sich wie es sich auf den Strompreis für Haushaltskunden auswirkt, wenn die 20-jährige Vergütungsfrist für eine bestimmte Anzahl von weiter Strom produzierenden EEG-Anlagen im Jahr 2030 endet. - Wird im Rahmen dieser Arbeit die Entwicklung von Preisen thematisiert, dann ist anzunehmen , dass Preiserhöhungsmechanismen, die außerhalb des Bereichs der Energiewirtschaft liegen (wie etwa Überlegungen zur Inflationsentwicklung), nicht berücksichtigt werden (ceteris paribus). 3.2. Entwicklungsprognosen zu einzelnen Strompreiskomponenten Wie sich bereits aus der Darstellung der Einzelkomponenten des Strompreises für Haushaltskunden im Jahr 2013 und deren Gewichtung ergibt, besteht zwischen der Förderung der erneuerbaren Energien und dem Strompreis nur über die EEG-Umlage ein direkter und offensichtlicher Zusammenhang . Allerdings wirkt sich der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien im Strombereich , so wie sie in den energiepolitischen Zielen formuliert sind, auch erheblich auf das gesamte Energie- und Stromversorgungssystem aus. Dies wiederum beeinflusst die Entwicklung der übrigen Einzelkomponenten des Strompreises für Haushaltskunden. Die damit angesprochenen Zusammenhänge werden nachfolgend erläutert. 3.2.1. Überlegungen zur Prognose der EEG-Umlage für das Jahr 2030 Nachfolgend werden Überlegungen zur Prognose der EEG-Umlage für das Jahr 2030 angestellt. Zu diesem Zweck wird nachfolgend überblicksartig erläutert, mittels welcher Mechanismen die EEG-Umlage gebildet wird. Um sich der Beantwortung der Zwischenfrage nach der Höhe der EEG-Umlage im Jahr 2030 als Bestandteil des Strompreises für Haushaltskunden im Jahr 2030 nähern zu können, werden anschließend Überlegungen dazu angestellt, wie sich die wesentlichen Faktoren, die die Höhe der EEG-Umlage bestimmen, bis zum Jahr 2030 entwickelt haben könnten . 31 Vgl. dazu die Ausführungen der Europäischen Kommission (2014). Ein Rahmen für die Klima- und Energiepolitik im Zeitraum 2020-2030. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 22.01.2014, S 11 ff. 32 Der Begriff beschreibt die Anteile der einzelnen Primärenergieträger (wie fossile Energieträger, Atomenergie, erneuerbare Energien) am Gesamtbruttostromverbrauch eines Jahres. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 11 3.2.1.1. Bildung der EEG-Umlage Zum Zweck der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien formuliert das EEG drei wesentliche Verpflichtungen der Betreiber von Stromnetzen (Netzbetreiber): - Sie müssen Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (EEG-Anlagen) an ihr Stromnetz anschließen. - Sie müssen den aus erneuerbaren Energien produzierten Strom vorrangig abnehmen. - Und sie müssen den Betreibern der Anlagen die gesetzlich definierte, technologieabhängige und v.a. degressiv ausgestaltete Vergütung für den eingespeisten Strom über einen Zeitraum von 20 Jahren ab Inbetriebnahme der EEG-Anlage (inkl. Inbetriebnahmejahr) zahlen (Einspeisevergütung ).33 Weniger für die allgemeine Darstellung der Bildung der EEG-Umlage als vielmehr für die nachfolgenden prognostischen Erwägungen ist in diesem Zusammenhang noch wichtig, dass Betreiber von EEG-Anlagen auch die Möglichkeit haben, den Strom nicht an die Netzbetreiber gegen die feste Einspeisevergütung zu „verkaufen“, sondern ihn selbst zu Marktpreisen zu vermarkten (Direktvermarktung).34 Unter ökonomischen Gesichtspunkten spielt diese Option natürlich nur dann eine Rolle, wenn der in Direktvermarktung zu erzielende Erlös höher ist als die Einspeisevergütung. Aus dem beschriebenen Fördermechanismus ergeben sich für die Stromnetzbetreiber wegen der Verpflichtung zur Zahlung der Einspeisevergütungen35 erhebliche finanzielle Belastungen, die per se regional sehr unterschiedlich verteilt sind, da EEG-Anlagen vor allem da errichtet werden, wo günstige räumliche und klimatische Bedingungen herrschen (hohe jährliche Sonnenstundenzahl, Windhöfigkeit). Daher regeln das EEG, die Ausgleichsmechanismusverordnung (AusglMechV)36 sowie die Ausgleichmechanismus-Ausführungsverordnung37 einen bundesweiten Ausgleichsmechanismus , der folgendermaßen funktioniert:38 - Die Betreiber der Stromnetze der höchsten Spannungsstufe (Übertragungsnetzbetreiber)39 bündeln den deutschlandweit so geförderten Strom bei sich und erstatten den anderen 33 Insbesondere bzgl. der geregelten allgemeinen Degression der Vergütungssätze vgl. § 20 Abs. 2 EEG. 34 Vgl. §§ 33a ff. EEG. 35 Betreiber von EEG-Anlagen, die anstelle der Einspeisevergütung die Direktvermarktung wählen, obwohl die zu erzielenden Preise unter den gesetzlich festgelegten Vergütungssätzen liegen, können sich die entsprechenden Differenz durch die Netzbetreiber ersetzen lassen (Marktprämie im Sinne der §§ 33 g und h EEG). Die gezahlten Marktprämien fließen natürlich ebenso in die Ermittlung der EEG-Umlage ein. 36 Ausgleichsmechanismusverordnung vom 17.07.2009, BGBl. I S. 2101; zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.08.2012, BGBl. I S. 1754. 37 Ausgleichsmechanismus-Ausführungsverordnung vom 22.02.2010, BGBl. I S. 134; zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.02.2013, BGBl. I S. 310. 38 Detaillierte Informationen zur Berechnung der EEG-Umlage finden sich bei BDEW (2014), S. 33 ff. 39 In Deutschland verantworten vier Unternehmen den Betrieb des gesamten Übertragungsnetzes, das v.a. der deutschlandweiten Verteilung von Strom dient (TenneT TSO, Amprion, 50 Hertz Transmission, TransnetBW). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 12 Netzbetreibern die Einspeisevergütungen, die diese an die Betreiber der EEG-Anlagen gezahlt haben. - Die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) verkaufen den gebündelten Strom aus erneuerbaren Energien an einer Strombörse und bilden die Differenz zwischen den Beträgen, die sie durch den Verkauf des Stroms an der Strombörse erlöst haben40 und den Beträgen, die sie an die anderen Netzbetreiber gezahlt haben41 (EEG-Differenzkosten). Da die EEG-Umlage aber stets am 15. Oktober eines Jahres für das Folgejahr durch die ÜNB festgelegt werden muss42, prognostizieren die ÜNB die zu ihrer Ermittlung maßgeblichen energiewirtschaftlichen Daten wie Gesamtstromerzeugung, Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, insgesamt zu zahlende Einspeisevergütungen etc. für das Jahr, für das die Umlage festzulegen ist.43 Die EEG-Differenzkostenbildung erfolgt daher stets unter prognostischen Unsicherheiten . Folglich kann immer erst im darauffolgenden Jahr geprüft werden, ob und inwieweit die Prognosen zutrafen. Die Folge ist, dass sich die für die EEG-Umlage eines Jahres maßgeblichen (prognostizierten) EEG-Differenzkosten zum einen durch den Ausgleich des EEG-Kontos erhöhen können. Dieser Ausgleich dient dazu, die Folgen von Prognoseabweichungen im Vorjahr zu kompensieren. Damit die ÜNB im Falle von starken Abweichungen von den Prognosen in dem Jahr, für das sie die EEG-Umlage festlegen, weiterhin ihren o.g. Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Netzbetreibern nachkommen können, können die ÜNB zum anderen eine Liquiditätsreserve vorsehen, die ebenfalls die EEG- Differenzkosten erhöht. Zusammengefasst ergibt sich der umzulegende jährliche Gesamtbetrag der EEG-Förderkosten daher als Summe aus EEG-Differenzkosten, EEG-Kontoausgleich und Liquiditätsreserve.44 Zur Ermittlung der EEG-Umlage werden anschließend diese EEG-Förderkosten zu gleichen Teilen auf den gesamten nicht-privilegierten Stromverbrauch Deutschlands umgelegt.45 Daraus ergibt sich ein Betrag in Cent je verbrauchter 40 Gemeint sind die Einnahmen im Sinne des § 3 Abs. 3 AusglMechV, bei denen die Erlöse aus der Vermarktung des Stroms noch die größte Rolle spielen. 41 Gemeint sind hier die Ausgaben im Sinne des § 3 Abs. 4 AusglMechV, bei denen die gezahlten Einspeisevergütungen die mit Abstand größte Einzelposition darstellen. 42 Vgl. § 3 Abs. 2 AusglMechV. 43 Sehr aufschlussreich sind die detaillierten Informationen zur Berechnung etwa der EEG-Umlage für 2014 auf der von den vier Übertragungsnetzbetreibern betriebenen Internetseite. Link: http://www.netztransparenz .de/de/EEG-Umlage.htm (letzter Abruf: 03.04.2014). 44 Es sei darauf hingewiesen, dass die Verwendung der Terminologie der EEG-Differenzkosten in der Literatur nicht einheitlich erfolgt. Die vorliegende Arbeit erhebt aber auch nicht den Anspruch, die gängigste Terminologie zu verwenden. Leitgedanke ist vielmehr, dass das Verständnis der Leserin/des Lesers gefördert wird. Folglich bieten sich deskriptive Termini an. Um darzustellen, dass dieser Begriff alle mit dem EEG-Förder- und Ausgleichsmechanismus zusammenhängenden Kosten meint, wird aus dem gleichen Grund der ansonsten nicht belegbare Begriff der EEG-Förderkosten verwendet. 45 Der Begriff des nicht-privilegierten Stromverbrauchs beschreibt den Umstand, dass es in Deutschland Stromverbraucher gibt, die aus unterschiedlichen Gründen eine geringere EEG-Umlage in ct/kWh zahlen, als sie nach der dargestellten Rechnung eigentlich zahlen müssten (privilegierter Stromverbrauch). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 13 bzw. gelieferter Kilowattstunde Strom. Diesen Betrag fordern die ÜNB von grundsätzlich jedem, der Strom an Letztverbraucher liefert.46 - Die Lieferanten geben die EEG-Umlage abschließend an die von ihnen belieferten Letztverbraucher weiter. Daraus ergibt sich, dass die Höhe der EEG-Umlage im Wesentlichen von folgenden Einzelbestandteilen abhängt: - Für die Ermittlung der EEG-Differenzkosten als wesentlichen Bestandteil der gesamten EEG-Förderkosten für das Jahr 2030 ist zum einen die Höhe der von den ÜNB zu ersetzenden Einspeisevergütungen und zum anderen die Höhe des bei der Vermarktung durch die ÜNB anzulegenden Börsenstrompreises relevant. - Weiterhin ist die Gesamtmenge des nicht-privilegierten Letztverbrauchs von Strom maßgeblich . - Vereinfacht lässt sich die EEG-Umlage folgendermaßen mathematisch darstellen:EEG-Umlage= prognostizierte EEG-Förderkostenprognostizierte Gesamtmenge des nicht-privilegierten Letztverbrauchs Daraus ergeben sich bestimmte Zusammenhänge zum einen zwischen den wesentlichen Bestandteilen der EEG-Förderkosten sowie zwischen dem Zähler und Nenner der genannten Formel: - Steigen die Einspeisevergütungen und bleiben die Börsenstrompreise sowie die Gesamtmenge des nicht-privilegierten Letztverbrauchs annähernd unverändert, erhöhen sich die EEG-Förderkosten und somit die EEG-Umlage in absoluten Zahlen im Vergleich zum derzeitigen Niveau.47 - Steigen hingegen die Börsenstrompreise und bleiben die übrigen Variablen unverändert, sinken die EEG-Förderkosten und damit auch die EEG-Umlage. - Während diese Überlegungen allein den Zähler der Formel betreffen, vervielfachen sich die Entwicklungsoptionen, wenn unterstellt wird, dass sich die Gesamtmenge des nichtprivilegierten Letztverbrauchs ändert. Dabei besteht der grundsätzliche Zusammenhang darin, dass sich die EEG-Umlage erhöht, wenn die EEG-Förderkosten unverändert bleiben und die Gesamtmenge des nicht-privilegierten Letztverbrauchs abnimmt. 3.2.1.2. Studie von 2010 zur Entwicklung der EEG-Umlage bis zum Jahr 2030 Insbesondere der Frage, wie sich die EEG-Differenzkosten und die EEG-Umlage bis zum Jahr 2030 entwickeln werden, widmete sich auch die Studie einer Arbeitsgemeinschaft aus dem Jahr 46 Vgl. die Regelung in § 37 Abs. 2 EEG. 47 Der Beantwortung der Frage, inwieweit die EEG-Umlage im Jahr 2030 nach wie vor etwa 18% oder mehr des Strompreises für Haushaltskunden ausmachen wird, wird sich im Anschluss genähert. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 14 2010, an der u.a. das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie das Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) beteiligt waren.48 Die Autoren der Studie gehen dabei von folgenden Entwicklungen aus: - Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien werde bis 2030 (entsprechend den o.g. energiepolitischen Zielsetzungen) stark zunehmen.49 - Die für die Ermittlung der Börsenstrompreise wichtigen Brennstoffkosten für fossile Stromerzeugung sowie die im Rahmen des europaweiten Emissionshandels zu zahlenden Preise für CO2-Verschmutzugsrechte werden zukünftig stark steigen.50 - Die Großhandelsstrompreise/Börsenstrompreise werden steigen.51 - Die EEG-Anfangsvergütungssätze für Neuanlagen werden wegen der gesetzlichen Degression sinken. Im Rahmen der o.g. Wahlmöglichkeiten werden Betreiber von EEG-Anlagen wegen des Anstiegs der Börsenstrompreise freiwillig aus dem System der EEG-Vergütungssätze ausscheiden und ihren Strom direkt vermarkten (lassen), da die zu erzielenden Erlöse über den Vergütungssätzen liegen werden. Daher sei davon auszugehen, dass im Jahr 2030 nur noch 17% des nach EEG förderfähigen Stroms über das System der Einspeisevergütungen gefördert werde.52 - In der Folge verringern sich die EEG-Vergütungszahlungen und damit die EEG-Differenzkosten .53 48 Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)/Institut für Technische Thermodynamik, Abt. Systemanalyse und Technikbewertung/Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES)/Ingenieurbüro für neue Energien (IFNE) (2010). Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der Erneuerbaren Energie in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und global. Entwicklung der EEG-Vergütungen, EEG-Differenzkosten und der EEG-Umlage bis zum Jahr 2030 auf Basis eines aktualisierten EEG-Ausbaupfades. Bearbeiter: Wenzel, Dr. Bernd/Nitsch, Dr. Joachim. Dezember 2010. 49 Vgl. die Daten bei Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) et al., S. 29. 50 Vgl. die Daten bei Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) et al., S. 31 ff. 51 Vgl. die Daten bei Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) et al., S. 33 ff. 52 Vgl. die Daten bei Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) et al., S. 37 ff. 53 Vgl. die Daten bei Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) et al., S. 41, 42 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 15 - Und obwohl der maßgebliche nicht-privilegierte Letztverbrauch sinken werde54, werde die EEG-Umlage ab 2015/2016 fallen und sei im Jahr 2030 dann „mit 0,3 Cent/kWh sehr gering und kaum noch relevant.“55 3.2.1.3. Eigene Überlegungen zur EEG-Umlage im Jahr 2030 Die Annahme, dass die Brennstoffkosten für fossile Stromerzeugung steigen werden, erscheint vor dem Hintergrund der global steigenden Energienachfrage und der Preissteigerungsraten der letzten Jahre plausibel.56 Wenngleich der Preis letztlich durch den Markt festgelegt werden wird, ist perspektivisch davon auszugehen, dass durch im Zeitpunkt dieser Ausarbeitung auf europäischer Ebene geplanten Markteingriffsmaßnahmen57 der europaweite Emissionshandel wieder in die Lage versetzt werden wird, seinem eigentlichen Ziel der Emissionsreduktion durch Bepreisung von umweltschädlichem Verhalten nachkommen zu können. Daher ist die Annahme plausibel, die von steigenden Preisen für CO2-Verschmutzugsrechte ausgeht.58 3.2.1.4. Auswirkungen auf die EEG-Umlage 2030 bei Ausscheiden einer bestimmten Anzahl geförderter EEG-Analgen Sollten die Annahmen der o.g. Studie zutreffen, lässt sich die Zwischenfrage, wie es sich auf die EEG-Umlage im Jahr 2030 auswirken wird, wenn eine bestimmte Anzahl von im Vorjahr noch mittels der EEG-Vergütungssätze geförderten EEG-Anlagen nunmehr aus dem EEG-Vergütungssystem ausscheidet, folgendermaßen beantworten: Je nachdem wie viele EEG-Anlagen aus dem EEG-Vergütungssystem ausscheiden, führt dies dazu, dass sich die EEG-Umlage weiter reduziert und sogar den Wert Null annehmen kann. Dieses Aussage steht allerdings unter dem Vorbehalt der in Kapitel 3.1. aufgeführten Annahmen. 3.2.2. Überlegungen zur relativen Bedeutung der EEG-Umlage für den Strompreis für Haushaltskunden im Jahr 2030 Ob und inwieweit sich diese prognostizierten Entwicklungen allerdings auf den Strompreis für Haushaltskunden im Jahr 2030 auswirken werden, hängt neben der absoluten Höhe der EEG-Umlage v.a. auch von der relativen Bedeutung der EEG-Umlage bei der Zusammensetzung des 54 Vgl. die Daten bei Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) et al., S. 44. 55 Vgl. die Daten bei Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) et al., S. 44 ff. und insbesondere 46. 56 Vgl. für die Preissteigerungsraten der einzelnen fossilen Energieträger Statistisches Bundesamt (2014), S. 16 ff. 57 Vgl. den Vorschlag der Europäischen Kommission für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung und Anwendung einer Marktstabilitätsreserve für das EU-System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten und zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG vom 22.01.2014, KOM(2014), 20 endg. sowie die Antwort der Bundesregierung vom 11.03.2014 auf die Kleine Anfrage „Position der Bundesregierung zu den Vorschlägen für eine strukturelle Reform des Emissionshandels“, BT-Drs. 18/755. 58 Vgl. dazu etwa Frenz, Walter/Wimmers, Kristina (2013). Aktuelle Entwicklungen im Emissionshandel. Zeitschrift für Immissionsschutzrecht und Emissionshandel (I+E). 3. Jahrgang (2013). S. 219 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 16 Strompreises für Haushaltskunden im Jahr 2030 ab. Daher werden nachfolgend einige im Zeitpunkt der Bearbeitung aktuelle Entwicklungen skizziert, von denen angenommen werden kann, dass sie sich zum einen auf die absolute Höhe einzelner Strompreiskomponenten und zum anderen auf die relative Bedeutung dieser Komponenten zur EEG-Umlage auswirken werden. 3.2.2.1. Energiebeschaffung und Vertrieb Es ist gut vorstellbar, dass sich der bereits oben thematisierte prognostizierbare Anstieg der Brennstoffkosten für fossile Stromerzeugung auch auf die Strompreiskomponente „Energiebeschaffung und Vertrieb“ niederschlagen wird. Zum einen ist davon auszugehen, dass die Brennstoffpreise im Jahr 2030 unter den oben definierten Bedingungen grundsätzlich noch von größerer Relevanz sein werden, als sie es im Zeitpunkt dieser Ausarbeitung bereits sind. Dies ergibt sich aus Überlegungen zum Energieträgermix bei der Bruttostromerzeugung im Jahr 2030 sowie den prognostizierbaren Tendenzen bei der Entwicklung der Weltmarktpreise für fossile Primärenergieträger: Zwar wird der gesamte Stromverbrauch Deutschlands im Jahr 2030 entsprechend der dieser Arbeit zugrundegelegten Zielsetzung des § 1 Abs. 2 EEG zur Hälfte durch erneuerbare Energien gedeckt . Da zu diesem Zeitpunkt allerdings die Atomkraftwerke keinen Strom mehr produzieren werden, muss die andere Hälfte unter Nutzung fossiler und sonstiger Energieträger erzeugt werden . Zum Vergleich: Die Anteile der einzelnen Primärenergieträger an der Bruttostromerzeugung 2013 in Deutschland ergeben aus der nachfolgenden Übersicht.59 59 Datengrundlage bilden die Informationen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (2014). Anteile der Energieträger an der Bruttostromerzeugung in Deutschland 2013 Atomenergie 15,4% Braunkohle 25,6% Erneuerbare Energien 23,9% Steinkohle 19,6% Erdgas 10,5% Sonstige (u.a. Heizöl, Pumpspeicher) 5% Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 17 Da etwa 1/5 der „sonstigen Energieträger“ ebenfalls fossilen Ursprungs sind60, ergibt sich aus dieser Darstellung, dass der Gesamtanteil der fossilen Energieträger an der Bruttostromerzeugung in Deutschland im Jahr 2013 bei 56,7% lag.61 Wird unterstellt, dass der Anteil der „sonstigen Energieträger“ an der Bruttostromerzeugung des Jahres 2030 ebenfalls 5% betragen wird und – wie im Jahr 2013 – 1/5 davon ebenfalls fossilen Ursprungs sind, werden sich die Anteile der Energieträger an der Bruttostromerzeugung im Jahr 2030 wie folgt darstellen: - mindestens 50% erneuerbare Energien62 - maximal63 46% fossile Energieträger wie Braun- und Steinkohle, Erdgas und Mineralölprodukte sowie - 4% sonstige Energieträger. Zwar ist demnach ein quantitativer Rückgang der fossilen Energieträger zu erwarten. Zu beachten ist aber die Importabhängigkeit Deutschlands bei den fossilen Primärenergieträger. Danach wurden 2013 71% der für die gesamte Energieversorgung Deutschlands erforderlichen Primärenergieträger importiert.64 Energieträgerspezifische Details sind der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen : Mineralöl Erdgas Steinkohle Erneuerbare Energien Braunkohle Importanteil 98% 88% 87% 3% 0% Inlandsgewinnung 2% 12% 13% 97% 100% Energieträgerspezifische Übersicht über die Höhe der Import-/Inlandgewinnungsanteile an der im Jahr 2013 verbrauchten Energieträgergesamtmenge 60 Vgl. die Daten der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (2014). 61 25,6+19,6+10,5+1,0. 62 Das in § 1 Abs. 2 EEG formulierte Ziel, ist ausweislich des Wortlauts nicht als Obergrenze zu verstehen. 63 Wird das „Minimal“-Ziel des § 1 Abs. 2 EEG für 2030 erreicht und trifft die weitere Voraussetzung zu, dass die sonstigen Energieträger 5% ausmachen und 1/5 davon fossilen Ursprungs ist, kann der Anteil der fossilen Energieträger nicht größer sein als 46%. 64 Vgl. für diese und die nachfolgenden Angaben die Informationen auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen. Link: http://www.ag-energiebilanzen.de/DE/presse/infografik/infografik.html (letzter Abruf: 07.04.2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 18 Wird unterstellt, dass in Deutschland allein der Inlandsgewinnungsanteil des Bereichs der erneuerbaren Energien zukunftsträchtig ist65, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Importquote noch erhöhen wird und sich der durch die globale Steigerung der Nachfrage nach fossilen Primärenergieträgern ergebende Kostenanstieg auch auf Deutschland auswirken wird. 3.2.2.2. Netzentgelte Der Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wirkt sich nicht nur unmittelbar auf die Höhe der EEG-Förderkosten sondern auch auf die Stromtransportinfrastruktur aus. 3.2.2.2.1. Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der Aus- und Umbaubedarf bei der Stromtransportinfrastruktur In ihrem Sondergutachten vom September 2013 schreibt die Monopolkommission zu dieser Thematik Folgendes:66 „Der verstärkte Ausbau von Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien bedingt, dass sich die Anlagenstruktur bei der Energieerzeugung verändert. So zeichnen sich die Standorte vieler Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien (insbesondere Wind, Sonne, Biomasse ) typischerweise durch eine – im Vergleich zu den konventionellen Kraftwerken – dezentrale Struktur aus. Im Vergleich zu konventionellen Kraftwerken geben bei EE-Erzeugungsanlagen meteorologische und weitere die Vergütung berücksichtigende Faktoren den Ausschlag für den Standort der Anlagen.67 Zudem sind EE-Anlagen typischerweise kleiner, sodass eine große Zahl von EE-Anlagen jetzt und zukünftig an die bestehende Netzinfrastruktur und an alle Spannungsebenen und nicht mehr hauptsächlich an die Übertragungsnetzebene angebunden sein muss. Da EE-Anlagen und Lastzentren68 nicht immer beieinanderliegen, muss die Netzinfrastruktur so angepasst werden, dass der EE-Strom von den Erzeugungs- zu den Verbrauchsstandorten transportiert werden kann. […] So muss deutlich mehr Energie als bislang über große Distanzen transportiert werden. Dabei spielt in Deutschland vor allem die Nord-Süd-Achse eine wichtige Rolle. So werden im Norden Deutschlands immer größere Mengen an Windstrom erzeugt, während der 2011 beschlossene Kernenergieausstieg zu einer Reduktion an Erzeugungskapazitäten, die vor allem die Versorgung im Süden sichergestellt haben, führt. Große Strommengen, die bei- 65 An dieser Stelle könnten zahlreiche Probleme diskutiert werden, die unter den Stichworten „Braunkohleverbrennung und Emissionshandel“, „Steinkohleförderung in Deutschland“ oder „Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten – Fracking“ liefen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird darauf allerdings verzichtet . 66 Monopolkommission (2013). Energie 2013: Wettbewerb in Zeiten der Energiewende. Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 62 Abs. 1 EnWG. Sondergutachten 65 vom 5. September 2013. 67 Das derzeitige System vergütet nach eingespeister Kilowattstunde. Je mehr Strom produziert und eingespeist wird um so höher fällt die Vergütung aus. Folglich werden die Anlagen da errichtet, wo sie möglichst viel Strom produzieren. 68 Damit sind die Orte gemeint, die innerhalb eines Netzgebiets den meisten Strom verbrauchen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 19 spielsweise wetterbedingt auf Basis von Sonnenenergie vorrangig in das Stromnetz eingespeist werden, führen dazu, dass lokal mehr Energie erzeugt als verbraucht wird. Diese überschüssige Energie „bahnt“ sich einen Weg aus dem Verteil- über das Mittelspannungs - in das Übertragungsnetz, muss abtransportiert und an anderer Stelle verbraucht werden.“69 Aus diesen Entwicklungen resultiert zum einen ein teilweise erheblicher Um- und Ausbaubedarf bei den Übertragungs- und den Verteilnetzen,70 dessen konkreter Umfang allerdings stark von den Umständen des Einzelfalls abhängt.71 Damit ist jedoch nicht allein der Neubau von Stromleitungen gemeint.72 Diskutiert wird vor allem auch der weniger kostenintensive Umbau bestehender Infrastrukturen durch den Austausch technisch veralteter und den Einsatz innovativer Netzbetriebsmittel wie etwa regelbarer Ortsnetztransformatoren oder Hochtemperaturleiterseile.73 3.2.2.2.2. Refinanzierung von Infrastrukturinvestitionen und die Regulierung der Netzentgelte Die Refinanzierung derartiger Infrastrukturinvestitionen erfolgt in Deutschland ausschließlich dadurch, dass diejenigen, die Strom aus einem Stromnetz entnehmen, bestimmte Preise für diese Nutzung des Stromnetzes an die Netzbetreiber zu zahlen haben, die das entsprechende Stromnetz unterhalten, warten und ausbauen (Netzentgelte). Dabei werden Kalkulation und Erhebung der Netzentgelte in Deutschland durch die jeweils zuständigen staatlichen Regulierungsbehörden überwacht (Netzentgeltregulierung).74 Den Hintergrund bilden folgende Erwägungen: Wie auch andere Netz- und Leitungsinfrastrukturen werden Stromnetze in der wettbewerbsökonomischen Theorie als sog. natürliche Monopole angesehen.75 Dies könnte sich wohlfahrtsökonomisch dahingehend negativ auswirken, dass der 69 Monopolkommission (2013), S. 165 f. 70 Im Gegensatz zu den Übertragungsnetzen, die dem großräumigen Stromtransport dienen, werden die Netze der Hoch-, Mittel- und Niederspannung als sog. Verteilnetze bezeichnet. Vgl. etwa Deutsche Energie-Agentur GmbH – dena (2012). dena-Verteilnetzstudie. Ausbau- und Innovationsbedarf der Stromverteilnetze in Deutschland bis 2030. Stand: 11. Dezember 2012. S. 20. 71 Zu Um- und Ausbaubedarf bei den Übertragungsnetzen vgl. Deutschen Energie-Agentur GmbH – dena (2005). Energiewirtschaftliche Planung für die Netzintegration von Windenergie in Deutschland an Land und Offshore bis zum Jahr 2020. Stand: 24.02.2005 sowie dena (2010). Integration erneuerbarer Energien in die deutsche Stromversorgung im Zeitraum 2015-2020 mit Ausblick 2025. Stand: November 2010. Zu Um- und Ausbaubedarf bei den Verteilnetzen bis 2030 vgl. dena (2012). 72 Im Hinblick auf den Ausbau des Übertragungsnetzes vgl. die verständliche Darstellung der aktuellen Entwicklungen bei Monopolkommission (2013), S. 166 ff. 73 Dazu dena (2012), S. 17, 165 ff. Zum gesamten Themenbereich des wegen der Energiewende erforderlichen Netzausbaus vgl. Monopolkommission (2013), S. 165 - 183. 74 Zum gesamten Komplex der Netzentgeltregulierung vgl. die Ausführungen bei Schneider/Theobald (2013), § 17. 75 Vgl. dazu etwa Schnitker, Christiane (2009). Regulierung der Netzsektoren Eisenbahnen, Elektrizität und Telekommunikation . Eine vergleichende Bewertung des Regulierungsdesigns und der Marktentwicklung seit der Liberalisierung. Dissertation Universität Gießen. S. 13 ff., insbesondere S. 21. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 20 Monopolist Preise für die Netznutzung fordern und auch bekommen würde, die sich in dieser Höhe in einer alternativen Wettbewerbssituation nicht erzielen ließen.76 Die Vorschriften zur Regulierung der Netzentgelte sollen daher als eine Art Wettbewerbsersatz bzw. –surrogat die Preisbildung auf diesem monopolistischen Markt disziplinieren, um Wohlfahrtsverluste zu reduzieren und Effizienzen durch unternehmerisches Handeln zu steigern.77 Die maßgeblichen Vorschriften zur Ermittlung der konkreten Netzentgelte, die jeder Netznutzer individuell zu zahlen hat, sind in den §§ 21 f. EnWG sowie in der StromNEV und der Anreizregulierungsverordnung (ARegV)78 enthalten. Entsprechend der erläuterten Hintergründe verfolgen die maßgeblichen und teilweise sehr detaillierten Regelungen zum einen das Ziel, dass in die Netzentgeltkalkulation nur die Kosten einfließen , die tatsächlich aus dem Betrieb des Stromnetzes resultieren (Netzbetriebskosten) und die denen eines durchschnittlich effizienten Netzbetreibers entsprechen.79 Zum anderen sorgt das System der Anreizregulierung mit den in der ARegV geregelten Instrumenten gleichzeitig dafür, dass die Netzbetreiber einen Anreiz haben, diese Kosten im Zeitverlauf zu senken, um mit dem Netzbetrieb überhaupt Gewinne erwirtschaften zu können.80 Die Höhe des für einen bestimmten Zeitraum der Netznutzung insgesamt zu zahlenden Netzentgeltbetrags hängt nach § 17 StromNEV jedenfalls von der Menge des Stroms ab, die der jeweilige Netznutzer in diesem bestimmten Zeitraum aus dem Stromnetz entnommen hat.81 3.2.2.2.3. Entwicklung der Netzentgelte Im Hinblick auf die Entwicklung der Netzentgelte führen die Bundesnetzagentur und das Bundeskartellamt im Monitoringbericht Folgendes aus: „Die Regulierung der Netznutzungsentgelte im Strombereich wurde in 2005 mit dem Fokus eingeführt, bestehende Monopolrenditen und Ineffizienzen im Netzbetrieb abzubauen. 76 Schnitker (2009), S. 23 ff. 77 Schnitker (2009), S. 8 ff. mit Erläuterungen zu den Theorien der Regulierung. 78 Verordnung über die Anreizregulierung der Energieversorgungsnetze (Anreizregulierungsverordnung – ARegV) vom 29.10.2007, BGBl. I S. 2529; zuletzt geändert durch Verordnung vom 14.08.2013, BGBl. I S. 3250. 79 Dabei differenziert die StromNEV zwischen aufwandsgleichen und kalkulatorischen Kosten. Während erstere den zu erstellenden Gewinn- und Verlustrechnungen zu entnehmen sind (§ 5 StromNEV), sind zweitere mittels konkreter Vorgaben in der StromNEV zu ermitteln. Die wesentlichen Positionen innerhalb der kalkulatorischen Kosten stellen die kalkulatorischen Abschreibungen auf das betriebsnotwendige Anlagevermögen und die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung im Sinne der §§ 6,7 StromNEV dar. 80 Vgl. die Ausführungen bei Schneider/Theobald (2013), § 18. 81 Nach § 17 Abs. 2 StromNEV besteht das Netzentgelt pro Entnahmestelle aus einem Jahresleistungspreis in Euro pro Kilowatt und einem Arbeitspreis in Cent pro Kilowattstunde. Je mehr Strom der Netznutzer aus dem Netz entnimmt, desto höher ist der am Ende einer Kalkulationsperiode gezahlte absolute Netzentgeltbetrag. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 21 Nach anfänglich erheblichen Reduktionen in den Netzkosten und den resultierenden Entgelten stabilisierten sich die Netzentgelte in den vergangenen Jahren. Gegenwärtig zeichnen sich nicht unerhebliche Steigerungen ab. Der Anstieg der Netzentgelte ist auf eine Vielzahl von Faktoren zurückzuführen, nicht zuletzt auf Investitionen in den Netzausbau. Die Regulierung der Netze leistet dennoch einen wichtigen Beitrag zur Dämpfung des Preisanstiegs auf den Elektrizitätsmärkten. […] Insgesamt zeigt sich, dass die fortlaufende Umsetzung des Ausbaus der Übertragungs- und Verteilernetze in Folge der Energiewende […] beachtliche Kosten und damit Entgeltzuwächse ausgelöst hat. Die durch die Anreizregulierung ausführbaren Effizienz- und Kostenreduktionspotenziale haben dagegen nicht mehr als eine mäßig bremsend Wirkung. Ziel ist eine einheitliche und transparente Netzentgeltregulierung, die eine zielorientierte und ebenso kosteneffiziente Weiterentwicklung des Energiesystems garantiert. Dies kann steigende Entgelte bewirken und damit auch entsprechend auf den Strompreis wirken. Diese Erhöhung gilt es, auf das notwendige Maß zu begrenzen.“82 Folglich halten es auch die Bundesnetzagentur und das Bundeskartellamt für möglich und wahrscheinlich , dass sich die Netzentgelte wegen des erforderlichen Netzaus- und Netzumbaus in den nächsten Jahren erhöhen werden. 3.2.2.2.4. Veränderte Relation von EEG-Umlage und Netzentgelten im Jahr 2030 Wie eingangs der vorliegenden Arbeit erläutert, hat die EEG-Umlage einen Anteil von 18% am Strompreis für Haushaltskunden im Jahr 2013, während die Netto-Netzentgelte (inkl. der Kosten für Messung, Messstellenbetrieb und Abrechnung) für 22,2% der Höhe des Strompreises für Haushaltskunden im Jahre 2013 verantwortlich waren.83 Treten die o.g. Annahmen ein und die EEG-Umlage wird im Jahr 2030 aufgrund der aufgezeigten Erwartungen insbesondere wegen des Anstiegs der Börsen- bzw. Großhandelsstrompreise sehr stark gesunken sein, könnte sich diese Relation im Jahr 2030 aufgrund der dargestellten Erfordernisse des Netzaus- und Netzumbaus stark verändert haben und der Anteil der Nettonetzentgelte am Strompreis für Haushaltskunden könnte größer sein als der Anteil der EEG-Umlage. 3.2.2.3. Veränderungen des Strommarktdesigns Neben Netzaus- und Netzumbau ergibt sich aus den energiepolitischen Zielsetzungen im Hinblick auf den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2050 eine weitere energiewirtschaftlich äußerst komplexe Herausforderung, die mit der fluktuierenden Einspeisung des Stroms aus erneuerbaren Energien in Zusammenhang steht: 84 Es wird immer nur dann Strom 82 Bundesnetzagentur/Bundeskartellamt (2013), S. 69 f. 83 So Bundesnetzagentur/Bundeskartellamt (2013), S. 152. 84 Zum gesamten Komplex der Kapazitätsmärkte und des Strommarktdesigns vgl. Monopolkommission (2013), S. 184 ff.; Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2013). Langfristige Steuerung der Versorgungssicherheit im Stromsektor. Stand: 20. September 2013. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 22 produziert, wenn auch die entsprechenden Energieträger verfügbar sind, also der Wind weht bzw. die Sonne scheint. Bliebe aber zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestehende Stromnachfrage unbefriedigt, da kein Wind weht oder die Sonne nicht scheint, könnten Teile des Stromnetzes zusammenbrechen („Blackout“) und die Versorgungssicherheit wäre nicht mehr gewährleistet .85 Zwar existieren bereits bestimmte Möglichkeiten, um diesem Problem zu begegnen: So könnte etwa die bestehende Nachfrage verringert werden (demand-side-management) oder aber „gespeicherter Strom“ in das Netz eingespeist werden.86 Allerdings sind diese Möglichkeiten (derzeit) technisch beschränkt und könnten in Extremfällen nicht ausreichend sein. Gleichzeitig sorgt die gesetzliche Regelung im EEG über die vorrangige Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien im Grundsatz dafür, dass konventionelle, fossil-befeuerte Kraftwerke nur die Stromnachfrage befriedigen bzw. die Last abdecken, die durch Strom aus erneuerbaren Energien nicht gedeckt werden kann. 3.2.2.3.1. Refinanzierung von Investitionen in erforderliche fossil-befeuerte Stromerzeugungskapazitäten Dies wiederum zieht komplexe Fragen im Hinblick auf die Refinanzierung von Investitionen in neue, fossil-befeuerte Kraftwerke nach sich:87 Am derzeitigen Strommarkt wird allein die Produktion von Strom gehandelt und vergütet (Energy-only-Markt). Nicht handelbar ist hingegen die Möglichkeit, Strom zu produzieren. Wenn aber aufgrund der vorrangigen Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien gar nicht sicher ist, wie viel Strom ein zu errichtendes fossil-befeuertes Kraftwerk produzieren wird, könnten hohe Unsicherheiten hinsichtlich der Höhe der Kapitalrückflüsse dazu führen, dass Investoren davor zurückschrecken, in fossil befeuerte Erzeugungskapazitäten zu investieren, obwohl dies im Interesse der Stabilität des Gesamtsystems wäre.88 Ob und inwieweit in diesen Punkten seitens des Gesetzgebers Handlungsbedarf besteht, indem etwa ein Markt geschaffen wird, auf dem die Möglichkeit, Energie zu produzieren, gehandelt werden kann, wird derzeit sehr kontrovers unter den Stichworten „Kapazitätsmärkte“ und „Strommarktdesign “ diskutiert.89 Eine in diesem Zusammenhang bestehende ökonomische Gefahr besteht etwa darin, dass durch gesetzliche Regelungen, die eigentlich der Versorgungssicherheit dienen sollen, neben den schon 85 Vgl. etwa Wissenschaftlicher Beirat (2013), S. 5. 86 Interessant in diesem Zusammenhang die Darstellung möglicher Maßnahmen bei Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH – BET (2013). Möglichkeiten zum Ausgleich fluktuierender Einspeisungen aus Erneuerbaren Energie. Studie im Auftrag des Bundesverbands Erneuerbare Energie E.V. Stand: April 2013. Zum Potenzial von sog. „Power-to-Gas“-Anlagen sowie sonstigen Stromspeichertechnologien vgl. Monopolkommission (2013), S. 174. 87 Vgl. zu diesem gesamten Komplex die sehr eingängige Darstellung bei Wissenschaftlicher Beirat (2013), S. 5 ff. 88 Zu den Investitionsanreizen in idealtypischen Strommärkten vgl. Wissenschaftlicher Beirat (2013), S. 8. 89 Dazu Monopolkommission (2013), S. 194. Vgl. dazu auch die sehr anschauliche Darstellung bei Wissenschaftlicher Beirat (2013), S. 14 ff. und insbesondere S. 17 sowie die verständlichen Erläuterungen bei Sachverständigenrat für Umweltfragen (2013). Den Strommarkt der Zukunft gestalten. Sondergutachten. Stand: November 2013. S. 78 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 23 bestehenden noch weitere Erzeugungsüberkapazitäten und neue stromverteuernde Subventionsregelungen geschaffen würden.90 Ein weiterer Aspekt im Zusammenhang mit der Diskussion um Kapazitätsmechanismen ist die Einbindung Deutschlands in den Europäischen Energiebinnenmarkt und die sich daraus ergebenden Konsequenzen: So sollte nach Auffassung einiger Autoren vor der Schaffung eines rein nationalstaatlichen Kapazitätsmechanismus sehr genau geprüft werden, ob und inwieweit die Einbindung Deutschlands in den Europäischen Binnenmarkt zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit im Inland beitragen kann.91 Auch die Europäische Kommission ist der Auffassung, dass „Reservekapazitätsmechanismen […] nicht nur auf den nationalen Markt ausgerichtet sein [sollten], sondern die europäische Perspektive einbeziehen“ müssen.92 Die Monopolkommission jedenfalls geht davon aus, dass derzeit kein akuter Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers besteht.93 Vielmehr schlägt sie vor, den bestehenden Energy-only-Markt „weiterhin laufend zu beobachten, um Anhaltspunkte dafür zu sammeln, wie sich der Kapazitätsbedarf und die Kapazitätsfrage zukünftig weiterentwickeln werden.“94 Da diese Beobachtung allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen wird, schlagen Monopolkommission und Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vor, den Energy-only- Markt „kurzfristig um eine geringe strategische Reserve aus Bestands- und Neubaukraftwerken“ zu ergänzen.95 Dabei besteht das Grundkonzept der strategischen Reserve darin, dass eine bestimmte Kraftwerksleistung als Reserve im Strommarkt zur Verfügung steht und nur dann zum Einsatz kommt, wenn das Stromangebot die Nachfrage nicht mehr deckt. In dem Fall würde der Strompreis am Energy-only-Markt steigen und irgendwann den sog. Auslösungspreis erreichen, ab dem die strategische Reserve einsetzen würde. Eine Herausforderung dieses Konzepts bestünde für die Politik darin, diesen Auslösungspreis zu definieren.96 90 Vgl. die Ausführungen der Monopolkommission (2013), S. 195 ff.: Wissenschaftlicher Beirat (2013), S. 21 sowie die Einzelbeiträge bei Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e. V. – DIW (2013). Sicherung der Stromversorgung . DIW Wochenbericht Nr. 48/2013. Stand: 27.11.2013. 91 Monopolkommission (2013), S. 200; Wissenschaftlicher Beirat (2013), S. 21, der auf den in diesem Zusammenhang sehr wichtigen Aspekt der „Übertragungsengpässe“ und damit auch auf die Netzaus- und Netzumbauthematik im europäischen Kontext hinweist. 92 So die Europäische Kommission etwa in ihrer Pressemitteilung vom 05.11.2013 über die Veröffentlichung von „Leitlinien für staatliche Interventionen im Stromsektor“. Link: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13- 1021_de.htm (letzter Abruf: 08.04.2014). 93 Monopolkommission (2013), S. 193 f. sowie S. 202 f. 94 Monopolkommission (2013), S. 203. 95 Monopolkommission (2013), S. 203; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2013), S. 425 ff., 427. Auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen präferiert das Konzept der strategischen Reserve, da damit weniger in den Strommarkt eingegriffen wird, vgl. Sachverständigenrat für Umweltfragen (2013), S. 81. 96 Umfassend dazu Monopolkommission (2013), S. 198 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 24 Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie rät dagegen aufgrund von wirtschaftlichen, politischen und strommarktsystematischen Überlegungen davon ab, die Versorgungssicherheit kurzfristig durch eine strategische Reserve sicherstellen zu wollen, da dieses Konzept zu höheren Stromkosten führen könnte.97 Vielmehr optiert die Mehrheit des Wissenschaftlichen Beirats dafür, „einen wettbewerblich organisierten und ökonomisch fundierten Markt für Kraftwerkskapazitäten zu ermöglichen, auf dem auf der Basis einer staatlichen Vorgabe für die aggregierte Erzeugungskapazität die einzelwirtschaftlichen Entscheidungen die Schaffung und Erhaltung von Kapazitäten steuern und damit das angestrebte Maß an Versorgungssicherheit gewährleisten“.98 Nach Auffassung der Minderheit der Mitglieder im Wissenschaftlichen Beirat würde ein solches System einem tatsächlich bestehenden Marktversagen in Sachen Kapazitätsplanung wohl am Besten begegnen können. Allerdings könnten die derzeitigen Probleme im Strommarkt „zeitlich begrenzt sein, und der Staat könnte durch energische Förderung des Netzausbaus und des Angebots an speicherfähigem Strom die problematische Zeit verkürzen helfen“, so dass die Schaffung eines Kapazitätsmechanismus, der die „Rücknahme eines ganz wesentlichen Teils der in den neunziger Jahren in Gang gesetzten Liberalisierung der Stromwirtschaft “ bedeutet, nicht erforderlich wäre.99 Von Seiten der Energiewirtschaft wird etwa durch den Branchenverband „Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. – BDEW“ erheblich Druck erzeugt, indem suggeriert wird, dass ohne einen gesetzlich geregelten Kapazitätsmechanismus Versorgungsengpässe drohen.100 3.2.2.3.2. Mögliche Kapazitätsmarktumlage und deren relative Bedeutung zur EEG-Umlage im Jahr 2030 Abgesehen davon, dass mit §§ 13a und 13b EnWG i. V. m. der Reservekraftwerksverordnung101 im Zeitpunkt der Erstellung dieser Ausarbeitung bestimmte Instrumentarien bestehen, um kurzfristig die Versorgungssicherheit aufrecht erhalten zu können102, ist die weitere Entwicklung in diesem Bereich mit Zeithorizont 2030 nicht absehbar. Vorstellbar ist allerdings, dass es zur Einführung einer „Kapazitätsmarktumlage“ kommt, die zu einer möglichst breiten Verteilung der Kosten führen soll, die durch die mögliche Einführung von Kapazitätsmechanismen entstehen, die ihrerseits das reine Vorhalten von fossil-befeuerten Stromerzeugungskapazitäten vergüten. 97 Dazu umfassend Wissenschaftlicher Beirat (2013), S. 18. 98 Wissenschaftlicher Beirat (2013), S. 23. 99 Vgl. das Minderheitsvotum bei Wissenschaftlicher Beirat (2013), S. 23 f. 100 Vgl. nur die entsprechende Pressemitteilung des BDEW vom 07.04.2014 „Hildegard Müller: 43 Prozent aller Kraftwerksneubauten sind in Frage gestellt“. Link: http://www.bdew.de/internet.nsf/id/20140407-pi-hildegardmueller -43-prozent-aller-kraftwerksneubauten-sind-in-frage-gestellt-de (letzter Abruf: 08.04.2014). 101 Verordnung zur Regelung des Verfahrens der Beschaffung einer Netzreserve sowie zur Regelung des Umgangs mit geplanten Stilllegungen von Energieerzeugungsanlagen zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems (Reservekraftwerksverordnung) vom 27.06.2013, BGBl. I S. 1947. 102 Nach § 14 Abs. 2 Reservekraftwerksverordnung tritt sie mit Ablauf des 31.12.2017 außer Kraft. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 25 Wenngleich diese Annahmen sehr spekulativ sind, ist dennoch vorstellbar, dass, sollte eine derartige Umlage eingeführt werden, sie auch wegen der quantitativen Bedeutung der fossilen Stromerzeugung im Jahr 2030 von erheblicher Höhe sein könnte. Treten die o.g. Annahmen in Bezug auf die absolute Entwicklung der EEG-Umlage ein, ist demnach auch vorstellbar, dass eine „Kapazitätsmarktumlage“ im Jahr 2030 sehr viel höher als die EEG-Umlage und dementsprechend für einen größeren Anteil des Strompreises für Haushaltskunden im Jahr 2030 als die EEG-Umlage verantwortlich ist. 4. Auswirkungen des Ablaufs der 20-jährigen Vergütungsfrist auf den Strompreis für Haushaltskunden im Jahr 2030 Mit den vorangegangen Ausführungen wurde darzustellen versucht, dass eine eindeutige Antwort auf die eigentliche Frage, ob und inwieweit sich das Auslaufen der 20-jährigen Vergütungsfrist nach EEG auf den Strompreis für Haushaltskunden im Jahr 2030 auswirken wird, wenn die entsprechenden EEG-Anlagen gleichwohl weiter Strom produzieren und einspeisen, selbst dann nicht möglich ist, wenn wesentliche Rahmenbedingungen als gegeben definiert werden. Wie gezeigt, hat dies viele Ursachen: - Die Höhe der einzelnen Komponenten des Strompreises für Haushaltskunden, die im Jahr 2013 bestehen, werden beeinflusst von Entwicklungen, die nicht vorhersehbar sind. Dabei steht noch nicht einmal fest, dass es im Jahr 2030 nicht weitere Komponenten geben wird. - Folglich sind bestimmte Annahmen sehr spekulativ (insbesondere die Entwicklung der Netzentgelte und die Überlegungen zu Kapazitätsmechanismen). Sie sind zwar mit den energiewirtschaftlichen Herausforderungen, die im Zeitpunkt der Bearbeitung bestehen, gut begründbar. In quantitativer Hinsicht lassen sich daraus aber nach Ansicht des Verfassers keine konkreten Aussagen sondern nur Vermutungen und Tendenzen ableiten. - Dies wiederum hat Auswirkungen auf die Bedeutung der EEG-Umlage als Komponente für die Bildung des Strompreises für Haushaltskunden im Jahr 2030. Wie gezeigt besteht die begründete Annahme, dass die EEG-Umlage im Jahr 2030 in absoluten Zahlen sehr niedrig sein wird. Darüberhinaus besteht die begründete Annahme, dass die relative Bedeutung der EEG-Umlage bei der Bildung des Strompreises für Haushaltskunden im Jahr 2030 im Vergleich zu 2013 stark abgenommen haben wird. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 – 045/14 Seite 26 5. Quellen- und Literaturverzeichnis Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (2014). Bruttostromerzeugung in Deutschland von 1990 bis 2013 nach Energieträgern. Stand: 7. Februar 2014. Link: http://www.ag-energiebilanzen.de/ (letzter Abruf: 2. April 2014). Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH – BET (2013). Möglichkeiten zum Ausgleich fluktuierender Einspeisungen aus Erneuerbaren Energien. Studie im Auftrag des Bundesverbands Erneuerbare Energie e. V. April 2013. Link: http://www.bee-ev.de/_downloads/publikationen /studien/2013/130327_BET_Studie_Ausgleichsmoeglichkeiten.pdf (letzter Abruf: 8. April 2014). Bundesnetzagentur/Bundeskartellamt (2013). Monitoringbericht 2013. 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