© 2016 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 – 043/16 Entwicklung der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 – 043/16 Seite 2 Entwicklung der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen Aktenzeichen: WD 5 - 3000 – 043/16 Abschluss der Arbeit: 12. Mai 2016 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Tourismus Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 – 043/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Überblicksmaterial vom Statistischen Bundesamt 4 3. Zusammenfassende Darstellungen 6 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 – 043/16 Seite 4 1. Fragestellung Dieser Dokumentation liegt eine verhältnismäßig kurzfristig gestellte Anfrage zur Entwicklung der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen seit 1991 zugrunde. Ausweislich der Rücksprache im auftraggebenden Büro geht es um einen Überblick. Hier werden daher lediglich weiterführende Links zu dem in der Kürze der Zeit recherchierbaren Material zusammen getragen. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt diese Dokumentation nicht. 2. Überblicksmaterial vom Statistischen Bundesamt In einer Pressemitteilung vom 29. August 2012 (Nr. 295/12) hat das Statistische Bundesamt ferner den deutschen Außenhandel mit den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) für den Zeitraum 1996 bis 2011 dargestellt. Darin finden sich für den Handel mit Russland folgende Zahlen: Deutsche Ausfuhren in Milliarden Euro: 1996 2001 2006 2007 2008 2009 2010 2011 5,9 10,3 23,4 28,2 32,3 20,6 26,4 34,4 Deutsche Einfuhren in Milliarden Euro: 1996 2001 2006 2007 2008 2009 2010 2011 7,9 14,6 30,0 28,9 37,1 25,2 31,8 40,6 Quelle: https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2012/08/PD12_295_51.html (letzter Abruf 10. Mai 2016) Aus der Genesis-Datenbank des Statistischen Bundesamtes wurde die als Anlage 1 beigefügte Zeitreihe des Außenhandels Deutschlands mit der Russischen Föderation von 1991 bis 2015 generiert (Angaben für 2015 sind vorläufige Zahlen). Daraus ergeben sich für die Jahre 2012 bis 2015 folgende Zahlen: Deutsche Ausfuhren in Milliarden Euro: 2012 2013 2014 2015 (vorläufige Zahl) 38,1 35,8 29,2 21,8 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 – 043/16 Seite 5 Deutsche Einfuhren in Milliarden Euro: 2012 2013 2014 2015 (vorläufige Zahl) 42,8 41,2 38,3 29,8 Im Jahr 2012 hat das Statistische Bundesamt ein Länderprofil der Russischen Föderation herausgegeben (https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/LaenderRegionen/Internationales/Land/Europa /RussischeFoerderation.html), das als Anlage 2 beigefügt ist. Das Länderprofil enthält auf Seite 5 Angaben zum Außenhandel mit Deutschland seit 1996 (Angaben in Milliarden US-$). Auf der Pressekonferenz am 18. November 2014 „Statistisches Jahrbuch 2014: Basis jeder Recherche – verlässliche Daten“ (Anlage 3) äußerte sich der Präsident des Statistischen Bundesamtes , Roderich Egeler, zu den deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen: „Angesichts der wechselseitig ausgesprochenen Sanktionen ist eines der wichtigsten wirtschaftlichen Themen beim Russland/Ukraine-Konflikt die Bedeutung Russlands als Handelspartner Deutschlands. (…). Russland war für Deutschland einfuhrseitig im Jahr 2013 einer der wichtigsten Handelspartner und belegte mit eingeführten Waren im Wert von 40,4 Milliarden Euro Platz sieben. Verglichen mit 2012 sind die Einfuhren aus Russland zurückgegangen, und zwar um 5,5 %. In den drei Jahren zuvor hatte es immer hohe Zuwachsraten gegeben. Dabei war der Anstieg im Jahr 2011 mit + 28,4 % am deutlichsten ausgefallen. Die Entwicklung in den letzten Jahren wurde maßgeblich durch die starken Schwankungen der Einfuhrpreise, vor allem im Energiebereich, beeinflusst. Die Warenimporte aus Russland beschränken sich weitgehend auf Rohstoffe und Energieträger. Die mit Abstand wichtigsten Waren, die Deutschland von Russland bezog, waren mit einem Anteil von 72,9 % Erdöl und Erdgas. Deutschland deckte 2013 rund 31,4 % seiner Erdöl- und Erdgasimporte aus Russland. Mit großem Abstand folgten bei den wichtigsten Importgütern aus Russland Kokerei- und Mineralölerzeugnisse (11,7 %) und Metalle (7,1 %). (…) Ausfuhrseitig lag Russland im Jahr 2013 auf Platz 11 der wichtigsten deutschen Handelspartner. Es wurden Waren im Wert von 36,1 Milliarden Euro von Deutschland nach Russland exportiert. Die Entwicklung der deutschen Ausfuhren nach Russland zeigt ähnliche Tendenzen wie bei der Einfuhr. Im Vergleich zum Jahr 2012 gab es einen Rückgang der Ausfuhren um 5,2 %. Interessant ist auch eine Betrachtung der aktuellen Außenhandelszahlen. In den ersten acht Monaten 2014 waren die deutschen Ausfuhren nach Russland um 16,6 % niedriger als im gleichen Zeitraum 2013. Damit ist Russland aktuell auf Platz 13 der wichtigsten Empfängerländer deutscher Warenexporte zurückgefallen. Das Ranking der wichtigsten Exportgüter nach Russland unterscheidet sich deutlich von dem der Importgüter. Die Struktur ist sehr diversifiziert und ähnelt der deutschen Exportstruktur insgesamt . Die wichtigsten deutschen Exportschlager im Russlandhandel waren im Jahr 2013 Maschinen mit einem Anteil von 22,5 %, gefolgt von Kraftwagen und Kraftwagenteilen (21,1 %), chemischen Erzeugnissen (8,7 %), Datenverarbeitungsgeräten und elektrischen und optischen Erzeugnissen (7,0 %) sowie elektrischen Ausrüstungen (7,0 %). Als Antwort auf die Sanktionen der westlichen Länder verbot Russland Mitte 2014 die Einfuhr westlicher Lebensmittel nach Russland. Der Export von Nahrungs- und Futtermitteln hatte 2013 allerdings nur einen Anteil von 3,6 % an den gesamten Ausfuhren Deutschlands nach Russland. Die entsprechenden Exporte nach Russland im Wert von 1,3 Milliarden Euro machten lediglich 2,7 % der gesamten deutschen Exporte von Nahrungs- und Futtermitteln aus.“ Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 – 043/16 Seite 6 3. Zusammenfassende Darstellungen Susann Heinecke hat sich in ihrer Dissertation im Jahr 2011 mit der Russlandpolitik der Jahre 1991-2005 auseinandergesetzt und geht dabei auf die deutsch-russischen Beziehungen sowie die Transformationshilfen für Russland ein: „Die deutsche Russlandpolitik 1991-2005: Entwicklungen und gesellschaftliche Einflüsse in außenpolitischen Entscheidungsprozessen“, Download unter http://kups.ub.uni-koeln.de/4329/ (letzter Zugriff 11.05.2016). Diese Publikation geht thematisch weit über rein wirtschaftspolitische Betrachtungen hinaus und wird hier deshalb nur der Vollständigkeit halber aufgeführt. Andreas Steininger hat am 14.4.2014 einen Artikel zur Entwicklung der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen auf der Internetseite des Ostinstituts Wismar publiziert (Anlage 4). http://www.ostinstitut.de/documents/publikationen/Wirtschaftliche_Verflechtung_zwischen _Russland_und_Deutschland_versus%20%20%20%20%20_Sanktionen.pdf (Letzter Zugriff : 11.05.2016). Zur Historie der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen schreibt Steininger : „Vor 20 Jahren, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, der weitgehend ohne kriegerische Begleiterscheinungen ablief, begann die deutsche Wirtschaft mit dem Aufbau ihres Russlandgeschäfts . Dies geschah Anfang der 90iger Jahre zunächst erst zögerlich, indem Unternehmen ihre Waren in Einzellieferungen per LKW nach Russland transportierten. Dann, als sich das Land zunehmend stabil erwies, wurden Repräsentanzen gegründet, mit denen man den Markt vor Ort erkunden und sich selber bekannt machen konnte. Schließlich, trotz der Wirtschaftskrise 1998, zündete die dritte Stufe wirtschaftlicher Investitionen, nämlich die Gründung von Tochtergesellschaften und die Übernahme von Beteiligungen in Russland, mit denen man sich von deutscher Seite aktiv auf dem russischen Markt engagierte. In diesen Gesellschaften arbeiteten und arbeiten Deutsche und Russen eng zusammen. Gerade der deutsche Mittelstand hat sich hier besonders hervorgetan. So kommt es, dass im Jahre 2013 fast 36,1 Milliarden Euro auf dem russischen Markt umgesetzt wurden: 8,6 % der in Russland abgesetzten elektrotechnischen Erzeugnisse kamen aus Deutschland, bei Kraftfahrzeugen sind es 21 % und bei im Bereich des Maschinen- und Apparatebaus waren es fast 22,5 %. Bei pharmazeutischen Produkten, optischen Geräten und Kunststoffprodukten lag der Anteil der im Jahre 2013 in Russland verkauften Erzeugnisse bei jeweils 5 %. Die deutschen Investitionen in Russland betrugen im Jahr 2013 insgesamt 22 Milliarden Euro und belegen damit Platz 6 unter allen ausländischen Investoren. Und diese positiven Zahlen fügen sich in die Entwicklung der vergangenen Jahre ein: von 2009 bis 2013 machten deutsche Unternehmen im Russland-Geschäft einen Umsatz von 452 Milliarden Euro.“ Steiniger würdigt weiter auch die Bemühungen von russischer Seite um Schaffung der notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen wie auch die Investitionen Russlands in den Außenhandel mit Deutschland. Mittlerweise seien russische Unternehmen an über 5.000 Unternehmen in Deutschland beteiligt, bei über 1.200 Firmen mit einem Stammkapital von über 51 %. Insbesondere vor dem Hintergrund der Energiewende spiele Russland für die Energieversorgung Deutschlands eine entscheidende Rolle. Die Botschaft der Russischen Föderation in Deutschland schreibt auf ihrer Internetseite zu den deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen:1 1 https://russische-botschaft.ru/de/information/informationen-beznesmenam/deutsch-russische-wirtschaftsbeziehungen /, letzter Abruf 11. Mai 2016. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 – 043/16 Seite 7 „Ab Mitte der 90-gen Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelten sich die deutsch-russischen Beziehungen fortschreitend und aufsteigend. Sie basieren sich sowohl auf der tausendjährigen gemeinsamen Geschichte, einschließlich die des bilateralen Handels, als auch auf der Zusammenarbeit , die sogar in den Jahren des kalten Krieges erfolgreich war und zur Überwindung der Entfremdung führte, die durch die tragischen Ereignisse der Vergangenheit verursacht wurde. Zum Jahr 2012 erreichte die deutsch-russische Kooperation seinen Höhepunkt. Die bilateralen Beziehungen bekamen den Status der „Modernisierungspartnerschaft“. Der Warenumsatz zwischen den Ländern erreichte das Rekordniveau von 80 Mrd. Euro. Die aktuelle Phase der deutsch-russischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit wird durch eine absteigende Tendenz gekennzeichnet. So, sank der deutsche Export nach Russland um 18,1% und der Umfang des bilateralen Handels um 12,1% auf 67,7 Mrd. Euro im Jahr 2014. Im Jahr 2015 beschleunigte sich die negative Dynamik. Im letzten Jahr wurden in unser Land um 25,5% weniger deutschen Waren eingeführt. Der Absturz des gemeinsamen Handels erreichte 24% oder 16,1 Mrd. Euro in absoluten Zahlen. Als Folge betrug der Umsatz des deutschen Exports nach Russland im Jahr 2015 nur die Hälfte vom Rekordergebnis des Jahres 2012 (21,8 Mrd. Euro gegen 38,1 Mrd. Euro). Trotz der negativen Zahlen hofft die Mehrheit der deutschen und russischen Unternehmen immer noch auf die Rückkehr zum Vorkrisenzustand sowohl im Umfang des bilateralen Handels als in der gegenseitigen Zuverlässigkeit. Dabei stellt sich die Vertrauensfrage tatsächlich nicht. Diese wird durch die von der russischen Seite getroffenen Maßnahmen zur Verbesserung des Investitionsklimas für ausländische, insbesondere führende deutsche Unternehmen in Russland sowie durch das Interesse der deutschen Unternehmen an der weiteren Erschließung des russischen Markts nivelliert, die sich auch in zunehmenden Investitionen in die Herstellung in Russland zeigt. Laut der jüngsten Umfrage der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer äußern sich die wirtschaftlichen Kreise Deutschlands nach wie vor für Aufrechterhaltung seiner Aktiven und Produktion in unserem Land.“ Das Auswärtige Amt (AA) schreibt in seinen Länderinformationen zu den bilateralen Handelsbeziehungen : „2015 sanken die deutscher Ausfuhren nach Russland im Vergleich zum Vorjahr um 25% auf 20,2 Mrd. EUR (Gesamtjahr 2014 -18%, 2013 bereits -5%), so dass sich das bilaterale Handelsvolumen seit 2012 fast halbiert hat. Die russischen Ausfuhren nach Deutschland verringerten sich um 26% auf 30 Mrd. Euro. Wichtigste Exportgüter Russlands sind Rohstoffe, insbesondere Erdöl und Erdgas, außerdem metallurgische und petrochemische Erzeugnisse. Deutschland exportiert vorwiegend Erzeugnisse des Maschinenbaus, Fahrzeuge und Fahrzeugteile, Erzeugnisse der chemischen Industrie sowie Nahrungsmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die Zahl der Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung ist in 2015 um 7% auf 5.583 Unternehmen gesunken. Deutlicher zeigt sich der Rückgang bei Filialen und Repräsentanzen deutscher Unternehmen in Russland, die sich gegenüber 2014 um fast 24% verringert haben. Viele russische Regionen werben aktiv um ausländische Investitionen (z.B. Republik Tatarstan, Kaluga). Dabei werden Vergünstigungen angeboten, die vom Ausweisen von Gewerbeparks und Sonderwirtschaftszonen über die Bereitstellung von Grundstücken, Gebäuden, Verkehrswegen, Anschlüssen bis hin zu Zollnachlässen, Steuererleichterungen und Verwaltungsvereinfachungen reichen. Sorgen bereiten den deutschen Unternehmen das politische Umfeld, die Wirtschaftsentwicklung in Russland und protektionistische Tendenzen, die trotz des Beitritts zur Welthandelsorganisation (WTO) fortbestehen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 – 043/16 Seite 8 Unabhängig davon erfordert die Geschäftstätigkeit in Russland wegen der zahlreichen landestypischen Besonderheiten auch weiterhin Umsicht und sorgfältige Beratung. Zollabfertigung, Zertifizierung und administrative Verfahren erweisen sich in vielen Fällen als schwierig.“2 Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) schreibt auf seiner Internetseite zu den wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland: „Die langjährigen und grundsätzlich engen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland waren zuletzt stark rückläufig. So ging das bilaterale Handelsvolumen 2013 um ca. fünf Prozent zurück. 2014 ergab sich ein Rückgang von 12,1 %, wobei die deutschen Exporte nach Russland um 18,1 % zurückgingen. Für das erste Halbjahr 2015 ist ein Rückgang des bilateralen Handels von 27,2 % und der deutschen Exporte von 31,5 % zu konstatieren (Zahlen jeweils im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum). Wesentliche Ursachen für den Rückgang des bilateralen Handels liegen in Strukturschwächen der russischen Wirtschaft, einer problematischen wirtschaftspolitischen Entwicklung in Russland und den mit dem Rückgang der Öl- und Gaspreise geringeren Einnahmen Russlands aus Energieexporten. Die vor dem Hintergrund der fortbestehenden Destabilisierung der Ostukraine durch Russland verhängten sektoralen EU-Wirtschaftssanktionen und die russischen Gegenmaßnahmen im Agrarbereich tragen zur Fortsetzung des bestehenden Trends bei. Russland bleibt größter Energielieferant Deutschlands - jeweils ca. ein Drittel des deutschen Gasund Ölbedarfs werden aus russischen Lieferungen gedeckt. Daneben bezieht die deutsche Wirtschaft in erheblichem Umfang Nichteisen-Metalle sowie Eisen und Stahl aus Russland. (…) Russland ist aufgrund des anhaltend hohen Modernisierungsbedarfs seiner Wirtschaft ein wichtiger Absatzmarkt für deutsche Investitionsgüter. In der Struktur des deutschen Exports nach Russland nahmen im Jahr 2014 Maschinen und Anlagen (24,3 Prozent), Chemieerzeugnisse (18,2 %), Fahrzeuge/-teile (16,4 %) und Elektrotechnik (6,8 %) die ersten Plätze ein. Nach Zahlen von 2013 war Deutschland mit 12,0 % des russischen Imports nach China (16,9 %) das zweitwichtigste Lieferland für Russland. Wichtigste Exportgüter Russlands sind Rohstoffe, insbesondere Erdöl und Erdgas, außerdem metallurgische und petrochemische Erzeugnisse. Dies illustriert die komplementäre Wirtschaftsstruktur beider Länder, aus der sich grundsätzlich auch für die Zukunft ein großes Kooperationspotential eröffnet. (…) Die Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen verlief lange Zeit positiv. Nach der krisenbedingten Schwächephase 2009 knüpfte der deutsch-russische Handel wieder an die Boomjahre zwischen 2000 und 2008 an. 2012 wurde beim Handelsvolumen der Rekordwert von 80,5 Mrd. Euro erreicht. Seit dem 22. August 2012 ist Russland offizielles Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO). Damit verbunden waren auch Erwartungen auf eine weitere Intensivierung des Handels. 2013 ging das bilaterale Handelsvolumen dann allerdings um ca. fünf Prozent auf 76,5 Mrd. Euro zurück: Dabei betrugen die Exporte aus Russland nach Deutschland 40,1 Mrd. Euro - die deutschen Exporte nach Russland beliefen sich auf 36,1 Mrd. Euro. 2014 gingen die deutschen Exporte nach Russland um 18,1 % auf 29,3 Mrd. EUR und die Importe aus Russland um 6,9 % auf 38,4 Mrd. EUR zurück. Für die Abschwächung der deutschen Exporte nach Russland seit 2013 dürften neben dem zurückgehenden Wachstum und der Investitionszurückhaltung in Russland auch die auf Importsubstitution gerichteten Politikansätze und handelsbeschränkenden Maßnahmen Russlands ursächlich sein. Seit Anfang 2014 kamen noch die Auswirkungen des Ukraine-Konflikts hinzu. (…) Die deutsche Wirtschaft ist auf dem russischen Markt nach wie vor sehr präsent. Über 6.000 deutsche Unternehmen sind in Russland 2 http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/RussischeFoederation/Bilateral _node.html, Stand März 2016 (letzter Abruf 11. Mai 2016). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 – 043/16 Seite 9 aktiv. Auch in der Fläche Russlands sind deutsche Unternehmen vertreten - in beinahe allen der 83 Föderationssubjekte sind Unternehmen mit deutscher Beteiligung anzutreffen. Eine größere Anzahl deutscher Unternehmen hatte dabei in den letzten Jahren auch russische Produktionsstandorte aufgebaut oder anderweitig erhebliche Investitionen getätigt.“3 Die deutsch-russische Auslandshandelskammer hat am 18. Januar 2016 ein Kurzinfo mit dem Titel „Weniger deutsche Unternehmen in Russland“ heraus gegeben.4 Dort heißt es: „Offiziellen Angaben der russischen Steuerbehörde zufolge sind aktuell exakt 5.583 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung in Russland aktiv. Zum Vergleich: 2014 waren es nach Angaben der russischen Finanzämter und der Registrierungskammer 6.000 Unternehmen. In dieser Statistik erfasst werden sowohl russische juristische Personen, an denen deutsche Firmen und/oder Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit beteiligt sind (Höhe der Beteiligung irrelevant), die im Einheitlichen Staatlichen Register juristischer Personen aufgeführt sind, als auch Repräsentanzen und Filialen deutscher Unternehmen, die im Staatlichen Register von akkreditierten Filialen und Repräsentanzen ausländischer juristischer Personen erfasst werden. Beide Register werden von der russischen Steuerbehörde (Federalnaja Nalogowaja Sluschba – FNS) geführt. Das Verhältnis zwischen juristischen Personen und Repräsentanzen/Filialen in der Gesamtanzahl hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert und liegt bei 90 zu 10. Die Anzahl russischer juristischer Personen mit deutscher Kapitalbeteiligung hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 4,6 Prozent verringert. Diese Abnahmetendenz ist allerdings bereits seit einigen Jahren zu beobachten (die AHK Russland führt die Statistik seit 2010). Viel deutlicher zeigt sich jedoch der Rückgang bei Filialen und Repräsentanzen deutscher Unternehmen in Russland: Gegenüber 2014 hat sich ihre Anzahl aktuell um fast 24 Prozent verringert. Experten der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer weisen darauf hin, dass ein solcher Rückgang auf das neue Akkreditierungsverfahren von Repräsentanzen und Filialen ausländischer juristischer Personen (ab 1. Januar 2015 in Kraft) zurückzuführen sein könnte. Mit Änderungen zum genannten Verfahren wurden Akkreditierungskompetenzen, die vor dem 1. Januar 2015 bei der Staatlichen Registrierungskammer lagen, komplett den Steuerbehörden übertragen. Repräsentanzen und Filialen ausländischer Unternehmen in Russland wurden dadurch im Laufe des Jahres mit zahlreichen Verfahrensschwierigkeiten und unbegründeten Absagen bei der Umregistrierung konfrontiert. Die wichtigsten Ursachen für den Rückgang sind nichtsdestoweniger der Wirtschaftsabschwung in Russland 2014–2015 und die starke Rubelabwertung, die sich deutlich negativ auf das Konsumverhalten der russischen Bevölkerung ausgewirkt hat.“ Am 22. Oktober 2015 hat die AHK ein Positionspapier mit dem Titel „Deutsch-russische Wirtschaftsbeziehungen gerade jetzt vertiefen und nachhaltig gestalten“ veröffentlicht (Anlage 5).5 In dem Papier werden von der neu gegründeten deutsch-russischen Unternehmerplattform aus den 3 http://www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/Aussenwirtschaftsfoerderung/bilaterale-wirtschaftsbeziehungen ,did=316538.html (letzter Abruf 11. Mai 2016). 4 http://russland.ahk.de/uploads/media/2016_01-18_Deutsche_Firmen_Russland_de.pdf (letzter Abruf 11. Mai 2016). 5 http://russland.ahk.de/uploads/media/2015_11_17__Positionspapier_AHK_Unternehmerplattform_de.pdf, letzter Abruf 11. Mai 2016. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 – 043/16 Seite 10 Verbänden Delowaja Rossija, Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft und der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer notwendige Bedingungen für die Entwicklung der bilateralen Handelsbeziehungen formuliert. Im Februar 2016 hat die AHK unter dem Titel „Geschäftsklima Russland 2016“ die 13. Umfrage des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft und der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer bei deutschen Unternehmen im Russland-Geschäft präsentiert (Anlage 6). Die wichtigsten Ergebnisse fasst der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) auf seiner Webseite wie folgt zusammen: 94 Prozent der Umfrageteilnehmer – und damit mehr als je zuvor – beurteilen die Wirtschaftsentwicklung in Russland negativ oder leicht negativ. Auch die Situation der Betriebe selbst bleibt schwierig: 38 Prozent bezeichneten die eigene Geschäftslage als schlecht, 46 Prozent als befriedigend. Die wirtschaftlichen Aussichten beeinträchtigen die Einstellungsbereitschaft und die Investitionspläne der Unternehmen. Dennoch wollen drei Viertel von ihnen ihr Engagement in Russland beibehalten oder sogar ausbauen. Aus Sicht der Betriebe sind Bürokratie und Korruptionsbekämpfung weiterhin die größten Reformbaustellen in Russland. Für ein Engagement in Russland sprechen der Erhebung zufolge dagegen das Konsumverhalten , die geringe Besteuerung und die Wachstums- und Gewinnchancen. Die große Mehrheit der befragten Unternehmen (88 Prozent) votiert für eine sofortige oder schrittweise Aufhebung der Wirtschaftssanktionen. Deren Auswirkungen sind insbesondere auf dem Finanzmarkt zu spüren. Weniger Befragte als im Vorjahr befürchten eine Abwendung Russlands Richtung Asien. Quelle: http://www.dihk.de/themenfelder/international/laender-und-maerkte/russland-ostund -suedosteuropa-zentralasien/umfragen-und-prognosen/umfrage-russland-2016 Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland, Germany Trade and Invest (GTAI) hat am 21.3.2016 die Publikation „Russland – Sanktionen aktuell“6 herausgegeben. Unter dem Gliederungspunkt „3.1 Aktuelle Wirtschaftslage in Russland“ findet sich folgender Artikel: 6 https://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/Dossiers/russland-sanktionen,t=123-energie ,did=1256454.html, letzter Abruf 11. Mai 2016). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 – 043/16 Seite 11 Deutsche Lieferungen von Maschinen und Anlagen weiter rückläufig / Von Ullrich Umann Moskau (gtai) - Der deutsch-russische Außenhandel geht 2015 weiter zurück. Russland kauft weniger Maschinen und Anlagen, aber auch Konsumgüter in Deutschland. Grund ist die eklatante Investitions- und Finanzierungsschwäche, unter der die russische Wirtschaft leidet. Überdies sinkt der private Verbrauch, der viele Jahre eine Wachstumsstütze war. Kredite bleiben vorerst knapp und teuer. Staatskonzerne genießen eine Sonderstellung, wenngleich auch der russische Staat insgesamt weniger investiert. Deutschlands Ausfuhr von Industrie- und Konsumgütern nach Russland geht zurück. Dies wurde Ende Mai 2015 auf der Werkzeugmaschinenbaumesse "Metaloobrabotka" deutlich. Zwar haben sich deutsche Maschinenbauunternehmen aktiv an der Messe beteiligt - genau wie im Vorjahr. Aber die Aussteller konnten weniger Geschäfte anbahnen oder abschließen. Noch 2014 lieferte der deutsche Maschinen- und Anlagenbau Waren im Gesamtwert von 6.484 Mio. Euro (-17,0% ggü. 2013) nach Russland, davon Werkzeugmaschinen für 489 Mio. Euro. Das Jahresergebnis für 2015 wird mit Sicherheit darunter liegen. Allein im 1. Quartal 2015 brachen die Lieferungen von Maschinen und Anlagen um 28,4% auf 1.082 Mio. Euro ein. ((…) Es folgen detailliertere Ausführungen zur Wirtschaftslage). Weitere Kapitel dieser Publikation befassen sich detailliert mit Schwierigkeiten auf den Märkten und Strategien für den Umgang damit. ENDE DER BEARBEITUNG