© 2018 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 042/18 Videoaufzeichnungen im Schlachthof Zur Rechtslage in ausgewählten Staaten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 042/18 Seite 2 Videoaufzeichnungen im Schlachthof Zur Rechtslage in ausgewählten Staaten Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 042/18 Abschluss der Arbeit: 27. März 2018 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 042/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Frankreich 4 3. Großbritannien 5 4. Argentinien 6 5. Niederlande 7 6. Belgien 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 042/18 Seite 4 1. Einleitung Die Videoüberwachung in Schlachthöfen ist seit geraumer Zeit Gegenstand der politischen Auseinandersetzung.1 Gefragt wurde nach den gesetzlichen Vorgaben für eine evtl. vorhandene Videoüberwachung in Schlachthöfen in anderen Staaten. 2. Frankreich In der Republik Frankreich gibt es seit geraumer Zeit konkrete Bemühungen, eine Pflicht zur Videoüberwachung in Schlachthöfen zu schaffen. Vor allem die 2008 gegründete Tierschutzorganisation L214 (auch bekannt als L214 éthique & animaux)2 hat das Ziel zu zeigen, was in den Schlachthöfen vor sich geht. Das Thema war auch bereits Erörterungsgegenstand in einer parlamentarischen Untersuchungskommission.3 Die erste Lesung eines entsprechenden Gesetzentwurfes4 hat noch in der letzten Legislaturperiode stattgefunden hat. Die Nationalversammlung hat am 12. Januar 2017 für die Einführung einer solchen Pflicht gestimmt.5 Danach sollen Kameras an allen Orten des Transports, der Unterbringung, Immobilisierung, Betäubung und Schlachtung von Tieren installiert werden.6 Ausschließlicher Zweck der Videoüberwachung sei das Wohlergehen der Tiere. Wenn dies jedoch in einem Tarifvertrag vorgesehen sei, könnten die Bilder auch für Schulungszwecke für Mitarbeiter verwendet werden. Ab dem 1. Januar 2018 sollten alle französischen Schlachthöfe mit Kameras ausgestattet sein. Laut einem Pressebericht sollen in Erwartung einer Verpflichtung einige Schlachthöfe bereits mit Videoüberwachungssystemen ausgestattet worden sein, um auf den Druck der Verbraucher reagieren zu können.7 1 http://www.sueddeutsche.de/muenchen/fuerstenfeldbruck/fuerstenfeldbruck-forderung-nach-videoueberwachung -1.3532799; http://www.fleischwirtschaft.de/politik/nachrichten/Tierschutz-Keine-Kamera-im-Schlachthof -34690?crefresh=1. 2 https://www.l214.com/; der Name der Organisation ist angelehnt an den Artikel L214 des französischen Gesetzes Code Rural, indem Tiere erstmals im französischen Recht als "empfindliche Wesen" bezeichnet wurden. 3 https://www.la-croix.com/France/cameras-abattoirs-restent-facultatives-2017-12-28-1200902349. 4 http://www.assemblee-nationale.fr/14/ta/ta0883.asp. 5 http://www2.assemblee-nationale.fr/scrutins/detail/(legislature)/14/(num)/1368. 6 http://www.assemblee-nationale.fr/14/ta/ta0883.asp. 7 https://www.la-croix.com/France/cameras-abattoirs-restent-facultatives-2017-12-28-1200902349. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 042/18 Seite 5 Der Gesetzentwurf selbst hat jedoch bis heute noch nicht den Senat passiert, sondern wurde lediglich am 13. Januar 2017 bei dessen Präsidentschaft registriert.8 Der Senat kann zwar in bestimmten Fällen vom Unterhaus überstimmt werden, aber vorliegend ist dies noch nicht geschehen . Der Gesetzentwurf ist bislang auch noch nicht wieder auf die Tagesordnung der Nationalversammlung gesetzt worden. 3. Großbritannien Auch im Königreich Großbritannien ist das Thema Gegenstand politischer Dabatten9 und es gibt gesetzgeberische Aktivitäten zur Einführung einer Verpflichtung zur Videoüberwachung in Schlachthöfen.10 Am 23. Februar 2018 wurde von Umweltminister Michael Gove ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren eingeleitet, um Videokameras in Schlachthöfen in England zum Schutz des Tierschutzes verbindlich zu machen.11 Die Regelungen sollen im Mai 2018 in Kraft treten, sofern sie bis dahin das Parlament durchlaufen haben. An diesem Punkt haben die Schlachtbetriebe sechs Monate Zeit, um der Verpflichtung nachzukommen. Das Filmmaterial der Kameras wird den offiziellen Tierärzten zugänglich sein, die für die Food Standards Agency arbeiten. Es soll die Fälle aufzeigen, in denen Tiere schlecht behandelt wurden . Die Verantwortlichen könnten dann ihre Lizenz verlieren oder strafrechtlich verfolgt werden .12 Die Schlachthöfe müssen den Tierärzten uneingeschränkten Zugang zu dem Filmmaterial der letzten 90 Tagen gewähren. 8 https://www.senat.fr/leg/ppl16-298.html. 9 http://www.slaughterhousecctv.org.uk/; https://www.animalaid.org.uk/the-issues/our-campaigns/slaughter/10- reasons-need-cctv-slaughterhouses/; https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment _data/file/658739/cctv-slaughterhouse-consult-sum-resp.pdf. 10 https://www.gov.uk/government/news/cctv-in-slaughterhouses-legislation-laid-in-parliament; https://www.independent .co.uk/news/uk/politics/cctv-animal-welfare-slaughterhouses-abattoir-rights-rspca-battery-farm-meatdairy -a8050196.html; https://www.theguardian.com/environment/2017/aug/11/all-slaughterhouses-in-englandto -have-compulsory-cctv. 11 https://www.gov.uk/government/news/cctv-in-slaughterhouses-legislation-laid-in-parliament. 12 https://www.independent.co.uk/news/uk/politics/cctv-animal-welfare-slaughterhouses-abattoir-rights-rspcabattery -farm-meat-dairy-a8050196.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 042/18 Seite 6 Bislang wurde in Großbritannien stets darauf hingewiesen, dass der Einführung einer Pflicht zur Videoüberwachung in Schlachthöfen EU-Recht entgegen stehe.13 Der Brexit wird als Chance gesehen , die Videoüberwachung in Schlachthöfen einzuführen und damit höhere Tierschutzstandards als in der Europäischen Union zu schaffen.14 4. Argentinien In der Republik Argentinien ist eine Pflicht zur Überwachung in Schlachthöfen geltendes Recht.15 Die ratio legis ist jedoch nicht der Tierschutz, sondern die Bekämpfung von Steuerhinterziehung .16 Eine Anfrage des Fachbereichs WD 5 an die Botschaft der Republik Argentinien in Berlin hat Folgendes ergeben: Es gibt in Argentinien eine neue Verordnung17, wonach alle Betreiber oder Inhaber von Schlacht- oder Kühlhäusern (Rinder und Schweine) ab dem 1. März 2018 Überwachungssysteme installieren müssen (CEF Controlador Electrónico de Faena), die online sowohl die Rückverfolgung von den ins Schlachthaus gebrachten Tieren als auch Informationen zu den Tieren , Gewichtsinformationen, Datum und Uhrzeit bei Einlieferung für jedes Tier liefern müssen. Das Argentinische Ministerium für Agroindustrie führt in einer Erklärung vom 20. Februar 2018 aus: „Die in den einzelnen Betrieben installierte Ausrüstung ermöglicht es, die Rückverfolgbarkeit der zum Schlachthof entsandten Tiere online zu kontrollieren und effizienter zu kontrollieren , Informationen über das geschlachtete Tier bereitzustellen, die Kontrolle der Wiegedaten sowie Datum und Uhrzeit des Eintreffens jeder Probe in den Schlachthof zu ermöglichen.“18 13 https://www.telegraph.co.uk/pets/news-features/will-brexit-damage-animal-welfarein-the-uk/; siehe aber auch https://ec.europa.eu/food/animals/welfare/practice/slaughter_en. 14 http://politicalanimal.org.uk/wp-content/uploads/2015/05/Briefing-CCTV-in-slaughterhouses-November- 2016.pdf. 15 https://www.topagrar.com/news/Home-top-News-Argentinien-regelt-Rinderschlachtung-und-Fleischexport-indie -EU-neu-9063027.html. 16 http://servicios.infoleg.gob.ar/infolegInternet/anexos/65000-69999/65015/texact.htm; https://www.infobae .com/campo/2018/02/13/nuevas-condiciones-para-la-faena-a-partir-de-marzo-seran-obligatorios-los-controladores -electronicos/. 17 http://servicios.infoleg.gob.ar/infolegInternet/anexos/300000-304999/304862/norma.htm. 18 https://www.agroindustria.gob.ar/sitio/areas/prensa/index.php?accion=noticia&id_info=180220153216. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 042/18 Seite 7 5. Niederlande Auch im Königreich der Niederlande wird die Videoüberwachung in Schlachthöfen intensiv erörtert . Eine gesetzliche Vorgabe existiert jedoch bislang noch nicht. Nach Vorkommnissen in Belgien haben sich niederländische Schlachthofbetreiber mit der Regierung darauf verständigt, freiwillig Kameras zu installieren.19 Auch wurden Kameras auf eigene Initiative installiert. Nach der Vereinbarung soll sich die Videoüberwachung auf den Bereich konzentrieren, wo mit lebenden Tieren gearbeitet wird. Es gibt zwar keine permanente betriebsexterne Kontrolle, aber die Schlachthofbetreiber räumten der Lebensmittelsicherheitsbehörde NVWA das Recht ein, jederzeit auf die Aufnahmen zugreifen zu dürfen. Die Videos werden mindestens für vier Wochen gespeichert.20 6. Belgien In Flandern soll es Videoüberwachung in allen Schlachthöfen geben. Dies hat zumindest der flämische Tierschutzminister erklärt, obwohl er auch praktische Probleme bei der Umsetzung sieht.21 Geregelt werden soll diese jedoch nicht durch eine staatliche Vorgabe, sondern durch Vereinbarungen mit den Betreibern, d. h. eine Art Selbstverpflichtung. Wallonien plant eine ähnliche Vorgehensweise.22 *** 19 http://www.boerenbusiness.nl/varkens-voer/artikel/10874108/straks-cameratoezicht-in-alle-nederlandseslachthuizen ; https://www.susonline.de/meldungen/NL-Schlachter-stimmen-Videoueberwachung-zu- 8302919.html. 20 https://www.susonline.de/meldungen/NL-Schlachter-stimmen-Videoueberwachung-zu-8302919.html. 21 http://deredactie.be/cm/vrtnieuws/binnenland/1.2932015; https://www.topagrar.com/news/Schwein-News- Schwein-8068694.html. 22 https://www.comeos.be/actumessage/82553/Camera-s-in-alle-Vlaamse-slachthuizen.