© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 037/20 Begriff und rechtliche Einordnung von Lazarett- und Hospitalschiffen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 037/20 Seite 2 Begriff und rechtliche Einordnung von Lazarett- und Hospitalschiffen Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 037/20 Abschluss der Arbeit: 11.05.2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 037/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Begrifflichkeiten und Einsatzbereiche 4 2.1. Begriff des Lazarett-, Hospital- und Krankenhausschiffes 4 2.2. Einsatzbereiche 6 3. Länder, die über Lazarettschiffe verfügen 7 4. Beschaffungs- und Betriebskosten von Lazarettschiffen 7 5. Einordnung der Helgoland 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 037/20 Seite 4 1. Fragestellung Der Sachstand beschäftigt sich mit den Begrifflichkeiten, der weltweiten Verbreitung sowie mit den Kosten von sogenannten Lazarett-, Hospital oder auch Krankenhausschiffen. Vor diesem Hintergrund wird zudem die rechtliche Einordnung der Helgoland (1966-1972) beleuchtet. 2. Begrifflichkeiten und Einsatzbereiche 2.1. Begriff des Lazarett-, Hospital- und Krankenhausschiffes Die Begriffe werden im Sprachgebrauch weitgehend synonym verwendet und unterscheiden sich allenfalls in kontextualem Gebrauch und Nuancen voneinander. Allgemeingültige Definitionen von Lazarett-, Hospital- und Krankenhausschiffen sind daher nicht vorhanden. Im Duden heißt es unter: „Hospitalschiff“, das (veraltend): Lazarettschiff.1 Das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache definiert den Begriff „Hospitalschiff“ als ein „durch Ausstattung und entsprechend qualifizierte Besatzung für die medizinische Versorgung und den Transport kranker und verletzter Personen ausgerüstetes Schiff“2, während unter „Lazarettschiff“ ein „als (behelfsmäßiges) Lazarett eingerichtetes Schiff zur Behandlung u. zum Transport von Verwundeten “3 verstanden wird. Beide Begriffe werden jedoch jeweils als Synonym geführt, wobei „Lazarettschiff“ dem Militärjargon zugeordnet wird.4 1 Bibliographisches Institut GmbH, Duden − Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 4. Auflage, CD-ROM, Berlin, 2012. https://www.munzinger.de/search/document?index=dudendd &id=DD00004376&type=text/html&query.key=XCeI3jM1&template=/publikationen/duden /document.jsp#DD0000076061 (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 2 Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, https://www.dwds.de/wb/Hospitalschiff (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 3 Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, https://www.dwds.de/wb/Lazarettschiff (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 4 Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, https://www.dwds.de/wb/Hospitalschiff, https://www.dwds.de/wb/Lazarettschiff (jeweils zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 037/20 Seite 5 Das Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der Streitkräfte zur See (II. Genfer Abkommen, nachfolgend: II. GA)5 definiert explizit den Begriff des „militärischen Lazarettschiffs“ in Artikel 22 Abs. 1 II. GA: „Die militärischen Lazarettschiffe, d.h. die Schiffe, die von den Mächten einzig und allein dazu erbaut und eingerichtet worden sind, um Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen Hilfe zu bringen, sie zu pflegen und zu befördern, dürfen unter keinen Umständen angegriffen oder aufgebracht werden, sondern werden jederzeit geschont und geschützt, sofern ihre Namen und ihre Merkmale zehn Tage vor ihrem Einsatz den am Konflikt beteiligten Parteien mitgeteilt wurden.“ Diese unterscheidet es von anderen Lazarettschiffen: „Die von nationalen Gesellschaften des Roten Kreuzes, von amtlich anerkannten Hilfsgesellschaften oder von Privatpersonen eingesetzten Lazarettschiffe genießen den gleichen Schutz wie die militärischen Lazarettschiffe und dürfen nicht aufgebracht werden, wenn die am Konflikt beteiligte Partei, von der sie abhängen, ihnen einen amtlichen Auftrag gegeben hat und sofern die Bestimmungen von Artikel 22 über die Notifizierung eingehalten werden.“(Art. 24 Abs. 2 II. GA). Sowie von „Lazarettschiffen der Neutralen“: „Die von nationalen Gesellschaften des Roten Kreuzes, von amtlich anerkannten Hilfsgesellschaften oder von Privatpersonen neutraler Länder eingesetzten Lazarettschiffe genießen den gleichen Schutz wie die militärischen Lazarettschiffe und dürfen nicht aufgebracht werden, sofern sie sich mit vorheriger Einwilligung ihrer eigenen Regierung und mit Ermächtigung einer am Konflikt beteiligten Partei der Aufsicht dieser Partei unterstellt haben und sofern die Bestimmungen von Artikel 22 über die Notifizierung eingehalten werden.“(Art. 25 II. GA). Daneben enthält das II. GA noch Regelungen zu „Küstenrettungsbooten“ (Art. 27 Abs. 1 II. GA), ohne diese jedoch näher zu definieren. Das Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten (IV. Genfer Konvention, nachfolgend: IV. GA)6 stellt zudem „Fahrzeugkolonnen oder Lazarettzüge oder besonders ausgerüstete Schiffe zur See mit verwundeten und kranken Zivilpersonen , Gebrechlichen und Wöchnerinnen (…)“7 unter einen besonderen Schutz, verwendet jedoch 5 II. Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der Streitkräfte zur See (BGBl. 1954 II S. 813), von der BRD ratifiziert durch das „Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den vier Genfer Rotkreuz-Abkommen vom 12. August 1954“ vom 21.8.1954 (BGBl. II S. 781), abrufbar unter: https://www.drk.de/fileadmin/user_upload/PDFs/Das_DRK/Materialien /Allgemein/DRK_Genfer_Abkommen_02_Verbesserung_des_Loses_Verwundetr.pdf (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 6 IV. Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten (BGBl. 1954 II. S. 917), von der BRD ratifiziert durch das „Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den vier Genfer Rotkreuz-Abkommen vom 12. August 1954“ vom 21.8.1954 (BGBl. II S. 781), abrufbar unter: https://www.drk.de/fileadmin/user_upload/PDFs/Das_DRK/Materialien/Allgemein/DRK_Genfer_Abkommen _04_Schutz_von_Zivilpersonen.pdf (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 7 Vom Verfasser des Sachstandes hervorgehoben. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 037/20 Seite 6 hier nicht den Begriff des Lazarettschiffes. Sie genießen i.V.m. Art. 18 IV. GK den Schutz eines Zivilkrankenhauses. Der Begriff des „Hospitalschiffes“ wird in den Genfer Abkommen nicht verwendet. Vom Lazarettschiff zu unterscheiden sind „Schiffslazarette“. Diese stehen zwar unter Umständen ebenfalls unter einem besonderen Schutz (vgl. Art. 28 II. GA), bezeichnen jedoch lediglich einen speziell für die medizinische Versorgung vorgesehenen Bereich eines im Übrigen jedoch anderen Zwecken dienenden Schiffes. Der Begriff „Krankenhausschiff“ wird hauptsächlich in der Presseberichterstattung verwendet, ohne dass sich Bedeutungsunterschiede zu den Begriffen „Hospital-„ oder „Lazarettschiff“ ergeben .8 2.2. Einsatzbereiche Die recherchierbaren Beispiele zeigen einen Einsatz von Hospital- bzw. Lazarettschiffen in Kriegs- oder Krisengebieten, um eigene oder alliierte Truppen zu versorgen oder um nach schweren Unglücken humanitäre Hilfe zu leisten. So wurde beispielsweise die US-amerikanische USNS Mercy zur Unterstützung der Operation Desert Shield (1990) in den Persischen Golf entsandt .9 Beispiele für zivile Einsätze sind die Entsendung des Schwesternschiffes der USNS Mercy - die USNS Comfort - nach Haiti als Reaktion auf das schwere Erdbeben vom 12. Januar 201010 oder ihr aktueller Einsatz in New York City im Rahmen der Covid-19-Pandemie.11 Daneben gibt es Hospitalschiffe von Hilfsorganisationen, die nicht im Auftrag eines Staates im Einsatz sind und daher auch keine Lazarett- oder Hospitalschiffe im völkerrechtlichen Sinn darstellen . Sie sind dementsprechend auch nicht als solche gekennzeichnet. So ist die Africa Mercy der internationalen, mit Büros in 17 Ländern12 vertretenen Hilfsorganisation Mercy Ships mit 8 Vgl. ZEIT ONLINE, Warten auf das Schlimmste (31.03.2020), https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-03/coronavirus -new-york-massnahmen-fs (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020); Beutelsbacher, Stefan, „Ein alter Supertanker soll New York vor dem Virus retten“, in: WELT, 31.03.2020, abrufbar unter: https://www.welt.de/wirtschaft/article206909559/Krankenhausschiff-USNS-Comfort-soll-New- York-vor-dem-Virus-retten.html (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020); Seidler, Christoph, „New Yorks größter Helfer“, in: DER SPIEGEL, 31.03.2020, 12:48 Uhr, abrufbar unter: https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/corona-krise-hospitalschiff-usns-comfort-soll-new-york-hilfe-bringen -a-fce94c96-5962-4a18-929c-c322bfc16d9d (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 9 Marine der Vereinigten Staaten, http://www.mercy.navy.mil/History.html (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 10 US National Library of Medicine/National Institutes of Health, Kurzdarstellung des Einsatzes, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23241468 (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 11 Peter Mücke, tagesschau.de „Ein schwimmendes Lazarett für New York“, 30.03.2020: https://www.tagesschau.de/ausland/lazarettschiff-usa-101.html (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 12 Mercy Ships, Operating Locations: https://www.mercyships.de/zope32/mercyships_2018/content /e754/e755/e6662/MS_FS2018_09_05_INTL_A4_OperatingLocations.pdf (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 037/20 Seite 7 Hauptsitz in den USA an der afrikanischen Küste unterwegs (ihr aktueller Einsatzort bis Juni 2020 liegt in Dakar im Senegal). An Bord werden vor allem Operationen durchgeführt.13 3. Länder, die über Lazarettschiffe verfügen Die Recherche zu diesem Kapitel stieß u.a. auf sprachliche Schwierigkeiten, weshalb hier kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird. Nutzbare öffentliche Quellen führen zu folgendem Ergebnis: Brasilien (insgesamt sechs Stück, u.a. „U16 - Doutor Montenegro")14, China („Daishan Dao“)15, Indonesien („Dr Soeharso“) 16, Peru („BAP Puno“)17, Russland (u.a. „Yenisey“)18, Vereinigte Staaten von Amerika („USNS Mercy“ und „USNS Comfort“)19 und Vietnam („Khánh Hòa 01“)20. 4. Beschaffungs- und Betriebskosten von Lazarettschiffen Allgemeine Daten hierzu ließen sich nicht recherchieren. Folgende Beispiele können jedoch genannt werden: Die US-amerikanischen Hospitalschiffe USNS Mercy und USNS Comfort haben laut der US-Navy zusammen 550 Millionen US-Dollar gekostet. Dies habe die Kosten für den Erwerb der Öltanker 13 Mercy Ships Deutschland e.V., M/S Africa Mercy: https://www.mercyships.de/informieren/ueber-mercy-ships/mercy-ships-flotte/africa-mercy/ (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 14 Brasilianische Marine, https://www.marinha.mil.br/meios-navais (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 15 Sebastian Bruns und Moritz Brake, Frankfurter Allgemeine, Höchste Zeit für ein deutsches Hospitalschiff (19.03.2020): https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/corona-hoechste-zeit-fuer-ein-deutsches-hospitalschiff -16686602.html (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 16 Jakarta Globe, Indonesia to Send Navy Hospital Ship to Evacuate Diamond Princess Crew Members (22.02.2020), https://jakartaglobe.id/news/indonesia-to-send-navy-hospital-ship-to-evacuate-diamond-princesscrew -members (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 17 Das Schiff wird auf der Internetseite der peruanischen Marine nicht ausdrücklich als ein Lazarett- oder Hospitalschiff bezeichnet: https://www.amusingplanet.com/2019/08/lake-titicacas-150-year-old-steamship.html. Es ist auf dem Titicacasee unterwegs und dient der medizinischen Versorgung der dort ansässigen Bevölkerung https://www.marina.mil.pe/en/organos/dicapi/unidades-guardacostas/ (jeweils zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 18 Vgl. MarineTraffic, Yenisey, https://www.marinetraffic.com/en/ais/details/ships/shipid:990085/mmsi:- 8956475/imo:8956475/vessel:YENISEY sowie maritime connector, Yenisey, http://maritime-connector .com/ship/yenisey-8956475/ (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 19 Marine der Vereinigten Staaten, https://www.navy.mil/navydata/fact_display.asp?cid=4625&tid=200&ct=4 (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 20 Vietnamesische Nachrichtenagentur, https://vietnam.vnanet.vn/english/a-mobile-hospital-at-sea/438123.html (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 037/20 Seite 8 sowie für den Umbau umfasst.21 Nach einem Artikel der britischen Tageszeitung The Times sollen sich die Betriebskosten für beide Schiffe zusammen auf 120 Millionen US-Dollar pro Jahr belaufen .22 In dem Zeitraum vom 21. Januar bis zum 11. März 2010 wurden auf der USNS Comfort, die humanitäre Hilfe nach dem schweren Erdbeben in Haiti leistete, in zehn Operationssälen 871 Patienten behandelt. Dieser Einsatz habe laut der US-Navy - abzüglich der Kosten für das medizinische Personal - mehr als 30.000 U.S.-Dollar pro Patient gekostet.23 Die Africa Mercy der Hilfsorganisation Mercy Ships ist eine ehemalige Eisenbahnfähre und kostete im Umbau 45 Millionen Euro. Damit sei sie laut der Hilfsorganisation halb so teuer wie ein vergleichbares neues Schiff gewesen.24 5. Einordnung der Helgoland Die Helgoland ist 1963 als Seebäderschiff erbaut und 1966 zum Hospitalschiff umgebaut25 worden , um humanitäre Unterstützung in Südvietnam während des Vietnamkrieges zu leisten. Der Einsatz der „Helgoland“ durch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) „im Auftrag und mit Einwilligung “26 der Bundesregierung dauerte von 1966 bis 1972. Die rechtliche Einordnung der Helgoland war zu Beginn der Realisierung des Projektes nicht endgültig geklärt. Im Zentrum der Diskussion stand dabei die Frage, ob die Helgoland unter den Schutz des II. GA oder IV. GA fallen sollte, 27 wobei die Unterschiede weniger in dem Schutzniveau des Schiffes liegen - sowohl Lazarettschiffe im Sinne des Art. 25 II. GA als auch Schiffe 21 Military Health System, USNS Mercy, S. 2, Pdf-Datei kann unter folgendem Link runtergeladen werden: , https://www.health.mil/search-results?query=USNS+Mercy&filter=Documents (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 22 Lucy Fisher, The Times, New navy hospital ship could be paid for using overseas aid budget (20.03.2020): https://www.thetimes.co.uk/article/new-navy-hospital-ship-could-be-paid-for-using-overseas-aid-budget- 9knv3prkd (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 23 Pugh, Michael, „Are Hospital Ships Worth It?“, in: U.S. Naval Institute Blog, 13.03.2012, https://blog.usni.org/posts/2012/03/13/are-hospital-ships-worth-it (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 24 Mercy Ships Deutschland e.V., M/S Africa Mercy, https://www.mercyships.de/informieren/ueber-mercyships /mercy-ships-flotte/africa-mercy/ (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 25 Für den Umbau wurden 11 Millionen DM vorgesehen. Vgl. Vössing, Humanitäre Hilfe und Interessenpolitik, Westdeutsches Engagement für Vietnam in den 1960er und 1970er Jahren, 2018, S. 97. 26 Vgl. Art. 1 des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Vietnam über den Einsatz des Hospitalschiffs „Helgoland“, Bekanntmachung vom 18. Mai 1966 (BGBl. II S. 322). 27 Vössing, Humanitäre Hilfe und Interessenpolitik, Westdeutsches Engagement für Vietnam in den 1960er und 1970er Jahren, 2018, S. 94-96, 100. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 037/20 Seite 9 nach 21 S. 1 IV. GA dürfen nicht angegriffen werden und werden „jederzeit geschont und geschützt “ (vgl. Art. 25 i.V.m. Art 22 Abs. 1 II. GA sowie Art. 21 S. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 IV. GA) - sondern vielmehr in formellen Anforderungen (z.B. das Notifikationserfordernis nach Art. 25 i.V.m. Art. 22 II. GA oder die Beurkundung im Sinne der Art. 21 S. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 2 IV. GA) oder in anderen Befugnissen und Rechten (z.B. das Kontroll- und Durchsuchungsrecht nach Art. 31 II. GA). Zudem hat eine Unterstellung unter das II. GA zur Folge, dass das Schiff primär den Streitkräften zu Gute kommen und unter Aufsicht einer am Konflikt beteiligten Partei gestellt werden muss (Art. 25 II. GA). 28 Anfangs war es naheliegend, eine Anwendung des II. GA in Betracht zu ziehen, die Helgoland also als ein Lazarettschiff der Neutralen im Sinne des Art. 25 II. GA einzustufen.29 Jedoch hätte dies bedeutet, dass der Einsatz primär die Versorgung und Behandlung von Angehörigen der Streitkräfte zum Inhalt gehabt haben müsste. Zum anderen hätte ein solcher Einsatz eines Lazarettschiffs mit Ermächtigung erfolgen und dem südvietnamesischen oder amerikanischen Oberkommando unterstellt werden müssen. Beides entsprach jedoch nicht dem Vorhaben der Bundesregierung und des Deutschen Roten Kreuzes. Diese vermieden die Verwendung des militärisch besetzten Begriffs des „Lazarettschiffes“ und sprachen stattdessen fast überwiegend von einem Hospitalschiff und betonten auch sonst mehrfach, dass das Schiff der medizinischen Versorgung von Zivilpersonen dienen sollte, machten letzteres sogar zur Bedingung des Unternehmens überhaupt.30 Daher war man um eine rechtliche Einbettung des Einsatzes bemüht, die den Zweck des Einsatzes bestmöglich rechtlich absichern und auch die größtmögliche Neutralität und Unabhängigkeit garantieren würde.31 Deshalb bevorzugte man im weiteren Verlauf der Planung die Anwendung des IV. GA. Denn dieses stellt nach Art. 21 IV. GA Schiffe, die der Versorgung und Behandlung von zivilen Personen dienen, unter den Schutz der Zivilkrankenhäuser nach Art. 18 IV. GA. Auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) bewertete dieses Vorgehen als die bessere Alternative.32 Klarheit über den Status des Schiffes sollte letztlich das Abkommen33 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Vietnam über den Einsatz des 28 Vgl. zudem Vössing, Humanitäre Hilfe und Interessenpolitik, Westdeutsches Engagement für Vietnam in den 1960er und 1970er Jahren, 2018, S. 98. Beckert/Breuer, Öffentliches Seerecht, 1991, Rn. 1088. 29 Vgl. Schlögel, Völkerrechtliche Aspekte des Einsatzes des Hospitalschiffes „Helgoland“, veröffentlicht in: Institut für Internationales Recht an der Universität Kiel (Hsrg.), Jahrbuch für Internationales Recht, 16. Band, 1973. 30 Ebd. 31 Ebd. 32 Ebd. 33 Teilweise auch als Staatsvertrag bezeichnet, vgl. Schlögel, Völkerrechtliche Aspekte des Einsatzes des Hospitalschiffes „Helgoland“, veröffentlicht in: Institut für Internationales Recht an der Universität Kiel (Hsrg.), Jahrbuch für Internationales Recht, 16. Band, 1973. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 037/20 Seite 10 Hospitalschiffs „Helgoland“34 vom 28. März 1966 bringen. So wurde in Artikel 1 des Abkommens der Zweck des Einsatzes, nämlich „die kostenlose Betreuung der durch die Ereignisse betroffenen kranken und verwundeten Zivilpersonen“, festgehalten, wobei auch ausdrücklich der Begriff des Hospitalschiffes verwendet wurde. Zudem wurde in Art. 4 Abs. 2 des Abkommens auf die Eigenschaft der Helgoland als Zivilkrankenhaus hingewiesen und in diesem Zusammenhang bestimmt, dass ihr die Republik Vietnam eine entsprechende Urkunde ausstellt. Zusammen mit der vorgeschriebenen Kennzeichnung (rotes Kreuz auf weißem Grund) gemäß Art. 4 Abs. 1 des Abkommens waren damit die grundsätzlichen Anforderungen des Art. 21 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 u. 2. IV. GA erfüllt und so sollte die Helgoland endgültig dem Schutz des IV. GA unterstellt und eindeutig als ziviles Schiff eingestuft werden.35 Dennoch wurde aufgrund der besonderen Umstände entschieden, trotzdem die Notifikationsanforderungen des II. GA zu erfüllen, um so allen möglichen Missdeutungen zu entgehen.36 *** 34 Bekanntmachung des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Vietnam über den Einsatz des Hospitalschiffes „Helgoland“, BGBl. II 1966, 322, abrufbar unter: https://www.bgbl.de/xaver /bgbl/start.xav?start=//*%5B@attr_id=%27bgbl266s0322.pdf%27%5D#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id% 3D%27bgbl266s0322.pdf%27%5D__1588169858043 (zuletzt aufgerufen am 11.05.2020). 35 Mit Blick auf den betont nicht-militärischen Charakter vgl. Vössing, Humanitäre Hilfe und Interessenpolitik, Westdeutsches Engagement für Vietnam in den 1960er und 1970er Jahren, 2018, S. 93 ff. 36 Vgl. Schlögel, Völkerrechtliche Aspekte des Einsatzes des Hospitalschiffes „Helgoland“, veröffentlicht in: Institut für Internationales Recht an der Universität Kiel (Hsrg.), Jahrbuch für Internationales Recht, 16. Band, 1973.