© 2016 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 037/16 Mögliche legale Gründe für Briefkastenfirmen Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 037/16 Seite 2 Mögliche legale Gründe für Briefkastenfirmen Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 037/16 Abschluss der Arbeit: 4. Mai 2016 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 037/16 Seite 3 1. Fragestellung und Einführung Dem – sehr kurzfristig gestellten – Auftrag liegt folgende Fragestellung zugrunde: „Welche (legalen) Gründe gibt es in der Regel, um Briefkastenfirmen im Ausland zu gründen? Welche (legalen) Zwecke werden mit der Einrichtung von Briefkastenfirmen verfolgt?“ Zur Klärung, was Briefkastenfirmen sind, wird auf folgende Erläuterungen verwiesen: „Offshore-Gesellschaften bzw. Briefkasten-Firmen sind rein rechtlich Auslandsbeteiligungen. Gemäß § 138 Abgabenordnung (AO) ist ein Steuerpflichtiger in Deutschland zur steuerlichen Erfassung von Auslandsbeteiligungen verpflichtet. Eine entsprechende Mitteilung muss somit nach geltendem Recht an das deutsche Finanzamt gesendet werden.“1 „Sobald die Auslandsbeteiligung (die ganze Gesellschaft oder der Gesellschaftsanteil) nach § 138 Abs. 2 der Abgabenordnung (in Deutschland) beim einheimischen Finanzamt gemeldet ist und Einkünfte entsprechend der Doppelbesteuerungsabkommen versteuert werden, ist die sogenannte "Briefkastenfirma" absolut legal.“2 Der Präsident des Liechtensteinischen Bankenverbandes, Adolf E. Real, äußerte am 2. Mai 2016 in einem Interview mit dem Tagesspiegel auf die Frage, ob er die Kritik an den Kunden nachvollziehen könne, die ihr Geld über Briefkastenfirmen verstecken würden: „Nein, es gibt viele legale Gründe für solche Strukturen. Briefkastenfirmen sind nicht per se illegal. Wenn die Gelder in sogenannten Offshorestrukturen im Rahmen der Steuererklärung offengelegt werden, dann steht dem nichts entgegen.“3 2. Ausgewählte Quellen Wegen der Kürze der Frist für die Auftragserledigung konnten nur wenige ausgewählte Quellen ausgewertet werden. Diese Dokumentation erhebt damit keinen Anspruch auf vollständige Ausleuchtung des Themas. Hinzu kommt, dass weiterführende rechtliche Fragen in anderen Fachbereichen bearbeitet werden, so dass hier nur eine kurze Übersicht über mögliche legale Zwecke von Briefkastenfirmen gegeben wird, wie sie vor allem in der Presse diskutiert worden sind. 1 http://www.investor-verlag.de/boersen-wissen/kapitalschutz-wissen/was-ist-eine-offshore-oder-briefkastenfirma / 2 https://finanzkun.de/artikel/gute-gruende-fuer-eine-briefkastenfirma/ 3 Neuhaus, Carla (2016). „Liechtenstein begleitet die Kunden in die Steuerehrlichkeit“. Adolf E. Real, Präsident des Bankenverbands, über den Imagewandel des Fürstentums, den Umgang mit Steuerhinterziehern und Daten- CDs. Interview. 2. Mai 2016. In: Der Tagesspiegel. Wirtschaft, Seite 14. Online ist das Zitat in dem Link http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/der-praesident-des-bankenverbands-liechtenstein-wir-begleiten-die-kunden -in-die-steuerehrlichkeit/13527962.html (letzter Abruf 4. Mai 2016) zu finden. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 037/16 Seite 4 Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) schreibt auf seiner Homepage „Legal heißt nicht legitim“ und führt hierzu weiter aus: „Per se ist es nicht illegal, eine Briefkastenfirma zu gründen. Doch zu oft nutzen Personen und Institutionen diese, um illegal erzielte Gewinne – beispielsweise aus Geldwäsche oder Drogenhandel – zu verstecken. Und Steueroasen auszunutzen, ist aus ethischer Sicht ohnehin fragwürdig. Die politische Debatte wird sich also darum drehen müssen, wie die Regeln angepasst werden, damit diese Art von Geschäften möglichst bald nicht mehr nur illegitim ist, sondern qua Gesetz illegal.“4 Im Kurzbericht vom 8. April 2016 „Mit Kontrolle und Kavallerie gegen Briefkastenfirmen?“ nennt das IW Köln folgende Gründe für die Gründung einer Briefkastenfirma: „Zum Beispiel um Übernahmen zu organisieren oder als Kunstsammler anonym zu bleiben. Ein weiteres Beispiel findet man in Ländern, in denen nicht-demokratische Regime herrschen und Privatpersonen ständig durch unsichere Eigentumsverhältnisse, Enteignung oder Erpressung bedroht sind. In solchen Fällen kann der Kapitalabzug nicht nur moralisch nachvollziehbar sein, sondern sogar den Systemwettbewerb verstärken, in dem er Druck auf korrupte und nicht rechtsstaatlich organisierte Regierungen ausübt, ihre Governance Strukturen anzupassen . Illegal wird es dann, wenn diese Firmen benutzt werden, um Einnahmen aus Korruption , Waffen- oder Drogenschmuggel zu waschen oder um Steuern zu hinterziehen. Liegen tatsächlich Beweggründe vor, die aus deontologischer Perspektive akzeptabel sind, also aus gutem Willen heraus geschehen, gibt es trotzdem keinen Grund, das Kapital gerade in Steueroasen zu transferieren. Denn Briefkastenfirmen können nicht nur auf den Jungferninseln oder in Panama gegründet werden. Auch andere Staaten mit gesicherten Governance Strukturen können Zufluchtsort für Kapital sein, das dort dann aber auch entsprechend versteuert wird. Insofern liegt der Verdacht nahe, dass in Panama und Co. Briefkastenfirmen nicht aus edlen Motiven gegründet wurden. Länder, in denen ein stabiles System und Rechtsstaatlichkeit herrschen und Eigentumsrechte durchgesetzt werden können, kritisieren zu Recht diejenigen, die sich durch Briefkastenfirmen in Steueroasen nicht an öffentlichen Gütern beteiligen. Die politische Debatte dreht sich daher bereits wenige Tage nach der Veröffentlichung der Panama-Akten darum, wie die Regeln angepasst werden müssen, damit diese Art von Geschäften möglichst bald nicht mehr nur illegitim ist, sondern qua Gesetz illegal.“5 Des Weiteren werden im Kurzbericht des IW Köln Lösungsansätze auf staatlicher Ebene, Unternehmensebene und Individualebene aufgeführt.6 4 http://www.iwkoeln.de/infodienste/iw-nachrichten/beitrag/panama-papers-legal-heisst-nicht-legitim- 276450?highlight=briefkastenfirma 5 http://www.iwkoeln.de/infodienste/iw-kurzberichte/beitrag/steueroasen-mit-kontrolle-und-kavallerie-gegenbriefkastenfirmen -277335?highlight=briefkastenfirma 6 http://www.iwkoeln.de/infodienste/iw-kurzberichte/beitrag/steueroasen-mit-kontrolle-und-kavallerie-gegenbriefkastenfirmen -277335?highlight=briefkastenfirma Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 037/16 Seite 5 Im Interview mit der faz.net am 4. April 2016 erklärte der neue Ifo-Präsident Clemens Fuest auf die Frage, wer typischerweise Offshore-Firmen gründen würde, es gebe Einzelpersonen, Unternehmen , multinationale Konzerne oder auch staatliche Banken und Unternehmen, die solche Offshore-Firmen gründen und nutzen würden. Sehr viele Offshore-Firmen seien Briefkastenfirmen . Des Weiteren nannte Fuest für die Gründung von Briefkastenfirmen folgende Gründe: „Erstens: Man will tatsächlich Steuern hinterziehen. Dafür wurden zum Beispiel Konten in der Schweiz eröffnet, die einer Stiftung oder Briefkastenfirma gehören. Da geht es tatsächlich um illegale Steuerhinterziehung. Zweitens: Es gibt den Wunsch und die Möglichkeit, legal Steuern und Regulierung zu vermeiden. Das ist der Fall von multinationalen Konzernen. Die machen in der Regel keine Steuerhinterziehung, die wollen Steuern legal vermeiden. Zum Teil ist das unerwünschte, vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Steuervermeidung. Zum Teil ist das aber durchaus beabsichtigt und nicht weiter schädlich. Manchmal wollen Unternehmen Doppelbesteuerung durch die Gründung von Offshore-Firmen vermeiden. Der dritte Punkt, warum Offshore-Firmen gegründet werden, ist der Wunsch nach Schutz der Privatheit. Das ist teilweise auch legitim, vor allem wenn man über Personen redet, die aus diktatorisch oder autokratisch regierten Ländern kommen. Die wollen sich oder ihr Vermögen schützen vor ihrem eigenen Staat. Aber: Es gibt eben auch den großen kriminellen Bereich. Verbrecher wollen ihre Gewinne verstecken oder das Geld waschen. Und das ist natürlich nicht legitim. Auch Diktatoren selbst nutzen Steueroasen, um das Geld, das sie aus ihren Ländern erbeutet haben, zu verstecken.“7 Der Focus-Online titelte am 5. April 2016 „Ifo-Chef: Verbot von Briefkastenfirmen wäre kontraproduktiv “ und zitiert den neuen Ifo-Präsidenten Clemens Fuest: „Es gibt gute wirtschaftliche Gründe, solche Firmen [Briefkastenfirmen] zu nutzen, zum Beispiel die Vermeidung von Doppelbesteuerung“, (…) Staatliche Banken wickelten etwa Investitionsprojekte über Offshore-Firmen ab. „Die wollen keine Steuern hinterziehen“ (…).“8 Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung führt Clemens Fuest am 16. April 2016 weiter aus: „Es gibt Missbrauch, ja, aber durchaus auch gute Gründe für Briefkastenfirmen, auch wenn Sie das überrascht. (….) Das beginnt bei Menschen in Diktaturen, die ihr Eigentum vor dem Diktator schützen wollen . .. (…). Es ist auch legitim, wenn eine Firma nicht möchte, dass Konkurrenten von Investitionsprojekten oder geplanten Übernahmen erfahren. (…) Auch Staatsbanken wie die Europäische Investitionsbank nutzen Offshore-Firmen, völlig legal. Es 7 Plickert, Philip (2016). Warum gerade Panama? In: faz.net. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/panama-papers /panama-papers-warum-gerade-panama-14159892.html 8 Ifo-Chef: Verbot von Briefkastenfirmen wäre kontraproduktiv. http://www.focus.de/regional/bayern/banken-ifochef -verbot-von-briefkastenfirmen-waere-kontraproduktiv_id_5409834.html Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 037/16 Seite 6 gibt zunehmend internationale Vereinbarungen über Informationsaustausch und Transparenz . Das ist der bessere Weg als ein pauschales Verbot, das Deutschland nicht durchsetzen kann.“9 Dieter Fischer von der Fischer Finanzpartner GmbH erläutert unter FinanzKun.de u. a. Folgendes : „1. Schutz von Geschäftsgeheimnissen Viele Unternehmen wünschen aus verständlichen Gründen nicht, dass geplante Transaktionen oder geschäftspolitische Maßnahmen "zur Unzeit" von Wettbewerbern erkannt werden. Die Anonymität von Briefkastenfirmen hilft dabei, dass entsprechende Aktivitäten verdeckt ablaufen können und erst publik werden, wenn es sinnvoll ist. 2. Legale Steueroptimierung Nicht jede Steuerspar-Maßnahme bei der Nutzung von Offshore-Finanzplätzen ist per se illegal . Günstigere steuerliche Regelungen in einem solchen "Finanzparadies" als im Heimatland sind juristisch nicht zu beanstanden, so lange damit bestehende legale Steuerlücken genutzt werden und das entsprechende Vermögen oder Einkommen ordnungsgemäß deklariert wurde. Solche Konstellationen gibt es durchaus. 3. Schutz der eigenen Person Viele vermögende Personen möchten nicht, dass ihr Reichtum öffentlich oder im privaten Umfeld bekannt wird. Es ist nicht nur die Angst vor möglichen Entführungen oder Diebstahl, sondern auch der verständliche Wunsch nach Schutz der Privatsphäre, der hier bestimmend ist. Eine Briefkastenfirma eröffnet die Chance, Teile des eigenen Vermögens vor den Augen der Öffentlichkeit und Unbefugter zu verbergen. 4. Sicherung und Schutz des eigenen Vermögens Briefkastenfirmen können genutzt werden, um weltweit verstreutes Vermögen zu bündeln und zu steuern oder um Nachlassregelungen zu treffen, die sonst nicht möglich wären bzw. nicht frühzeitig bekannt werden sollen. 5. Begrenzung von Risiken Mit der Zwischenschaltung einer Briefkastenfirma lassen sich unter Umständen Haftungsrisiken begrenzen, wenn sich Ansprüche an die Firma und nicht an das gesamte Privatvermögen richten. Das kann zum Beispiel im Hinblick auf das sehr weitreichende US-Haftungsrecht zweckmäßig sein. (…).“10 9 Beise, Marc; Hagelüken, Alexander (2016). Ich bin gegen einen höheren Mindestlohn. Interview mit Clemens Fuest. In: Süddeutsche Zeitung vom 16. April 2016. Seite 25. (s. Pressearchiv des Deutschen Bundestages). 10 https://finanzkun.de/artikel/gute-gruende-fuer-eine-briefkastenfirma/, (letzter Abruf 4. Mai 2016) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 037/16 Seite 7 Dr. Björn Demuth, Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht, führt auf den Seiten von LTO Legal Tribune Online am 8. April 2016 näher aus: „Die Rechtsform [der sog. Briefkastenfirma] ist zumeist die einer juristischen Person, also eine Ltd, GmbH oder AG. Der Sitz ist oft in Steueroasen, wie Panama, den Cayman-Inseln, den Seychellen, Andorra aber nach wie vor auch in Ländern wie Liechtenstein und Monaco. Für diese Briefkastenfirmen gibt es verschiedene Anwendungsmöglichkeiten. Die Firma als solche ist ebenso wie deren Verwendung nicht per se unzulässig. Entscheidend ist, wofür die Gesellschaft verwendet wird. Vorrangig dienen Briefkastenfirmen dazu, Vertraulichkeit zu wahren. Sitz und Vermögensinhaber oder Unternehmer sollen zum Schutz der Privatsphäre oder zur Ermöglichung legaler Geschäfte geheim gehalten werden, etwa wenn Verfolgung oder Wettbewerbsverzerrungen drohen oder der eigentliche Akteur bekannt würde. Kleinere Firmen nutzen Briefkastengesellschaften gelegentlich als ersten Zugang zu Auslandsmärkten , um nicht gleich das volle Kostenrisiko einer operativen Einheit vor Ort eingehen zu müssen. Ebenso soll durch die Zwischenschaltung einer weiteren Gesellschaft das Haftungsrisiko von Auslandsaktivitäten begrenzt werden oder als Joint Venture eine Interessenbündelung zur gemeinsamen operativen Einheit ermöglichen. (…) Manche Unternehmen versuchen aber auch, ihre Einkünfte zu verschleiern. Obwohl eine Briefkastenfirma unter dem Steuerblickwinkel kein Steuersparmodell ist. Denn: Die Gesellschafter werden grundsätzlich nicht begünstigt. Passive Einkünfte solcher Gesellschaften etwa aus Miete, Zinsen oder Lizenzen werden ihnen direkt zugewiesen. Also sind diese in Deutschland zu versteuern. Der Gesetzgeber fingiert, die Gesellschaft sei nicht existent oder schütte das Geld umgehend aus. Damit wird deutlich: Wer Briefkastenfirmen verwendet, um sich seiner steuerlichen Pflichten zu entziehen, begeht eine Straftat. Es lässt sich aber nicht pauschal sagen, wo genau die Grenzziehung zur Illegalität ist. Entscheidend ist, wofür die Gesellschaft verwendet wird.“11 Holger Alich listet in dem als Anlage 1 beigefügten Artikel im Handelsblatt legale Gründe für Briefkastenfirmen und Offshore-Gesellschaften: Schutz vor Entführungen; Diskretion bei seltenen Objekten; Verschleierung von Flugbewegungen; Wahrung von Geschäftsgeheimnissen; Begrenzung von Risiken; Steuervermeidung (z.B. bei Nachlassregelungen in reichen Familien).12 11 http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/panama-papers-briefkastenfirma-steuervorteile-anwendungsmoeglichkeiten -nicht-immer-unzulaessig/ 12 ttp://www.handelsblatt.com/finanzen/steuern-recht/steuern/panama-papers-das-sind-die-guten-gruende-fuerbriefkastenfirmen /13404516.html, Anlage 1. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 037/16 Seite 8 Der ehemalige Steuerfahnder Frank Wehrheim wird am 5. April 2016 in der Berliner Morgenpost mit folgenden Worten zitiert: „Es gibt sehr wenig legale Gründe, die mir einfallen. Alle Briefkastenfirmen, die ich gesehen habe, waren für illegale Zwecke errichtet worden. Ich erinnere mich nicht an eine, die legal war. Mit viel Fantasie könnte man sich vorstellen, dass jemand mit viel Geld, einem anderen Menschen Geld zukommen lassen will, mit dem er nicht verwandt ist, zum Beispiel einer Geliebten oder einem unehelichen Kind. Da könnte man mittels einer Briefkastenfirma jemandem außerhalb der Familie unbemerkt Geld zukommen lassen. Aber der Normalfall ist das nicht.“13 Friederike Marx schreibt auf Impulse-Online vom 5. April 2016 auf die Frage “Ist die Gründung einer Briefkastenfirma legal?“: „Grundsätzlich ja. Aber „Briefkastenfirmen werden häufig dazu genutzt, um Steuerbetrug, Korruption oder Geldwäsche aus kriminellen Machenschaften zum Beispiel Drogenhandel zu verschleiern“, sagt Saucken.14 Anders sieht es bei Gesellschaften aus, die zwar auch als Briefkastenfirmen bezeichnet werden, aber der legalen Minderung der Steuerlast dienen. Aus Sicht von Juristen ein großer Unterschied: „Wenn eine Gesellschaft zum Beispiel in Luxemburg oder Irland gegründet wird, um Steuern zu sparen und das gegenüber den Finanzbehörden auch transparent macht, ist das rechtlich in Ordnung“ sagt Saucken. Auch Strafrechtler Eberhard Kempf weist auf Beispiele legaler Steuervermeidung hin: Ein Unternehmen vergibt für eine Erfindung eine Lizenz. Die Tochtergesellschaft sitzt in Deutschland und muss der Mutter im Steuerparadies auf den britischen Jungferninseln Gebühren zahlen. Das mindert die Zahlungen an den Fiskus in Deutschland. „Das ist legal, sofern die Lizenz einen wirtschaftlichen Gehalt hat“, sagt Kempf. Legal sei es ebenfalls, wenn der Ehemann einen Teil seines Vermögens vor seiner Frau in einer Briefkastenfirma verberge. Allerdings dürfe er bei einer Scheidung dieses Geld nicht verschweigen.“15 Andreas Oswald schreibt im Tagesspiegel unter der Überschrift „Es gibt auch legale Gründe für Briefkastenfirmen“: „Ein guter Grund, eine Briefkastenfirma zu nutzen, ist zum Beispiel ein feindliche Übernahme eines fremden Unternehmens. Dabei muss der Übernehmer nach und nach an der Börse Positionen aufbauen, die einzeln so klein sind, dass sie unter dem Radar von Beobachtern bleiben. Um sicher zu gehen, dass niemand weiß, wer hinter den Aufkäufen steckt, ist eine zwischengeschaltete Briefkastenfirma ideal. 13 Thieme, Matthias (2016). Mir fallen wenige legale Gründe für Briefkastenfirmen ein. In: Berliner Morgenpost vom 5.4.2016. http://www.morgenpost.de/wirtschaft/article207384313/Experte-Wehrheim-Mir-fallen-sehr-wenige -legale-Gruende-ein.html 14 Alexander von Saucken, Wirtschaftsstrafrechtler der Kanzlei Amelung Albrecht. 15 Marx, Friederike (2016). Briefkastenfirmen: Was ist legal und was nicht? In: Impulse-Online. https://www.impulse .de/recht-steuern/rechtsratgeber/panama-papers-fragen-und-antworten/2280770.html Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 037/16 Seite 9 Im Grunde gilt dies für alle wirtschaftlichen Aktivitäten, bei denen Konkurrenten nicht zu früh erfahren sollen, was man vorhat. Ein anderes Motiv könnte sein, dass ein Reicher nicht möchte, dass irgendjemand von seinem Reichtum erfährt. Noch wichtiger: Es könnte sein, dass ein Reicher sein Vermögen vor seinen Söhnen und vor seiner Frau verstecken will. Dies alles sind Motive, die nichts mit Steuerhinterziehung oder Geldwäsche zu tun haben.“16 Des Weiteren heißt es dort, der Ex-Agent Werner Mauss habe im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur eingeräumt, Briefkastenfirmen in Panama unterhalten zu haben. Die von ihm in Panama angekauften Briefkastenfirmen hätten nicht der Steuerhinterziehung, sondern im Gegenteil „außergewöhnlichen humanitären Aktionen“ gedient, wie etwa Geisel-Befreiungen. Ob seine Geschichte stimme, sei allerdings nicht überprüfbar.17 Der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, Michael Kemmer, konstatierte im Deutschlandfunk zur Schiffsausflaggung: „Wenn ein Reeder beispielsweise in Panama ein Schiff ausflaggen will, und dafür gibt es wohl gute rechtliche Gründe, dann braucht er in Panama eine Gesellschaft und dann gründet er eine solche Offshore-Gesellschaft. Es werden Immobilien darüber verwaltet. Da gibt es viele Möglichkeiten. Das muss nicht von vornherein anrüchig sein. Es ist natürlich einzuräumen , dass das immer schon ein bisschen komisch klingt, und natürlich gehen da bei den Banken auch die roten Lampen an und es wird sehr genau kontrolliert, wer hinter den Gesellschaften steckt. Da haben die Banken auch sehr strenge Geldwäsche- und Compliance-Vorschriften . Da gucken sie auch sehr genau hin. (…) Aber es gibt viele Experten, die sagen, Briefkastenfirmen sind notwendig. (…). Ich glaube, die Lösung liegt nicht in generellen Verboten , sondern die Lösung liegt darin, dass man alle Beteiligten dazu verpflichtet, Transparenz zu schaffen.“18 Der Spiegel titelte am 7. April 2016 in dem als Anlage 2 beigefügten Artikel „Briefkastenfirmen von Reedereien: Unter fremder Flagge“ und ging auf spezifische Fragen der Schifffahrt ein. 19 ENDE DER BEARBEITUNG 16 http://www.tagesspiegel.de/politik/panama-papers-es-gibt-auch-legale-gruende-fuer-briefkastenfirmen /13412616.html 17 http://www.tagesspiegel.de/politik/panama-papers-es-gibt-auch-legale-gruende-fuer-briefkastenfirmen /13412616.html 18 Briefkastenfirmen. Deutsche Banken unterstützen Transparenzregister. Michael Kemmer im Gespräch mit Jasper Barenberg. http://www.deutschlandfunk.de/briefkastenfirmen-deutsche-banken-unterstuetzen .694.de.html?dram:article_id=350384 19 Briefkastenfirmen von Reedereien: Unter fremder Flagge. http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/panamapapers -deutsche-schifffahrt-unter-fremder-flagge-a-1085904.html