-3- AUSARBEITUNG Thema: Hygiene in Aquakulturen, Teichwirtschaften und Zierfischhaltungen Fachbereich V Wirtschaft und Technologie; Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft; Tourismus Tel.: (030) 227 / 32187 Bearbeiter: Goeser, Schreier Abschluss der Arbeit: 20. Februar 2006 Reg.-Nr.: WF V - 035/06 Ausarbeitungen von Angehörigen der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung des einzelnen Verfassers und der Fachbereichsleitung. Die Ausarbeitungen sind dazu bestimmt, das Mitglied des Deutschen Bundestages, das sie in Auftrag gegeben hat, bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 2 - I. Inhaltsverzeichnis S. II. Regelungen zur Hygiene in Aquakulturanlagen, Teichwirtschaften und Zierfischhaltung S. 3 1. Allgemeine Vorschriften S. 3 2. Entscheidungen und Vorschläge auf europarechtlicher Ebene S. 4 3. Liste nationaler Regelungen zur Hygiene S. 5 4. Regelungen auf Länderebene S. 5 III. Regelungen zur Verhinderung d. Einschleppung von Krankheiten durch Importe S. 5 1. Allgemeine Anforderungen – Einfuhrbedingungen S. 5 2 Weitere europarechtliche Regelungen S. 6 3. Nationale Einfuhrregelungen S. 7 IV. Austragung von Krankheiten aus Aquakultur und Teichwirtschaften in Wildtierbestände S. 7 -3- II. Regelungen zur Hygiene in Aquakulturanlagen, Teichwirtschaften und Zierfischhaltung 1. Allgemeine Vorschriften: Die staatliche Fischseuchenbekämpfung wird durch Umsetzung der EU-Richtlinien 91/67/EWG und 93/53/EWG in der Fischseuchen-Verordnung der Bundesregierung1 geregelt. Die Richtlinie wurde im Mai 2000 durch die Richtlinie 2000/27/EG sowie im April 2001 durch die Entscheidung 2001/288/EG sowie durch den Beitritt der neuen Mitgliedstaaten geändert. Zuständig für die amtliche Fischseuchenbekämpfung sind laut Fischseuchen- Verordnung die Veterinärämter der Landkreise und kreisfreien Städte. Durch § 2 der Verordnung wird die Registrierpflicht der Fischhaltungsbetriebe geregelt. Seit Dezember 2001 werden die Fischhaltungsbetriebe neu erfasst, um der durch die Richtlinie 91/67/EWG geänderten Gesetzeslage Rechnung zu tragen. Im Anhang A der Richtlinie 91/67/EWG werden in drei Stufen die wichtigsten Fischseuchen klassifiziert: In Liste I, mit höchster Bekämpfungspriorität, ist die Infektiöse Lachsanämie (ISA) aufgeführt. Die Fischkrankheiten der Liste II (Virale hämorrhagische Septikämie / VHS und die Infektiöse Hämatopoetische Nekrose der Salmoniden / IHN) haben wie die ISA in Deutschland den Status der Anzeigepflicht. Weitere meldepflichtige Fischvirosen sind die IPN (Infektiöse Pankreasnekrose der Salmoniden) und SVC (Frühjahrsvirämie der Karpfen). Hinsichtlich Liste III-Krankheiten (z.B. IPN, SVC, ERM/Rotmaulseuche) ist es den Mitgliedstaaten der EU freigestellt nationale Bekämpfungsprogramme durchzuführen. Fischhaltungsbetriebe nach § 1 der Fischseuchenverordnung müssen gemäß § 5 der Fischseuchen-VO einmal jährlich untersucht werden. Entsteht bei solchen oder anderen Kontrolluntersuchungen der Verdacht einer "Liste I- oder Liste II-Erkrankung" oder wird die Krankheit nachgewiesen, werden veterinäramtliche Maßnahmen in Gang 1 BgBl 2004, Teil I, Nr. 57. - 4 - gesetzt. Der betroffene Betrieb erhält dann den Status eines Seuchenbetriebes. Dieser Status wird aufgehoben, wenn der Verdacht sich nicht bestätigt oder, wenn nach Leerung und Desinfektion der Teiche der Erreger im Bestand nicht mehr nachgewiesen werden kann. Die erkrankten Fische sind als Lebensmittel unbedenklich und dürfen vermarktet werden, solange keine offensichtlichen Krankheitssymptome vorhanden sind. Mit der Fischseuchen-Verordnung wird die Möglichkeit geschaffen sowohl einzelne Betriebe als auch Wassereinzugsgebiete als seuchenfrei (Liste I- und Liste II- Krankheiten) seuchenfrei zu deklarieren. Der Status der Seuchenfreiheit bezieht sich im übrigen nur auf die in der Liste I und II der Richtlinie 91/67/EWG aufgeführten Fischseuchen ISA, VHS und IHN. 2. Entscheidungen und Vorschläge auf europäischer Ebene Neben den oben erwähnten Richtlinien sind folgende Entscheidungen und Vorschläge maßgebend für die europaweite Seuchenbekämpfung: - Richtlinienvorschlag vom 23. August 2005 KOM(2005) 362. Dieser Vorschlag beinhaltet Gesundheits- und Hygienevorschriften für Tiere und ihre Erzeugnisse in Aquakulturen sowie zur Verhütung und Bekämpfung bestimmter Wassertierkrankheiten. Der Vorschlag zielt auf eine erhebliche Änderung der unter 1.1. beschriebenen Rechtslage und sieht die Aufhebung der darin enthaltenen Richtlinien zum 1. Januar 2007 vor. Wesentlichste Änderung ist die Zulassungspflicht der Betriebe, die an Stelle der bisherigen Registrierungspflicht tritt. Die Zulassung setzt - neben einer guten Hygienepraxis – eine Buchführung über alle Bewegungen der Tiere und Erzeugnisse sowie die Teilnahme an einem „Programm der risikoorientierten Tiergesundheitsüberwachung“ voraus. Die Liste der zu überwachenden Krankheiten soll erweitert, die Transport- und Importvorschriften sollen verschärft werden2. - Entscheidung 2003/466/EG der Kommission vom 13. Juni 2003. Diese beinhaltet Kriterien für die Zonenbegrenzung und die amtliche Überwachung bei Verdacht auf oder Feststellung der infektiösen Anämie der Lachse. 2 Eine ausführliche Inhaltsangabe des Vorschlags ist in Anlage 1 beigefügt. - 5 - - Entscheidung 2001/183/EG der Kommission vom 22. Februar 2001 zur Festlegung der Probeentnahmepläne und Diagnoseverfahren zur Erkennung und zum Nachweis bestimmter Fischseuchen und zur Aufhebung der Entscheidung 92/532/EWG. 3. Liste nationaler Regelungen zur Hygiene - Verordnung über die hygienischen Anforderungen an Fischereierzeugnisse und ebenden Muscheln (FischHV) - Verordnung zur Änderung der Fischhygiene-Verordnung (FischHVÄndV) Zweite Verordnung zur Änderung der Fischhygiene-Verordnung (FischHVÄndV 2) - Bekanntmachung der Neufassung der Fischhygiene-Verordnung (FischHVBek00) - Verordnung zum Schutz gegen Süßwasserfischseuchen, Muschelkrankheiten und zur Schaffung seuchenfreier Fischhaltungsbetriebe und Gebiete (Fischseuchen-Verordnung). 4. Regelungen auf Länderebene Auf Länderebene sind insbesondere die Zuständigkeitsverordnungen angesiedelt. In Schleswig-Holstein z.B. finden sich die einschlägigen Vorschriften in der „Landesverordnung über zuständige Behörden auf dem Gebiet des Lebensmittelrechts“ (Lebensmittelzuständigkeitsverordnung - LMZVO -) vom 24. Januar 2001.Des Weiteren existiert in Schleswig-Holstein „die Landesverordnung über die Qualität von Fisch- und Muschelgewässern“(Fisch- und Muschelgewässer VO, FMGVO) vom 4. Juli 1997. III. Regelungen zur Verhinderung der Einschleppung von Krankheiten durch Importe 1. Allgemeine Anforderungen - Einfuhrbedingungen Die Einfuhrvorschriften sind in der Entscheidung 2003/858/EG der Kommission vom 21. November 2003 festgelegt. - 6 - Lebende Besatzfische sowie Eier und Gameten dürfen ausschließlich aus den in Anhang I der Entscheidung 2003/858/EG gelisteten Ländern oder Gebieten in die EG eingeführt werden. Das Muster für die Tiergesundheitsbescheinigung ist im Anhang II der Entscheidung 2003/858/EG festgelegt. Ausgenommen von dieser Entscheidung sind tropische Zierfische zur ständigen Haltung in Aquarien. Für diese Tiere ist somit keine veterinärbehördliche Einfuhrbewilligung erforderlich. Für lebende Fische zum unmittelbaren Verzehr ist sowohl eine Tiergesundheitsbescheinigung als auch eine Genusstauglichkeitsbescheinigung seitens der Veterinärbehörde einzuholen. Fehlt die Genusstauglichkeitsbescheinigung müssen die Fische von der Grenzkontrollstelle direkt in ein vom Bestimmungsmitgliedsstaat zugelassenes Einfuhrzentrum gebracht werden, wo die Genusstauglichkeit festgestellt wird. Die Einfuhr von Fischereierzeugnissen oder Aquakulturerzeugnissen darf nur aus Drittstaaten erfolgen, die in der Entscheidung der Kommission 97/296/EG vom 22. April 1997 aufgelistet sind. Entweder ist das Muster der vom amtlichen Inspektor des Ursprungsstaates auszustellenden Veterinärbescheinigung in einer spezifischen Entscheidung festgelegt, in diesem Fall sind auch die Ursprungsbetriebe im Anhang B derselben Entscheidung aufgelistet. Diese Betriebslisten werden laufend elektronisch durch die Kommission der EG geändert. Ist dies nicht der Fall, so ist das Zeugnismuster der Entscheidung 95/328/EG zu verwenden. Die Betriebslisten sind in diesem Fall national festzulegen. 2. Europarechtliche Regelungen Die Ratsrichtlinien 97/78/EG und 91/496/EWG enthalten Bestimmungen, die es den Mitgliedstaaten oder der Kommission erlauben, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Tiergesundheit oder die öffentliche Gesundheit durch den Ausbruch einer Krankheit ernsthaft gefährdet wird. Dazu gehören die Aussetzung der Importe aus dem gesamten Gebiet oder einem Teilgebiet des betreffenden Landes oder der Erlass besonderer Bedingungen für Erzeugnisse aus diesem Gebiet. Weitere Richtlinien, Verordnungen und Entscheidungen mit einfuhrrechtlichem Bezug sind die - 7 - - Richtlinie 91/493/EWG des Rates zur Festlegung von Hygienevorschriften für die Erzeugung und Vermarktung von Fischereierzeugnissen, - die Entscheidung 95/328/EG der Kommission zur Festlegung der Veterinär bescheinigung für die Einfuhr von Fischereierzeugnissen aus Drittländern, für die bisher keine spezielle Entscheidung erlassen wurden, - die Entscheidung 2003/858/EG der Kommission zur Festlegung der Veterinärbedingungen und Veterinärbescheinigungen für die Einfuhr von zu Zuchtzwecken bestimmten lebenden Fischen und ihren Eiern, von Garnelen und von zum Verzehr bestimmten lebenden Zuchtfischen und ihren Erzeugnissen, - die Entscheidung 2005/432/EG der Kommission zur Festlegung der Tiergesundheits- und Hygienebedingungen und Bescheinigungsmuster für die Einfuhr von zum Verzehr bestimmten Fleischerzeugnissen aus Drittländern. 3. Nationale Regelungen bezüglich der Einfuhr Wesentlicher Rechtsakt ist die Verordnung der Bundesregierung über das innergemeinschaftliche Verbringen sowie die Einfuhr und Durchfuhr von Tieren und Waren (Binnenmarkt Tierseuchenverordnung BmTierSSchV), zuletzt geändert durch das 2. Zuständigkeitslockerungsgesetz. Die Verordnung dient der Umsetzung von insg. 32 EU-Vorschriften in nationales Recht, darunter auch der Richtlinie 91/67/EWG. Dort heißt es u.a., dass nur Fische aus zugelassenen Betrieben verbracht werden dürfen, oder aber Fische, „die den für die IHN oder VHS nicht empfänglichen Arten angehören, aus einem Fischhaltungsbetrieb stammen, in dem ausschließlich Fische dieser Arten gehalten werden und der nicht mit Wasserläufen oder Küstengewässern in Verbindung steht.“ IV. Austragung von Krankheiten aus Aquakultur und Teichwirtschaften in Wildtierbestände. Folgende Fischkrankheiten unterliegen der Meldepflicht bei der Welt- Tiergesundheitsorganisation: -Epizootic haematopoietic necrosis -Infectious haematopoietic necrosis (7 Fälle in Deutschland 20043) -Spring viraemia of carp (9 Fälle in Deutschland 2004) - 8 - -Viral haemorrhagic septicaemia (21 Fälle in Deutschland 2004) -Infectious pancreatic necrosis -Infectious salmon anaemia -Epizootic ulcerative syndrome -Bacterial kidney disease (Renibacterium salmoninarum) -Gyrodactylosis (Gyrodactylus salaris) -Red sea bream iridoviral disease -Koi herpesvirus disease Über die Herkunft der festgestellten Infektionen werden keine Aussagen getroffen. Die Möglichkeit der Eintragung aus Wildtierbeständen in Fischzuchten, die mit Bachwasser betrieben werden, ist seit längerem bekannt. Allerdings ist das Ausmaß der Eintragung schwer zu beziffern, da Todesfälle von Fischen in freien Gewässern i.d.R. nur festgestellt werden, wenn es zu Massenmortalitäten kommt. Geringe Abgänge über einen längeren Zeitraum sind im Freiland kaum zu erfassen. Aus diesem Grunde sind auch Infektionen von frei lebenden Fischen durch Krankheitserreger aus Zuchtbeständen nicht quantifizierbar. Um das Ausmaß des wechselseitigen Austausches von Erregern zu erkunden, wurde das im Jahr 2004 aus EU-Mitteln finanzierte Projekt DIPNET4 gegründet, an dem sich Fischpathologen aus allen Mitgliedsstaaten der EU beteiligen. Der Arbeitsschwerpunkt liegt bislang noch in der Entwicklung der Methodik. Erste Ergebnisse aus dem bereits seit 2002 untersuchten Segment der Risiken des Handels mit Fischeiern und Spermien wurden im Januar 2006 veröffentlicht5. Eine auf der Basis von Untersuchungen aus Großbritannien entstandene grundlegende Darstellung der tierhygienischen Wechselbeziehungen von Fischzuchten und Wildbeständen ist auf www.dipnet abrufbar6. Berlin, 20.02.2006 Helmut Goeser Kathrin Schreier 3 Quelle: OIE, Annual Animal Disease Status. 4 Disease Interactions and Pathogene exchange NETwork, www.dipnet.info, Teilnehmerliste s. Anlage 2. 5 s. Anlage 3: Summary of recommendations for policy-making and for policy-relevant research. 6 Rob Raynard, Ron Stagg, Sandy Murray: Disease interactions between wild and farmed fish – theory . and reality. - 9 -