© 2021 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 031/21 Zur parlamentarischen Zustimmung zum Bedarfsplan für die Bundesschienenwege Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 031/21 Seite 2 Zur parlamentarischen Zustimmung zum Bedarfsplan für die Bundesschienenwege Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 031/21 Abschluss der Arbeit: 31. März 2021 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 031/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Fahrzeitverkürzung 4 3. Zulässigkeit der abweichenden Planung 5 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 031/21 Seite 4 1. Einleitung Mit dem „Dritten Gesetz zur Änderung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes“ (BSWAG)1 vom 23. Dezember 2016 hat der Bundestag das Vorhaben ABS/NBS Hannover – Bielefeld als neues Vorhaben mit vordringlichem Bedarf in den Bedarfsplan für die Bundesschienenwege (Anlage 1) aufgenommen. Als Zusatz unter der Ziffer 3 ist für das Vorhaben aufgeführt: „Ohne Querung Seelze-Süd und ohne Tunnel Jakobsberg unter der Maßgabe, dass die für einen Deutschland-Takt erforderliche Fahrzeitverkürzung von voraussichtlich acht Minuten erreicht wird.“ Der Zusatz wurde erst durch die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur in den Bedarfsplan aufgenommen und wie folgt begründet: „Es wird damit berücksichtigt , dass gemäß den Wünschen der Region in den weiteren Planungsschritten ein Projektzuschnitt ohne eine Querung des von der Stadt Seelze geplanten neuen Siedlungsgebietes Seelze Süd und ohne einen Tunnel durch den geschützten Jakobsberg bevorzugt werden soll. Dies erfolgt unter der Voraussetzung, dass dabei die für einen Deutschland-Takt erforderliche Fahrzeitverkürzung von acht Minuten erreicht wird.“2 Die Planung der Deutschen Bahn sieht nun für das Vorhaben eine Fahrzeitverkürzung auf der Strecke Hannover – Bielefeld von bis zu 17 Minuten vor.3 Es stellt sich daher die Frage, ob der Bundestag wegen dieser Änderung erneut zu beteiligen ist. 2. Fahrzeitverkürzung Der Bedarfsplan enthält keine Festlegung zur Fahrtzeit oder deren Reduzierung auf der Strecke Hannover – Bielefeld insgesamt. Der im Bedarfsplan aufgenommene Zusatz lässt sich auf der Basis der Ausschussbegründung so verstehen, dass bei der Realisierung des Vorhabens nur dann auf die Querung Seelze-Süd und den Tunnel Jakobsberg verzichtet wird, wenn auch so die Fahrtzeitverkürzung von voraussichtlich acht Minuten erreicht wird. Die angestrebte Fahrtzeitverkürzung leitet sich aus dem Projekt des Deutschland-Takts ab.4 Der Deutschland-Takt ist „ein abgestimmter, vertakteter Zugfahrplan für ganz Deutschland - von der regionalen Strecke bis hin zu den Hauptverkehrsachsen. Er integriert Nah- und Fernverkehr und 1 http://www.gesetze-im-internet.de/bswag/BJNR187400993.html. 2 BT-Drs. 18/10513, Anlage, S. 9, http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/18/105/1810513.pdf. 3 Vgl. „Fahrzeit Hannover–Bielefeld auf bis zu 31 statt 48 Minuten senken.“, https://www.hannover-bielefeld.de/. 4 Die Fahrtzeit auf der Strecke Bielefeld – Hannover hat wiederum Bedeutung für den Deutschland-Takt auf der Strecke Köln – Berlin, vgl. https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Bielefeld/Bielefeld/4328603-Deutsche-Bahnbeginnt -mit-der-Planung-fuer-den-Neu-und-Ausbau-der-Strecke-Bielefeld-Hannover-Es-gibt-keine-Vorzugsvariante . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 031/21 Seite 5 wird zusammen mit den Ländern umgesetzt, die für den Nahverkehr verantwortlich sind.“5 Er soll bis 2030 umgesetzt sein.6 Der Bundesverkehrswegeplan 2030, der als Grundlage für den Bedarfsplan diente, ging für das Erreichen des Deutschland-Takts noch von einer erforderlichen Fahrtzeit für die Strecke Hannover - Bielefeld von 40 Minuten aus.7 Dafür wäre die im BSWAG genannte Fahrtzeitverkürzung von 8 Minuten notwendig gewesen. Nach Aussage der Bundesregierung hat der dritte Gutachterentwurf des Deutschland-Takts nach Verabschiedung des Bedarfsplans jedoch eine Änderung hinsichtlich der für den Deutschland- Takt erforderlichen Fahrtzeit ergeben. Sie soll nun 31 Minuten auf der Strecke Hannover – Bielefeld betragen. Das macht daher eine Verkürzung der Fahrtzeit um 17 Minuten (von 48 auf 31 Minuten ) notwendig.8 3. Zulässigkeit der abweichenden Planung Grundsätzlich handelt es sich bei dem Bedarfsplan um die gesetzgeberische Entscheidung, dass für ein nach Art und Ausbauziel beschriebenes Projekt ein verkehrlicher Bedarf besteht und es planerisch weiterzuverfolgen ist. Die abschließende Entscheidung über die Realisierbarkeit und Gestaltung des Vorhabens fällt erst auf der letzten Planungsstufe des öffentlich-rechtlichen Verfahrens (i. d. R. im Planfeststellungsverfahren).9 So liegt der Sinn und Zweck des Bedarfsplans in der verbindlichen Feststellung des Bedarfs im Sinne der Planrechtfertigung.10 Nur diese Feststellung des Bedarfs ist nach dem Bundesverfassungsgericht verbindlich.11 Ob und in wie weit die im Bedarfsplan unten aufgeführten Zusätze zu bestimmten Vorhaben grundsätzlich der gleichen Verbindlichkeit unterliegen, kann hier offen bleiben. Denn der Gesetzgeber hat den konkreten Wortlaut „die für einen Deutschland-Takt erforderliche Fahrtzeitverkürzung von voraussichtlich acht Minuten“12 gewählt. Mithin dürfte dies einen Spielraum bei der 5 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Pressemitteilungen/2018/080-scheuer-deutschlandtakt.html. 6 Ebd. 7 Vgl. Projektinformationssystem zum Bundesverkehrswegeplan 2030, ABS/NBS Hannover – Bielefeld, unter „Projektbegründung/Notwendigkeit des Projektes“, https://www.bvwp-projekte.de/schiene/2-016-v01/2-016-v01.html#:~:text=F%C3%BCr%20einen%20Deutschland %2DTakt%20sind,unter%2060%20Minuten%20zu%20reduzieren. 8 Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Leidig, Dr. Gesine Lötzsch, Lorenz Gösta Beutin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE vom 29. Oktober 2020, BT-Drs. 19/23823, S. 6, http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/238/1923823.pdf. 9 Vgl. BT-Drs. 18/9524, S. 15, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/095/1809524.pdf. 10 Vgl. Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, 5. Auflage 2015, Rn. 3810. 11 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 1995 – 2 BvR 2397/94. 12 Hervorhebung durch den Autor des Sachstands. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 031/21 Seite 6 Realisierung und Auslegung des Zusatzes erlauben. Entscheidend dürfte nicht die Fahrtzeitverkürzung von genau acht Minuten sein, sondern jene, die für das Erreichen des Deutschland-Takts erforderlich ist. Der Bundesregierung zufolge wird die DB Netz AG als Vorhabenträgerin aber die Position der Region im Hinblick auf den Jakobsberg berücksichtigen.13 Denkbar wäre, dass im Wege der Bedarfsplanüberprüfung nach § 4 BSWAG der Zusatz angepasst wird. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur prüft spätestens nach Ablauf von jeweils fünf Jahren, ob der Bedarfsplan der zwischenzeitlich eingetretenen Wirtschafts- und Verkehrsentwicklung anzupassen ist. Die Anpassung geschieht durch Gesetz, § 4 Abs. 1 S. 2 BSWAG. Der Fokus dabei liegt auf der Überprüfung des Bedarfsplans als Ganzes und nicht auf der Bewertung einzelner Aus- und Neubauprojekte.14 Die Bundesregierung hält eine Anpassung des BSWAG für den Aus- und Neubau des Abschnitts Hannover - Bielefeld für nicht erforderlich .15 *** 13 Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Britta Haßelmann, Matthias Gastel, Katja Keul, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 1. Februar 2021, BT-Drs. 19/26317, S. 8, http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/19/263/1926317.pdf. 14 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/BVWP/bundesverkehrswegeplanung-ueberpruefung-bedarfsplaene .html%20unter%201 unter 1. 15 Vgl. BT-Drs. 19/26317, S. 2, http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/19/263/1926317.pdf.