© 2016 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Verfassungsrechtliche Anforderungen an die geplante Reform des Eigenstromprivilegs im Erneuerbare-Energien-Gesetz Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 2 Verfassungsrechtliche Anforderungen an die geplante Reform des Eigenstromprivilegs im Erneuerbare -Energien-Gesetz Verfasser: Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Abschluss der Arbeit: 14. März 2014 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus WD 4: Haushalt und Finanzen WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Eigenstromprivileg im EEG 4 2.1. Förder- und Ausgleichsmechanismus des EEG 5 2.1.1. Funktionsweise des Förder- und Ausgleichsmechanismus 5 2.1.2. Gesetzesmaterialien 8 2.2. Eigenstromprivileg im Rahmen des Ausgleichsmechanismus des EEG 10 2.2.1. Begriff, historische Entwicklung und Gesetzesmaterialien 10 2.2.2. Bedeutung des Eigenstromprivilegs 13 2.3. Bedeutung der „Eckpunkte für die Reform des EEG“ sowie des EEG-Entwurfs 2014 für das Eigenstromprivileg 14 3. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die geplante Reform des Eigenstromprivilegs 17 3.1. Aspekte des Finanzverfassungsrechts 17 3.1.1. EEG-Umlage: Preisregelung oder verfassungswidrige Sonderabgabe? 17 3.1.1.1. Kohlepfennig-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts 17 3.1.1.2. Keine Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand 18 3.1.2. Finanzverfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einbeziehung der Eigenstromerzeugung bei der EEG-Umlage 20 3.1.2.1. Vorschlag des DIW zur Reform der EEG-Umlage 20 3.1.2.2. Literaturmeinungen 20 3.1.2.3. Anmerkungen zur Literaturmeinung 21 3.2. Allgemeinverfassungsrechtliche Aspekte 23 3.2.1. Verfassungsmäßigkeit der geplanten Einbeziehung von Altanlagen in die EEG-Umlagepflicht 23 3.2.1.1. Verfassungsmäßigkeit nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes 23 3.2.1.2. Verfassungsmäßigkeit im Hinblick auf die Eigentumsgarantie und die Berufsfreiheit 25 3.2.2. Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Belastung der Eigenstromerzeugung im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz 27 3.2.3. Verfassungsmäßigkeit der Beteiligung am EEG-Umlagesystem von Eigenstromerzeugern ohne Anspruch auf EEG-Vergütung 28 4. Quellen- und Literaturverzeichnis (Auswahl) 29 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 4 1. Einleitung Die vorliegende Ausarbeitung geht der Frage nach, inwieweit der Gesetzgeber bei der geplanten Reform des Eigenstromprivilegs im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)1 verfassungsrechtliche Vorgaben des Grundgesetzes2 wird beachten müssen. Zu diesem Zweck wird nachfolgend (2.) die Stellung des Eigenstromprivilegs im System der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien3 näher beleuchtet. In diesem Zusammenhang wird auch darauf eingegangen, inwieweit die am 22. Januar 2014 von der Bundesregierung beschlossenen „Eckpunkte für die Reform des EEG“4 sowie der Gesetzentwurf für das EEG 2014 vom 4. März 20145 das Eigenstromprivileg einbeziehen. Im Anschluss werden sowohl finanzverfassungs- als auch allgemeinverfassungsrechtliche Aspekte angesprochen, die bei der Reform des Eigenstromprivilegs von Bedeutung sein können (3.). 2. Eigenstromprivileg im EEG Das Eigenstromprivileg ist thematisch unmittelbar mit dem System zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sowie mit dem derzeitigen gesetzlichen Mechanismus zum Ausgleich der aus diesem Fördersystem resultierenden Belastungen verbunden. Um der o.g. Frage nachgehen zu können, ist daher eine grundsätzliche Darstellung des im Zeitpunkt der Bearbeitung aktuellen gesetzlichen Förder- und Ausgleichsmechanismus im EEG unumgänglich.6 Daran anknüpfend werden die möglichen Auswirkungen der „Eckpunkte für die Reform des EEG“ dargestellt, wie sie sich aus den im Zeitpunkt der Bearbeitung verfügbaren Materialien ergeben . 1 Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz) vom 25.10.2008, BGBl. I S. 2074; zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2012, BGBl. I S. 2730. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung; zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.07.2012, BGBl. I S. 1478. 3 Anders als im EEG wird im Folgenden „Grubengas“ mit „erneuerbare Energien“ begrifflich gleichgesetzt. 4 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2014a) sowie (2014b). 5 „Entwurf eines Gesetzes zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften des Energiewirtschaftsrechts“ vom 04.03.2014 auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Link: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/Erneuerbare-Energien/eeg-reform .html (letzter Abruf: 14.03.2014). 6 Für detailliertere Informationen zu den Hintergründen der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland mit weiteren Nachweisen vgl. Schwarz (2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 5 2.1. Förder- und Ausgleichsmechanismus des EEG Seitdem das Stromeinspeisungsgesetz7 am 1. Januar 1991 in Kraft getreten ist, existieren in Deutschland gesetzliche Regelungen, die aus Gründen der Ressourcenschonung und des Klimaschutzes das Ziel verfolgen, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Energieversorgung stärker auszuweiten.8 Entsprechend dem Energiekonzept der Bundesregierung aus dem Jahr 2010 soll nach der im Zeitpunkt der Bearbeitung geltenden Rechtslage der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung schrittweise auf 80% bis zum Jahr 2050 erhöht werden.9 Um diese Ziele zu erreichen, bedient sich der Gesetzgeber (grundsätzlich jedenfalls) nicht des öffentlichen Rechts, etwa indem Genehmigungsauflagen erteilt werden. Vielmehr werden zivilrechtliche Instrumente wie etwa gesetzliche Schuldverhältnisse zwischen Subjekten des Privatrechts sowie flankierende Rahmenbedingungen geschaffen.10 2.1.1. Funktionsweise des Förder- und Ausgleichsmechanismus Konkret regelt das EEG daher derzeit u.a. - dass Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien (EEG-Anlagen) im Bundesgebiet vorrangig an die Netze für die allgemeine Versorgung mit Elektrizität durch die Betreiber dieser Netze (Netzbetreiber) anzuschließen sind und - dass die Netzbetreiber diesen Strom vorrangig abzunehmen, zu übertragen und zu verteilen haben. 11 Weiterhin sind die Netzbetreiber verpflichtet, den Betreibern der EEG-Anlagen den eingespeisten Strom nach gesetzlich festgelegten und technologieabhängigen Beträgen in Cent je eingespeister Kilowattstunde zu vergüten (Vergütungssätze).12 Diese Vergütung ist nach derzeitiger Regelung ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Produktion und Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien für einen Zeitraum von 20 Kalenderjahren zuzüglich des Inbetriebnahmejahres zu zahlen. In der Praxis sind EEG-Anlagen bundesweit etwa wegen unterschiedlicher geographischer und klimatischer Gegebenheiten zwischen den Bundesländern sehr ungleichmäßig verteilt.13 Daraus 7 Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz vom 07.12.1990, BGBl. I S. 2633. 8 Vgl. etwa die Begründung zum Entwurf des Stromeinspeisungsgesetzes, BT-Drs. 11/7816, S. 3. 9 § 1 Abs. 2 EEG. 10 So Oschmann, Neues Recht für Erneuerbare Energien, NJW 2009, 263. 11 Vgl. §§ 5 ff. EEG. 12 Vgl. §§ 16 ff. EEG. 13 Vgl. für 2012 BDEW (2014), S. 78. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 6 folgt, dass auch die aus dem dargestellten Fördermechanismus resultierenden finanziellen Belastungen für die über 880 in Deutschland existierenden Netzbetreiber14 sehr unterschiedlich ausfallen können. Um dieses Problem zu lösen, wurde bereits im ersten EEG aus dem Jahr 2000 (EEG 2000)15, welches das Stromeinspeisungsgesetz ablöste, ein bundesweiter Ausgleichsmechanismus eingeführt , der seit seiner ersten Einführung erheblich modifiziert wurde und nach derzeitiger Rechtslage folgendermaßen funktioniert:16 Nachdem die Netzbetreiber den erneuerbaren Strom in ihr Netz aufgenommen haben und die o.g. Zahlungen getätigt haben, sind sie verpflichtet, den Strom aus erneuerbaren Energien , den sie selbst von den Betreibern der EEG-Anlagen abgenommen haben, an die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB)17 weiterzugeben. Sie erhalten von den ÜNB dafür die Vergütungen und Prämien erstattet, die sie ihrerseits an die Betreiber der EEG-Anlagen gezahlt haben.18 Anschließend sind die ÜNB verpflichtet, diesen abgenommen Strom aus erneuerbaren Energien unter Beachtung der maßgeblichen Regelungen19 am Strommarkt zu vermarkten. Die sog. EEG-Differenzkosten ergeben sich dabei aus der Differenz der o.g. Zahlungen der ÜNB an die Netzbetreiber und den Einnahmen aus der Vermarktung des abgenommenen Stroms aus erneuerbaren Energien. Die EEG-Differenzkosten bilden ihrerseits die wesentliche Grundlage für die Ermittlung des gesamten EEG-Umlagebetrages und der sog. EEG- Umlage.20 Die maßgebliche Vorschrift ist dabei § 37 EEG. Die Norm lautet in ihrer im Zeitpunkt der Bearbeitung aktuellen Fassung: 14 Vgl. die Daten, Stand: 29.01.2014, auf der Internetseite der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation , Post und Eisenbahnen. Link: http://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/Elektrizitaetund- Gas/Unternehmen_Institutionen/DatenaustauschundMonitoring/UnternehmensStammdaten/UebersichtStrom UndGasNetzbetreiber/UebersichtStromUndGasnetzbetreiber_node.html (letzter Abruf: 14.03.2014). 15 Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien sowie zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes und des Mineralölsteuergesetzes vom 29.03.2000, BGBl. I S. 305. 16 Für eine Darstellung der Funktionsweise des Ausgleichsmechanismus nach EEG 2000, vgl. Schwarz (2014), S. 9 ff. 17 Als Übertragungsnetzbetreiber werden diejenigen Betreiber von Stromnetzen bezeichnet, die die Höchstspannungsnetze betreiben. Davon gibt es in Deutschland bisher vier: Tennet TSO, 50Hertz Transmission, Amprion und TransnetBW 18 Vgl. §§ 34 – 36 EEG. 19 Gemeint sind § 37 Abs. 1 EEG sowie die Ausgleichsmechanismusverordnung vom 17.07.2009, BGBl. I S. 2101(zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.08.2012, BGBl. I S. 1754), und die Ausgleichsmechanismus-Ausführungsverordnung vom 22.02.2010, BGBl. I S. 134 (zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.02.2013, BGBl. I S. 310). 20 Für eine detaillierte Übersicht, wie sich der gesamte EEG-Umlagebetrag für das Jahr 2014 zusammensetzt, vgl. BDEW (2014), S. 33 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 7 „§ 37 Vermarktung und EEG-Umlage […] (2) Die Übertragungsnetzbetreiber können von Elektrizitätsversorgungsunternehmen , die Strom an Letztverbraucherinnen und Letztverbraucher liefern, anteilig zu dem jeweils von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen an ihre Letztverbraucherinnen und Letztverbraucher gelieferten Strom die Kosten für die erforderlichen Ausgaben nach Abzug der erzielten Einnahmen und nach Maßgabe der Ausgleichsmechanismusverordnung verlangen (EEG-Umlage). Der Anteil ist so zu bestimmen, dass jedes Elektrizitätsversorgungsunternehmen für jede von ihm an eine Letztverbraucherin oder einen Letztverbraucher gelieferte Kilowattstunde Strom dieselben Kosten trägt. Auf die Zahlung der EEG-Umlage sind monatliche Abschläge in angemessenem Umfang zu entrichten.“ In der Praxis prognostizieren die Übertragungsnetzbetreiber zum einen den gesamten EEG- Umlagebetrag für das kommende Jahr21 sowie die gesamte Menge des für die Berechnung maßgeblichen Letztverbrauchs22 von Strom und ermitteln daraus die EEG-Umlage, die nach der o.g. Norm von jedem Elektrizitätsversorgungsunternehmen, das Strom an Letztverbraucher liefert, pro gelieferter Kilowattstunde Strom zu zahlen ist.23 Dabei sind selbst reine Stromhändler, die weder über eigene Erzeugungs- noch Leitungsinfrastrukturen verfügen, zur Zahlung der EEG-Umlage verpflichtet.24 Darüberhinaus enthält das EEG keine gesetzliche Verpflichtung der Letztverbraucher von Strom, die EEG-Umlage zahlen zu müssen. Vielmehr ergibt sich diese Zahlungspflicht re- 21 Dieser Betrag ergibt sich als Summe aus den prognostizierten Auszahlungen von EEG-Vergütungen und sonstigen EEG-bedingten Zahlungen, den prognostizierten Einnahmeeinbußen wegen der Privilegierung bestimmter Letztverbraucher bei der EEG-Umlage (Besondere Ausgleichsregelung, Grünstromprivileg) sowie der gesetzlichen Liquiditätsreserve und dem Betrag zum Ausgleich des EEG-Kontos. 22 Strommengen, bei denen die Voraussetzungen des Eigenstromprivilegs erfüllt sind, werden hier nicht erfasst, da für sie keine Meldepflicht nach § 49 EEG besteht. 23 Dieser Vorgang wird für die Berechnung der EEG-Umlage 2014 sehr verständlich dargestellt durch die Präsentation der ÜNB „Konzept zur Prognose und Berechnung der EEG-Umlage 2014 nach AusglMechV“, die auf der von den ÜNB betriebenen Internetseite zu finden ist. Link: http://www.netztransparenz.de/de/EEG-Umlage.htm (letzter Abruf: 14.03.2014). 24 So Cosack, in: Frenz, Walter/Müggenborg, Hans-Jürgen (Hrsg., 2013). EEG – Erneuerbare Energien Gesetz. Kommentar . 3. Auflage 2013. Berlin: Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG. § 37 Rn. 40. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 8 gelmäßig aus den vertraglichen Regelungen der Stromlieferverträge zwischen den Elektrizitätsversorgungsunternehmen und ihren Stromkunden.25 Aufgrund verschiedener Regelungen 26 geht allerdings auch der Gesetzgeber davon aus, dass die Elektrizitätsversorgungsunternehmen die EEG-Umlage als durchlaufenden Posten an die Verbraucher weitergeben. 2.1.2. Gesetzesmaterialien Das Ziel der Einführung eines bundesweiten Ausgleichsmechanismus im Jahr 2000 bestand darin , einen „Mechanismus gleicher Mehrkostenverteilung einzuführen, der alle Stromversorger einbezieht.“27 Die Beteiligung der Elektrizitätsversorgungsunternehmen an den Mehrkosten aufgrund des gewollten Ausbaus der erneuerbaren Energien durch die Einführung des Ausgleichsmechanismus im Jahr 2000 ist auch im Kontext der Frage zu sehen, wie die sozialen und ökologischen Folgekosten der konventionellen Energieerzeugung vorher verteilt wurden: „In keinem anderen Feld ist eine Preisregelung zu Lasten der Verursacher legitimer und besser vertretbar als auf dem der Stromversorgung wegen der ökologischen Folgeschäden konventioneller Stromerzeugung . Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das der Markteinführung emissionsfreier und naturverträglicher Energien und damit der Substitution konventioneller Energieträger gilt, enthält eine strikt durchgehaltene gleiche Lastenverteilung auf alle Stromlieferanten. Dies entspricht dem Verursachungsprinzip im Umweltschutz.“28 Die Neuregelung sollte daher zu einer „Verpflichtung der Stromlieferanten als Verursacher einer klima- und umweltgefährdenden Energieerzeugung “29 führen. Diese Zielstellung änderte sich auch nicht durch das im Jahr 2004 erlassene neue EEG (EEG 2004)30, das das EEG 2000 ersetzte. Es blieb „gesetzgeberische […] Absicht, die Kosten des Gesetzes möglichst verursachergerecht auf alle Stromabnehmer zu verteilen.“31 Alle Stromlieferanten als Verursacher einer klima- und umweltgefährdenden Energieerzeugung sollten möglichst 25 Vgl. exemplarisch OLG Hamm, Urteil vom 14.05.2013, Az.: 19 U 180/12, Rn. 29 (zitiert nach juris). 26 Vgl. etwa § 53 EEG sowie § 40 EEG. 27 So die Begründung in der Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (Erneuerbare-Energien -Gesetz – EEG) sowie zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes vom 23.02.2000, BT-Drs. 14/2776, S. 19. 28 So die Begründung in der Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (Erneuerbare-Energien -Gesetz – EEG) sowie zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes vom 23.02.2000, BT-Drs. 14/2776, S. 20. 29 So die Begründung in der Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (Erneuerbare-Energien -Gesetz – EEG) sowie zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes vom 23.02.2000, BT-Drs. 14/2776, S. 24. 30 Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich vom 21.07.2004, BGBl. I S. 1918. 31 Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich vom 01.04.2004, BT-Drs. 15/2864, S. 49. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 9 gleichmäßig in den Belastungsausgleich einbezogen werden.32 Daneben hatte der Gesetzgeber auch den Verbraucherschutz im Auge: „Die gleichmäßige Verteilung der [Belastungen] dient dabei auch dem Verbraucherschutz, da eine Ungleichbehandlung oder eine übermäßige Abwälzung vermieden wird.“33 Auch die vollständige Novellierung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich, die zum EEG 200934 und zum Außerkrafttreten des EEG 2004 führte, übernahm im Wesentlichen die bisherigen Regelungen zum bundesweiten Ausgleichsmechanismus.35 Alle „Stromlieferanten als Verursacher einer klima- und umweltgefährdenden Energieerzeugung“ sollten weiterhin verpflichtet sein, die Belastungen des EEG zu tragen, wobei deren „gleichmäßige Verteilung […] auch dem Verbraucherschutz [dient], da eine Ungleichbehandlung oder eine übermäßige Abwälzung vermieden wird.“36 Die EEG-Novelle im Jahr 201137, die das EEG 2009 zum EEG 2012 weiterentwickelte, führte nur zu Änderungen des Ausgleichsmechanismus, „um die durch die Ausgleichsmechanismus-verordnung eingeführte neue Wälzung gesetzlich zu verankern.“38 Das Gesetz verfolgte nach wie vor das Ziel der „breiten Verteilung der Kosten des EEG und der Vermeidung von Ungleichbehandlungen “.39 Es stelle ein Grundprinzip des EEG dar, „dass die daraus resultierenden Kosten über die EEG-Umlage von allen Stromverbraucherinnen und Stromverbrauchern getragen werden. Da jede Ausnahme hiervon die übrigen Stromverbraucherinnen und Stromverbraucher zusätzlich 32 So der BGH, Urteil vom 09.02.2009, Az.: VIII ZR 35/09, Rn. 25 (zitiert nach juris) unter Hinweis auf die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich vom 13.01.2004, BT-Drs. 15/2327, S. 37. 33 Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich vom 13.01.2004, BT-Drs. 15/2327, S. 37. 34 Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften vom 25.10.2008, BGBl. I S. 2074. 35 So die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften vom 18.02.2008, BT-Drs. 16/8148, S. 61. 36 Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften vom 18.02.2008, BT-Drs. 16/8148, S. 62. 37 Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 28.07.2011, BGBl. I S. 1634. Im Wesentlichen trat das Gesetz nach seinem Artikel 13 am 01.01.2012 in Kraft. 38 Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 06.06.2011, BT-Drs. 17/6071, S. 82. 39 Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 06.06.2011, BT-Drs. 17/6071, S. 60. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 10 belastet, sind Abweichungen von dem Grundprinzip auf die objektiv erforderlichen Bereiche zu begrenzen.“40 Die Fotovoltaiknovelle im Jahr 201241, die sich vorwiegend mit dem Rechtsrahmen für die Förderung der Stromerzeugung aus Sonnenenergie befasste und das EEG 2012 weiterentwickelte42, ließ jedenfalls den grundsätzlichen Ausgleichsmechanismus unberührt. 2.2. Eigenstromprivileg im Rahmen des Ausgleichsmechanismus des EEG Ausdrückliche Erwähnung fand das sogenannte Eigenstromprivileg erstmals im EEG 2012. Durch redaktionelle Anpassungen im Rahmen der Fotovoltaiknovelle im Jahr 2012 bekam der insoweit maßgebliche § 37 Abs. 3 EEG seine im Zeitpunkt der Bearbeitung aktuelle Fassung.43 2.2.1. Begriff, historische Entwicklung und Gesetzesmaterialien Das Eigenstromprivileg lässt sich als die „Befreiung von der Pflicht zur Tragung der EEG-Umlage im Sinne der Legaldefinition des § 37 Abs. 2 Satz 1 EEG“ beschreiben.44 Bevor es mit dem EEG 2012 erstmals eine gesetzliche Regelung erfuhr, ergab sich die vollständige Nichterfassung der Eigenstromerzeugung aus einem teleologischen Verständnis der Vorgängerregelungen des § 37 Abs. 3 EEG:45 Die Pflicht, Belastungen aus dem EEG-Ausgleichsmechanismus tragen zu müssen, betraf nur die Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Letztverbraucher mit Strom belieferten .46 Erzeugte der Letztverbraucher allerdings den von ihm verbrauchten Strom selbst, fehlte es an einer Lieferung, d.h. es existierte kein Lieferant, der Adressat der gesetzlichen Verpflichtung sein konnte. 40 Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 06.06.2011, BT-Drs. 17/6071, S. 45. 41 Gesetz zur Änderung des Rechtsrahmen für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energie vom 17.08.2012, BGBl. I S. 1754. 42 Vgl. den Entwurf für das Gesetz zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien vom 06.03.2012, BT-Drs. 17/8877. 43 Vgl. den Entwurf für das Gesetz zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien vom 06.03.2012, BT-Drs. 17/8877, S. 6 sowie 23. 44 So Mikešić/Thieme/Strauch (2012), S. 1. 45 So Riedel/Weiss (2013), S. 404; Kachel (2011), S. 100. 46 Vgl. § 11 Abs. 4 EEG 2000; § 14 Abs. 3 EEG 2004; § 37 Abs. 1 und Abs. 6 EEG 2009. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 11 Obwohl das Eigenstromprivileg erstmals im EEG 2012 geregelt wurde, wusste der Gesetzgeber von dieser Gesetzesauslegung, die es Eigenstromproduzenten und –verbrauchern ermöglichte, die EEG-bedingten Belastungen nicht tragen zu müssen:47 Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, wurde eigenerzeugter und –verbrauchter Strom vom Gesetzgeber erstmals 2003 im Rahmen einer Novelle des EEG 2000 besprochen , die zur Einführung der Besonderen Ausgleichsregelung48 für stromintensive Unternehmen führte.49 Auch in den Gesetzesmaterialien zur EEG-Novelle im Jahr 2004 finden sich Äußerungen des Gesetzgebers, die das Eigenstromprivileg betreffen: Der mit der Novelle neu eingeführte § 14 Abs. 7 EEG 2004 sollte bei der Lastentragung der EEG-bedingen Mehrkosten eine bestimmte Missbrauchskonstellation verhindern, indem Letztverbraucher, die Strom nicht von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen, sondern einem Dritten beziehen, den Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Hinblick auf die Lastentragung gleich gestellt wurden. Dazu heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs: „Die Regelung hat dabei keine Auswirkungen auf den Strom, der als Eigenstrom erzeugt wird. Dieser ist auch zukünftig nicht erfasst.“50 Die Gesetzesmaterialien für das EEG 2009 erwähnen das Eigenverbrauchsprivileg nicht ausdrücklich, nehmen allerdings die Vorgängerfassungen in Bezug.51 Insbesondere wurde der o.g. § 14 Abs. 7 EEG 2004 übernommen, um die ungerechtfertigte Nichteinbeziehung in die Pflicht, die EEG-bedingten Belastungen mitzutragen, auch mit Hilfe des EEG 2009 zu verhindern. Die mit dieser Regelung zu verhindernde „Praxis widerspricht der gesetzgeberischen Absicht, die Kosten des Gesetzes möglichst verursachergerecht auf alle Stromabnehmer zu verteilen.“52 Mit dieser Begründung lehnte die damalige Bundesregierung auch einen Vorschlag des Bundesrates ab, der dazu geführt hätte, dass sich die gesamte Strommenge, die mit den EEG-bedingten Mehrkosten belastet wird, weiter verringert hätte. So führt die Bundesregierung aus: „Eine solche Ausnahme ist missbrauchsanfällig und kann bei den übrigen Stromverbrauchern zu zusätzlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro jährlich führen. Dies trifft besonders den Mittelstand und 47 Vgl. zu dieser Frage auch Mikešić/Thieme/Strauch (2012), S. 8 ff. 48 Danach können sich bestimmte Unternehmen aus Gründen der Wirtschaftsförderung bei Vorliegen der normierten Voraussetzungen von einem erheblichen Teil der EEG-Umlage befreien lassen. 49 Vgl. Begründung zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 08.04.2003, BT-Drs. 15/810, S. 5. 50 Vgl. Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich vom 01.04.2004, BT-Drs. 15/2864, S. 49. 51 So auch Mikešić/Thieme/Strauch (2012), S. 11 m.w.N. 52 So die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften vom 18.02.2008, BT-Drs. 16/8148, S. 63. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 12 kleine Gewerbetreibende mit einem erhöhten Stromverbrauch, aber auch alle anderen Stromkunden.“53 Durch die erstmalige gesetzliche Erwähnung des Eigenstromprivilegs im EEG 2012 wurde sein Anwendungsbereich erheblich eingeschränkt. 54 Während vor dem Inkrafttreten des EEG 2012 am 1. Januar 2012 keine expliziten gesetzlichen Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Eigenstromprivilegs normiert waren, änderte sich dies durch das Inkrafttreten des § 37 Abs. 3 EEG 2012. Dieser lautete: „§ 37 Vermarktung und EEG-Umlage […] (3) Letztverbraucherinnen und Letztverbraucher stehen Elektrizitätsversorgungsunternehmen gleich, wenn sie Strom verbrauchen, der nicht von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen geliefert wird, sofern dieser 1. von einer dritten Person geliefert wird oder 2. durch ein Netz durchgeleitet wird, es sei denn, a) der Strom wird zur Speicherung in einem elektrischen, chemischen, mechanischen oder physikalischen Speicher aus dem Netz entnommen und zeitlich verzögert wieder in dasselbe Netz eingespeist oder b) die Letztverbraucherin oder der Letztverbraucher betreibt die Stromerzeugungsanlage als Eigenerzeuger und verbraucht den erzeugten Strom selbst im räumlichen Zusammenhang zu der Stromerzeugungsanlage.“ In der Begründung zum Gesetzesentwurf heißt es erläuternd: Die Eigenerzeugung werde „künftig nur dann von der EEG-Umlage befreit, wenn der Strom nicht über das öffentliche Netz geleitet wird, es sei denn der Strom wird durch den Betreiber oder Betreiberin einer Stromerzeugungsanlage selbst verbraucht.“55 53 Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften vom 05.03.2008, BT-Drs. 16/8393, S. 3. 54 So auch Mikešić/Thieme/Strauch (2012), S. 5; Salje, Peter (2011). EEG 2012. Erneuerbare-Energien-Gesetz. Kommentar . 6. Auflage 2011. Köln: Carl Heymanns Verlag GmbH. § 37 Rn. 38. 55 Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 06.06.2011, BT-Drs. 17/6071, S. 83. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 13 Durch die Fotovoltaiknovelle im Jahr 2012 wurde § 37 Abs. 3 EEG in Bezug auf das Eigenstromprivileg lediglich redaktionell überarbeitet und bekam seine im Zeitpunkt der Bearbeitung aktuelle Fassung56, die folgendermaßen lautet: „§ 37 Vermarktung und EEG-Umlage […] (3) Letztverbraucherinnen und Letztverbraucher stehen Elektrizitätsversorgungsunternehmen gleich, wenn sie Strom verbrauchen, der nicht von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen geliefert wird. Betreibt die Letztverbraucherin oder der Letztverbraucher die Stromerzeugungsanlage als Eigenerzeuger und verbraucht den Strom selbst, so entfällt für diesen Strom der Anspruch der Übertragungsnetzbetreiber auf Zahlung der EEG-Umlage nach Absatz 2 oder Satz 1, sofern der Strom 1. nicht durch ein Netz durchgeleitet wird oder 2. im räumlichen Zusammenhang zu der Stromerzeugungsanlage verbraucht wird. […]“ 2.2.2. Bedeutung des Eigenstromprivilegs Zusammengefasst ist daher – im Zeitpunkt der Bearbeitung – eine gesetzliche Befreiung von der Pflicht zur Tragung der EEG-Umlage für Letztverbraucher, die Strom als Eigenerzeuger produzieren und auch selbst verbrauchen, nur dann gegeben, wenn der Strom nicht durch ein Netz durchgeleitet wird oder im räumlichen Zusammenhang zu der Stromerzeugungsanlage verbraucht wird. Der Begriff des Netzes ist in § 3 Nr. 7 EEG legaldefiniert als „die Gesamtheit der miteinander verbundenen technischen Einrichtungen zur Abnahme, Übertragung und Verteilung von Elektrizität für die allgemeine Versorgung“. Daraus folgt: 56 Vgl. den Entwurf für das Gesetz zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien vom 06.03.2012, BT-Drs. 17/8877, S. 6 sowie 23. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 14 - Nach der im Zeitpunkt der Bearbeitung geltenden Rechtslage ist es für die Eigenstromprivilegierung unerheblich, welcher Art der selbst erzeugte und verbrauchte Strom ist. Insbesondere ist nicht von Bedeutung, ob es sich um Strom aus erneuerbaren oder konventionellen Energiequellen handelt.57 - Liegen die o.g. Voraussetzungen nicht vor, unterfallen auch eigenerzeugte und eigenverbrauchte Strommengen bereits nach der im Zeitpunkt der Bearbeitung geltenden Rechtslage der EEG-Umlage, da in diesem Fall § 37 Abs. 3 Satz 1 EEG greift, der Letztverbraucher mit Elektrizitätsversorgungsunternehmen gleichsetzt, die nach § 37 Abs. 2 EEG zur Leistung der EEG-Umlage verpflichtet sind.58 - Liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Eigenstromprivilegs vor, führt dies in der Praxis dazu, dass sich die gesamte jährliche Strommenge verkleinert, auf die nach der oben dargestellten Systematik der EEG-Umlagebetrag zur Berechnung der EEG- Umlage aufgeteilt wird. Demzufolge erhöht die Inanspruchnahme des Eigenstromprivilegs die EEG-Umlage für die nicht-privilegierten Letztverbraucher von Strom. In der Vergangenheit sind insbesondere von stromintensiven Unternehmen verschiedene Strukturierungsmodelle ersonnen worden, die es ihnen ermöglichen sollen, das Eigenstromprivileg in Anspruch nehmen zu können.59 2.3. Bedeutung der „Eckpunkte für die Reform des EEG“ sowie des EEG-Entwurfs 2014 für das Eigenstromprivileg Am 22. Januar 2014 hat die Bundesregierung die „Eckpunkte für die Reform des EEG“ (Eckpunkte ) beschlossen. Im dazugehörigen Begleitschreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Energie vom 23. Januar 2014 heißt es in Bezug auf die praktischen Auswirkungen des Eigenstromprivilegs : „Während jeder Bürger, jeder Mittelständler für seinen Strom EEG-Umlage zahlen muss, gilt diese Pflicht bislang nicht für Unternehmen, die ihren Strom selbst produzieren. Deshalb sind in der Vergangenheit immer mehr Unternehmen dazu übergegangen, eigene Kraftwerke zu bauen, um sich die EEG-Umlage zu sparen – auf Kosten der Allgemeinheit. Diesen Trend zur Entsolidarisierung wollen wir beenden.“60 57 So auch die Begründung zu § 66 Abs. 15 EEG, der eine Übergangsbestimmung für Eigenstromproduzenten und –verbraucher im EEG 2012 eingeführt hat. Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Entwurf für ein Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 29.06.2011, BT-Drs. 17/6363, S. 42. 58 So auch Altrock, in: Altrock, Martin/Oschmann, Volker/Theobald, Christian (2013). EEG – Erneuerbare-Energien -Gesetz. Kommentar. 4. Auflage 2013. München: C.H.Beck. § 37 Rn. 47; Panknin (2014), S. 14. 59 Mikešić/Thieme/Strauch (2012), S. 2 f.; darauf ebenso hinweisend Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Energie vom 23.01.2014, Drucksache des Ausschusses für Wirtschaft und Energie 18(9)2, S. 4. 60 Vgl. das Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Energie vom 23.01.2014, Drucksache des Ausschusses für Wirtschaft und Energie 18(9)2, S. 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 15 Entsprechend heißt es in den Eckpunkten: „Zukünftig wird im Grundsatz die gesamte Eigenstromerzeugung an der EEG-Umlage beteiligt. Nicht erfasst wird der so genannte Kraftwerkseigenverbrauch . Alle neuen Eigenstromerzeuger tragen mit einer Mindestumlage zur Grundfinanzierung des EEG bei, wobei das neue EEG die Wirtschaftlichkeit von Erneuerbare-Energien-Anlagen , KWK-Anlagen und Kuppelgas-Nutzungen wahren wird. Für kleine Anlagen wird eine Bagatellgrenze eingeführt. Der Vertrauensschutz für bestehende Anlagen wird gewährleistet.“61 Ergänzend konkretisiert die Anlage zu den Eckpunkten diese Planungen folgendermaßen:62 „7. Eigenstromerzeugung und –verbrauch - Die Eigenstromerzeugung wird an den Ausbaukosten der erneuerbaren Energien beteiligt : - Bei einer Eigenstromerzeugung in Neuanlagen müssen 90 Prozent der Umlage gezahlt werden. - Dieser Betrag reduziert sich bei neuen Erneuerbare-Energien- und KWK-Anlagen sowie neuen Kuppelgasnutzungen auf 70 Prozent. - Für Altanlagen wird die Begünstigung des Jahres 2013 in Höhe der EEG-Umlage von 5,28 Cent/kWh fortgeschrieben. - Es wird eine Bagatellgrenze eingeführt: (Alt- und Neu-)Anlagen mit einer installierten Leistung von höchstens 10 kW müssen für eine jährliche Stromerzeugung von höchstens 10 MWh keine EEG-Umlage zahlen. - Der Kraftwerkseigenverbrauch wird nicht belastet.“ Der „Entwurf eines Gesetzes zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften des Energiewirtschaftsrechts“ vom 4. März 2014 (EEG-Entwurf 2014)63 enthält keine weiteren Regelungsvorschläge. Vielmehr heißt es an der entsprechenden Stelle des Gesetzentwurfs: 61 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2014a), S. 13. 62 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2014b), S. 6. Fettungen sind Bestandteil des Originals. 63 „Entwurf eines Gesetzes zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften des Energiewirtschaftsrechts“ vom 04.03.2014 auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Link: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/Erneuerbare-Energien/eeg-reform .html (letzter Abruf: 14.03.2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 16 „d) Absatz 3 Satz 2 wird durch folgende Sätze ersetzt: [Hinweis: An dieser Stelle wird die Regelung zu eigenerzeugtem, selbstverbrauchtem Strom eingefügt. Diese Regelung wird nachgetragen ]“64 Allerdings beinhaltet der allgemeine Teil der Begründungen zum EEG-Entwurf 2014 einige Erwägungen zu den Zielen, den Auswirkungen sowie zur verfassungsrechtlichen Rechtmäßigkeit der geplanten Neuregelungen zum Eigenstromprivileg.65 Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass die Bundesregierung eine Verschärfung der im Zeitpunkt der Bearbeitung bestehende Regelungen zum Eigenstromprivileg plant: Vorab ist grundsätzlich die in den Eckpunkten genannte Bagatellgrenze von Bedeutung: Aus der aufgeführten Leistungszahl von 10 kW und der genannten Jahresstrommenge von 10 MWh ergibt sich, dass voraussichtlich die Betreiber sämtlicher Kleinst- und Kleinanlagen insbesondere zur Eigenversorgung von Familien und Haushalten66 auch zukünftig keine EEG-Umlage auf den von ihnen erzeugten und verbrauchten Strom zahlen müssen.67 Abzuwarten bleibt, welchen Stichtag der Gesetzgeber für die Abgrenzung der Alt- von den Neuanlagen setzen wird. Im Hinblick auf den Vertrauensschutz von Investoren hinsichtlich der Vergütungssätze geben die Eckpunkte an, dass aus Gründen des Vertrauensschutzes das EEG 2012 für genehmigungsbedürftige Anlagen gilt, „die bis 31. Dezember 2014 in Betrieb genommen werden, sofern sie vor dem 22. Januar 2014 genehmigt worden sind.“68 Diese Unterscheidung zwischen Alt- und Neuanlagen ist aller Voraussicht nach von erheblicher Bedeutung. Zum einen soll für sämtliche Altanlagen (EEG-, KWK-, Kuppelgas- und konventionelle Erzeugungsanlagen) die Begünstigung in Höhe der EEG-Umlage 2013 (5,28 ct/kWh) fortgeschrieben werden. Daraus kann geschlossen werden, dass für Eigenstrom aus Altanlagen in Zukunft nur der Mehrbetrag, der 5,28 ct/kWh übersteigt, zu zahlen sein wird. Für Neuanlagen ist zum anderen noch eine weitere Untergliederung geplant: EEG-, KWKund Kuppelgasanlagen sollen nur 70%, alle anderen Neuanlagen 90% der jeweils aktuellen EEG-Umlage zahlen. 64 EEG-Entwurf 2014, a. a. O. (Fn. 63), S. 46. 65 Vgl. EEG-Entwurf 2014, a. a. O. (Fn. 63), S. 102 und 106 f. (angemessene Kostenverteilung), 115 f. (allgemeinverfassungsrechtliche Zulässigkeit), 117 f. (finanzverfassungsrechtliche Erwägungen). 66 Durchschnittlicher Stromverbrauch eines 4-Personen-Haushalts: zwischen 4,15 und 5,95 MWh. Link: http://www.die-stromsparinitiative.de/stromkosten/stromverbrauch-pro-haushalt/index.html (letzter Abruf: 14.03.2014). 67 Beispiel: sog. Micro- und Mini-Blockheizkraftwerke (KWK-Anlagen) können mit einer Leistung von 1,0 – 4,7 kWelektrisch bereits Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie Gewerbebetriebe mit Strom und Wärme versorgen. Vgl. die exemplarischen Angaben auf der Internetseite des Herstellers „Vaillant“. Link: http://www.vaillant.de/Produkte /Kraft-Waerme-Kopplung/#Kraft-Waerme-Kopplung (letzter Abruf: 14.03.2014). 68 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2014a), S. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 17 3. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die geplante Reform des Eigenstromprivilegs Ausgehend von der geschilderten Sach- und Rechtslage werden nachfolgend die verfassungsrechtlichen Vorgaben erläutert und Problemkreise aufgezeigt, die der Gesetzgeber bei der Reform des Eigenstromprivilegs wird beachten müssen. 3.1. Aspekte des Finanzverfassungsrechts Zu diesem Zweck ist der Frage nachzugehen, ob es finanzverfassungsrechtlich zulässig ist, neue Eigenstromerzeugungsanlagen in die Verpflichtung zur Zahlung der EEG-Umlage einzubeziehen (Gliederungspunkt 3.1.2). Dazu soll zunächst auf die aktuelle Diskussion über die Rechtsnatur der EEG-Umlage eingegangen werden (Gliederungspunkt 3.1.1.). Es wird darauf hingewiesen, dass eine finanzverfassungsrechtliche Prüfung nur dann sinnvoll ist, wenn bereits ein entsprechender Gesetzentwurf vorliegt. Da dies nicht der Fall ist, beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf die Darstellung der Literaturmeinungen und auf Überlegungen allgemeiner Art zu dieser Thematik. 3.1.1. EEG-Umlage: Preisregelung oder verfassungswidrige Sonderabgabe? In Literatur und Rechtsprechung wird derzeit die Rechtsnatur der in § 37 Abs. 2 EEG geregelten EEG-Umlage diskutiert. Ein Teil der Literatur vertritt hierbei die Auffassung, dass es sich bei der EEG-Umlage um eine (verfassungswidrige) Sonderabgabe handele, und beruft sich insbesondere auf den Kohlepfennig-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11. Oktober 1994.69 Zum besseren Verständnis soll daher zunächst auf den Kohlepfennig-Beschluss eingegangen werden. 3.1.1.1. Kohlepfennig-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts Streitgegenstand der Entscheidung des BVerfG aus dem Jahre 1994 war die Frage, ob die nach dem Gesetz über die weitere Sicherung des Einsatzes von Gemeinschaftskohle in der Elektrizitätswirtschaft erhobene Ausgleichsabgabe (sog. Kohlepfennig) eine zulässige Sonderabgabe war.70 Ziel des Gesetzes war es, die Energieversorgung durch die Förderung des Steinkohleabbaus in Deutschland zu sichern.71 Mit der Ausgleichsabgabe wurde der „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes“ gespeist.72 Aus diesem Fonds wurden Zuschüsse an Unternehmen ge- 69 So etwa Manssen, Die EEG-Umlage als verfassungswidrige Sonderabgabe, Die Öffentliche Verwaltung (DÖV) 2012, S. 499 ff. 70 BVerfG, Beschluss vom 11.10.1994 – 2 BvR 633/86, BVerfGE 91, 186, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1995, 381. 71 Vgl. Bickenbach, Die Finanzierung der „Energiewende“ in der Zwickmühle aus Finanzverfassung und Art. 107, 108 AEUV, DÖV 2013, 953 (954). 72 Vgl. Gröpl, Vom „Kohlepfennig“ zur Stromsteuer: Was hat sich geändert?, DÖV 2001, 199 (200). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 18 währt, die Steinkohle zur Energieerzeugung einsetzten, und denen deswegen Mehrkosten gegenüber dem Einsatz von schwerem Heizöl entstanden. Schuldner der Abgabe waren die Energieversorgungsunternehmen , die Elektrizität an Endverbraucher lieferten. Der Gesetzgeber ging von vornherein davon aus, dass die Energieversorgungsunternehmen die daraus resultierende finanzielle Belastung über den Stromabgabepreis an die Endverbraucher überwälzten.73 Die Zulässigkeit von Sonderabgaben hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Wesentlichen von vier Kriterien ab74: (1) Mit der Sonderabgabe müsse ein über die bloße Mittelbeschaffung hinausgehender Sachzweck verfolgt werden. (2) Die Sonderabgabe dürfe nur eine vorgefundene homogene Gruppe belasten, wobei zwischen dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck und dieser Gruppe eine spezifische Sachnähe (Finanzverantwortung) bestehen müsse. (3) Das Abgabenaufkommen müsse „gruppennützig“, also im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen verwendet werden. (4) Da Sonderabgaben gegenüber der Steuer die seltene Ausnahme bleiben sollen, sei die Sonderabgabe zeitlich zu begrenzen und müsse deshalb laufend auf ihre Rechtfertigung überprüft werden. Das BVerfG stellte fest, dass die Regelung der Ausgleichsabgabe verfassungswidrig war.75 Es führte hierzu aus, dass die belasteten Stromverbraucher einen den Trägern von Verbrauchsteuern ähnliche Allgemeinheit bildeten, „die als solche keine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Kohleverstromung“ traf. Beim Kreis der Stromverbraucher handele es sich um keine homogene Gruppe; er sei nahezu konturenlos und von der Allgemeinheit der Steuerzahler nicht abgrenzbar. Es liege auch keine besondere Sachnähe (Finanzierungsverantwortung) zur Kohleverstromung vor. Die Sicherstellung der Strom- oder Energieversorgung sei vielmehr im Interesse der Allgemeinheit, und müsse daher als Gemeinlast – durch Steuer – finanziert werden.76 3.1.1.2. Keine Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand Die Qualifizierung einer Vergütungsregelung als Sonderabgabe setzt nach der Rechtsprechung des BVerfG zunächst voraus, dass es sich bei der zu zahlenden Vergütung um eine öffentliche Abgabe handelt.77 Dabei ist zwingendes Merkmal einer öffentlichen Abgabe u.a. eine Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand. Ohne eine entsprechende Aufkommenswirkung handelt es sich lediglich um eine Preisregelung, die nicht an finanzverfassungsrechtlichen Maßstäben zu messen ist. Im Fall des Kohlepfennigs lag dieses Merkmal unstrittig vor, da die Ausgleichsabgabe in ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen floss. 73 Vgl. Gröpl, Vom „Kohlepfennig“ zur Stromsteuer: Was hat sich geändert?, DÖV 2001, 199 (200). 74 Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 31.5.1990, 2 BvL 12/88 u.a., Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1991, 53 (54). 75 BVerfG, Beschluss vom 11.10.1994 – 2 BvR 633/86, BVerfGE 91, 186, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1995, 381 (382). 76 BVerfG, Beschluss vom 11.10.1994 – 2 BvR 633/86, BVerfGE 91, 186, NJW 1995, 381 (382). 77 BVerfG, Beschluss vom 9.1.1996 – 2 BvL 12/95, NJW 1997, 573. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 19 Eine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit der in § 37 Abs. 2 EEG geregelten EEG-Umlage gibt es bislang nicht. Nach der wohl überwiegenden Auffassung in der Literatur handelt es sich bei der EEG-Umlage nicht um eine Sonderabgabe, da es bereits an einer Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand fehle. Anders als das Aufkommen aus dem Kohlepfennig fließt die EEG-Vergütung nicht in einen staatlich verwalteten Sonderfonds. Vielmehr erfolge eine Verschiebung von finanziellen Mitteln ohne Zwischenschaltung der öffentlichen Hand direkt zwischen Privaten.78 Bestätigung findet diese Auffassung der Literatur durch ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 14. Mai 2013.79 In diesem Verfahren hatte die Klägerin unter Berufung auf ein von Manssen erstelltes Rechtsgutachten geltend gemacht, dass der Finanzierungsmechanismus des EEG eine nicht zu rechtfertigende Sonderabgabe darstelle und das derzeit geltende EEG damit insgesamt verfassungswidrig sei.80 Das OLG Hamm schloss sich der Ansicht der Klägerin nicht an und führte weiter aus, dass eine Aufkommenswirkung nur dann vorliege, wenn Einnahmen der öffentlichen Hand generiert werden oder sie zumindest mittelbar Zugriff auf die Geldmittel erhält . Nur dann erhalte die öffentliche Hand nämlich die Verfügungsgewalt über die Geldmittel und kann diese steuern und einsetzen. Vorliegend habe die öffentliche Hand aber keinen unmittelbaren Einfluss durch Steuerung und Lenkung der Finanzmittel, wie es bei einer Verfügungsgewalt über die Gelder der Fall wäre.81 Der Gesetzgeber könne lediglich prognostisch Zielvorgaben formulieren und korrigierend und gestaltend eingreifen, und dies auch nicht mit unmittelbarer zeitlicher Wirkung. Das OLG Hamm hat die Revision zugelassen. Das Verfahren ist nunmehr beim Bundesgerichtshof (BGH) anhängig (Aktenzeichen: VIII ZR 169/13). Eine Entscheidung des BGH steht noch aus. 78 Vgl. etwa Bayer, Zur Verfassungsmäßigkeit des Vergütungssystems des EEG nach Einführung der neuen Wälzung , Energiewirtschaftliche Tagesfragen (ET) 2013, 104 (108); vgl. auch Altrock/Oschmann, in Altrock/Oschmann /Theobald, EEG, Kommentar, 4. Auflage 2013, Einf. Rn. 58 ff.; Gawel, Die EEG-Umlage: Preisregelung oder Sonderabgabe?, Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl) 2013, 409 (410 f.). 79 OLG Hamm, Urteil vom 14.5.2013 – 19 U 180/12, Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2013, 502; zustimmend: Bösche, IR 2013, OLG Hamm: EEG-Umlage ist nicht verfassungswidrig, InfrastrukturRecht (IR) 2013, 180; Kröger , Die EEG-Umlage ist keine Sonderabgabe, ZUR 2013, 480. 80 Vgl. Manssen, Die EEG-Umlage als verfassungswidrige Sonderabgabe, Die Öffentliche Verwaltung (DÖV) 2012, S. 499 ff. 81 OLG Hamm, Urteil vom 14.5.2013 – 19 U 180/12, ZUR 2013, 502 (503). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 20 3.1.2. Finanzverfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einbeziehung der Eigenstromerzeugung bei der EEG-Umlage Mit der finanzverfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Einbeziehung der Eigenstromerzeugung bei der EEG-Umlage haben sich in der einschlägigen Fachliteratur Riedel/Weiss82 sowie Panknin 83 befasst (Gliederungspunkt 3.2.). Ferner ist das DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung ) im Rahmen eines eigenen Vorschlags zur Reform der EEG-Umlage auf diese Thematik eingegangen (Gliederungspunkt 3.1.).84 3.1.2.1. Vorschlag des DIW zur Reform der EEG-Umlage Das DIW hat im November 2013 einen eigenen Vorschlag für die Reform der EEG-Umlage vorgelegt . Auch bei diesem Vorschlag würde eigenerzeugter Strom grundsätzlich von der EEG-Umlage erfasst werden. Kleinanlagen würden aus administrativen Gründen befreit bleiben.85 Für effizient oder erneuerbar erzeugten Eigenstrom würde die EEG-Umlage allerdings je nach Ausgestaltung um bis zu 90 % reduziert werden. Im Hinblick auf die Vereinbarkeit dieses Reformvorschlags mit dem Finanzverfassungsrecht führt das DIW aus, dass der Reformvorschlag zu keiner anderen Bewertung des EEG im Rahmen der Sonderabgabenrechtsprechung des BVerfG führe. „Nach wie vor fehlt es an einer Aufkommenswirkung zu Gunsten der öffentlichen Hand, weil die Gelder im Rahmen des Finanzierungsmechanismus des EEG zu keinem Zeitpunkt über staatliche Konten fließen und kein staatlicher Sonderfonds zwischengeschaltet wurde.“ 86 3.1.2.2. Literaturmeinungen Riedel/Weiss und Panknin sehen in der Einbeziehung der Eigenstromversorgung bei der EEG- Umlage einen finanzverfassungsrechtlichen Formenmissbrauch. Sollte der Gesetzgeber die Eigenstrommengen in den Ausgleichsmechanismus mit der Folge einbeziehen, „dass grundsätzlich je- 82 Riedel/Weiss, Ausgleichsmechanismus des Erneuerbare-Energien-Gesetzes: Finanzverfassungsrechtliche Grenzen einer Einbeziehung der Eigenversorgung, Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft (EnWZ) 2013, 402. 83 Panknin, EEG-umlagefreie Eigenerzeugung – Status quo und Ausblick, EnWZ 2014, 13. 84 Neuhoff, Vorschlag für die zukünftige Ausgestaltung der Ausnahmen für die Industrie bei der EEG-Umlage, DIW Berlin: Politikberatung kompakt 75, November 2013. 85 Neuhoff, Vorschlag für die zukünftige Ausgestaltung der Ausnahmen für die Industrie bei der EEG-Umlage, DIW Berlin: Politikberatung kompakt 75, November 2013, S. 1 f. 86 Neuhoff, Vorschlag für die zukünftige Ausgestaltung der Ausnahmen für die Industrie bei der EEG-Umlage, DIW Berlin: Politikberatung kompakt 75, November 2013, S. 64. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 21 der Letztverbraucher mit einer EEG-Umlage belastet wird und für jede verbrauchte Kilowattstunde Strom eine EEG-Umlage zu entrichten ist“, wäre dies nach ihrer Ansicht unter finanzverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten rechts- und damit verfassungswidrig.87 Dieses Ergebnis erläutern die Autoren mit folgenden Argumenten: Der derzeitige Ausgleichsmechanismus des EEG baue auf der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette von Erzeugung, Transport, Verteilung und Letztverbraucherbelieferung auf und beziehe daher nur diejenigen Privaten ein, die auf diesen Stufen und Märkten innerhalb tatsächlicher bestehender wirtschaftlicher oder vertraglicher Beziehung agieren.88 Die EEG-Umlage stelle in diesem System nur eine Komponente dar, die für die Höhe des Strompreises von Bedeutung sei. Würde die Eigenstromversorgung ebenfalls in den Ausgleichsmechanismus einbezogen, würde dieses System allerdings verlassen werden, da die Eigenversorgung kein Bestandteil der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette darstelle, sondern vielmehr daneben stehe. In diesem Fall würde die EEG-Umlage von einem Instrument, das eine klar abgrenzbare Gruppe Abgabepflichtiger belaste, zu einer Belastung für die Allgemeinheit weiterentwickelt.89 Ein solches Finanzinstrument müsse sich an den Formvorgaben des Finanzverfassungsrechts messen lassen. Andernfalls müsse sich der Gesetzgeber „vorwerfen lassen, dass er eine von ihm vorgegebene öffentliche Aufgabe über die Allgemeinheit finanziert und dazu missbräuchlich ein privatrechtliches Finanzierungssystem verwendet . Wenn generell alle Stromverbraucher und damit die Allgemeinheit gesetzlich verpflichtet werden, die EEG-Umlagekosten originär zu tragen – und zwar auch dann, wenn sie ihren Strom außerhalb der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette und außerhalb des privatrechtlichen Vertragsverbundsystems dezentral erzeugen und verbrauchen –, wird die Schwelle des Formenmissbrauchs mit der Folge der Verfassungswidrigkeit überschritten.“90 3.1.2.3. Anmerkungen zur Literaturmeinung Es ist nochmals darauf hinzuweisen, dass eine abschließende finanzverfassungsrechtliche Prüfung von Regelungen, die das Eigenverbrauchsprivileg im EEG reformieren, nur möglich ist, wenn die Regelungen zumindest in Form eines entsprechenden Gesetzentwurfs vorliegen. So kann auch die o.g. Literaturmeinung nicht dazu herangezogen werden, die Verfassungskonformität einer Reform des Eigenverbrauchsprivilegs im EEG generell zu verneinen, die bislang nur in Form von Eckpunkten formuliert ist. Dennoch sollen an dieser Stelle einige Anmerkungen zur Literaturmeinung sowohl im Hinblick auf den Sachverhalt als auch die rechtliche Bewertung gemacht werden. 87 Riedel/Weiss, Ausgleichsmechanismus des Erneuerbare-Energien-Gesetzes: Finanzverfassungsrechtliche Grenzen einer Einbeziehung der Eigenversorgung, EnWZ 2013, 402 (408); zustimmend: Panknin, EEG-umlagefreie Eigenerzeugung – Status quo und Ausblick, EnWZ 2014, 13 (18). 88 Panknin, EEG-umlagefreie Eigenerzeugung – Status quo und Ausblick, EnWZ 2014, 13 (18). 89 Riedel/Weiss, Ausgleichsmechanismus des Erneuerbare-Energien-Gesetzes: Finanzverfassungsrechtliche Grenzen einer Einbeziehung der Eigenversorgung, EnWZ 2013, 402 (407). 90 Riedel/Weiss, Ausgleichsmechanismus des Erneuerbare-Energien-Gesetzes: Finanzverfassungsrechtliche Grenzen einer Einbeziehung der Eigenversorgung, EnWZ 2013, 402 (408). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 22 Wie dargelegt, gehen Riedel/Weiss und Panknin in ihrer Analyse davon aus, dass die angekündigte Reform dazu führen wird, dass im Ergebnis alle Letztverbraucher die EEG-Umlage zu zahlen haben und somit die Allgemeinheit zur Finanzierung des weiteren Ausbaus der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien herangezogen würde. Bei genauerem Blick in das eingangs erwähnte Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Reform des EEG kommen allerdings erhebliche Zweifel auf, ob die Bundesregierung eine derart weitgehende Regelung überhaupt beabsichtigt. So sollen vielmehr nur die „neuen Eigenstromerzeuger mit einer Mindestumlage“ belastet werden und bestehende Eigenerzeuger Bestandsschutz genießen. Außerdem sind offensichtlich Ausnahmeregelungen für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK- Anlagen) und kleine Stromerzeugungsanlagen geplant. Ferner soll der Kraftwerkseigenverbrauch von einer derartigen Reform ebenfalls nicht erfasst werden. Insofern scheint es zumindest fraglich , ob die Prämissen, die die o.g. Autoren ihrer rechtlichen Bewertung zugrunde legen, eintreten werden. Zur rechtlichen Bewertung ist Folgendes anzumerken: Bereits nach der geltenden Regelung des § 37 EEG wird die Eigenerzeugung bzw. Eigenversorgung dem Grunde nach zunächst von der Verpflichtung zur Zahlung der EEG-Umlage erfasst.91 Denn nach § 37 Abs. 3 Satz 2 EEG entfällt die Zahlungspflicht nur unter bestimmten Bedingungen (Verbrauch im räumlichen Zusammenhang ). Soweit die Autoren argumentieren, dass die EEG-Umlage bisher eine klar abgrenzbare Gruppe Abgabepflichtiger belaste und erst durch die Reform zu einer Belastung für die Allgemeinheit weiterentwickelt werde, ist dem nicht zuzustimmen. Denn mit der EEG-Umlage können letztlich die Stromverbraucher belastet werden und werden in der Regel auch belastet. Bei den Stromverbrauchern handelt es sich jedoch nach den Feststellungen des BVerfG im Rahmen des Kohlepfennig -Beschlusses schon um keine homogene Gruppe. Die Gruppe der Stromverbraucher entspreche vielmehr der Allgemeinheit, da nahezu jeder zu ihr gehöre und jeder ein Interesse an einer nachhaltigen Stromversorgung habe.92 Nach der wohl überwiegenden Auffassung und der aktuellen Rechtsprechung stellt die jetzige Regelung der EEG-Umlage schon keine öffentliche Abgabe dar, da es an einer Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand fehlt. Vielmehr liege eine Preisregelung vor. Soweit es die Eckpunkte der EEG-Reform erkennen lassen, fehlt es auch weiterhin an einer solchen Aufkommenswirkung . Die Einrichtung eines staatlichen Sonderfonds ist nicht geplant. Auch soll der öffentlichen Hand – soweit ersichtlich – keine sonstige Verfügungsgewalt über die Finanzmittel der EEG-Umlage eingeräumt werden.93 91 Vgl. Altrock, in Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, Kommentar, 4. Auflage 2013, § 37 Rn. 24. 92 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.10.1994 – 2 BvR 633/86, BVerfGE 91, 186, NJW 1995, 381 (382). 93 Vgl. die entsprechende Argumentation im allgemeinen Teil der Begründung zum EEG-Entwurf 2014, a. a. O. (Fn. 63), S. 117 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 23 Schließlich ist der Umstand, dass das EEG zumindest auch öffentliche Zwecke bzw. Aufgaben verfolgt, nicht ausreichend, um eine Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand anzunehmen . Denn es gibt keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, wonach öffentliche Zwecke stets durch den Staat zu verfolgen wären.94 3.2. Allgemeinverfassungsrechtliche Aspekte Neben diesen finanzverfassungsrechtlichen Themen werfen die in dem Eckpunktepapier und in dem ersten Gesetzentwurf zur EEG-Novelle vom 4. März 201495 vorgezeichneten Gesetzesänderungen auch allgemeinverfassungsrechtliche Fragen auf. Dabei geht es um die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einbeziehung von Alt-Eigenstromanlagen in die EEG-Umlagepflicht nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes (dazu unten 3.2.1.). Bei der geplanten unterschiedlichen Belastung von Eigenstromanlagen zur Produktion von erneuerbaren Energien einerseits und von konventionellen Energien andererseits stellt sich die Frage nach ihrer Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz (dazu unten 3.2.2.). Schließlich ist die Verfassungsmäßigkeit der Beteiligung der Eigenstromerzeuger am EEG-Umlagesystem vor dem Hintergrund zu beurteilen, dass sie ihrerseits keinen Anspruch auf die EEG-Vergütung haben (dazu unten 3.2.3.). Auch in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die nachfolgenden Ausführungen nur auf die im Eckpunktepapier skizzierten neuen Regelungen beziehen. In dem Gesetzentwurf vom 4. März 2014 ist die Ausgestaltung der Regelungen zur Einbeziehung des Eigenstromverbrauchs in die Umlagepflicht noch offen gelassen worden, allerdings werden sie im Allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung bereits erläutert.96 Eine abschließende verfassungsrechtliche Beurteilung der geplanten gesetzlichen Änderungen kann auf dieser Basis noch nicht erfolgen. 3.2.1. Verfassungsmäßigkeit der geplanten Einbeziehung von Altanlagen in die EEG-Umlagepflicht 3.2.1.1. Verfassungsmäßigkeit nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes Die geplante Einbeziehung der Alt-Eigenstromanlagen in die EEG-Umlagepflicht muss mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar sein (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Das Rechtsstaatsprinzip und die Grundrechte erlauben es dem Gesetzgeber nicht, unbegrenzt Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen . Allerdings ist der Staatsbürger nicht vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die 94 Altrock/Oschmann, in Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, Kommentar, 4. Auflage 2013, Einf. Rn. 56. 95 Der Entwurf vom 04.03.2014 dient zunächst nur als Basis für die Länder- und Verbändeanhörung und hat daher nur sehr vorläufigen Charakter. Er kann auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie aufgerufen werden unter: https://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/Erneuerbare-Energien/eeg-reform.html (Stand: 14.03.2014). 96 Vgl. den Gesetzentwurf vom 04.03.2014, S. 46: Anmerkung zur geplanten Neuregelung des § 37 Abs. 3 Satz 2 Entwurf-EEG 2014, Begründung zur Einbeziehung des Eigenstromverbrauchs in die EEG-Umlage: S. 115 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 24 Dauerhaftigkeit der Rechtslage geschützt.97 Ein solcher Schutz besteht nur dann, wenn ein besonderer Vertrauenstatbestand gegeben ist. In diesem Zusammenhang unterscheidet das Bundesverfassungsgericht zwischen echter und unechter Rückwirkung.98 Eine echte Rückwirkung liegt dann vor, wenn der Gesetzgeber (belastend) in bereits abgeschlossene Sachverhalte eingreift. Bei einer unechten Rückwirkung werden an einen Sachverhalt in der Vergangenheit neue Rechtsfolgen geknüpft. Eine echte Rückwirkung ist nur in sehr engen Grenzen zulässig. Vorliegend ist in dem Eckpunktepapier geplant, dass die Eigenstromanlagen – auch wenn sie in der Vergangenheit errichtet wurden – erst in der Zukunft, d.h. wohl mit Inkrafttreten des Gesetzes99 oder ab einem darin genannten Stichtag, in die EEG-Umlage einbezogen werden sollen. Das Gesetz würde somit nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft in einen Sachverhalt der Vergangenheit eingreifen. Es würde sich daher für die betroffenen Betreiber von Alt-Eigenstromanlagen um eine unechte Rückwirkung handeln. Diese ist zulässig, wenn in einer Abwägung das Interesse der Allgemeinheit an der neuen Regelung dem Bestandsinteresse der Betroffenen überwiegt.100 Im Zusammenhang mit der Reduzierung von Steuerbefreiungen für bestimmte Biokraftstoffe hat das Bundesverfassungsgericht zwar entschieden, dass Investitionen, die auf der Grundlage von gesetzlichen Rahmenbedingungen getätigt werden, ein schützenswertes Interesse sein können. Andererseits könnten die Betroffenen „grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber steuerliche Vergünstigungen, die er zu sozial- oder wirtschaftspolitischen Zwecken gewährt, uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrechterhält. Insbesondere dann, wenn die beeinträchtigte Rechtsposition auf staatlicher Gewährung beruht, geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Steuerpflichtigen vor jeder Enttäuschung zu bewahren.“101 Diese Grundsätze können auf die Einbeziehung der Eigenstromanlagen in die EEG-Umlage übertragen werden. Zwar handelt es sich bei der EEG-Umlage nach herrschender Meinung nicht um eine Steuer oder Abgabe102, aber es kommt hier ebenso wie bei der Entscheidung zu den Biokraftstoffen zu einer Abwägung zwischen dem Investitionsinteresse der Eigenstromanlagenbetreiber 97 BVerfGE 128, 90, 106 – Abschaffung der Arbeitslosenhilfe - mit weiteren Nachweisen aus der ständigen Rechtsprechung . Darauf verweisend: Robbers, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Loseblattsammlung, 165. Ergänzungslieferung (Stand: Januar 2014), Art. 20 Abs. 3 Rdnr. 3278; vgl. auch ausführlich zur Rückwirkungsproblematik : Grzeszick, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Loseblattsammlung, 48. Ergänzungslieferung (Stand: November 2006). Art. 20, Teil VII. (Art. 20 und die allgemeine Rechtsstaatlichkeit), Rdnr. 76 ff. 98 Grundlegend BVerfGE 11, 139, Ls. 1 und S. 145 f. - Kostenrechtsnovelle; BVerfGE 13, 261, 271 ff. - rückwirkende Steuerbelastung; dann ständig, siehe nur BVerfGE 103, 392, 403 – Freiwillige Krankenversicherung Selbständiger – mit weiteren Nachweisen aus der ständigen Rechtsprechung. 99 Nach derzeitiger Planung soll die EEG-Novelle am 01.08.2014 in Kraft treten. Siehe Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2014a), S. 6, Ziff. 4. 100 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Loseblattsammlung, 48. Ergänzungslieferung (Stand: November 2006). Art. 20, Teil VII. (Art. 20 und die allgemeine Rechtsstaatlichkeit), Rdnr. 88. 101 BVerfG, Beschluss vom 25.07.2007 – Besteuerung von Biokraftstoffen, NVwZ 2007, 1168, 1169. 102 Vgl. dazu oben Ziff. 3.1.1, S. 16 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 25 und dem Interesse des Gesetzgebers, die Rahmenbedingungen für die staatliche Regulierung des Energiemarktes den Bedürfnissen des Gemeinwohls, insbesondere der Umweltpolitik, flexibel anpassen zu können. Da nach derzeitiger Gesetzesplanung wohl sämtliche Privathaushalte, die sich durch Eigenstromanlagen selbst versorgen, aus der EEG-Umlagepflicht herausfallen würden ,103 ist das in diesen Fällen sicherlich oft hohe Investitionsinteresse nicht betroffen. Für alle übrigen Alt-Eigenstromanlagen, die vor dem 22. Januar 2014 genehmigt und bis 31. Dezember 2014 in Betrieb genommen wurden, wird die EEG-Umlage nur erhoben, soweit sie die Höhe der EEG-Umlage des Jahres 2013 überschreitet. Dies bedeutet weiterhin eine erhebliche Besserstellung gegenüber Neuanlagen. Dem Investitionsinteresse der betroffenen Alt-Eigenstromanlagenbetreiber dürfte somit, auch durch die vergleichsweise „milde“ Belastung mit der EEG-Umlage, in einer Abwägung eine geringere Bedeutung zukommen als dem Ziel des Gesetzgebers, zum Wohl der Allgemeinheit einen angemessenen Ausgleich aller beteiligten Interessen herbeizuführen. Zudem ist das Vertrauen der Eigenstromanlagenbetreiber in die Befreiungen von der EEG-Umlage im EEG 2012 eingeschränkt worden, da § 65 und § 65a EEG 2012 Evaluierungs- und Monitoringberichte über die Erfüllung der mit dem EEG beabsichtigten Ziele vorsehen.104 Eigentümer, Betreiber und sonstige Nutzer von Eigenstromanlagen mussten daher in Betracht ziehen, dass sich die Regeln über die EEG-Umlage bzw. die Befreiung davon für Eigenstromanlagen ändern könnten .105 Schließlich besteht für diese Befreiungsregelung auch kein 20-jähriger Vertrauensschutz wie für die Einspeisevergütung (§ 16 EEG 2012 ff.), die einer garantierten Vergütungsdauer von 20 Jahren unterliegt (§ 21 Abs. 2 EEG 2012).106 Folglich dürfte der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz einer Einbeziehung der Alt-Eigenstromanlagen in die EEG-Umlage, wie sie sich auf der Basis der derzeitigen Gesetzesplanungen darstellt, nicht entgegenstehen. 3.2.1.2. Verfassungsmäßigkeit im Hinblick auf die Eigentumsgarantie und die Berufsfreiheit Im Übrigen würde die Einbeziehung der Alt-Eigenstromanlagen in die Umlagepflicht wohl auch nicht gegen die grundgesetzliche Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) und Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) verstoßen. Die Eigentumsgarantie kann sich auch auf Rechtspositionen erstrecken (hier: Befreiung von der EEG-Umlage), wenn diese eine dingliche Verbindung zum Anlageeigentum aufweisen. So ist etwa die Immissionsschutzgenehmigung einer Anlage als Teil des Anlageneigentums geschützt, da ohne diese Genehmigung die Anlage nicht mehr betrieben werden darf und den (erheblichen) 103 Siehe oben Ziff. 2.3, S. 14 f. 104 Das Eckpunktepapier weist daher auch ausdrücklich darauf hin, dass im Jahr 2014 eine Evaluierung des EEG geplant war (§ 65 EEG), vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2014a), S. 6, Ziff. 4 105 Andere Auffassung wohl Panknin, EEG-umlagefreie Eigenerzeugung – Status quo und Ausblick, EnWZ 2014, 13, 18; vgl. zur Kritik an dieser Auffassung jedoch schon oben Ziff. 3.1.2.3, S. 20 f. 106 Vgl. dazu Scholz/Moench/Herz, Verfassungs- und europarechtliche Grundsatzfragen einer EEG-Reform, 1. Auflage 2014, S. 21 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 26 Investitionen damit die Grundlage entzogen wird.107 Andererseits gehört zum Schutzbereich der Eigentumsgarantie nicht die „Erwartung, dass ein Unternehmen auch in Zukunft rentabel betrieben werden kann“.108 Der Wegfall der Befreiung von der EEG-Umlage würde nicht den Betrieb der Eigenstromanlage genehmigungsrechtlich untersagen, sondern nur ihre wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und damit möglicherweise auch ihre Rentabilität verändern. Daher ist - jedenfalls auf der Basis der aktuellen Gesetzesplanungen - nicht davon auszugehen, dass die Einbeziehung der Alt-Eigenstromanlagen in die Umlagepflicht gegen die Eigentumsgarantie verstoßen könnte. Der Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) umfasst staatliche Maßnahmen, die sich unmittelbar auf den Beruf beziehen und das Ob oder das Wie der beruflichen Tätigkeit regeln.109 Dies ist im Falle der gewerblichen Betreiber von Eigenstromanlagen nicht der Fall, da sie diese Tätigkeit unter denselben berufsregelnden Vorgaben ausüben können, auch wenn die EEG-Befreiung wegfällt. Von der Berufsfreiheit werden darüber hinaus aber auch Maßnahmen mit berufsregelnder Tendenz erfasst. Eine neue Vorschrift weist eine solche berufsregelnde Tendenz auf, wenn sie die Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändert und in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs steht.110 Allerdings ist dabei nicht ausreichend, wenn nur das allgemeine Wettbewerbsgeschehen verändert wird, da die Marktteilnehmer keinen Anspruch darauf haben, dass die Wettbewerbsbedingungen gleich bleiben. „Insbesondere gewährleistet das Grundrecht keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb oder auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten ."111 In dieser Diskussion könnte zunächst die grundlegende Frage gestellt werden, ob es den Beruf des Eigenstromanlagenbetreibers überhaupt gibt. Nach hiesigem Verständnis sind die Eigenstromanlagen, die von der EEG-Umlage in Zukunft erfasst würden (d.h. keine Privathaushalte ), in der Regel untergeordnete (dienende) Teile eines anderen wirtschaftlichen Betriebs und damit eines anderen Berufs. Dies deutet schon darauf hin, dass der Wegfall der EEG-Umlagebefreiung für den Gesamtbetrieb keine berufsregelnde Tendenz hat, da dieser (andere) Beruf keinen engen Zusammenhang mit der EEG-Umlage aufweist. Die Höhe der (Eigen-) Stromkosten ist für den Gesamtbetrieb vielmehr ein Preis- und damit Wettbewerbsfaktor, der nicht von der Berufsfreiheit geschützt wird. Letztlich hängt diese Frage von der betriebswirtschaftlichen Struktur der Unternehmen ab, die Eigenstrom nutzen und die daher in Zukunft in die EEG-Umlagepflicht einbezogen werden. Ohne sich mit diesen Fragen näher auseinanderzusetzen, nimmt der Gesetzentwurf zur EEG-Reform vom 4. März 2014 in seiner Begründung hingegen einen Eingriff in die Eigentumsgarantie und Berufsfreiheit an. Allerdings sei dieser gerechtfertigt, da das „gesetzgeberische Anliegen, im 107 BVerfG, Beschluss vom 14.01.2010 – Legehennen/Bestandsschutz für Altanlagen, NVwZ 2010, 771, 772. 108 BVerfG, Beschluss vom 25.07.2007 – Besteuerung von Biokraftstoffen, NVwZ 2007, 1168, 1169. 109 Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz Kommentar, 12. Auflage 2012, Art. 12 Rdnr. 14. 110 BVerfGE 111, 191, 213 – Notarkassen, mit weiteren Nachweisen aus der ständigen Rechtsprechung. 111 BVerfGE 106, 275, 299 – Arzneimittelfestbeträge, mit weiteren Nachweisen aus der ständigen Rechtsprechung; bestätigend: BVerfG, Beschluss vom 25.07.2007 – Besteuerung von Biokraftstoffen, NVwZ 2007, 1168, 1169. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 27 Sinne einer gerechten Finanzierungsverantwortung auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten die Kosten des Ausbaus erneuerbarer Energien nicht ausschließlich von jenen tragen zu lassen , die Strom von einem Energieversorgungsunternehmen beziehen, […] das Interesse der Betreiber von Eigenversorgungsanlagen, von dieser Finanzierungslast auch künftig verschont zu bleiben“, überwiegt.112 In ihrem Ergebnis weicht somit die Gesetzesbegründung von den vorstehenden Ausführungen nicht ab. Daher kann – auf der Basis der aktuellen Gesetzesplanungen – davon ausgegangen werden , dass der Wegfall der EEG-Umlagebefreiung für Alt-Eigenstromanlagenbetreiber mit der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie und Berufsfreiheit vereinbar ist. 3.2.2. Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Belastung der Eigenstromerzeugung im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz Das Eckpunktepapier sieht weiter vor, dass neue Eigenstromanlagen unterschiedlich mit der EEG-Umlage belastet werden sollen.113 EEG-, KWK- und Kuppelgasanlagen sollen 70%, alle anderen (konventionellen) Anlagen zur Eigenstromerzeugung hingegen 90% der EEG-Umlage zahlen. In diesem Zusammenhang wurde die Frage aufgeworfen, ob diese Unterscheidung mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar ist. Der Gleichheitssatz fordert, dass der Gesetzgeber nur dann zwei Sachverhalte ungleich behandelt, wenn zwischen ihnen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können.114 Der Gesetzgeber hat sich schon mit dem Stromeinspeisungsgesetz und den späteren Vergütungsregelungen einschließlich der 20-jährigen Vergütungsgarantie für Strom aus erneuerbaren Energien im EEG für eine bevorzugte Behandlung dieser Stromerzeuger entschieden.115 Begründet wurde dies mit der Schonung der Ressourcen und dem Schutz des Klimas durch die Nutzung von erneuerbaren Energien. Der Gesetzgeber geht daher davon aus, dass die Herstellung von Strom aus konventionellen Energien zum Schutz der Ressourcen und des Klimas nicht in gleicher Weise beitragen kann wie Herstellung von Strom aus erneuerbaren Energien. Folglich liegen für den Gesetzgeber hier zwei unterschiedliche Sachverhalte vor, die er auch unterschiedlich behandeln kann. Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu beurteilen, ob zwei Sachverhalte unterschiedlich sind, so dass daran unterschiedliche Regelungen geknüpft werden können, soweit diese Auswahl sachlich richtig und systemgerecht ist.116 Die Bewertung des Gesetzgebers, dass erneuerbare Energien die Ressourcen und das Klima besser schützen als konventionelle 112 EEG-Entwurf 2014, a. a. O. (Fn. 63), S. 116. 113 Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass der Gesetzentwurf vom 04.03.2014 die gesetzliche Regelung für die Einbeziehung des Eigenstromverbrauchs in die EEG-Umlage noch offen gelassen hat, vgl. den Gesetzentwurf S. 46, Anmerkung zur geplanten Neuregelung des § 37 Abs. 3 Satz 2 EEG-Entwurf 2014. 114 BVerfG, Beschluss vom 02.02.2009 - Umlage zur Finanzierung des Insolvenzgeldes, NZS 2009, 565, 566, BVerf GE 110, 141, 167 – Kampfhunde; jeweils mit weiteren Nachweisen aus der ständigen Rechtsprechung. 115 Siehe die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz (Stromeinspeisungsgesetz), BT-Drs. 11/7816, S. 3. 116 Stark, in: von Mangoldt/Klein/Stark, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Auflage 2010, Band 1, Art. 3 Abs. 1 Rdnr. 44. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 28 Energien, erscheint sachlich richtig und systemgerecht. Jedenfalls werden (bisher) dagegen keine durchgreifenden Bedenken geltend gemacht, die diese gesetzgeberische Prognoseentscheidung sachlich grundlegend falsch erscheinen lassen. Die gleiche Beurteilung liegt auch der geplanten Differenzierung bei den Eigenstromversorgungsanlagen zugrunde. Es wird davon ausgegangen, dass die EEG-, KWK- und Kuppelgasanlagen die Ressourcen und das Klima weniger belasten als die sonstigen Eigenstromanlagen. Sie sollen daher bevorzugt behandelt werden. Aufgrund dieser auch gesetzessystematisch konsistenten Bewertung ist auf der Basis der aktuellen Gesetzesvorschläge nicht von einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz auszugehen. 3.2.3. Verfassungsmäßigkeit der Beteiligung am EEG-Umlagesystem von Eigenstromerzeugern ohne Anspruch auf EEG-Vergütung In Bezug auf die Einbeziehung der Eigenstromerzeugung in das EEG-Umlagesystem sind schließlich auch verfassungsrechtliche Bedenken unter dem Gesichtspunkt aufgetreten, dass die Betreiber der Eigenstromanlagen zwar mit der EEG-Umlage belastet werden, jedoch ihrerseits keine Zahlungen aus der EEG-Umlage erhalten und auch sonst finanziell nicht direkt vom EEG profitieren . Im Ergebnis ist diese Frage zu verneinen. Es gibt keinen allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, der besagt, dass ein solches Umlagesystem nur unter der Voraussetzung zulässig ist, dass die Zahlungspflichtigen auch einen Teil des Umlageaufkommens erhalten. Die Zahlung der Umlage muss auch nicht direkt mit einem sonstigen finanziellen Vorteil verbunden sein. Allerdings wurde oben bereits dargestellt, dass eine Sonderabgabe finanzverfassungsrechtlich nur zulässig ist, wenn sie für die Gruppe der Abgabepflichtigen „gruppennützig“ ist.117 Dies bedeutet, dass die Zwecke, die mit dem Aufkommen aus der Abgabe finanziert werden, nur dem gemeinschaftlichen Interesse der Abgabepflichtigen dienen und daher mit einem Vorteil verbunden sein müssen.118 Dieser Vorteil muss allerdings nicht in einem finanziellen Ausgleich bestehen. Die Frage der „Gruppennützigkeit“ stellt sich im vorliegenden Zusammenhang jedoch nur, wenn es sich bei der EEG-Umlage um eine solche Sonderabgabe handelt. Oben wurde jedoch bereits ausgeführt , dass es sich - jedenfalls auf der Basis der derzeitigen Gesetzesplanung – auch dann nicht um eine solche Sonderabgabe handeln wird, wenn die Eigenstromanlagen in die EEG-Umlagepflicht einbezogen werden.119 Folglich muss auch kein „gruppennütziger“ Vorteil gegeben sein. Auch sonstigen Preisregelungen muss kein direkter finanzieller Nutzen, gewissermaßen als finanzieller Ausgleich, gegenüberstehen. 117 Vgl. dazu oben Ziff. 3.1.1.1, S. 16. 118 BVerfGE 45, 1, 3 – Filmförderabgabe, siehe auch Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Loseblattsammlung , 17. Ergänzungslieferung, Art. 105 Rdnr. 18 ff. 119 Vgl. oben Ziff. 3.1.2.3, S. 20 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 29 4. Quellen- und Literaturverzeichnis (Auswahl) BDEW – Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (2014). Erneuerbare Energien und das EEG: Zahlen, Fakten, Grafiken (2014). Anlagen, installierte Leistung, Stromerzeugung, EEG-Auszahlungen, Marktintegration der Erneuerbaren Energien und regionale Verteilung der EEG-induzierten Zahlungsströme. 24. Februar 2014. Link: https://www.bdew.de/internet .nsf/id/83C963F43062D3B9C1257C89003153BF/$file/Energie-Info_Erneuerbare%20Energien %20und%20das%20EEG%20%282014%29_24.02.2014_final_Journalisten.pdf (letzter Abruf : 14. März 2014). Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2014a). Eckpunkte für die Reform des EEG. Stand: 21. Januar 2014. Link: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/eeg-reform-eckpunkte ,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 14. März 2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 028/14; WD 4 – 3000 – 043/14; WD 3 – 3000 – 052/14 Seite 30 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2014b). Anlage zu den Eckpunkten für die Reform des EEG. Link: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/eeg-reform-eckpunkte-anlage ,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter Abruf: 14. März 2014). Kachel, Markus (2011). Das Eigenstromprivileg im EEG – Status Quo und Änderungen durch das EEG 2012. Contracting und Recht (CuR). 8. Jahrgang (2011). S. 100 – 105. Mikešić, Ivana/Thieme, Hauke/Strauch, Boris (2012). Juristische Prüfung der Befreiung der Eigenerzeugung von der EEG-Umlage nach § 37 Absatz 1 und 3 EEG – Kurzgutachten. Gutachten für das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Stand: 27. August 2012. Link: http://www.erneuerbare-energien.de/fileadmin/ee-import/files/pdfs/allgemein/application /pdf/kurzgutachten_eeg-umlage_2012_bf.pdf (letzter Abruf: 14. März 2014). Panknin, Jens (2014). EEG-umlagefreie Eigenerzeugung – Status quo und Ausblick. Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft (EnWZ). 3. Jahrgang (2014). S. 13 – 18. Riedel, Martin/Weiss, Peter (2013). Ausgleichsmechanismus des Erneuerbare-Energien-Gesetzes: Finanzverfassungsrechtliche Grenzen einer Einbeziehung der Eigenversorgung. Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft (EnWZ). 2. Jahrgang (2013). S. 402 – 409. Schwarz, Adrian (2014). Die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland. Hintergründe und Entwicklungen. „Infobrief“ der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 7. Januar 2014, WD5 – 3010 – 109/13. Link: http://www.bundestag .de/dokumente/analysen/2014/Die_F__rderung_der_Stromerzeugung_aus_erneuerbaren_Energien _in_Deutschland.pdf (letzter Abruf: 14. März 2014).