© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 027/20 Fragen zum deutschen Leistungsbilanzüberschuss Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 2 Fragen zum deutschen Leistungsbilanzüberschuss Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 027/20 Abschluss der Arbeit: 18.03.2020 Fachbereich: WD 5 Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Die Leistungsbilanz als Teilbilanz der Zahlungsbilanz 4 3. Statistische Daten zum Leistungsbilanzüberschuss 6 4. Makroökonomische Ungleichgewichte im Rahmen der Europäischen Union 15 5. Bewertung von makroökonomischen Ungleichgewichten anhand der Leistungsbilanz 23 5.1. Bundesministerium der Finanzen (BMF) 23 5.2. Bundesministerium der Finanzen (BMF)/Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) 25 5.3. Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) 27 5.4. Wirtschaftswissenschaftliche Diskussion/Analyse 27 5.5. Exemplarischer Exkurs: Auswirkungen von angedrohten Strafzöllen 36 5.6. Auswirkungen des Corona-Virus auf die internationale und nationale Wirtschaft 37 5.6.1. Betroffene Branchen 41 5.6.1.1. Logistik/Tourismus 42 5.6.1.2. Messen/Messebau 44 5.7. National und international in Aussicht gestellte Hilfen 46 5.8. Weitere Quellen 49 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 4 1. Einleitung Die vorliegende Arbeit setzt sich definitorisch mit dem Begriff des Leistungsbilanzüberschusses, seiner Entwicklung in Deutschland im Zeitablauf, der kritischen Auseinandersetzung sowie möglichen wirtschaftlichen Krisen und ihrer Wirkung auf Leistungsbilanzüberschüsse auseinander. Da die Volkswirtschaftslehre in der Analyse (Ursache/Wirkung) von starken Paradigmen geprägt ist, die wirtschaftliche Zusammenhänge aus unterschiedlichen Perspektiven würdigen, existiert keine einheitliche ökonomische Denkweise bzw. keine allgemein gültige ökonomische Methode, die auf alle wirtschaftswissenschaftlichen Themenbereiche gleichermaßen angewendet werden kann und sollte1. Vielmehr spiegeln Wirtschaftsgutachten/-analysen von Autoren immer deren jeweilige Sicht wider. 2. Die Leistungsbilanz als Teilbilanz der Zahlungsbilanz Die Zahlungsbilanz beinhaltet alle wirtschaftlichen Transaktionen zwischen dem Inland und dem Ausland innerhalb eines Jahres. Die Zahlungsbilanz teilt sich in die folgenden drei Teilbilanzen auf: https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/21236/zahlungsbilanz (Letzter Abruf: 13.03.2020) 1 Till van Treeck/Janina Urban, Wirtschaft neu entdecken. Blinde Flecken der Lehrbuchökonomie, 2016. http://fgw-nrw.de/fileadmin/user_upload/Blinde_Flecken_der_Lehrbuchoekonomie_klein.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 5 Die Unternehmensplattform sage.com führt zur Leistungsbilanz wir folgt aus: „Die Leistungsbilanz ist eine Teilbilanz der Zahlungsbilanz und setzt sich aus folgenden vier Unterbilanzen zusammen: Der Handelsbilanz für den Warenhandel (Außenhandel), der Dienstleistungsbilanz für importierte und exportierte Dienstleistungen, der Bilanz der Erwerbs- und Vermögenseinkommen zur Erfassung von Lohn- und Gehaltseinkommen sowie Dividenden und Zinsen aus dem Ausland und an das Ausland der Bilanz der laufenden Übertragungen, die grenzüberschreitende Zahlungen aus nicht rechtlichen Verpflichtungen erfasst. Die Leistungsbilanz dient der Erfassung von Transaktionsleistungen mit dem Ausland innerhalb eines Jahres. Darunter fallen alle Waren und Dienstleistungen, die ins Ausland exportiert bzw. importiert wurden. Der Saldo entspricht der Summe der Teilbilanzen und eignet sich zur Bestimmung der ökonomischen Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft.“ (…) „In Deutschland wird der Leistungsbilanzüberschuss häufig gleichbedeutend mit Handelsbilanzüberschuss oder Exportüberschuss wahrgenommen. Sobald der Saldo größer null ist, handelt es sich um einen Leistungsbilanzüberschuss, das Nettoauslandsvermögen steigt um den Wert des Saldos. Wenn ein Land einen Leistungsbilanzüberschuss erwirtschaftet, hat es mit dem Export mehr verdient als mit dem Import, und die Forderungen gegenüber anderen Ländern steigen.“2 Ergänzend bemerkt ein Beitrag der Freien Universität Berlin: „Die Leistungsbilanz (Current Account) registriert Zahlungen aus dem Waren- und Dienstleistungshandel sowie Zinsen und Dividenden aus dem im Ausland investierten Kapital - sowohl von staatlichen als auch von privaten Einrichtungen. Sie wird wiederum in 4 Unterbilanzen unterteilt: 1. Handelsbilanz: Warenexporte (minus) Warenimporte. 2. Dienstleistungsbilanz: Tourismus, Versicherungen und Transportkosten von Gütern. In geringerem Maße auch Kommunikations- und Baudienstleistungen, Lizenzgebühren aus Patenten und Urheberrechten. Dienstleistungsexporte (minus) Dienstleistungsimporte . 3. Bilanz der Erwerbs- und Vermögenseinkommen: Zins- und Dividendenzahlungen aus dem Ausland (minus) Zins- und Dividendenzahlungen an das Ausland. 4. Transferbilanz: Eingegangene Überweisungen (minus) gezahlte Überweisungen. 2 https://www.sage.com/de-de/blog/lexikon/leistungsbilanz/ (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 6 Leistungsbilanz = Handelsbilanz plus Dienstleistungsbilanz plus Bilanz der Erwerbs- und Vermögenseinkommen plus Transferbilanz Die Handelsbilanz ist die Komponente der Leistungsbilanz mit dem größten Volumen.“3 Das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat) führt zusammenfassend aus: „Die Leistungsbilanz innerhalb der Zahlungsbilanz liefert nicht nur Informationen über den internationalen Warenverkehr (traditionell der größte Bilanzposten), sondern auch über den internationalen Dienstleistungsverkehr sowie die Primär- und Sekundäreinkommen. Die Gesamtheit dieser Transaktionen wird in der Zahlungsbilanz wertmäßig auf der Kreditseite (Ausfuhren) und der Debetseite (Einfuhren) erfasst. Ein positiver Saldo, d.h. ein Leistungsbilanzüberschuss , zeigt an, dass eine Volkswirtschaft durch ihre internationalen Ausfuhrgeschäfte mehr einnimmt, als sie durch Einfuhrgeschäfte mit anderen Volkswirtschaften im Ausland ausgibt, und dass sie somit Nettokreditgeber (Nettoexporteur) gegenüber der übrigen Welt ist. Die Leistungsbilanz ist Ausdruck der wirtschaftlichen Stellung eines Landes in der Welt. Sie erfasst alle Transaktionen zwischen gebietsansässigen und gebietsfremden Einheiten.“4 3. Statistische Daten zum Leistungsbilanzüberschuss Statistisches Bundesamt (Destatis) weist im aktuellen „Statistischen Jahrbuch 2019“ die folgende Entwicklung des deutschen Leistungsbilanzüberschusses aus: 3 https://www.lai.fu-berlin.de/e-learning/projekte/vwl_basiswissen/zahlungsbilanz/leistungsbilanz/index.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) 4 Eurostat Statistics Explained, 2018, Zahlungsbilanzstatistik. https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Archive:Balance_of_payment_statistics /de&oldid=390224 (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 7 https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Jahrbuch/jb-zahlungsbilanz.pdf?__blob=publicationFile (Letzter Abruf : 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 8 https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Jahrbuch/statistisches-jahrbuch-2019-dl.pdf?__blob=publicationFile (Letzter Abruf: 13.03.2020) Die als Quelle ausgewiesene Deutsche Bundesbank nimmt in jährlichem Turnus zum Berichtsmonat März Revisionen der letzten vier Jahre vor. Diese beinhalten die Aufnahme von Nach- und Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 9 Korrekturmeldungen sowie neuere Informationen aus Sekundärquellen und revidieren oder ersetzen vorläufige Schätzungen.5 Die Revisionen schlagen sich somit auch in den statistischen Jahrbüchern von Destatis nieder und können dadurch zu Abweichungen gemeldeter Daten der Vorjahre, z.B. der Leistungsbilanz, führen. Da die Außenhandelsbilanz/-statistik (Außenhandel mit Waren) die Komponente der Leistungsbilanz mit dem größten Volumen darstellt und somit maßgebend zum Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands beiträgt wird auf die nachfolgenden Ausführungen und Übersichten von Destatis verwiesen: „Gegenstand der Außenhandelsstatistik ist der grenzüberschreitende Warenverkehr Deutschlands mit dem Ausland. Dies bedeutet, alle körperlich ein- und ausgehenden Waren sowie elektrischer Strom werden erfasst und nachgewiesen. Das betrifft auch den Handel mit Waren, die unentgeltlich oder auf ausländische Rechnung ein- bzw. ausgeführt werden. Dienstleistungen aller Art sind grundsätzlich nicht Gegenstand der Außenhandelsstatistik . Eine Ausnahme stellen die Veredelungsgeschäfte dar: Diese werden in der Außenhandelsstatistik erfasst und nachgewiesen.“6 https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Jahrbuch/statistisches-jahrbuch-2019-dl.pdf?__blob=publicationFile (Letzter Abruf: 13.03.2020) 5 https://www.bundesbank.de/de/statistiken/aussenwirtschaft/zahlungsbilanz/zahlungsbilanz-772304 (Letzter Abruf: 13.03.2020) 6 https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Jahrbuch/statistisches-jahrbuch-2019-dl.pdf?__blob=publication File (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 10 https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Jahrbuch/statistisches-jahrbuch-2019-dl.pdf?__blob=publicationFile (Letzter Abruf: 13.03.2020) Ergänzend wird in einer Destatis-Übersicht die Gesamtentwicklung des deutschen Außenhandels seit 1950 aufgezeigt: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 11 https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Aussenhandel/Tabellen/gesamtentwicklung-aussenhandel.pdf;jsessionid =67EEED863EA8E137905D59FD75A5565A.internet721?__blob=publicationFile (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 12 Eurostat hat zum Verlauf der Leistungsbilanzüberschüsse/-defizite die folgende Übersicht erstellt , die deutlich die Entwicklung der einzelnen Länder skizziert7: Saldo der Leistungsbilanz mit der übrigen Welt, 2005–2015 (1)(in Mrd. EUR) http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Current_account_balance _with_the_rest_of_the_world,_2005-15_(%C2%B9)_(EUR_billion)_YB16-de.png (Letzter Abruf: 13.03.2020) Ergänzend wird auf zwei Tabellen zur Leistungsbilanz aus dem OECD Economic Outlook vom 21 November 2019 verwiesen: 7 Eurostat, Statistics Explained, 27.06.2016. http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Current_account_balance _with_the_rest_of_the_world,_2005-15_(%C2%B9)_(EUR_billion)_YB16-de.png (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 13 Die vorliegende Tabelle der OECD (Annex Table 61) weist die Leistungsbilanzdefizite/-überschüsse der Länder im Zeitablauf in USD aus. https://www.oecd.org/economy/outlook/economic-outlook-annex-tables.htm (Letzter Abruf: 13.03.2020) Annex Table 61. Current account balances 70 USD billion Argentina -3,8 8,7 8,1 3,1 5,1 6,5 6,0 5,4 7,3 -1,6 -5,3 -2,1 -13,1 -9,2 -17,6 -15,1 -31,6 -28,0 -8,4 -5,9 Australia -8,6 -16,5 -29,2 -41,8 -43,6 -45,8 -64,2 -50,7 -49,3 -45,5 -46,2 -67,4 -51,2 -45,4 -57,6 -41,1 -35,7 -30,7 -16,7 -13,2 Austria -2,0 6,9 5,3 7,8 8,0 11,1 14,8 19,5 10,4 11,2 7,0 6,1 8,3 10,6 6,6 9,8 8,2 10,6 10,6 11,0 Belgium 6,9 10,2 11,3 12,2 8,2 8,0 9,0 -4,7 -5,0 8,2 -5,7 -0,3 -1,5 -4,8 -4,7 -2,8 3,7 -6,9 -4,2 -4,0 Brazil -23,7 -8,1 3,8 11,3 13,5 13,0 0,4 -30,6 -26,3 -79,0 -76,3 -83,8 -79,8 ##### -54,5 -24,0 -7,2 -14,5 -4,2 -6,1 Canada 15,8 12,5 10,3 23,2 21,9 17,9 10,9 3,3 -40,7 -58,2 -49,7 -65,7 -59,4 -43,1 -55,3 -49,0 -46,5 -45,4 -48,9 -47,1 Chile -0,6 0,0 -0,2 2,8 1,8 7,0 7,4 -6,7 3,2 3,1 -4,1 -10,5 -11,2 -4,3 -5,6 -4,0 -6,0 -9,2 -10,5 -10,0 China 17,4 35,4 43,1 68,9 132,4 231,8 353,2 420,6 243,3 237,8 136,1 215,4 148,2 236,0 304,2 202,2 164,9 46,8 -19,7 -52,8 Colombia -1,0 -1,3 -0,9 -0,8 -1,9 -2,9 -6,0 -6,5 -4,6 -8,7 -9,8 -11,4 -12,5 -19,8 -18,6 -12,0 -10,3 -12,7 -13,5 -14,8 Costa Rica -0,5 -0,8 -0,9 -0,7 -0,8 -0,9 -1,5 -2,6 -0,5 -1,2 -2,3 -2,4 -2,5 -2,5 -2,1 -1,3 -1,8 -1,9 -1,7 -1,7 Czech Republic -3,3 -4,2 -5,7 -4,4 -2,9 -3,9 -8,8 -4,4 -4,5 -7,4 -5,0 -3,3 -1,1 0,3 0,5 3,1 3,6 0,6 1,3 1,5 Denmark 4,1 5,0 7,3 5,7 11,2 9,4 4,7 10,4 11,2 21,2 22,7 20,5 26,7 31,4 25,0 24,7 26,1 20,6 23,3 23,3 Estonia -0,4 -0,8 -1,3 -1,5 -1,2 -2,6 -3,4 -2,1 0,5 0,3 0,3 -0,4 0,1 0,2 0,4 0,5 0,8 0,5 0,4 0,5 Finland 10,4 11,5 8,0 11,5 6,2 8,0 9,5 6,1 4,1 2,8 -4,7 -5,9 -5,3 -4,2 -1,7 -1,8 -0,8 -5,1 -4,0 -3,5 France 21,7 17,0 15,5 11,2 2,4 6,0 -3,1 -20,4 -15,0 -16,6 -24,4 -25,9 -14,4 -27,9 -8,9 -18,6 -14,4 -8,4 1,1 2,3 Germany -7,4 40,0 35,7 123,8 131,2 172,6 236,8 212,1 198,0 188,4 229,4 252,1 245,9 282,4 289,1 292,0 297,7 297,7 286,2 281,2 Greece -10,8 -10,7 -17,2 -18,6 -21,9 -31,5 -48,6 -53,9 -40,9 -34,3 -28,9 -9,5 -4,9 -3,8 -1,6 -3,3 -3,6 -6,2 -2,7 -2,7 Hungary -3,1 -4,3 -6,8 -8,8 -7,9 -8,0 -9,9 -11,1 -0,9 0,4 1,0 2,2 5,2 2,1 3,5 7,8 3,9 0,8 0,0 -1,2 Iceland -0,4 0,1 -0,6 -1,4 -2,7 -4,0 -3,0 -4,4 -1,3 -0,9 -0,8 -0,6 0,9 0,7 0,9 1,6 0,9 0,7 0,1 0,0 India ¹ 3,3 6,4 13,9 -3,5 -10,3 -9,5 -15,8 -26,2 -37,4 -48,2 -78,3 -88,4 -32,9 -26,8 -22,4 -14,6 -48,9 -65,2 -72,8 -90,6 Indonesia 6,9 7,8 8,1 1,6 0,3 10,9 10,5 0,1 10,6 5,1 1,7 -24,4 -29,1 -27,5 -17,5 -17,0 -16,2 -31,1 -26,5 -27,4 Ireland 0,2 0,3 0,8 -0,2 -7,4 -12,4 -17,6 -17,4 -11,1 -2,7 -3,9 -7,6 3,8 2,6 12,9 -12,6 29,0 34,6 33,1 33,5 Israel -1,9 -1,1 0,8 2,0 4,4 6,3 5,6 2,2 6,8 9,0 5,4 1,3 8,7 13,4 15,6 11,7 9,4 11,3 7,3 8,0 Italy 6,1 -3,7 -9,4 -6,4 -16,6 -29,2 -30,9 -66,6 -41,2 -72,5 -68,4 -7,1 21,1 40,8 27,0 47,5 54,3 53,5 50,8 49,4 Japan 87,1 108,7 139,3 182,3 170,3 175,8 212,9 142,2 146,5 221,3 128,3 62,5 46,4 36,8 136,9 193,6 204,4 175,6 150,5 162,6 Korea 2,2 4,1 11,3 29,3 12,2 2,1 10,5 1,8 33,1 28,0 16,6 48,8 77,3 83,0 105,1 97,9 75,2 76,3 69,3 73,5 Latvia -0,6 -0,6 -0,9 -1,8 -2,0 -4,6 -6,4 -4,5 2,1 0,5 -0,9 -1,0 -0,8 -0,5 -0,1 0,4 0,2 -0,3 -0,5 -0,5 Lithuania .. .. .. -1,7 -1,9 -3,2 -6,1 -6,4 0,4 -0,6 -1,9 -0,5 0,5 1,4 -1,0 -0,6 0,5 0,9 0,2 0,0 Luxembourg 1,5 2,1 2,0 4,1 4,1 4,2 5,0 4,2 3,6 3,5 3,6 3,2 3,4 3,3 2,9 3,0 3,0 3,4 2,8 3,1 Mexico -17,8 -14,9 -8,3 -7,0 -9,1 -3,7 -10,0 -16,9 -7,9 -5,3 -12,5 -18,7 -31,8 -24,8 -30,5 -24,3 -19,4 -22,2 -24,6 -24,8 Netherlands 10,3 11,8 30,1 49,9 48,3 66,6 58,3 48,1 47,5 58,8 77,3 85,5 85,4 75,4 48,5 63,1 87,4 98,5 100,5 98,3 New Zealand -0,4 -1,3 -2,0 -4,7 -8,0 -7,9 -9,1 -10,4 -2,8 -3,3 -4,7 -6,9 -5,8 -6,2 -5,0 -4,0 -5,8 -7,5 -5,9 -5,7 Norw ay 27,5 24,2 27,6 32,8 50,8 56,6 50,3 74,2 42,2 47,4 62,5 63,4 53,4 55,1 31,1 14,8 22,4 35,0 33,6 35,6 Poland -6,2 -5,8 -5,7 -13,8 -8,0 -13,9 -27,4 -35,8 -17,9 -25,9 -27,4 -18,6 -6,7 -11,4 -2,7 -2,5 0,6 -3,9 -7,1 -10,2 Portugal -12,7 -11,4 -11,9 -15,8 -19,5 -22,2 -23,5 -31,9 -25,5 -24,2 -14,8 -3,9 3,6 0,2 0,2 1,2 1,0 -1,4 -2,6 -0,8 Russia 33,2 27,7 33,3 58,0 84,9 94,8 73,6 104,7 49,5 69,8 96,4 71,2 33,1 55,9 67,5 24,9 33,4 111,8 141,0 146,7 Slovak Republic -1,7 -1,9 -1,9 -3,3 -4,1 -4,4 -4,1 -6,1 -3,0 -4,2 -4,9 0,9 1,8 1,2 -1,5 -1,9 -1,9 -2,7 -2,0 -2,6 Slovenia 0,0 0,2 -0,2 -0,9 -0,6 -0,7 -2,0 -3,0 -0,3 -0,1 0,1 1,0 2,1 2,9 2,0 2,5 3,5 4,0 4,0 3,9 South Africa 0,3 1,1 -1,5 -6,4 -8,1 -12,1 -16,2 -16,3 -8,1 -5,6 -9,2 -20,2 -21,2 -17,8 -14,6 -8,4 -8,9 -13,3 -12,3 -14,6 Spain -27,5 -26,5 -35,3 -59,8 -86,7 ##### ##### ##### -64,0 -56,0 -47,2 -3,3 20,6 14,6 13,9 28,0 24,3 13,4 11,4 9,8 Sw eden 11,4 11,8 19,6 22,9 23,5 34,5 40,0 40,8 26,0 29,2 31,5 30,4 30,3 26,1 20,7 19,4 14,9 10,7 18,0 18,7 Sw itzerland 22,7 25,6 44,7 57,7 55,0 61,6 48,0 13,0 40,6 86,1 54,5 71,2 79,7 60,2 76,5 63,2 45,2 72,5 65,9 65,9 Turkey 3,8 -0,6 -7,6 -14,2 -21,0 -31,2 -36,9 -39,4 -11,4 -44,6 -74,4 -48,0 -63,6 -43,6 -32,2 -33,2 -47,2 -27,8 2,6 -6,1 United Kingdom -36,5 -40,0 -39,4 -55,4 -51,0 -82,5 ##### ##### -84,4 -83,0 -51,5 ##### ##### ##### ##### ##### -88,1 ##### ##### ##### United States ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### Euro area -5,9 44,5 30,5 110,5 46,5 51,9 44,3 -79,3 60,7 62,6 111,8 283,4 369,9 394,5 383,9 406,3 493,1 486,1 485,2 478,7 Total OECD ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### ##### -23,4 10,1 61,0 113,4 202,0 146,6 74,1 18,8 Note: Balance-of-payments data in this table are based on the concepts and definition o f the International M onetary Fund, Fifth and Sixth Balance of Payments M anual. 1. Fiscal year. Source: OECD Economic Outlook 105 database. 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2019 2020 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 14 Die vorliegende Tabelle der OECD (Annex Table 62) weist die Leistungsbilanzdefizite/-überschüsse der Länder im Zeitablauf in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. https://www.oecd.org/economy/outlook/economic-outlook-annex-tables.htm (Letzter Abruf: 13.03.2020) Annex Table 62. Current account balances as a percentage of GDP 71 Argentina -1,3 8,4 5,8 1,8 2,5 2,8 2,1 1,5 2,1 -0,4 -1,0 -0,4 -2,2 -1,6 -2,8 -2,7 -4,9 -5,0 -1,8 -1,0 Australia -2,3 -3,9 -5,4 -6,4 -5,9 -5,9 -6,7 -4,7 -4,7 -3,6 -3,1 -4,3 -3,4 -3,1 -4,7 -3,3 -2,6 -2,2 -1,2 -0,9 Austria -1,0 3,2 2,0 2,6 2,5 3,3 3,8 4,5 2,6 2,9 1,6 1,5 1,9 2,5 1,7 2,5 1,9 2,3 2,4 2,4 Belgium 2,9 4,0 3,5 3,3 2,1 1,9 2,0 -1,0 -1,1 1,8 -1,1 -0,1 -0,3 -0,9 -1,0 -0,6 0,7 -1,3 -0,8 -0,8 Brazil -4,2 -1,3 0,7 1,7 1,5 1,2 0,1 -1,8 -1,5 -3,6 -2,9 -3,4 -3,2 -4,1 -2,9 -1,3 -0,4 -0,8 -0,2 -0,3 Canada 2,1 1,6 1,1 2,3 1,8 1,4 0,8 0,1 -2,9 -3,6 -2,8 -3,6 -3,2 -2,4 -3,5 -3,2 -2,8 -2,6 -2,9 -2,7 Chile -0,7 -0,1 -0,3 2,9 1,5 4,5 4,3 -4,0 1,9 1,4 -1,6 -3,9 -4,0 -1,6 -2,4 -1,6 -2,2 -3,1 -3,5 -3,1 China 1,3 2,4 2,6 3,5 5,8 8,4 9,9 9,2 4,8 3,9 1,8 2,5 1,5 2,3 2,8 1,8 1,4 0,3 -0,1 -0,3 Colombia -1,1 -1,4 -1,0 -0,7 -1,3 -1,8 -2,9 -2,7 -2,0 -3,0 -2,9 -3,1 -3,3 -5,2 -6,3 -4,3 -3,3 -3,9 -4,2 -4,3 Costa Rica -3,2 -5,1 -5,1 -3,6 -4,2 -4,1 -5,5 -8,3 -1,7 -3,2 -5,4 -5,3 -4,9 -5,0 -3,8 -2,3 -3,1 -3,1 -2,7 -2,6 Czech Republic -4,8 -5,1 -5,7 -3,7 -2,1 -2,5 -4,6 -1,9 -2,3 -3,6 -2,1 -1,6 -0,5 0,2 0,2 1,6 1,7 0,3 0,5 0,6 Denmark 2,5 2,8 3,4 2,3 4,2 3,3 1,4 2,9 3,5 6,6 6,6 6,3 7,8 8,9 8,2 7,9 8,0 5,9 6,7 6,5 Estonia -7,1 -11,4 -12,9 -12,3 -8,9 -15,1 -15,3 -8,7 2,3 1,7 1,2 -1,9 0,6 0,9 1,7 1,9 3,1 1,8 1,2 1,4 Finland 8,1 8,2 4,6 5,8 3,0 3,7 3,7 2,1 1,6 1,1 -1,7 -2,3 -1,9 -1,5 -0,7 -0,7 -0,3 -1,9 -1,4 -1,2 France 1,6 1,1 0,8 0,5 0,1 0,3 -0,1 -0,7 -0,6 -0,6 -0,9 -1,0 -0,5 -1,0 -0,4 -0,8 -0,6 -0,3 0,0 0,1 Germany -0,4 1,9 1,4 4,4 4,6 5,7 6,9 5,6 5,7 5,5 6,1 7,1 6,5 7,2 8,6 8,4 8,0 7,4 7,3 7,0 Greece -7,9 -6,8 -8,4 -7,7 -8,9 -11,5 -15,2 -15,1 -12,3 -11,4 -10,0 -3,8 -2,0 -1,6 -0,8 -1,7 -1,8 -2,9 -1,3 -1,2 Hungary -5,8 -6,3 -8,0 -8,5 -7,0 -7,0 -7,1 -7,0 -0,8 0,3 0,7 1,7 3,8 1,5 2,8 6,2 2,8 0,5 0,0 -0,7 Iceland -4,3 1,1 -4,9 -9,8 -15,8 -23,1 -13,8 -22,3 -9,4 -6,4 -5,1 -3,8 5,8 3,9 5,1 7,5 3,6 2,9 0,3 0,0 India ¹ 0,7 1,2 2,3 -0,5 -1,3 -1,0 -1,3 -2,2 -2,8 -2,9 -4,3 -4,8 -1,7 -1,3 -1,1 -0,6 -1,8 -2,4 -2,4 -2,7 Indonesia 3,9 3,7 3,1 0,6 0,1 2,7 2,2 0,0 1,8 0,7 0,2 -2,7 -3,1 -3,1 -2,0 -1,8 -1,6 -3,0 -2,4 -2,3 Ireland 0,2 0,2 0,5 -0,1 -3,5 -5,4 -6,5 -6,2 -4,6 -1,2 -1,6 -3,4 1,6 1,1 4,4 -4,2 8,5 9,1 8,8 8,5 Israel -1,5 -0,9 0,6 1,5 3,1 4,1 3,2 1,1 3,2 3,9 2,1 0,5 3,0 4,3 5,2 3,7 2,7 3,1 1,9 2,0 Italy 0,5 -0,3 -0,6 -0,3 -0,9 -1,5 -1,4 -2,8 -1,9 -3,4 -3,0 -0,3 1,0 1,9 1,5 2,5 2,8 2,6 2,6 2,5 Japan 2,0 2,6 3,1 3,8 3,6 3,9 4,7 2,8 2,8 3,9 2,1 1,0 0,9 0,8 3,1 3,9 4,2 3,5 3,0 3,2 Korea 0,4 0,7 1,6 3,8 1,4 0,2 0,9 0,4 3,8 2,6 1,4 4,0 5,9 5,9 7,6 6,9 4,9 4,7 4,3 4,4 Latvia -7,5 -6,5 -7,8 -12,3 -11,9 -20,9 -20,8 -12,4 7,8 2,0 -3,2 -3,6 -2,7 -1,7 -0,5 1,6 0,7 -1,0 -1,5 -1,3 Lithuania .. .. .. -7,7 -7,3 -10,6 -15,1 -13,2 0,8 -1,6 -4,4 -1,1 1,1 2,9 -2,5 -1,3 1,2 1,7 0,4 0,1 Luxembourg 7,1 9,3 6,5 11,8 11,0 9,9 9,7 7,6 7,2 6,7 6,0 5,6 5,4 5,2 5,1 5,1 5,0 4,8 4,0 4,2 Mexico -2,3 -1,9 -1,1 -0,9 -1,0 -0,4 -1,0 -1,6 -0,9 -0,5 -1,1 -1,5 -2,5 -1,9 -2,6 -2,2 -1,7 -1,8 -1,9 -1,8 Netherlands 2,4 2,4 5,1 7,6 7,1 9,1 6,9 5,0 5,4 6,9 8,5 10,2 9,8 8,4 6,3 8,1 10,5 10,8 11,1 10,6 New Zealand -0,8 -2,2 -2,4 -4,6 -7,1 -7,1 -6,8 -7,7 -2,3 -2,2 -2,8 -3,9 -3,1 -3,1 -2,8 -2,2 -2,9 -3,7 -2,9 -2,7 Norw ay 15,8 12,3 12,1 12,4 16,5 16,3 12,4 15,8 10,7 11,0 12,5 12,4 10,2 11,0 8,0 4,0 5,6 8,1 7,9 8,1 Poland -3,2 -2,9 -2,6 -5,5 -2,6 -4,0 -6,4 -6,6 -4,0 -5,4 -5,2 -3,7 -1,3 -2,1 -0,6 -0,5 0,1 -0,7 -1,2 -1,6 Portugal -10,4 -8,5 -7,2 -8,3 -9,9 -10,7 -9,7 -12,1 -10,4 -10,1 -6,0 -1,8 1,6 0,1 0,1 0,6 0,5 -0,6 -1,1 -0,3 Russia 10,0 7,5 7,2 9,1 10,3 8,9 5,2 5,8 3,7 4,2 4,7 3,2 1,4 2,7 4,9 1,9 2,1 6,9 8,3 8,1 Slovak Republic -8,1 -7,7 -5,8 -7,6 -8,3 -7,7 -5,2 -6,2 -3,4 -4,7 -5,0 0,9 1,9 1,1 -1,7 -2,2 -2,0 -2,5 -1,9 -2,3 Slovenia 0,0 0,9 -0,8 -2,7 -1,8 -1,8 -4,1 -5,3 -0,6 -0,1 0,2 2,1 4,4 5,8 4,5 5,5 7,2 7,3 7,3 6,8 South Africa 0,3 0,9 -0,8 -2,8 -3,1 -4,5 -5,4 -5,5 -2,7 -1,5 -2,2 -5,1 -5,8 -5,1 -4,6 -2,9 -2,5 -3,6 -3,4 -3,8 Spain -4,4 -3,7 -3,9 -5,6 -7,5 -9,0 -9,6 -9,3 -4,3 -3,9 -3,2 -0,2 1,5 1,1 1,2 2,3 1,8 0,9 0,8 0,7 Sw eden 4,7 4,5 5,9 6,0 6,1 8,2 8,2 7,8 6,0 6,0 5,6 5,6 5,2 4,5 4,2 3,8 2,8 2,0 3,4 3,5 Sw itzerland 8,1 8,3 12,6 14,7 13,4 14,3 10,0 2,3 7,3 14,7 7,8 10,7 11,6 8,5 11,2 9,4 6,7 10,2 9,6 9,4 Turkey 2,0 -0,3 -2,4 -3,5 -4,2 -5,7 -5,4 -5,0 -1,7 -5,7 -8,9 -5,5 -6,7 -4,7 -3,7 -3,8 -5,6 -3,1 0,3 -0,8 United Kingdom -2,2 -2,3 -1,9 -2,3 -2,0 -3,0 -3,6 -4,2 -3,6 -3,4 -2,0 -3,8 -5,1 -4,9 -4,9 -5,2 -3,3 -3,9 -5,6 -5,0 United States -3,7 -4,1 -4,5 -5,2 -5,7 -5,8 -4,9 -4,6 -2,6 -2,9 -2,9 -2,6 -2,1 -2,1 -2,2 -2,3 -2,3 -2,4 -2,4 -2,6 Euro area -0,1 0,6 0,3 1,1 0,4 0,5 0,4 -0,6 0,4 0,5 0,8 2,2 2,8 2,9 3,3 3,4 3,9 3,6 3,6 3,5 Total OECD -1,1 -1,1 -1,1 -0,9 -1,3 -1,5 -1,3 -1,7 -0,5 -0,4 -0,6 -0,4 0,0 0,0 0,1 0,2 0,4 0,3 0,1 0,0 1. Fiscal year. Source: OECD Economic Outlook 105 database. 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2019 2020 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 15 4. Makroökonomische Ungleichgewichte im Rahmen der Europäischen Union Die Betrachtung und Wertung von Leistungsbilanzüberschüssen, die unter den Grundbegriff makroökonomische Ungleichgewichte fallen, erfolgt im Rahmen der vorliegenden Bearbeitung anhand von Aufsätzen verschiedener Autoren, die die kontroverse Diskussion aufzeigen. In Anbetracht der Größe des Analysegebiets und des zur Verfügung gestellten Zeitrahmens kann an dieser Stelle nur ein grober Überblick erfolgen, der nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt, die politischen und wirtschaftlichen Diskussionen über die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte seien nicht zuletzt deswegen so schwierig , weil deren Ursachen so komplex wie umstritten seien. Zudem könnten die Gründe für eine außenwirtschaftliche Schieflage von Land zu Land sehr verschieden sein. Beispielsweise könnten Arbeits- und Produktmarktregulierungen oder unzureichende Wechselkursanpassungen eine Rolle spielen, aber auch internationale Nachfragedifferenzen, Rohstoffpreisentwicklungen oder Lohn-, Sozial- und Umweltdumping. Umstritten sei auch, inwieweit und mit welchen Mitteln die Wirtschaftspolitik außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenwirken könne.8 Um makroökonomischen Fehlentwicklungen gegensteuern zu können, hat die Europäische Kommission in Reaktion auf die europäische Finanz- und Schuldenkrise ein Verfahren zur Erkennung makroökonomischer Ungleichgewichte (Macroeconomic Imbalances Procedure - MIP) entwickelt, das ein Scoreboard aus Indikatoren und Schwellenwerten beinhaltet. Die Scoreboard-Indikatoren9 beziehen sich zum einen auf externe Ungleichgewichte (Leistungsbilanz , Nettoauslandsvermögensstatus, realer effektiver Wechselkurs, Veränderung der Exportmarktanteile , Lohnstückkosten) und zum anderen auf interne Ungleichgewichte (Wohnimmobilienpreise , Kreditvergabe im Privatsektor, Schulden des privaten Sektors, gesamtstaatlicher Schuldenstand , Arbeitslosenquote und Veränderung der Verbindlichkeiten des Finanzsektors sowie Beschäftigung und Arbeitslosigkeit). Für jeden Indikator wurde ein Schwellenwert festgelegt, der das etwaige Auftreten eines bestimmten Problems signalisiert; einige Schwellenwerte richten sich danach, ob ein Mitgliedstaat der Eurozone angehört oder nicht. Die im Rahmen des Verfahrens zur Erkennung makroökonomischer Ungleichgewichte (MIP) via Scoreboard ermittelten Daten dienen als Grundlage des sogenannten Warnmechanismusberichts (Alert Mechanism Reports), den die Kommission jedes Jahr im November erstellt10. Deutschland rückte aufgrund seines persistent hohen Leistungsbilanzüberschusses (Exportüberschusses ) in den Fokus der Betrachtung der Europäischen Kommission. 8 Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), Globale Ungleichgewichte im Außenhandel und der deutsche Exportüberschuss , in: Aus Politik und Zeitgeschichte (APUZ 1-3/2014). http://www.bpb.de/apuz/175492/globale-ungleichgewichte-im-aussenhandel-und-der-deutsche-exportueberschuss ?p=all (Letzter Abruf: 13.03.2020) 9 Europäisches Parlament, Kurzdarstellung zur Europäischen Union, Makroökonomische Überwachung. http://www.europarl.europa.eu/atyourservice/de/displayFtu.html?ftuId=FTU_4.2.2.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) 10 Eurostat Statistics Explained, Statistiken für die europäische Politik und Initiativen mit hoher Priorität. https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Archive:Statistics_for_European_policies _and_high-priority_initiatives/de (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 16 Im Rahmen der Macroeconomic Imbalance Procedure (MIP) sind alle externen und internen Ungleichgewichte der einzelnen Mitgliedsländer nach Jahren gegliedert unter den folgenden Links abrufbar: Macroeconomic Imbalances Procedure (MIP), Statistic Illustrated https://ec.europa.eu/eurostat/web/macroeconomic-imbalances-procedure/statistics-illustrated ?cookies=disabled (Letzter Abruf: 13.03.2020) Macroeconomic Imbalances Procedure (MIP), Publications: News releases (MIP Scoreboard 2012-2019), Alert Mechanism Reports and Statistical Annexes (2012-2020). https://ec.europa.eu/eurostat/web/macroeconomic-imbalances-procedure/publications?cookies =disabled (Letzter Abruf: 13.03.2020) Exemplarisch wird auf den aktuellen, am 17.12.2019 erschienenen Scoreboardbericht der Europäischen Kommission über externe und interne Ungleichgewichte des Jahres 2018 verwiesen: Europäische Kommission, MIP Scoreboard: A broad set of indicators for early detection of macroeconomic imbalances (17 Dec 2019). https://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/10266449/2-17122019-BP-EN.PDF (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 17 Dem MIP Scoreboard 2018 zufolge weisen Dänemark (7,5 %), Deutschland (8,0 %), Malta (8,9 %) und die Niederlande (9,9 %) hohe Leistungsbilanzüberschüsse (Current account surplus) aus. Der aktuelle Warnmechanismusbericht 2020 mit statistischem Anhang (Alert Mechanism Report and 2020 Statistical Annex) ist den folgenden Links der Europäischen Kommission zu entnehmen : Europäische Kommission, 17.12.2019, Alert Mechanism Report and 2020 Statistical Annex https://ec.europa.eu/eurostat/documents/16624/9862137/2020-european-semester-alert-mechanism -report_de.pdf/ (Letzter Abruf: 13.03.2020) https://ec.europa.eu/eurostat/documents/16624/9862137/2020-european-semester-alert-mechanism -report-annex_en.pdf/ (Letzter Abruf: 13.03.2020) Der o.g. Warnmechanismus-Bericht 2020 bemerkt zu den hohen Leistungsbilanzüberschussländern (sh. MIP Scoreboard 2018)11: „Dänemark: In der letzten MIP-Runde wurden in Dänemark keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard liegen einige Indikatoren über dem indikativen Schwellenwert, nämlich der Leistungsbilanzsaldo und die Verschuldung des privaten Sektors. Die Leistungsbilanz weist nach wie vor hohe, wenn auch rückläufige Überschüsse auf. Der Leistungsbilanzüberschuss hat sich in letzter Zeit verringert, da die Unternehmen weniger sparten und mehr im Inland investierten. Mehrere in Folge erzielte Überschüsse haben zu einem stark positiven Nettoauslandsvermögensstatus und im Zuge dessen zu einem positiven Nettoprimäreinkommen geführt, das wiederum die positive Leistungsbilanz stärkt. Das Produktivitätswachstum verlief gedämpft und beeinträchtigte die Indikatoren für die Kostenwettbewerbsfähigkeit; auch waren einige begrenzte Verluste an Exportmarktanteilen zu beobachten. Die Ersparnisse der privaten Haushalte haben sich erhöht, was den erforderlichen Schuldenabbau und makroprudenzielle Maßnahmen zur Beschränkung riskanter Darlehensaufnahmen widerspiegelt. Gleichzeitig begünstigen niedrige Finanzierungskosten und eine günstige steuerliche Behandlung weiterhin den Schuldenaufbau. Insgesamt ist die Verschuldung der privaten Haushalte im Verhältnis zum BIP nach wie vor die höchste in der EU, auch wenn eine Tendenz hin zu einem allmählichen Schuldenabbau erkennbar ist. Die Unternehmensverschuldung ist dagegen gering. Die realen Wohnimmobilienpreise steigen zwar in gemäßigtem Tempo, aber kontinuierlich, während die Bewertungsindikatoren auf eine gewisse Überbewertung hindeuten. Die Arbeitsmarktlage verbessert sich weiter, und das Beschäftigungswachstum ist ungebrochen. In zahlreichen Bereichen herrscht Arbeitskräftemangel, wobei in jüngster Zeit ein Rückgang festzustellen ist, sodass sich der Aufwärtsdruck auf die Löhne abschwächt. Insgesamt deutet die wirtschaftliche Auslegung auf Probleme im Zusammenhang mit dem Zahlungsüberschuss und der hohen Verschuldung der Haushalte einschließlich im 11 Die indikativen Schwellenwerte für den Indikator „Leistungsbilanzsaldo“ betragen + 6% und – 4% des 3-Jahresdurchschnitts in % des BIP. https://ec.europa.eu/eurostat/de/web/macroeconomic-imbalances-procedure/indicators (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 18 Wohnimmobiliensektor hin, obwohl sich die Risiken jedoch in Grenzen zu halten scheinen . Daher wird die Kommission zum jetzigen Zeitpunkt keine weitere eingehende Analyse im Rahmen des MIP vornehmen. Deutschland: Im Februar 2019 stellte die Kommission in Deutschland makroökonomische Ungleichgewichte fest, die insbesondere den hohen Leistungsbilanzüberschuss betreffen; dahinter steht eine gemessen an den Ersparnissen verhaltene Investitionstätigkeit im privaten und im öffentlichen Sektor. Im aktualisierten Scoreboard liegen einige Indikatoren über dem indikativen Schwellenwert, und zwar der Leistungsbilanzsaldo, der reale effektive Wechselkurs und der gesamtstaatliche Schuldenstand. Die Leistungsbilanz weist nach wie vor einen sehr hohen Überschuss auf, wenngleich dieser 2018 leicht zurückgegangen ist. Da sich der Außenhandel abschwächt, findet eine Verlagerung hin zu einem stärker von der Inlandsnachfrage getriebenen Wachstum statt. Dementsprechend dürfte sich der Leistungsbilanzüberschuss zwar weiter verringern, aber auf einem hohen Niveau bleiben und eine weitere Erhöhung bei dem bereits sehr erheblichen Nettoauslandsvermögensstatus zur Folge haben. Das schwache Produktivitätswachstum trug zur Erhöhung der Lohnstückkosten bei, und der reale effektive Wechselkurs hat weiter aufgewertet. Das nominale Lohnwachstum hat – auch aufgrund einmaliger politischer Maßnahmen – vor dem Hintergrund eines angespannten Arbeitsmarktes angezogen und dürfte sich in naher Zukunft abschwächen. Das Exportwachstum hat sich im Jahr 2018 spürbar verlangsamt und ging im Jahresverlauf mit begrenzten Verlusten an Exportmarktanteilen einher. Die realen Wohnimmobilienpreise und die Baukosten sind gestiegen und müssen im Auge behalten werden, auch im Hinblick auf regionale Unterschiede bei den Preisen und der Verfügbarkeit von Wohnraum. Die Wohnungsbauinvestitionen nehmen weiter zu, werden aber nach wie vor nicht dem Bedarf an Wohnraum in Ballungsgebieten gerecht. Das Kreditwachstum zieht allmählich an. Der öffentliche Schuldenstand ging weiter zurück und dürfte bis 2019 unter den Schwellenwert von 60 % des BIP fallen. Gleichzeitig bleibt der erhebliche Rückstand bei den öffentlichen Investitionen trotz des seit einigen Jahren zu beobachtenden Investitionswachstums bestehen. Die Gesamtarbeitslosigkeit sowie die Jugend- und die Langzeitarbeitslosigkeit sind auf einem historisch niedrigen Niveau, obgleich sich die Arbeitsmarktlage nicht mehr weiter verbessert. Insgesamt deutet die wirtschaftliche Auslegung auf Probleme im Zusammenhang mit dem anhaltenden Überschuss der Ersparnisse gegenüber den Investitionen hin. Dieser spiegelt sich in dem hohen, aber allmählich sinkenden Leistungsbilanzüberschuss wider und unterstreicht die Notwendigkeit eines weiteren Abbaus der Ungleichgewichte. Daher hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Februar festgestellten Ungleichgewichte für sinnvoll, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden. Malta: In der letzten MIP-Runde wurden in Malta keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard liegt der Indikator für den Leistungsbilanzüberschuss über dem indikativen Schwellenwert. Der Leistungsbilanzüberschuss war 2018 erneut sehr hoch, in etwa auf dem Niveau von 2017. Der Nettoauslandsvermögensstatus ging zwar geringfügig zurück, ist aber aufgrund der Präsenz international orientierter Finanzunternehmen und des Online Glücksspiel- Geschäfts nach wie vor deutlich im positiven Bereich. Die moderate Lohnentwicklung ist der Hauptgrund für den weiterhin verhaltenen Anstieg der nominalen Lohnstückkosten. Der reale effektive Wechselkurs hat sich leicht erhöht. Der Schuldenstand des privaten Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 19 Sektors ist im Jahr 2018 weiter zurückgegangen. Diese Entwicklung ging hauptsächlich mit einem kräftigen nominalen BIP-Wachstum einher. Während die Kreditflüsse an den nichtfinanziellen Sektor zunehmen, ist die Kreditvergabe an private Haushalte bis 2018 weitgehend unverändert geblieben. Die gesamtstaatliche Schuldenquote ist weiter zurückgegangen . Der stetige Anstieg der Wohnimmobilienpreise hat sich 2018 leicht beschleunigt, wobei die Indikatoren noch nicht eindeutig auf Überbewertungen hindeuten. Die Verbindlichkeiten des Finanzsektors sind 2018 gesunken, und angesichts der vorhandenen Kapitalpuffer gibt es keine Anzeichen für eine Instabilität im Bankensektor. Die Lage am Arbeitsmarkt ist nach wie vor gut: Die Arbeitslosigkeit, einschließlich der Langzeitarbeitslosigkeit , geht zurück und die Erwerbsquote steigt. Insgesamt deutet die wirtschaftliche Auslegung auf einen sehr hohen Leistungsbilanzsaldo und einen recht dynamischen Anstieg der Wohnimmobilienpreise hin, wobei die Risiken gegenwärtig offenbar begrenzt sind. Die Kommission hält es zum jetzigen Zeitpunkt nicht für erforderlich, eine weitere eingehende Analyse im Rahmen des MIP vorzunehmen. Niederlande: Im Februar 2019 stellte die Kommission in den Niederlanden makroökonomische Ungleichgewichte fest, insbesondere im Zusammenhang mit einer hohen privaten Verschuldung und dem beträchtlichen Leistungsbilanzüberschuss. Im aktualisierten Scoreboard liegen einige Indikatoren über dem indikativen Schwellenwert, und zwar der Leistungsbilanzsaldo, die Verschuldung des privaten Sektors und das Wachstum der realen Wohnimmobilienpreise. Der Leistungsbilanzüberschuss ist sehr hoch und liegt weiterhin deutlich über dem Scoreboard-Schwellenwert. Zu dem Überschuss tragen alle Wirtschaftsteilnehmer – private Haushalte, Staat und Unternehmen – bei. Die Zunahme des Leistungsbilanz-überschusses in den vergangenen Jahren ging hauptsächlich auf Nichtfinanzunternehmen zurück , wobei ein Ersparnisüberschuss aus relativ hohen Unternehmenserträgen mit einer vergleichsweise niedrigen inländischen Investitionsquote einherging. Die Lohnstückkosten stiegen nur geringfügig an, weil sich das Lohnwachstum zwar erhöht hat, aber nach wie vor moderat ist‚ während das Produktivitätswachstum zum Erliegen gekommen ist. Die private Verschuldung im Verhältnis zum BIP geht weiter allmählich zurück, liegt aber nach wie vor deutlich über dem Scoreboard-Schwellenwert. Die hohe Verschuldung der Unternehmen geht hauptsächlich auf konzerninterne Verbindlichkeiten multinationaler Unternehmen zurück. Die Verschuldung der privaten Haushalte ist sehr hoch, was in erster Linie auf Steuervergünstigungen für selbstgenutztes Wohneigentum und dem ineffizienten Funktionieren des Mietwohnungsmarktes zurückzuführen ist. Während die Verschuldung der Haushalte im Verhältnis zum BIP sinkt, ist die nominale Verschuldung 2018 weiter gestiegen, da sich die kräftige Erholung des Wohnungsmarktes weiter beschleunigte . Infolgedessen erhöhte sich der Anstieg der realen Wohnimmobilienpreise im Jahr 2018 auf ein Niveau, das über dem Scoreboard-Schwellenwert liegt. Die bereits relativ niedrige gesamtstaatliche Schuldenquote sinkt weiter. Auch die Arbeitslosigkeit ist aufgrund eines starken Beschäftigungswachstums zurückgegangen. Insgesamt deutet die wirtschaftliche Auslegung auf Probleme im Zusammenhang mit der auf den Wohnimmobilienmarkt zurückzuführenden hohen Verschuldung der privaten Haushalte und dem hohen inländischen Ersparnisüberschuss hin. Daher hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Februar festgestellten Ungleichgewichte für Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 20 angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.“12 Nick Ligthart geht nochmals zusammenfassend in einem von der Europäischen Zentralbank 2019 erschienenen Wirtschaftsbericht auf die Bewertung der Europäischen Kommission hinsichtlich makroökonomischer Ungleichgewichte und Reformschritte ein: Nick Ligthart, 2019, Makroökonomische Ungleichgewichte und Reformfortschritte – die Bewertung der Europäischen Kommission 2019, in: EZB, Wirtschaftsbericht, Ausgabe 2 / 2019 S. 71 ff. https://www.bundesbank.de/resource /blob/783062/e7cc1ec0c0ba8ba1401dbab3a6dc43ce/mL/2019-02-ezb-wb-data.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) Die aktuell Ende Februar 2020 erschienenen Länderberichte der Europäischen Kommission verdeutlichen die fortgeschriebene Entwicklung: Europäische Kommission, 2020 European Semester: Country Reports. https://ec.europa.eu/info/publications/2020-european-semester-country-reports_de?cookies =disabled (Letzter Abruf: 13.03.2020) Die Entwicklung der bereits benannten hohen Leistungsbilanzüberschussländer Deutschland, Dänemark , Malta sowie Niederlande sind den folgenden Länderberichten zu entnehmen: Europäische Kommission, 26.02.2020, Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Länderbericht Deutschland 2020 Begleitunterlage zur Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, die Europäische Zentralbank und die Eurogruppe, Das Europäische Semester 2020: Bewertung der Fortschritte bei den Strukturreformen, Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte und Ergebnisse der eingehenden Überprüfung gemäß Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. {COM(2020) 150 final}, Brüssel, den 26.2.2020 SWD(2020) 504 final https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/2020-european_semester_country-report-germany _de.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) Europäische Kommission, 26.02.2020, Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Länderbericht Dänemark 2020 Begleitunterlage zur Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, die Europäische Zentralbank und die Eurogruppe, Das Europäische Semester 2020: Bewertung der Fortschritte bei den Strukturreformen, Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte und Ergebnisse der eingehenden Überprüfung gemäß Verordnung (EU) Nr. 1176/2011, {COM(2020) 150 final}, Brüssel, den 26.2.2020 SWD(2020) 504 final. 12 Europäische Kommission, 17.12.2019, Alert Mechanism Report 2020, Ungleichgewichte, Risiken und Anpassungen : Anmerkungen zu den einzelnen Mitgliedstaaten, S. 41 ff. https://ec.europa.eu/eurostat/documents/16624/9862137/2020-european-semester-alert-mechanism-report _de.pdf/ (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 21 https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/2020-european_semester_country-report-denmark _en.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) Europäische Kommission, 26.02.2020, Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Länderbericht Malta 2020 Begleitunterlage zur Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, die Europäische Zentralbank und die Eurogruppe, Das Europäische Semester 2020: Bewertung der Fortschritte bei den Strukturreformen, Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte und Ergebnisse der eingehenden Überprüfung gemäß Verordnung (EU) Nr. 1176/2011, {COM(2020) 150 final}, Brüssel, den 26.2.2020 SWD(2020) 504 final, https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/2020-european_semester_country-reportmalta _en.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) Europäische Kommission, 26.02.2020, Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Länderbericht Niederlande 2020 Begleitunterlage zur Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, die Europäische Zentralbank und die Eurogruppe, Das Europäische Semester 2020: Bewertung der Fortschritte bei den Strukturreformen, Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte und Ergebnisse der eingehenden Überprüfung gemäß Verordnung (EU) Nr. 1176/2011, {COM(2020) 150 final}, Brüssel, den 26.2.2020 SWD(2020) 504 final. https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/2020-european_semester_country-report-netherlands _en.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) Das Centrum für Europäische Politik (cep) berichtet abschließend in seiner Veröffentlichung „Empfehlungen zur Wirtschaftspolitik der Eurozone“ wie folgt: „Am 18. Februar hat der Rat eine Reihe von Empfehlungen zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets für 2020 gebilligt. Der Europäische Rat wird die Empfehlung auf seiner Märztagung förmlich annehmen. Insgesamt hat der Rat fünf Empfehlungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Staaten der Eurozone verabschiedet. Er empfiehlt, dass diese im Rahmen der Eurogruppe im Zeitraum 2020-2021 einzeln und gemeinsam: 1. in Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets mit Leistungsbilanzdefiziten oder hoher Auslandsverschuldung Reformen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Verringerung der Auslandsverschuldung durchführen. In Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets mit hohen Leistungsbilanzüberschüssen sollten unter Achtung der Rolle der Sozialpartner die dem Lohnwachstum förderlichen Bedingungen gestärkt und Maßnahmen zur Förderung öffentlicher und privater Investitionen umgesetzt werden. In allen Mitgliedstaaten sollte durch Verbesserungen des Unternehmensumfelds und der Qualität der Institutionen die Produktivität gefördert und, insbesondere durch Vertiefung des Binnenmarkts im Interesse besser funktionierender Waren- und Dienstleistungsmärkte, die Widerstandsfähigkeit erhöht werden. Der faire und inklusive Übergang zu einer wettbewerbsfähigen grünen und digitalen Wirtschaft sollte durch öffentliche und private Investitionen materieller und immaterieller Art unterstützt werden; 2. unter uneingeschränkter Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts bei der Verfolgung ihrer Politik öffentliche und private Investitionen fördern und die Qualität und Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 22 Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen verbessern. Mitgliedstaaten mit hoher Staatsverschuldung sollten eine umsichtige Politik verfolgen, um glaubhaft einen Abbau ihrer Staatsverschuldung einzuleiten. Mitgliedstaaten mit günstiger Haushaltslage sollten diese nutzen, um noch stärker hochwertige Investitionen anzuregen, wobei allerdings die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen gewährleistet bleiben muss. Falls Abwärtsrisiken auftreten, sollten differenzierte finanzpolitische Reaktionen erfolgen, um auf aggregierter Ebene einen stärker unterstützenden Kurs einzuschlagen und zugleich für die uneingeschränkte Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu sorgen. Länderspezifische Gegebenheiten sollten berücksichtigt und Prozyklizität so weit wie möglich vermieden werden. Die Mitgliedstaaten sollten bereit sein, politische Strategien in der Euro- Gruppe abzustimmen. Die Wirksamkeit der nationalen haushaltspolitischen Rahmen sowie die Qualität der öffentlichen Finanzen sollten verbessert werden, und es sollten wachstumsfreundliche haushaltspolitische Maßnahmen steuerlicher und sonstiger Art ergriffen werden, die einer nachhaltigen und inklusiven Wirtschaft dienlich sind. Überdies sollten Maßnahmen der EU, die aggressive Steuerplanung bekämpfen und bei der Unternehmensbesteuerung einen Wettlauf nach unten verhindern, unterstützt und umgesetzt werden; 3. die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung stärken und in Kompetenzen investieren . Aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, die der Integration in den Arbeitsmarkt und erfolgreichen Arbeitsmarktübergängen – auch dem Wechsel zu mehr digitalen und grünen Arbeitsplätzen – dienen, sollten wirksamer gestaltet werden. Die Beteiligung am Arbeitsmarkt, auch für Frauen und gefährdete Gruppen, sollte gefördert und der Faktor Arbeit insbesondere bei Gering- und Zweitverdienern steuerlich entlastet werden. Die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze, faire Arbeitsbedingungen und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sollten unterstützt und der Segmentierung des Arbeitsmarkts entgegengewirkt werden. Der Zugang zu angemessenen und nachhaltigen Sozialschutzsystemen sollte erleichtert werden. Der soziale Dialog sollte effektiver gestaltet und Kollektivverhandlungen sollten gefördert werden; 4. Folgemaßnahmen zur Erklärung des Euro-Gipfels vom 13. Dezember 2019 zur weiteren Stärkung der Bankenunion im Hinblick auf ihre Vollendung ergreifen, indem sie die Arbeit an allen Elementen, auch an jenen, die in der hochrangigen EDIS-Arbeitsgruppe erörtert werden, unverzüglich und mit dem gleichen Maß an Ehrgeiz fortsetzen. Die Arbeit am ESM-Reformpaket sollte abgeschlossen werden, wozu auch die Einführung einer Letztsicherung für den einheitlichen Abwicklungsfonds gehört. Die Letztsicherung für den einheitlichen Abwicklungsfonds sollte einsatzfähig und vorzeitig nutzbar gemacht werden, sofern ausreichende Fortschritte bei der Risikominderung erzielt worden sind. Es sollte weiter an Lösungen zur Überwindung der Einschränkungen in der aktuellen Ausgestaltung der Liquiditätsbereitstellung bei der Abwicklung gearbeitet werden. Der europäische Regulierungs- und Aufsichtsrahmen sollte gestärkt werden, auch durch Gewährleistung einer kohärenten und wirksamen Überwachung und Durchsetzung von Regeln zur Bekämpfung der Geldwäsche. Der geordnete Abbau hoher Schuldenstände im privaten Sektor sollte gefördert werden; hierfür sollten auch steuerliche Verschuldungsanreize verringert werden. Der zügige Abbau notleidender Kredite durch die Banken des Euro-Währungsgebiets sollte fortgesetzt und das Anwachsen solcher Kredite verhindert werden. Es sollten erneute Anstrengungen zur Vertiefung der Kapitalmarktunion unternommen werden ; Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 23 5. bei der Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion ehrgeizige Fortschritte erzielen, insbesondere durch die rasche Umsetzung der in der Erklärung des Euro-Gipfels vom Dezember 2019 genannten Maßnahmen, auch in Bezug auf das Haushaltsinstrument für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit, ebenso wie bei den Beratungen über andere Aspekte. Fortschritte in diesem Bereich werden auch die internationale Rolle des Euro stärken und die Wirtschaftsinteressen Europas auf globaler Ebene zur Geltung bringen; sie sollten unter uneingeschränkter Achtung des Binnenmarkts der Union erfolgen und in offener und transparenter Weise gegenüber den Mitgliedstaaten, die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehören , angestrebt werden.“13 5. Bewertung von makroökonomischen Ungleichgewichten anhand der Leistungsbilanz Leistungsbilanzüberschüsse werden in der öffentlichen Debatte oft per se als Ausdruck besonderer wirtschaftlicher Stärke angesehen. Nur eine Minderheit unter den Ökonomen hält jedoch die Höhe des deutschen Leistungsbilanzüberschusses für angemessen. Eine häufig angeführte Rechtfertigung für den Leistungsbilanzüberschuss ist, dass die deutsche Gesellschaft durch den Aufbau von Vermögen im Ausland für den bevorstehenden demografischen Wandel vorsorgen müsse. Manche Ökonomen hingegen fordern zur Überwindung der Exportabhängigkeit eine weitere Deregulierung der Arbeits- und Produktmärkte in Deutschland. Hierdurch sollen Investitionen insbesondere im Dienstleistungssektor für die Unternehmen attraktiver gemacht werden und damit die Binnennachfrage im Verhältnis zur Exportwirtschaft gestärkt werden. Andere empfehlen im Gegenteil eine stärkere Regulierung des Arbeitsmarktes, die Erhöhung der Löhne sowie steuer- und sozialpolitische Maßnahmen zur Reduzierung der Ungleichheit zwecks Stärkung der Konsumnachfrage. Eine weitere Möglichkeit zur Stärkung der Binnennachfrage kann im Ausbau staatlicher Investitionen etwa in Bereichen wie Infrastruktur und Bildung gesehen werden. Im Folgenden werden detailliertere Darstellungen einzelner Positionen dargestellt. 5.1. Bundesministerium der Finanzen (BMF) Die anhaltende nationale und internationale Kritik an den deutschen Leistungsbilanzüberschüssen hat sich in mehreren Statements der Bundesregierung niedergeschlagen. Das Bundesministerium der Finanzen hat im Jahr 2013 u.a. die Ergebnisse der von der Europäischen Kommission vorgelegten Surplus Study14 zur Entwicklung der Leistungsbilanzsalden im Euroraum wie folgt ausgewertet und zusammengefasst15: 13 Centrum für Europäische Politik (cep), 18.02.2020, Empfehlungen zur Wirtschaftspolitik der Eurozone. https://www.cep.eu/cep-aktuell-archiv/artikel/empfehlungen-zur-wirtschaftspolitik-der-eurozone.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) 14 European Commission, Current account surpluses in the EU, European Economy 9/2012. http://ec.europa.eu/economy_finance/publications/european_economy/2012/pdf/ee-2012-9_en.pdf (Letzter Abruf : 13.03.2020) 15 BMF, Entwicklung der Leistungsbilanzsalden im Euroraum. Eine Auswertung von Untersuchungen der Europäischen Kommission („Surplus Study“), in: Monatsbericht 6/2013. http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Monatsberichte/2013/06/Downloads/monatsbericht _2013_06_deutsch.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 24 „Eine merkliche Annäherung der Leistungsbilanzpositionen hat im Euroraum bereits stattgefunden. Dahinter steht bislang in erster Linie ein Rückgang der Negativsalden in den Defizitländern. Änderungen in den Überschussländern gehen nicht durchweg in die gleiche Richtung, dürften in Zukunft aber ebenfalls zu einem „Rebalancing“ beitragen. Leistungsbilanzdefizite oder -überschüsse allein sind kein hinreichendes Indiz für das Vorliegen von (schädlichen) makroökonomischen Ungleichgewichten. Sie sind das Ergebnis einer Vielzahl von Einflussfaktoren und spiegeln nicht zuletzt Unterschiede in den intertemporalen Investitions- und Konsumpräferenzen einzelner Länder wider. Der Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands gegenüber den anderen Euroländern hat sich im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2007 halbiert. Der Anstieg des deutschen Leistungsbilanzsaldos von 2011 auf 2012 ist allein das Ergebnis von Transaktionen mit Staaten außerhalb des Euroraums gewesen. Die Ergebnisse der „Surplus Study“ stützen die Position, wonach anhaltende außenwirtschaftliche Überschüsse gerechtfertigt sein können, wenn sie das Ergebnis der Tätigkeit von Unternehmen auf funktionierenden Märkten sind. Nach den von der Kommission durchgeführten Analysen sind Euroländer mit Leistungsbilanzüberschüssen für die in den Defizitländern vorhandenen Negativsalden nicht „verantwortlich“. Länder mit hohen Aktivsalden in der Leistungsbilanz überhaupt in Augenschein zu nehmen , ist gleichwohl gerechtfertigt, weil Verzerrungen und Rigiditäten bei der Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen und in den notwendigen Rahmenbedingungen für die Finanzmärkte nicht in jedem Fall ausgeschlossen werden können. Insgesamt darf die Diskussion um das Entstehen anhaltend hoher Überschüsse und Defizite nicht auf Handelsaspekte allein verengt werden. Die Vorgänge des Sparens und Investierens , die hinter den Leistungsbilanzsalden stehen, müssen mit in den Blick genommen werden. Die Ergebnisse der „Surplus Study“ stützen die Haltung, wonach auch anhaltende Überschüsse gerechtfertigt sein können, wenn sie das Ergebnis hoher Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Ländern mit funktionierenden Märkten sind. Der Fokus des in der Europäischen Gemeinschaft eingeführten Verfahrens zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte wird auch weiterhin auf Ländern mit hohen Leistungsbilanzdefiziten und Schwächen in der Wettbewerbsfähigkeit liegen. Euroländer mit Leistungsbilanzüberschüssen sind für die in den Defizitländern vorhandenen Defizite nicht „verantwortlich“. Die vielfach geforderte Ausweitung der Binnennachfrage in den Überschussländern ist kein Allheilmittel für die Probleme der Länder mit hohen Leistungsbilanzdefiziten und einer nicht tragfähigen Auslandsverschuldung. Erstens geht dies nicht per Dekret, zweitens könnte eine mittels fiskalischer Impulse in Gang gesetzte Stimulierung unerwünschte Implikationen mit sich bringen, und drittens wären die Effekte für die mit besonderen Problemen kämpfenden Länder bestenfalls begrenzt. Länder mit hohen Aktivsalden in der Leistungsbilanz überhaupt in Augenschein zu nehmen, ist gleichwohl gerechtfertigt, da Verzerrungen und Rigiditäten bei der Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen und in den notwendigen Rahmenbedingungen für das Handeln der Akteure auf den Finanzmärkten auch in Überschussländern nicht von vornherein ausgeschlossen werden Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 25 können. Die Ergebnisse der „Surplus Study“ lassen es als dringend geboten erscheinen, die Diskussion um das Entstehen anhaltend hoher Überschüsse und Defizite nicht auf Handelsaspekte allein zu verengen . Um den Abläufen genauer auf die Spur zu kommen, müssen die Vorgänge des Sparens und Investierens, die hinter den Leistungsbilanzsalden stehen, mit in den Blick genommen werden . In einer Währungsunion sind Änderungen in der Preis- und Kostenentwicklung auf den nationalen Güter- und Faktormärkten auf Dauer der Schlüssel realwirtschaftlicher Angleichungsprozesse . Der Produktivitätsfortschritt der Volkswirtschaften rückt ins Zentrum der Diskussion um den Abbau vorhandener Ungleichgewichte und bei der langfristigen Anpassung der Wohlstandsniveaus . Sind die Unterschiede in der Ausgangslage erheblich, ist mit entsprechend langen Anpassungszeiträumen zu rechnen, da eine Anhebung der Produktivität Zeit braucht. Strukturreformen , die die Effektivität beim Einsatz von Produktionsfaktoren steigern und den technologischen Fortschritt vorantreiben, ebnen den Weg für die nachhaltige Konvergenz innerhalb der Währungsunion .“ Ergänzend wird auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie verwiesen. BMWi, 2019, Wirtschaftspolitische Probleme der deutschen Leistungsbilanz, Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Ministerium/Veroeffentlichung-Wissenschaftlicher -Beirat/gutachten-wissenschaftlicher-beirat-wirtschaftspolitische-problemeder -deutschen-leistungsbilanz.pdf?__blob=publicationFile&v=9 (Letzter Abruf: 13.03.2020) 5.2. Bundesministerium der Finanzen (BMF)/Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Vor dem Hintergrund der jüngsten Äußerungen der US-Regierung zu den hohen deutschen Leistungsbilanzüberschüssen haben weiterhin das Bundesministerium der Finanzen (BMF) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) ein gemeinsames Positionspapier vorgelegt , das die Hintergründe und Ursachen des Leistungsbilanzsaldos beleuchtet sowie wirtschaftsund finanzpolitische Handlungsspielräume aufzeigt. Zusammenfassend wird in dem Positionspapier festgestellt16: „Deutschland ist einer der wichtigsten Handels- und Investitionspartner der USA. 10 % aller ausländischen Direktinvestitionen in den USA kommen aus Deutschland. Rund 672.000 Menschen sind bei deutschen Unternehmen in den USA beschäftigt. US- Firmen profitieren von hochwertigen deutschen Investitionsgütern und Vorleistungen, um durch höhere Effizienz ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und auszubauen. Dadurch werden viele Arbeitsplätze in beiden Ländern geschaffen und nachhaltig gesichert. Als Mitglied in der Europäischen Union (EU) betreibt Deutschland keine eigenständige 16 Bundesministerium der Finanzen (BMF), Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss im Lichte der deutsch-amerikanischen Handelsbeziehungen, in: Monatsbericht Mai 2017. http://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/2017/05/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-2-Der-deutsche -Leistungsbilanzueberschuss.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 26 Handelspolitik. Vielmehr fällt die Handelspolitik in die Kompetenz der EU. Die Politik der Bundesregierung steht in Einklang mit allen internationalen Handelsvereinbarungen und Abkommen, insbesondere ist sie auch WTO-konform. Deutschland ist Teil der Europäischen Währungsunion. Im weltweiten Vergleich ist allein die Gesamtbilanz des Euroraums mit dem Rest der Welt entscheidend. Eine geldpolitische Straffung im Einklang mit der Wirtschaftserholung in den europäischen Volkswirtschaften würde über den Wechselkurseffekt zu einem Abbau des Leistungsbilanzsaldos beitragen. Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss hatte im Jahr 2015 einen Höchstwert von 8,6 % in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) erreicht und ist seitdem leicht auf 8,3 % gesunken . Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass der Überschuss weiter auf 7½ % in diesem und rund 7 % im nächsten Jahr sinken wird. Die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zielt auf eine Stärkung der binnenwirtschaftlichen Wachstumskräfte wie auch auf günstige Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige deutsche Volkswirtschaft, was sich tendenziell dämpfend auf den deutschen Leistungsbilanzüberschuss auswirkt. Angesichts von Rekordbeschäftigung und deutlichen Reallohnsteigerungen am deutschen Arbeitsmarkt ist die Binnennachfrage seit mehreren Jahren die Stütze der deutschen Konjunktur. Die Bundesregierung ergreift zudem zahlreiche Maßnahmen, die die robuste Binnennachfrage weiter stärken (Verbesserung der Rahmenbedingungen für private Investitionen, Erhöhung staatlicher Investitionen , Einführung des Mindestlohns, Entlastungen im Bereich der Einkommensteuer). Die binnenwirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Rückführung des deutschen Leistungsbilanzüberschusses sind somit gegeben. Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss ist allerdings vor allem das Ergebnis von marktbasierten Angebots- und Nachfrageentscheidungen von Unternehmen und privaten Verbrauchern auf den Weltmärkten. Er spiegelt umfassende wirtschaftliche Aktivitäten von Unternehmen und Haushalten infolge grenzüberschreitender Verflechtung von Produktion , Handel und Dienstleistungen wider und hängt daher nicht allein von der deutschen Wirtschaftsentwicklung und -politik ab, sondern insbesondere auch von der Wettbewerbsund Leistungsfähigkeit ausländischer Standorte. Ein großer Teil des Leistungsbilanzüberschusses wird durch Faktoren bestimmt, die durch die deutsche Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht direkt beeinflusst werden können. Hierzu zählen temporäre Faktoren wie z. B. der Euro-Wechselkurs oder die Rohstoff- und Energieweltmarktpreise. Daneben wird der deutsche Leistungsbilanzsaldo von einer Reihe langfristiger, struktureller Faktoren bestimmt wie der Demografie, der hohen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Anbieter auf den Weltmärkten, einer vorteilhaften Güterstruktur sowie einer hohen Nettovermögensposition im Ausland.“ Eine weitere Stellungnahme der Bundesregierung ist der folgenden Bundesdrucksache zu entnehmen : Deutscher Bundestag, Unterrichtung durch die Bundesregierung, Nationales Reformprogramm 2017, Drucksache 18/11971 v. 13.04.2017, S. 8 ff. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/119/1811975.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 27 5.3. Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) KfW Research führt zum Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands wie folgt aus: „Der schon lange sehr hohe deutsche Leistungsbilanzüberschuss steht zunehmend im kritischen Fokus internationaler Institutionen wie des IWF und der Europäischen Kommission , die Deutschland deswegen seit 2014 im Rahmen des makroökonomischen Ungleichgewichtsverfahrens überwacht. Die massive Kritik von US-Präsident Trump an den deutschen Exportüberschüssen hat die Auseinandersetzung nun auf eine neue Ebene gehoben. Mit der Androhung hoher US-Importzölle auf deutsche Produkte wie insbesondere Autos gerät ein zentraler Erfolgsfaktor der deutschen Wirtschaft akut in Gefahr – höchste Zeit also, sich mit den Treibern der Überschüsse genauer auseinanderzusetzen und ernsthaft nach Wegen zu suchen, wie Deutschland aus dem Rampenlicht genommen werden kann. Grundsätzlich spiegelt der Leistungsbilanzüberschuss einen hohen Überschuss der deutschen Ersparnis über die – relativ niedrigen – inländischen Investitionen. Deutschland verwendet einen erheblichen Teil seines nicht konsumierten volkswirtschaftlichen Einkommens also für den Aufbau von Geldkapital im Ausland anstelle von Realkapital im Inland. Das Auslandsvermögen bietet neben den in einer alternden Gesellschaft durchaus willkommenen Renditechancen aber auch erhebliche Risiken, von wechselkursbedingten Abwertungen bis – zumindest in Einzelfällen – hin zum Totalverlust. Gleichzeitig benötigt Deutschland einen modernen und leistungsfähigen Realkapitalstock, um dem Demografie bedingten Abwärtsdruck auf sein Potenzialwachstum und damit seinen materiellen Wohlstand mit einer Produktivitätsoffensive wirkungsvoll begegnen zu können. Der Überschuss lässt sich also im deutschen Interesse abbauen – allerdings über mehr inländische Investitionen und Importe und nicht über eine wachstumsfeindliche Drosselung der Exporte.“17 5.4. Wirtschaftswissenschaftliche Diskussion/Analyse Wie kontrovers die wirtschaftswissenschaftliche Auseinandersetzung geführt wird, zeigt sich einleitend in einem vom Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft veröffentlichten- Streitgespräch, in dem zwei Vertreter der maßgeblichen wirtschaftswissenschaftlichen Paradigmen , der angebots- (neoklassischen/neoliberalen) und der nachfrageorientierten (keynesianischen ) Wirtschaftstheorie aufeinandertreffen. Hierzu führen die zwei Kontrahenten Michael Grömling, Leiter der Forschungsgruppe Konjunktur im IW Köln (angebotsorientiert) und Peter Bofinger, bis Ende 2019 Mitglied des Sachverständigenrats (SVR) und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg (nachfrageorientiert) in einem Auszug zur Frage der Leistungsbilanzüberschüsse wie folgt aus: „Streng genommen verfehlt Deutschland eines der vier Ziele, das außenwirtschaftliche Gleichgewicht , seit Jahren. US-Präsident Trump, der neue französische Präsident Macron, aber auch die 17 KfW Research, 2017, Leistungsbilanz: Überschuss reduzieren, Deutschland stärken, in: Fokus Volkswirtschaft, Nr. 178, 8. August 2017. https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Fokus-Volkswirtschaft /Fokus-2017/Fokus-Nr.-178-August-2017-Leistungsbilanz%C3%BCberschuss.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 28 EU-Kommission und der Internationale Währungsfonds werden nicht müde, der Bundesrepublik ihre stetig steigenden Leistungsbilanzüberschüsse vorzuwerfen. Sind die Vorwürfe berechtigt? Grömling: Nein, denn zum einen atmet die deutsche Leistungsbilanz gleichmäßig mit den globalen Investitionen. Vor allem die aufstrebenden Volkswirtschaften haben einen großen Kapitalhunger. Deutschland trägt mit seinen Investitionsgüterexporten viel zum globalen Aufholprozess bei. Mit Blick auf die enormen Leistungsbilanzdefizite in großen fortgeschrittenen Ländern wie den USA stellt sich für mich zum anderen eher die Frage, warum brauchen diese Länder so viel Kapital und Güter aus dem Ausland? Vor allem in den USA ist es doch die hohe Staatsverschuldung, die zu einem Zwillingsdefizit führt, also im Haushalt und in der Leistungsbilanz. Das ist das Problem. Bofinger: Was ist denn ein Leistungsbilanzüberschuss überhaupt? Es handelt sich dabei um eine Sparschwemme, die inländische Ersparnis ist höher als die Investitionen. Es gibt also ein inländisches Nachfragedefizit, das erzielte Einkommen in Deutschland ist größer als die Nachfrage der Inländer. Das ist für die anderen Länder logischerweise ein Problem. Man kann aber auch umgekehrt fragen: Ist es im deutschen Interesse, dass unsere Geldvermögensbildung – also das Sparen – extrem hoch ist, während die Sachvermögensbildung – also die Investitionen – historisch niedrig ist? Ist es in einem Niedrigzinsumfeld vernünftig, dass die Vermögensbildung in Deutschland in Form von Geldforderungen ans Ausland stattfindet? Ich sage: In unserem eigenen Interesse ist das ökonomisch nicht besonders clever.“18 Hermann Adam bemerkt in einem im Wirtschaftsdienst erschienenen Beitrag wie folgt: „Nach der Finanzmarktkrise geriet die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik vorübergehend in die Defensive. Mittlerweile hat sich in Deutschland erneut das Paradigma einer „wachstumsorientierten Austeritätspolitik“ als Leitlinie zur Überwindung von Krisen durchgesetzt. Dieser Beitrag zeichnet die zentralen Vorbehalte gegen nachfrageorientierte Maßnahmen nach und zeigt, dass sie einer empirischen Überprüfung nicht standhalten .“19 Anton Konrad konstatiert in seinem Beitrag „50 Jahre Kritik an der deutschen Zahlungsbilanz“: „Mit dem Eintritt in die Währungsunion wurde der wichtigste Korrekturfaktor für außenwirtschaftliche Ungleichgewichte, nämlich Wechselkursänderungen, außer Kraft gesetzt – zumindest für Ungleichgewichte innerhalb der Währungsunion. Im Prinzip könnte nämlich auch der gemeinsame Außenkurs des Euro einen Beitrag zur Herstellung eines außenwirtschaftlichen Gleichgewichts leisten – praktisch führt er jedoch eher zur Verfestigung 18 Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Wie sinnvoll ist aktive Konjunkturpolitik? , Interview mit Peter Bofinger und Michael Grömling, 23.05.2017. https://www.iwd.de/artikel/wie-sinnvoll-ist-aktive-konjunkturpolitik-340403/ (Letzter Abruf: 13.03.2020) 19 Hermann Adam, Von der Inflationsphobie bis zur „schwarzen Null“, in: Wirtschaftsdienst 7/2016. http://archiv.wirtschaftsdienst.eu/jahr/2016/7/von-der-inflationsphobie-bis-zur-schwarzen-null/ (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 29 der bestehenden Ungleichgewichte. Nach einem Abfall in den ersten Jahren der Währungsunion stieg der Euro gegenüber dem Dollar um ca. 40%. (Die Schwankungen des effektiven Wechselkurses des Euro gegenüber allen wichtigen Handelspartnern waren allerdings gedämpfter.) Dies stimmte in etwa mit der Entwicklung der Leistungsbilanz des Euroraums überein, die von 2002 bis zum Beginn der Finanzkrise 2008 leicht im Plus war. Dieser Saldo ergab sich aus einem kräftigen Überschuss Deutschlands sowie einiger kleinerer Mitgliedsländer und entsprechenden Defiziten der südlichen Staaten. Die letzteren sahen sich also einer Aufwertungstendenz ausgesetzt, die ihrer Situation nicht angemessen war, während Deutschland von einer noch weitergehenden Aufwertungstendenz dank der Zugehörigkeit zum Währungsverbund verschont blieb. Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss war, zusammen mit der Rettungspolitik, wohl auch dafür verantwortlich, dass der Euro in der Finanzkrise nur geringfügig nachgab. Mittlerweile wurden die Leistungsbilanzdefizite in den Krisenländern stark vermindert, so dass die Währungsunion insgesamt einen Leistungsbilanzüberschuss aufweist, was wiederum den Eurokurs tendenziell stärkt. Dies ist umso unerwünschter, als der Defizitabbau in den Krisenländern ja mehr einer konjunkturbedingten Verminderung ihrer Importe als einer wiedergewonnenen Konkurrenzfähigkeit zu verdanken ist. Insgesamt zeigt sich, dass die Heterogenität der Mitgliedsländer die Funktion des Eurokurses als Ausgleichsinstrument beeinträchtigt.“20 Jens Südekum/Gabriel Felbermayr bemerken unter dem Titel: „Das Yin und das Yang der Leistungsbilanz “ in einem FAZ-Artikel: „Das „Yin" der Leistungsbilanz geht so: Deutschland hat 2016 Waren im Wert von 1,2 Billionen Euro exportiert. Die Wareneinfuhr betrug 920 Milliarden Euro, also 280 Milliarden Euro weniger. Auf der Dienstleistungsbilanz haben wir zwar ein kleines Defizit, vor allem wegen vieler Auslandsurlaube, die saldenmechanisch Importe sind. Zählt man alles zusammen , kommt Deutschland zu einem Überschuss in der Leistungsbilanz von 261 Milliarden Euro. Viele sehen das als Beweis für die enorme Stärke der Wirtschaft. Es gibt hier eben exzellente Unternehmen mit Produkten von höchster Qualität. Die Deutschen sind erfolgreicher als andere, also wollen alle mehr von uns kaufen als umgekehrt. Dadurch entstehen hier Tausende zusätzlicher Arbeitsplätze, um die Auslandsnachfrage zu befriedigen , während Amerika zu Lasten der einfachen Arbeiter mit Importen überflutet werde. Diese hemdsärmelige Sicht, wonach Exportüberschüsse tugendhaft sind, springt volkswirtschaftlich allerdings viel zu kurz. Das wird deutlich, wenn man das „Yang" der Leistungsbilanz betrachtet, die Finanzierungsseite. Hiernach hat die deutsche Volkswirtschaft allein im vergangenen Jahr 261 Milliarden Euro weniger konsumiert oder im Inland investiert , als möglich gewesen wäre. Dieses Geld ist natürlich nicht einfach weg. Es wurde gespart und im Ausland angelegt. Doch man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: Deutschland wird oft als sicherer Hafen bezeichnet. Aber im Saldo hat mehr Kapital das Land verlassen, als hineingeflossen ist. So ist das deutsche Netto-Auslandsvermögen auf stolze 1,8 Billionen Euro angewachsen, erzielt laut Bundesbank aber miserable Renditen. Plötzlich hört sich ein Leistungsbilanzüberschuss 20 Anton Konrad, 50 Jahre Kritik an der deutschen Zahlungsbilanz, in: Wirtschaftsdienst, Analysen und Berichte, 94. Jahrgang, 2014, Heft 7, S. 495-499 http://archiv.wirtschaftsdienst.eu/jahr/2014/7/50-jahre-kritik-an-der-deutschen-zahlungsbilanz/ (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 30 gar nicht mehr so toll an: Statt die Früchte der eigenen Arbeit im Inland zu genießen, leihen wir lieber dem Ausland ständig mehr Geld und hoffen, dass wir es irgendwann wiedersehen . Ganz anders die Vereinigten Staaten: Amerika mit seinem „Dollarprivileg" darf jedes Jahr mehr konsumieren, als es produziert, weil Deutschland, Japan und China auf Pump exportieren. Ob Trump bewusst ist, dass dies vorbei wäre, wenn er das amerikanische Defizit abbaut? Nun gibt es handfeste Gründe, warum Deutschland einen Leistungsbilanzüberschuss und damit einen Kapitalexport aufweist. Der wichtigste ist die Demographie: Wir sind eine alternde Gesellschaft und sorgen uns um die Altersvorsorge. Gleichzeitig ist Deutschland eine reiche Volkswirtschaft, während viele Schwellenländer für ihr Wachstum noch auf Kapitalzuströme angewiesen sind. Insofern ist es ganz natürlich, wenn Deutschland viel spart und diversifiziert im Ausland anlegt. Aber dieses Argument gilt für viele Länder, die eine ähnliche Einkommens- und Altersstruktur wie Deutschland aufweisen, aber längst nicht so positive Handelsbilanzsalden. Italien oder Spanien etwa, oder das noch schneller alternde Japan. Der deutsche Überschuss hat schon etwas Spezielles, und das liegt am Euro. Innerhalb der Währungsunion mangelt es mehr denn je an realer Konvergenz. Während bei uns nahezu Vollbeschäftigung herrscht, hält sich die Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa auf bedrohlichem Niveau. Die (Kern-)Inflation ist unter der 2-Prozent-Marke. Somit bleibt die Europäische Zentralbank vorerst bei ihrer ultralockeren Geldpolitik, die den Euro billig hält. Diese Politik ist eigentlich nicht im deutschen Interesse. Sie wird betrieben, um diverse Banken und damit den Euro am Leben zu erhalten. Ein Nebeneffekt ist, dass deutsche Unternehmen wegen des „zu billigen" Wechselkurses und der bescheidenen vergangenen Lohnrunden derzeit besonders wettbewerbsfähig sind.“21 Markus Marterbauer führt zum Umgang der Europäischen Kommission mit gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichten wie folgt aus: „Die gleichgewichtsorientierten neoklassischen ÖkonomInnen von Europäischer Kommission und Europäischer Zentralbank gingen vor der Krise davon aus, dass außenwirtschaftliche Ungleichgewichte in einer Währungsunion kein beachtenswertes makroökonomisches Problem bilden würden. Der freie Markt würde schon für eine einheitliche Preisentwicklung in der Währungsunion sorgen. Erst viel zu spät setzt sich die europäische Politik mit den gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichten auseinander. Die Macroeconomic Imbalance Procedure (MIP) wurde erst 2011 eingeführt, nach mehr als zehn Jahren anhaltender und die Währungsunion destabilisierender Ungleichgewichte. Doch die Analyse bleibt rudimentär und die politischen Schlussfolgerungen sind gefährlich. Dies beginnt mit der Definition von Leistungsbilanzungleichgewichten ab Schwellenwerten von -4% bzw. +6% des BIP. Die Werte sind viel zu hoch. Anhaltende Leistungsbilanzungleichgewichte führen zu einer negativen Investitionsposition und zu einer starken Abhängigkeit von den internationalen, volatilen Kapitalflüssen . 21 Jens Südekum/Gabriel Felbermayr, Das Yin und das Yang der Leistungsbilanz, Stellungnahme von Mitarbeitern des Ifo-Instituts in der FAZ v. 03.04.2017. http://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/policy/Staff-Comments-in-the-Media/Press-articles-by-staff/Archive /Eigene-Artikel-2017/medienecho_ifostimme-faz-03-04-2017.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 31 Die wirtschaftspolitischen Empfehlungen der europäischen Instanzen zur Verringerung der Ungleichgewichte fordern primär eine Verbesserung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit in den Defizitländern durch Senkung der Arbeitskosten. Dabei toleriert die Politik Massenarbeitslosigkeit, um das Ziel niedrigerer Lohn- und Preisniveaus zu erreichen, denn ein Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt sieht sie erst bei einer Arbeitslosenquote von mehr als 10% der Erwerbspersonen. Sogar diese in völlig inakzeptabler Weise definierte Marke wird 2015 von sieben Mitgliedsländern der Währungsunion übertroffen.“22 Maurice Obstfeld konstatiert in einem 2018 erschienenen IMF-Blog: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verzeichnen viele Länder annähernde Vollbeschäftigung und haben beschränkten Handlungsspielraum in ihren öffentlichen Haushalten. Deshalb müssen Regierungen ihre Politik sorgfältig austarieren, wenn sie innen- wie außenwirtschaftliche Ziele verwirklichen wollen, und gleichzeitig Puffer für ihre Geld- und Fiskalpolitik aufbauen möchten. Insbesondere: • Länder, deren externes Leistungsbilanzsaldo zu niedrig ist, sollten Haushaltsdefizite abbauen und Haushalte zum Sparen auffordern, während die Normalisierung der Geldpolitik schrittweise fortgesetzt wird. • Wo Leistungsbilanzsalden zu hoch sind, wäre es angemessen, verfügbaren fiskalischen Spielraum zum Abbau übermäßiger Überschüsse zu nutzen. • Passgenaue Strukturpolitik sollte beim Umgang mit externen Ungleichgewichten eine größere Rolle spielen und das inländische Wachstumspotenzial steigern. Generell könnten Reformen, die Anreize für Investitionen und gegen unverhältnismäßiges Sparen schaffen – durch Abschaffung von Zugangsbarrieren oder stärkere soziale Sicherheitsnetze – den externen Ausgleich in Ländern mit zu hohem Überschuss unterstützen. Reformen zur Verbesserung der Produktivität und Bildung von Arbeitnehmern sind in Ländern mit übermäßigen externen Defiziten angezeigt. Schließlich sollten alle Länder sich für eine Wiederbelebung der Liberalisierungsbestrebungen einsetzen und das multilaterale Handelssystem modernisieren – zum Beispiel bei der Förderung des Dienstleistungshandels, wo bei einer Liberalisierung des Handels gewaltige Gewinne warten. Bestrebungen dieser Art mögen geringe unmittelbare Auswirkungen auf übermäßige Leistungsbilanzungleichgewichte haben, aber sie können gewaltige positive Folgen für Produktivität und Wohlstand haben und gleichzeitig das Risiko senken , dass Leistungsbilanzsalden widersinnige protektionistische Reaktionen auslösen.“23 22 Markus Marterbauer, Leistungsbilanz: Deutschland und Österreich leben unter ihren Verhältnissen, in: blog.arbeit -wirtschaft.at, 8. April 2016. http://blog.arbeit-wirtschaft.at/leistungsbilanz-deutschland-und-oesterreich-leben-unter-ihren-verhaeltnissen/ (Letzter Abruf: 13.03.2020) 23 Maurice Obstfeld, 2018, Globale Ungleichgewichte müssen gemeinsam angegangen werden, in: IMF Blog, 24.07.2018. https://www.imf.org/external/lang/german/np/blog/2018/072418g.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 32 Stephen S. Roach bemerkt zum Thema Leistungsbilanz in einem 2018 veröffentlichten Kommentar : „In einer immer stärker verflochtenen Weltwirtschaft sind grenzüberschreitender Handel sowie Finanz- und Kapitalverbindungen wichtiger geworden als je zuvor. Entscheidend für das Verständnis dieser Verbindungen ist die Leistungsbilanz, der Unterschied zwischen den Investitionen und den Ersparnissen eines Landes. Die Verteilung der Leistungsbilanzpositionen sagt einiges über weltweite Ungleichgewichte aus, die oft auch ein Vorbote von Krisen sind. Solche Ungleichgewichte können auch Spannungen im Handel auslösen, wie es momentan weltweit sichtbar wird. Missverhältnisse bei den Leistungsbilanzen führen oft dazu, dass die Länder in Streit geraten. Volkswirtschaften, die unter einem Leistungsbilanzdefizit leiden, neigen dazu, über zu wenig Inlandersparnisse zu verfügen. Da sie zu wenig Rücklagen haben und sich trotzdem Investitionen, Konsum und Wachstum wünschen, haben sie keine andere Wahl, als sich das überschüssige Geld anderer zu leihen, was zu Leistungsbilanz- und Handelsdefiziten gegenüber dem Rest der Welt führt. Bei Ländern mit Leistungsbilanzüberschüssen ist das Gegenteil der Fall. Sie leiden unter zu wenig Konsum, zu hohen Rücklagen und chronischen Handelsüberschüssen. Wer an dieser Lage schuld ist, ist seit langem umstritten – die Defizitländer, die unbeschwert auf die Ersparnisse anderer zugreifen, um damit ihr Wirtschaftswachstum zu finanzieren , oder die Überschussländer, die ihr Wachstum dadurch erzeugen, dass sie ihre Produkte auf fremden Märkten verkaufen. Diese Schuldzuweisungen, die im weltweiten Streit über Wirtschaftspolitik und Handelsprobleme bereits seit langem im Mittelpunkt stehen, sind heute besonders kontrovers. Die USA haben das größte Leistungsbilanzungleichgewicht der Welt. Seit 1982 war die Bilanz jedes Jahr defizitär, mit einer einzigen Ausnahme 1991, als durch ausländische Beiträge zur US-Militäraktion im Persischen Golf ein minimaler Überschuss erreicht wurde (0,05% des BIP). Während der Zeit zwischen 2000 und 2017 haben die USA insgesamt ein Leistungsbilanzdefizit in Höhe von 9,1 Bio. $ angehäuft. Das ist mehr als die 8,9 Bio. $ Überschuss der drei größten Überschussländer – Deutschland, China und Japan – im selben Zeitraum. Viele Beobachter glauben, die USA täten dem Rest der Welt mit ihrem chronischen Leistungsbilanzdefizit einen großen Gefallen – als würden sie damit die großen Überschussländer unterstützen, die oft unter zu geringer Inlandnachfrage leiden. Andere, darunter ich selbst, sehen die ständige amerikanische Neigung zum übermäßigen Konsum und die Rolle, die die Überschussländer dabei spielen, skeptischer. Auch wenn zweifellos beide Standpunkte eine gewisse Gültigkeit besitzen, sorge ich mich mehr darüber, dass die USA destabilisierend wirken könnten. Die für das Leistungsbilanzdefizit entscheidende amerikanische Einstellung, jetzt zu konsumieren und später zu zahlen, ist in der Wirtschaftspolitik des Landes tief verwurzelt. Schon seit langem fördert das US-Steuerrecht geringe Ersparnisse und schuldenfinanzierten Konsum. Besonders problematisch sind dabei die Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen , das Fehlen nationaler Mehrwert- oder Verkaufssteuern und der Mangel an Sparanreizen . Dies gilt auch für die Wohlstandseffekte der aktuellen Blasen an den Finanzmärkten. Seit Ende der Neunzigerjahre führt das Fed eine monetäre Überanpassung durch, und so ging das Wechselspiel zwischen Amerikas anlageabhängiger Wirtschaft und einem ebenso schädlichen Verschuldungskreislauf auf der Grundlage aufgeblasener Sicherheiten immer Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 33 weiter. Warum sollte man aus Einkommen Rücklagen bilden, wenn die aufgeblasenen Anlagemärkte das übernehmen können? Dass die Amerikaner Ersparnisse aus Geldanlagen und nicht aus Einkommen bilden, ist für das Leistungsbilanzdefizit des Landes von entscheidender Bedeutung. Die Überschussländer waren über diese Entwicklung hoch erfreut und machten dabei gern mit. Dass der US-Konsumrausch auf Treibsand gebaut war, spielte dabei keine Rolle. So wurden die Exzesse des weltweit größten Konsumenten vom übermäßigen Wachstum der Exporte der großen Überschussländer finanziert. Besonders gilt dies für China. Angespornt von Deng Xiaopings «Reform und Öffnung» hat sich der chinesische Exportsektor nicht weniger als versechsfacht – von 6% des BIP im Jahr 1980 auf 36% im Jahr 2006. Genau umgekehrt zum massiven amerikanischen Leistungsbilanzdefizit entwickelte sich die chinesische Leistungsbilanz von relativer Ausgeglichenheit im Jahr 1980 (+0,1% des BIP) hin zu einem massiven Überschuss von 9,9% im Vorkrisenjahr 2007. Dies traf auch auf einige große Industrieländer zu, wenn auch weniger extrem: Der deutsche Exportanteil am BIP erhöhte sich von 19% im Jahr 1980 auf 43% im Jahr 2007, und in Japan stieg der entsprechende Wert im selben Zeitraum von 13 auf 17,5%. In vielerlei Hinsicht verwandelte sich die Vernunftheirat zwischen den Überschuss- und den Defizitländern schließlich in eine ausgewachsene gegenseitige Abhängigkeit. Aber dann kam 2008 die schlimme weltweite Finanzkrise, und die Party war vorbei. Seitdem haben sich die Spannungen zwischen den Defizit- und den Überschussländern intensiviert und könnten nun zu einem echten Handelskrieg führen. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat dabei eine besonders aggressive Rolle gespielt, indem sie behauptete, die USA würden durch ihre großen Handelsdefizite zum Opfer. Hauptsächlich aber gehen die amerikanischen Handelsdefizite auf das Konto der chronisch schwachen US-Sparquote. Obwohl die Regierung die persönliche Sparquote kürzlich nach oben revidiert hat, ist sie immer noch deprimierend niedrig. Auch die allgemeine nationale US-Sparquote, die die Leistungsbilanz beeinflusst, bleibt völlig unzureichend . In den Nachkrisenjahren 2009 bis 2017 lag sie netto (also wertverlustbereinigt) durchschnittlich auf nur 1,9%. Dies ist weniger als ein Drittel des Werts der letzten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, als sie durchschnittlich 6,3% betrug. Dieses Problem wird sich durch große und weiter wachsende staatliche Haushaltsdefizite in den nächsten Jahren noch weiter verschärfen. Gibt man China die Schuld daran, ignoriert man die offensichtliche und wichtige Tatsache, dass der chinesische Leistungsbilanzüberschuss in den vergangenen Jahren stark gefallen ist: von 9,9% des BIP 2007 auf schätzungsweise 1% im Jahr 2018. 2017 lag Chinas Leistungsbilanzüberschuss von 165 Mrd. $ erheblich unter denjenigen von Deutschland (297 Mrd.) und Japan (195 Mrd.). Im Zuge seiner konsumorientierten Neuausrichtung wird China seine überflüssigen Rücklagen weiterhin absorbieren, und so könnte seine Leistungsbilanz dauerhaft in den defizitären Bereich abrutschen (tatsächlich wurde bereits im ersten Quartal dieses Jahres ein kleines Defizit verzeichnet). Dann werden die defizitanfälligen USA ein Überschussland weniger haben, das das Wachstum ihrer von Sparunwillen und exzessivem Konsum geprägten Volkswirtschaft finanziert. Vielleicht springt der Rest der Welt ein und füllt diese Lücke. Aber da die Trump-Regierung sich nun aus der Globalisierung zurückzieht, ist dies immer weniger wahrscheinlich. Die Geschichte legt nahe, dass Leistungsbilanzdefizite letztlich sehr bedeutsam sind. Eine immer noch unausgewogene Weltwirtschaft könnte Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 34 dazu gezwungen sein, diese schmerzhafte Lektion in den nächsten Jahren erneut zu lernen .“24 Das Wirtschaftsberatungsunternehmen Prognos, führt zu Handels-/Leistungsbilanzüberschüssen wie folgt aus: „Der Handelsbilanz- bzw. Leistungsbilanzüberschuss lässt sich durch politische Eingriffe nicht so einfach senken, wie oftmals angenommen wird. So kann man eine Stärkung der Binnennachfrage zum einen nur schwer gegen den Willen der Wirtschaftssubjekte „von oben“ verordnen. Zum anderen reduzieren die politischen Maßnahmen den Leistungsbilanzüberschuss möglicherweise weniger stark als erhofft – oder gar nicht. In unseren Prognosen gehen wir daher weiterhin davon aus, dass Deutschland auch in Zukunft noch Leistungsbilanzüberschüsse in relevanter Größenordnung realisieren wird.“25 Jan Priewe kommt in einer 2011 erschienenen Analyse zu folgendem Fazit: „Die Untersuchung sucht nach Antworten auf sechs Fragen, die nachfolgend zusammengefasst sind: 1. Unter welchen Bedingungen sind Leistungsbilanzungleichgewichte ein Problem? Je größer und länger anhaltend die Ungleichgewichte, desto größer die Wahrscheinlichkeit von Gefahren, insbesondere wenn sich die Nettovermögenspositionen gegenüber dem Ausland in den Überschuss- und Defizitländer immer weiter spreizen. 2. Gibt es „gute“ und „schlechte“ Ungleichgewichte, wachstums- und wohlstandsfördernde einerseits und Krisen erzeugende andererseits? Wohlfahrtssteigernde andauernde Ungleichgewichte existieren selten – am ehesten wenn die Defizitländer auf einem hohen Wachstumspfad nachholender Entwicklung sind, ihre Wachstumsrate größer als der Zinssatz ist und die Kapitalimporte vorwiegend ausländische Direktinvestitionen darstellen, die den Wachstumspfad erhöhen. Allerdings gibt es für diesen Entwicklungspfad nicht viele erfolgreiche Beispiele. Die meisten großen und länger andauernden Ungleichgewichte führen zu Verschuldungskrisen und/oder zu Vermögenspreisblasen, die irgendwann platzen; sie sind häufig Ausdruck neo-merkantilistischer Unterbewertungsstrategien seitens der Überschussländer, die andere Länder in Leistungsbilanzdefizite treiben, weil die Förderung der inländischen Nachfrage unterlassen wird. Allerdings sind häufig – aber nicht immer – auch die Defizitländer durch eine Politik zu starker Auslandsverschuldung oder durch Überbewertung ihrer Währung beteiligt. Derartige Ungleichgewichte drohen zu eskalieren, sie bauen sich langsam und kontinuierlich auf. Schließlich gibt es im Rahmen des geltenden Weltwährungssystems unvermeidbare Defizite, die durch die Anlage von Währungsreserven in Reservewährungsländern entstehen. Diese Quelle von in jüngster 24 Stephen S. Roach, 12.09.2018, Was zählt, ist die Leistungsbilanz, in: Finanz und Wirtschaft. https://www.fuw.ch/article/was-zaehlt-ist-die-leistungsbilanz/ (Letzter Abruf: 13.03.2020) 25 Prognos, 2014, Was geht? Über die Spielräume der Politik beim Senken von Handelsüber-schüssen, in: Standpunkt , Prognos trendletter Nov. 2014. https://www.prognos.com/fileadmin/images/Newsletter/tl_02_14/trendletter_02_14_S.22_24_Standpunkt.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 35 Zeit stark ansteigenden Defiziten deutet auf die Notwendigkeit einer Reform des globalen Währungssystems hin. 3. Wenn es schlechte oder gar gefährliche Ungleichgewichte gibt, wer ist schuld und damit verantwortlich für Korrekturen – das „nachlässige“ Defizitland, das „fleißige“ Überschussland , oder beide? Ungleichgewichte sind „symmetrisch“ in dem Sinne, dass sowohl Defizit - und Überschussländer, allerdings nicht immer gleichgewichtig, beteiligt sind. In den meisten Fällen liegt die Initiative für die Entstehung von Ungleichgewichten bei den Wirtschaftssubjekten der Überschussländer. Indirekt sind sowohl Regierungen der Überschusswie der Defizitländer beteiligt. Die verbreitete Wahrnehmung, dass es ursächlich in erster Linie die Regierungen der Defizitländer sind, die ihre Defizite „erzeugen“, lässt sich kaum aufrechterhalten. Große und wirtschaftlich starke Länder, gleich ob Defizit- oder Überschussländer , haben eine besondere Verantwortung. Neben den OPEC-Ländern gibt es nur drei große – gemessen an der absoluten Höhe der Leistungssaldos - Überschussländer in der Welt, nämlich China, Deutschland und Japan. Neben den USA gibt es nur rund zehn Länder mit großen absoluten Defiziten. 4. Haben die Ungleichgewichte zur Finanzkrise in den USA beigetragen? Zusammen mit den Fehlregulierungen der Finanzmärkte nicht nur in den USA, sondern auch in Europa, haben die Ungleichgewichte maßgeblich zur Entstehung der Finanzkrise und der nachfolgenden Weltwirtschaftskrise beigetragen. Dies gilt vor allem für das exzessive Anschwellen der Ungleichgewichte in den Jahren 2003- 2008. Die massiven Kapitalexporte, einschließlich der Währungsreserven, in die USA haben die Nachfrage nach neuen, toxischen Finanzprodukten stark ansteigen lassen, Risiken unterbewertet und übermäßige Liquidität geschaffen, die die Finanzindustrie ausgenutzt hat. Die Kapitalzuflüsse haben den exzessiven Konsum der Privathaushalte und die hohen Budgetdefizite des Staates in den USA erst ermöglicht. Ohne den Status des US-Dollars als Reservewährung mit dem damit verbundenen Vertrauensbonus wäre die Krise nicht möglich gewesen. 5. Sind die Euro-Zonen-Ungleichgewichte Teil der globalen Ungleichgewichte? Ja, die Länder der Euro-Zone und die anderen EU-Länder sind in globale Handels- und Kapitalströme einbezogen. Für die Überschussländer der Euro-Zone ist der reale effektive Euro- Wechselkurs massiv unterbewertet, für die Defizitländer überbewertet. Die Defizitländer haben nicht nur gegenüber den Überschussländern der Euro-Zone ein Defizit, ebenso wie die Überschussländer auch Länder außerhalb der EuroZone ins Defizit treiben. Ein Niedergang der Europäischen Währungsunion hätte weltweite Auswirkungen. Das derzeitige System der europäischen Ungleichgewichte bremst das Wirtschaftswachstum in der Währungsunion und der EU-27 insgesamt. 6. Wie sehen Korrekturen für exzessive, also „schlechte“ Ungleichgewichte aus? Märkte können bestenfalls leichte Ungleichgewichte krisenfrei heilen, Marktkorrekturen größerer und andauernder Ungleichgewichte erfolgen meist plötzlich und krisenhaft; sie können sehr hohe volkswirtschaftliche Verluste verursachen. Daher sind präventive wirtschaftspolitische Korrekturen notwendig. Es sollte allgemein anerkannte Regeln zur Vermeidung von zu großen Leistungsbilanzungleichgewichten geben. Leitbild sollte ein „außenwirtschaftliches Gleichgewicht“ sein. Sanktionen für Länder mit großen Ungleichgewichten Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 36 sind notwendig. Selten können schwerwiegende Ungleichgewichte ohne Wechselkurskorrekturen bereinigt werden. Je größer die Ungleichgewichte sind, desto schwieriger werden die Korrekturen.“26 Ergänzend wird auf eine kritische Würdigung des Gutachtens „Wirtschaftspolitische Probleme der deutschen Leistungsbilanz“ des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie verwiesen. WiSo, 2019, Das Schönreden deutscher Außenhandels-Überschüsse: Wirtschaftswissenschaft als Legitimationsideologie. https://www.blickpunkt-wiso.de/post/das-schoenreden-deutscher-aussenhandels-ueberschuesse -wirtschaftswissenschaft-als-legitimationsideologie--2301.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) 5.5. Exemplarischer Exkurs: Auswirkungen von angedrohten Strafzöllen Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), bemerkt in einer aktuellen Kolumne zur Wirtschaftsbilanz des Donald Trump: „Mit seiner „America first“-Handelspolitik will Trump vor allem Industrieproduktion zurück ins Land holen und den geostrategischen Rivalen China ausbremsen. Ein großes Land wie die USA mit einem noch größeren Leistungsbilanzdefizit kann sich auf Kosten anderer besserstellen und sich eine aggressive Handelspolitik leisten, weil seine große Volkswirtschaft nicht so stark von anderen abhängig ist, wie es bei kleineren Ländern der Fall ist. Und Trump weiß, dass seine Verhandlungsmacht groß ist. Mit Blick auf China wirkt seine Politik. Im Zuge des Handelskrieges schrumpften die US-Güterimporte aus China 2019 im Vergleich zu 2018 um rund 72 Milliarden US-Dollar (minus 13 Prozent). Alle wesentlichen Arten von Gütern waren betroffen, aber industrielle Vorprodukte und Investitionsgüter etwa dreimal so stark wie Konsumgüter. Die Exporte amerikanischer Produkte nach China gaben nur um 17 Milliarden Dollar nach. Prozentual liegt das zwar in der gleichen Größenordnung, aber wegen der unausgeglichenen Handelsbilanz mit China ist der absolute Schaden für die Chinesen höher. Das Defizit der USA im Güterhandel mit China schrumpfte 2019 um 55 Milliarden auf 366 Milliarden Dollar. Weil der US-Überschuss im Dienstleistungshandel mit China fast konstant blieb, schnurrte das Defizit der Leistungsbilanz von 404 auf 352 Milliarden Dollar zusammen. (…) Auch mit Blick auf Europa wirkt Trumps Politik. Obwohl es bislang keine gravierenden Veränderungen im Handelsregime mit Europa gibt, sind die Exporte der USA in die Euro- Zone 2019 um rund 15 Milliarden auf 247 Milliarden Dollar gestiegen. Heraus sticht ein Exportboom in der Automobilindustrie; die Branche hat fast 30 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr aus den USA nach Europa exportiert, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus. Wie kommt das? Wahrscheinlich ist, dass die Autobauer bereits auf Trumps Androhung 26 Jan Priewe 2011, Die Weltwirtschaft im Ungleichgewicht. Globale Zahlungsbilanzungleichgewichte -Ursachen, Gefahren, Korrekturen, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW), Working Paper No. 03/2011. https://finance-and-trade.htw-berlin.de/fileadmin/HTW/Forschung/Money_Finance_Trade_Development/working _paper_series/wp_2011_03_Priewe_Globale_Ungleichgewichte.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 37 höherer Zölle auf europäische Fahrzeuge reagieren – und Produktion in die USA verlagern . Anders gesagt: Der US-Exportboom verdankt sich etwa der Verschiffung von „deutschen “ SUVs aus US-Werken nach Europa. Hinzu kommen einige Teslas, die dank der E- Auto-Förderung in Europa stärker gefragt sind. Unterm Strich ist das Ergebnis des Handels mit Europa allerdings nicht in Trumps Sinne. Schaut man über alle Branchen, importierten die Amerikaner 2019 Güter im Wert von 14 Mrd. Dollar mehr als noch im Vorjahr, wobei Deutschland diesmal für diesen Zuwachs nicht verantwortlich ist. Diese Zahlen zeigen unter anderem die Handelsumlenkung von China nach Europa. Sie machen auch deutlich, warum Trump im Hinblick auf Europa nicht locker lässt. Er möchte Europa am liebsten ähnlich in die Knie zwingen wie China. Aber Handelsexperten in der US-Regierung wissen auch, dass Europa – wenn es als großer Wirtschaftsraum geschlossen handelt – der US-Wirtschaft mit Gegenmaßnahmen erheblich schaden kann. Das könnte Trump von einer Eskalation des Konflikts vor der Wahl abhalten .“27 5.6. Auswirkungen des Corona-Virus auf die internationale und nationale Wirtschaft Die folgenden Ausführungen stellen aktuelle Pressemeldungen vor, die die internationalen und nationalen wirtschaftlichen Auswirkungen beleuchten. Eine abschließende Beurteilung des Ausmaßes lässt sich gegenwärtig nicht abschätzen. Vielmehr zeichnet sich eine sehr dynamische Situation ab, so dass alle hier zusammengetragenen Äußerungen nur als vorläufig zu betrachten sind. Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) bemerkt in einem aktuellen Artikel wie folgt: „Schliesslich beeinträchtigt die Corona-Krise in Verbindung mit der aus Sorge über die weitere Verbreitung des grippeartigen Virus getroffenen Gegenmassnahmen das globale Wirtschaftswachstum wie ein externer Schock. Dieser kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die konjunkturelle Dynamik schon abzuflauen begonnen hatte, und zwar ausgehend von einem künstlich überhöhten Niveau, das praktisch nur aufgrund extremster Stimulierungsmassnahmen erreicht worden war. Die wiederum hatten zu allerlei Übertreibungen an den Finanzmärkten geführt, deren überfällige Korrektur langsam krisenartige Symptome zeigt. Diese sind am Erdölmarkt an klarsten auszumachen. Aufgrund der Quarantänemassnahmen in aller Welt wird weniger gefahren, geflogen und transportiert, als früher, und folglich geht die Energienachfrage zurück, woraufhin der Erdölpreis unter Druck geraten ist. Da sich die Organisation erdölexportierender Staaten mit Russland nicht auf eine Produktionskürzung einigen konnte, will Saudi Arabien einfach mehr fördern, um den Einnahmeausfall aufgrund des Preisrückgangs durch grössere Liefermengen auszugleichen. Die amerikanischen Fracking-Unternehmen tun das sowieso, weil sie auf jeden Dollar angewiesen sind, um ihre enormen Verbindlichkeiten und ihre risikobehafteten Anleihen zu bedienen. Diese Konstellation beschleunigt kurzfristig den Preiszerfall – zumindest so lange, bis es doch zu einer Begrenzung der Fördermenge kommt. 27 Gabriel Felbermayr, Die Wirtschaftsbilanz des Donald Trump, in: Wirtschaftswoche 06.03.2020. https://www.wiwo.de/politik/konjunktur/welt-wirtschaft-die-wirtschaftsbilanz-des-donaldtrump /25603736.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 38 Auf diese Weise spitzen sich die Turbulenzen weiter zu, die sich in den rohstoffreichen Schwellen- und Industrieländern schon eine Weile abzeichnen. Dort spüren sie die Wachstumsschwäche und die finanzielle Fragilität Chinas vor allem in Form nachlassender Nachfrage nach Energie und Rohstoffen, mit entsprechend negativen Folgen. Diese sind besonders in Südamerika zu spüren, aber inzwischen auch in Russland und Australien . So wird kaum überraschen, dass der Kurs des brasilianischen Real auch aufgrund der «unkonventionellen» Wirtschafts- und Finanzpolitik Jair Bolsonaros von Tief zu Tief fällt, dass der Rubel in den vergangenen Stunden zum Franken um bis zu 7% nachgegeben hat und dass in Australien Börse und Währung in jüngerer Zeit massiv unter Druck geraten sind.“28 Die Süddeutsche Zeitung führt zur Corona-Krise ergänzend aus: „Sicher ist, dass die Welt gerade einen Nachfrageschock erleidet, wie Ökonomen das nennen . Wenn Fluggesellschaften wie die Lufthansa mangels Nachfrage Tausende Flüge streichen , wenn Touristenregionen wie Südtirol faktisch geschlossen werden und die Leipziger Buchmesse ausfällt, dann kann das nicht ohne Folgen für die Gesamtwirtschaft bleiben. Allein die Absage und Verschiebung von Messen könnten nach heutigem Stand bis zu drei Milliarden Euro kosten. Dazu kommt die besondere Rolle Chinas als Werkbank der Weltwirtschaft. Die Epidemie führt dort zu massiven Produktionsausfällen. Wertschöpfungsketten wurden unterbrochen , und zwar weltweit. Ein besonderes Risiko ist die hohe Verschuldung vieler chinesischer Unternehmen. Sie sind auf Wachstum angewiesen; bleibt dies aus, sind sie in ihrer Existenz gefährdet. Die Corona-Krise bringt daher auch einen Angebotsschock mit sich; die Wirtschaft leidet, weil wichtige Produzenten mindestens zeitweise ausfallen. Die kommende Krise werde sich daher nicht so sehr wie eine Wiederholung der Finanzkrise anfühlen , sondern eher an den Ölpreisschock der 1970er-Jahre, bei dem ein Produktionsfaktor auf einen Schlag knapp wurde, erinnern, glaubt der Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff. Für die Politik kommt es jetzt darauf an, der drohenden Rezession entgegenzutreten und, sollte sie unabweisbar sein, die Schäden so gering wie möglich zu halten. Vier Dinge sind jetzt nötig: Erstens Transparenz, sodass harte Entscheidungen nachvollziehbar sind. Zweitens muss Unternehmen geholfen werden, die durch die Epidemie und ihre Folgen in die Krise geraten. Die Beschlüsse des Koalitionsausschusses in Berlin zu einem verbesserten Kurzarbeitergeld und zu Liquiditätshilfen sind richtig, reichen aber nicht. Denn drittens muss die Bundesregierung klarmachen, dass sie bereit ist, sehr viel Geld zu investieren, um dem Schock zu begegnen. Die Koalition hatte bisher recht, als sie an der "schwarzen Null" festhielt. Jetzt aber könnte die Corona-Krise sehr bald eine Abkehr vom alten Kurs nötig machen. Die vierte Aufgabe schließlich ist längerfristiger Natur. Die Krise zeigt, welche Gefahren es birgt, dass die Wirtschaft vieler Länder so stark abhängig von China geworden ist. Die Konsequenz kann nur heißen, dass die internationale Arbeitsteilung neu justiert wird. 28 Neue Zürcher Zeitung (NZZ), 09.03.2020, Der Öl-Crash führt zur Währungskrise. https://www.nzz.ch/finanzen/der-oel-crash-fuehrt-zur-waehrungskrise-ld.1545228 (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 39 Kein neuer Protektionismus ist nötig, aber eine gewisse Entkopplung der Produktionsprozesse mit dem Ziel, die Versorgungssicherheit zu erhöhen.“29 Zeit Online kommentiert die starken Kurseinbrüche der Wall Street als „schwarzen Montag“ wie folgt: „An der New Yorker Wall Street ist der Dow-Jones-Index zu Handelsbeginn um 7,2 Prozent zurückgegangen. Der Handel am weltweit wichtigsten Börsenplatz wurde daraufhin unterbrochen. Allerdings nur für 15 Minuten, um ein weiteres Fallen der Aktienkurse zu unterbrechen. Zuvor war der Index S&P 500 der 500 größten börsennotierten US-Unternehmen um sieben Prozent abgestürzt, der Leitindex Dow Jones hatte nach Handelsbeginn um fast sechs Prozent eingebüßt, der Technologie-Index Nasdaq war sogar über sieben Prozent gefallen. Hintergrund für den Kurssturz ist die Furcht vor den wirtschaftlichen Folgen des Corona- Virus, der durch die Sorge vor einer Pleitewelle der US-Ölindustrie flankiert wird. Der Preis für Rohöl brach um 30 Prozent ein. Händlerinnen und Händler sprachen angesichts des Crashs von einem "schwarzen Montag". Insgesamt war es der größte Tagesverlust seit den Anschlägen auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001. Der Portfoliomanager Thomas Böckelmann vom Vermögensverwalter Euroswitch sagte, es handele sich um einen Ur-Fluchtinstinkt, der skurrile Züge annehme. Anlegerinnen und Anleger befürchten schwere Auswirkungen des Virus auf das Wirtschaftswachstum. Der Preiseinsturz beim Öl hat allerdings weniger mit der Corona-Virus-Pandemie zu tun: Am Wochenende hatte Saudi-Arabien die Preise gesenkt, weil Russland die Ölförderung nicht drosseln will. Außerdem kündigten die Saudis eine Ausweitung der Produktion an. Das hatte Auswirkungen auf den Preis für die Rohölsorte Brent aus der Nordsee – dieser ging um bis zu 31,5 Prozent auf 31,02 Dollar je Barrel (159 Liter) zurück. Das ist der größte Tagesverlust seit dem Golfkrieg 1991. Dem Terminkontrakt auf die US-Sorte WTI drohte mit einem Rückgang von bis zu 33,8 Prozent das größte Minus seiner fast 40-jährigen Geschichte . Viele Ölfirmen sind auf höhere Preise angewiesen, um wirtschaftlich fördern zu können. Entsprechend fielen die Aktien europäischer Ölkonzerne wie BP und Shell um jeweils mehr als ein Fünftel, die Total-Papiere verloren gut 15 Prozent. Der Index für die europäischen Öl- und Gaswerte fiel daraufhin um fast 17 Prozent auf ein 23-Jahres-Tief von 204,69 Punkten. Eine weitere Gefahr drohe von den Schieferölproduzenten in den USA, warnte Neil Wilson, Chefanalyst des Onlinebrokers Markets.com. Sie seien stark verschuldet und hätten relativ hohe Förderkosten. (…) Auch der Dax blieb von den Kurseinbrüchen nicht verschont. Der Deutsche Aktienindex Dax sackte gleich zum Handelsstart deutlich unter die Marke von 11.000 Punkten. Am frühen Nachmittag lag der deutsche Leitindex 7,5 Prozent im Minus bei 10.670 Punkten. Das bedeutet, dass die gesamten Gewinne aus dem vergangenen Jahr damit weg sind. Der MDax, in dem mittelgroßen Börsentitel notiert sind, ging zuletzt um 6,30 Prozent zurück . Auch europaweit gerieten die Aktienmärkte – wie zuvor bereits in Asien – stark unter Druck. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 sackte am Nachmittag um 8,27 Prozent 29 Süddeutsche Zeitung, 10.03.2020, Corona-Krise: Ökonomie der Furcht. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/coronavirus-wirtschaft-furcht-1.4837197 (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 40 ab. (…) Die Vereinten Nationen warnen wegen des neuartigen Corona-Virus vor einer globalen Rezession .“30 Das Zusammenspiel eines weltweiten Überangebots an Öl und Gas sowie die durch das Corona- Virus verursachte geringere Nachfrage Chinas, des weltgrößten Öl- und Gasimporteurs auf die Fracking-Industrie der USA verdeutlicht der folgende Spiegel Online-Artikel: Spiegel Online, 02.03.2020, Fracking-Industrie in den USA. Der Fluch des schwarzen Goldes https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/fracking-industrie-in-den-usa-der-fluch-desschwarzen -goldes-a-35d0b297-1712-451d-a4cb-d7d85a158a5d (Letzter Abruf: 13.03.2020) Ergänzend wird auf folgende Beiträge verwiesen: FAZ 09.03.2020, Herbe Verluste in Asien, Virus und Öl-Streit als toxische Mischung für die Märkte. https://www.faz.net/aktuell/finanzen/herbe-verluste-in-asien-virus-und-oel-streit-als-toxische -mischung-fuer-die-maerkte-16670542.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) FAZ, 09.03.2020, Wegen Corona-Virus und Ölpreis: Dax fällt um beinahe acht Prozent. https://www.faz.net/aktuell/finanzen/wegen-coronavirus-und-oelpreis-dax-faellt-um-beinahe -acht-prozent-16670511.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Frankfurter Rundschau, 10.03.2020, Börsen-Ticker, Dax rutscht ab - US-Hilfspaket ohne Auswirkungen auf europäische Börsen. https://www.fr.de/wirtschaft/dax-handel-erholt-oelpreis-kursstuerze-belasten-maerkteweiter -zr-13589715.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Handelsblatt, 11.03.2020, Nikkei, Topix & Co., Asiens Märkte gehen wieder auf Talfahrt – trotz der Erholung an der Wall Street https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/marktberichte/nikkei-topix-und-co-asiens -maerkte-gehen-wieder-auf-talfahrt-trotz-der-erholung-an-der-wallstreet /25631168.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Handelsblatt, 10.03.2020, Morning Briefing. Der schwarze Montag der Weltwirtschaft. https://www.handelsblatt.com/meinung/morningbriefing/morning-briefing-der-schwarzemontag -der-weltwirtschaft/25626962.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) 30 Zeit Online, 09.03.2020, Wall Street: Starker Kurseinbruch wegen Corona-Virus. https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-03/wall-street-kurseinbruch-wegen-corona-handel-unterbrochen (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 41 Handelsblatt, 11.03.2020, Anlagen, Hedgefonds profitieren von der Corona-Panik an den Aktienmärkten. https://www.handelsblatt.com/finanzen/anlagestrategie/trends/anlagen-hedgefonds-profitieren -von-der-coronapanik-an-den-aktienmaerkten/25627932.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Handelsblatt, 10.03.2020, Morning Briefing. Der schwarze Montag der Weltwirtschaft. https://www.handelsblatt.com/meinung/morningbriefing/morning-briefing-der-schwarzemontag -der-weltwirtschaft/25626962.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Tagesspiegel, 09.03.2020, Einer der bittersten Tage der Börsengeschichte, Warum die Wirtschaft für das Corona-Virus so anfällig ist. https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/einer-der-bittersten-tage-der-boersengeschichtewarum -die-wirtschaft-fuer-das-coronavirus-so-anfaellig-ist/25626272.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) 5.6.1. Betroffene Branchen Die Süddeutsche Zeitung bemerkt in einem aktuellen einführenden Artikel: „Eine schwächelnde Wirtschaft in China hat auch für Deutschland Folgen. Die Volksrepublik ist ein wichtiger Absatzmarkt für deutsche Firmen. Im vergangenen Jahr lag das Exportvolumen bei 96 Milliarden Euro. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist seit 2015 auch das Land, aus dem die meisten Importe nach Deutschland kommen. Vor allem die in China tätigen deutschen Unternehmen haben zu kämpfen. "Die Auswirkungen sind insgesamt schlimm", stellten die deutsche und die europäische Handelskammer in China nach einer Umfrage unter Mitgliedsunternehmen Ende Februar fest. Fast 90 Prozent der Firmen berichteten von "mittelschweren bis starken Auswirkungen" durch die Lungenkrankheit. Noch schlimmer als den Außenhandel traf es den chinesischen Automarkt, der von deutschen Konzernen dominiert wird. Nach Daten des chinesischen Automobilverbandes sank der Absatz im Vergleich zum Vorjahresmonat um 80 Prozent. In den ersten 16 Februartagen wurden landesweit genau 4909 Autos verkauft, im Schnitt also 307 Fahrzeuge in 24 Stunden. Normalerweise dauert es statistisch keine siebeneinhalb Minuten, um so viele Wagen in China, dem eigentlich größten Automarkt der Welt, abzusetzen.“31 Spiegel Online führt zur Lage am deutschen und chinesischen Automarkt wie folgt aus: „Die Nachfrage nach Autos schwächelt: Im Februar ist die Zahl der Neuzulassungen im Vergleich zum Vorjahresmonat um knapp elf Prozent zurückgegangen. Es habe 239.943 Neuzulassungen gegeben, teilte das Kraftfahrt-Bundesamt mit. Schon im Januar war die Zahl zurückgegangen, um rund sieben Prozent. Vor allem bei Privatkäufern, die für rund ein Drittel der Neuzulassungen stehen, sank die Nachfrage deutlich: Sie lag mehr als 16 Prozent niedriger als im Februar 2019. 31 Süddeutsche Zeitung, 8. März 2020, Corona-Virus und Weltwirtschaft: Banger Blick nach Peking. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirtschaft-coronavirus-china-1.4836126 (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 42 Steigerungen gab es indes bei den alternativen Antrieben, wenngleich auf weiterhin niedrigem Niveau. Mehr als 8150 Elektroautos wurden im Februar zugelassen und damit knapp 76 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Die Zahl der neuzugelassenen Hybridautos verdoppelte sich nahezu auf 30.000 Fahrzeuge. Bei rund einem Viertel davon handelte es sich um sogenannte Plug-in-Hybride, bei denen der Akku über die Steckdose aufgeladen werden kann. Die Zahl der neuzugelassenen Sportgeländewagen (SUV) ging hingegen um mehr als zehn Prozent auf rund 49.400 Einheiten zurück. Dennoch war nach wie vor jedes fünfte neu zugelassene Auto ein SUV. Eine Erholung für den inländischen Automarkt ist zunächst nicht in Sicht - der Auftragseingang in Deutschland verringerte sich im Februar um 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr . Der Branchenverband VDA teilte dazu mit: >Das damalige Volumen war allerdings nachfragebedingt sehr hoch<. Auch im für deutsche Autohersteller wichtigsten Absatzmarkt China brachen die Verkäufe im Februar ein: Nach vorläufigen Daten des Branchenverbands PCA (China Passenger Car Association) sank der Absatz gegenüber dem Vorjahresmonat um 80 Prozent und damit so stark wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen.“32 Ifo-Präsident Clemens Fuest hebt in einem Interview das krisenbedingte Insolvenzrisiko bestimmter Branchen wie folgt hervor: „Es besteht die Gefahr, dass uns krisenbedingte Insolvenzen bevorstehen. Kritisch wird es vor allem in der Reisebranche, der Gastronomie und dem Messebau. Die Politik kann und sollte aber eingreifen, um eine Insolvenzwelle zu verhindern.“33 Exemplarisch werden im Folgenden Beiträge der genannten Branchen aufgeführt. 5.6.1.1. Logistik/Tourismus WirtschaftsWoche (WiWo) bemerkt in einem aktuellen Beitrag: „Die wirtschaftlichen Einschränkungen durch die Epidemie mit dem Virus SARS-CoV-2 bedeuten für die Handelsschifffahrt fast so große Einschnitte wie die Finanzkrise. Das geht aus einer Analyse des Branchendienstes Alphaliner über die zur Zeit unbeschäftigte Flotte hervor: Schiffe mit einer Kapazität von 2,4 Millionen Standardcontainern haben ihre Fahrten gestoppt und liegen ohne weiteres Ziel vor Anker. Gemessen an der Kapazität ist das sogar mehr als 2009 während der Finanzkrise: Damals waren Handelsschiffe mit einer Kapazität von 1,52 Millionen Standardcontainern unbeschäftigt. Prozentual gesehen ist der Anteil der Handelsschiffe ohne Beschäftigung aktuell jedoch etwas kleiner: In der Finanzkrise traf die Flaute 11,7 Prozent der gesamten Handelsflotte. Heute sind es nach Berechnungen von Alphaliner nur etwa 8,8 Prozent. Der Grund: Im vergangenen Jahrzehnt 32 Spiegel Online, 04.03.2020, Deutscher Automarkt, Neuzulassungen im Februar eingebrochen. https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/automarkt-in-deutschland-neuzulassungen-im-februar-eingebrochen -a-1974bbe7-de17-43af-84b1-df39d005060d (Letzter Abruf: 13.03.2020) 33 FAZ, 09.03.2020, Clemens Fuest im Interview: „Ich will den Teufel nicht an die Wand malen, aber…“ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 43 wurde durch neue, größere Schiffe die weltweite Kapazität auf fast 23 Millionen Standardcontainer aufgestockt.“34 Spiegel Online führt zum Flugverkehr der Lufthansa wie folgt aus: „Die Lufthansa ändert wegen der Ausbreitung des Corona-Virus ihren Flugplan und weitet ihre Flugstreichungen aus: Rechnerisch blieben 150 Flugzeuge am Boden, davon 25 Langstreckenflieger , sagte ein Lufthansa-Sprecher. Man passe den Flugplan "dynamisch" den "außerordentlichen Umständen" an, hieß es. Betroffen seien alle Airlines der Gruppe. Die Lufthansa hatte solche Schritte bereits vergangene Woche angekündigt. Am Freitag hatte die Airline mitgeteilt, das Angebot von Kurz- und Mittelstreckenflügen in den kommenden Wochen um bis zu einem Viertel zu reduzieren. Dies sei davon abhängig, wie sich die Verbreitung des Virus weiterentwickele. Auch bei den Langstreckenverbindungen würden die Airlines der Lufthansa Group ihr Programm weiter verringern. Wegen der Ausbreitung des Corona-Virus mussten bisher rein rechnerisch 23 von insgesamt rund 770 Maschinen am Boden bleiben. Die neuen Streichungen betreffen rund 20 Prozent der Gesamtzahl der Maschinen. Noch stünden aber erst wenige Jets am Boden, etwa bei vorgezogenen Wartungsintervallen, sagte der Sprecher. Das derzeit überzählige Personal wurde Lufthansa zufolge bereits in der vergangenen Woche angehalten, unbezahlten Urlaub einzureichen oder auch in Teilzeit die angebotene Arbeitsleistung zu reduzieren. Lufthansa prüft zudem die Möglichkeit, bei der Arbeitsagentur Kurzarbeit anzumelden. Mit den Arbeitnehmervertretungen liefen dazu Gespräche . Zusätzlich wurde ein umfangreiches Sparprogramm aufgelegt.“35 Die Süddeutsche Zeitung konstatiert zur Lage der Luftfahrt: „Die International Air Transport Association (IATA) hat sich in dieser Woche wieder einmal an einer Prognose versucht. Demnach könnten auf die Fluggesellschaften in diesem Jahr weltweit Umsatzeinbußen von 100 Milliarden Euro zukommen, das wäre ein Rückgang von knapp 20 Prozent. Das erwartete Minus ist damit fast viermal so hoch wie das, was der Verband vor gerade einmal zehn Tagen erwartet hatte. Dass sich die Ökonomen der IATA anfangs so verkalkuliert haben, zeigt: Niemand weiß, wie tief der Einbruch im Flug- und Tourismusgeschäft sein wird und wie lange er anhält. Vergleiche mit früheren Krisen wie dem Ausbruch der Atemwegsinfektion Sars im Jahr 2003 sind schon deshalb unmöglich, weil sich der Luftverkehr in Asien seither verdreifacht hat. Sars wird auch deswegen gerne als Referenz herangezogen, weil sich damals die Nachfrage sehr schnell erholt hat und die Sache nach einem halben Jahr vorbei war. Die Branche hofft, dass es wieder so kommt - kann sein, weil Erleichterung ähnlich schnell 34 WirtschaftsWoche (WiWo), 29.02.2020, Fast so heftige Auswirkungen wie Finanzkrise, Wie die Handelsschifffahrt unter dem Corona-Virus leidet. https://www.wiwo.de/unternehmen/dienstleister/fast-so-heftige-auswirkungen-wie-finanzkrise-wie-die-handelsschifffahrt -unter-dem-coronavirus-leidet/25590726.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) 35 Spiegel Online, 04.03.2020, Wegen Corona-Virus, Lufthansa lässt 150 Flugzeuge am Boden. https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/coronavirus-folgen-lufthansa-laesst-150-flugzeuge-am-boden-ab 27b743b-052f-49bd-a1b1-b7ecee1882bc (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 44 einsetzt wie Angst, aber sicher ist das nicht. Klar ist nur, dass schon jetzt Fluggesellschaften , Reiseveranstalter und Hotels sehr leiden. So schlimm war es zuletzt während der globalen Finanzkrise 2008/2009.“36 Spiegel Online stellt in einem aktuell erschienenen Artikel die Folgen der Absagen von Messen, die Streichung von Flügen sowie der daraus folgenden Stornierungen in der Tourismusbranche wie folgt dar: „Sei es die die Absage der Leipziger Buchmesse, die Flugstreichungen der Lufthansa oder zahlreiche Stornierungen in der Tourismusbranche: Die Zeichen häufen sich, dass die Corona-Krise für das Gastronomie- und Hotelgewerbe zum ernsthaften Problem wird. Vor diesem Hintergrund fordert die Branche nun Staatshilfen. Von den Absagen von Großveranstaltungen und Messen seien Hotels, Eventcaterer und Gastronomiebetriebe "massiv betroffen ", sagte die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Ingrid Hartges, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es dürfe nicht zugelassen werden, "dass Existenzen vernichtet werden".37 Ein weiterer Artikel der FAZ verdeutlicht die Situation der Tourismusbranche (Reisebüros). FAZ, 11.03.2020, Reisen und Corona-Virus: Tourismusbranche in größter Sorge. https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/folgen-des-coronavirusreisebranche -in-groesster-sorge-16673267.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) 5.6.1.2. Messen/Messebau Messen sind das Aushängeschild der deutschen Wirtschaft. Der Verband der deutschen Messewirtschaft -AUMA hat die gesamtwirtschaftlichen Folgen auf der Basis einer ifo-Studie wie folgt analysiert: „Durch die Absagen und Verschiebungen von Messen in Deutschland wegen des Corona- Virus ist der Messestandort Deutschland schon jetzt erheblich betroffen. Den Messeveranstaltern und -dienstleistern wie z.B. Messebauunternehmen entstehen hierdurch erhebliche wirtschaftliche Einbußen. Viele andere Wirtschaftszweige sind ebenfalls stark betroffen . Dazu zählen vor allem die Hotellerie und Gastronomie, das Transportgewerbe sowie zahlreiche Lieferanten und Handwerker vor Ort. Für die genannten Branchen sind teilweise erhebliche Umsatzeinbußen zu verzeichnen, die sich direkt auf die Beschäftigten auswirken. Für die jeweilige Stadt oder Region hat das auch direkte wirtschaftliche Konsequenzen , da aufgrund der Umsatzeinbußen Steuereinnahmen wegfallen. Das Institut der Deutschen Messewirtschaft im AUMA hat die Effekte auf Deutschland 36 Süddeutsche Zeitung, 6. März 2020, Corona-Virus-Krise: Die Luftfahrt-Branche hat noch ganz andere Probleme. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/coronavirus-luftfahrt-airlines-fluege-1.4834460 (Letzter Abruf: 13.03.2020) 37 Spiegel Online, 05.03.2020, Verluste durch Corona-Virus, Wirte und Hoteliers fordern Staatshilfen. https://www.spiegel.de/wirtschaft/coronavirus-wirte-und-hoteliers-fordern-staatshilfen-a-eeeb7ebc-2e63-4e0fb 29c-0973bd597c73 (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 45 erstmalig hochgerechnet. Grundlage sind Berechnungen des ifo Instituts zur gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der deutschen Messen von 2018. Demnach sind allein durch die bisher bekanntgegebenen Absagen bzw. Verschiebungen Einbußen für die Gesamtwirtschaft in Höhe von fast 3 Mrd. Euro zu erwarten. Mehr als 24.000 Arbeitsplätze sind danach betroffen und dem Fiskus gehen über 470 Mio. Euro Steuereinnahmen verloren. In den genannten Summen sind nicht die den Unternehmen entgangenen Umsätze enthalten , die sie sonst auf Messen getätigt hätten. Diese Werte liegen um ein Vielfaches höher als die oben genannten Summen und können nur in begrenztem Umfang durch andere Maßnahmen substituiert werden. Denn kein anderes Marketing-Instrument ist in der Lage, die Darstellung des Unternehmens und der Produkte in ihrer Breite und Tiefe über den persönlichen Kontakt herzustellen.“38 Weiterhin verweist der Verband auf die Terminänderungen von Messen sowie auf die für seine Analyse herangezogene Ifo-Studie: Coronavirus: Terminänderungen von Messen (In- und Ausland) https://www.auma.de/de/ausstellen/messen-finden/coronavirus-terminaenderungen-vonmessen (Letzter Abruf: 13.03.2020) AUMA Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V. Geschäftsbereich Institut der Deutschen Messewirtschaft, 2018, Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung von Messen und Ausstellungen in Deutschland, Untersuchung des Ifo Instituts München im Auftrag des AUMA, Schriftenreihe Institut der Deutschen Messewirtschaft Edition 49 https://www.auma.de/de/medien_/publikationen_/Documents/die-gesamtwirtschaftlichebedeutung -von-messen-und-ausstellungen-in-deutschland-2018/auma-edition-49-gesamtwirtschaftliche -bedeutung-von-messen.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) hat eine Übersicht abgesagter Messen erstellt: Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), 05.03.2020, Absage von Großveranstaltungen wegen Corona Virus: Diese Messen und Events sind betroffen. https://www.rnd.de/gesundheit/deutsche-messen-und-events-von-coronavirus-betroffendiese -grossveranstaltungen-wurden-abgesagt-und-verschoben- SGJ6IWXSP5FW5LTMHRV6ID2FDE.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Ein in der Welt erschienener Beitrag greift ergänzend das Insolvenzrisiko der Messebranche auf: Welt, 10.03.2020, Messebranche, „Ich fürchte, dass es viele Insolvenzen gibt“ https://www.welt.de/wirtschaft/article206467631/Corona-Messebranche-droht-das-Endein -bisheriger-Form.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) 38 Verband der deutschen Messewirtschaft-AUMA, 09.03.2020, Corona-Virus: Absagen und Verschiebungen von Messen könnten die Wirtschaft bis zu 3 Mrd. Euro kosten. https://www.auma.de/de/medien/meldungen/presse-2020-08 (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 46 5.7. National und international in Aussicht gestellte Hilfen Das Handelsblatt greift in einem am 09.03.2020 erschienenen Artikel die Ergebnisse des Koalitionsgipfels der Bundesregierung und die daraus folgenden Maßnahmen für die Wirtschaft wie folgt auf: „Liquiditätshilfen Die wohl wichtigste kurzfristige Maßnahme in der Corona-Krise: Die Regierung greift betroffenen Unternehmen finanziell unter die Arme. Sie kündigt Vorschläge für entsprechende Liquiditätshilfen und ein Gespräch mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft und den Gewerkschaften dazu an. Etwas konkreter wurde CSU-Chef Markus Söder auf Twitter: >Wir haben neben medizinischen Schutzmaßnahmen auch ein großes Hilfspaket für die deutsche Wirtschaft vereinbart: umfassende Kurzarbeiterregelungen, Liquiditätshilfen, Bürgschaften und Steuerstundungen für betroffene Branchen<, schrieb er. >Anders als bei den Konjunkturprogrammen während der Finanzkrise, mit denen grundsätzliche Konjunkturdefizite angegangen wurden und Konsum und Investitionen angeregt werden sollten , geht es in der jetzigen Situation darum, unbürokratisch Überbrückungsunterstützung und -hilfen für Betriebe und Unternehmen bereit zu stellen<, kommentierte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. Kurzarbeitergeld Die Auszahlung von Kurzarbeitergeld soll leichter und länger möglich werden. (…)“39 40 Ferner seien demnach sowohl steuerpolitische Maßnahmen als auch Investitionen geplant. Zum Stand der Planung berichtet das Handelsblatt am 09.03.2020: „Investitionspaket und Genehmigungsverfahren Neben dem Krisenprogramm hat die Bundesregierung eine Reihe weiterer Entscheidungen getroffen. Sie will ein zusätzliches milliardenschweres Investitionspaket schnüren. So werden die Investitionen des Bundes in den Jahren 2021 bis 2024 um jeweils 3,1 Milliarden Euro verstärkt, das Geld fließt vor allem in Verkehrswege des Bundes und den Bau bezahlbarer Wohnungen. Daneben legt die Bundesregierung als Leitlinie fest, die Investitionen bis 2030 nochmal zu erhöhen. >Unter Zugrundelegung der Haushaltsplanungen wird bei Fortschreibung des 39 Handelsblatt, 09.03.2020, Koalitionsgipfel, Bundesregierung beschließt Notfallplan für die Wirtschaft. https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/koalitionsgipfel-bundesregierung-beschliesst-notfallplanfuer -die-wirtschaft/25623498.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) 40 Mittlerweile ist am 13.03.2020 ein Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU u. SPD zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld verabschiedet worden. https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw11-de-ausbildungsfoerderung-686436 (letzter Abruf: 18.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 47 Trends über den Finanzplanzeitraum hinaus das Ziel erreicht werden, zusätzlich 140 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren bereitzustellen<, heißt es in dem Papier. Wichtig für die Investitionen sind allerdings schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren . Diese sollen vor allem im Verkehrs- und Digitalbereich erreicht werden – und zwar >noch in dieser Legislaturperiode<. Geprüft werden soll auch, wie Gerichtsverfahren gestrafft werden können. Die Regierung soll bis Juli den Entwurf für ein Investitionsbeschleunigungsgesetz beschließen.“41 Ergänzend wird auf folgende Links des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) verwiesen: BMWi, Informationen zu den Auswirkungen des Coronavirus https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Wirtschaft/altmaier-zu-coronavirus-stehenim -engen-kontakt-mit-der-wirtschaft.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) BMWi, Treffen des Bundeswirtschaftsministers und der Wirtschaftsministerinnen und Wirtschaftsminister der Länder zum Corona-Virus https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2020/20200310-treffen-des-bundeswirtschaftsministers -und-der-wirtschaftsministerinnen-der-laender-zum-coronavirus .html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Gemeinsames Kommuniqué des Bundeswirtschaftsministers mit Wirtschaftsministerinnen und Wirtschaftsminister / -senatorinnen und -senatoren der Länder https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/A/abschlusskommunique-wirtschaftsminister -coronavirus.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (Letzter Abruf: 13.03.2020) Überblick BMWi-3-Stufen-Plan https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/B/bmwi-3-stufen-plan-ueberblick .pdf?__blob=publicationFile&v=4 (Letzter Abruf: 13.03.2020) Insgesamt ist in diesem Bereich die Entscheidungsentwicklung dynamisch. In einer aktuell erschienenen Analyse sind sich 6 führende deutsche Ökonomen über die wirtschaftswissenschaftlichen Paradigmen, der angebots- (neoklassischen/neoliberalen) und der nachfrageorientierten (keynesianischen) Wirtschaftstheorie hinweg (sh. Punkt 4.4) einig, was die zu ergreifenden Maßnahmen betrifft. Peter Bofinger/Sebastian Dullien/Gabriel Felbermayr/Clemens Fuest/Michael Hüther/Jens Südekum /Beatrice Weder di Mauro führen in ihrer Analyse der zu ergreifenden wirtschaftspolitischen Maßnahmen wie folgt aus: „Grundsätzlich muss es bei allen wirtschaftspolitischen Maßnahmen darum gehen, zum einen die bisher wirtschaftlich am stärksten betroffenen Sektoren soweit wie möglich zu 41 Handelsblatt, 09.03.2020, Koalitionsgipfel, Bundesregierung beschließt Notfallplan für die Wirtschaft. https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/koalitionsgipfel-bundesregierung-beschliesst-notfallplanfuer -die-wirtschaft/25623498.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 48 stabilisieren und zum anderen zu verhindern, dass sich aus den bisher sektoral konzentrierten Schocks auf das Verarbeitende Gewerbe und bestimmte Dienstleistungssektoren (wie dem Tourismussektor) keine systemische Krise für die Gesamtwirtschaft entwickelt . Bei einer nur temporären Störung im Fadenkreuz von gleichzeitigen Angebotsschocks und Nachfrageschocks geht es überwiegend darum, negative Effekte auf die Liquidität der Unternehmen und damit auch auf die Stabilität des Bankensystems zu kompensieren . Bei einer länger anhaltenden Störung muss es zunehmend darum gehen, zusätzlich die Ertragslage der Unternehmen zu stabilisieren und negative Effekte auf den Arbeitsmarkt zu vermeiden. In Anbetracht der zunehmenden Ausbreitung der Krise dürfte mittlerweile beides erforderlich sein. Es ist wichtig zu erkennen, dass Forderungen nach einem Konjunkturpaket, d.h. den üblichen Maßnahmen der Konjunkturstimulierung durch Geld- und Fiskalpolitik den Besonderheiten dieser Krise nicht gerecht werden. Drei Aspekte sind zentral: Es geht erstens darum, gezielt wirtschaftliche Aktivitäten zu stimulieren, die nicht zu einer Ausbreitung der Epidemie führen. „Sozialer Konsum“, der Menschen physisch zusammenbringt , sollte deshalb nicht stimuliert werden. Demgegenüber sollten Handel und Kapitalströme soweit wie möglich stabilisiert werden. Zweitens wäre die Zeitverzögerung bei einem klassischen Investitionsprogramm viel zu groß, um einen wirksamen Beitrag zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen der Corona Krise zu leisten. Drittens besteht die Gefahr, dass sich selbstverstärkende pessimistische Erwartungen zu einer konjunkturellen Abwärtsspirale führen. Wenn Unternehmen wegen der Krise ein deutlich erhöhtes Risiko sehen, dass ihre Geschäftspartner das Vertrauen von Kunden, Lieferanten oder Kapitalgebern verlieren, kann es zum Abbruch von Geschäftsbeziehungen und einer Welle von Unternehmensinsolvenzen kommen. Hier können staatliche Maßnahmen wie Liquiditätsprogramme, temporäre steuerliche Hilfen oder Kurzarbeitergeld nicht nur den direkt betroffenen Unternehmen helfen, sondern die Erwartungen unmittelbar stabilisieren.“42 Die komplette Analyse, die auch die bis dahin von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen beurteilt, ist dem folgenden Link zu entnehmen: Peter Bofinger/Sebastian Dullien/Gabriel Felbermayr/Clemens Fuest/Michael Hüther/ Jens Südekum/ Beatrice Weder di Mauro, 10.03.2020, Wirtschaftliche Implikationen der Corona-Krise und wirtschaftspolitische Maßnahmen. https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/policy_papers/PDF/2020/IW- Policy-Paper_2020-COVID.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) 42 Peter Bofinger/Sebastian Dullien/Gabriel Felbermayr/Clemens Fuest/Michael Hüther/Jens Südekum/Beatrice Weder di Mauro, 10.03.2020, Wirtschaftliche Implikationen der Corona-Krise und wirtschaftspolitische Maßnahmen . https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/policy_papers/PDF/2020/IW-Policy-Paper_2020-CO- VID.pdf (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 49 Abschließend verweist ein aktueller Zeit Online-Artikel auf mögliche Unterstützungsmaßnahmen seitens der Europäischen Kommission: „Die EU-Kommission will mit einem Fonds in Höhe von 25 Milliarden Euro die wirtschaftlichen Folgen der Corona Virus-Krise abdämpfen. Wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) ankündigte, soll der Fonds unter anderem kleinere Unternehmen, den Arbeitsmarkt und die Gesundheitssysteme unterstützen. Mit dem Geld solle unter anderem Wirtschaftssektoren unter die Arme gegriffen werden, die besonders schwer von den Auswirkungen der Gesundheitskrise betroffen seien. Finanziert werden soll der Fonds nach ihren Angaben aus nicht von den Mitgliedstaaten verwendeten Struktur- und Regionalhilfen . Sie wolle die Regierungen bitten, diese normalerweise in den EU-Haushalt zurückfließenden Mittel im Umfang von 7,5 Milliarden Euro für den Fonds freizugeben, sagte die Kommissionspräsidentin . Der Rest solle durch Co-Beiträge der betroffenen Mitgliedsstaaten finanziert werden. Konkrete Vorschläge dazu will von der Leyen bei einem Treffen der Euro-Finanzministerinnen und -Finanzminister am Montag unterbreiten.“43 5.8. Weitere Quellen Peter Bofinger/Sebastian Dullien/Gabriel Felbermayr/Clemens Fuest/Michael Hüther/Jens Südekum /Beatrice Weder di Mauro, 11.03.2020, Volkswirte wollen mehr Hilfen für die Wirtschaft, Stundung und Senkung von Steuerzahlungen – Soli-Abschaffung vorziehen – Abweichung von Schwarzer Null hinnehmen. https://www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/beitrag/michael-huether-stundung-und-senkung -von-steuerzahlungen-soli-abschaffung-vorziehen-abweichung-von-schwarzer-null-hinnehmen .html (Letzter Abruf: 11.03.2020) Handelsblatt, 12.03.2020, Corona Virus: US-Einreisestopp trifft Lufthansa so hart wie keine andere Airline – Aktie fällt um fast 13 Prozent. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/coronavirus-us-einreisestopp -trifft-lufthansa-so-hart-wie-keine-andere-airline-aktie-faellt-um-fast-13-prozent /25636200.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Handelsblatt, 12.03.2020, Börse Frankfurt: Dax fällt unter 10.000 Punkte – nun kommt es auf die EZB an. https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/marktberichte/boerse-frankfurt-dax-faellt-unter- 10-000-punkte-nun-kommt-es-auf-die-ezb-an/25635832.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Handelsblatt, 12.03.2020, Coronavirus. Kurssturz an den Märkten: Wie sicher ist das Weltfinanzsystem ? 43 Zeit Online, 11.03.2020, Corona-Virus: EU-Kommission will wirtschaftliche Folgen mit Milliardenfonds abfedern . https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-03/coronavirus-eu-kommission-25-milliarden-euro-fonds-ursula-von-derleyen (Letzter Abruf: 13.03.2020) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 50 https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/coronavirus-kurssturz-an-denmaerkten -wie-sicher-ist-das-weltfinanzsystem/25633486.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Handelsblatt, 12.03.2020, Börsenkrisen im Vergleich, Der Dax erlebt derzeit den schnellsten Crash seiner Geschichte. https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/boersenkrisen-im-vergleich-derdax -erlebt-derzeit-den-schnellsten-crash-seiner-geschichte/25633512.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Handelsblatt, 13.03.2020, Morning Briefing: Ein Virus namens Rezession. „Deka-Bank der Sparkassen schätzt den bisherigen weltweiten Schaden durch das Coronavirus auf 750 Milliarden Euro.“ https://www.handelsblatt.com/meinung/morningbriefing/morning-briefing-ein-virus-namensrezession /25640052.html (Letzter Abruf: 13.03.2020) Spiegel Online, 13.03.2020, Coronakrise und die US-Wirtschaft, Trumps Crash-Kurs https://www.spiegel.de/wirtschaft/trumps-crash-kurs-coronakrise-belastet-us-wirtschaft-und-boersen -a-bb3d3e99-6247-46a1-bcba-66148c671574 (Letzter Abruf: 13.03.2020) WirtschaftsWoche, 14.03.2020, Corona-Krise. „Die globalen Lieferketten werden um 34,5 Prozent zurückgehen“. https://www.wiwo.de/unternehmen/industrie/corona-krise-die-globalen-lieferketten-werden-um- 34-5-prozent-zurueckgehen/25637144.html (Letzter Abruf: 14.03.2020) Neue Zürcher Zeitung (NZZ), 14.03.2020, Kommentar. EZB-Präsidentin Lagarde redet die Märkte in den Crash: die richtige Aussage zum völlig falschen Zeitpunkt. https://www.nzz.ch/wirtschaft/ezb-praesidentin-lagarde-redet-die-maerkte-in-den-crash-die-richtige -aussage-zum-voellig-falschen-zeitpunkt-ld.1546352 (Letzter Abruf: 14.03.2020) WirtschaftsWoche.15.03.2020, Export-Weltmeister unter Druck. Wird Deutschlands Stärke zur Schwäche? https://www.wiwo.de/unternehmen/mittelstand/export-weltmeister-unter-druck-wird-deutschlands -staerke-zur-schwaeche/25645508.html (Letzter Abruf: 15.03.2020) Handelsblatt, 15.03.2020, US-Notenbank. Fed senkt Leitzins auf fast null Prozent. https://www.handelsblatt.com/finanzen/geldpolitik/us-notenbank-fed-senkt-leitzins-auf-fastnull -prozent/25646796.html (Letzter Abruf: 15.03.2020) Handelsblatt, 16.03.2020, Nikkei, Topix & Co. Asiens Märkte im Minus – Maßnahmen der Notenbanken verpuffen. https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/marktberichte/nikkei-topix-und-co-asiens-maerkte -im-minus-massnahmen-der-notenbanken-verpuffen/25646930.html (Letzter Abruf: 16.03.2020) Handelsblatt, 16.03.2020, Reaktion auf Coronakrise. Tui setzt größtenteils den Betrieb aus und will Staatshilfen beantragen. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/reaktion-auf-coronakrise-tui- Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 027/20 Seite 51 setzt-groesstenteils-den-betrieb-aus-und-will-staatshilfen-beantragen/25646874.html (Letzter Abruf : 16.03.2020) Handelsblatt, 16.03.2020, Folgen der Epidemie. Deutsche Mittelständler fürchten wegen des Coronavirus um ihre Existenz. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/mittelstand/folgen-der-epidemie-deutsche-mittelstaendler -fuerchten-wegen-des-coronavirus-um-ihre-existenz/25617334.html (Letzter Abruf: 16.03.2020) FAZ, 16.03.2020, Wegen Coronavirus-Pandemie: Chinas Wirtschaft bricht ein. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/coronavirus-pandemie-laesst-chinas-wirtschaft-einbrechen -16680940.html (Letzter Abruf: 16.03.2020) FAZ, 16.03.2020, Trotz Zinssenkungen: Deutsche Aktien deutlich leichter erwartet. https://www.faz.net/aktuell/finanzen/finanzmarkt/deutsche-aktien-deutlich-leichter-erwartet- 16681048.html (Letzter Abruf: 16.03.2020) Neue Zürcher Zeitung (NZZ), 16.03.2020, Ist die Corona-Krise mit der Finanzkrise von 2008 vergleichbar ? Teilweise ja, aber diese Krise ist komplexer https://www.nzz.ch/wirtschaft/ist-die-corona-krise-mit-der-finanzkrise-von-2008-vergleichbarteilweise -ja-aber-diese-krise-ist-komplexer-ld.1546369 (Letzter Abruf: 16.03.2020) WirtschaftsWoche, 16.03.2020, Geschlossene Läden wegen Corona. „Amazon wird Kerngewinner der Ladenschließungen sein“. https://www.wiwo.de/unternehmen/handel/geschlossene-laeden-wegen-corona-amazon-wirdkerngewinner -der-ladenschliessungen-sein/25650964.html (Letzter Abruf: 16.03.2020) Spiegel Online, 17.03.2020, Grenzschließungen wegen Covid-19. Lieferketten in Gefahr. https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/covid-19-lieferketten-in-gefahr-a-d0735376- 540a-4b25-b876-8a14d7470f17 (Letzter Abruf: 17.03.2020) Süddeutsche Zeitung, 17.03.2020, Coronavirus: Wie die Krise die Unternehmen trifft. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/coronavirus-unternehmen-folgen-krise-1.4846966 (Letzter Abruf: 17.03.2020) FAZ, 17.03.2020, Corona-Krise: VW stellt Produktion in Europa weitgehend ein. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/corona-krise-vw-stellt-produktion-in-europa -weitgehend-ein-16682706.html (Letzter Abruf: 17.03.2020) Handelsblatt, 17.03.2020, Konjunktureinbruch. Die Rezession ist unausweichlich – die Frage ist, wie schlimm sie wird. https://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/nachrichten/konjunktureinbruch-die-rezession -ist-unausweichlich-die-frage-ist-wie-schlimm-sie-wird/25650388.html (Letzter Abruf: 17.03.2020) ***