© 2016 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 027/16 Sharing Economy Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 027/16 Seite 2 Sharing Economy Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 027/16 Abschluss der Arbeit: 12.04.2016 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Tourismus Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 027/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Begriffliche Abgrenzung, Branchen und Plattformen der Sharing Economy 4 2.1. Differenzierung 4 2.2. Organisationsmodelle 5 2.3. Branchen und Plattformen 7 3. Mögliche Effekte der Sharing Economy auf die deutsche Wirtschaft 8 3.1. Erleichterter Marktzugang 8 3.2. Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt 9 3.3. Steuerverluste/Schwarzarbeit 9 3.4. Auswirkungen auf den Wettbewerb 10 3.5. Ökologische Auswirkungen 10 4. Politische Reaktionsmöglichkeiten auf die Entwicklung der Sharing Economy 12 5. Umgang mit dem Thema der Sharing Economy auf internationaler Ebene 13 5.1. International 13 5.2. Europäische Union 13 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 027/16 Seite 4 1. Einleitung Sharing Economy ist als grober Überbegriff für viele Wirtschaftsmodelle zu verstehen, die eines gemeinsam haben: die gemeinschaftliche Nutzung von Gütern und Dienstleistungen. Unter den Begriff können verschiedenste Formen subsumiert werden: vom kommerziellen, also profitorientierten Carsharing über Second Hand-Marktplätze bis hin zum Bücherverleih in Bibliotheken und nachbarlichen nicht-kommerziellen Verleihinitiativen. Nun wird bei der Vielfalt dieser Wirtschaftsformen bereits deutlich: Der Begriff ist von einer Heterogenität geprägt, die es einerseits beinahe unmöglich macht, genaue Definitionen zu finden, es aber andererseits gerade wegen der raschen Entwicklung und Verbreitung auch erforderlich macht, dass eine solche erarbeitet wird.1 Leitfaden für diese Ausarbeitung war der erste Arbeitsbericht (Anlage 1) des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projektes „PeerSharing“2, in dem man sich mit der konzeptionellen Erfassung und der praktischen Bestandsaufnahme des Peer-to-Peer Sharings auseinandersetzt. Nicht nur bei der Definierung der Sharing Economy, sondern auch bei der Ausarbeitung zur Frage, welche Auswirkungen sie auf die deutsche Wirtschaft hat, haben sich Probleme ergeben. Aufgrund der Tatsache, dass die neuen Wirtschaftsmodelle der Sharing Economy im Zusammenhang mit technologischen Neuentwicklungen ein recht junges Phänomen darstellen, finden sich kaum (abgeschlossene) Studien, die die aufgestellten Hypothesen belegen könnten. Nach möglichen politischen Lösungsansätzen (Wie kann der Gesetzgeber positive Effekte der Sharing Economy unterstützen bzw. negativen Effekten vorbeugen?) wird letztlich auf die politischen Entwicklungen bezüglich der Sharing Economy auf internationaler Ebene eingegangen (Wie handhaben andere Städte und Länder Probleme mit Unternehmen der Sharing Economy, was geschieht auf europäischer Ebene?). Auch hier haben die Recherchen ergeben, dass es kaum neue Erkenntnisse und Entscheidungen gibt. 2. Begriffliche Abgrenzung, Branchen und Plattformen der Sharing Economy 2.1. Differenzierung In dem vom BMBF geförderten Projekt „PeerSharing“ analysiert man den Begriff der Sharing Economy wie folgt: „Der englische Begriff ‚Sharing‘ bedeutet Teilen und zwar im Sinne der Überlassung von Dingen an Dritte zu deren Nutzung beziehungsweise des Erhalts von Dingen von Dritten zur eigenen Nutzung (Belk 2007). Teilen ist eine traditionelle soziale Praktik, die überwiegend zwischen vertrauten Personen, also innerhalb der Familie oder unter Freund/innen und Bekannten, ausgeübt wurde und nach wie vor ausgeübt wird. Diese Praktik hat durch das Aufkommen des Internets und die Verbreitung digitaler Netzwerke einen fundamentalen Wandel erfahren, nämlich in der 1 http://www.peer-sharing.de/data/peersharing/user_upload/Dateien/PeerSharing_Ergebnispapier.pdf (Stand: 11.04.2016). 2 http://www.peer-sharing.de/das-projekt.html (Stand: 11.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 027/16 Seite 5 Weise, dass das Teilen nun auch zwischen Fremden einfacher wird und der Zugang zu entsprechenden Netzwerken niedrigschwellig ausfällt (Belk 2014; Light und Miskelly 2014; Schor und Fitzmaurice 2015). Begonnen hat dieser internetgestützte ‚sharing turn‘ (Grassmuck 2012) mit dem Teilen digitaler Medien, etwa auf einer Plattform wie Napster. Später sind Plattformen dazugekommen , die die geteilte Nutzung materieller Güter wie Werkzeuge, Spielzeug, Unterkünfte, Fahrzeuge und so weiter zu geringen Transaktionskosten ermöglichten (z.B. Botsman und Rogers 2011). Diese durch innovative Informations- und Kommunikationstechnologie beförderte Entwicklung veranlasst manche Autoren von Sharing Economy zu sprechen, so Botsman (2013). Nach ihr basiert die Sharing Economy auf dem Teilen unterausgelasteter Ressourcen (‚idle capacities /assets‘) – Gegenstände, Räume, Fertigkeiten – gegen monetäre oder nicht-monetäre Kompensation basiert. Je nach Sichtweise und Erkenntnisinteresse kommen unterschiedliche Autor /innen zu unterschiedlichen Differenzierungen der Sharing Economy (vgl. Tabelle 1):“3 Tab. 1: Differenzierungen der Sharing Economy Botsman und Rogers (2011) Andersson et al. (2013) Schor und Fitzmaurice (2015) Weiterverkauf gebrauchter Güter, z.B. Ebay („redistribution marktes “) Entgeltpflichtige, eigentumslose Nutzung eines Produktes, z.B. Zipcar („product service systems“) Austausch von und Handel mit Fertigkeiten, Räumlichkeiten, Geld, z.B. Airbnb („collaborative lifestyles“) Handel von gebrauchten tangiblen Gütern, z.B. Ebay („peer-to-peer trading“) Teilen von materiellen Gütern, z.B. Airbnb („peer-to-peer goods sharing“) Teilen von Dienstleistungen, z.B. Avego (Mitfahrzentrale) („peer-topeer service sharing“) Tausch, Weiterverkauf, Verschenken von gebrauchten Gütern , z.B. Freecycle („recirculation of goods“) monetäre oder nicht-monetäre Überlassung des Gebrauchs von materiellen Gütern an Dritte, z.B. Zipcar, Couchsurfing, Airbnb („optimizing use of assets“) monetärer oder nicht-monetärer Austausch von Dienstleistungen, z.B. Taskrabbit, („exchange of services “) Quelle: Tab. 1: Differenzierungen der Sharing Economy, http://www.peer-sharing .de/data/peersharing/user_upload/Dateien/PeerSharing_Ergebnispapier.pdf (Stand: 11.04.2016) 2.2. Organisationsmodelle Die Sharing Economy kann zwischen verschiedenen Akteuren betrieben werden; man unterscheidet darum zwischen folgenden Organisationsmodellen: Die Organisationsvariante „Business-to-Consumer“ (abgekürzt: B2C) umfasst die Wirtschaftsbeziehung zwischen einem Unternehmen und einem Konsumenten. Als Beispiel dafür dient das Carsharing. Ein Unternehmen wie Daimler oder BMW stellt ein Kfz zur Verfügung. Der Konsument nutzt das Kfz und zahlt dafür einen bestimmten Betrag. Dieses Konstrukt ist tatsächlich eine Weiterentwicklung des bekannten Leasings – nur, dass man die Dauer der Kfz-Nutzung von Jahren auf Minuten verkürzt hat. Sowohl das Unternehmen als auch der Konsument ziehen aus 3 http://www.peer-sharing.de/data/peersharing/user_upload/Dateien/PeerSharing_Ergebnispapier.pdf (Stand: 11.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 027/16 Seite 6 dieser Organisationsvariante Vorteile. Der Konsument zahlt letztendlich nur, wenn er das Kfz auch wirklich nutzt – für den Unternehmer steigt der Gewinn, denn die Preise für Kurzzeitleasing sind letztendlich höher als die für Langzeitleasing und bringen dem Unternehmen langfristig bei häufiger Nutzung einen größeren ökonomischen Gewinn ein.4 Unter der Business-to-Business-Variante (B2B) versteht man, wie der Name bereits vermuten lässt, die Wirtschaft des Teilens unter Unternehmen.5 Verfügt ein Unternehmen nicht über bestimmte Mittel – wie beispielsweise ein Landwirtschaftsbetrieb über bestimmte kostspielige Maschinen – so hat es dennoch die Möglichkeit, mit vergleichsweise geringem Kostenaufwand Nutzungszugang zu den Maschinen zu erhalten, indem es die Maschine bei einem anderen Unternehmen ausleiht. Als Consumer-to-Consumer-Variante (C2C bzw. P2P) bezeichnet man die Wirtschaft des Teilens unter Gleichgesinnten („peers“). Dabei ist zwischen der P2P-Variante nicht-kommerzieller und kommerzieller Art zu unterscheiden. Nicht-kommerziell ist beispielsweise das Anlegen und Nutzen von Gemeinschaftsgärten. Das P2P-Modell kommerzieller Art hat sich erst in den letzten Jahren dank neuer technologischer Entwicklungen entwickeln können. Ein Beispiel dafür ist die Internetplattform Airbnb. Die Plattform vermittelt zwischen denen, die eine Unterkunft in einer Stadt mieten möchten, und denen, die ihre Wohnung zur Miete zur Verfügung stellen. Die Consumer -to-Consumer-Variante kommerzieller Art stellt somit das eigentlich Neue der Sharing Economy dar.6 Eine Definition liefern Scholl et al. in dem ersten Arbeitsbericht ihrer Studie „PeerSharing“ (Anlage 1): „Peer-to-Peer Sharing steht für die zwischen Privatpersonen geteilte und von Dritten vermittelte Nutzung von materiellen Gütern. Das Teilen findet entweder zwischen verschiedenen Nutzer/innen ohne Eigentumsübertragung im Sinne einer Nutzungsintensivierung (Co-Using, Verleihen, Vermieten) oder mit Eigentumsübertragung im Sinne einer Nutzungsdauerverlängerung (Verschenken , Tauschen, Weiterverkaufen) statt.“7 4 Wippermann, Sharing Economy wird zur Wirtschaftsmacht, http://www.capital.de/meinungen/sharing-economy -information-veraendert-organisation.html (Stand: 11.04.2016). 5 Heinrichs, Sharing Economy: Potenzial für eine nachhaltige Wirtschaft, in: ifo Schnelldienst 21/2014, S. 15-17. 6 Eichhorst/Spermann, Sharing Economy – Chancen, Risiken und Gestaltungsoptionen für den Arbeitsmarkt. 7 http://www.peer-sharing.de/data/peersharing/user_upload/Dateien/PeerSharing_Ergebnispapier.pdf (Stand: 11.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 027/16 Seite 7 2.3. Branchen und Plattformen Die folgende Grafik zeigt die verschiedenen Branchen der Sharing Economy und die Anzahl ihrer Plattformen. Zu den größten drei Branchen gehören die der Mobilität, Gebrauchsgegenstände und Übernachtung. Quelle: Peer-to-Peer Sharing, Definition und Bestandsaufnahme, Abb. 13: Anzahl der Plattformen nach Konsumbereichen8 Darüber hinaus wurde im Rahmen der o. g. Studie eine Datenbank9 (Anlage 2) angelegt, der man die einzelnen Plattformen mit Kurzbeschreibungen, Sharing-Praktik, Konsumbereich, Gründungsjahr und Herkunftsland entnehmen kann. 8 http://www.peer-sharing.de/data/peersharing/user_upload/Dateien/PeerSharing_Ergebnispapier.pdf (Stand: 11.04.2016). 9 http://www.peer-sharing.de/data/peersharing/user_upload/Dateien/Datenbank_Websiteversion_final.pdf (Stand: 11.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 027/16 Seite 8 Anlässlich der CeBIT 2013 wurde die folgende Übersicht auf der Internetplattform https://www.friendsurance.de/ erstellt. „Die deutsche Shareconomy Landschaft“ Quelle: https://www.friendsurance.de/blog/infografik-shareconomy-landschaft/ (Stand: 11.04.2016) Der o.g. Link unterteilt die in der Grafik dargestellten Sharing-Angebote in Rubriken nach: Mobilität , Finance & Funds, Carsharing, Wohnungssharing, Verleihen und Verschenken und Kinder. Unter der jeweiligen Rubrik können die jeweiligen Anbieter im Rahmen einer aktiven Verlinkung direkt aufgerufen werden. 3. Mögliche Effekte der Sharing Economy auf die deutsche Wirtschaft 3.1. Erleichterter Marktzugang Eine Unternehmensgründung und vor allem -Etablierung stellt auf herkömmlichem Wege für jeden eine große Herausforderung dar, sie ist mit einem großen finanziellen und zeitlichen Aufwand verbunden – eine Unternehmensgründung im Bereich der Share Economy (besonders im P2P-Modell) jedoch nicht unbedingt. Die Anfangsinvestitionen beschränken sich auf die Erstellung der Vermittlungsplattform, also der Internetseite oder einer Smartphone-App, sowie auf die dazugehörige Infrastruktur und das Marketing. Auch darüber hinaus liegen die variablen Kosten Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 027/16 Seite 9 der Organisation nahezu bei Null. Diese insgesamt doch eher niedrigen Kosten erlauben es innovativen Start-ups, sich schnell auf dem Markt zu etablieren.10 Insofern erleichtert zumindest das P2P-Modell der Sharing Economy neuen Unternehmen den Marktzugang. 3.2. Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt Modelle der Sharing Economy können sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Ist man auf der einen Seite über den einfachen Zugang zum Arbeitsmarkt und die Flexibilität bei der Verrichtung von Diensten erfreut, befürchtet man auf der anderen Seite, dass die verschiedenen Vorteile (Versicherungen, Kündigungsschutz etc.), die Arbeitnehmer üblicherweise genießen, schwinden. Dies könnte dadurch geschehen, dass die einzelnen über die Plattformen vermittelten Dienstleister nicht angestellt werden, sondern selbstständig im Rahmen von Werkverträgen tätig werden. Sie müssen selbst für verschiedene Versicherungen aufkommen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass die Vielzahl der Anbieter von Dienstleistungen zu Niedriglöhnen führt. Werner Eichhorst und Alexander Spermann haben mögliche Chancen und Risiken der Sharing Economy und Gestaltungsoptionen für den Arbeitsmarkt herausgearbeitet (Anlage 3). http://www.randstad-stiftung.de/images/uploads/Publikationen/randstadstiftung _DEZ2015_Sharing_Economy.pdf (Stand: 11.04.2016) In dem zweiten Arbeitsbericht des Projektes „PeerSharing“ nimmt man Stellung zu auf den Arbeitsmarkt bezogenen Kontroversen (Anlage 4). http://www.peer-sharing.de/data/peersharing/user_upload/Dateien/PeerSharing_Arbeitsbericht 2.pdf (Stand: 11.04.2016) 3.3. Steuerverluste/Schwarzarbeit Vielfach wird die Befürchtung geäußert, die Sharing Economy eröffne gar einen neuen Markt für Schwarzarbeit. Beispielsweise würden Nutzer der Peer-to-Peer-Plattformen faktisch gewerblich tätig, zahlten jedoch keine Umsatzsteuer. Somit hätte der Staat große Steuerverluste zu verzeichnen . Grundsätzliche Befürworter der Sharing Economy sind jedoch der Auffassung, sie könnte auch einen positiven Effekt auf die Wirtschaft haben: Dadurch, dass Zahlungen bargeldlos über Online-Zahlungssysteme abgewickelt werden, könnten Transaktionen einfacher erfasst werden. Eine einfache Datenübermittlung an die Finanz- und Aufsichtsbehörden machte es diesen leichter , Fälle der Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit zu erfassen, zu verfolgen und schließlich einzudämmen.11 10 Eichhorst/Spermann, Sharing Economy – Chancen, Risiken und Gestaltungsoptionen für den Arbeitsmarkt. 11 Solmecke/Lengersdorf, Rechtliche Probleme bei der Sharing Economy. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 027/16 Seite 10 Im zweiten Arbeitsbericht des Projektes „PeerSharing“ werden steuerliche Auswirkungen der Sharing Economy dargestellt (Anlage 4). http://www.peer-sharing.de/data/peersharing/user_upload/Dateien/PeerSharing_Arbeitsbericht 2.pdf (Stand: 11.04.2016) 3.4. Auswirkungen auf den Wettbewerb Besonders in den Branchen Mobilität und Unterkunft haben Unternehmen der Sharing Economy erhebliche Auswirkungen auf den Wettbewerb. Durch die Vermehrung von Anbietern auf dem Markt steigt der (Innovations-)Druck und die Unternehmen arbeiten effizienter. Für die Verbraucher sinken die Preise, es herrscht ein vielfältigeres Angebot, ineffiziente Unternehmen verschwinden .12 Problematisch daran: Diese ineffizienten Unternehmen sind häufig solche der analogen Wirtschaftsform. Der Grund dafür, dass die innovativen Unternehmen im Wettbewerb gewinnen , besteht darin, dass oftmals den Verbraucher schützende Regelungen aufgeweicht werden , weil sich die spezifischen Arten der Sharing Economy nicht unter Tatbestandsmerkmale dieser bestehenden Vorschriften subsumieren lassen. Dadurch, dass die Unternehmen bestimmte Vorschriften also nicht beachten, können sie Kosten einsparen, die analoge Wirtschaftsformen aufwenden müssen.13 Christian Solmecke und Bonny Lengersdorf zeigen in ihrem Aufsatz „Rechtliche Probleme bei Sharing Economy“ auf (Anlage 5). https://www.wbs-law.de/wp-content/uploads/2015/08/MMR-2015-493-Rechtliche-Probleme-bei- Sharing-Economy.pdf (Stand: 11.04.2016) Darüber hinaus empfehlenswert: Adolf Rebler, „Unmoderne Regelungswut oder berechtigte Kontrolle : Genehmigungen nach PBefG in Zeiten von Uber und Wundercar“, in: „Die Modelle Uber und Airbnb: Unlauterer Wettbewerb oder eine neue Form der Sharing Economy?“, in: ifo Schnelldienst 21/2014, S.8-12 (Anlage 6). https://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/publications/docbase/details.html?docId=19107212 (Stand: 11.04.2016) 3.5. Ökologische Auswirkungen Möglicherweise wirkt sich die Sharing Economy positiv auf die Umwelt aus. Werden Räume, Autos , Maschinen etc. geteilt, getauscht oder verliehen, also vorhandene Ressourcen effizienter genutzt , so muss sowohl weniger produziert als auch weniger weggeworfen werden. Man spart demnach einiges an Material, Energie und Fläche.14 Allerdings besteht daneben auch die Möglichkeit eines sogenannten Rebound-Effektes, also eines Rückpralleffektes: Beispielsweise hat die US-Soziologin Juliet Schor festgestellt, dass einige der Nutzer von Airbnb aufgrund der niedrigen 12 Dörr/Goldschmidt, Share Economy: Vom Wert des Teilens, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/share-economy -vom-wert-des-teilens-13990987.html (Stand: 11.04.2016). 13 Schlenker, Uber und die (angebliche) Revolution auf dem Beförderungsmarkt – Sharing Economy oder ungehemmte Profitgier?, in: ifo Schnelldienst 21/2014, S. 18-20. 14 Loske, Politische Gestaltungsbedarfe in der Ökonomie des Teilens, in: ifo Schnelldienst 21/2014, S. 21-24. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 027/16 Seite 11 Preise für eine Übernachtung in einer Privatunterkunft häufiger in den Urlaub fliegen.15 Oder das Beispiel Uber: Seit dem Eintritt von Uber in den Taximarkt stieg in New York die Anzahl der Fahrten innerhalb von zwei Jahren um ca. drei Millionen.16 Durch die Niedrigpreise und die ständige Verfügbarkeit von Kfz bewirken die neuen Anbieter der Sharing Economy eine größere Nachfrage, sodass im Endeffekt der ökologische Nutzen dieser Wirtschaftsmodelle abnimmt.17 Uwe Altrock, Stadtplaner und Herausgeber der Zeitschrift Planungsrundschau, nimmt in einer Umfrage „Welche Chancen und Risiken verbinden Sie mit der Wirtschaft des Teilens?“ Stellung 18: „Teilen statt besitzen – das verspricht eine effizientere Nutzung knapper Ressourcen. Weniger Platz für parkende Autos, die Wiederbelebung leer stehender Läden, in denen nun geteilt statt gekauft wird, eine neue Kultur der kleinteiligen, vielfältigen handwerksnahen Produktion im Quartier, neue Formen von Gemeinschaft in der Anonymität der Großstadt: viele wichtige Schritte zu einem lebenswerten Alltag. Ob sie wirklich der Nachhaltigkeit dienen, wird davon abhängen , was die Menschen mit dem durch das Teilen gesparten Geld anfangen: zusätzliche Fernreisen , durch das Teilen stimulierte zusätzliche Konsumerlebnisse, verschwenderischen Umgang mit den preiswerten Angeboten? Damit Effizienzgewinne nicht aufgezehrt werden, bedarf es weiterhin politischer Steuerung und sparsamer Technologien.“ Die Umfrage ist Teil des Artikels „SHARE ECONOMY – Die Mär von der Nachhaltigkeit“ von Christoph Böckmann. Weitere Stellungnahmen zur Umfrage findet man unter: http://www.vdi-nachrichten.com/Technik-Gesellschaft/Die-Maer-Nachhaltigkeit (Stand: 11.04.2016) Letztendlich liegen aber noch keine abgeschlossenen, repräsentativen Studien vor, durch die die ökologischen Effekte nachgewiesen werden können. Von einem ökologischen Potenzial der Sharing Economy ist häufig die Rede, Vermutungen werden aufgestellt – aber konkrete Aussagen können mangels wissenschaftlicher Nachweise noch nicht gemacht werden. In der Studie „Peer Sharing: Internetgestützte Geschäftsmodelle für gemeinschaftlichen Konsum als Beitrag zum nachhaltigen Wirtschaften“ versuchen Dr. Gerd Scholl und sein IÖW-Projektteam u.a. herauszufinden, wie sich die Modelle der Sharing Economy auf die Umwelt auswirken. Das Projekt wird mit einer Laufzeit von drei Jahren voraussichtlich im Januar 2018 abgeschlossen. Vorläufige Forschungsergebnisse sind dem folgenden Link, der auch das Gesamtprojekt betrachtet , zu entnehmen: http://www.peer-sharing.de/ (Stand: 11.04.2016) 15 http://www.greattransition.org/publication/debating-the-sharing-economy (Stand: 11.04.2016). 16 http://www.economist.com/news/united-states/21661016-does-uber-substitute-cabs-or-attract-new-riders-itdepends -where-you-live-tale (Stand: 11.04.2016). 17 Eichhorst/Spermann, Sharing Economy – Chancen, Risiken und Gestaltungsoptionen für den Arbeitsmarkt. 18 http://www.vdi-nachrichten.com/Technik-Gesellschaft/Die-Maer-Nachhaltigkeit (Stand: 11.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 027/16 Seite 12 4. Politische Reaktionsmöglichkeiten auf die Entwicklung der Sharing Economy Vor dem Hintergrund der oben aufgezeigten (möglichen) wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen der Sharing Economy sind sich die meisten Autoren darüber einig, dass erheblicher Handlungsbedarf von Seiten der Gesetzgebung besteht. Der aktuelle Regelungsrahmen sei veraltet ; um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und Absicherung auf Seiten der Mikrounternehmer oder Sicherheit auf Verbraucherseite zu gewährleisten, hält man Gesetzesanpassungen (Ausweitung von Regelungen auf bestimmte Modelle der Sharing Economy, Aufhebungen veralteter Regelungen) für erforderlich. Gleichzeitig wird gefordert, der Sharing Economy die Entfaltung seiner (positiven) Entwicklungspotenziale zu ermöglichen. Da jedoch die Auswirkungen noch nicht wissenschaftlich belegt sind, wird die genaue Ausarbeitung der einzelnen Regelungen andauern . In den folgenden Literaturempfehlungen befasst man sich mit der Aufgabe, ob und wenn ja in welchem Rahmen Regulierungsbedarf herrscht: Ulrich Schwalbe, „Uber und Airbnb: Zur Mikroökonomik der „Sharing Economy“ und Harald Heinrichs, „Sharing Economy: Potenzial für eine nachhaltige Wirtschaft“ in: „Die Modelle Uber und Airbnb: Unlauterer Wettbewerb oder eine neue Form der Sharing Economy?“, in: ifo Schnelldienst 21/2014, S.12-15 (Anlage 6). https://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/publications/docbase/details.html?docId=19107212 (Stand: 11.04.2016). Ralf Dewenter, Kommentar: „Regulierungsbedarf der Sharing Economy“ (Anlage 7). https://www.hsu-hh.de/download-1.5.1.php?brick_id=XADI6EDsNHleXVW0 (Stand: 11.04.2016). Auch die Monopolkommission nimmt Stellung zur Problematik der durch nicht angepasste Regelwerke gehemmten Entwicklung der Sharing Economy sowie möglichen Wettbewerbsverzerrungen im Taxigewerbe und schlägt konkrete Änderungen vor: Monopolkommission, Sondergutachten 68, „Wettbewerbspolitik: Herausforderung digitaler Märkte“, Auszug S. 176-182 (Anlage 8). http://monopolkommission.de/images/PDF/SG/SG68/S68_volltext.pdf (Stand: 11.04.2016). Monopolkommission, Pressemitteilung: Monopolkommission legt Hauptgutachten vor, „Wettbewerbsdefizite auf Taximärkten“ (Anlage 9). http://www.monopolkommission.de/images/PDF/HG/HG20/XX._HG_PM_Taximaerkte.pdf (Stand: 11.04.2016). In Berlin hat man bereits beispielsweise die Vermietung von Wohnraum über die Plattform Airbnb stark eingeschränkt; eine Vermietung ist nur noch mit Sondergenehmigung zulässig – andernfalls drohen hohe Bußgelder (Anlage 10). http://www.spiegel.de/reise/aktuell/bussgelder-ab-mai-berlin-schraenkt-airbnb-vermietungenradikal -ein-a-1086167.html (Stand: 11.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 027/16 Seite 13 5. Umgang mit dem Thema der Sharing Economy auf internationaler Ebene 5.1. International In einigen Teilen der Welt hat man bestimmte P2P-Modelle wie Uber verboten (bspw. in Frankreich , den Niederlanden, Belgien, Indonesien, Thailand und Spanien, China). In New York will man versuchen, das Wachstum von Uber zu beschränken und außerdem zu untersuchen, wie sich Uber auf Verkehr und Umwelt auswirkt.19 In Seattle beschränkt man die Anzahl von Ridesharing -Unternehmen auf 150. In New York ist die Vermietung von Wohnraum über die Internetplattform Airbnb auf 30 Tage beschränkt.20 In einigen Städten und Staaten der USA und vereinzelt auch in Europa zieht Airbnb nun in Absprache mit den verschiedenen Regierungen automatisch bei der Buchung einer Unterkunft im Namen des Gastgebers eine Steuer ab.21 Die südkoreanische Stadt Seoul hat sich offiziell als Stadt der Sharing Economy bezeichnet und setzt einiges daran, die Sharing Economy in die südkoreanische Wirtschaft zu integrieren. Weitere Informationen über die Situation der Sharing Economy in Seoul sind dem folgenden Link zu entnehmen: http://www.shareable.net/blog/sharing-city-seoul-a-model-for-the-world (Stand: 11.04.2016) 5.2. Europäische Union Weder die Europäische Kommission noch das Europäische Parlament haben eine feste Position zur Sharing Economy eingenommen. Die Kommission hat lediglich in ihrem „2015 digital market strategy paper“ vermutet, dass die Sharing Economy neue Perspektiven für die Effizienzerhöhung der Wirtschaftsleistung sowie Wirtschaftswachstum und Stellenaufbau böte, jedoch gleichzeitig Fragen zum gesetzlichen Rahmen der Sharing Economy aufwerfen würde. Ohne öffentlich ein bestimmtes Wirtschaftsmodell bevorzugen zu wollen, gibt sie sich offen in Bezug auf die Erstellung von Regelwerken, die das Etablieren innovativer Wirtschaftsmodelle ermöglichen. Gleichzeitig hat sie angekündigt, eine Untersuchung durchzuführen, durch welche festgestellt werden kann, welche konkreten Auswirkungen die Sharing Economy auf die Wirtschaft hat, und wie man, sofern nötig, auf europäischer Ebene bestimmte Sachverhalte regeln könnte22. Diese Untersuchungsergebnisse sollten zunächst im März 2016 veröffentlicht werden, was nun allerdings auf den Sommer 2016 verschoben wurde. Auch das Europäische Parlament hat sich nur im Rahmen eines kürzlichen „report on the promotion of tourism“ dahingehend geäußert, dass zumindest im 19 Eichhorst/Spermann: Sharing Economy – Chancen, Risiken und Gestaltungsoptionen für den Arbeitsmarkt. 20 The sharing economy: Remove the Roadblocks, http://www.economist.com/news/leaders/21601257-too-manyobstacles -are-being-placed-path-people-renting-things-each-other-remove (Stand: 11.04.2016). 21 https://www.airbnb.de/help/article/653/in-what-areas-is-occupancy-tax-collection-and-remittance-by-airbnbavailable , https://www.airbnb.de/help/article/1036/how-does-occupancy-tax-collection-and-remittance-byairbnb -work (Stand: 11.04.2016). 22 Ein vertiefter und fairer Binnenmarkt, Press Release European Commission, http://europa.eu/rapid/press-release _MEMO-15-5910_de.htm (Stand: 11.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 027/16 Seite 14 Lichte der sich durch die Sharing Economy verändernden Tourismusbranche eine gesetzliche Regelung erforderlich sei.23 In ihrem Factsheet „Ein vertiefter und fairer Binnenmarkt“ befinden sich Fakten zur Ausgangssituation der Sharing Economy und Grundzüge der europäischen Agenda für das Jahr 2016 (Anlage 11). http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-15-5910_de.htm (Stand: 11.04.2016) In der Studie „The Cost of Non-Europe in the Sharing Economy – Economic, social and legal challenges” versucht Pierre Goudin vom European Parliamentary Research Service herauszufinden , warum auf europäischer Ebene Regelungsbedarf bezüglich der Sharing Economy besteht (Anlage 12). http://www.europarl.europa.eu/Reg- Data/etudes/STUD/2016/558777/EPRS_STU(2016)558777_EN.pdf (Stand: 11.04.2016) In einem kurzen Briefing berichtet Maria Juul vom European Parliamentary Research Service über die Sharing Economy im Tourismussektor der Europäischen Union und liefert außerdem eine kurze Zusammenfassung über die Haltung in den EU-Organen (Anlage 13). http://www.europarl.europa.eu/Reg- Data/etudes/BRIE/2015/568345/EPRS_BRI(2015)568345_EN.pdf (Stand: 11.04.2016) Darüber hinaus hat sich im Rahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses eine „European Sharing Economy Coalition“ zusammengeschlossen, eine Gruppe unabhängiger Berater , die versuchen, die Interessen für eine Sharing Economy zu vertreten; unter anderem fordern sie einen gesetzlichen Rahmen für die Sharing Economy, um dieser die Möglichkeit der weiteren Entwicklung zu gewähren. http://www.euro-freelancers.eu/european-sharing-economy-coalition/ (Stand: 11.04.2016) Ende der Bearbeitung 23 Maria Juul, Briefing http://www.europarl.europa.eu/Reg- Data/etudes/BRIE/2015/568345/EPRS_BRI(2015)568345_EN.pdf (Stand: 11.04.2016).