Deutscher Bundestag Ausbaumöglichkeiten von Photovoltaik-Anlagen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 5 – 3000-026/2012 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000-026/2012 Seite 2 Ausbaumöglichkeiten von Photovoltaik-Anlagen Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 5 – 3000 – 026/12 Abschluss der Arbeit: 08.03.2012 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000-026/2012 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Inbetriebnahme der Anlage 5 3. Berechnung der Einspeisevergütung nach Austausch von Modulen 6 4. Lastenmanagement 7 5. Fazit 8 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000-026/2012 Seite 4 1. Einleitung Verschiedentlich wird die Frage nach den Möglichkeiten erhoben, Anlagen der solaren Strahlungsenergie mit neueren Photovoltaikmodulen (PV-Module) nachzurüsten, um so auf gleicher Fläche höhere Stromerträge und Einkünfte zu erwirtschaften. Unter dem Begriff „Repowering“ wird diese Praxis bei Windenergie-Anlagen im Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG)1 ausdrücklich behandelt. In Verbindung mit anderen erneuerbaren Energieträgern taucht der Begriff „Repowering“ in den Regelwerken nicht auf und wird folglich auch nicht gefördert. Dies vorausgeschickt, wird im Folgenden dargestellt, wie es sich auf die Einspeisevergütung auswirkt , wenn PV-Module ersetzt werden. Dabei wird zu differenzieren sein, ob die Module ausgetauscht werden, um höhere Leistung durch neuere, bessere Module zu erzielen, oder aber um defekte oder gestohlene Module zu ersetzen. Nicht berücksichtigt wurde hierbei das gegenwärtig in Gestalt der vorgezogenen Degression von Einspeisevergütungen der Photovoltaik im Frühjahr 2012 erkennbare Interesse der Bundesregierung , den über das EEG für die Photovoltaik bereitgestellten Förderbetrag durch Deckelung des Strombeitrags einzuschränken. 1 Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 25. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2074) in der seit 01.01.2012 geltenden Fassung. Die Abkürzung EEG bezeichnet im Folgenden stets diese aktuelle Fassung. Sofern auf ältere Fassungen verwiesen wird, werden diese durch Jahreszahlen kenntlich gemacht (z.B. EEG 2004). Begriffsdefinition Das „Repowering“ von Windenergieanlagen ist seit dem EEG vom 21. Juli 2004 (damals § 10 EEG 2004) gesetzlich geregelt. Es findet sich nunmehr in § 30 EEG. Repowering liegt vor, wenn eine Windenergieanlage in ihrem Landkreis oder einem angrenzenden Landkreis eine oder mehrere bestehende Anlagen endgültig ersetzt. Folge des Repowerings ist nach gegenwärtiger Rechtslage, dass sich die Anfangsvergütung für den Strom aus der neuen Anlage um 0,5 Cent pro Kilowattstunde erhöht, wenn die ersetzten Anlagen vor dem 01.01.2002 in Betrieb genommen wurden und die neuen Anlagen die doppelte installierte Leistung aufweisen. Zweck der Repowering-Prämie ist die Motivation zum Ersatz älterer und schwächerer Windenergie-Anlagen durch leistungsfähige Aggregate. Repowering von Photovoltaik- oder Biomasse-Anlagen existiert dem EEG zufolge nicht. Werden alte Generatoren ersetzt, so wird hierfür der Begriff „Austausch“ verwendet. Der Zubau von Modulen in einer Anlage ist unter dem Begriff „Erweiterung“ gefasst. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000-026/2012 Seite 5 2. Inbetriebnahme der Anlage Für die Vergütung von Strom aus Anlagen, die ausschließlich erneuerbare Energien einsetzen, ist lt. § 21 EEG der Zeitpunkt der Inbetriebnahme maßgeblich. Sowohl der Zeitraum, für den eine Einspeisevergütung gezahlt wird, als auch die Degressionsstufen der Vergütung werden in Abhängigkeit von der Inbetriebnahme bestimmt. Die Inbetriebnahme liegt nach § 3 Nr. 5 EEG dann vor, wenn der Generator erstmals in Betrieb gesetzt wird, man kann die Inbetriebnahme deshalb als das erstmalige Verwenden der Anlage zur Stromgewinnung verstehen. Um zu beurteilen, wann die Anlage erstmals in Betrieb genommen wird, ist auch klar zu stellen, was eine Anlage ist. In Bezug auf PV-Module ist anerkannt, dass jedes Modul für sich betrachtet eine eigene Anlage ist. Dies hat die Clearingstelle EEG, die im Jahr 2007 durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gemäß § 57 EEG 2009 (bzw. gemäß § 19 EEG 2004) errichtet wurde, für die Rechtslage nach dem EEG 2004 festgestellt und ausführlich begründet2. Im Kern der Begründung steht die Feststellung, dass – anders als bei anderen erneuerbaren Energien – das Solarmodul neben den Solarzellen auch den Generator enthält. Dies gilt auch nach dem derzeit gültigen EEG3. In Bezug auf den Anlagenbegriff geht der Gesetzgeber weiterhin davon aus, dass Module nicht durch Infrastruktureinrichtungen wie Wechselrichter oder gemeinsame Leitungen zu einer Anlage verklammert werden können, weil diese nicht zur Stromerzeugung notwendig sind4. Daran ändert sich auch nichts durch die vergütungsseitige Zusammenlegung von Anlagen durch § 6 Abs. 3 EEG. Dieser stellt eine fiktive Betrachtung her, nach der mehrere Anlagen ausschließlich für den Zweck der Ermittlung der Vergütung für die jeweils letzte Anlage, als eine Anlage gelten, wenn bestimmte weitere Voraussetzungen vorliegen5. Diese Vorschrift ist im wesentlichen gegen das sog. Anlagensplitting gerichtet, bei dem viele kleine Anlagen statt einer großer gebaut werden, um die degressiven Leistungsschwellen für die Vergütungshöhe zu umgehen6. Diese Vorschrift hat 2 Hierzu ausführlich: Die Clearingstelle EEG, Empfehlung vom 11.06.2011, Empfehlungsverfahren 2008/19, Rn. 25 ff. Abrufbar unter: http://www.clearingstelle-eeg.de/files/2008-19_Empfehlung.pdf 3 Vgl. die Gesetzesbegründung der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, 06.06.2011, BT- Drucksache 17/6071, S. 77. 4 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften, 18.02.2008, BT-Drucksache 16/8148, S. 38. Der maßgebliche § 3 Nr. 1 EEG hat sich seitdem nicht geändert, weshalb die Begründung zu dem Entwurf des EEG 2009 heranzuziehen ist. 5 Die Voraussetzungen sind: räumliche Nähe, Nutzung gleichartiger Erneuerbarer Energien, Vergütung des erzeugten Stroms nach dem EEG und Bau innerhalb von 12 Monaten. 6 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften, 18.02.2008, BT-Drucksache 16/8148, S. 50. § 6 Abs. 3 lehnt sich bewusst an § 19 an, wie die Gesetzesbegründung der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000-026/2012 Seite 6 zur Folge, dass einzelne Module mit verschiedenen Vergütungszeiträumen und -beträgen in eine Gesamtvergütungsberechnung einzustellen sind7. Dadurch wird sichergestellt, dass Anlagen zur Gewinnung solarer Strahlungsenergie in das Einspeisemanagement einbezogen werden8. Es bleibt aber festzuhalten, dass ein einzelnes Solarmodul in Betrieb genommen wird, wenn es erstmalig durch den Betreiber zur Stromgewinnung verwendet wird9. 3. Berechnung der Einspeisevergütung nach Austausch von Modulen Die vergütungsrechtlichen Konsequenzen eines Austausches von einzelnen Modulen unterscheiden sich, je nachdem ob ein solcher Austausch aus freier Entscheidung erfolgt (z.B. um mit moderneren Modulen eine höhere Leistung zu erzielen), oder aber notgedrungen (z.B. aufgrund von Mängeln und Schäden an alten Modulen oder wegen Diebstahls). Im Grundsatz gilt als Konsequenz der Ausführungen im vorigen Kapitel: Der (erstmalige) Anschluss eines neuen Moduls stellt stets dessen Inbetriebnahme dar, so dass für dieses Modul eine 20jährige Vergütungsdauer ab der Inbetriebnahme zu laufen beginnt und sich die Vergütung nach der Degression zum Inbetriebnahme-Zeitpunkt richtet. Es ist dabei unerheblich, ob das Modul ein anderes ersetzt10. Es wird die volle eingespeiste Leistung vergütet, auch wenn diese gegenüber dem vorherigen Modul gestiegen sein sollte, denn der Anspruch auf die Vergütung folgt unmittelbar aus § 16 Abs. 1 S. 1 EEG und entsteht originär und in vollem Umfang, wenn das Modul angeschlossen wird. Auf eventuell geschlossene Verträge zwischen dem Anlagenbetreiber und dem Netzbetreiber kommt es grundsätzlich nicht an. Das Ergebnis, dass ein neu eingebautes Modul einem neuen Vergütungszeitraum und einer der Degression angepassten Vergütung unterworfen wird, entspricht dem Willen des Gesetzgebers. Zweck der Degression ist es, die Förderung an sinkende Preise für PV-Module anzupassen. Diese kommen dem Anlagenbetreiber auch dann zugute, wenn er das Modul in eine bereits bestehende Ansammlung von Modulen einbaut, die nach § 6 Abs. 3 EEG zusammen vergütet werden. Von diesem Grundsatz sieht das EEG nunmehr jedoch eine Ausnahme vor. Bezüglich des Ersatzes defekter, gestohlener und anderweitig geschädigter Module heißt es in § 32 Abs. 3 EEG: Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, 06.06.2011, BT-Drucksache 17/6071, auf S. 63 ausdrücklich klarstellt . 7 Vgl. die Gesetzesbegründung der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, 06.06.2011, BT- Drucksache 17/6071, S. 77. 8 ebenda, S. 63 9 so auch: Die Clearingstelle EEG, Empfehlungsverfahren 2008/19, Rn. 42 10 Die Clearingstelle EEG, Empfehlungsverfahren 2008/19, Rn. 188 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000-026/2012 Seite 7 “Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie, die Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf Grund eines technischen Defekts, einer Beschädigung oder eines Diebstahls am selben Standort ersetzen, gelten abweichend von § 3 Nummer 5 als zu dem Zeitpunkt in Betrieb genommen, zu dem die ersetzten Anlagen in Betrieb genommen worden sind. Der Vergütungsanspruch für die nach Satz 1 ersetzten Anlagen entfällt endgültig.“ Demnach kann ein Modul ausgetauscht werden, ohne dass sich etwas an der Vergütung ändert, wenn das ersetzte Modul mangelhaft, beschädigt oder gestohlen war. Diese Regelung privilegiert einen solchen „unfreiwilligen“ Austausch. Es wird insbesondere die wegen § 6 Abs. 3 EEG erheblich komplizierte Vergütungsberechnung vermieden11. Dieses Privileg ist jedoch ausdrücklich auf die genannten Fälle beschränkt12, weshalb der Austausch von Modulen zur Leistungssteigerung weiterhin nach oben geschildertem Grundsatz abläuft. 4. Lastenmanagement Befürworter von Photovoltaik-Repowering13 gehen fiktiv davon aus, dass die durch Auswechseln von Modulen erzielbare Mehrleistung – d.h. die Differenz zwischen Altleistung und neuer Gesamtleistung - in einem neuen Vertrag mit den Stromabnehmern erfasst und vergütet werden könnte, vorzugsweise im Rahmen einer Eigenverbrauchsregelung. Die Eigenverbrauchsregelung ist in § 33 EEG präzise geregelt. Abs. 2 hält fest: „Für Strom aus Anlagen nach Absatz 1 mit einer installierten Leistung bis einschließlich 500 Kilowatt besteht ein Anspruch auf Vergütung, soweit die Anlagenbetreiberin, der Anlagenbetreiber oder Dritte den Strom in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage selbst verbrauchen, dies nachweisen und der Strom nicht durch ein Netz geleitet wird. Für diesen Strom verringert sich die Vergütung 1. um 16,38 Cent pro Kilowattstunde für den Anteil dieses Stroms, der 30 Prozent der im selben Jahr durch die Anlage erzeugten Strommenge nicht übersteigt, und 2. um 12,00 Cent pro Kilowattstunde für den Anteil dieses Stroms, der 30 Prozent der im selben Jahr durch die Anlage erzeugten Strommenge übersteigt“. Naturgemäß lässt sich der ungespeicherte Strom nur eingeschränkt in die Zeiträume der Leistungsspitzen legen. Wird ein Zwischenspeicher (Batterien u.a.m.) eingerichtet, so ist die Einspeisung 11 Gesetzesbegründung der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, 06.06.2011, BT-Drucksache 17/6071, S. 77. 12 ebenda 13 z.B.: http://www.cleanenergy-project.de/magazin/2011/11/29/repowering-pv-fordert-solarstrom-fur-entwicklungslander /cpage/1/ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 – 3000-026/2012 Seite 8 nach Zwischenspeicherung in Batterien u.a.m. in § 16 Abs. 2 EEG in der seit 01. Januar 2012 geltenden Gesetzesfassung ausdrücklich vorgesehen. Genau heißt es dort: „Die Verpflichtung nach Absatz 1 besteht auch dann, wenn der Strom vor der Einspeisung in das Netz zwischengespeichert worden ist. In diesem Fall bezieht sie sich auf die Strommenge, die aus dem Zwischenspeicher in das Netz eingespeist wird. Die Vergütungshöhe bestimmt sich nach der Höhe der Vergütung, die der Netzbetreiber nach Absatz 1 bei einer Einspeisung des Stroms in das Netz ohne Zwischenspeicherung an die Anlagenbetreiberin oder den Anlagenbetreiber zahlen müsste.“ Gespeicherter Strom wird also ebenso wie ungespeicherte Elektrizität abgenommen und mit demselben Satz vergütet . Wirtschaftlich entscheidend wäre in diesem Fall also nicht das reale Leistungsaufkommen, sondern die in Megawatt bemessene installierte Leistung. 5. Fazit Bei der Neuformulierung des § 3 Nr. 5 im EEG 2009, die seitdem nur geringfügig verändert wurde, ging es dem Gesetzgeber zunächst darum, eine gemeinsame Formel für alle Träger der erneuerbaren Energien zu finden. Der Begriff „Repowering“ war schon in der EEG-Fassung des Jahres 2004 speziell durch die Windkraft belegt. Ein vergleichbares Verfahren steht für die Photovoltaik nicht offen. Die Erneuerung von PV-Modulen wird nicht gefördert. Nach alter Rechtslage, die in § 3 Nr. 5 EEG 2004 formulierte: „Inbetriebnahme ist die erstmalige Inbetriebsetzung der Anlage nach Herstellung ihrer technischen Betriebsbereitschaft oder nach ihrer Erneuerung, sofern die Kosten der Erneuerung mindestens 50 Prozent der Kosten einer Neuherstellung der gesamten Anlage einschließlich sämtlicher technisch für den Betrieb erforderlicher Einrichtungen und baulicher Anlagen betragen“, war immerhin die Möglichkeit gegeben, mit Investitionen unterhalb der 50%-Schwelle leistungsfähigere Anlagen zu den günstigen Vergütungstarifen der Ursprungsinstallation zu erstellen. Mit den Neufassungen des EEG von 2009 und 2012 ist auch diese Option nicht mehr gegeben. Eine Ausnahme gilt lediglich für den Ersatz technisch defekter oder gestohlener Elemente. In diesem Fall bleiben die günstigeren Vergütungen aus dem Zeitraum der Erstinstallation erhalten. Allerdings kann in Abhängigkeit von der Laufzeit der Erstinstallation bzw. der Restlaufzeit der Förderungsdauer dennoch eine Neuanmeldung günstiger sein.