Verfassungsmäßigkeit von Holzabsatz- und Weinfonds - Ausarbeitung - © 2009 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 024/09 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/innen: Verfassungsmäßigkeit von Holzabsatz- und Weinfonds Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 024/09, WD 4 - 3000 - 027/09 Abschluss der Arbeit: 25. Februar 2009 Fachbereich WD 5: Wirtschaft und Technologie, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Tourismus Telefon: Fachbereich WD 4: Finanzen und Haushalt Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. - 3 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung 5 2. Verfassungsrechtliche Anforderungen an Sonderabgaben 5 2.1. Gesetzgebungskompetenz für Sonderabgaben 6 2.2. Zulässigkeitskriterien nach der Rechtsprechung des BVerfG 6 2.2.1. Homogene Gruppe 6 2.2.2. Sachnähe, besondere Finanzierungsverantwortung 7 2.2.3. Gruppennützige Verwendung der Sonderabgabe 7 2.2.4. Periodische Überprüfung der Sonderabgabe 7 3. Verfassungswidrigkeit des Abgabenfondsgesetzes 7 4. Verfassungsmäßigkeit von Holzabsatzfonds und Deutschem Weinfonds 9 4.1. Verfassungsmäßigkeit des Holzabsatzfonds 9 4.2. Verfassungsmäßigkeit des Deutschen Weinfonds (DWF) 12 - 4 - - Zusammenfassung - Im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) zum – vom Gericht diesen für verfassungswidrig erklärten - Absatzfonds für die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft vom 3. Februar 2009 stellt sich die Frage, inwieweit dieses Urteil auf den Deutschen Weinfonds und den Holzabsatzfonds ausstrahlt. Mit dem Urteil verlieren die Centrale Marketinggesellschaft der Agrarwirtschaft (CMA) und die Zentrale Markt- und Preisberichtsstelle (ZMP) mit sofortiger Wirkung ihre finanzielle Grundlage, da sie lt. Gesetz aus Zwangsabgaben finanziert werden. Ein Bezug zum Holzabsatzfonds oder zum Weingesetz wurde im Urteil nicht hergestellt . Auch in diesen Vorschriften ist die nationale Absatzförderung für Holz- und Holzerzeugnisse und für Wein abgabefinanzierten Fonds übertragen worden. Eine Folgewirkung der Entscheidung des BVerfG zu CMA und ZMP ist deshalb nicht auszuschließen . Gegen den Holzabsatzfonds wurde bereits im Jahr 2001 Verfassungsbeschwerde erhoben1. In zeitlicher Nähe zum Verfahren über den Agrarabsatzfonds wurde sie jetzt aufgegriffen und zur Entscheidung angenommen. Im Fall des Deutschen Weinfonds wurde im Jahr 2008 per Gesetzesänderung eine Gruppe von Zahlern ausgenommen , die zwei Jahre zuvor eine Beschwerde gegen die Werbeabgabe an den Weinfonds angekündigt hatte. Analog zum Absatzfonds der Agrar- und Ernährungswirtschaft handelt es sich bei Holzabsatz- und Weinfonds um durch Gesetz gegründete Institutionen, die Waldbesitzer und holzverarbeitende Betriebe bzw. Eigentümer und Nutzer von Weinbergsflächen sowie verarbeitende Betriebe zu Zwangsabgaben heranziehen und die somit den verschärften Anforderungen des BVerfG für Sonderabgaben an Zwangsverbände unterliegen . Allerdings gestalten sich die Wettbewerbssituationen von Holz sowie von deutschem Wein anders als die der deutschen Agrar- und Ernährungsprodukte. Während sich im ernährungswirtschaftlichen Handel das Anfang der 1990er Jahre bestehende Außenhandelsdefizit deutlich verringert und sich damit die Situation deutlich stabilisiert hat, weist der Handel mit Wein noch immer ein über die Jahre annähernd konstantes Außenhandelsdefizit auf. Bei Holz ist die Situation weniger von der Konkurrenz mit ausländischen Anbietern geprägt, als vielmehr von einer spezifischen Benachteiligung gegenüber Stahl, Beton und Kunststoffen auf dem Markt für Baustoffe und Möbel. Die unterschiedlich abgeleiteten Zielsetzungen der beiden hier behandelten Absatzfonds können zu unterschiedlicher Beurteilung ihrer Verfassungsmäßigkeit führen. 1 Az. 2 BvR 743/01 - 5 - 1. Einleitung Zur Deckung der Ausgaben der Centralen Marketingagentur der Agrarwirtschaft (CMA) und der Zentralen Preis- und Marktberichtsstelle (ZMP) werden auf Grundlage des Absatzfondsgesetzes Sonderabgaben bei Betrieben der Land- und Ernährungswirtschaft erhoben2. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner Entscheidung vom 3. Februar 20093 seine bisherige Rechtsprechung bezüglich der Voraussetzungen für die Erhebung von Sonderabgaben grundsätzlich bestätigt. Es hat jedoch verschärfte Anforderungen für solche Sonderabgaben aufgestellt, die ausschließlich wirtschaftspolitisch definierten Förderungszielen und Wirkungen dienen. Nachdem das BVerfG sich bereits 1990 mit dem Abgabenfondsgesetz befasst und dieses im damaligen Urteil für verfassungsgemäß befunden hatte4, wurde im zuletzt ergangenen Urteil die Verfassungswidrigkeit der Sonderabgabe nach dem Absatzfondsgesetz festgestellt. Der Arbeit von CMA und ZMP ist damit die Grundlage entzogen. Dies wirft die Frage nach dem Fortbestand ähnlicher Konstruktionen in der Förderung des Absatzes von Holz und Wein auf. 2. Verfassungsrechtliche Anforderungen an Sonderabgaben5 Sonderabgaben sind Geldleistungen, die zur Finanzierung besonderer Aufgaben erhoben werden, dabei jedoch - wie Steuern - unabhängig von einer empfangenen oder bevorzugt angebotenen Gegenleistung des Staates geschuldet werden. Ihr Aufkommen fließt regelmäßig nicht in den allgemeinen Staatshaushalt, sondern wird in Sonderfonds verwaltet.6 Von Steuern unterscheiden sie sich insbesondere dadurch, dass sie sich kompetenzrechtlich außerhalb der Finanzverfassung bewegen und in grundrechtlich relevanter Weise nicht die Allgemeinheit, sondern nur eine begrenzte Gruppe von Abgabenschuldnern mit einer Finanzlast belegen. Grundsätzlich unterscheidet das Bundesverfassungsgericht zwei Arten von Sonderabgaben. Zum einen gibt es Sonderabgaben mit Finanzierungszweck. Diese sollen Belastungen innerhalb eines bestimmten Erwerbs - oder Wirtschaftszweiges ausgleichen. Zum anderen gibt es Sonderabgaben mit Lenkungsfunktion, die zu einem bestimmten Verhalten anreizen oder Fehlverhalten sanktionieren sollen. 2 Gesetz über die Errichtung eines zentralen Fonds zur Absatzförderung der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2342). 3 BVerfG, Urt.v. 3.2.2009, Az. 2 BvL 54/06. 4 BVerfg 82, 159 ff. 5 Vgl. hierzu allgemein Birk, Steuerrecht, 10. Aufl. 2007, Rn. 111 ff.; Ossenbühl, Zur Rechtfertigung von Sonderabgaben mit Finanzierungzweck, DVBl. 2005, 667 ff.; Simon, Der Rechtsgrund der Sonderabgaben , DÖV 2001, 63 ff.; Tipke/Lang, Steuerrecht, 19. Aufl. 2008, §3 Rn. 24 ff.; Schaefer, Der verfassungsrechtliche Steuerbegriff, Diss., 1996, S.107 ff. 6 Birk, Steuerrecht, 10. Aufl. 2007, Rn. 107 ff. - 6 - 2.1. Gesetzgebungskompetenz für Sonderabgaben Da Sonderabgaben keine Steuern sind, ergibt sich die Sonderabgabenhoheit nicht aus den Art. 105 ff. GG. Die Gesetzgebungskompetenz ergibt sich als Annex aus der jeweiligen Sachgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 ff GG7. 2.2. Zulässigkeitskriterien nach der Rechtsprechung des BVerfG Die Zulässigkeitskriterien für Sonderabgaben bildete das BVerfG unter dem Aspekt des Schutzes der Finanzverfassung und des „Prinzip des Steuerstaates“ einerseits und des Individualschutzes der Abgabepflichtigen andererseits, der seine Grundlage im Wesentlichen in dem Grundsatz der Belastungsgleichheit der Bürger findet8. Ziel aller Schutzund Abgrenzungsbemühungen ist es, die Sonderabgaben deutlich von der Steuer abzuheben . Das BVerfG hat in gefestigter Rechtsprechung enge Grenzen benannt, unter welchen Sonderabgaben zulässig sind9. Die danach maßgebenden Kriterien sind: - Gruppenhomogenität, - Sachnähe und Finanzierungsverantwortung, - Gruppennützigkeit der Verwendung des Abgabeaufkommens, - Periodische Überprüfung der Sonderabgabe. Die Zulässigkeitskriterien des Bundesverfassungsgerichts sind dazu gedacht, die Sonderabgabengesetzgebung in engen Grenzen zu halten. Sonderabgaben sollen im Unterschied zur Steuer die seltene Ausnahme bleiben. Aus diesem Grunde sind die Zulässigkeitskriterien restriktiv anzuwenden. 2.2.1. Homogene Gruppe Eine gesellschaftliche Gruppe darf nur mit einer Sonderabgabe belastet werden, wenn sie durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch besondere Gemeinsamkeiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar ist, wenn es sich also um eine in diesem Sinne homogene Gruppe handelt10. Dabei kommt dem Gesetzgeber grundsätzlich kein Entscheidungsspielraum zu, die Gruppe der mit einer Sonderabgabe zu belastenden Bürger selbst abzugrenzen. Vielmehr kann eine parafiskalische Abgabe nur einer in der Rechtsoder Sozialordnung vorgefundenen homogenen Gruppe auferlegt werden. 7 BVerfG, Urt. v. 23.01.1990, Az. 1 BvL 44/86, 1 BvL 48/87. 8 BVerfG, Urt. v. 10.12.1980, Az. 2 BvF 3/77. 9 BVerfG, Urt. v. 10.12.1980, Az. 2 BvF 3/77; Urt. v. 06.11.1984, Az. 2 BvL 19/83, 2 BvL 20/83, 2 BvR 363/83, 2 BvR 491/83. 10 BVerfG, Urt. v. 10.12.1980, Az. 2 BvF 3/77. - 7 - 2.2.2. Sachnähe, besondere Finanzierungsverantwortung Die Erhebung einer Sonderabgabe setzt eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck voraus: Die mit der Abgabe belastete Gruppe muss dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck evident näher stehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler 11. Der allgemeine Gleichheitssatz rechtfertigt eine gesonderte Gruppenbelastung nur, wenn eine spezifische Sachnähe der Abgabepflichtigen zu der zu finanzierenden Aufgabe besteht. Aus der genannten Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Erhebungszweck muss eine besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der mit der außersteuerlichen Abgabe zu finanzierenden Aufgabe entspringen. Auch hier ist entscheidend , dass die besondere Sachverantwortung der homogenen Gruppe nicht erst durch den Abgabengesetzgeber geschaffen, sondern in der Rechts- oder Sozialordnung vorgefunden wird. 2.2.3. Gruppennützige Verwendung der Sonderabgabe Die insbesondere durch Art. 3 GG vorgegebenen Legitimationskriterien der homogenen Gruppe und der spezifischen Finanzierungsverantwortung der Abgabenschuldner münden in dem gesetzgeberischen Auftrag, das Aufkommen der parafiskalischen Abgabe ausschließlich im Interesse der Abgabenschuldner, d.h. gruppennützig und damit zweckgebunden, zu verwenden12. Das Abgabeaufkommen muss allerdings nicht im spezifischen Interesse jedes einzelnen Abgabepflichtigen verwendet werden, sondern lediglich überwiegend im Interesse der Gesamtgruppe. 2.2.4. Periodische Überprüfung der Sonderabgabe Da die Sonderabgabe nur unter engen Voraussetzungen zulässig und folglich restriktiv anzuwenden ist, ist der Gesetzgeber gehalten, sie in regelmäßigen Abständen darauf zu überprüfen, ob ihre verfassungsrechtliche Legitimation fortbesteht13. 3. Verfassungswidrigkeit des Abgabenfondsgesetzes In seinem Urteil vom 03.02.200914 hat das BVerfG große Teile des Gesetzes über die Errichtung eines zentralen Fonds zur Absatzförderung der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft (Absatzfondsgesetz) seit dem 2. Juli 2002 für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt: Zwar stelle die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft eine homogene Gruppe dar, da sie eine in der europäischen Rechtsordnung (Art.32 ff EGV) 11 BVerfG, Urt. v. 10.12.1980, Az. 2 BvF 3/77. 12 BVerfG, Urt. v. 10.12.1980, Az. 2 BvF 3/77. 13 BVerfG, Urt. v. 10.12.1980, Az. 2 BvF 3/77. 14 BVerfG, Urt. v. 03.02.2009, Az. 2 BvL 54/06. - 8 - vorstrukturierte Gruppe sei. Auch die spezifische Sachnähe zu der mit der Abgabe zu finanzierenden Aufgabe, nämlich die Förderung des Absatzes und der Verwertung landund ernährungswirtschaftlicher Produkte, liege vor. Es fehle jedoch vorliegend an einem rechtfertigenden Zusammenhang zwischen Gruppenhomogenität und Sachnähe einerseits und einer spezifischen Finanzierungsverantwortung für die Wahrnehmung der Aufgabe andererseits. Rechtlich vorstrukturierte Abgrenzbarkeit einer Gruppe und besondere Sachnähe für sich genommen seien nicht ohne weiteres geeignet, eine spezielle Finanzierungsverantwortung im Hinblick auf eine staatlich organisierte Absatzförderung von land- und ernährungswirtschaftlichen Produkten in ihrer Gesamtheit zu begründen. Vielmehr müssten sie inhaltlich derart qualifiziert sein, dass sie geeignet seien, einen rechtfertigenden Zusammenhang mit einer spezifischen Finanzierungsverantwortung der Abgabepflichtigen für die Wahrnehmung der Aufgabe herzustellen. Nach dem Urteil des BVerfG dient die Sonderabgabe aufgrund des Abgabenfondsgesetzes einer zwangsweise durchgeführten Fördermaßnahme, zu deren Finanzierung die Unternehmen der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft nur aus Gründen eines Nutzens herangezogen werden, den der Gesetzgeber dieser Gruppe zugedacht hat. Die Gruppe selbst verursache hingegen keinen Bedarf, für dessen Befriedigung sie verantwortlich gemacht werden könne. Auch werde das Abgabenaufkommen nicht für direkte Zuwendungen an Gruppenmitglieder verwendet. Vielmehr greife der Staat auf der Grundlage des Absatzfondsgesetzes mit wirtschaftspolitisch begründeten Förderungsmaßnahmen gestaltend in die Wirtschaftsordnung ein und weise den erst dadurch entstehenden Finanzierungsbedarf den mit der Abgabepflicht belasteten Unternehmen zu. Lasse sich eine Finanzierungsverantwortung der Abgabenpflichtigen praktisch ausschließlich mit Blick auf Zweck und Wirkung staatlicher Förderungsmaßnahmen zugunsten der belasteten Gruppe begründen, so bestünden in Bezug auf die gruppennützige Verwendung erhöhte Anforderungen: der durch die Abgabe zu finanzierende und die Abgabe rechtfertigende Gruppennutzen müsse evident sein, was sich in Konstellationen, in denen das Abgabenaufkommen nicht für direkte Zuwendungen an Gruppenmitglieder verwendet würde, insbesondere dann ergeben könne, „wenn es bei den staatlichen Fördermaßnahmen um das plausibel begründete Erfordernis geht, erheblichen Beeinträchtigungen entgegenzuwirken oder spezielle Nachteile auszugleichen, die die Gruppenangehörigen besonders betreffen und die von diesen selbst voraussichtlich nicht, oder jedenfalls nicht mit gleicher Erfolgsaussicht kompensiert werden können“15. 15 vgl. ebda. - 9 - 4. Verfassungsmäßigkeit von Holzabsatzfonds und Deutschem Weinfonds Das BVerfG hat im Urteil vom 03.02.2009 ausdrücklich offen gelassen, inwieweit grundsätzlich allein wirtschaftspolitische Förderungsziele und –wirkungen die Begründung einer speziellen Finanzierungsverantwortung durch Sonderabgaben der geförderten Gruppen rechtfertigen können. Ob Holzabsatzfonds sowie Deutscher Weinfonds einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten, ist nach den verschärften Anforderungen des BVerfG insbesondere davon abhängig, ob der mit ihnen verfolgte Gruppennutzen evident ist. Dazu bedürfte es des Nachweises spezifischer Nachteile der Branche, die vom einzelnen nicht oder nicht mit gleicher Erfolgsaussicht kompensiert werden können. 4.1. Verfassungsmäßigkeit des Holzabsatzfonds Rechtsgrundlage für den Absatzförderungsfonds der deutschen Forst- und Holzwirtschaft (Holzabsatzfonds) ist das Gesetz über den Holzabsatzfonds (HAfG). Nach § 2 Abs. 1 HAfG ist es Aufgabe des Holzabsatzfonds, den Absatz und die Verwertung von Erzeugnissen der deutschen Forst- und Holzwirtschaft durch Erschließung und Pflege von Märkten im In- und Ausland mit modernen Mitteln und Methoden zentral zu fördern. Zur Durchführung seiner Aufgaben erhebt der Holzabsatzfonds von den Betrieben der Forst- und Holzwirtschaft gem. § 10 HAfG eine Abgabe. Nach der Begründung zur Änderung des Forstabsatzfondsgesetzes, durch welche u. a. eine Umbenennung in Holzabsatzfondsgesetz vorgenommen wurde, war Ziel der Einbeziehung der Holzwirtschaft in den Fonds, die Position des nachwachsenden und umweltfreundlichen Roh- und Werkstoffes Holz im Wettbewerb mit anderen Materialien wie bspw. Beton, Stahl, Kunststoff oder Aluminium zu sichern16. Im Wettbewerb gegen konkurrierende Roh– und Werkstoffe könnten Forst- und Holzwirtschaft nur noch gemeinsam bestehen. Insoweit stellt sich die Grundsituation beim Absatzfonds der Landund Ernährungswirtschaft und dem Holzabsatzfonds unterschiedlich dar: Der Zweck der Sonderabgabe für den Absatzfonds der Land- und Ernährungswirtschaft bestand in der Stärkung und dem Schutz der deutschen Agrarwirtschaft in der Konkurrenz zu Importen aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften. Hauptmotiv waren im Berufsstand gehegte Befürchtungen im Hinblick auf die Auswirkungen der gemeinsamen Marktordnungen für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die Wertigkeit heimischer Erzeugnisse sollte deshalb in der Konkurrenz zu Agrarerzeugnissen anderer Länder stärker in den Fokus der Verbraucher gerückt werden. Eine stärkere 16 BT- Drs. 13/10285. - 10 - Fokussierung im Verhältnis zu Waren und Dienstleistungen anderer Branchen war hingegen nicht vorrangiges Ziel. Nach Ansicht des BVerfG17 ist der Zweck der Stärkung und des Schutzes der deutschen Agrarwirtschaft in der Konkurrenz zu den anderen Agrarexportländern jedoch dadurch entfallen, dass sich seit 1990 die Situation der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft zu ihren Gunsten entwickelt hat. Von einem Erfordernis, erhebliche Beeinträchtigungen der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft durch staatlich organisierte Werbung abzuwehren, könne nicht mehr gesprochen werden. Dies ist auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH18 zu sehen, der im Jahr 2002 die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Verwendung des CMA-Gütesiegels „Markenqualität aus deutschen Landen“ festgestellt hatte. Die daraufhin erfolgte Ersetzung des Kennzeichens durch das herkunftsneutrale QS-Zeichen, das auch anderen als deutschen Produzenten zugänglich ist, blieb ohne erkennbare Auswirkungen auf die deutschen Erzeuger. Im Fall des Absatzfonds der Land- und Ernährungswirtschaft trifft die zur Abgabe herangezogenen Betriebe aufgrund der veränderten Marktsituation und der strengen Anforderungen des EuGH an staatlich organisierte Werbemaßnahmen keine Finanzierungsverantwortung zur Behebung einer gemeinsam zu tragenden Gruppenbelastung mehr. Der Holzabsatzfonds wurde zu einem Zeitpunkt eingerichtet, in dem die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Wälder aufgrund des Absatzrückgangs und des Preisverfalls für Bau-, Möbel- und Brennholz einerseits und der gestiegenen Lohn- und Maschinenkosten andererseits nicht mehr gewährleistet war. Im Gegensatz zum Absatzfonds der Land- und Ernährungswirtschaft ist das Ziel des Holzabsatzfonds nicht vorrangig die Förderung und der Schutz der deutschen Holzwirtschaft vor ausländischer Konkurrenz, vor der die Holzwirtschaft bis zur Osterweiterung der EU hinreichend geschützt war. Vielmehr steht die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des nachwachsenden Roh-, Bau- und Werkstoffes Holz gegenüber Substitutionsgütern auf Basis endlicher Ressourcen im Mittelpunkt der Bemühungen zur Sicherung und Verbesserung der Marktposition . Die Maßnahmen des Holzabsatzfonds sollen der Sicherung und Erweiterung des Holzabsatzes sowie der Erfüllung der Vorgaben des Bundeswaldgesetzes dienen, den Wald wegen seiner Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion zu erhalten.19 Die politischen Ziele sind in der „Charta für Holz“ des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft 17 BVerfG, Urt. v. 03.02.2009, Az. 2 BvL 54/06. 18 EuGH, Urt. v. 05.11.2002, Az. C-325/00. 19 BT Drs. 13/10285. - 11 - und Verbraucherschutz (BMELV) benannt. Danach wird das nachhaltig nutzbare Rohholzaufkommen aus deutschen Wäldern bisher nur zu rund zwei Dritteln genutzt. Angestrebt wird eine vollständige Ausnutzung vorhandener Potenziale. Ziel der praktischen Arbeit des Fonds ist es demnach, „das Image und die Akzeptanz von Forst- und Holzwirtschaft in der Öffentlichkeit zu heben und Holz in seiner technischen, ästhetischen und wirtschaftlichen Dimension als vorrangige Option bei Planungs- und Investitionsentscheidungen zu profilieren. Aufgrund ihrer mengenmäßigen Dimension werden hierbei in den Bereichen Bauwesen und bei der Gestaltung des menschlichen Lebensumfelds deutliche Maßnahmeschwerpunkte gesetzt“. Handelt es sich beim Absatzfonds der Land- und Ernährungswirtschaft demnach um eine Institution, die vorrangig der Stärkung deutscher Produkte gegenüber der Konkurrenz importierter Produkte auf dem Binnenmarkt bzw. der Positionierung in den Exportmärkten dient, zielt der Holzabsatzfonds vorrangig auf die bessere Vermarktung von Forsterzeugnissen gegenüber Produkten aus der Metall- und Kunststoffindustrie. Die anstehende rechtliche Prüfung durch das BVerfG wird sich demzufolge mit der Frage befassen, inwiefern die strukturellen Nachteile der Forstwirtschaft in Gestalt der ihr auferlegten ökologischen und sozialen Verpflichtungen fortbestehen. Das ökologische Nachhaltigkeitsprinzip ist ein von Art. 20a GG umfasstes Teilprinzip und hat damit Verfassungsrang20. Dies kann zu einer anderen Beurteilung als im Fall des Absatzfonds der Ernährungs- und Landwirtschaft führen, dessen Aufgaben sich nicht aus einem Staatsziel ableiten. Hinsichtlich der für die Erhebung der Sonderabgabe verlangten Gruppenhomogenität dürfte die Konstruktion des Holzabsatzfonds weiterhin unproblematisch sein. Zwar vertreten Anbieter und Abnehmer von Holz bei der Preisgestaltung unterschiedliche Interessen . An einer Stärkung der Marktposition gegenüber Erzeugnissen aus Metall- und Kunststoffindustrie ist ihnen jedoch in gleichem Maß gelegen. Zudem tritt - im Vergleich mit dem Absatzfonds der Land- und Ernährungswirtschaft - der Aspekt des Schutzes vor Importen wegen der Beschaffenheit des Materials und hohen Transportkosten in den Hintergrund. Der Schwerpunkt der Rohholzimporte aus nicht zur EU gehörenden Staaten liegt bei Möbelholz bzw. Furnieren aus anderen Klimazonen, zu denen der Binnenmarkt keine Alternativen bietet. Somit stellt sich die Frage nach der Finanzverantwortung von deutschen Betrieben der Forst- und Holzwirtschaft im Hinblick 20 Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Kommentar, Art. 20a Rn 10. - 12 - auf ausländische Erzeugnisse anders und eingeschränkt auf die Präsenz nord- und osteuropäischer Anbieter auf dem Markt für Bau- und Energieholz. Auch beim Holzabsatzfondsgesetz ist aber die generelle Frage aufgeworfen, inwieweit der Staat per Gesetz mit wirtschaftspolitisch begründeten Förderungsmaßnahmen gestaltend in die Wirtschaftsordnung eingreifen und den dadurch entstehenden Finanzierungsbedarf den mit der Abgabepflicht belasteten Unternehmen zuweisen darf. Erforderlich für die Rechtfertigung dieser Sonderabgabe ist insoweit ein evidenter Gruppennutzen. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn es Anhaltspunkte für die Vermutung eines Mehrwerts staatlich organisierter im Vergleich zu privatwirtschaftlicher Werbung gäbe21. Diese Überlegung spielte auch in Zusammenhang mit der Beilegung einer von Sägewerksbesitzern vorgetragenen kartellrechtlichen Beschwerde aus dem Jahr 2003 eine zentrale Rolle. Im Ergebnis ist es staatlichen Forstbetrieben weiterhin erlaubt, im Rahmen von Betriebsgemeinschaften private Betriebe bis max. 3000 ha Waldfläche in eine gemeinsame Vermarktung einzubeziehen und dazu eine Angebotsbündelung vorzunehmen. Die in der Mehrzahl sehr kleinen privaten Forstbetriebe wären sonst kaum in der Lage, ihre Erzeugnisse kostendeckend abzusetzen. 4.2. Verfassungsmäßigkeit des Deutschen Weinfonds (DWF) Beim DWF handelt es sich um eine 1961 gegründete Anstalt des öffentlichen Rechts, die laut § 37 des Weingesetzes (WeinG) die Aufgabe hat, die Qualität des Weines sowie durch Erschließung und Pflege des Marktes den Absatz des Weines zu fördern und auf den Schutz der durch Rechtsvorschriften für inländischen Wein festgelegten Bezeichnungen im In- und Ausland hinzuwirken. Zwar nennt § 37 Abs. 1 Nr. 1 WeinG die Qualitätsförderung des Weines als eigene Aufgabe, doch wird aus der Verbindung mit den anderen Aufgaben sowie aus der systematischen Stellung der Vorschrift im Abschnitt „Absatzförderung“ deutlich, dass es hierbei um Wirtschaftsförderung gehen soll22. Zur Erfüllung seiner Aufgaben bedient sich der DWF der Einrichtungen der Weinwirtschaft , insbesondere des Deutschen Weininstituts (DWI). Nach Angaben des DWI fördert dieses den Absatz von Weinen aus deutschen Anbaugebieten durch wettbewerbsneutrale Marketingmaßnahmen im In- und Ausland, wozu u. a. bundesweite Messebeteiligungen und Produktpräsentationen, die Wahl der Deutschen Weinkönigin sowie die Unterstützung von Qualitätswettbewerben gehören. 21 BVerfG, Urt. v. 03.02.2009, Az. 2 BvL 54/06. 22 Tetzlaff, Staatliche Wirtschaftsförderung als Rechtsproblem am Beispiel des Deutschen Weinfonds und Absatzförderungsorganisationen in europäischen Staaten, ZLR 2004, 681. - 13 - Die Finanzierung des Deutschen Weinfonds erfolgt durch Zwangsabgaben der deutschen Erzeugerbetriebe und des Weinhandels, welche in § 43 WeinG geregelt sind. Die Verfassungsmäßigkeit der Zwangsabgabe ist bereits vor 35 Jahren Gegenstand einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht gewesen23. Die damals durchgeführte konkrete Normenkontrolle bezog sich auf § 16 Abs. 1 des Weinwirtschaftsgesetzes. Dieser ist dem heutigen § 43 WeinG weitgehend vergleichbar. Das BVerfG begründete seine (positive) Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Erhaltung der besonderen Qualität des deutschen Weines, die Sicherung seines Absatzes und der Schutz des einheimischen Winzerstandes legitime wirtschaftspolitische Ziele seien. Dem deutschen Wein solle auch für die Zukunft, insbesondere nach dem Abbau von Handelshemmnissen innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, sein Markt erhalten bleiben und so die Existenz des deutschen Winzerstandes gesichert werden . Schwierig gestaltet sich die Beantwortung der Frage, inwieweit die von der Gruppe zu tragende Belastung fortbesteht. So ist nach der vom Deutschen Weininstitut (DWI) geführten Statistik im Zeitraum 1994-2003 der Anteil deutscher Weine am Inlandsmarkt beständig von 62 % auf 46 % zurückgegangen, um danach bis zum Jahr 2008 wieder auf 52 % zu steigen. Trotz der neuerlichen Steigerung von Umsätzen und Marktanteilen sieht sich der Deutsche Weinfonds vom CMA-Urteil des BVerfG nicht berührt. Er argumentiert mit der im Vergleich zu den Weinexporten sechsfach höheren Menge von Importen und verweist auf die Unterschiede zum wesentlich höher gelegenen Anteil der deutschen Ernährungswirtschaft im Inlandsmarkt, deren Marktanteil in der EU und die eigene schwache Stellung auf den Exportmärkten. Außerdem wird festgestellt, dass der Weinfonds seit Bestehen mit keiner Klage gegen die Abgaben konfrontiert war24. Der Ankündigung einer Klage gegen die von Handel und Gastronomie an den Weinfonds zu entrichtende Werbeabgabe wurde im Vorfeld durch die zum 01.04.2008 in Kraft getretene Änderung des § 43 WeinG begegnet, mit der seither die Abgabe entfällt. Aufgrund der neueren Marktentwicklung und aufgrund der Auswirkungen des vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) ergangenen Urteils zur CMA25, mit dem die spezifisch auf deutsche Produkte gerichtete Absatzförderung wegen Verstoßes gegen Art. 28 EGV 23 BVerfG, Beschl. v. 05.03.1974, Az. 1 BvL 27/72. 24 Quelle: Pressemitteilungen und Statistiken des DWI, http://www.deutscheweine.de, [Stand: 24.02.2009]. 25 EuGH, Urt. v. 05.11.2002, Az. C-325/00. - 14 - weitestgehend unterbunden wurde, dürfte es - im Fall einer Klage anderer, weiterhin abgabepflichtiger Betriebe - dennoch schwerer fallen, die mit der vom BVerfG als Legitimation zuletzt betont geforderte Finanzverantwortung für eine gemeinsam zu tragende Belastung darzustellen.