© 2016 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 023/16 Mögliche Auswirkungen geplanter Änderungen im Bundeswaldgesetz auf private Anbieter forstlicher Dienstleistungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 2 Mögliche Auswirkungen geplanter Änderungen im Bundeswaldgesetz auf private Anbieter forstlicher Dienstleistungen Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 023/16 Abschluss der Arbeit: 11. April 2016 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 1.1. Wortlaut des maßgeblichen Normentwurfs 4 1.2. Prüfungsumfang und Inhalt der vorliegenden Arbeit 5 2. Grundzüge und Bedeutung der kartellrechtlichen Entscheidung des Bundeskartellamts vom 9. Juli 2015 – B1 – 72/12 5 2.1. Zusammenfassung der kartellrechtlichen Entscheidung des Bundeskartellamts vom 9. Juli 2015 5 2.1.1. Verstoß gegen kartellrechtliche Vorgaben des Art. 101 Abs. 1 AEUV bzw. des § 1 GWB 6 2.1.2. Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. des § 2 GWB für eine Freistellung von den kartellrechtlichen Vorgaben 9 2.1.3. Ergebnis des wettbewerbsrechtlichen Verfahrens und Verfahrensstand 10 2.2. Bedeutung der kartellrechtlichen Entscheidung des Bundeskartellamts vom 9. Juli 2015 und geplante Reaktionen des Gesetzgebers 11 3. Regelungsinhalte, wettbewerbsrechtliche Bedeutung und mögliche Auswirkungen des § 46 BWaldG-E 12 3.1. Regelungsinhalte und wettbewerbsrechtliche Bedeutung des § 46 BWaldG-E 12 3.1.1. Forstwirtschaftliche Maßnahmen im Sinne des § 46 BWaldG-E 13 3.1.1.1. Holzvermarktung im engeren Sinne 13 3.1.1.2. Nicht der Holzvermarktung zuzurechnende forstwirtschaftliche Maßnahmen 13 3.1.1.3. Differenzierung durch Behörden und Gerichte anhand der Kriterien des Normentwurfs 14 3.1.2. Auswirkung der Differenzierung für die wettbewerbsrechtliche Prüfung entsprechender Vereinbarungen/Beschlüsse 14 3.1.2.1. Wettbewerbsrechtliche Überprüfung von Vereinbarungen/Beschlüssen über forstwirtschaftliche Maßnahmen zur Holzvermarktung im engeren Sinne 14 3.1.2.2. Wettbewerbsrechtliche Überprüfung von Vereinbarungen/Beschlüssen über nicht der Holzvermarktung zuzurechnende forstwirtschaftliche Maßnahmen 14 3.2. Mögliche Auswirkungen eines Inkrafttreten des § 46 BWaldG-E auf private Anbieter forstwirtschaftlicher Dienstleistungen 15 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 4 1. Einleitung Mit dem vorliegenden Sachstand soll der Frage nachgegangen werden, wie sich eine geplante Änderung im Bundeswaldgesetz1 (BWaldG) in der Praxis möglicherweise auf private Anbieter forstlicher Dienstleistungen auswirken könnte. 1.1. Wortlaut des maßgeblichen Normentwurfs Durch das geplante Gesetz soll u. a. ein neuer § 46 in das Bundeswaldgesetz eingefügt werden. Der im Zeitpunkt der Erstellung der vorliegenden Arbeit aktuelle Entwurf dieser Norm vom 24. Februar 2016 (§ 46 BWaldG-E) lautet: „§ 46 Weitere Vorschriften in besonderen Fällen (1) Für Beschlüsse und Vereinbarungen über die der Holzvermarktung nicht zuzurechnenden forstwirtschaftlichen Maßnahmen von nichtstaatlichen oder staatlichen Trägern oder von deren Kooperationen, soweit auf diese Beschlüsse und Vereinbarungen die Regelungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden sind, gelten die Voraussetzungen für eine Freistellung im Sinne des § 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen als erfüllt. Maßnahmen im Sinne des Satzes 1 umfassen die Bereiche der Planung und Ausführung waldbaulicher Maßnahmen, der Markierung, der Ernte und der Bereitstellung des Rohholzes bis einschließlich seiner Registrierung. (2) Soweit auf Beschlüsse und Vereinbarungen im Sinne des Absatzes 1 die Regelungen des Artikels 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union anzuwenden sind, wird vermutet, dass die Voraussetzungen für eine Freistellung im Sinne des Artikels 101 Absatz 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfüllt sind.“2 1 Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft vom 02.05.1975, BGBl. I S. 1037; zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.08.2015, BGBl. I S. 1474. 2 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2016). Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Bundeswaldgesetzes. Ressortabgestimmter Gesetzentwurf vom 24.02.2016. S. 11. Der Gesetzentwurf ist auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht abrufbar . Link: http://www.dgar.de/wp-content/uploads/2016/03/Gesetzentwurf-%C3%84nderung-BJagdG-u- BWaldG-Stand-24_02_2016.pdf (letzter Abruf: 11.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 5 Nach einer Pressemitteilung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ist das geplante Gesetz, mit dem nicht nur das Bundeswaldgesetz sondern auch das Bundesjagdgesetz 3 geändert werden soll, zwischen den beteiligten Bundesministerien im Zeitpunkt der Erstellung der vorliegenden Arbeit abgestimmt und befindet sich im Stadium der Länder- und Verbändebeteiligung . Ein Kabinettsentwurf liegt noch nicht vor.4 1.2. Prüfungsumfang und Inhalt der vorliegenden Arbeit Um die Bedeutung des § 46 BWaldG-E erläutern zu können, ist es erforderlich, die wesentlichen Hintergründe zum Beschluss des Bundeskartellamts (BKartA) B1 – 72/12 vom 9. Juli 20155 darzustellen . In der Entscheidung untersagte die Behörde dem Bundesland Baden-Württemberg konkrete forstwirtschaftliche Tätigkeiten. Im Anschluss wird der Frage nach der Bedeutung des § 46 BWaldG-E nachgegangen. Dabei wird unterstellt, dass die Norm in der oben wiedergegebenen Fassung tatsächlich in Kraft tritt. Ob § 46 BWaldG-E in der wiedergegebenen Fassung rechtmäßig wäre, ist jedoch nicht Prüfungsgegenstand der nachfolgenden Darstellung. Die vorliegende Arbeit trifft daher keine Aussage über die Rechtmäßigkeit des § 46 BWaldG-E insbesondere vor dem Hintergrund europarechtlicher und nationalstaatlicher Vorgaben. 2. Grundzüge und Bedeutung der kartellrechtlichen Entscheidung des Bundeskartellamts vom 9. Juli 2015 – B1 – 72/12 Nachfolgend werden die Grundzüge der genannten kartellrechtlichen Entscheidung des Bundeskartellamts vom 9. Juli 2015 wiedergegeben. Im Anschluss wird darauf eingegangen, welche Bedeutung fachlich Beteiligte und Betroffene dieser Entscheidung beimessen. 2.1. Zusammenfassung der kartellrechtlichen Entscheidung des Bundeskartellamts vom 9. Juli 2015 Mit dem Beschluss beendete das Bundeskartellamt ein wettbewerbsrechtliches Verfahren gegen das Bundesland Baden-Württemberg, in dem die wettbewerbsrechtliche Konformität der waldbesitzartübergreifenden Holzvermarktung durch das Land geprüft wurde. Nach § 3 BWaldG unterscheidet man bei den Waldeigentumsarten zwischen - Staatswald, der etwa im Alleineigentum des Bundes oder eines Landes steht, 3 Bundesjagdgesetz vom 29.09.1976, BGBl. I S. 2849; zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.08.2015, BGBl. I S. 1474. 4 So die Informationen in der Pressemitteilung Nr. 31 vom 25.02.2016 auf der Internetseite des BMEL. Link: https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2016/031-SC-Wald-undJagdgesetz.html (letzter Abruf: 11.04.2016). 5 Bundeskartellamt (2015). Beschluss vom 09.07.2015 – B1 – 72/12. Link: http://www.bundeskartellamt .de/SharedDocs/Entscheidung/DE/Entscheidungen/Kartellverbot/2015/B1-72-12.html (letzter Abruf: 11.04.2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 6 - Körperschaftswald, der im Alleineigentum etwa von Gemeinden oder Gemeindeverbänden steht, und - Privatwald, worunter Wald fällt, der weder Staats- noch Körperschaftswald ist. Das Bundeskartellamt geht in seiner Entscheidung vom 9. Juli 2015 weiterhin von einem weiten Begriff der Holzvermarktung aus, den es folgendermaßen definiert: „Die Bewirtschaftung des Waldes fängt mit dem Anpflanzen der Bäume an und hört bei der Abwicklung des Verkaufs des anfallenden Holzes auf. Der Holzverkauf im engeren Sinne umfasst die Vertragsanbahnung und –verhandlung, also das Führen des Holzverkaufsgesprächs , die Durchführung des Verkaufs sowie bei der waldbesitzartübergreifenden Bündelung des Holzes die Einweisung der Hölzer auf die jeweiligen Lieferverträge und die Fakturierung. Letztere umfasst insbesondere die Rechnungsstellung, Überprüfung firmenseitig erstellter Messprotokolle oder Rechnungen mit evtl. daraus resultierenden Reklamationen sowie die Überwachung des Zahlungseingangs. Den Holzverkauf im weiteren Sinne umfassen die den Holzverkauf unmittelbar vorbereitenden Dienstleistungen des Holzauszeichnens, der Durchführung und Betreuung von Holzerntemaßnahmen (inklusive Rückung an die Waldstraße), der Holzaufnahme sowie des Holzlistendrucks. Zur Holzvermarktung gehören darüber hinaus die Aufstellung des jährlichen Betriebsplans im Rahmen der forsttechnischen Betriebsleitung sowie seine Durchführung durch den Revierdienst . Letztlich dient auch die Aufstellung des 10-jährigen periodischen Betriebsplans als Grundlage der jährlichen Betriebsplanung der Holzvermarktung.“6 2.1.1. Verstoß gegen kartellrechtliche Vorgaben des Art. 101 Abs. 1 AEUV bzw. des § 1 GWB Das Bundeskartellamt prüfte in diesem Verfahren, ob das Land Baden-Württemberg mit seiner konkreten Praxis der waldbesitzartübergreifenden Holzvermarktung gegen kartellrechtliche Vorgaben des Art. 101 Abs. 1 Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)7 bzw. des § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)8 verstößt. In der Zusammenfassung des BKartA-Beschlusses vom 9. Juli 2015 führt die Behörde zum Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Normen u.a. aus: „Die Entscheidung kommt zu dem Ergebnis, dass das Land Baden-Württemberg durch die Vereinbarungen über die gemeinsame Vermarktung von Rundholz aus dem eigenen Staatsforst zusammen mit Rundholz aus Körperschafts- und Privatwald als Unternehmen und nicht im Rahmen seiner hoheitlichen Tätigkeiten gegen europäisches und deutsches Kartellrecht verstößt. […] 6 Bundeskartellamt (2015). A. a. O. (Fn. 5). Rn. 33. Vgl. dazu auch die Ausführungen bei Bundeskartellamt (2015). A. a. O. (Fn. 5). Rn. 249, 388. 7 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. EU Nr. C 326 vom 26.10.2012, S. 47. 8 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 26.06.2013, BGBl. I S. 1750, 3245; zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.02.2016, BGBl. I S. 203. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 7 Das Land Baden-Württemberg vereinbart mit nachfragenden Sägewerken die Lieferung von Rundholz aus allen Waldbesitzarten (Staatswald, Körperschaftswald, Privatwald). Hierzu schließt das Land Baden-Württemberg sowohl über Forst BW[9] in Tübingen zentrale Verträge als auch über die jeweiligen unteren Forstbehörden (UFB) dezentrale Verträge mit den Sägewerken, in denen sowohl die Mengen und Sortimente als auch Preise und Konditionen festgelegt werden. Grundlage für diese gemeinsame Rundholzvermarktung sind die Vereinbarungen zwischen dem Land Baden-Württemberg sowie Privat- und Körperschaftswaldbesitzern zur Übernahme von forstwirtschaftlichen Dienstleistungen. Zu diesen Dienstleistungen gehören neben dem Holzverkauf (im engeren Sinne) und der Fakturierung die unmittelbar vorgelagerten, von der Vermarktung untrennbaren Dienstleistungen der Holzauszeichnung, der Betreuung von Holzerntemaßnahmen, der Holzaufnahme sowie des Holzlistendrucks, die im Rahmen des forstlichen Revierdienstes sowie der forsttechnischen Betriebsleitung übernommen werden. Darüber hinaus stellt die Aufstellung des jährlichen Betriebsplans, die im Rahmen der forsttechnischen Betriebsleitung erfolgt, die Basis für jegliche Holzvermarktung dar, denn mit dem jährlichen Betriebsplan werden bereits die Mengen, Sortimente und Zeitpunkte der möglichen Holzlieferung bestimmt . Durch die Übernahme des Revierdienstes sowie der forsttechnischen Betriebsleitung für Privat- und Körperschaftswaldbesitzer erhält das Land Baden-Württemberg einen erheblich direkten Einfluss auf die Wettbewerbsposition seiner unmittelbaren, von ihm betreuten Konkurrenten aus dem Privat- und Körperschaftswald bei der Vermarktung ihres Holzes. Diese Vereinbarungen zwischen dem Land Baden-Württemberg und den Sägewerken über den Verkauf von Rundholz sowie die diesen zugrundeliegenden Vereinbarungen zwischen dem Land Baden-Württemberg und privaten und körperschaftlichen Waldbesitzern über die Erbringung der o.g. forstwirtschaftlichen Dienstleistungen bezwecken und bewirken eine Wettbewerbsbeschränkung auf dem sachlich relevanten Markt für die Herstellung und den Vertrieb (Produktion und Vermarktung) von Rundholz im räumlich relevanten Markt Baden-Württemberg gemäß Art. 101 Abs. 1 AEUV bzw. § 1 GWB.[10] Selbst wenn man die Dienstleistungen des Holzauszeichnens, der Betreuung von Holzerntemaßnahmen , der Holzaufnahme, des Holzlistendrucks sowie der Aufstellung des jährlichen Betriebsplans , die im Rahmen des Revierdienstes sowie der forsttechnischen Betriebsleitung erfolgen, nicht unmittelbar der Vermarktung zurechnen würde, so bezweckt und bewirkt deren Übernahme durch das Land Baden-Württemberg jedenfalls einen wettbewerbsbeschränkenden Austausch über zukünftige und aktuelle marktrelevante Informationen zwischen dem Land Baden-Württemberg und den betreuten Waldbesitzern als Wettbewerber bei der Rundholzvermarktung hinsichtlich der Angebotsmenge, des Angebotspreises, des 9 Zu diesem Begriff bzw. zur Organisation der Landesforstverwaltung in Baden-Württemberg vgl. Bundeskartellamt (2015). A. a. O. (Fn. 5). Rn. 13 ff. 10 Die Vereinbarungen zwischen dem Land und den Körperschafts- und Privatwaldbesitzern hinsichtlich des Holzverkaufs im engeren Sinne und der damit verbundenen forstwirtschaftlichen Dienstleistungen wertet das Bundeskartellamt als Vertriebskartell, da sie die Festsetzung von Preisen oder Preisbestandteilen und eine Beschränkung des Absatzes bezwecken. Vgl. Die detaillierte Begründung für diese Schlussfolgerung findet sich bei Bundeskartellamt (2015). A. a. O. (Fn. 5). Rn. 368 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 8 Angebotssortiments sowie des Angebotszeitraums, der zum einen die Wettbewerbsbeschränkung des gemeinsamen Rundholzverkaufs an Sägewerke noch verstärkt und zum anderen selbst für sich allein eine Wettbewerbsbeschränkung gemäß Art. 101 Abs. 1 AEUV bzw. § 1 GWB darstellt.“11 Zur Frage, inwieweit die Gestaltung der Preise für die Erbringung der seitens des Landes angebotenen forstwirtschaftlichen Dienstleistungen die Wettbewerbsbeschränkung noch verstärkt, führt das Bundeskartellamt aus: „Die Wettbewerbsbeschränkung wird darüber hinaus noch weiter verstärkt, weil das Land die forsttechnische Betriebsleitung, die von der Körperschaft nach dem LWaldG selbst durchgeführt werden kann […], kostenlos anbietet. Dadurch haben die Körperschaften nur geringe Anreize, die forsttechnische Betriebsleitung selbst durchzuführen. Im Privatwald werden die forsttechnische Betriebsleitung sowie der Revierdienst vom Land, über die UFB, als ständige oder fallweise Betreuung zu Entgelten angeboten, die in weiten Teilen unterhalb der Entstehungskosten liegen. Auch dadurch wird der Anreiz der Privatwaldbesitzer beschränkt, diese Dienstleistungen von anderen Unternehmen als dem Wettbewerber Land durchführen zu lassen. Die privaten Wettbewerber des Landes um diese Dienstleistungen werden überdies auch noch in ihrem Wettbewerb unbillig behindert. So stellt die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) […] fest, dass das Land Baden-Württemberg forstwirtschaftliche Dienstleistungen im Privatwald zu Entgelten anbietet, die erheblich unter den Vollkosten liegen, mit der Begründung der Förderung des Kleinprivatwaldes. […] Durch diese Preisgestaltung schafft das Land entsprechend starke Anreize für die Waldbesitzer , ihre Vermarktungsdienstleistungen vom Land zu beziehen, was den Wettbewerb ebenfalls spürbar beeinträchtigt. Dabei beruhen die niedrigen Angebotspreise des Landes nicht auf seiner besonderen Leistungsfähigkeit („Effizienz“) im Vergleich zu privaten Anbietern , sondern werden mit der Begründung der Förderung des Kleinprivatwaldes bzw. der stärkeren Allgemeinwohlverantwortung des Körperschaftswaldes subventioniert. Die Förderung bestimmter Waldbesitzer an sich begegnet keinen kartellrechtlichen Bedenken . Allerdings führt […] die konkrete Gestaltung der Förderpraxis durch das Land Baden- Württemberg zu einer spürbaren Wettbewerbsverzerrung zu Lasten von Wettbewerbern, und zwar sowohl auf dem Markt der Holzvermarktung, wie auf dem Markt forstwirtschaftlicher Dienstleistungen, wobei diese auch noch mit einer diskriminierenden Förderung verbunden scheint. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die indirekte Förderung des Landes Baden-Württemberg durch die Subventionierung wirtschaftlicher Tätigkeiten von körperschaftlichen und privaten Waldbesitzern, wie der des Revierdienstes, der forsttechnischen Betriebsleitung und der Betriebseinrichtung nur auf den monetären Ausgleich von Kosten bezieht, die bei nahezu jedem Waldbesitzer […] anfallen. […] Die Förderung ist faktisch nur an die Bedingung geknüpft, dass die forstwirtschaftlichen Dienstleistungen vom Land bezogen werden. 11 Bundeskartellamt (2015). A. a. O. (Fn. 5). Rn. 1 ff. Fettung durch den Verfasser. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 9 Denn wer die gleiche Leistung selbst erstellt oder durch Dritte durchführen lässt, wird von der Förderung ausgeschlossen. Dies gilt im Übrigen auch für körperschaftliche Waldbesitzer . Darüber hinaus diskriminiert die indirekte Förderung auch die die privaten Waldbesitzer zu Gunsten der körperschaftlichen Waldbesitzer. Denn einige forstwirtschaftliche Dienstleistungen, die das Land Baden-Württemberg für körperschaftliche Waldbesitzer erbringt , werden kostenlos erbracht und andere Dienstleistungen werden den Körperschaften nur zu niedrigeren Entgelten in Rechnung gestellt. […] Die indirekte Förderung über Unterkostenangebote ist daher nicht diskriminierungsfrei, da sie im Gegensatz zur direkten Förderung der Waldbesitzer, den Waldbesitzern einen hohen wirtschaftlichen Anreiz bietet, die (unternehmerischen) forstwirtschaftlichen Dienstleistungen beim Land Baden-Württemberg zu beziehen, um die Förderung zu erhalten . […] Im Ergebnis kann daher festgestellt werden, dass das Land Baden-Württemberg den Wettbewerb auf dem Markt für die Vermarktung von Holz spürbar beschränkt und damit gegen Art. 101 AEUV bzw. § 1 GWB verstößt. Dies geschieht unmittelbar durch die gemeinsame Vermarktung des Holzes aus dem Staatswald, dem Körperschaftswald und dem Privatwald . Darüber hinaus wird dieser Wettbewerb beschränkt, in dem das Land durch die Übernahme des Revierdienstes, der forsttechnischen Betriebsleitung und/oder des jährlichen und des periodischen Betriebsplans unmittelbar wie mittelbar an der Entscheidung über die angebotene Menge, der Qualität und des Sortiments des anzubietenden Holzes beteiligt ist und wettbewerblich relevante Informationen erhält, die regelmäßig unter Wettbewerbern als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse angesehen werden, weil sie Rückschlüsse über das Wettbewerbsverhalten der Unternehmen ermöglichen. Die Wettbewerbsbeschränkung wird dadurch erheblich verstärkt, dass das Land durch eine diskriminierende Subventionierung dieser vorgenannten forstwirtschaftlichen Dienstleistungen erhebliche wirtschaftliche Anreize setzt, die angebotenen Dienstleistungen vom Land Baden -Württemberg zu beziehen. Hierbei kann im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben , ob die vorbeschriebene Subventionierung einen eigenständigen Verstoß gegen § 20 Abs. 3 GWB darstellt, weil das Land Baden-Württemberg als Unternehmen mit überlegener Marktmacht kleine und mittlere Waldbesitzer und forstwirtschaftliche Dienstleister unbillig behindert.“12 2.1.2. Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. des § 2 GWB für eine Freistellung von den kartellrechtlichen Vorgaben Nachdem das Bundeskartellamt damit geprüft und bejaht hat, dass die genannten Vereinbarungen des Landes Baden-Württemberg wettbewerbsbeschränkend sind, heißt es in der Zusammenfassung des Beschlusses zur Frage, ob die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. des § 2 GWB für eine Freistellung dieser wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen von den wettbewerbsrechtlichen Vorgaben des Art. 101 Abs. 1 AEUV bzw. des § 1 GWB vorliegen u. a.: 12 Bundeskartellamt (2015). A. a. O. (Fn. 5). Rn. 398 – 409. Fettung durch den Verfasser. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 10 „Vereinbarungen des Landes Baden-Württemberg mit Privatwaldbesitzern sowie mit Körperschaftswaldbesitzern über die Übernahme forstwirtschaftlicher Dienstleistungen des forstlichen Revierdienstes, der forsttechnischen Betriebsleitung einschließlich des jährlichen Betriebsplans und der Wirtschaftsverwaltung[13] (inkl. Holzverkauf) unterfallen im Hinblick auf den Arbeitsgemeinschaftsgedanken[14] sowie der Freistellungsvoraussetzung der Unerlässlichkeit in Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. § 2 GWB nicht dem Kartellverbot bzw. sind freigestellt, soweit der jeweilige Waldbesitzer über eine Waldfläche von weniger als 100 ha verfügt.“15 2.1.3. Ergebnis des wettbewerbsrechtlichen Verfahrens und Verfahrensstand Zum Ergebnis dieses wettbewerbsrechtlichen Verfahrens heißt es in der Zusammenfassung des Beschlusses: „Aufgrund der schwerwiegenden Wettbewerbsverstöße untersagt die Beschlussabteilung dem Land Baden-Württemberg als Unternehmen die Durchführung des Holzverkaufs im engeren Sinne und die unmittelbar vermarktungsnahen Dienstleistungen (Holzauszeichnen , Betreuung von Holzerntemaßnahmen, Holzaufnahme, Holzlistendruck) für ihre Wettbewerber . […] Das darüber hinausgehende Angebot forstwirtschaftlicher Dienstleistungen (Revierdienst, forsttechnische Betriebsleitung, jährliche Betriebsplanung) wird dem Land nur soweit untersagt, als die Leistungen von Personen angeboten und durchgeführt werden , die gleichzeitig den Staatswald bewirtschaften und/oder einen wettbewerblich relevanten Informationsaustausch ermöglichen und die angebotenen Dienstleistungen nicht kostendeckend erbracht werden. Hierdurch wird dem Land ermöglicht, Dritten die über die unmittelbaren vermarktungsnahen forstwirtschaftlichen Dienstleistungen hinausgehenden Tätigkeiten anzubieten, soweit das Land durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt hat, dass dieses Angebot unabhängig von seinen eigenen wirtschaftlichen /wettbewerblichen Interessen diskriminierungsfrei unter wettbewerblichen Bedingungen erbracht wird.“16 13 Zu diesem Begriff vgl. Bundeskartellamt (2015). A. a. O. (Fn. 5). Rn. 44 ff. 14 Damit ist im Wesentlichen die Überlegung gemeint, dass die Bildung und Tätigkeit einer Arbeitsgemeinschaft von Unternehmen im Ergebnis dann nicht wettbewerbsbeschränkend sind, wenn die beteiligten Unternehmen die von der Zusammenarbeit erfassten Tätigkeiten aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht eigenständig durchführen können. Vgl. Bundeskartellamt (2015). A. a. O. (Fn. 5). Rn. 421 ff. 15 Bundeskartellamt (2015). A. a. O. (Fn. 5). Rn. 11. 16 Bundeskartellamt (2015). A. a. O. (Fn. 5). Rn. 12. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 11 Das Land Baden-Württemberg hat gegen den Beschluss des Bundeskartellamts Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt. Eine gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache liegt noch nicht vor.17 2.2. Bedeutung der kartellrechtlichen Entscheidung des Bundeskartellamts vom 9. Juli 2015 und geplante Reaktionen des Gesetzgebers Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg geht davon aus, dass es sich bei dem Verfahren des Bundeskartellamts um ein Pilotverfahren handelt, „um danach auch die Forststrukturen in den anderen Ländern anzugehen. Die Vorstellungen des Kartellamts sind inzwischen so weitgehend, dass es keine Forststruktur in Deutschland mehr gibt, die davon nicht betroffen wäre und umgestellt werden müsste.“18 So nimmt das Ministerium an, dass das Bundeskartellamt „nach wie vor zumindest auch Rheinland-Pfalz, Thüringen, Hessen und Nordrhein-Westfalen im Blick [hat], weil es auch dort nach wie vor kartellrechtswidrige Verhältnisse beim Holzverkauf vermutet“.19 Als Reaktion auf den Beschluss des Bundeskartellamts brachte Rheinland-Pfalz einen Gesetzesantrag zur Änderung des Bundeswaldgesetzes in den Bundesrat ein.20 Die rheinland-pfälzische Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten führte dazu im Bundesrat aus: „Mit großer Sorge betrachten wir […] den Beschluss des Bundeskartellamtes, der auf eine komplette Zerschlagung des Einheits- bzw. Gemeinschaftsforstamtes in Baden-Württemberg gerichtet ist. […] Die Übertragung der Rechtsauffassung des Bundeskartellamtes auf andere Länder hätte eine völlige Trennung von staatlicher und nichtstaatlicher Organisation zur Folge. Insbesondere wäre die Betreuung des kleinteilig strukturierten Privatwaldes durch staatliche Mitarbeiter in der bisher praktizierten Form, das heißt als flächendeckendes Angebot, nicht mehr möglich. […] Darum bringt die Landesregierung Rheinland-Pfalz heute eine 17 Vgl. zum Verfahrensstand die Informationen auf der Internetseite des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg. Link: https://mlr.baden-wuerttemberg.de/de/themen/kartellverfahrenrundholzvermarktung -faq/ („Wie ist der aktuelle Verfahrensstand?“) (letzter Abruf: 11.04.2016). 18 So das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg auf seiner Internetseite. Link: https://mlr.baden-wuerttemberg.de/de/themen/kartellverfahren-rundholzvermarktung-faq/ („Welche anderen Bundesländer sind noch im Fokus?“) (letzter Abruf: 11.04.2016). 19 A. a. O. (Fn. 18). 20 Bundesrat (2016a). Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswaldgesetzes. Gesetzesantrag des Landes Rheinland-Pfalz vom 19.02.2016. BR-Drs. 92/16. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 12 Initiative zur Ergänzung des Bundeswaldgesetzes in den Bundesrat ein, die auf die Erhaltung des bewährten Betreuungsangebots abzielt. Die Initiative greift dabei den Referentenentwurf der Bundesregierung auf […].21 Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wies im Anschluss an den Redebeitrag der rheinland-pfälzischen Ministerin darauf hin, dass der Gesetzentwurf des Landes überflüssig sei, da seit dem 24. Februar 2016 nunmehr ein ressortabgestimmter Entwurf zur Änderung des Bundeswaldgesetzes vorliege, der die bessere Antwort auf die Herausforderungen sei, „denen sich das Cluster Holz und Forst ausgesetzt sieht.“22 3. Regelungsinhalte, wettbewerbsrechtliche Bedeutung und mögliche Auswirkungen des § 46 BWaldG-E Vor dem Hintergrund der dargestellten kartellrechtlichen Entscheidung wird nachfolgend den Fragen nachgegangen, worin der Regelungsbereich des § 46 BWaldG-E tatsächlich besteht und welche wettbewerbsrechtliche Bedeutung dem Normentwurf zukommt. Darauf aufbauend folgen im Anschluss einige Überlegungen dazu, wie sich die Norm, sollte sie in der aufgeführten Fassung in Kraft treten, möglicherweise auf private Anbieter forstlicher Dienstleistungen auswirken könnte. 3.1. Regelungsinhalte und wettbewerbsrechtliche Bedeutung des § 46 BWaldG-E Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der § 46 BWaldG-E die Auffassung des Bundeskartellamts teilt, dass bestimmte forstwirtschaftliche Maßnahmen unabhängig davon, ob sie von staatlichen oder nichtstaatlichen Trägern durchgeführt werden, wirtschaftliche Tätigkeiten darstellen können , und dass entsprechende Vereinbarungen/Beschlüsse der Kontrolle durch die Wettbewerbsbehörden unterliegen können. Für das Verständnis der Regelungsinhalte des § 46 BWaldG-E ist allerdings erforderlich, die Differenzierung des Normentwurfs zwischen unterschiedlichen Arten forstwirtschaftlicher Maßnahmen nachzuvollziehen. Im Anschluss wird auf die Frage eingegangen, wie sich diese Differenzierung auf die Anwendung des nationalen und europäischen Wettbewerbsrechts voraussichtlich auswirkt. 21 Bundesrat (2016b). Stenografischer Bericht der 942. Sitzung am 26.02.2016. Plenarprotokoll 942. S. 71. 22 Bundesrat (2016b). A. a. O. (Fn. 21). S. 72. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 13 3.1.1. Forstwirtschaftliche Maßnahmen im Sinne des § 46 BWaldG-E Ausweislich seines Wortlauts enthält der Normentwurf zwar allein Regelungen für forstwirtschaftliche Maßnahmen, die nicht der Holzvermarktung zuzurechnen sind. Mit dieser Terminologie wird allerdings deutlich, dass es daneben eine zweite Art forstwirtschaftlicher Maßnahmen geben soll. 3.1.1.1. Holzvermarktung im engeren Sinne Ausweislich der Entwurfsbegründung soll die „Holzvermarktung im engeren Sinne, d.h. der Verkauf des an der Waldstraße liegenden, nach Qualität sortierten Holzes und die eigentliche Vermarktung des Holzes“ zwar als wirtschaftliche Tätigkeit gelten.23 Diese Art der forstwirtschaftlichen Maßnahme regelt der Normentwurf jedoch nicht direkt. Lediglich durch die Negativdefinition des § 46 Abs. 1 S. 2 BWaldG-E ergibt sich, welche forstwirtschaftlichen Maßnahmen nicht unter den Begriff der Holzvermarktung im engeren Sinne fallen sollen. 3.1.1.2. Nicht der Holzvermarktung zuzurechnende forstwirtschaftliche Maßnahmen Auf diesen so genannten nicht der Holzvermarktung zuzurechnenden forstwirtschaftlichen Maßnahmen liegt der eigentliche Fokus des Normentwurfs. Nach § 46 Abs. 1 S. 2 BWaldG-E sollen unter diesen Begriff forstwirtschaftliche Maßnahmen der Bereiche Planung und Ausführung waldbaulicher Maßnahmen, Markierung, Ernte und Bereitstellung des Rohholzes bis einschließlich seiner Registrierung fallen. Nach der Entwurfsbegründung können diese „Tätigkeiten, die den Holzverkauf und die Holzvermarktung im engeren Sinne vorbereiten , […] sowohl wirtschaftliche wie auch öffentlichen Interessen dienende Aspekte beinhalten .“24 Die Kriterien, wonach zu entscheiden ist, ob bestimmte nicht der Holzvermarktung zuzurechnenden forstwirtschaftlichen Maßnahmen als wirtschaftliche Tätigkeiten oder öffentlichen Interessen dienende Tätigkeiten anzusehen sind, definiert jedoch weder das Bundeswaldgesetz noch § 46 BWaldG-E. In der Entwurfsbegründung heißt es dazu: „Dies hängt vor allem von der im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Forstorganisation und Ausgestaltung der Maßnahmen, in die das Bundeswaldgesetz nicht eingreift, ab.“25 23 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2016). A. a. O. (Fn. 2). S. 24. 24 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2016). A. a. O. (Fn. 2). S. 24. 25 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2016). A. a. O. (Fn. 2). S. 25. Fettung durch den Verfasser . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 14 3.1.1.3. Differenzierung durch Behörden und Gerichte anhand der Kriterien des Normentwurfs Sollte § 46 BWaldG-E in der vorliegenden Fassung in Kraft treten, werden die zuständigen Behörden und Gerichte sich zukünftig detailliert mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob insbesondere unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfende forstwirtschaftliche Maßnahmen als Holzvermarktung im engeren Sinne oder als nicht der Holzvermarktung zuzurechnende forstwirtschaftliche Maßnahmen anzusehen sind. Als Abgrenzungshilfe dient dabei die Negativdefinition in § 46 Abs. 1 S. 2 BWaldG-E, wobei die Subsumtion einzelner konkreter Handlungen unter die weit gefassten Begriffe im Einzelfall durchaus problematisch sein könnte. Unter Anwendung der konkreten Landesforstgesetze müssten die zuständigen Behörden und Gerichte im Anschluss prüfen und entscheiden, ob eine konkrete forstwirtschaftliche Maßnahme als wirtschaftliche Tätigkeit oder als öffentlichen Zielen dienende hoheitliche Maßnahme einzustufen ist. 3.1.2. Auswirkung der Differenzierung für die wettbewerbsrechtliche Prüfung entsprechender Vereinbarungen/Beschlüsse Nur Beschlüsse/Vereinbarungen über forstwirtschaftliche Maßnahmen zur Holzvermarktung im engeren Sinne und solche über nicht der Holzvermarktung zuzurechnende forstwirtschaftliche Maßnahmen, die nach den einschlägigen Landesvorgaben als wirtschaftliche Tätigkeiten anzusehen sind, sind einer wettbewerbsrechtlichen Überprüfung zugänglich. Hierzu meint die Begründung zu § 46 BWaldG-E: „Sind die Tätigkeiten danach als öffentlichen Zielen dienende hoheitliche Maßnahme einzustufen , kommen das nationale oder europäische Wettbewerbsrecht von vornherein nicht zum Tragen.“26 3.1.2.1. Wettbewerbsrechtliche Überprüfung von Vereinbarungen/Beschlüssen über forstwirtschaftliche Maßnahmen zur Holzvermarktung im engeren Sinne Sollte der Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung in Kraft treten, können Vereinbarungen/Beschlüsse über forstwirtschaftliche Maßnahmen zur Holzvermarktung im engeren Sinne bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen zukünftig einer uneingeschränkten wettbewerblichen Kontrolle durch die zuständigen Wettbewerbsbehörden (so wie bereits vor seinem Inkrafttreten ) unterliegen. Freistellungen vom Kartellverbot o. Ä. normiert § 46 BWaldG-E für diese Vereinbarungen /Beschlüsse nicht. 3.1.2.2. Wettbewerbsrechtliche Überprüfung von Vereinbarungen/Beschlüssen über nicht der Holzvermarktung zuzurechnende forstwirtschaftliche Maßnahmen Anders bei Vereinbarungen/Beschlüssen über forstwirtschaftliche Maßnahmen, die nicht der Holzvermarktung zuzurechnen sind aber gleichwohl als wirtschaftliche Tätigkeiten anzusehen sind und der wettbewerbsrechtlichen Überprüfung durch die zuständigen Wettbewerbsbehörden 26 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2016). A. a. O. (Fn. 2). S. 25. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 15 unterliegen: Sollte § 46 BWaldG-E in der vorliegenden Fassung in Kraft treten und sollte eine wettbewerbsrechtliche Überprüfung derartiger Vereinbarungen/Beschlüsse zum Ergebnis kommen , dass sie gegen das Kartellverbot nach § 1 GWB verstoßen, wären sie aufgrund der Regelung in § 46 Abs. 1 S. 1 BWaldG-E vom Kartellverbot freigestellt, weil der Normentwurf ausweislich der Begründung „eine unwiderlegliche Vermutung [enthält], dass die Voraussetzungen für eine Freistellung im Sinne des § 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erfüllt sind.“27 Sollte die Prüfung der Vereinbarungen/Beschlüsse darüber hinaus einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV ergeben, enthält § 46 Abs. 2 BWaldG-E nach der Entwurfsbegründung „eine widerlegliche Vermutung, dass die Voraussetzungen einer Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV grundsätzlich gegeben sind.“28 Zwar wären solche kartellrechtswidrigen Vereinbarungen/Beschlüsse – anders als im Verfahren des Bundeskartellamtes – im Ergebnis dann nicht verboten. Von den übrigen Vorgaben des nationalen und europäischen Wettbewerbsrechts nimmt § 46 BWaldG-E diese Vereinbarungen/Beschlüsse aber nicht aus. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen könnten diese Vereinbarungen /Beschlüsse daher auch bei Inkrafttreten des § 46 BWaldG-E gegen das Verbot des Ausnutzens bestehender Marktbeherrschung bzw. überlegener Marktmacht (§§ 19, 20 GWB bzw. Art. 102 AEUV) verstoßen und seitens der zuständigen Behörden entsprechend untersagt werden .29 Wie oben gezeigt, wies das Bundeskartellamt selbst darauf hin, dass die Erbringung bestimmter forstwirtschaftlicher Dienstleistungen durch das Land Baden-Württemberg zu Unterkosten einen Verstoß gegen § 20 Abs. 3 GWB darstellen könnte, weil das Land als Unternehmen mit überlegener Marktmacht damit andere forstwirtschaftliche Dienstleister unbillig behindert haben könnte. 3.2. Mögliche Auswirkungen eines Inkrafttreten des § 46 BWaldG-E auf private Anbieter forstwirtschaftlicher Dienstleistungen Eine Besser- oder Schlechterstellung privater Anbieter forstwirtschaftlicher Dienstleistungen gegenüber staatlichen Anbietern solcher Dienstleistungen ergibt sich aus dem Gesetzentwurf nicht. So gelten die Regelungen zur Freistellung kartellrechtswidriger Vereinbarungen/Beschlüsse über die der Holzvermarktung nicht zuzurechnenden forstwirtschaftlichen Maßnahmen sowohl für staatliche als auch nichtstaatliche Anbieter. Dass der Staat mit § 46 BWaldG-E seine eigenen Institutionen zur Erbringung derartiger forstwirtschaftlicher Dienstleistungen bevorzugt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. So ändert § 46 BWaldG-E 27 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2016). A. a. O. (Fn. 2). S. 25. 28 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2016). A. a. O. (Fn. 2). S. 25. 29 Vgl. dazu auch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzentwurfs. Danach soll der bestehende § 40 BWaldG um einen Absatz 3 erweitert werden. Dieser lautet: „Vorbehaltlich der Absätze 1 und 2 und des § 46 bleiben die Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unberührt.“. Vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2016). A. a. O. (Fn. 2). S. 11. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 023/16 Seite 16 zum einen nichts daran, dass es von der im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Forstorganisation und von der Ausgestaltung der Maßnahmen abhängt, ob nicht der Holzvermarktung zuzurechnende forstwirtschaftliche Maßnahmen als wirtschaftliche oder hoheitliche Maßnahme anzusehen sind. Wie gezeigt, wäre zum anderen trotz des Inkrafttretens des § 46 BWaldG-E eine wettbewerbsrechtliche Kontrolle der wirtschaftlichen Tätigkeiten staatlicher Anbieter derartiger Dienstleistungen unter dem Aspekt des Missbrauchs einer marktbeherrschenden oder marktmächtigen Stellung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen weiterhin möglich. Damit könnte etwa verhindert werden, dass marktbeherrschende oder marktmächtige staatliche Anbieter derartiger forstwirtschaftlicher Dienstleistungen private Anbieter als Wettbewerber dadurch unbillig behindern, dass sie ihre Dienstleistungen zu Unterkosten anbieten. ENDE DER BEARBEITUNG