© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 022/20 Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung bei Primärerzeugnissen Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 022/20 Seite 2 Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung bei Primärerzeugnissen Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 022/20 Abschluss der Arbeit: 19. März 2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 022/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Agrarpolitischer Bericht der Bundesregierung 2019 4 3. Bericht zum Krisen- und Risikomanagement in der Landwirtschaft 5 4. Fachausschuss Pflanzenbau beim Verband der Landwirtschaftskammern 6 5. Konsequenzen der Bundesregierung aus dem Bericht der FAO zum Artensterben 7 6. Ackerbaustrategie 2035 7 7. Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel 9 8. Vulnerabilität Deutschlands gegenüber dem Klimawandel 9 9. Selbstversorgungsgrad in Deutschland mit Primärerzeugnissen 10 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 022/20 Seite 4 1. Fragestellung Von Interesse sind die Positionen der zuständigen Bundesministerien hinsichtlich der Vulnerabilität und Sicherheit der landwirtschaftlichen Primärerzeugung sowie der Möglichkeiten der Selbstversorgung. 2. Agrarpolitischer Bericht der Bundesregierung 2019 Im aktuellen Agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung vom Oktober 2019 betont das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die zunehmende Bedeutung des Risikomanagements für die Landwirtschaft. Unter dem Punkt 3.2. „Instrumente zur Risikoabsicherung weiterentwickeln“1 heißt es wie folgt: „Nach Einschätzung der Wissenschaft werden in Zukunft sowohl die Produktions- und Wetter - als auch die Markt- und Preisrisiken zunehmen, wodurch dem Risikomanagement eine zunehmende Bedeutung zukommt. Aus Sicht der Bundesregierung sind zuvorderst die landwirtschaftlichen Unternehmerinnen und Unternehmer gefordert, für ihren Betrieb ein individuelles und angepasstes Risikomanagement zu entwickeln und umzusetzen. Flankierend hierzu wurde zur steuerlichen Entlastung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe bei marktund witterungsbedingten Gewinnschwankungen die Tarifermäßigung in § 32c des Einkommensteuergesetzes aufgenommen. Hierdurch werden die land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte auf der Grundlage des durchschnittlichen Gewinns aus einem Dreijahreszeitraum besteuert und die nachteilige Wirkung der Einkommensteuerprogression bei schwankenden Gewinnen abgemildert. Aufgrund der beihilferechtlichen Prüfung der Europäischen Kommission mussten noch Änderungen an der Regelung vorgenommen werden. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde am 31. Juli 2019 vom Bundeskabinett verabschiedet und in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht.2 Nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens wird die Europäische Kommission einen Beschluss zur Genehmigung der Tarifglättung herbeiführen. (…) Staatliche Maßnahmen können nur in besonderen Situationen und bei gravierenden Krisen erfolgen, wenn sie den Einzelbetrieb überfordern. Mit den vorhandenen Instrumenten, wie den Marktmaßnahmen und, im Falle von außergewöhnlichen Marktkrisen, den speziellen Krisenmaßnahmen sowie den staatlichen Ad-hoc-Hilfen für besondere Situationen steht hierfür ein hinreichendes Instrumentarium zur Verfügung. Für Hilfsmaßnahmen infolge von Naturrisiken sind grundsätzlich die Länder zuständig. Zur Positionierung für die Zeit nach 2020 hat das BMEL zusammen mit den Ländern einen „Bericht zum Krisen- und Risikomanagement in der Landwirtschaft“3 zur Agrarministerkonferenz im September 2018 vorgelegt. Auf dieser Basis werden im Bereich des Krisen- und 1 BT-Drs. 19/14500. S. 16ff. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/145/1914500.pdf 2 Siehe Art. 4 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“. BT-Drs. 19/13436. http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/19/134/1913436.pdf sowie das daraus resultierende Gesetz vom 12.12.2019 - BGBl I 2019, 2451. 3 Hervorhebung durch Verfasser der Dokumentation. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 022/20 Seite 5 Risikomanagements in der Landwirtschaft derzeit verschiedene Optionen geprüft. Eine obligatorische Anwendung von Instrumenten des Risikomanagements, wie in den Legislativvorschlägen der Europäischen Kommission zur GAP4 nach 2020 vorgeschlagen, lehnt die Bundesregierung ab. Fonds oder Versicherungssysteme dürfen weder die erforderlichen Anpassungen an Marktentwicklungen aushebeln noch zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Die Entscheidung über eine staatliche Förderung von Risikomanagementinstrumenten für die Mitgliedstaaten im Rahmen des ELER5 sollte auch künftig fakultativ bleiben“6 3. Bericht zum Krisen- und Risikomanagement in der Landwirtschaft Der zuvor erwähnte Bericht zum Krisen- und Risikomanagement in der Landwirtschaft7 wurde der Agrarministerkonferenz (AMK) Ende September 2018 vorgelegt und ein Jahr später am 27. September 20198 beraten. Laut Ergebnisprotokoll der Beratung bitten die Agrarressorts der Länder den Bund, insbesondere die betrieblichen Maßnahmen des Risikomanagements zu erleichtern . Hierzu gehören: „ Prävention durch agrotechnische Maßnahmen Hierbei geht es darum, die landwirtschaftlichen Unternehmen dabei zu unterstützen, die Betriebsorganisation an die Klimaentwicklung anzupassen und Schäden - wo möglich - zu verhindern . Zu nennen sind beispielsweise Investitionen in Hagelschutznetze oder vergleichbare Schutzmaßnahmen und in (gemeinschaftliche) Einrichtungen der Wasserinfrastruktur (Bewässerung und Frostschutzberegnung). Risikoabsicherung über (Mehrgefahren-)Versicherungen gegen witterungsbedingte Risiken In Deutschland bestehen für eine Reihe von Witterungsrisiken und für einzelne Kulturen bisher keine oder keine in nennenswertem Umfang nachgefragten Versicherungsangebote am Markt, da die Versicherungsprämien sehr hoch und für die landwirtschaftlichen Unternehmen kaum tragbar sind. Deshalb ist es erforderlich, die landwirtschaftlichen Betriebe beim Abschluss von (Mehrgefahren-) Versicherungen gegen witterungsbedingte Risiken zu unterstützen . Solche Versicherungen sind für unvorhersehbare Ereignisse mit existenzgefährdendem Schadenspotenzial, denen nicht oder nicht mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand vorgebeugt werden kann, erforderlich. Die Ministerinnen, Minister, Senatorin und Senatoren der Agrarressorts der Länder sprechen sich dafür aus, einen Prämienzuschuss zu Versicherungen 4 Gemeinsame Agrarpolitik der EU. 5 Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) bzw. European Agricultural Fund for Rural Development. 6 BT-Drs. 19/14500. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/145/1914500.pdf 7 Amtschef- und Agrarministerkonferenz vom 26. bis 28. September 2018 in Bad Sassendorf. Risiko- und Krisenmanagement in der Landwirtschaft. Bericht des BMEL und der Länder. https://www.bmel.de/Shared- Docs/Downloads/Landwirtschaft/AMK-18-09-Risiko-Krisenmanagement.pdf?__blob=publicationFile 8 Endgültiges Ergebnisprotokoll des AMK vom 27. September 2019. https://www.agrarministerkonferenz .de/documents/endgueltiges-ergebnisprotokoll-amk-mainz_1570787484.pdf Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 022/20 Seite 6 insbesondere für Sektoren und Risiken vorzusehen, in denen noch kein für die Betriebe wirtschaftlich tragbares Versicherungsangebot am Markt ist oder große Wettbewerbsunterschiede innerhalb der EU bestehen. Dabei sollten sich die etwaigen Prämienzuschüsse auf den zur Absicherung existenzgefährdender Risiken notwendigen Versicherungsumfang beschränken. Deshalb sollte ein angemessener Selbstbehalt vorgesehen werden. Absenkung des Versicherungssteuersatzes für die Risiken Trockenheit und Ertragsausfälle bei Tierseuchen Während für die Schadrisiken Hagel, Sturm, Starkregen und Überschwemmungen ein ermäßigter Steuersatz von 0,03 % der Versicherungssumme angewendet wird, gilt für das Risiko Dürre (Trockenheit) bisher ein Steuersatz von 19 % der Versicherungsprämie. Die Ministerinnen , Minister, Senatorin und Senatoren der Agrarressorts der Länder begrüßen die Absicht des Bundes, für das Risiko Dürre ebenfalls den ermäßigten Steuersatz von 0,03 % der Versicherungssumme anzuwenden, da dies zu einer Kostenentlastung führt und ein wichtiger Impuls für die Versicherungswirtschaft zur Erweiterung ihres Angebots ist. Analog sollte mit Ertragsschadensausfallversicherungen , die gegen Tierseuchen (z. B. ASP) und deren Folgen abgeschlossen werden, verfahren werden. Die entsprechenden Änderungen des Versicherungssteuergesetzes sollten zeitnah umgesetzt werden. Unterstützung der Bildung von finanziellen Risikorücklagen Die Einführung von weiteren Instrumenten staatlicher Unterstützung, wie zum Beispiel Instrumente für die Bildung von Risikorücklagen, ist zu prüfen.“9 Des Weiteren wird gefordert, das Förderspektrum der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) um „Maßnahmen zur Bewältigung der durch den Klimawandel verursachten Folgen für die Landwirtschaft“ zu erweitern.10 4. Fachausschuss Pflanzenbau beim Verband der Landwirtschaftskammern Auf der Ebene der Bundesländer zieht der Fachausschuss Pflanzenbau beim Verband der Landwirtschaftskammern im Jahr 2019 zum Thema „Klimawandel und Landwirtschaft“ in seinem Positionspapier zu den Anpassungsstrategien im Ackerbau folgendes Fazit: „Die natürlichen Bedingungen für die Agrarproduktion in Deutschland werden, unabhängig davon, welches Klimawandel-Szenario angenommen wird, vergleichsweise günstig bleiben. Zur Feststellung der regionalen und kleinräumigen Betroffenheit der Landwirtschaft sowie substanzieller Auswirkungen des Klimawandels auf den Ackerbau sind zunächst regionalisierte Monitoringprogramme erforderlich, die Zusammenhänge und Ursachen eruieren. Zur 9 Agrarministerkonferenz am 27.09.2019 in Mainz. https://www.agrarministerkonferenz.de/documents/endgueltiges -ergebnisprotokoll-amk-mainz_1570787484.pdf 10 https://www.agrarministerkonferenz.de/documents/endgueltiges-ergebnisprotokoll-amk-mainz_1570787484.pdf Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 022/20 Seite 7 Beurteilung von Klimaveränderungen und für Prognosen im Rahmen der Klimafolgenabschätzung sind historische Wetterdaten auf Basis der in Deutschland festgelegten Boden-Klima- Räume zusammenzutragen und auszuwerten. In die Betrachtungen sind die Auswertung der agrarmeteorologischen Daten und Statistiken einzubeziehen. Ergänzt durch die Auswertung von Ergebnissen der Landessortenversuche, anbautechnischer Versuche sowie Dauerversuche und Bodendauerbeobachtungsflächen steht der angewandten Agrarforschung eine fundierte Datenbasis zur Verfügung, um die notwendigen Anpassungsstrategien abzuleiten und zu bewerten . Wissenslücken sollen geschlossen und Lösungsmöglichkeiten durch angepasste ackerbauliche Produktionssysteme vermittelt werden. Zur Umsetzung der regionalisierten Anpassung des Ackerbaus an sich ändernde klimatische Verhältnisse ist ein neutrales und unabhängiges Versuchswesen unverzichtbar. Es basiert auf biometrischen Grundsätzen und leistet einen wichtigen Beitrag, belastbare ackerbauliche Antworten auf grundsätzliche Änderungen und regionalisierte Aspekte des Klimawandels zu finden. Hieraus lassen sich letztlich fundierte allgemeine und standortspezifische Anpassungsstrategien für die landwirtschaftliche Praxis ableiten. Maßgeblich entscheidende Kriterien zur Maßnahmenumsetzung und -bewertung sind, neben den Maßstäben der Agrarforschung und angewandten Pflanzenbauwissenschaften, die politischen und vor allem die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.“11 5. Konsequenzen der Bundesregierung aus dem Bericht der FAO zum Artensterben Auf die Frage, welche Konsequenzen die Bundesregierung aus dem Report der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) ziehe, wonach das Artensterben die weltweite Lebensmittelproduktion bedrohe, und welche Maßnahmen für den Erhalt der Artenvielfalt die Bundesregierung ergreife, um den Entwicklungen entgegenzuwirken, antwortete der zuständige Parlamentarische Staatssekretär des BMEL im März 2019: „Die Bundesregierung fühlt sich durch den Bericht in ihrem Engagement bestärkt, die geplanten oder bereits eingeleiteten Maßnahmen gegen das Artensterben konsequent weiterzuverfolgen . Dazu gehören etwa die Umsetzung der ‚Nationalen Strategie für biologische Vielfalt‘, das ‚Aktionsprogramm Insektenschutz‘ oder die ‚Ackerbaustrategie‘.“12 6. Ackerbaustrategie 2035 Im Dezember 2019 stellte das BMEL ein Diskussionspapier mit Leitlinien und Handlungsfeldern zu einer Ackerbaustrategie 2035 vor. Der Ackerbau in Deutschland stellt mit Abstand den größten Teil der Grundnahrungs- und Futtermittel bereit. Das Diskussionspapier beinhaltet Perspektiven für einen produktiven und vielfältigen Pflanzenbau: 11 http://www.landwirtschaftskammern.de/pdf/klimawandel.pdf 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Michael Stübgen auf die Frage der Abg. Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN). PLPr 85/19 13. März 2019 S. 10043. http://dip21.bundestag.btg/dip21/btp/19/19085.pdf#P.10042 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 022/20 Seite 8 „Leitlinien 1. Versorgung mit Nahrungsmitteln, Futtermitteln und biogenen Rohstoffen sicherstellen 2. Einkommen der Landwirtinnen und Landwirte sichern 3. Umwelt- und Ressourcenschutz stärken 4. Biodiversität in der Agrarlandschaft bewahren 5. Beitrag zum Klimaschutz ausbauen und Ackerbau an den Klimawandel anpassen 6. Gesellschaftliche Akzeptanz des Ackerbaus erhöhen Handlungsfelder Für jedes Handlungsfeld sind in der Strategie die Problembereiche und Zielkonflikte beschrieben. Als Lösungsansätze wurden Ziele und Maßnahmen erarbeitet. Die grundlegende Zielrichtung der Handlungsfelder beschreibt der folgende 12-Punkte-Plan: 1. Bodenschutz weiter stärken und Bodenfruchtbarkeit erhöhen 2. Kulturpflanzenvielfalt erhöhen und Fruchtfolgen erweitern 3. Düngeeffizienz erhöhen und Nährstoffüberschüsse verringern 4. Integrierten Pflanzenschutz stärken und unerwünschte Umweltwirkungen reduzieren 5. Widerstandsfähige und standortangepasste Arten und Sorten entwickeln 6. Ackerbauliche Potentiale mithilfe der Digitalisierung optimal nutzen 7. Biodiversität in der Agrarlandschaft verstärken 8. Klimaangepasste Anbaukonzepte entwickeln 9. Klimaschutz im Ackerbau ausbauen und Synergien nutzen 10. Bildung und Beratung stärken 11. Mehr Wertschätzung für Landwirtinnen und Landwirte 12. Umsetzung der Ackerbaustrategie politisch und finanziell begleiten“13 13 BMEL (2019). Diskussionspapier. Ackerbaustrategie 2035. Perspektiven für einen produktiven und vielfältigen Ackerbau. Dezember 2019. S. 60. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/ackerbaustrategie .pdf;jsessionid=6EFF315AE797B3172574B64176FAA5B5.2_cid385?__blob=publicationFile Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 022/20 Seite 9 7. Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel Im Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel, einem Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe Anpassung an den Klimawandel14 unter der Leitung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), werden u.a. die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft und entsprechende Anpassungsmöglichkeiten 15 aufgeführt. Als Auswirkungen des Klimawandels werden die folgenden Effekte ausgemacht: „Neue Herausforderungen durch veränderte jahreszeitliche Witterungsverläufe, Stärkere Ertragsschwankungen erhöhen das Produktionsrisiko, Ertragsausfälle durch Extremwetterereignisse, Erhöhter Druck durch Schadorganismen ist möglich.“ Als Anpassungsoptionen werden genannt: „Anpassung der Bewirtschaftungsplanung, Perspektiven für neue Kulturpflanzenarten, Anderes Klima – andere Sorten, Differenzierte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, Beregnung wird lukrativer.“16 8. Vulnerabilität Deutschlands gegenüber dem Klimawandel Im umfangreichen Bericht „Vulnerabilität Deutschlands gegenüber dem Klimawandel“ im Auftrag des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2015 wird insbesondere im Kapitel 7.3. zum „Handlungsfeld Landwirtschaft“ Stellung bezogen. Dort heißt es u.a.: „Die möglichen Auswirkungen auf die Landwirtschaft bei weiter steigenden Temperaturen hängen von den heutigen klimatischen Bedingungen und den Bodenverhältnissen ab. Kritisch 14 Die Interministerielle Arbeitsgruppe Anpassungsstrategie (IMAA) der Bundesregierung „wird geleitet vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). In der IMAA vertreten sind Auswärtiges Amt (AA), Bundeskanzleramt (BK), Bundesministerium der Finanzen (BMF), Bundesministerium des Innern , für Bau und Heimat (BMI), Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Bundesministerium der Verteidigung (BMVg), Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Ständig beisitzende Oberbehörde ist das Umweltbundesamt (UBA).“ https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/monitoringbericht_2019_bf.pdf 15 Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel. S. 90 -109. Stand: November 2019. https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/monitoringbericht_2019_bf.pdf 16 S. 91. https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/monitoringbericht_2019_bf.pdf Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 022/20 Seite 10 ist die Kombination heiß und trocken in Verbindung mit Böden mit schlechter Wasserrückhaltefähigkeit . Profitieren könnten diejenigen Regionen in Deutschland, die bei den herrschenden klimatischen Bedingungen durch zu kühle Verhältnisse gekennzeichnet sind. Das betrifft die Mittelgebirge, die Nordseeküste und das Voralpenland. Hier sollte auch in Zukunft die Wasserverfügbarkeit ausreichend und weitere Klimafolgen, wie Hitzeschäden, gering ausgeprägt sein. In diesen Regionen könnten bei entsprechender Sortenwahl die Erträge leicht steigen und sich die Anbaubedingungen auf Grund der verlängerten Vegetationsperiode verbessern . Etwas kritischer sieht die klimatische Entwicklung in Regionen aus, die schon heute sehr warm sind, wie der äußerste Westen und Südwesten Deutschlands. Auch die Gebiete im Süden Ostdeutschlands, die schon heute von trockenen, heißen Sommern geprägt sind, könnten in Zukunft eher negativ vom Klimawandel beeinflusst werden. Hier könnten die Erträge auf Grund von Hitze- und Trockenschäden leicht zurückgehen. Allerdings könnten auch diese Regionen bei entsprechenden Umstellungen auf andere Fruchtarten (Obst, Gemüse, Wein) und ausreichender Wasserversorgung (Bewässerung) vom Klimawandel profitieren. Bezüglich der Anfälligkeit gegenüber Schädlingen werden mit steigenden Temperaturen die tierischen Schaderreger an Bedeutung gewinnen, da sie von warmen Verhältnissen profitieren. Dagegen könnten Pilzkrankheiten und andere pflanzliche Schaderreger, die eher an feuchte Verhältnisse gebunden sind, zurückgehen. Auf Grund der hohen Sensitivität der Landwirtschaft gegenüber Hitze und Trockenheit wären in ferner Zukunft unter den Klimaraumtypen (…) die warmen und die trockeneren Regionen besonders betroffen.“17 9. Selbstversorgungsgrad in Deutschland mit Primärerzeugnissen Nach Angaben des BMEL liegt in Deutschland aktuell der Selbstversorgungsgrad des Landes z.B. bei Kartoffeln bei 148 %, bei Käse werden 126 % erreicht, bei Frischmilchprodukten sind es 116 %, bei Getreide 107 % und bei Schweinefleisch 119%18. Der Selbstversorgungsgrad bei Rindund Kalbfleisch liegt bei 98 % und bei Geflügelfleisch bei 99 %. Bei Eiern lag im Jahr 2018 der Selbstversorgungsgrad bei 72 %. Der Selbstversorgungsgrad für nahezu alle Milch- und Milcherzeugnisse erreicht in Deutschland über 100 Prozent.19 Der Selbstversorgungsgrad bei Obst liegt zwischen 20 und 24 %, bei Äpfeln allerdings bei 54 bis 64 % und bei Erdbeeren zwischen 59 bis 68 %.20. Bei Gemüse schwankt der Selbstversorgungsgrad seit 1980 zwischen 33 und 39 % und lag 2005 bis 2015 bei etwa 35 bis 39 %.21 „Gründe für 17 adelphi/PRC/EURAC (2015). Vulnerabilität Deutschlands gegenüber dem Klimawandel. Umweltbundesamt. Climate Change 24/2015, Dessau-Roßlau. Dessau-Roßlau, November 2015. S. 244. https://www.umweltbundesamt .de/sites/default/files/medien/378/publikationen/climate_change_24_2015_vulnerabilitaet_deutschlands _gegenueber_dem_klimawandel_1.pdf 18 https://www.bmel.de/SharedDocs/Reden/2020/200317-eingangsstatement-pk-corona.html 19 https://www.thuenen.de/media/ti-themenfelder/Nutztierhaltung_und_Aquakultur/Haltungsverfahren _in_Deutschland/Milchviehhaltung/Steckbrief_Milchkuehe2019.pdf; siehe auch S. 78. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/Agrarbericht2019.pdf?__blob=publicationFile 20 S. 1. https://www.thuenen.de/media/publikationen/thuenen-workingpaper/ThuenenWorkingPaper_100.pdf 21 https://www.thuenen.de/media/publikationen/thuenen-workingpaper/ThuenenWorkingPaper_56.pdf Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 022/20 Seite 11 die eher geringe Selbstversorgung bei Gemüse insgesamt liegen einerseits in den klimatischen Ansprüchen vieler beliebter Gemüsearten, wie z. B. Tomaten, Salatgurken oder Paprika, deren Produktion in Deutschland nur im Gewächshaus mit hohem Energieaufwand möglich ist. Diese Kulturen können günstiger in südeuropäischen Ländern erzeugt werden. Andererseits werden auch erhebliche Mengen von Gemüsearten importiert, die prinzipiell in Deutschland angebaut werden können und auch werden. Ein wichtiger Grund für die Importe ist die ganzjährige Nachfrage nach frischem Gemüse bei nur kurzer Lagerfähigkeit der Produkte.“22 Der Selbstversorgungsgrad mit Produkten der See- und Binnenfischerei liegt bei knapp 26 %, bei Süßwasserfisch beträgt er ca. 16 %.23 Bei Zucker liegt er bei 135 %.24 *** 22 https://www.thuenen.de/media/publikationen/thuenen-workingpaper/ThuenenWorkingPaper_56.pdf; siehe hierzu auch: BLE: Entwicklung des Selbstversorgungsgrades bei Gemüse und Obst in Deutschland in Prozent https://www.bmel-statistik.de/fileadmin/daten/GBT-0070010-2015.pdf 23 S. 98. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/Agrarbericht2019.pdf?__blob=publicationFile 24 S. 136. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/Agrarbericht2019.pdf?__blob=publication- File