© 2018 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 021/18 Fragen zum Straßenbau und zur Mauterhebung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 021/18 Seite 2 Fragen zum Straßenbau und zur Mauterhebung Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 021/18 Abschluss der Arbeit: 26.2.2018 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 021/18 Seite 3 Der Arbeit liegen Fragen nach der Verantwortlichkeit für den Straßenbau und nach einer Mauterhebung in Deutschland zugrunde. Dabei wird hier nur auf die bundesrechtliche Seite eingegangen . Soweit die Zuständigkeit der Bundesländer gegeben ist, werden die Fragen vom Bundesrat beantwortet. 1. Träger der Straßenbaulast und Verwaltungsverantwortlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland Die für den Bau, die Unterhaltung und den Betrieb von Straßen und Wegen (sogenannte Straßenbaulast ) zuständige Stelle wird als Straßenbaulastträger bezeichnet.1 In der Bundesrepublik Deutschland wird zwischen Bundesfernstraßen und sonstigen Straßen differenziert.2 Bundesfernstraßen sind die Bundesautobahnen und die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs (Bundesstraßen).3 Für die Bundesfernstraßen liegt die Straßenbaulast gemäß § 5 Abs. 1 FernStrG beim Bund. Dies bedeutet, dass dem Bund grundsätzlich die materielle Verantwortlichkeit für den Bau, die Unterhaltung und den Betrieb der Bundesfernstraßen obliegt.4 Eine Ausnahme gilt indes für Ortsdurchfahrten von Bundesfernstraßen durch Gemeinden mit mehr als 80.000 Einwohnern. Hier trifft die Straßenbaulast nach § 5 Abs. 2 FernStrG für die auf ihrem Gebiet belegenen Teile der Bundesfernstraße die jeweiligen Gemeinden. Die Verwaltung der Bundesstraßen wird derzeit im Auftrag des Bundes durch die Länder ausgeführt (sogenannte Bundesauftragsverwaltung).5 Das bedeutet, dass die Verwaltungsaufgaben durch die Länder wahrgenommen werden, der Bund aber die rechtliche und fachliche Aufsicht ausübt und Weisungen erteilen kann.6 Es steht den Ländern frei, die Verwaltungsaufgaben ihrerseits besonderen Selbstverwaltungskörperschaften zu übertragen.7 Für die Bundesautobahnen wird spätestens zum 1. Januar 2021 die Verwaltung vom Bund selbst durch bundeseigne Verwaltungsstrukturen ausgeführt.8 Dies wurde mit Grundgesetzänderung vom 20. Juli 2017 in Art. 90 Abs. 1, 143e Abs. 1 GG festgeschrieben. Für die Wahrnehmung seiner Verbandskompetenz stehen dem Bund dabei verschiedene Organisationsformen zur Verfügung . Der Bund kann insoweit sowohl auf bundeseigene Verwaltung, bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts zurückgreifen als auch sich einer Gesellschaft 1 § 3 FStrG. 2 Gröpl, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 81. EL September 2017, Art. 90 Rn. 36. 3 § 1 FStrG. 4 Lampe, in: Erbs/Kohlhaas, 217. EL Oktober 2017, FStrG § 5. 5 Gröpl, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 81. EL September 2017, Art. 90 Rn. 33. 6 Gröpl, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 81. EL September 2017, Art. 90 Rn. 57 ff. 7 Remmert, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, Onlinekommentar, 35. Ed. 15.11.2017, Art. 90 Rn. 22. 8 Remmert, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, Onlinekommentar, 35. Ed. 15.11.2017, Art. 143e Rn. 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 021/18 Seite 4 privaten Rechts bedienen.9 Soweit der Bund auf die letzte Option zurückgreifen sollte, ist jedoch zwingend vorgeschrieben, dass die Gesellschaft „im unveräußerlichen Eigentum des Bundes“ zu stehen hat.10 Für die Bundesstraßen bleibt es hingegen nach Art. 90 Abs. 3 GG grundsätzlich bei der Bundesauftragsverwaltung .11 Allerdings steht es den Ländern gemäß Art. 90 Abs. 4 GG offen, auch die Übertragung der Verwaltung dieser Straßen auf den Bund zu beantragen, um unrentable Verwaltungsstrukturen zu vermeiden.12 Beantragen die jeweiligen Länder dies bis zum 31.12.2018, so erfolgt die Verwaltung der in ihrem Gebiet belegenen Bundesstraßen ebenfalls ab dem 1.1.2021 durch bundeseigene Verwaltung.13 Dem Monatsbericht des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) von August 2017 unter dem Link https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/2017/08/Inhalte/Kapitel-3-Analysen /3-2-Infrastrukturgesellschaft.html lässt sich entnehmen, dass eine private Infrastrukturgesellschaft im unveräußerlichen Eigentum des Bundes noch 2018 gegründet werden soll. Schließlich werden in Deutschland einige Straßenprojekte in einer Form vertraglich geregelter Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Unternehmen der Privatwirtschaft realisiert14 (Öffentlich-Private Partnerschaft - ÖPP, oder Public-Private-Partnership - PPP). Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) schreibt dazu: „Unter dem Sammelbegriff "ÖPP" werden sehr unterschiedliche Ausprägungen der langfristigen, vertraglich geregelten Zusammenarbeit zwischen öffentlichem Auftraggeber und privatem Auftragnehmer verstanden. Wie bei der sog. konventionellen Beschaffung, d. h. der herkömmlichen Beschaffung, ist Grundlage für die ÖPP-Zusammenarbeit von öffentlichem Auftraggeber (Staat) und privatem Auftragnehmer (Unternehmen) ein Vertrag. Das zweite "P" von ÖPP steht für einen kooperativen, kommunikativen Stil der Vertragsparteien.“15 Von Seiten des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) werden die laufenden und geplanten Projekte in Einzelnen erläutert: http://www.bmvi.de/Shared- Docs/DE/Artikel/StB/oepp-projekte.html?nn=12830. 9 Remmert, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, Onlinekommentar, 35. Ed. 15.11.2017, Art. 90 Rn. 13. 10 Remmert, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, Onlinekommentar, 35. Ed. 15.11.2017, Art. 90 Rn. 13. 11 Remmert, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, Onlinekommentar, 35. Ed. 15.11.2017, Art. 90 Rn. 21. 12 Remmert, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, Onlinekommentar, 35. Ed. 15.11.2017, Art. 143e Rn. 2. 13 Remmert, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, Onlinekommentar, Art. 90 Rn. 23. 14 Siehe zur grundsätzlichen Bedeutung von ÖPP den Bericht des BMF „Chancen und Risiken Öffentlich-Privater Partnerschaften“ aus 2016, https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Ministerium /Geschaeftsbereich/Wissenschaftlicher_Beirat/Gutachten_und_Stellungnahmen/Ausgewaehlte_Texte/2016- 09-22-chancen-und-risiken-oeffentlich-privater-partnerschaften-anlage.pdf?__blob=publicationFile&v=3, zum Straßenbau siehe S. 13. 15 http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/StB/oepp-einleitung-01-was-ist-oepp.html?nn=216352. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 021/18 Seite 5 2. Mauterhebung 2.1. Lkw-Maut Ab dem 1. Januar 2005 wurde in Deutschland auf Bundesautobahnen und einigen stark frequentierten Bundesstraßen eine entfernungsabhängige Straßenbenutzungsgebühr für Fahrzeuge ab 12 Tonnen, die ausschließlich für den Güterkraftverkehr geeignet sind, erhoben (sogenannte LKW- Maut).16 Zum 1.10.2015 wurde die Gewichtsgrenze auf 7,5 Tonnen abgesenkt. Zudem wurde auch die Zahl der mautpflichtigen Abschnitte von Bundesstraßen erhöht.17 Ab dem 1.7.2018 soll die Mautpflicht dann für alle Bundesstraßen gelten.18 Mit der Mauterhebung und der automatischen Kontrolle mittels Kontrollbrücken wurde das Unternehmen Toll Collect beauftragt. Nutzer, die an der automatischen Mauterhebung mittels Fahrzeuggerät (On-Board-Unit) teilnehmen wollen, müssen sich bei Toll Collect registrieren.19 Die Einnahmen aus der Lkw-Maut werden seit 2011 ausschließlich für die Bundesfernstraßen verwendet. Im Jahr 2016 standen hierdurch rund 4,6 Mrd. Euro zur Verfügung.20 Die Mauteinnahmen fließen dabei der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) zu, einer Gesellschaft des Bundes. Von dieser werden die Mittel zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur genutzt.21 2.2. Pkw-Maut Ab Mitte 2019 ist zudem beabsichtigt, für die Nutzung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen eine sogenannte Infrastrukturabgabe von Haltern von Pkw und Wohnmobilen zu erheben. Hierbei ist die Nutzung einer „elektronischen Vignette“ vorgesehen, bei der Mautzahler über das Nummernschild ihres Autos identifiziert werden. Die Infrastrukturabgabe muss von allen Haltern von in Deutschland zugelassenen Kfz für ein Jahr entrichtet werden. Der Preis für die Jahresvignette bestimmt sich für Pkw nach dem Hubraum und den Umwelteigenschaften der Fahrzeuge. Halter von nicht in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen können zwischen einer Vignette für zehn Tage, zwei Monate oder ein Jahr wählen und sie über das Internet buchen. Zusätzlich ist die 16 Mielchen, in: MAH Straßenverkehrsrecht, 4. Auflage 2015, § 55 Rn. 183. 17 https://www.bag.bund.de/DE/Navigation/Verkehrsaufgaben/Lkw-Maut/lkw-maut_node.html. 18 http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/lkw-maut.html. 19 http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/lkw-maut.html. 20 http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/lkw-maut.html. 21 http://www.toll-collect-blog.de/wie-werden-die-mauteinnahmen-verwendet/ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 021/18 Seite 6 Einbuchung an Vertriebsstellen, z. B. an Tankstellen, möglich. Jahresvignetten können zu jedem Zeitpunkt im Jahr ihre Gültigkeit erlangen und haben dann jeweils zwölf Monate Gültigkeit.22 Die um die Systemkosten geminderten Einnahmen aus der Infrastrukturabgabe werden zweckgebunden für die Verkehrsinfrastruktur verwendet.23 Dies geht auch aus dem bereits erwähnten Monatsbericht des BMF hervor, der erläutert, dass der 2018 zu gründenden Infrastrukturgesellschaft die Einnahmen aus LKW-Maut und Infrastrukturabgabe für das in ihrer Zuständigkeit befindliche Streckennetz zufließen.24 *** 22 http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/prognose-infrastrukturabgabe.html. 23 http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/prognose-infrastrukturabgabe.html. 24 https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/2017/08/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-2-Infrastrukturgesellschaft .html.