© 2021 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 020/21 Vegetationsschnitt an Eisenbahnschienenwegen in ausgewählten Ländern Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 020/21 Seite 2 Vegetationsschnitt an Eisenbahnschienenwegen in ausgewählten Ländern Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 020/21 Abschluss der Arbeit: 30. März 2021 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 020/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Deutschland 4 3. Vegetationsmanagement in ausgewählten Ländern 5 3.1. Schweden 5 3.2. Vereinigtes Königreich 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 020/21 Seite 4 1. Einleitung Es stellt sich die Frage, wie die Vegetationsrückschnittszone entlang der Eisenbahnschienenwege in Deutschland und in ausgewählten Ländern definiert ist. Die Ausführungen zum Ausland basieren auf den Antworten einer Abfrage bei den jeweiligen Ländern. 2. Deutschland Das Schienennetz der Eisenbahnen in Deutschland hat derzeit eine Streckenlänge von ca. 38.500 km. Größter Netzbetreiber ist mit rund 33.500 Kilometern die Konzerntochter der Deutschen Bahn AG, die DB Netz AG. Das öffentliche Schienennetz, die Bundesschienenwege, steht allen Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Nutzung offen. Die übrigen Strecken gehören verschiedenen nichtbundeseigenen Eisenbahnen.1 Die folgenden Aussagen beziehen sich auf die Bundesschienenwege, die rund 87 Prozent des Gesamtschienennetzes der Eisenbahnen in Deutschland ausmachen. Für das Vegetationsmanagement entlang der Bundesschienenwege ist in Deutschland die Deutsche Bahn AG zuständig. Hierbei wird die Fläche entlang der Gleise in eine Rückschnitts- und eine Stabilisierungszone eingeteilt. Die Rückschnittszone ist der Bereich links und rechts der Gleise und geht - von der Gleismitte aus gesehen - mindestens 6 Meter in beide Richtungen. Die Stabilisierungszone knüpft an die Rückschnittszone an und wird regelmäßig auf Störanfälligkeit oder Krankheiten überprüft. In diesen Fällen werden auch dort Bäume entfernt.2 Auf Anfrage konkretisierte die Deutsche Bahn AG die Vorgabe dahingehend, dass die seitliche Ausdehnung der Rückschnittszone an Strecken mit weniger als 100 km/h örtlich zugelassener Geschwindigkeit 6 Meter und an Strecken mit mehr als 100 km/h örtlich zugelassener Geschwindigkeit 6,8 Meter aus der Gleismitte des Außengleises betrage. Darüber hinaus könnten notwendige Abstände zu spannungsführenden Teilen, freizuhaltende Signalsichten in Bögen, freizuhaltende Entwässerungsanlagen oder Bahnübergänge zu einer notwendigen Aufweitung der Rückschnittszone führen.3 Eine Veränderung der Mindestbreite der Rückschnittszone ist derzeit nicht zu erwarten.4 Die Stabilisierungszone hat eine variable Ausdehnung und ist abhängig von der Vegetation, die – insbesondere aufgrund der Höhe von Gehölzen – potentiell eine Gefahr für die Bahnanlage oder 1 https://www.allianz-pro-schiene.de/themen/infrastruktur/schienennetz/. 2 Siehe hierzu auch: https://inside.bahn.de/vegetationsmanagement-sturmsicher/. 3 Email der Deutschen Bahn AG vom 2.3.2021. 4 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP zum Thema: „Klimabeständigkeit der Schieneninfrastruktur“, BT-Drucksache 19/21595 vom 12.08.2020. https://dip21.bundestag .de/dip21/btd/19/215/1921595.pdf, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 020/21 Seite 5 für Dritte darstellen kann. Die Ausdehnung beträgt in der Regel eine Baumlänge Entfernung zur nächsten Bahnanlage.5 Darüber hinaus existiert seit Anfang 2018 der sogenannte „Aktionsplan Vegetation“, dessen Ziel es ist, die Schienen und Gleisanlagen sturmsicherer zu machen und dadurch Baumstürze bei Sturm oder Starkregen sowie damit verbundene Streckenausfälle zu reduzieren. Im Rahmen einer Durchforstungsinitiative werden hierbei auch Bäume außerhalb der 6-Meter-Rückschnittszone gesichert. Hierbei werden Bäume entfernt, die in instabilen Formen wachsen sowie nicht standortgerechte Baumarten. Gleichzeitig werden Bäume mit stabiler Höhe, Sträucher und Feldgehölze gefördert. Außerdem wird im Rahmen der Initiative geprüft, inwieweit Bäume dem Bahnbetrieb im Falle eines Unwetters schaden könnten. Bereits seit 2016 gibt es an besonders auffälligen Streckenabschnitten ein erweitertes Vegetationsmanagement. An diesen Stellen werden in der Stabilisierungszone alle Bäume entnommen, die auf Grund Ihrer Höhe und Entfernung zum Gleis eine Gefahr darstellen könnten. Die sonstige Vegetation wird belassen. Dadurch wird die Stabilisierungszone in diesen Bereichen langfristig zu einem sogenannten V-Profil umgewandelt, wie die folgende Darstellung verdeutlicht: 6 3. Vegetationsmanagement in ausgewählten Ländern 3.1. Schweden In Schweden wird der Vegetation in der Nähe von Bahngleisen u. a. aus Sicherheitsgründen große Aufmerksamkeit geschenkt. Die Richtlinien für das Management der Vegetation werden 5 Ebd. 6 Siehe hierzu: Sturmsicherer durch Vegetationsmanagement | DB Inside Bahn. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 020/21 Seite 6 von der für die öffentliche Infrastruktur zuständigen staatlichen Behörde Trafikverket7 festgelegt . Die Behörde weist darauf hin, dass Vegetation und bewaldete Flächen die Eisenbahninfrastruktur negativ beeinflussen können in Abhängigkeit von den natürlichen Bedingungen vor Ort. Die Vegetation kann eine Gefahr für die elektrischen Sicherheitsvorschriften darstellen, Bäume können Unfälle verursachen, wenn sie auf Bahnanlagen fallen oder mit ihren Ästen die Stromversorgung beeinträchtigen. Wenn Bäume Schäden an der Bahninfrastruktur verursachen, liegt es meist daran , dass sie einer ungeeigneten Art angehören, bzw. zu groß oder zu alt geworden sind. Ungünstige Witterungsbedingungen sind in diesem Zusammenhang oft eine mitwirkende Ursache. Des Weiteren können Bäume und Sträucher neben Bahngleisen auch die Sicht des Fahrers verdecken oder bei zu geringem Abstand die Gleise durch Laubabwurf rutschig machen. In den Richtlinien wird darauf hingewiesen, dass bei der Neupflanzung von Bäumen und größeren Sträuchern neben Bahngleisen stets die Größe und Verteilung der Pflanzen berücksichtigt werden muss, um Störungen des Verkehrs zu vermeiden. Innerhalb eines 10-Meter-Abstands zum Bahngleis dürfen in Schweden nur bodendeckende Pflanzen wachsen. Büsche und Sträucher dürfen mit einem Abstand von 10 bis 15 Metern zum Bahngleis und kleine Bäume mit einem Abstand von 15 bis 20 Metern vom Gleis entfernt wachsen . Größere Bäume benötigen einen weiteren Abstand. 3.2. Vereinigtes Königreich Im Vereinigten Königreich gibt es keine festen Abstände zwischen Gleisen und Vegetation. Network Rail, Eigentümer, Betreiber und Infrastrukturmanager für den größten Teil des Schienennetzes in Großbritannien, hat jedoch interne Richtlinien für den Umgang mit der streckenseitigen Vegetation, die einen risikobasierten Ansatz verfolgen und Abstände zum Gleis angeben, die aktiv verwaltet werden sollten. Zusätzlich gibt es eine einschlägige Gesetzgebung, die die Umwelt-, Gesundheits- und Sicherheitsaspekte der Bewirtschaftung der streckenseitigen Vegetation betrifft , die Abstände selbst sind in der Gesetzgebung nicht vorgesehen: – Nach dem Wildlife and Countryside Act 19818 und den Conservation of Habitats and Species Regulations 20179 ist es strafbar, vorsätzlich oder leichtfertig einer geschützten Art oder deren Lebensraum Schaden zuzufügen. Ähnliches gilt nach den Verordnungen von 2017 auch für Wildtiere. 7 Trafikverket ist verantwortlich für die schwedische Verkehrsinfrastruktur. Zu dem Aufgabenbereich zählt die Planung der Infrastruktur im Straßen- und Schienenverkehr sowie in der Schiff- und Luftfahrt. Die Behörde ist außerdem zuständig für den Bau, den Betrieb und die Instandhaltung von Staatsstraßen und Eisenbahnen. https://www.trafikverket.se/om-oss/var-verksamhet/trafikverkets-uppdrag/. 8 https://www.legislation.gov.uk/ukpga/1981/69. 9 https://www.legislation.gov.uk/uksi/2017/1012/contents/made. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 020/21 Seite 7 – Das Natural Environment and Rural Communities Act 200610 verpflichtet die Behörden, einschließlich Network Rail, zur Erhaltung der biologischen Vielfalt. – Das European Union (Withdrawal) Act 201811 (Section 16) stellt klar, dass umweltpolitische Erwägungen des Vorsorgeprinzips und der Vermeidung von Umweltschäden (neben anderen) in der britischen Gesetzgebung beibehalten werden, wenn das Vereinigte Königreich die Europäische Union verlässt. – Das Gesetz zu Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz von 1974 (Health and Safety at Work Act, HSWA12) schafft eine Reihe gesetzlicher Pflichten, um sicherzustellen, dass Arbeitgeber ihre Unternehmen so führen, dass die Gesundheit, die Sicherheit und das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter (Abschnitt 2) oder aller Personen, die nicht in ihrem Arbeitsverhältnis stehen und davon betroffen sein könnten (Abschnitt 3), geschützt werden. Im Fall von Network Rail umfassen diese Pflichten das Management der streckenseitigen Grundstücke und der dazugehörigen Vegetation, um die Sicherheit der Fahrgäste und der Mitarbeiter zu gewährleisten, die das Schienennetz nutzen. Auf der Internetseite von Network Rail findet sich ein Dokument, in dem die Antwort von Network Rail auf eine Untersuchung des Vegetationsmanagements aus dem Jahr 2018 dargestellt wird „Valuing nature a railway for people and wildlife, Response to the review of our vegetation management“.13 Rail Insider fasst das Vegetationsmanagement mit Stand vom 4. Juni 2020 auf seiner Internetseite zusammen.14 Danach wird unter anderem ein Ampelsystem zur Entscheidung über den Handlungsbedarf benutzt, wie die folgende Abbildung zeigt: 10 https://www.legislation.gov.uk/ukpga/2006/16/contents. 11 https://www.legislation.gov.uk/ukpga/2018/16/contents/enacted. 12 https://www.legislation.gov.uk/ukpga/1974/37/contents. 13 https://cdn.networkrail.co.uk/wp-content/uploads/2019/07/Network-Rail-Recommendation-Action-Summary- Response-to-Vegetation-Management-Review.pdf. 14 https://www.railinsider.co.uk/2020/06/04/managing-lineside-vegetation-remotely-and-safely/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 020/21 Seite 8 Quelle: https://www.railinsider.co.uk/2020/06/04/managing-lineside-vegetation-remotely-and-safely/ ***