© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 016/20 Internationale Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Energien zur energetischen Bedarfsdeckung in Deutschland Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 016/20 Seite 2 Internationale Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Energien zur energetischen Bedarfsdeckung in Deutschland Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 016/20 Abschluss der Arbeit: 13.02.2020 Fachbereich: WD 5 Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 016/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gewinnung von Wasserstoff 4 3. Studien zur internationalen grünen Wasserstoffbeschaffung 8 3.1. Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM Energiesystemanalyse 8 3.2. Forschungszentrum Jülich GmbH Institut für Energie- und Klimaforschung Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) 8 3.3. Forschungs- und Beratungsinstitut für Klima, Umwelt und Entwicklung adelphi/ Deutsche, Energie-Agentur dena/ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ/ Marktforschungs- und Beratungsunternehmen für die globale Energiewende Navigant 10 4. Weitere Quellen 13 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 016/20 Seite 4 1. Einleitung Die vorliegende Arbeit dokumentiert anhand von Studien den möglichen Einsatz von international gewonnenem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien (grünem Wasserstoff) zur energetischen Bedarfsdeckung in Deutschland. Die Wasserstoff-Strategie der Bundesregierung sieht in grünem Wasserstoff eine „Schlüsseltechnologie “ der Energiewende.1 Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) zieht in seinem am 09.10.2019 veröffentlichten Bericht „Dialogprozess Gas 2030“ eine erste Bilanz und kommt zu folgenden Ergebnissen : Gasförmige Energieträger sind auch langfristig bei ambitionierten Klimazielen integraler Bestandteil der Energiewende. Dabei gilt, dass Deutschland auch langfristig ein Energieimportland bleibt – gerade mit Blick auf CO2-freie bzw. –neutrale Energieträger2. Gleichzeitig wird ein grundlegender Transformationsprozess hin zu einer im Wesentlichen CO2-freien bzw. -neutralen Gasversorgung angestrebt. Dabei müssen mittelfristig vollkommen neue Energieimportpartnerschaften mit internationalen Partnern aufgebaut werden, um den veränderten Energiebedarf zu decken3. Ergänzende Ausführungen sind den folgenden Links zu entnehmen: EURACTIV.de, 1.02.2020, Deutschlands erste Wasserstoffstrategie steht. https://www.euractiv.de/section/energie-und-umwelt/news/deutschlands-erste-wasserstoffstrategie -steht/ (Letzter Abruf: 11.02.2020) Handelsblatt, 30.01.2020, Energiewende „Nationale Wasserstoffstrategie“: 31 Maßnahmen, die Deutschland zum Vorreiter machen sollen https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/energiewende-nationale-wasserstoffstrategie -31-massnahmen-die-deutschland-zum-vorreiter-machen-sollen /25490610.html?ticket=ST-1914579-xfg1TBgcWcfftdNwLMdN-ap3 (Letzter Abruf: 11.02.2020) 2. Gewinnung von Wasserstoff Das BMWi verweist in seinem o.g „Dialogprozess Gas 2030 – Erste Bilanz“ auf folgende Wasserstoffgewinnungsverfahren : „Grauer Wasserstoff: Grauer Wasserstoff basiert auf dem Einsatz von fossilen Kohlenwasserstoffen . Maßgeblich für die Produktion von grauem Wasserstoff ist die Dampfreformierung von Erdgas. Seine Erzeugung ist mit erheblichen CO2-Emissionen verbunden. 1 https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/handelsblatt-energie-gipfel-nach-dem-kohleausstieg-istdas -gas-dran-und-wasserstoff-soll-es-ersetzen/25458762.html?ticket=ST-2694657-0dnuB7ZAGZ20o7ZL3Gtq-ap5 (Letzter Abruf: 11.02.2020) 2 CO2-freie bzw. –neutrale Energieträger werden in Punkt 2. erörtert. 3 https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/C-D/dialogprozess-gas-2030-erste-bilanz.pdf?__blob=publication File&v=4 (Letzter Abruf: 11.02.2020) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 016/20 Seite 5 Blauer Wasserstoff: Als blauer Wasserstoff wird Wasserstoff bezeichnet, dessen Erzeugung mit einem CO2-Abscheidungs- und -Speicherungsverfahren gekoppelt wird (engl. Carbon Capture and Storage, CCS). Das bei der Wasserstoffproduktion erzeugte CO2 gelangt so nicht in die Atmosphäre und die Wasserstoffproduktion kann bilanziell als CO2-neutral (zum Begriff s. u.) betrachtet werden. Grüner Wasserstoff: Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt, wobei für die Elektrolyse ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz kommt. Unabhängig von der gewählten Elektrolysetechnologie erfolgt die Produktion von Wasserstoff CO2-frei, da der eingesetzte Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammt und damit CO2-frei ist. Power-to-X: Aus Wasserstoff können weitere Folgeprodukte hergestellt werden. Diese Verfahren werden übergreifend und unter der Bedingung, dass es sich beim eingesetzten Wasserstoff um grünen Wasserstoff im vorstehenden Sinne handelt, als Power-to-X (PtX) bezeichnet . Hierbei wird elektrische Energie (Power) in einen stofflichen Energieträger „X“ (z. B. Methanol, Ammoniak) umgewandelt. Je nachdem, ob die erzeugten Produkte in gasförmiger oder flüssiger Form anfallen, spricht man von Power-to-Gas (PtG) oder von Power-to-Liquid (PtL).“4 Das Handelsblatt berichtet ergänzend in einem aktuell erschienenen Artikel wie folgt: „Die Power-to-X-Technologie soll das Speicherproblem mithilfe von grünem Wasserstoff lösen , das fast alle alternativen Energiequellen seit jeher plagt: Strom entsteht nur, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht. Und er lässt sich nur schwer aufbewahren. Mal gibt es zu viel Ökostrom, mal zu wenig. Wasserstoff hingegen lässt sich durch das Verfahren der PEM-Elektrolyse aus Wasser erzeugen und wie Erdgas speichern. Dann kann der grüne Wasserstoff direkt genutzt werden, zum Beispiel als Antrieb für Autos und LKWs, oder er wird in Methan oder flüssige Kraftstoffe umgewandelt. Bei Bedarf könnte er aber auch wieder in Form von Storm zurück ins Netz geführt werden.“5 Die folgenden Grafiken verdeutlichen die bisherigen Ausführungen: 4 https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/C-D/dialogprozess-gas-2030-erste-bilanz.pdf?__blob=publication File&v=4 (Letzter Abruf: 11.02.2020) 5 Handelsblatt, 22.01.2020, Handelsblatt Energie-Gipfel - Nach dem Kohleausstieg ist das Gas dran – und Wasserstoff soll es ersetzen. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/handelsblatt-energie-gipfel-nach-dem-kohleausstieg-istdas -gas-dran-und-wasserstoff-soll-es-ersetzen/25458762.html?ticket=ST-2694657-0dnuB7ZAGZ20o7ZL3Gtq-ap5 (Letzter Abruf: 11.02.2020) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 016/20 Seite 6 https://mensch-maschine-fortschritt.de/reportage/synthetisches-gas-aus-gruenem-strom/ (Letzter Abruf: 11.02.2020) https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/energiewende-nationale-wasserstoffstrategie-31-massnahmen-diedeutschland -zum-vorreiter-machen-sollen/25490610.html?ticket=ST-1914579-xfg1TBgcWcfftdNwLMdN-ap3 (Letzter Abruf: 11.02.2020) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 016/20 Seite 7 https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/energiewende-nationale-wasserstoffstrategie-31-massnahmen-diedeutschland -zum-vorreiter-machen-sollen/25490610.html?ticket=ST-1914579-xfg1TBgcWcfftdNwLMdN-ap3 (Letzter Abruf: 11.02.2020) https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/energiewende-nationale-wasserstoffstrategie-31-massnahmen-diedeutschland -zum-vorreiter-machen-sollen/25490610.html?ticket=ST-1914579-xfg1TBgcWcfftdNwLMdN-ap3 (Letzter Abruf: 11.02.2020) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 016/20 Seite 8 3. Studien zur internationalen grünen Wasserstoffbeschaffung 3.1. Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM Energiesystemanalyse Das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM Energiesystemanalyse (ehemals Bremer Energie Institut) bemerkt in einer 2018 erschienenen Kurzstudie zur Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung in der Energiewende: „Wasserstoff kann prinzipiell auch außerhalb Deutschland mit Strom aus erneuerbaren Energien mittels Elektrolyse erzeugt werden. Hierfür kommen langfristig insbesondere Länder in Frage, die ein hohes Wind-, Sonnen- oder Geothermiepotenzial haben. So wurde in der Machbarkeitsstudie von [Mönnich et al. 2003] die Möglichkeit der Wasserstoffproduktion durch Windenergie in Patagonien untersucht und Island hat bereits in 1998 die langfristige Umstellung des Landes auf eine Wasserstoffwirtschaft verkündet. Auch afrikanische Staaten könnten aufgrund des hohen Potenzials an Solarenergie zu Wasserstofflieferanten werden. Hier könnten die genannten Mindest-Volllaststunden erreicht werden. Die Kosten für diese Importe hängen – neben den Gestehungskosten – dann aber auch noch von den Transportkosten des Wasserstoffs in Spezialschiffen ab. Dass der Import von Wasserstoff aus entfernten Regionen keine Vision ist, sondern sich kurz vor der Umsetzung befindet, zeigt die Zusammenarbeit zwischen Australien und Japan zur Lieferung flüssigen Wasserstoff per Schiff [The Guardian 2017].“6 3.2. Forschungszentrum Jülich GmbH Institut für Energie- und Klimaforschung Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) Das Forschungszentrum Jülich GmbH Institut für Energie- und Klimaforschung Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3) führt in einem 2019 veröffentlichten Report zur weltweiten Bereitstellung von Wasserstoff auf Basis erneuerbarer Energien wie folgt aus: „Zur technisch und ökonomisch sinnvollen Nutzbarmachung des Energiepotentials internationaler Vorzugsregionen der beiden erneuerbaren Energien (EE) Wind- und Solarenergie bietet sich die elektrolytische Herstellung von Wasserstoff (Power-to-Gas) an. Im Rahmen der am IEK-3 durchgeführten techno-ökonomischen Analyse einer weltweiten Wasserstoffversorgungsinfrastruktur auf Basis erneuerbarer Energien werden zunächst ausgewählte Regionen der Welt in Bezug auf ihr Wind- oder ihr PV-Energiepotential untersucht. Die höchsten Windenergieerträge wurden dabei unter anderem für Patagonien, Chile, Kanada und Island ermittelt. Die nachfolgende Analyse beinhaltet die Platzierung von Windenergieanlagen unter Berücksichtigung der Landverfügbarkeit, die Dimensionierung der Elektrolyseure, der Verdichter sowie der Transportleitungen bis zum Hafen und schließ- 6 Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM Energiesystemanalyse (ehemals Bremer Energie Institut), 2018, Kurzstudie zur Rolle der KWK in der Energiewende, Anhang: Hintergrundinformation zur Power to Gas Technologie für das KWK-Szenario S. 79 f. https://elib.dlr.de/121335/1/B.KWK_Studie_Perspektiven_der_KWK_in_der_Energiewende_final.pdf (Letzter Abruf: 11.02.2020) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 016/20 Seite 9 lich der Verflüssigung beziehungsweise Bindung des Wasserstoffs an organische Trägermaterialien (Liquid organic hydrogen carriers, LOHC). Bei der Speicherung am Hafen wird von einer 30 Tagereserve ausgegangen. Zur Ableitung regionsspezifischer Kostenfunktionen der Wasserstoffbereitstellung werden die minimale Volllaststundenzahl und damit der EE-Ausbaugrad variiert. Abb. 69 zeigt zusammenfassend die Elemente der Wasserstoffbereitstellungsinfrastruktur und die exemplarische Kostenkurve für Wasserstoff basierend auf Windenergie in Argentinien. http://juser.fz-juelich.de/record/865196/files/Energie%20%2B%20Umwelt%20465%20IEK-3%20Report %202019%20Onlineversion.pdf (Letzter Abruf: 11.02.2020) Auf Basis des so ermittelten Wasserstoffangebots, der damit verbundenen Bereitstellungskostenkurven und der entsprechenden Schiffstransportkosten wird ein angenommener weltweiter Wasserstoffbedarf, verteilt auf einzelne Regionen, unter der Prämisse eines globalen Versorgungskostenminimums gedeckt. Abb. 70 zeigt die Deckung eines auf den derzeitigen Pkw-Zahlen ausgewählter Importregionen basierenden Wasserstoffbedarfs. Angenommen wurde hier ein Brennstoffzellenfahrzeuganteil von 75% am Gesamtbestand. Unter Berücksichtigung des Schiffstransportes ergeben sich vorläufige Importkosten zwischen 4,34 und 4,81 €/kg, je nach Entfernung der Handelspartner. http://juser.fz-juelich.de/record/865196/files/Energie%20%2B%20Umwelt%20465%20IEK-3%20Report %202019%20Onlineversion.pdf (Letzter Abruf: 11.02.2020) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 016/20 Seite 10 Das Verteilungsergebnis macht deutlich, dass der Wasserstofftransport überwiegend regionsweise (Amerika, Europa, Asien) erfolgt und dass die Importkosten stark von der globalen Nachfrage abhängen. Mit Hilfe unterschiedlicher Verteilungsschlüssel für den angenommenen , globalen Wasserstoffbedarf und unter Berücksichtigung einer geplanten Einbindung des Wasserstoffangebots aus solarer Stromproduktion kann die Option eines emissionsfreien Energieimportes für unterschiedliche Szenarien in technischer und ökonomischer Sicht weiter präzisiert werden.“7 3.3. Forschungs- und Beratungsinstitut für Klima, Umwelt und Entwicklung adelphi/ Deutsche, Energie-Agentur dena/ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ/ Marktforschungs- und Beratungsunternehmen für die globale Energiewende Navigant Eine gemeinsam vom Forschungs- und Beratungsinstitut für Klima, Umwelt und Entwicklung adelphi, der Deutschen, Energie-Agentur dena, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ und des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens für die globale Energiewende Navigant im Jahre 2019 erstellte Studie nimmt eine datenbasierte Analyse zur Identifizierung derjenigen Länder vor, die mittel- und langfristig als potenzielle Lieferanten von grünem Wasserstoff für Deutschland in Frage kommen. Die Studie führt wie folgt aus: „Kriterien bis 2030 und 2050: Mittelfristig (bis 2030) steht die Machbarkeit erster Demonstrations- oder kommerzieller Projekte im Fokus, die maßgeblich durch folgende Faktoren beeinflusst wird: a) Niedrige Grünwasserstoff-Herstellungs- und Transportkosten. Die entscheidenden Kostenfaktoren sind: EE-Ressourcen; Kapitalkosten (Länderrisikoprämie); Verfügbarkeit bestehender Transportinfrastruktur (Häfen mit entsprechenden Anlagen , Gaspipelines). b) Politisch-ökonomischer Rahmen, u.a. das Interesse von Politik und Wirtschaft an Entwicklung einer Grünwasserstoff-Wertschöpfungskette; die Verfügbarkeit qualifizierter Fachkräfte; Qualität der öffentlichen Verwaltung; (Investitions)sicherheit; das Bestehen einer Energiepartnerschaft oder die allgemeine Qualität der bilateralen Beziehungen mit Deutschland. Bis 2030 ist nicht zu erwarten, dass Deutschland große Mengen an Grünwasserstoff importieren wird. Daher spielen in diesem Zeitraum weder das Volumen des Grünwasserstoff- 7 Forschungszentrum Jülich GmbH Institut für Energie- und Klimaforschung Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3), 2019, Maßgeschneiderte Energieumwandlung für nachhaltige Kraftstoffe, IEK-3 Report 2019, Schriften des Forschungszentrums Jülich Reihe Energie & Um-welt /Energy & Environment Band/Volume 465, S. 96 ff. http://juser.fz-juelich.de/record/865196/files/Energie%20%2B%20Umwelt%20465%20IEK-3%20Report %202019%20Onlineversion.pdf (Letzter Abruf: 11.02.2020) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 016/20 Seite 11 Exportpotenzials eines Landes noch die THG-Intensität seines Energiesystems8 eine zentrale Rolle, sondern die Möglichkeit, Grünwasserstoff-Herstellung zeitnah und kostengünstig unter realen Bedingungen zu entwickeln. Langfristig (2050) werden auch die absoluten Volumina der Grünwasserstoff-Exportpotenziale eine entscheidende Rolle spielen. Denn Deutschland wird voraussichtlich erhebliche Mengen an Grünwasserstoff importieren müssen, um seine Energie- und Klimaziele ökonomisch effizient zu erreichen, ohne dabei die Grenzen der Akzeptanz für einheimische EE-Erzeugung zu überschreiten (vgl. Gerbert et al. 2018, Hecking et al. 2018, Pfluger et al. 2017). Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen stehen langfristig folgende Faktoren in Fokus: c) Alle für 2030 oben genannten Punkte. Durch den längeren Zeitraum können bei einigen Faktoren (z.B. Transportinfrastruktur, Kapitalkosten) erhebliche Änderungen eintreten, andere Faktoren (v.a. EE-Ressourcen) sind jedoch relativ statisch. d) Flächenrestriktionen für EE-Anlagen und Elektrolyseure: Die entscheidenden Faktoren sind Bevölkerungsdichte, Landbeschaffenheit, ökonomische, soziale und ökologische Kosten der Landnutzung; Akzeptanz der Bevölkerung und Politik. e) Restriktionen durch Wasser: Kosten des Zugangs zu Wasser, nachhaltige Verfügbarkeit von Wasser für die EE-Erzeugung und die Elektrolyseure. f) Exportrestriktionen durch Eigenenergiebedarf: Dekarbonisierung des nationalen Energiesystems muss in Herkunftsländern Priorität vor Exporten haben.9 Die folgenden qualitativen Einschätzungen über die Eignung und das Potenzial der Herkunftsländer in den Perspektiven 2030 und 2050 beruhen auf den oben genannten Kriterien und auf den im Anhang erläuterten Ansätzen und Quellen. 8 Die THG-Intensität des Energiesystems des jeweiligen Landes wurde in der Tabelle „Perspektive 2030“ als zusätzliche Information aufgeführt, jedoch nicht bei der Gesamtbewertung der Länder berücksichtigt, denn der Expertenkreis sah keine eindeutige Antwort auf die Frage, welche Auswirkungen eine gewisse THG-Intensität des Energiesystems auf die Akzeptanz für Grünwasser- Leuchtturmprojekte (im Zielland als auch in Deutschland ) hätte (Verweis innerhalb der Studie). 9 Wenig akzeptabel könnte es aus deutscher Sicht sein, wenn erhebliche Mengen Grünwasserstoffs aus einem Herkunftsland importiert würden, das gleichzeitig den eigenen Energiebedarf etwa mit Kohlekraftwerken ohne CCS deckt (carbon leakage). Dies könnte als besonders problematisch gesehen werden, wenn die EE-Erzeugungsressourcen des Landes zu einem wesentlichen Teil für die zum Grünwasserstoff-Export bestimmten Anlagen ausgeschöpft würden. Anhand der aktuellen CO2-Intensität des Landes lassen sich allerdings keine sicheren Vorhersagen für 2050 ableiten. Deswegen wurde dieser Faktor bei Perspektive 2050 nicht direkt berücksichtigt . Stattdessen wurde eine qualitative Einschätzung der Einschränkung der Exportpotenziale durch den Eigenenergiebedarf getroffen (Verweis innerhalb der Studie). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 016/20 Seite 12 Besonders geeignete Herkunftsländer (Perspektive 2030) Höchste Eignung: Island, Kanada, Marokko, Norwegen, Tunesien, Türkei. Gute Eignung: Ägypten, Algerien, Argentinien, Australien, Brasilien, Chile, Indien, Kasachstan , Katar, Kenia, Neuseeland, Oman, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Ukraine, USA, VAE. Weitere geeignete Länder: Äthiopien, China, Iran, Mexiko, Namibia, Nigeria. Absolutes Exportpotenzial (Perspektive 2050) Höchstes Potenzial: Ägypten, Algerien, Argentinien, Australien, Kanada, Kasachstan, Russland, Saudi-Arabien. Gutes Potenzial: Äthiopien, Brasilien, Chile, Iran, Island, Kenia, Marokko, Mexiko, Namibia , Nigeria, Norwegen, Oman, Südafrika, USA. Weiteres Potenzial: China, Indien, Katar, Neuseeland, Tunesien, Türkei, Ukraine, VAE. Erläuterung der Methodik anhand weniger Beispiele für 2030 und 2050 Marokko und Norwegen 2030: Hinter Norwegen, Algerien und Russland weist Marokko den viertniedrigsten Grenzübergangspreis für Grünwasserstoff auf (siehe Anhang: Besonders geeignete Herkunftsländer 2030 - Kosten). Das ergibt sich vor allem aus den besonders niedrigen Transportkosten (Pipeline) dieser vier Länder, die ihre insgesamt mittelmäßigen (in Vergleich mit anderen berücksichtigten Ländern) Herstellungskosten mehr als ausgleichen. Marokko und Norwegen punkten durch eine „hohe“ Gesamtbewertung der qualitativen Kriterien in Vergleich zu Algerien und Russland (beide „niedrig“). Bei dieser Bewertung spielen die angenommenen EE-Anteile bis 2030 sowie die Qualität der bilateralen Beziehungen eine entscheidende Rolle. Algerien, Australien, Kanada, Russland und Saudi-Arabien 2050: Die in der Perspektive 2050 mitberücksichtigte Größe der Fläche mit günstigen Grünwasserstofferstellungskosten weist sich für Marokko im Vergleich zu anderen Ländern (wie z.B. Algerien und Australien ) ungünstig aus. Denn Marokko hat günstigere Bedingungen, jedoch nur auf einer relativ kleinen Fläche. Außerdem sind die angenommenen Flächenrestriktionen in diesen Ländern geringer, wodurch sie auch in Bezug zu ihrem eigenen Energiebedarf langfristig mehr Grünwasserstoff exportieren können als Marokko.“10 10 Adelphi/Navigant/GIZ/dena, 2019, Grüner Wasserstoff: Internationale Kooperationspotenziale für Deutschland Kurzanalyse zu ausgewählten Aspekten potenzieller Nicht-EU-Partnerländer, Stand: 4. Oktober 2019, S. 2 ff. https://www.adelphi.de/en/system/files/mediathek/bilder/20191002%20Wasserstoff_Partnerl %C3%A4nder_Kurzgutachten%20FINAL.pdf (Letzter Abruf: 11.02.2020) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 016/20 Seite 13 https://www.adelphi.de/en/system/files/mediathek/bilder/20191002%20Wasserstoff_Partnerl%C3%A4nder_Kurzgutachten %20FINAL.pdf (Letzter Abruf: 11.02.2020) Tabellarische Auflistungen der Länder nach Grünwasserstoff-Importkosten 2030, Politisch-ökonomischen Rahmen 2030, Gesamtbewertung 2030 sowie des Grünwasserstoff-Exportpotentials 2050 sind dem Anhang der Studie zu entnehmen. Adelphi/Navigant/GIZ/dena, 2019, Grüner Wasserstoff: Internationale Kooperationspotenziale für Deutschland, Kurzanalyse zu ausgewählten Aspekten potenzieller Nicht-EU-Partnerländer , Stand: 4. Oktober 2019. https://www.adelphi.de/en/system/files/mediathek/bilder/20191002%20Wasserstoff _Partnerl%C3%A4nder_Kurzgutachten%20FINAL.pdf (Letzter Abruf: 11.02.2020) 4. Weitere Quellen Tagesspiegel/Background, 10.01.2020, STANDPUNKT: Wasserstoffstrategie: Auch mit Importländern ist eine Partnerschaft essenziell. https://background.tagesspiegel.de/energie-klima/wasserstoffstrategie-auch-mit-importlaendernist -eine-partnerschaft-essenziell (Letzter Abruf: 11.02.2020) Handelsblatt, 07.02.2020, Energiequelle Wasserstoff: Heilsbringer oder Illusion? https://www.handelsblatt.com/technik/forschung-innovation/energiequelle-wasserstoff-heilsbringer -oder-illusion/25507310.html (Letzter Abruf: 11.02.2020) Frontier Economics Ltd., 2018, Die zukünftigen Kosten strombasierter synthetischer Brennstoffe, im Auftrag von Agora Energiewende/Agora Verkehrswende. https://www.agora-energiewende.de/fileadmin2/Projekte/2017/SynKost_2050/Agora_SynCost- Studie_WEB.pdf (Letzter Abruf: 11.02.2020) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 016/20 Seite 14 Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH, 2018, Strategien für eine naturverträgliche Energiewende, im Auftrag des Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU). https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/energie/190514_strategien_energiewende _nabu.pdf (Letzter Abruf: 11.02.2020) BMWi, 2019, Analyse weltweiter Energiemärkte 2019 https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/analyse-weltweiter-energiemaerkte- 2019.pdf?__blob=publicationFile&v=8 (Letzter Abruf: 11.02.2020) Bayern 2, 05.10.2015, Pioniere der Geothermie, Island will die grüne Batterie Europas werden. https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/iq-wissenschaft-und-forschung/geothermie-energiepioniere -island-102.html (Letzter Abruf: 11.02.2020) ***