© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 009/20 Kostenloser öffentlicher Personennahverkehr in Deutschland Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 009/20 Seite 2 Kostenloser öffentlicher Personennahverkehr in Deutschland Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 009/20 Abschluss der Arbeit: 28. Januar 2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 009/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Modellprojekte in einzelnen Kommunen 5 3. Publikationen 7 3.1. Kommunaler Bereich 7 3.2. Allgemeine Publikationen 9 4. Sonstiges 12 5. Anlagen 12 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 009/20 Seite 4 1. Einleitung Gegenstand der vorliegenden Dokumentation ist die Frage, welche Modellprojekte es zum kostenlosen öffentlichen Personennahverkehr in Deutschland gibt. Hierbei ist auch die politische Sichtweise auf Bundesebene von Interesse. Darüber hinaus sollten Finanzierungsmodelle und entsprechende Beispielrechnungen sowie eventuelle Bewertungen hinsichtlich der Umsetzbarkeit für einen kosten- bzw. fahrscheinlosen öffentlichen Personennahverkehr eruiert werden. Aufgrund überhöhter Stickstoffdioxidwerte in deutschen Städten und einer damit verbundenen drohenden Klage der EU kam es 2018 zu einer Diskussion über kostenlosen öffentlichen Nahverkehr als möglichen Lösungsansatz. Angeregt wurde diese Diskussion durch die Ankündigung der Bundesregierung, alternative Mobilitätskonzepte sowie günstigere Preise für die Nutzung des ÖPNV in den fünf Modellstädten Bonn, Essen, Herrenberg, Reutlingen und Mannheim zu erproben .1 Das Angebot eines kostenfreien ÖPNV wurde jedoch aus Kostengründen nicht umgesetzt. Im März 2018 stellten etwa die Abgeordneten Sabine Leidig, Andreas Wagner, Dr. Gesine Lötzsch sowie weitere Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE den Antrag „Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr schrittweise einführen“2. Der federführende Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur empfahl im April 2019 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, AfD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE und bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags. Der Beratungsverlauf und die Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss finden sich in Beschlussempfehlung und Bericht (siehe BT- Drucksache 19/90423). Der Antrag wurde gemäß Beschlussempfehlung des Verkehrsausschusses im Oktober 2019 durch den Bundestag abgelehnt.4 Als erster europäischer Staat will Luxemburg ab dem 1. März 2020 landesweit den kostenlosen ÖPNV einführen. Nur die 1. Klasse der Bahn bleibt kostenpflichtig.5 Um einen kostenlosen ÖPNV anbieten zu können, rechnet man in Luxemburg mit Kosten in Höhe von ca. 41 Millionen Euro. Gleichzeitig sollen 2,2 Milliarden Euro bis 2023 in die Schiene investiert werden. Auch viele Busse sollen bis 2030 elektrisch fahren.6 1 BT-Drucksache 19/887 vom 23.2.2018, S. 50. Siehe: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/008/1900887.pdf (zuletzt aufgerufen am 27.1.2020). 2 BT-Drucksache 19/1359 vom 22.3.2018. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/013/1901359.pdf (zuletzt aufgerufen am 27.1.2020). 3 http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/19/090/1909042.pdf (zuletzt aufgerufen am 20.1.2020). 4 Amtliches Protokoll 118. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 17. Oktober 2019, Tagesordnungspunkt 30 i). 5 https://www.handelsblatt.com/politik/international/oepnv-luxemburg-macht-bahn-und-bus-als-erstes-land-kostenlos /25373782.html?ticket=ST-1634224-LNfP3BSzSIwQnTKnE79B-ap6 (zuletzt aufgerufen am 20.1.2020). 6 https://kommunal.de/kostenloser-oepnv-luxemburg-und-hierzulande (zuletzt aufgerufen am 21.1.2020). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 009/20 Seite 5 2. Modellprojekte in einzelnen Kommunen Im Folgenden werden beispielhaft Projekte benannt, die einen kostenfreien ÖPNV für ausgewählte Personengruppen oder in Gänze beinhalten. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird aufgrund der zur Verfügung stehenden Zeit nicht erhoben. Hannover – Kostenloser ÖPNV am 30. November 2019 In Hannover konnten Bus- und Bahnnutzer im Hannover-Netz am 30. November 2019 von Sonnabend um Mitternacht bis Sonntagmorgen um 5 Uhr den ÖPNV kostenlos nutzen. Zirka 60 Prozent mehr Fahrgäste als an einem anderen Sonnabend im Herbst nahmen das Angebot wahr.7 Mit der Aktion am 30. November sollte getestet werden, ob ein kostenfreier öffentlicher Nahverkehr die Menschen zum Umsteigen bewegt. Die Region Hannover plante mit Kosten von mehr als 600. 000 Euro für den Aktionstag.8 LandesTicket - Für Hessen unterwegs Die Beschäftigten des Landes Hessen können auch 2020 und 2021 den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) kostenfrei nutzen. Dies gilt für alle Fahrten und beschränkt sich nicht nur auf den Arbeitsweg. Man führt aus, dass der Gesetzgeber das Einkommensteuergesetz 2020 in der Form geändert habe, dass dem Arbeitgeber die Möglichkeit gegeben werde, ein Jobticket pauschal zu versteuern. Hiervon werde das Land Hessen Gebrauch machen. Eine Anrechnung auf die Entfernungspauschale beim Einzelnen erfolge nicht.9 Kostenloses Bürger-Ticket in Monheim/Rhein ab April 2020 Der Rat der Stadt Monheim am Rhein fasste am 10. Juli 2019 den Beschluss, den Nahverkehr für Einwohner der Stadt Monheim am Rhein im Tarifgebiet Monheim am Rhein/Langenfeld ab dem 1. April 2020 kostenlos anzubieten. In der entsprechenden Vorlage heißt es, der Aufwand für auszugleichende Fahrgeldeinnahmen sowie für die mit der Einführung unmittelbar verbundenen Maßnahmen werde in den nächsten drei Kalenderjahren 2020 bis 2022 voraussichtlich bei vier Millionen Euro pro Jahr liegen.10 Es würden sich damit abzüglich der Minderaufwendungen bei den bisherigen Schülerbeförderungskosten von 0,5 Millionen Euro pro Jahr Aufwendungen für die Einführung des kostenlosen Nahverkehrs von durchschnittlich 3,5 Millionen Euro pro Jahr ergeben. 7 https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Kostenloser-Nahverkehr-60-Prozent -mehr-Fahrgaeste,nahverkehr274.html (zuletzt aufgerufen am 28.1.2020). 8 https://www.nwzonline.de/wirtschaft/oldenburg-hannover-grossversuch-staedtetag-kritisiert-kostenlosen-nahverkehr _a_50,6,1882743264.html (zuletzt aufgerufen am 28.1.2020). 9 https://innen.hessen.de/buerger-staat/personalwesen/landesticket-fuer-hessen-unterwegs (zuletzt aufgerufen am 20.1.2020). 10 Über die Fortführung des Angebots ab 2023 wird der Rat nach Vorlage eines Evaluationsberichts entscheiden. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 009/20 Seite 6 Die entsprechende Ratsvorlage sowie eine Zusammenstellung der damit verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen finden sich unter dem Link: https://session.monheim.de/bi/vo0050.php?__kvonr=6067&voselect=2834 (zuletzt aufgerufen am 20.1.2020). Pfaffenhofen bei München In Pfaffenhofen bei München, einer Stadt mit 26.000 Einwohnern, befördern seit Ende 2018 sechs Linienbusse kostenlos Passagiere.11 Templin Die Brandenburger Stadt Templin führte bereits 1998 ein kostenfreies ÖPNV-Ticket ein. Durch die daraufhin gestiegenen Fahrgastzahlen wurden zusätzliche Busse benötig. Aufgrund der hohen Kosten wurde das kostenfreie Angebot 2003 wieder beendet.12 Tübingen - Kostenloser ÖPNV am Samstag In Tübingen gibt es seit Februar 2018 einen kostenlosen ÖPNV an Samstagen.13 Um den Bürgern diesen kostenlosen Service anbieten zu können, übernimmt die Stadt die Fahrgeldausfälle für die kommunale Verkehrsgesellschaft TüBus in Höhe von jährlich 260.000 Euro. Man sei, nach Aussage des Oberbürgermeisters von Tübingen, Boris Palmer, mit Bund und Land im Gespräch und strebe in einer Modellphase eine Förderung über zwei Jahre an. So ließe sich eruieren, in welcher Größenordnung sich die ÖPNV-Nutzung erhöhen werde und wie die Infrastruktur dafür ausgebaut werden müsse. Man rechne für die Modellphase mit jährlichen Investitionen in Höhe von 15 Millionen Euro, von denen zehn Millionen von Bund oder Land und fünf Millionen von der Stadt finanziert werden sollten. Eine Zusage über die Mittel liegt Tübingen derzeit noch nicht vor. Der Oberbürgermeister sieht für die Finanzierung eines kostenfreien ÖPNV nach einer Modellphase drei Möglichkeiten:14 eine Erhöhung der Gewerbe- oder Grundsteuer eine zweckgebundene Abgabe eine deutliche Erhöhung der Gebühr für öffentliche Stellplätze im Stadtgebiet. 11 https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/ein-vorbild-fuer-ganz-deutschland-zwei-staedte-bieten-kostenlosen -oepnv-an/24583510.html (zuletzt aufgerufen am 28.1.2020). 12 https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/ein-vorbild-fuer-ganz-deutschland-zwei-staedte-bieten-kostenlosen -oepnv-an/24583510.html (zuletzt aufgerufen am 28.1.2020). 13 https://www.swtue.de/oepnv/fahrgastinformationen/ticketfreier-samstag-im-tuebus.html (zuletzt aufgerufen am 28.1.2020). 14 https://kommunal.de/tests-beitragsfreier-oepnv (zuletzt aufgerufen am 28.1.2020). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 009/20 Seite 7 Viechtach In der bayerischen Gemeinde Viechtach fährt seit einiger Zeit ein Kleinbus, der nach Bedarf als Rufbus vor allem ältere Menschen gratis in den Ortskern oder ins Krankenhaus bringt.15 3. Publikationen Im Folgenden finden sich Hinweise zu einzelnen Aufsätzen bzw. Publikationen, die auf verschiedene Lösungsmodelle eingehen. Eine Publikation, die sich ausschließlich mit der Finanzierung eines kostenlosen ÖPNV befasst, konnte nicht ermittelt werden. 3.1. Kommunaler Bereich Machbarkeitsstudie des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) hat das Unternehmen WVI Prof. Dr. Wermuth Verkehrsforschung und Infrastrukturplanung GmbH16 beauftragt herauszufinden, ob der VRS den kostenlosen ÖPNV bis 2024 umsetzen könne und mit welchen Kosten dies verbunden sei. Unter der Annahme eines Anstieges der Passagierzahl um 30 Prozent kam man zu dem Ergebnis, dass eine Umsetzung möglich, aber teuer sein und den ÖPNV verändern würde. So könne z.B. der Schienenverkehr bis 2024 nicht so weit ausgebaut werden, dass er den Passagierzuwachs auffangen könne. Daher müsse der Ausbau der Buslinien intensiviert werden sowie eine höhere Taktung und der Einsatz von Schnellbussen erfolgen. Für die zusätzlichen Personal- und Betriebskosten rechnet die Studie mit jährlich 120 Millionen Euro. Die wegfallenden Fahrpreiseinnahmen wurden ferner mit jährlich ca. 680 Millionen Euro veranschlagt .17 Siehe hierzu auch: Verkehrsverbund Rhein-Sieg: Bericht über Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie: STUDIE KAPAZITÄTSSTEIGERUNG: Ist kostenloser ÖPNV machbar? In: VRS-Verbundbericht 2019. - S. 26-29 https://www.wvigmbh.de/fileadmin/wvi/media/projektblaetter/sa/VRS_Verbundbericht 2019_S26-29.pdf (zuletzt aufgerufen am 21.1.2020) sowie https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/studie-zum-ausbau-nahverkehr-in-koelnvorgestellt -100.html (zuletzt aufgerufen am 21.1.2020). 15 https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/ein-vorbild-fuer-ganz-deutschland-zwei-staedte-bieten-kostenlosen -oepnv-an/24583510.html (zuletzt aufgerufen am 28.1.2020). 16 Das WVI ist eine Ingenieur- und Beratungsgesellschaft mit Arbeitsschwerpunkten in den Bereichen Verkehrsplanung , Verkehrserhebung, Verkehrstechnik und verkehrlicher Umweltschutz. 17 https://kommunal.de/tests-beitragsfreier-oepnv (zuletzt aufgerufen am 28.1.2020). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 009/20 Seite 8 Konzept von verkehrlichen Maßnahmen im Rahmen eines fahrscheinfreien ÖPNV - Berlin In dem IVP18-Diskussionspapier „Fahrscheinfrei im ÖPNV – Eine Alternative für Großstädte? Ein Maßnahmensortiment und die Realisierbarkeit in Berlin“19 wurde ein grundlegendes Konzept von verkehrlichen Maßnahmen im Rahmen eines fahrscheinfreien ÖPNV erarbeitet und als Alternative für den Berliner Verkehr betrachtet. Man kommt zu dem Ergebnis, dass die kurzfristige Einführung eines fahrscheinfreien ÖPNV aus verkehrlicher Sicht kein optimaler Schritt zur Lösung der gegenwärtigen Herausforderungen sei. Die Einführung eines fahrscheinfreien ÖPNV könne nur eine langfristige Strategie sein, der die Umsetzung einer Vielzahl von Maßnahmen vorausgehen müsse. Die tatsächlichen Auswirkungen eines kostenfreien ÖPNV auf die Gesamtverkehrssituation seien jedoch kaum abschätzbar. Bericht zur „Modellstadt Mannheim“ Die Stadt Mannheim ist eine von fünf von der Bundesregierung ausgewählten Modellstädten zur Erprobung verschiedener Maßnahmenpakete im ÖPNV. In dem Beitrag „Modellstadt Mannheim: Ein Bericht über Emissionen, Preissenkungen und Kapazitäten.“20 führen die Autoren in Abschnitt 3.1 (S. 97) aus , dass zunächst in fünf Städten mit Grenzwertüberschreitungen bei Stickoxiden unter anderem der kostenlose ÖPNV für eine verstärkte Nutzung umweltgerechter Mobilität zeitlich befristet getestet werden sollte. Man sei jedoch aufgrund des kurzen Finanzierungszeitraums wieder davon abgekommen, da keine der involvierten Städte eine befristete Maßnahme ohne vorhandene Anschlussfinanzierung in Betracht ziehen wollte (siehe hierzu Anlage 1). 18 IVP – Integrierte Verkehrsplanung. 19 https://www.ivp.tu-berlin.de/fileadmin/fg93/Dokumente/Discussion_Paper/DP9_Fahrscheinfrei _im_%C3%96PNV.pdf (zuletzt aufgerufen am 27.1.2020). 20 Modellstadt Mannheim: Ein Bericht über Emissionen, Preissenkungen und Kapazitäten. Thomas Czech, Dorothea Bartnik. - In: Nahverkehrs-Tage 2019. Finanzierung des öffentlichen Verkehrs zwischen leistungsorientierten E-Tarifen, preisgünstigen Flats und Drittnutzerfinanzierung. Herausgegeben vom Institut für Verkehrswesen der Universität Kassel in Kooperation mit Regionalmanagement Nordhessen GmbH. Kassel 2019, Seite 93ff. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 009/20 Seite 9 3.2. Allgemeine Publikationen Die Linke. Im Bundestag. In der Broschüre „Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr: Eine Offensive für sozialökologische Mobilität und Lebensqualität“21 werden Möglichkeiten vorgestellt, von verschiedenen Nutznießern des ÖPNV Abgaben zu erheben, die dann gegebenenfalls nach Anpassung von Ländergesetzen auf kommunaler Ebene eingeführt werden könnten. ifo Institut Unter der Überschrift „Fahrverbote, City-Maut, kostenloser öffentlicher Nahverkehr: Wege aus dem Verkehrskollaps?“22 finden sich verschiedene Beiträge. Zu Finanzierungsaspekten wird insbesondere auf die Seiten 9, 13, 14, 17 und 21 hingewiesen. Institut für Verkehrswesen der Universität Kassel In der Veröffentlichung „Verkehrliche Auswirkungen eines deutschlandweit kostenfreien ÖPNV“23 stellt der Autor, Tudor Mocanu, Modellergebnisse vor, die die verkehrlichen Auswirkungen und die Wirksamkeit eines deutschlandweiten kostenfreien ÖPNV auf den gesamten Nahverkehr quantifizieren (siehe Anlage 2). Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin Gegenstand der Studie „Fahrscheinlos. Grundlagen und Machbarkeitsstudie Fahrscheinloser ÖPNV in Berlin.“ war die Erarbeitung der verkehrswirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für die mögliche Einführung eines fahrscheinfreien ÖPNV in Berlin. Die hiermit verbundenen Kosten und mögliche Finanzierungsinstrumente seien nach Aussage der Autoren analysiert und bewertet worden. Begleitende verkehrliche Maßnahmen und deren Finanzierung, 21 Text: Dominik Fette, Karl-Heinz Ludewig mit Zuarbeit von Judith Dellheim und Bastian Kettner; Plan B konkret , Projektgruppe: Herbert Behrens, MdB, Heidrun Bluhm, MdB, Eva Bulling-Schröter, MdB, Sabine Leidig, MdB, Ralph Lenkert, MdB, Cornelia Möhring, MdB, Niema Movassat, MdB, Kirsten Tackmann, MdB, Hubertus Zdebel, MdB. Berlin, Mai 2015. https://www.linksfraktion.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Broschueren/150521-plan-b-a5-mobilweb .pdf (zuletzt aufgerufen am 22.1.2020). 22 In: ifo Schnelldienst, 9/2018, 71. Jahrgang, Knieps, G. / Griese, T. / Grüttner, A., Rottmann, O. / Schiffer, H.-W. / Sieg, G. / Stadelmann, D. / Monheim, H. München 2018. Seiten 3 - 22. https://www.ifo.de/publikationen/2018/aufsatz-zeitschrift/fahrverbote-city-maut-kostenloser-oeffentlicher-nahverkehr (zuletzt aufgerufen am 22.1.2020). 23 In: Nahverkehrs-Tage 2019 : Finanzierung des öffentlichen Verkehrs: zwischen leistungsorientierten E-Tarifen, preisgünstigen Flats und Drittnutzerfinanzierung. Herausgegeben vom Institut für Verkehrswesen der Universität Kassel in Kooperation mit Regionalmanagement Nordhessen GmbH. Kassel 2019. Seite 115 – 132. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 009/20 Seite 10 mit der Einführung eines kostenfreien ÖPNV verbunden seien, seien ebenfalls berücksichtigt worden.24 Bereich Techniksoziologie der TU Dortmund Eine Forschungsgruppe aus dem Bereich Techniksoziologie der TU Dortmund hat mithilfe einer speziellen Software die Chancen des kostenlosen ÖPNV für eine deutsche Großstadt simuliert. Im Ergebnis blieben die erwarteten positiven Effekte auf die Umwelt allerdings aus. So stellen eine Erhöhung der Kraftstoffpreise oder Tempolimits aus Sicht der Forschenden effektivere Alternativen zum kostenlosen Nahverkehr dar.25 Siehe hierzu auch: Optionen der politischen Regulierung des Personenverkehrs – Ergebnisse einer Simulationsstudie . Soziologisches Arbeitspapier Nr. 53/2018. TU Dortmund. https://eldorado.tu-dortmund.de/bitstream/2003/36806/1/AP-53-Philipp-Adelt.pdf (zuletzt aufgerufen am 20.1.2020). Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) In dem Positionspapier „Freifahrt oder 365-Euro-Tickets: Kosten und Wirkung für die Verkehrswende “26 (Oktober 2019) legt der VDV dar, dass Tarifsenkungen im ÖPNV nur im Rahmen eines ganzheitlichen Gesamtkonzeptes, das auch effektive begleitende Anreize zur Verkehrsvermeidung im motorisierter Individualverkehr umfasse, wirksam seien. Verkehrsclub Deutschland (VCD) In dem VCD Hintergrundpapier „ÖPNV zum Nulltarif – Möglichkeiten und Grenzen.“27 aus dem Jahr 2012 werden verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten angedacht. Der VCD sieht Maßnahmen zum Nulltarif im ÖPNV als „ein, wenn auch in Zukunft bei intelligenter Ausgestaltung sicherlich wichtiger werdendes, Instrument. Sie sollten daher einen angemessenen Platz in einem ambitionierten Gesamtkonzept finden.“28 24 Maaß C. (Projektleiter), Waluga G., Weyland R. Hamburg Institut Research gGmbH. Berlin 2015. Seite 5. https://www.hamburg-institut.com/images/pdf/studien/1506_Fahrscheinloser_OEPNV_Berlin.pdf (zuletzt aufgerufen am 22.1.2020). 25 https://www.tu-dortmund.de/storages/tu_website/Referat_1/Pressemitteilungen_2018/18-073-Kostenloser- OEPNV.pdf (zuletzt aufgerufen am 20.1.2020). 26 https://www.vdv.de/positionspapier-freifahrt-und-365-euro-ticket-vdv.pdfx (zuletzt aufgerufen am 21.1.2020). 27 https://www.vcd.org/fileadmin/user_upload/Redaktion/Publikationsdatenbank/OEffentlicher_Personennahverkehr /VCD_Hintergrund_OEPNV_Nulltarif_2012.pdf (zuletzt aufgerufen am 22.1.2020). 28 Siehe https://www.vcd.org/fileadmin/user_upload/Redaktion/Publikationsdatenbank/OEffentlicher_Personennahverkehr /VCD_Hintergrund_OEPNV_Nulltarif_2012.pdf, Seite 17 (zuletzt aufgerufen am 22.1.2020). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 009/20 Seite 11 Aufgrund der offensichtlichen und in Zukunft noch stärker zu erwartenden Probleme bei der Finanzierung des ÖPNV hat der VCD eine Studie in Auftrag gegeben mit dem Ziel, die drängendsten Lücken in der ÖPNV-Finanzierung herauszuarbeiten und neue Instrumente zur Sicherung des Nahverkehrs aufzuzeigen. Eine Kurzfassung der Studie findet sich in dem VCD Hintergrundpapier „Ein neues ÖPNV-Finanzierungsmodell für Kommunen“29 aus dem Jahr 2015. Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH In der Veröffentlichung des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie GmbH „Das Bürgerticket für den öffentlichen Personennahverkehr: Nutzen - Kosten – Klimaschutz.“ kommt der Autor, Gregor Waluga, zu dem Ergebnis, dass mit der Einführung eines umlagefinanzierten Bürgertickets positive Effekte auf das Verlagerungspotential zu Gunsten öffentlicher Verkehrsmittel erzielbar seien. Dieses Finanzierungsmodell sei dazu geeignet, eine ausreichende und dauerhafte Finanzierungsbasis für ein verbessertes ÖPNV Angebot zu gewährleisten und dabei gleichzeitig bisherige Wenig- bzw. Nichtnutzer zu einer vermehrten ÖPNV-Nutzung zu motivieren, ohne dabei die Verkehrsmittelwahlfreiheit einzuschränken.30 In Abschnitt 7.3 (Seite 268 ff) wird auf Bürgerticket-Initiativen und Untersuchungsergebnisse sowie auf die damit verbundenen Kosten sowie die Akzeptanz eingegangen. Zukunft Mobilität In dem Weblog Zukunft Mobilität wird in der Veröffentlichung „Die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs in Deutschland: Struktur, Probleme und Alternativen“31 (August 2013) auf alternative Finanzierungsformen des ÖPNV wie z.B. Einbeziehung indirekter Nutzer, Einführung eines Bürgertickets oder Pkw- oder City-Maut eingegangen. Weiteres In der Dissertation "Die ÖPNV-Abgabe. Rechtliche Möglichkeiten und Grenzen einer Umlagefinanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs“32 wird in Kapitel 3 auf die Finanzierung des ÖPNV und alternative Reformüberlegungen sowie in Kapitel 4 auf „Nulltarife“ im ÖPNV eingegangen. Das Inhaltsverzeichnis findet sich unter dem Link: 29 https://www.vcd.org/fileadmin/user_upload/Redaktion/Publikationsdatenbank/OEffentlicher_Personennahverkehr /VCD_Hintergrund_OEPNV_Studie_Zusammenfassung_2015.pdf (zuletzt aufgerufen am 22.1.2020). 30 Wuppertaler Schriften zur Forschung für eine nachhaltige Entwicklung. Band 9. München 2017. Seite 249. https://epub.wupperinst.org/frontdoor/deliver/index/docId/6751/file/WSFN9_Waluga.pdf (zuletzt aufgerufen am 22.1.2020). 31 https://www.zukunft-mobilitaet.net/28179/analyse/finanzierung-des-oepnv-in-deutschland/ (zuletzt aufgerufen am 22.1.2020). 32 Gruber, Denise: Die ÖPNV-Abgabe. Rechtliche Möglichkeiten und Grenzen einer Umlagefinanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs. Berlin: Duncker & Humblot (2018). Dissertation, Universität Regensburg, 2017. Die Dissertation findet sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages unter der Signatur P 5155353. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 009/20 Seite 12 https://d-nb.info/1164032631/04 (zuletzt aufgerufen am 22.1.2020). Michael Eichenseer und Christiane Reif geben in ihrer Veröffentlichung „(Fast) kostenloser Nahverkehr: Dominanz der Preis- oder Verhaltenswirkung?“33 (Anlage 3) eine Einschätzung über die Erfolgsaussichten dieses umweltpolitischen Instruments ab und legen dar, welchen Herausforderungen die Modellstädte bei der Einführung gegenüberstehen. Dabei werden insbesondere mögliche Preis- und Verhaltenswirkungen ausführlich diskutiert. In seiner Veröffentlichung „Kostenloser ÖPNV? Besser gar nicht als falsch einführen. Free Public Transportation? Either Do It Properly or Not at All.“34 führt Gernot Sieg, Direktor des Instituts für Verkehrswissenschaft an der Westfälischen WilhelmsUniversität Münster, aus, dass kostenloser ÖPNV immense Subventionen verschlingen würde. Mit weitaus geringeren Mitteln könne man sowohl die Luftreinheit in den Städten effektiv verbessern als auch positive Wohlfahrtswirkungen des ÖPNV anstoßen. Eine bessere Preisdifferenzierung zwischen Neben- und Hauptverkehrszeiten sowie eine subventionierte Verbesserung des Angebots zu den Hauptverkehrszeiten wäre aus seiner Sicht die bessere Alternative. 4. Sonstiges Im Zusammenhang mit dem sogenannten Klimapaket hat die Bundesregierung verschiedene Förderprogramme für Bus, Bahn (ÖPNV = öffentlicher Personennahverkehr) und städtischen Lieferverkehr angekündigt bzw. aufgestockt. Es liegt hierzu eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Stefan Gelbhaar, Matthias Gastel, Oliver Krischer, Stephan Kühn (Dresden), Daniela Wagner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema „Förderprogramme der Bundesregierung für Bus, Bahn (ÖPNV) und städtischen Lieferverkehr“35 vor. Die Antwort der Bundesregierung steht derzeit noch aus. 5. Anlagen Anlage 1 Thomas Czech, Dorothea Bartnik: Modellstadt Mannheim: Bericht über Emissionen, Preissenkungen und Kapazitäten. In: Nahverkehrs-Tage 2019: Finanzierung des öffentlichen Verkehrs: zwischen leistungsorientierten E-Tarifen, preisgünstigen Flats und Drittnutzerfinanzierung. Herausgegeben vom Institut für Verkehrswesen der Universität Kassel in Kooperation mit Regionalmanagement Nordhessen GmbH. Kassel 2019. Seite 93 ff. 33 In: Zeitschrift für Umweltpolitik & Umweltrecht : Beiträge zur rechts-, wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Umweltforschung. 41 (2018), 4, Seite 413-421. 34 In: Wirtschaftsdienst, 2018, 3. - S. 154 ff. https://link.springer.com/article/10.1007/s10273-018-2257-z (zuletzt aufgerufen am 22.1.2020). 35 BT-Drucksache 19/16262 vom 30.12.2019. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/162/1916262.pdf (zuletzt aufgerufen am 22.1.2020). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 009/20 Seite 13 Anlage 2 Tudor Mocanu: Verkehrliche Auswirkungen eines deutschlandweit kostenfreien ÖPNV. In: Nahverkehrs-Tage 2019 : Finanzierung des öffentlichen Verkehrs: zwischen leistungsorientierten E-Tarifen, preisgünstigen Flats und Drittnutzerfinanzierung. Herausgegeben vom Institut für Verkehrswesen der Universität Kassel in Kooperation mit Regionalmanagement Nordhessen GmbH. Kassel 2019. Seite 115 – 132. Anlage 3 Michael Eichenseer, Christiane Reif: (Fast) kostenloser Nahverkehr: Dominanz der Preis- oder Verhaltenswirkung? In: Zeitschrift für Umweltpolitik & Umweltrecht : Beiträge zur rechts-, wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Umweltforschung. 41 (2018), 4, Seite 413-421. ***