Dokumentationspflicht für den Einsatz von Planzenschutzmitteln - Ausarbeitung - © 2008 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 009/08 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser: Dokumentationspflicht für den Einsatz von Planzenschutzmitteln Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 009/08 Abschluss der Arbeit: 8.2.2008 Fachbereich WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 3 - - Zusammenfassung - Die neuerliche, anlässlich der Verabschiedung der Novelle zum Pflanzenschutzgesetz geführte Diskussion rekurriert in ihrer Zuspitzung auf die Frage nach der „schlagspezifischen “ Aufzeichnungspflicht für landwirtschaftliche Anwender von Pflanzenschutzmitteln . Darüber hinaus wiederholt sich – über weite Strecken wortgleich – die bereits 2001 geführte Auseinandersetzung um die Einführung der „schlagspezifischen Dokumentation “ im Bundesnaturschutzgesetz von 2001, in dem auch die Verpflichtung zur flankierenden Regelung im Fachgesetz verankert ist. Die Fokussierung der Debatte auf die Mehrbelastungen für die Anwender abstrahiert damit weitgehend von bereits getroffenen Festlegungen. Auch die in einem über fünf Jahre andauernden Beratungsprozess breit abgestützten Beweggründe werden dabei kaum mehr sichtbar. Dies gilt auch für die zeitlich parallel verlaufenen Entwicklungen im Bereich von Agrarumweltmaßnahmen, Lebensmittelsicherheit und ländlicher Entwicklung . Während der Einwand, kein anderer Mitgliedstaat der EU kenne entsprechende Auflagen , im Jahr 2001 den Sachstand wiedergab, entspricht er heute nicht mehr den Tatsachen . Nicht zu bestreiten ist, dass die Einführung der auf Anwendungsflächen bezogenen Dokumentation zu Mehrbelastungen führen wird. Diese waren bereits im Jahr 2002 bekannt und wurden bewusst in Kauf genommen. Der Vorhalt der Benachteiligung bis hin zu Wettbewerbsverzerrungen ist hingegen nicht belegbar. Zweifellos kollidiert die Verschärfung der Dokumentationspflichten und die daraus resultierende Kontrolldichte mit Bestrebungen zur Entbürokratisierung und zur Vereinfachung von EU-Vorschriften. Andererseits erscheint das aktuell aus dem Berufsstand vorgebrachte Monitum im Verhältnis zur Bedeutung des Gesamtkontextes, wie auch zu den bereits vollzogenen Entwicklungen wenig relevant. Die sich aus unterschiedlichen Perspektiven - insbesondere aus der des Naturschutzes – abgeleitete Dokumentationspflicht wird spätestens dann unumgänglich, wenn sich die längerfristige Bestrebung der Kommission realisiert, den Übergang zum integrierten Pflanzenschutz im Zahlungssystem der EU zu honorieren. - 4 - 1. Einleitung In einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGh) aus dem Jahr 2006, wird die Präzisierung des deutschen Pflanzenschutzgesetzes (PflSchG) im Hinblick auf den Schutz von Tier- und Pflanzenarten gefordert. Die Bundesregierung hat aus diesem Anlass einen Novellierungsentwurf1 vorgelegt, der vom Parlament - mit einigen Änderungen - am 13.12.2007 in dritter Lesung verabschiedet wurde. Die Zustimmung des Bundesrats steht noch aus2. Zwischenzeitlich ist eine Debatte über die im Gesetzentwurf vorgesehene Ergänzung von § 6 Abs. 4 PflSchG entstanden, in der sich die Argumente der im Jahr 2001 geführten Auseinandersetzung über die Einfügung einer schlagspezifischen Dokumentationspflicht des Einsatzes von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln ins Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) wiederholen.3 Die Ergänzung sieht eine Dokumentationspflicht der Anwender von Pflanzenschutzmitteln vor, die u.a. die „Erfassung der Mengen verbrauchter Pflanzenschutzmitteln bezogen auf die jeweilige Anwendungsfläche“ beinhaltet. Mit dieser Ergänzung will der Gesetzgeber einer Forderung des BNatSchG nachkommen, die laut § 5 Abs. 4 in einer „schlagspezifischen Dokumentation über den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechts“ besteht. Während diese Forderung im Düngemittelrecht durch die schlagspezifische Erfassung der Nährstoffbilanzen bereits Eingang gefunden hat, beschränkt sich die Dokumentationspflicht im Fachrecht Pflanzenschutz bisher auf die Verbuchung von Bezug und Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf gesamtbetrieblicher Ebene. Als Vertreter des wichtigsten Berufstands innerhalb der Gruppe der Anwender von Pflanzenschutzmitteln moniert der Deutsche Bauernverband (DBV) „überbordende Bürokratisierung“ und die mögliche Verknüpfung der Aufzeichnungspflicht mit den Vorgaben der „Cross Compliance“, die sich aus der Aufnahme der Aufzeichnungspflicht in den Katalog der Vorgaben für die „Gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz“ ableiten lasse. Da in keinem anderen Mitgliedstaat der EU entsprechende Vorschriften bestünden und Verstöße ggf. doppelt sanktioniert würden, hätten deutsche Landwirte Wettbewerbsnachteile zu befürchten.4 1 Drs. 16/6386 2 Beratung am 15.02.2008 3 Vgl. die Stellungnahme des baden-württembergischen Landtags zu BNatSchG-Novelle 2001, http://209.85.135.104/search?q=cache:tS62pYWISEQJ:www.landtagbw .de/wp13/drucksachen/0000/13_0363 d.pdf+schlagspezifische+Dokumentationspflicht+BNatSchG+2001+Stellungnahme&hl=de&ct=clnk &cd=2&gl=de 4 Vgl. http://www.bayerischerbauernverband.de/sro.php?redid=201250 (Stand: 06.02.2008) - 5 - 2. Bezug zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union Auf der Ebene der Europäischen Union sind gegenwärtig drei Vorschläge für Rechtssetzungsverfahren zum Thema Pflanzenschutz in Arbeit. Der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln5 zielt auf eine Änderung der zur Zeit gültigen Richtlinie 91/414/EWG , die in Deutschland durch das Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) umgesetzt wird, ab. Der Richtlinienvorschlag des Europäischen Parlamentes und des Rates über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für den nachhaltigen Einsatz von Pestiziden6 zielt auf die Umsetzung der thematischen Strategie zum nachhaltigen Einsatz von Pestiziden7. Der dritte Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlamentes und des Rates über Statistiken zu Pflanzenschutzmitteln8 vervollständigt das Bündel von Initiativen, die von der Kommission im Jahr 2002 mit dem Ziel gestartet wurden, die Risiken des chemischen Pflanzenschutzes zu minimieren und die Menge der ausgebrachten Chemikalien insgesamt zu reduzieren. Mit dem Abschluss des Rechtsetzungsprozesses ist laut Zeitplan der Kommission in den Jahren 2010 (Inverkehrbringen, Rahmenrichtlinie) - 2012 (Statistik) zu rechnen. Die Regulierung der Anwendungsdokumentation und – kontrolle liegt nicht im Ermessen der Kommission. Diese fordert jedoch im Vorschlag zur Rahmenrichtlinie von den Mitgliedstaaten die Erstellung nationaler Aktionspläne mit Ausrichtung auf die gemeinsamen Ziele, in denen u.a. die „Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen“ geregelt wird9. Innerhalb von zwei Jahren nach Annahme des Aktionsrahmens zur „thematischen Strategie“ sollen mit der Statistikverordnung verbindliche Anforderungen zur Erhebung von Daten über die Verwendung von Pestiziden und zur Konsolidierung bereits laufender Arbeiten folgen. Mit der Einführung einer obligatorischen Datenerhebung soll diese Verordnung in erster Linie gewährleisten, dass in allen Mitgliedstaaten vergleichbare Daten erhoben werden, die die Berechnung harmonisierter Risikoindikatoren und die Ermittlung der Fortschritte im Hinblick auf eine nachhaltigere Verwendung von Pflanzenschutzmitteln in der gesamten Gemeinschaft ermöglichen. 5 KOM(2006) 388 endgültig vom 12.7.2006 6 KOM(2006) 373 endgültig vom 12.7.2006 7 KOM(2002) 349 endgültig vom 1.07.2002 8 KOM(2006)778 endgültig vom 11.12.2006 9 Diese Forderung findet sich auch im Verordnungsvorschlag 388(2006) - 6 - In Deutschland wurde das in der der „thematischen Strategie“ geforderte Aktions- Programm nach dreijähriger Beratung mit Experten des Bundes, der Länder, wissenschaftlicher Einrichtungen und den Interessenvertretungen der Anwender und der Industrie im Jahr 2005 unter dem Namen „Reduktionsprogramm chemischer Pflanzenschutz auf den Weg gebracht. Eine der vorgeschlagenen 19 Maßnahmen besteht aus der Einführung der „schlagbezogenen Dokumentation“. Mit der Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes soll nunmehr in diesem Punkt Rechtsverbindlichkeit hergestellt werden, die mit der Erwähnung in der „Guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz“ noch nicht gegeben war. 3. Aufzeichnungspflichten aufgrund bestehender Fachvorschriften Die Verordnung EG/852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über Lebensmittelhygiene10 und die Verordnung EG/183/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften über die Futtermittelhygiene11 schreiben u. a. vor, dass neben Lebensmittelunternehmen, die Pflanzenerzeugnisse ernten oder erzeugen auch Futtermittelunternehmen über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden Buch führen müssen. Allerdings ist die Verpflichtung nicht flächenbezogen. Sie beschränkt sich auf die Betriebseinheit, da es im Sinne der Rückverfolgbarkeit und zur Klärung evtl. Haftungsfragen ausreichend ist, die betreffenden Anwenderbetriebe zu identifizieren. Eine zusätzliche, flächenspezifische Erfassung ist dagegen in Verbindung mit Belangen des Naturschutzes und der Reinhaltung von Gewässern sinnvoll, da hier die Nachbarschaft oder Entfernung zu schutzwürdigen Objekten von ausschlaggebender Bedeutung sein kann. Im Fachrecht zur Anwendung von Düngemitteln wurden mit der am 1. Oktober 2006 in Kraft getretenen Novelle der Düngeverordnung (DüV) Aufzeichnungspflichten fest- 10 ABl. L 139/1, 29.04.2004 11 ABl. L 35/5, 08.02.2005 aus: „Reduktionsprogramm chemischer Pflanzenschutz“ BMELV, 2005 www.bba.de/mitteil/aktuelles/forumpfs/redprgchempfs.pdf - 7 - gelegt, deren Nichtbeachtung als Ordnungswidrigkeit mit einer Verwarnung oder mit einem Bußgeld geahndet werden und ggf. Prämienkürzungen im Rahmen des „Cross Compliance“ nach sich ziehen können. Laut DüV sind spätestens bis zum 31. März des Folgejahres die Nährstoffgehalte der Böden, die Nährstoffgehalte der organischen Düngemittel einschließlich der verwendeten Verfahren, die Ausgangsdaten und die Ergebnisse der Nährstoffvergleiche, der Schlag, auf dem die Stoffe ausgebracht wurden (Bezeichnung, Größe des Flurstücks, angebaute Kultur), sowie Art und Menge des zugeführten Stoffes und das Datum der Ausbringung aufzuzeichnen. Nach § 2a Abs. 1 des bisherigen PflSchG darf Pflanzenschutz nur nach „guter fachlicher Praxis“12 durchgeführt werden. Diese ist gesetzliche Vorschrift und damit rechtlich verbindlich. Allerdings sind die Grundsätze selbst (noch) nicht bußgeldbewehrt. Erst wenn die zuständige Behörde im Einzelfall bestimmte Maßnahmen anordnet, würde ein erneuter Verstoß als Ordnungswidrigkeit verfolgt. Als Mindestforderung im Hinblick auf die Dokumentation der Anwendung nennt der Wortlaut der „guten fachlichen Praxis“ in der geltenden Fassung auch die „Bezeichnung des Anwendungsortes (z. B. Schlag, Bewirtschaftungseinheit, behandelte Fläche)“13 Hier ist also bislang eine gewisse Wahlfreiheit des Anwenders gegeben, die mit der Formulierung des NatSchG (schlagspezifische Dokumentation nach Maßgabe des Fachrechts) a priori nicht harmoniert. Die Cross Compliance - Broschüre des BMELV14 von 2006 führt aus, es sei „nunmehr klargestellt, dass zur guten fachlichen Praxis gehört, die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zu dokumentieren. Soweit Schläge vorliegen, hat dies schlagspezifisch zu geschehen. Damit wird die in § 5 des Bundesnaturschutzgesetzes verankerte Forderung nach einer schlagspezifischen Dokumentation über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechts umgesetzt und spezifiziert“ Die Praxis bei den für die Kontrollen zuständigen unteren Behörden der Länder folgt dem offenbar nur in Teilen. Die in den Erläuterungen der Landwirtschaftskammer NRW zu Cross Compliance für das Wirtschaftsjahr 2007 enthaltene Klarstellung, wonach für Betriebe die größer sind als 8 ha schlagspezifisch aufgezeichnet werden muss15, bildet 12 Grundsätze für die Durchführung der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz, Text gemäß Bekanntmachung vom 9. Februar 2005 im Bundesanzeiger Nr. 58a vom 24. März 2005 13 Schlag ist eine einheitlich bewirtschaftete, räumlich zusammenhängende und mit der gleichen Pflanzenart, bei Gemengen und Grünland den gleichen Pflanzenarten bestellte Fläche Bewirtschaftungseinheit wird definiert als a) mehrere Schläge oder andere Flächeneinheiten mit einer Fläche von bis zu insgesamt acht Hektar, b) Reviere, Abteilungen oder Teilflächen im Forst. 14 Gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz. Grundsätze für die Durchführung, 2006 15 http://www.landwirtschaftskammer.de/fachangebot/ackerbau/pflanzenschutz/fachliche-praxis.htm - 8 - die Ausnahme. In der Regel beschränken sich die entsprechenden Erläuterungen und Hilfestellungen der Landesregierungen auf Check-Listen (vollständig ausgefüllt? ja/nein) und verweisen im Übrigen auf die Zuständigkeit der unteren Fachbehörden für die Definition der Anforderungen im Einzelnen. 4. Auswirkungen der Novelle Der Protest gegen die Novellierung richtet sich im Kern gegen die Einführung einer schlagspezifischen Dokumentation, wie sie aus dem NatSchG ableitbar ist. Jedoch sieht der Entwurf des neuen PflSchG die Heranziehung der vor allem in Süddeutschland oft recht kleinen – und damit in der Erfassung relativ aufwendigen - Schläge als Grundeinheit nicht zwingend vor. Die Wahl des Terminus „Anwendungsfläche“ lässt vielmehr Raum für Durchführungsverordnungen auf Länderebene, in denen etwa gleichartige Anwendungen für mehrere Schläge zusammengefasst bzw. nach Bewirtschaftungseinheiten dokumentiert werden. In der Begründung der Gesetzesvorlage werden die durch die verfeinerte Dokumentationspflicht entstehenden Kosten für landwirtschaftliche Betriebe – basierend auf einem Stundenlohn von 22 EURO - auf Beträge zwischen 92,08 und 184,16 EURO16 p. a. geschätzt . Die dort formulierte Vermutung, dass es sich bei den auf die landwirtschaftlichen Betriebe zukommenden Zusatzkosten der Erfassung um „Sowieso-Kosten“ handele , da die Erhebung der Daten auch in anderen betrieblichen Zusammenhängen nützlich und geübt sei, liegt aufgrund der Analogien zum Düngemittelrecht nahe. Jedoch fehlen Erkenntnisse zur Praxis, die offenbar – je nach Auslegung der unteren Fachbehörden – stark differiert. Die Dokumentationspflichten im Rahmen der Lebens- und Futtermittelsicherheit geben lediglich eine gesamtbetriebliche Erfassung vor. Dagegen sind viele Betriebe in Agrarumweltmaßnahmen und Programme der ländlichen Entwicklung eingebunden, die eine Erfassung nach Schlägen erfordern. Dennoch ist davon auszugehen, dass die verfeinerte Dokumentation für viele Betriebe, speziell in der von kleinteiligen Strukturen geprägten süddeutschen Region eine Erschwernis bedeutet. Das Argument einer Benachteiligung im Wettbewerb mit Betrieben in anderen Mitgliedstaaten trägt so nicht. Die Umlegung der geschätzten Kosten auf die Produktion ergibt keine preisrelevanten Größenordnungen. Auch entspricht die offenbar aus der Situation des Jahres 2001 übertragene Behauptung, kein anderes EU-Land praktiziere eine flächenbezogene Anwendungsstatistik, nicht den aktuellen Gegebenheiten. 16 Drs. 16/6386, S.11 - 9 - Der gegen die geplante Ausgestaltung der Dokumentationspflicht vorgetragene Protest ist damit vor allem vor dem Hintergrund der seit Jahren vorgetragenen Forderung nach einer generellen Entbürokratisierung und in diesem Zusammenhang mit einer Vielzahl anderer, durch die Weiterentwicklung der GAP hinzugekommenen Regularien zu verstehen. 5. Reduktionsprogramme und Dokumentationsvorschriften in anderen Mitgliedstaaten der EU 5.1. Reduktionsprogramme Neben Deutschland haben 10 Mitgliedsstaaten (Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland , Frankreich, Griechenland, Ungarn, Niederlande, Schweden, Vereinigtes Königreich ) Reduktionsprogramme – entsprechend den von der Kommission geforderten Aktionsprogrammen –auf den Weg gebracht17. Die Dokumentationspflicht ist ein Teil dieser Programme, wird aber bislang noch in unterschiedlicher Weise ausgelegt. Auch sind in einigen Ländern die entsprechenden Vorschriften bislang noch nicht in Kraft getreten So sieht z.B. Finnland ein breit gefächertes System vor, das in seinen Anforderungen über das novellierte PflSchG hinausgeht, derzeit aber noch in der Erprobungsphase ist. In Frankreich ist die Aufzeichnung nach Bewirtschaftungseinheiten oder nach Schlägen bereits Praxis im Rahmen der „Cross Compliance“. In Belgien wird derzeit ein Monitoring-System entwickelt. In anderen Ländern wird die Fortentwicklung des Dokumentationssystems im Reduktionsprogramm nicht eigens erwähnt, sei es, weil bereits einschlägige Vorschriften vorhanden sind, sei es, weil die Ergebnisse des Diskussionsprozesses zur oben erwähnten Statistikverordnung abgewartet werden sollen. 5.2. Dokumentationsvorschriften18 Ähnlich wie in Deutschland liegt in den meisten EU-Mitgliedstaaten die Kompetenz für die Anforderungen an die Dokumentation und die Kontrolle in der Kompetenz der unte- 17 siehe Zusammenstellung (Stand 2006) in der Anlage 18 Aus Zeitgründen konnten nur die über die Internet-Recherche zugänglichen Beispiele dokumentiert werden. - 10 - ren Fachbehörden und wird unterschiedlich gehandhabt. Ein komplettes Bild der gängigen Praxis lässt sich an dieser Stelle nicht herstellen. Nachfolgend sind deshalb einige wenige Beispiele dokumentiert, die vor allem die Uneinheitlichkeit der Handhabung deutlich machen. 2007 hat das Agrarministerium des Vereinigten Königreich Großbritannien mit Blick auf die Verpflichtungen im Rahmen der Cross Compliance den „Code of Practice for using PPP“ in Kraft gesetzt. Die Mustervorlage enthält eine Rubrik, in der der behandelnde Schlag einzutragen ist. Allerdings hat der Anwender, die Möglichkeit, dies zu unterlassen, wenn es den Gegebenheiten des Betriebs nicht entspricht. In Österreich muss seit Januar 2007 im Rahmen der Lebensmittelsicherheit die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln aufgezeichnet werden. Die Kontrolle erfolgt im Rahmen der Cross Compliance-Kontrollen durch die AMA. Für die Aufzeichnung besteht keine spezielle Formvorschrift, sie kann auf Ackerschlagkarteien, im Spritztagebuch oder auch elektronisch erfolgen. Die Aufzeichnungen für die CC-Kontrolle sind sieben Jahre aufzubewahren. Bei der Teilnahme an ÖPUL-2007-Maßnahmen, bei denen der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erlaubt ist (z.B. die Maßnahme „Umweltgerechte Bewirtschaftung von Acker- und Grünland“) beträgt die Aufbewahrungsfrist zehn Jahre. Pflanzenschutzmittel können gemeinsam mit den im Betrieb angewendeten Bioziden aufgezeichnet werden. Die in Österreich geltenden Gesetze für den Bereich Pflanzenschutz und Lebensmittelsicherheit muss auch der Landwirt einhalten, der nicht am ÖPUL teilnimmt oder keine Betriebsprämie oder Ausgleichzulage beantragt. In Spanien setzt sich die Anwendungsdokumentation aus einem Spritztagebuch und einem Betriebstableau mit Parzellenverzeichnis zusammen. Aus dem Spritztagebuch kann auf den Verbrauch pro Parzelle und die Plausibilität der übrigen Angaben geschlossen werden. Die Dokumentationpflichten in Frankreich entsprechen in etwa dem Regelungsinhalt der deutschen Gesetzesnovelle. Mit Wirkung vom 1. Januar 2007 wurde die flächenspezifische Anwendungsdokumentation eingeführt, die Grundlage sowohl für Lebensund Futtermittelsicherheitssysteme als auch für die Kontrolle der Auflagen im Rahmen der Cross Compliance ist. Die flächenmäßige Erfassung kann alternativ auf Basis der Schlageinteilung oder der sog. „îlots PAC“ erfolgen19. Die „îlots PAC“ lassen sich am ehesten mit den in Deutschland gebräuchlichen Bewirtschaftungseinheiten vergleichen. Sie sind jedoch eigens zum Zweck der Zumessung der Direktzahlungen und der Betriebsprämien für besondere Bewirtschaftungsweisen gebildet worden. Die Kopplung 19 Die îlots PAC sind ähnlich den deutschen Bewirtschaftungseinheiten (jedoch ohne Begrenzung auf 8 ha) definiert. Sie werden bei Beantragung von Direktzahlungen festgelegt und sind Bemessungsgrundlage für alle Bewirtschaftungsprämien im Rahmen der GAP (frz. PAC) - 11 - mit den Cross Compliance Kontrollen hat zur Folge, dass die gängige Praxis in Frankreich höhere Anforderungen stellt, als dies in der Novellierung des PflSchG vorgesehen ist. Verstöße gegen die Dokumentationspflicht werden automatisch mit Abschlägen auf die Direktzahlungen sanktioniert.