© 2020 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 007/20 Planungsverfahren beim Ausbau von Höchstspannungsnetzen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 007/20 Seite 2 Planungsverfahren beim Ausbau von Höchstspannungsnetzen Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 007/20 Abschluss der Arbeit: 29.01.2020 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 007/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Allgemeines 4 3. Planungsverfahren 5 3.1. Szenariorahmen 5 3.2. Netzentwicklungsplan und Umweltbericht 5 3.3. Bundesbedarfsplan 6 3.4. Bundesfachplanung oder Raumordnungsverfahren 6 3.5. Planfeststellungsverfahren 6 4. Bau und Inbetriebnahme 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 007/20 Seite 4 1. Einleitung Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages sind nach dem Ablauf des Verfahrens beim Ausbau von Höchstspannungsnetzen gefragt worden. 2. Allgemeines Bei den Höchstspannungsnetzen handelt es sich um Übertragungsnetze, die den Strom großflächig und über weite Entfernungen innerhalb des Landes verteilen. Diese werden von den vier Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) (50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW) betrieben. Damit obliegt ihnen auch der Ausbau dieser Netze.1 Die Verpflichtung, die Übertragungsnetze bei Notwendigkeit auszubauen, ergibt sich aus dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)2. Um den erforderlichen Netzausbau zu beschleunigen, wurde im Jahr 2011 das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG)3 verabschiedet.4 Das Verfahren zum Ausbau der Übertragungsnetze erfolgt nun koordiniert von allen ÜNB gemeinsam . Deren anfängliche private Planung wird im weiteren Verlauf in eine staatliche Planung überführt.5 Die rechtlichen Vorschriften zum Netzausbau von Höchstspannungsleitungen finden sich in mehreren Gesetzen. Die wichtigsten sind6: Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) Gesetz über den Bundesbedarfsplan (BBPlG) 1 Vgl. Bundesnetzagentur, Plattform netzausbau, Die Rolle der Bundesnetzagentur, Link: https://www.netzausbau.de/wissenswertes/akteure/de.html. Die zitierten Links wurden zuletzt am 29.01.2020 abgerufen. 2 Energiewirtschaftsgesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 5. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2002) geändert worden ist, Link: https://www.gesetze-im-internet.de/enwg_2005/BJNR197010005.html. 3 Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S. 1690), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 13. Mai 2019 (BGBl. I S. 706) geändert worden ist, Link: https://www.gesetze-im-internet.de/nabeg/BJNR169010011.html. 4 Vgl. Bundesnetzagentur, Ausbau der Höchstspannungsnetze, Link: https://www.bundesnetzagentur .de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Verbraucher/Netzausbau/netzausbau-node.html. 5 Vgl. Kober, in: Danner/Theobald, Energierecht, EnWG, Werkstand: 102. EL August 2019, Vorbemerkung §§12a – 12g, Rn. 5. 6 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Rahmenbedingungen für den Netzausbau, Link: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Energie/stromnetze-und-netzausbau-regulierung-rahmenbedingungen .html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 007/20 Seite 5 Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen (EnLAG) 3. Planungsverfahren Das gesamte Planungsverfahren kann in mehrere Schritte gegliedert werden. 3.1. Szenariorahmen Das EnWG verpflichtet die ÜNB, jedes gerade Kalenderjahr einen Szenariorahmen zu erstellen. In diesem wird analysiert und begutachtet, wo wieviel Strom in den nächsten 10 bis 15 Jahren benötigt wird und wie sich die Energielandschaft entwickeln wird. Der Szenariorahmen soll jeweils drei Szenarien beinhalten und wird der Bundesnetzagentur (BNetzA), der Regulierungsbehörde , zur Genehmigung vorgelegt. Zu einem der Szenarien ist als zweiter Teil die Entwicklung der nächsten 15 bis 20 Jahre zu prognostizieren. Bereits in dieser frühen Planungsphase wird die Öffentlichkeit miteinbezogen. Träger öffentlicher Belange, Netznutzer, nachgelagerte Netzbetreiber und andere durch das Vorhaben Betroffene haben die Möglichkeit, sich zu äußern.7 3.2. Netzentwicklungsplan und Umweltbericht Im nächsten Schritt erarbeiten die ÜNB auf Grundlage des genehmigten Szenariorahmens einen Netzentwicklungsplan. Dieser enthält alle erforderlichen Maßnahmen, um den zukünftigen Energiebedarf zu sichern. Dabei gehen sie nach dem sogenannten NOVA-Prinzip vor. Das bedeutet, die Möglichkeit der Netzoptimierung hat Vorrang vor der Netzverstärkung, diese wiederum Vorrang vor dem Netzausbau hat. Sollte dennoch ein Ausbau erforderlich sein, so werden im Netzentwicklungsplan Anfang und Ende der geplanten Leitung bestimmt, noch nicht jedoch der konkrete Verlauf.8 Der Netzentwicklungsplan wird sodann zur öffentlichen Konsultation veröffentlicht. Bei Bedarf wird er danach noch angepasst und anschließend ebenfalls der BNetzA zur Prüfung vorgelegt. Bei der Planung sind bereits früh Umweltbelange zu berücksichtigen. Das EnWG verlangt daher eine strategische Umweltprüfung (SUP). In der SUP wird untersucht, welche Folgen das geplante Vorhaben für Menschen, Tiere und Umwelt haben könnte. Die Ergebnisse werden in einem Umweltbericht festgehalten. Dieser wird gemeinsam mit dem Netzentwicklungsplan erneut zur Konsultation veröffentlicht.9 7 Vgl. Bundesnetzagentur, Plattform netzausbau, Szenarien der Energieversorgung, Link: https://www.netzausbau.de/5schritte/szenariorahmen/de.html. 8 Vgl. Bundesnetzagentur, Plattform netzausbau, Netzentwicklungsplan und Umweltbericht, Link: https://www.netzausbau.de/5schritte/nep-ub/de.html. 9 Vgl. Bundesnetzagentur, Plattform netzausbau, Netzentwicklungsplan und Umweltbericht, Link: https://www.netzausbau.de/5schritte/nep-ub/de.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 007/20 Seite 6 3.3. Bundesbedarfsplan Die BNetzA legt den Netzentwicklungsplan zusammen mit dem Umweltbericht der Bundesregierung vor. Diese nutzt ihn, um mindestens alle vier Jahre einen Bundesbedarfsplan zu entwickeln und ihn dem Bundestag vorzulegen. Der Bundesbedarfsplan enthält alle künftigen Höchstspannungsleitungen . Mit dem Bundesbedarfsplangesetz wird zum einen festgelegt, wo neue Höchstspannungsleitungen gebaut werden sollen. Zum anderen bestimmt es aber auch, dass die Vorhaben aus Gründen eines überragenden öffentlichen Interesses und im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich sind. Letzteres muss dann im weiteren Verwaltungsverfahren nicht mehr geprüft werden.10 3.4. Bundesfachplanung oder Raumordnungsverfahren Nach Erlass des Bundesbedarfsplangesetzes geht es im nächsten Schritt darum, den Verlauf der Trassen zu bestimmen. Dazu werden Trassenkorridore bestimmt. Bei diesen handelt es sich um bis zu 1000 Meter breite Gebietsstreifen, in denen die Leitungen verlaufen sollen. Der zuständige Netzbetreiber schlägt im Rahmen eines Antrags einen Trassenkorridor sowie Alternativen vor. Bei der Bestimmung der Korridore müssen sowohl wirtschaftliche und finanzielle Belange als auch Aspekte der Umwelt und der ansässigen Menschen berücksichtigt werden. Soweit das Vorhaben nur ein Bundesland betrifft, ist eine Landesbehörde für das weitere Verfahren zuständig. Sie führt dann in der Regel ein Raumordnungsverfahren durch. Ist das Vorhaben jedoch Bundesländer übergreifend, so ist die BNetzA zuständig, die nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz regelmäßig eine Bundesfachplanung vornimmt. In der Bundesfachplanung wird ein für das spätere Planfeststellungsverfahren verbindlicher Trassenkorridor festgelegt. Dies soll für eine Beschleunigung des gesamten Verfahrens sorgen.11 Im Rahmen der Bundesfachplanung finden Gespräche und Konferenzen mit Vereinigungen und Trägern öffentlicher Belange sowie mit Bürgern statt. Des Weiteren findet bei der Bundesfachplanung und auch dem Raumordnungsverfahren eine Raumverträglichkeitsprüfung statt. 3.5. Planfeststellungsverfahren Gemäß § 43 Abs.1 EnWG ist beim Bau eines Hochspannungsnetzes die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens erforderlich. Dabei handelt es sich um ein verwaltungsverfahren, an dessen Ende ein Planfeststellungsbeschluss steht. Dieser stellt einen Verwaltungsakt dar und ist vergleichbar mit einer Baugenehmigung. Das Planfeststellungsverfahren ist allgemein in den 10 Vgl. Bundesnetzagentur, Plattform netzausbau, Ein verbindlicher Bundesbedarfsplan, Link: https://www.netzausbau.de/5schritte/bundesbedarfsplan/de.html. 11 Vgl. Bundesnetzagentur, Plattform netzausbau, Bundesfachplanung oder Raumordnungsverfahren, Link: https://www.netzausbau.de/5schritte/bundesfachplanung/de.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 007/20 Seite 7 §§72 ff. VwVfG12 geregelt. Zuständig für die Durchführung des Verfahrens ist entweder die BNetzA oder eine entsprechende Landesbehörde. Eingeleitet wird es durch einen Antrag des Vorhabenträgers . Dieser muss nun einen Vorschlag für einen konkreten Verlauf der Trasse samt Alternativmöglichkeiten sowie Angaben über die voraussichtlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt beinhalten.13 Es folgt erneut eine Antragskonferenz mit den Trägern öffentlicher Belange sowie den Vereinigungen und Verbänden. Im Rahmen einer erneuten Umweltverträglichkeitsprüfung werden nun Umweltbelange anhand des feststehenden konkreten Verlaufs der Leitungen geprüft. Am Ende des Verfahrens erlässt die Behörde, wenn das Vorhaben aus ihrer Sicht alle rechtlichen Vorschriften einhält, den Planfeststellungsbeschluss.14 Damit ist das Planungs- und Genehmigungsverfahren abgeschlossen. Die Grundstückseigentümer, die durch den konkreten Verlauf der Trasse betroffen sind, erhalten eine einmalige Entschädigung von den Übertragungsnetzbetreibern. Dazu wird i.d.R. ein Vertrag zwischen dem Vorhabenträger und dem Eigentümer geschlossen, der auch die Eintragung einer Dienstbarkeit zu Gunsten des Vorhabenträgers enthält. Die Höhe der Entschädigung hängt dabei von den tatsächlichen Einschränkungen ab.15 4. Bau und Inbetriebnahme Wie lange es braucht, bis ein geplantes Stromnetz gebaut und letztlich in Betrieb genommen werden kann, hängt von mehreren Faktoren ab. Eine Aussage darüber lässt sich daher nur schwer treffen. Neben den örtlichen Gegebenheiten ist mitentscheidend, ob die Leitung mittels Erdkabel oder Freileitung verlegt wird. *** 12 Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 25 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846) geändert worden ist, Link: https://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/BJNR012530976.html#BJNR012530976BJNG001302301. 13 Vgl. Bundesnetzagentur, Publikation, Hinweise für die Planfeststellung, S. 2, vorgeschalteter Link: https://www.netzausbau.de/SharedDocs/Downloads/DE/2019/Eingriffsregelung/Hinweise_Planfeststellung _2018.html. 14 Vgl. Bundesnetzagentur, Plattform netzausbau, Festlegung des exakten Leitungsverlaufs im Planfeststellungsverfahren , Link: https://www.netzausbau.de/5schritte/planfeststellung/de.html. 15 Vgl. Bundesnetzagentur, Plattform netzausbau, Broschüre, Fragen und Antworten zur Entschädigung, abrufbar unter folgendem Link: https://www.netzausbau.de/mediathek/publikationen/de.html.