© 2016 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 005/16 Gegenstand und Verhältnis der rechtlichen Vorgaben des Bundesberggesetzes und des Wasserhaushaltsgesetzes bei Lavaabbauvorhaben Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 005/16 Seite 2 Gegenstand und Verhältnis der rechtlichen Vorgaben des Bundesberggesetzes und des Wasserhaushaltsgesetzes bei Lavaabbauvorhaben Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 005/16 Abschluss der Arbeit: 11. Februar 2016 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Technologie; Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Tourismus Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 005/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Grundzüge des Bergrechts für Vorhaben zum Lavaabbau unter Berücksichtigung wasserrechtlicher Vorgaben 4 2.1. Anwendungsbereich des BBergG für Vorhaben zum Lavaabbau 5 2.2. Entbehrlichkeit eines bergrechtlichen Konzessionsverfahrens bei Vorhaben zum Lavaabbau 5 2.3. Betriebsgenehmigungsverfahren für Vorhaben zum Lavaabbau 6 2.3.1. Obligatorische Rahmenbetriebspläne 7 2.3.2. Sonstige Betriebspläne 8 2.3.2.1. Berücksichtigung von Umweltbelangen aufgrund von § 55 Abs. 1 BBergG 8 2.3.2.2. Berücksichtigung von Umweltbelangen aufgrund von § 48 Abs. 2 BBergG 9 2.3.2.3. Sonstige eventuell maßgebliche materiell-rechtliche Vorschriften 10 2.3.2.4. Verfahrensrechtliche Vorgaben nach WHG 10 3. Ergebnis 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 005/16 Seite 4 1. Einleitung Mit dem vorliegenden Sachstand sollen Fragen beantwortet werden, die im Wesentlichen das Verhältnis zwischen den Regelungen des Bundesberggesetzes (BBergG)1 und den wasserrechtlichen Vorgaben nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG)2 betreffen. Zu klären ist, ob es einen rechtlichen Grundsatz gibt, wonach bergrechtlichen Bestimmungen stets ein Vorrang vor wasserrechtlichen Normen zukommt. Weiterhin wird gefragt, wie ein solcher Vorrang gesetzlich zu verankern wäre und ob mit einer Änderung des Bergrechts der Abbau bestimmter Bodenschätze wirksam verhindert bzw. begrenzt werden könnte. Den tatsächlichen Hintergrund bilden bestimmte Vorhaben zum Abbau von Lava in der Eifel. Zur Beantwortung der Fragen werden vor diesem tatsächlichen Hintergrund nachfolgend die wesentlichen Grundzüge der rechtlichen Vorgaben des Bundesberggesetzes überblicksartig erläutert (2.). In diesem Zusammenhang wird auch auf die Regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes, auf deren Bedeutung für die durchzuführenden bergrechtlichen Verwaltungsverfahren und somit auf das Verhältnis von berg- und wasserrechtlichen Regelungen eingegangen. Die maßgeblichen rechtlichen Vorgaben werden jedoch nur insoweit dargestellt, wie es zur Beantwortung der Fragen erforderlich ist. Insofern enthält die vorliegende Arbeit keine abschließende Darstellung sämtlicher bundesrechtlicher Regelungen des Berg- und Wasserrechts, die für die Zulassung konkreter Lavaabbauvorhaben von Bedeutung sein können. Hinzu kommt des Weiteren, dass je nach Bundesland, in dem ein konkretes Abbauvorhaben realisiert werden soll, und je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls bestimmte landesrechtliche Vorschriften bei der Zulässigkeitsprüfung zu beachten sind. Ob und inwiefern derartige Landesregelungen für das Lavaabbauvorhaben , das den zu beantwortenden Fragen zu Grunde liegt, einschlägig sind, ist ebenfalls nicht Gegenstand der Darstellung. Die eigentlichen Fragen werden im Anschluss beantwortet (3.). 2. Grundzüge des Bergrechts für Vorhaben zum Lavaabbau unter Berücksichtigung wasserrechtlicher Vorgaben Nachfolgend werden die Grundzüge des Bergrechts erläutert, die für Vorhaben zum Lavaabbau grundsätzlich von Bedeutung sind. Dabei werden die maßgeblichen bergrechtlichen Verfahren und die in diesem Zusammenhang wesentlichen materiell-rechtlichen Regelungen3 dargelegt. Insbesondere wird auf die Bedeutung wasserrechtlicher Vorgaben eingegangen. 1 Bundesberggesetz vom 13.08.1980, BGBl. I S. 1310; zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.08.2015, BGBl. I S. 1474. 2 Wasserhaushaltsgesetz vom 31.07.2009, BGBl. I S. 2585; zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.08.2015, BGBl. I S. 1474. 3 Während der Begriff des sog. formellen Rechts im Wesentlichen die gesamten Regelungen für die Durchführung der Verwaltungsverfahren beschreibt, umfasst der Begriff des sog. materiellen Rechts alle konkreten gesetzlichen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der Antrag auf Erlass der behördlichen Entscheidung positiv beschieden werden kann. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 005/16 Seite 5 2.1. Anwendungsbereich des BBergG für Vorhaben zum Lavaabbau Nach § 1 BBergG dient das Gesetz vor allem dem Ziel, die deutsche Rohstoffversorgung sicherzustellen .4 Dabei regelt das Bundesberggesetz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BBergG u.a. das Aufsuchen und Gewinnen von bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen. Der Lavaabbau fällt daher überhaupt nur in den Anwendungsbereich des Bundesberggesetzes, wenn Lava als bergfreier oder grundeigener Bodenschatz im Sinne des Gesetzes gilt. Als bergfreie Bodenschätze gelten die in § 3 Abs. 3 BBergG genannten Rohstoffe wie etwa Eisen, Gold, Erdgas und Kohle. Der Begriff der grundeigenen Bodenschätze ist in § 3 Abs. 4 BBergG legaldefiniert. Danach ist insbesondere Basaltlava mit Ausnahme des Säulenbasalts ein grundeigener Bodenschatz (§ 3 Abs. 4 Nr. 1 BBergG). Im vorliegenden Fall geht es um den Lavaabbau in der rheinland-pfälzischen Vulkaneifel. Nach dem Rohstoffsicherungsbericht des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz , Energie und Landesplanung aus dem Jahr 2015 werden in Rheinland-Pfalz Basaltlava und Lavasande (Basaltschlacken) abgebaut.5 Für die weitere Arbeit wird daher davon ausgegangen, dass der Abbau von Basaltlava im Sinne des § 3 Abs. 4 Nr. 1 BBergG den tatsächlichen Hintergrund der zu beantwortenden Fragen darstellt. Insofern ist der Anwendungsbereich des Bundesberggesetzes für den vorliegenden Fall eröffnet und die entsprechenden Regelungen des Bundesberggesetzes für das Aufsuchen und Gewinnen der Basaltlava sind anwendbar. 2.2. Entbehrlichkeit eines bergrechtlichen Konzessionsverfahrens bei Vorhaben zum Lavaabbau Die Unterscheidung zwischen bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen wirkt sich auch auf die Beantwortung der Frage aus, ob für das Aufsuchen und Gewinnen die Durchführung eines bergrechtlichen Berechtigungsverfahrens (Konzessionsverfahren) erforderlich ist. Nach § 6 BBergG gilt dies nur für bergfreie Bodenschätze. Der Grund hierfür ergibt sich aus der Regelung in § 3 Abs. 2 BBergG, wonach grundeigene Bodenschätze im Eigentum des Grundeigentümers stehen. Auf bergfreie Bodenschätze erstreckt sich das Eigentum an einem Grundstück hingegen nicht. Diese Trennung von Grundeigentum und Eigentum an den bergfreien Bodenschätzen führt dazu, dass ein Rechtsinstitut erforderlich ist, das eine Aufsuchung und Gewinnung der bergfreien Bodenschätze unabhängig vom Willen der jeweiligen Grundeigentümer und ohne Rücksicht auf 4 So auch Weller, Herbert/Kullmann, Ulrich (2012). Bundesberggesetz. Kommentar. 1. Auflage. Baden-Baden: Nomos Verlag. 2012. § 1 Rn. 1. 5 Vgl. Rheinland-Pfälzisches Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung (2015). Nachhaltige Rohstoffsicherung in Rheinland-Pfalz. Mainz. September 2015. S. 34. Link: http://www.lgb-rlp.de/einzelansicht +M58bc77b6321.html (letzter Abruf: 11.02.2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 005/16 Seite 6 Grundeigentumsgrenzen ermöglicht.6 Diese Funktion kommt den sog. bergrechtlichen Berechtigungen nach § 6 BBergG zu, die dem Inhaber ein sog. Ausschließlichkeitsrecht gegenüber Dritten verleihen.7 Dieses Ausschließlichkeitsrecht gegenüber Dritten ergibt sich für grundeigene Bodenschätze bereits aus der Eigentümerstellung im Hinblick auf das Grundeigentum. Die Durchführung eines bergrechtlichen Konzessionsverfahrens für das Aufsuchen und Gewinnen von Basaltlava ist daher nicht erforderlich.8 2.3. Betriebsgenehmigungsverfahren für Vorhaben zum Lavaabbau Aus diesem Ausschließlichkeitsrecht des Grundeigentümers folgt jedoch nicht gleichsam die Befugnis des Grundeigentümers, die Basaltlava aufsuchen oder gewinnen zu dürfen. Schließlich besagt dieses Ausschließlichkeitsrecht nichts darüber, ob, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen das Aufsuchen oder Gewinnen von Bodenschätzen mit den maßgeblichen öffentlich -rechtlichen Vorschriften vereinbar ist.9 Der Beginn des Aufsuchens oder Gewinnens von grundeigenen Bodenschätzen wie Basaltlava setzt daher voraus, dass ein sog. Betriebsplan durch den betreffenden Unternehmer aufgestellt und durch die zuständige Landesbehörde in einem Zulassungsverfahren nach den §§ 54 ff. BBergG zugelassen wurde (Betriebsgenehmigungsverfahren).10 Wenngleich das konkrete Prüfprogramm dieses Verfahrens davon abhängt, ob die Zulassung von obligatorischen Rahmenbetriebsplänen oder anderen Betriebsplänen beantragt wurde,11 sind in materiell-rechtlicher Hinsicht gleichwohl die §§ 55, 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG die zentralen Vorschriften.12 Sie enthalten die (zum Teil sehr abstrakten) Voraussetzungen, bei deren Vorliegen der Antragsteller einen Anspruch auf Zulassung des Betriebsplans hat (gebundene Entscheidung).13 Für das Prüfprogramm im Betriebsgenehmigungsverfahren nach den §§ 51 ff. BBergG ist zwischen sog. obligatorischen Rahmenbetriebsplänen und anderen Betriebsplänen zu unterscheiden. 6 So Bundesverwaltungsgericht (1998). Beschluss vom 15.10.1998. Az. 4 B 94-98. Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ). 18. Jahrgang (1999). S. 877. 7 Zu Wirkung einer bergrechtlichen Berechtigung vgl. etwa Seuser, Anna Alexandra (2012). Unkonventionelles Erdgas – Begehrte Ressource mit Unwägbarkeiten. Natur und Recht (NuR), 34. Jahrgang (2012). S. 11. 8 So auch Weller, Herbert/Kullmann, Ulrich (2012). A. a. O. (Fn. 4). § 34 Rn. 1. 9 Vgl. Seuser, Anna Alexandra (2012). A. a. O. (Fn. 7). S. 10; Ludwig, Grit (2012). Umweltaspekte in Verfahren nach dem BBergG. Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR). 23. Jahrgang (2012). S. 150. 10 Vgl. § 51 Abs. 1 BBergG. 11 Vgl. die Darstellung bei Seuser, Anna Alexandra (2012). A. a. O. (Fn. 7). S. 12. 12 So etwa Ludwig, Grit (2012). A. a. O. (Fn. 9). S. 152. 13 Ludwig, Grit (2012). A. a. O. (Fn. 9). S. 152. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 005/16 Seite 7 2.3.1. Obligatorische Rahmenbetriebspläne Nach § 52 Abs. 2a BBergG ist die „Aufstellung eines Rahmenbetriebsplans zu verlangen und für dessen Zulassung ein Planfeststellungsverfahren nach Maßgabe der §§ 57a und 57b durchzuführen , wenn ein Vorhaben nach § 57c einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bedarf.“ Welche Bergbauvorhaben UVP-pflichtig sind, wird durch die UVP-V Bergbau14 geregelt. Ob das den konkreten Fragen zu Grunde liegende Bergbauvorhaben zum Lavaabbau UVP-pflichtig ist, kann nicht abschließend beurteilt werden. Eine UVP-Pflicht nach den Vorgaben der UVP- V Bergbau bestünde aber etwa dann, wenn es sich um ein Vorhaben im Tagebau mit einer Größe der beanspruchten Abbaufläche von 25 ha oder mehr handelt oder wenn das Vorhaben eine nicht lediglich unbedeutende und nicht nur vorübergehende Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer notwendig machen würde (§ 1 Abs. 1 lit. b. UVP- V Bergbau). Nach § 57a Abs. 2 S. 2 BBergG muss der obligatorische Rahmenbetriebsplan die zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhaben auf die Umwelt beschreiben sowie die Maßnahmen darlegen, mit denen erhebliche Beeinträchtigungen der Umwelt vermieden, vermindert bzw. ausgeglichen werden können. Dabei dient das Planfeststellungsverfahren als Trägerverfahren für die UVP im Bergrecht.15 Die Bedeutung des Planfeststellungsverfahrens zur Zulassung des Rahmenbetriebsplans liegt darin , dass der Bergbehörde dadurch ermöglicht wird, die längerfristige Entwicklung des geplanten Betriebs zu überblicken und dafür einen Rahmen abzustecken.16 Eine konkrete Beschreibung und Zulässigkeitsprüfung sämtlicher Details des geplanten Vorhabens findet auf dieser Verfahrensstufe nicht statt. Ein planfestgestellter Rahmenbetriebsplan allein legitimiert daher noch nicht die Errichtung und den Betrieb eines konkreten Vorhabens zum Lavaabbau. Vielmehr sind Errichtung und Betrieb erst gestattet, wenn weitere, auch die Einzelheiten regelnde Betriebspläne wie etwa der Hauptbetriebsplan aufgestellt und zugelassen sind.17 14 Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau) vom 13.07.1990, BGBl. I S. 1420; zuletzt geändert durch Verordnung vom 03.09.2010, BGBl. I S. 1261. 15 So Ludwig, Grit (2012). a. a. O. (Fn. 9). S. 154. 16 Bundesverwaltungsgericht (1991). Urteil vom 13.12.1991 – 7 C 25/90. Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ). 11. Jahrgang (1992). S. 982. 17 So Weller, Herbert/Kullmann, Ulrich (2012). a. a. O. (Fn. 4). § 52 Rn. 1 m. w. N.; Ludwig, Grit (2012). a. a. O. (Fn. 9). S. 153 f.; Bundesverwaltungsgericht (1991). a. a. O. (Fn. 16). S. 981. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 005/16 Seite 8 2.3.2. Sonstige Betriebspläne Im Verfahren zur Zulassung der sonstigen Betriebspläne18 ist eine UVP nicht durchzuführen.19 Die zentralen Vorschriften, die die Zulassungsvoraussetzungen enthalten, sind in den §§ 55 Abs. 1 sowie § 48 Abs. 2 BBergG enthalten. Zu beachten ist, dass in manchen Bundesländern konkretisierende Vorgaben der zuständigen Landesbergbehörden im Hinblick auf die Prüfung dieser Zulässigkeitskriterien vorhanden sind. Diese Vorgaben sind bei der Durchführung der Betriebsgenehmigungsverfahren zu beachten. 2.3.2.1. Berücksichtigung von Umweltbelangen aufgrund von § 55 Abs. 1 BBergG In § 55 Abs. 1 BBergG werden Umweltbelange nicht ausdrücklich aufgeführt. Sie spielen im Rahmen des § 55 BBergG lediglich in Nr. 6, 7 und 9 eine Rolle.20 Nach Nr. 6 und 7 ist die Zulassung des Betriebsplan zu erteilen, wenn „die anfallenden Abfälle ordnungsgemäß verwendet oder beseitigt werden und die erforderliche Vorsorge zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche in dem nach den Umständen gebotenen Ausmaß getroffen ist“. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG ist die Zulassung des beantragten Betriebsplans zu erteilen, wenn „gemeinschädliche Einwirkungen der Aufsuchung oder Gewinnung nicht zu erwarten sind“. Der Begriff der gemeinschädlichen Einwirkung wird allerdings eher eng ausgelegt.21 So stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der Terminus nicht als Einfallstor für alle öffentlich-rechtlichen Belange fungiert, die der Bergbau berühren kann.22 Dass von einer gemeinschädlichen Einwirkung gesprochen werden kann, setzt voraus, dass ein Schaden in einem solchen Umfang drohen muss, dass er sich auf das Allgemeinwohl auswirkt, also Leben und Gesundheit oder Sachgüter von hohem Wert betrifft.23 Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings Veränderungen der Wasserbeschaffenheit, die die Merkmale einer Gewässerverunreinigung nach dem WHG aufweisen, als eine solche Einwirkung anerkannt. In der betreffenden Gerichtsentscheidung heißt es: 18 Für die Beantwortung der eigentlichen Frage ist aus Sicht des Verfassers die Unterscheidung zwischen fakultativen Rahmenbetriebsplänen sowie zwischen Haupt-, Sonder- und Abschlussbetriebsplänen nicht von Belang und wird daher nicht dargestellt. 19 Ob sich eine UVP-Pflicht für Lavaabbauvorhaben insbesondere aus den Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG vom 24.02.2010 (BGBl. I S. 94); zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.12.2015 (BGBl. I S. 2490)) ergibt, kann dahinstehen, da die UVP zwar dazu dient, die zu erwartenden Umweltauswirkungen eines konkreten Vorhabens zu ermitteln und zu beschreiben. Es dient jedoch nicht dazu, die Frage nach der Zulässigkeit eines konkreten Vorhabens zu beantworten. 20 So Ludwig, Grit (2012). a. a. O. (Fn. 9). S. 152. 21 So Ludwig, Grit (2012). a. a. O. (Fn. 9). S. 152. 22 Bundesverwaltungsgericht (1986). Urteil vom 04.07.1986. Az. 4 C 31/84. Neue Juristische Wochenschrift (NJW). 40. Jahrgang (1987). S. 1714. 23 Ludwig, Grit (2012). a. a. O. (Fn. 9). S. 152 mit Beispielen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 005/16 Seite 9 „Vom Tatbestand des § 55 I Nr. 9 BBergG erfasst werden Gewässerverunreinigungen vielmehr nur dann, wenn die Schwelle der Gemeinwohlbeeinträchtigung überschritten ist. Anhaltspunkte dafür, wann dies der Fall ist bietet das Wasserrecht. Danach umfasst das Wohl der Allgemeinheit insbesondere die Wahrung der durch das Wasserhaushaltsgesetz geschützten wasserwirtschaftlichen Belange. Hierzu gehört ausweislich […] auch die Abwehr von Gewässerverunreinigungen. Als solche stuft das Gesetz erkennbar Einwirkungen ein, durch die dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß schädliche Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Wassers herbeigeführt werden […]. Sind solche Veränderungen zu erwarten, so handelt es sich um eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, die in offenkundiger Parallelität zu § 55 I Nr. 9 BBergG nach [den maßgeblichen Vorgaben des WHG] einen Versagungsgrund darstellt. […] Weder genügt es, dass ein Schadenseintritt abstrakt möglich erscheint oder zu besorgen ist, noch bedarf es des Nachweises einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit oder einer konkreten Gefahr im ordnungsbehördlichen Sinne. Vielmehr sind Gemeinwohlbeeinträchtigungen i. S. [der maßgeblichen Vorgaben des WHG] ebenso wie gemeinschädliche Einwirkungen i. S. des § 55 I Nr. 9 BBergG dann zu erwarten, wenn sie bei normalem Geschehensablauf nach allgemeiner Lebenserfahrung wahrscheinlich und ihrer Natur nach vorhersehbar sind.“24 2.3.2.2. Berücksichtigung von Umweltbelangen aufgrund von § 48 Abs. 2 BBergG Neben den Regelungen in § 55 Abs. 1 BBergG kommen Umweltbelange nach ständiger Rechtsprechung über § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG zum Zuge.25 Nach dieser Vorschrift kann „unbeschadet anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften, die für die Zulassung von Betriebsplänen zuständige Behörde eine Aufsuchung oder eine Gewinnung beschränken oder untersagen, soweit ihr überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.“ Potentiell überwiegende öffentliche Interessen können je nach den Umständen des konkreten Einzelfalls neben dem Raumordnungs- und dem Bauplanungsrecht26 auch Wasserrechtsbelange sein, sodass auch die Vorgaben des WHG über § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG beachtet und zwingend umgesetzt werden müssen, wenn das Abbauvorhaben eine Gewässerbenutzung im Sinne des § 9 WHG darstellt.27 Eine solche Benutzung bedarf nach § 8 WHG grundsätzlich der Erlaubnis oder Bewilligung. 24 Bundesverwaltungsgericht (1995). Urteil vom 09.11.1995. Az. 4 C 25/94. Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ). 15. Jahrgang (1996). S. 714. 25 So Attendorn, Thorsten (2011). Fracking – zur Erteilung von Gewinnungsberechtigungen und der Zulassung von Probebohrungen zur Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten. Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR). 22. Jahrgang (2011). S. 567. 26 So Ludwig, Grit (2012). a. a. O. (Fn. 9). S. 152 m. w. N. 27 Vgl. dazu die detaillierte Darstellung der maßgeblichen wasserrechtlichen Regelungen für Fracking-Vorhaben bei Attendorn, Thorsten (2011). A. a. O. (Fn. 25). S. 568 ff.; für wasserrechtliche Vorgaben bei Braunkohleabbauvorhaben vgl. Stevens, Berthold (2012). Bergrechtliche und umweltrechtliche Genehmigungen für Tagebau. Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR). 23. Jahrgang (2012). S. 343 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 005/16 Seite 10 2.3.2.3. Sonstige eventuell maßgebliche materiell-rechtliche Vorschriften Für die Bestimmung des im Hinblick auf ein bestimmtes Vorhaben maßgeblichen materiell-rechtlichen Prüfkatalogs ist daneben zu beachten, dass die Bundesländer ermächtigt sind, bestimmte Regelungen durch zu erlassende Bergverordnungen selbst zu treffen. 2.3.2.4. Verfahrensrechtliche Vorgaben nach WHG Während die Landesbergbehörden grundsätzlich für die Durchführung des jeweiligen Betriebsplanzulassungsverfahrens zuständig sind, ergeben sich für die Fälle, in denen im Betriebsgenehmigungsverfahren auch Vorschriften des WHG zu prüfen sind, einige Besonderheiten: Nach § 19 Abs. 2 WHG entscheidet zwar die Bergbehörde über die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis , wenn der bergrechtliche Betriebsplan die Benutzung von Gewässern vorsieht. Allerdings hat die Bergbehörde diese Entscheidung nach § 19 Abs. 3 WHG im Einvernehmen mit der zuständigen Wasserbehörde zu treffen. Das Einvernehmen setzt voraus, dass eine völlige Willensübereinstimmung zwischen beiden Behörden über Form und Inhalt des wasserrechtlichen Teils der zu ergehenden Entscheidung gegeben sein muss.28 Erteilte die Bergbehörde eine wasserrechtliche Erlaubnis nach WHG ohne Einvernehmen der zuständigen Wasserbehörde, wäre diese Verwaltungsentscheidung rechtswidrig und daher durch ein Verwaltungsgericht aufhebbar.29 3. Ergebnis Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass bergrechtliche Vorhaben in Deutschland mittels komplexer Genehmigungsverfahren zugelassen werden, deren konkrete Prüfprogramme entscheidend von den Umständen der zu beurteilenden Einzelfälle abhängen. Dabei sind neben den Anforderungen des Bundesberggesetzes stets auch die Vorgaben der daneben je nach den konkreten Umständen einschlägigen, öffentlich-rechtlichen Regelungen insbesondere des Umweltrechts und damit auch des Wasserrechts nach WHG zu beachten. Ein rechtlicher Grundsatz, wonach das Bergrecht umweltrechtliche Regelungen wie das Wasserrecht nach WHG stets verdrängt, existiert dabei in Deutschland nicht.30 Ob und wenn ja, wie diese Rechtslage durch formell und materiell verfassungsgemäße Gesetze geändert werden kann, kann mit der vorliegenden Arbeit nicht beantwortet werden. Diese Entscheidung fällt in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers. Neben den sonstigen verfassungsrechtlichen Vorgaben wäre bei einem derartigen gesetzgeberischen Vorgehen in jedem Fall das 28 So Attendorn, Thorsten (2011). A. a. O. (Fn. 25). S. 570 m. w. N.; Seuser, Anna Alexandra (2012). A. a. O. (Fn. 6). S. 17 m. w. N. 29 Seuser, Anna Alexandra (2012). A. a. O. (Fn. 6). S. 17 m. w. N. 30 Ebenso für das Verhältnis von Bergrecht zu Umweltrecht, das als Begriff das Wasserrecht einschließt, bei Braunkohleabbauvorhaben Stevens, Berthold (2012). A. a. O. (Fn. 27). S. 347 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 005/16 Seite 11 Staatsziel des Umweltschutzes zu beachten, welches in Art. 20a Grundgesetz31 normiert ist. Nach dieser Norm schützt der Staat „auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen […] im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“ Ob und wenn ja, wie mit einer Änderung des Bergrechts der Lavaabbau wirksam verhindert bzw. begrenzt werden könnte, kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit ebenfalls nicht geklärt werden . Eine solche Entscheidung obläge wiederum dem Gesetzgeber, der sich dabei an die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Vorgaben halten müsste. ENDE DER BEARBEITUNG 31 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung; zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2014, BGBl. I S. 2438.