© 2019 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 004/19 Verfassungsrechtliche Vorgaben für kommunale Maßnahmen zum Ausbau von Telekommunikationsinfrastruktur Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 004/19 Seite 2 Verfassungsrechtliche Vorgaben für kommunale Maßnahmen zum Ausbau von Telekommunikationsinfrastruktur Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 004/19 Abschluss der Arbeit: 6. Februar 2019 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 004/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Verfassungsrechtliche Vorgaben des Art. 87f Grundgesetz 7 2.1. Gewährleistungsauftrag des Bundes für Telekommunikationsdienstleistungen 8 2.2. Privatwirtschaftliche Erbringung der Dienstleistungen im Wettbewerb 9 2.3. Unmittelbare und mittelbare Verwaltungskompetenzen des Bundes 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 004/19 Seite 4 1. Einleitung Im Rahmen ihrer Digitalen Agenda formulierte die Bundesregierung im Jahr 2014 das Ziel, „dass mittels eines effizienten Technologiemix eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur mit einer Downloadgeschwindigkeit von mind. 50 Mbit/s bis 2018 entsteht. Damit schaffen wir zugleich die Voraussetzung für gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land.“1 Weiter heißt es: „Der Ausbau leitungsgebundener und drahtloser Hochgeschwindigkeitsnetze für die elektronische Kommunikation erfordert beträchtliche Investitionen, von denen ein bedeutender Anteil auf Hoch- und Tiefbauarbeiten entfällt. […] […] Regulierungs- und Kostensenkungsmaßnahmen sind notwendig, um den marktwirtschaftlichen Ausbau zu unterstützen. Gleichwohl werden einzelne Regionen nicht durch den Markt erschlossen . In diesen Regionen sind weite Strecken zurückzulegen, um wenige Haushalte zu erschließen. Hier entwickeln wir Mechanismen, die die Attraktivität der Regionen erhalten und eine hochleistungsfähige Netzausstattung gewährleisten. Dazu gehören effiziente Fördermaßnahmen, die bei technologieoffenen Ausschreibungen den bestehenden Beihilferahmen nutzen.“2 Im Koalitionsvertrag vom 12. März 2018 einigten sich die CDU, CSU sowie die SPD in diesem Zusammenhang auf Folgendes: „An die Weltspitze im Bereich der digitalen Infrastruktur Wir gestalten den Weg in die Gigabit-Gesellschaft mit höchster Priorität. Deshalb wollen wir den flächendeckenden Ausbau mit Gigabit-Netzen bis 2025 erreichen. Wir wollen den Netzinfrastrukturwechsel zur Glasfaser. Unser Ziel lautet: Glasfaser in jeder Region und jeder Gemeinde, möglichst direkt bis zum Haus. Schulen, Gewerbegebiete, soziale Einrichtungen in der Trägerschaft der öffentlichen Hand und Krankenhäuser werden wir bereits in dieser Legislaturperiode direkt an das Glasfasernetz anbinden.“3 1 Bundesregierung (2014). Digitale Agenda 2014-2017. August 2014. S. 9. Link: https://www.bundesregierung .de/breg-de/service/publikationen/digitale-agenda-2014-2017-727138 (letzter Abruf: 06.02.2019). 2 Bundesregierung (2014). Ebd. (Fn. 1). 3 Bundesregierung (2018). Ein neuer Aufbruch für Europa – Eine neue Dynamik für Deutschland – Ein neuer Zusammenhalt für unser Land. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 12.03.2018. 19. Legislaturperiode . S. 71. Link: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/koalitionsvertrag-zwischen-cdu-csu-undspd -195906 (letzter Abruf: 06.02.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 004/19 Seite 5 Das übergeordnete politische Ziel ist somit „superschnelles Internet mit mindestens 1 Gigabit/s in ganz Deutschland bis 2025.“4 Allerdings bremsen ökonomische Erwägungen der Telekommunikationsnetzbetreiber (Netzbetreiber ) den marktgetriebenen weiteren Ausbau der erforderlichen Telekommunikationsinfrastrukturen vor allem in ländlichen Regionen. Aus der Sicht der Netzbetreiber lässt sich der Ausbau betriebswirtschaftlich nicht darstellen: Die hohen Kosten für die Errichtung der Netzinfrastruktur würden durch die Zahl der zu erwartenden Anschlüsse kaum kompensiert und der Betrieb des Netzes wäre in vollem Umfang defizitär.5 Zwar unterstützt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) seit 2015 Kommunen und Landkreise in unterversorgten Gebieten, in denen kein privatwirtschaftlicher Netzausbau zu erwarten ist, mit dem Bundesförderprogramm für den Breitbandausbau.6 Und zahlreiche Praxisbeispiele, die die Bedeutung der Kommunen in Deutschland und deren Handlungsmöglichkeiten zum Gegenstand haben,7 zeigen positive Entwicklungen in diesem Zusammenhang auf.8 Der Ruf nach staatlichen Zwangsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Ausbau von Telekommunikationsinfrastruktur für die Breitbandversorgung insbesondere im ländlichen Raum wird gleichwohl immer lauter.9 4 So die Informationen auf der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Link: https://www.bmvi.de/DE/Themen/Digitales/Breitbandausbau/Breitband-kompakt/breitband-kompakt .html (letzter Abruf: 06.02.2019). 5 So Bary, Tarek-Leander (2014). Kommunaler Netzausbau in der Telekommunikation. Diss. 2014. Hamburg: Verlag Dr. Kovać. S. 24 f. m. w. N.; Reents, Reent Ricklef (2016). Ausbau und Finanzierung einer flächendeckenden Breitbandversorgung in Deutschland. Diss. 2016. Tübingen: Mohr Siebeck. S. 294 ff. m. w. N. 6 Informationen dazu finden sich auf den entsprechenden Internetseiten des BMVI. Link: https://www.bmvi.de/DE/Themen/Digitales/Breitbandausbau/Breitband-kompakt/breitband-kompakt.html sowie https://www.bmvi.de/DE/Themen/Digitales/Breitbandausbau/Breitbandfoerderung/breitbandfoerderung .html (letzter Abruf: 06.02.2019). 7 Grundsätzlich dazu vgl. Wernick, Christian/Bender, Christian (2016). Die Rolle der Kommunen beim Breitbandausbau im ländlichen Raum aus ökonomischer Sicht. Studie der WIK – Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH vom 21.01.2016. Link: https://www.wik.org/index.php?id=825 (letzter Abruf: 06.02.2019). 8 Dazu atene KOM GmbH (2017). Kommunales Engagement im Breitbandausbau – Beispiele für erfolgreiches Handeln. Informationsbroschüre des Breitbandbüros des Bundes im Auftrag des BMVI. Oktober 2017. Link: https://breitbandbuero.de/wp-content/uploads/2017/11/171106_BBB_BestPracticeBrosch%C3%BCre_Web.pdf (letzter Abruf: 06.02.2019). 9 Vgl. dazu auch Landtag von Baden-Württemberg (2018). Änderung der Gemeindeordnung zur Förderung des Breitbandausbaus in den Kommunen. Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration vom 05.03.2018 auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Rainer Stickelberger. Drucksache 16/3481. Link: https://parlis.landtag-bw.de/parlis/ (letzter Abruf: 06.02.2019). Die Antwort des baden-württembergischen Ministeriums setzt sich auch mit der Frage auseinander, ob den Kommunen vom Landesgesetzgeber die Möglichkeit gegeben werden soll, einen Anschluss- und Benutzungszwang für verlegte Telekommunikationsinfrastruktur aussprechen zu dürfen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 004/19 Seite 6 So hat sich etwa die CSU im Januar 2019 während ihrer Klausurtagung in ihrem Beschluss „Deutschland an der Spitze halten – Innovationsführerschaft stärken, Innovationsgerechtigkeit schaffen“10 zum Netzausbau und flächendeckenden Mobilfunk geäußert. In diesem Zusammenhang stellt sich eine Reihe von Fragen, die etwa die rechtliche Zulässigkeit bzw. die rechtlichen Rahmenbedingungen derartiger staatlicher Interventionen insbesondere seitens der kommunalen Ebene betreffen. Da allerdings nach derzeitigem Kenntnisstand konkrete politische Konzepte nicht vorliegen und die Aufgabe der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages auch nicht in der Erstellung von politischen Konzeptionen liegt,11 beschränkt sich die vorliegende Darstellung darauf, die allgemeinen und dabei insbesondere verfassungsrechtlichen Aspekte des Themas überblicksartig darzustellen. Nachfolgend werden daher die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 87f Grundgesetz (GG)12 skizziert, die sich mit der Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit kommunaler Maßnahmen zum Ausbau von Telekommunikations- bzw. Breitbandinfrastruktur auseinandersetzen. Unabhängig davon, wie die genannten politischen Ankündigungen zukünftig konkret umgesetzt werden, wären diese Vorgaben in jedem Fall zu berücksichtigen. 10 CSU (2019). Deutschland an der Spitze halten – Innovationsführerschaft stärken, Innovationsgerechtigkeit schaffen. Beschluss der 43. Klausurtagung der CSU im Bundestag. Januar 2019. S. 1f. Link: https://www.csulandesgruppe .de/sites/default/files/2019-01/%23seeon19_Beschluss_Innovation_1.pdf (letzter Abruf: 06.02.2019). Fettungen im Original. 11 Vgl. Deutscher Bundestag (2016). Leitfaden für die Unterabteilung Wissenschaftliche Dienste (WD). Stand: 18.02.2016. S. 4. 12 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung; zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.07.2017, BGBl. I S. 2347. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 004/19 Seite 7 2. Verfassungsrechtliche Vorgaben des Art. 87f Grundgesetz Für die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit Kommunen beim Aufbau von Telekommunikations -13 und Breitbandinfrastruktur tätig werden dürfen, sind die Regelungen des Art. 87f GG von entscheidender Bedeutung. Die Norm lautet in der für die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen maßgeblichen Fassung: „Art. 87f (1) Nach Maßgabe eines Bundesgesetzes, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, gewährleistet der Bund im Bereich […] der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen. (2) Dienstleistungen im Sinne des Absatzes 1 werden als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht. Hoheitsaufgaben im Bereich […] der Telekommunikation werden in bundeseigener Verwaltung ausgeführt. (3) Unbeschadet des Absatzes 2 Satz 2 führt der Bund in der Rechtsform einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts einzelne Aufgaben in Bezug auf die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen nach Maßgabe eines Bundesgesetzes aus.“ Die Vorgaben in Art. 87f Abs. 1 GG verpflichten den Bund zur Gewährleistung, dass privatwirtschaftliche Unternehmen dauerhaft flächendeckend angemessene und ausreichende Telekommunikationsdienstleistungen erbringen.14 Herzstück der gesamten Norm ist der in Art. 87f Abs. 2 GG festgelegte Grundsatz der Trennung zwischen privatwirtschaftlichen Dienstleistungen und telekommunikationsrechtlichen Hoheitsaufgaben.15 So ist die Erbringung der Dienstleistungen im Telekommunikationsbereich (TK-Bereich) den Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost , d. h. der Deutschen Telekom AG16, und anderen privaten Anbietern vorbehalten. Und für die Wahrnehmung der Hoheitsaufgaben im TK-Bereich ist nach Art. 87f Abs. 2 S. 2 GG ausschließlich der Bund zuständig.17 13 Hierzu vgl. Neumann, Andreas (2012). Kommunale Daseinsvorsorge im Bereich der Telekommunikation: Das Beispiel öffentlicher Münz- und Kartentelefone. Kommunaljurist (KommJur). 9. Jahrgang (2012). Baden-Baden: Nomos. S. 161 ff. 14 Wieland, Joachim (2018). In: Dreier, Horst (Hrsg.). Grundgesetz. Kommentar. Band III – Artikel 83-146. 3. Auflage 2018. Tübingen: Mohr Siebeck. Art. 87f Rn. 6. 15 Windthorst, Kay (2018). In: Sachs, Michael (Hrsg.). Grundgesetz. Kommentar. 8. Auflage 2018. München: C. H. Beck. Art. 87f Rn. 3. 16 Dazu Ruge, Kay (2018). In: Schmidt-Bleibtreu, Bruno/Hofmann, Hans/Henneke, Hans-Günter (Hrsg.). GG – Kommentar zum Grundgesetz. 14. Auflage 2018. Köln: Carl Heymanns Verlag. Art. 87f Rn. 1 ff. 17 Windthorst, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 15). Art. 87f Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 004/19 Seite 8 Zwar wird jedem interessierten Unternehmen der freie Zutritt zu den Telekommunikationsmärkten gewährleistet und der Ausgleich von Angebot und Nachfrage an Telekommunikationsdienstleistungen soll dem Marktmechanismus überlassen bleiben.18 Jedoch bietet allein diese Marktzutrittsfreiheit keine Gewähr dafür, dass die privaten Anbieter flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen im TK-Bereich erbringen. Deshalb wird das verfassungsrechtlich gebotene Mindestangebot an Dienstleistungen durch die gesetzliche Pflicht zu Universaldiensten abgesichert, wie sie in §§ 78 ff. Telekommunikationsgesetz (TKG)19 geregelt sind.20 Allerdings besitzen diese Regelungen für die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit Kommunen beim Aufbau von Telekommunikations- und insbesondere Breitbandinfrastruktur tätig werden dürfen, keine Bedeutung und werden daher nicht weiter erläutert. 2.1. Gewährleistungsauftrag des Bundes für Telekommunikationsdienstleistungen Der Gewährleistungsauftrag des Bundes im TK-Bereich bezieht sich ausweislich des Wortlaut des Art. 87f Abs. 1 GG auf Dienstleistungen. Der Netzbereich findet dabei – anders als in anderen verfassungsrechtlichen Vorgaben, die Netzwirtschaften zum Gegenstand haben,21 – keine explizite Erwähnung. Dies liegt jedoch daran, dass im TK-Bereich von einer engen, häufig untrennbaren technischen und organisatorischen Verquickung von Netzbetrieb und Dienstleistungsangebot auszugehen ist.22 Der Begriff der Dienstleistungen im TK-Bereich umfasst daher auch den gesamten Netzbereich und insbesondere den Netzbetrieb.23 Der damit festgelegte Infrastrukturgewährleistungsauftrag des Bundes im TK-Bereich24 bezieht sich daher nicht allein auf ausreichende endkundengerichtete TK-Angebote auf bereits vorhandenen Netzen, sondern auch auf die logisch vorgelagerte Frage der staatlichen Gewährleistung des ausreichenden Vorhandenseins und nötigenfalls Aus- und Aufbaus von Netzinfrastrukturen, wie sie für ein ausreichendes Dienstleistungsniveau notwendig sind.25 18 So Wieland, Joachim (2018). A. a. O. (Fn. 14). Art. 87f Rn. 7. 19 Telekommunikationsgesetz vom 22.06.2014, BGBl. I S. 1190; zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.11.2018, BGBl. I S. 2230. 20 Wieland, Joachim (2018). A. a. O. (Fn. 14). Art. 87f Rn. 7, 10. 21 Vgl. Art. 87e GG. 22 Möstl, Markus (2010). In: Maunz, Theodor/Dürig, Günter (Begr.). Grundgesetz. Kommentar. Loseblatt. 84. Ergänzungslieferung August 2018. Art. 87f Rn. 33. 23 Möstl, Markus (2010). A. a. O. (Fn. 22). Art. 87f Rn. 33. 24 Ruge, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 16). Art. 87f Rn. 11. 25 Möstl, Markus (2010). A. a. O. (Fn. 22). Art. 87f Rn. 33; Ruge, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 16). Art. 87f Rn. 13. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 004/19 Seite 9 Ob der Gewährleistungsauftrag nach Art. 87f Abs. 1 GG allein dem Bund zugewiesen ist und somit eine daneben stattfindende Ausfüllung dieses Infrastrukturauftrags durch die Länder insbesondere durch kommunale Aktivitäten ausgeschlossen ist, ist umstritten.26 Mit Blick auf die erheblichen kommunalen Aktivitäten im Bereich des Ausbaus und Betriebs von Breitbandnetzen ist diese Frage von großer Bedeutung. Einerseits wird vorgetragen, dass die Sicherstellung der Grundversorgung im TK-Bereich keine Aufgabe der örtlichen Daseinsvorsorge sei und somit Maßnahmen der Kommunalverwaltung, die das Ziel verfolgen, eine Grundversorgung mit Dienstleistungen im TK-Bereich im Gemeindegebiet sicherzustellen, gegen Art. 87f GG verstoßen.27 Andererseits wird argumentiert, dass die Länder und Kommunen zwar nicht Adressaten der Norm und somit nicht verpflichtet seien, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Die Länder und Kommunen seien durch Art. 87f GG aber auch nicht daran gehindert, diese Maßnahmen freiwillig und zusätzlich zu den Bundesmaßnahmen zu erbringen.28 2.2. Privatwirtschaftliche Erbringung der Dienstleistungen im Wettbewerb Nach Art. 87f Abs. 2 GG sind diese Dienstleistungen im TK-Bereich ausschließlich durch privatwirtschaftliche Tätigkeiten der Deutschen Telekom AG und anderer zu ihr im Wettbewerb stehender weiterer privater Unternehmen zu erbringen. Aus der Vorgabe in Art. 87f Abs. 2 GG, dass auch andere private Anbieter diese Dienstleistungen erbringen können, folgt ein grundsätzliches Verbot staatlicher Monopole bei der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen.29 Dieses verfassungsrechtliche Gebot eines offenen, fairen und funktionierenden Wettbewerbs im TK-Bereich zielt zum einen darauf, den vor der Liberalisierung stark abgeschotteten TK-Bereich30 für den Wettbewerb zu öffnen und zum anderen diesen Wettbewerb zwischen den Telekommunikationsunternehmen (TK-Unternehmen) zu sichern (Wettbewerbsgleichheit).31 Die Dienstleistungen nach Art. 87f Abs. 2 S. 1 GG sind darüber hinaus durch privatwirtschaftliche Tätigkeiten und damit im Rahmen einer Wirtschaftstätigkeit zu erbringen, die sich durch kaufmännisches, wettbewerbs- und gewinnorientiertes Handeln mit privatrechtlichen Mitteln 26 Ruge, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 16). Art. 87f Rn. 18 m. w. N. 27 So etwa Neumann, Andreas (2012). A. a. O. (Fn. 13). S. 164. Weitere Nachweise für diese Auffassung bei Ruge, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 16). Art. 87f Rn. 18. 28 Ruge, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 16). Art. 87f Rn. 18; Möstl, Markus (2010). A. a. O. (Fn. 22). Art. 87f Rn. 91 f. 29 Ruge, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 16). Art. 87f Rn. 22. 30 Dazu Möstl, Markus (2010). A. a. O. (Fn. 22). Art. 87f Rn. 10 ff.; zu den maßgeblichen unionsrechtlichen Vorgaben Windthorst, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 15). Art. 87f Rn. 7 ff. 31 Windthorst, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 15). Art. 87f Rn. 25. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 004/19 Seite 10 auszeichnet.32 Dies impliziert eine Abkehr von der Gemeinwohlbindung hin zur Privatnützigkeit .33 In diesem Zusammenhang wird die Frage diskutiert, ob und inwieweit kommunale Tätigkeiten bei der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen (TK-Dienstleistungen) im Sinne des Art. 87f GG zulässig sind. Unstrittig ist jedenfalls der Fall, dass der „schlichte physische Ausbau von Übertragungswegen“34 und somit die bloße Errichtung etwa von passiver, d. h. nicht betriebener Glasfaserinfrastruktur35 durch die öffentliche Hand in Eigenregie erfolgt. Sofern diese Infrastruktur im Anschluss von der öffentlichen Hand nicht selbst mit dem Ziel des Dienstleistungsangebots betrieben, sondern im Wege der Veräußerung, Vermietung oder in sonstiger Weise allein einem privatwirtschaftlichen Netzbetreiber überlassen wird, gilt für die Errichtung der Infrastruktur das Privatwirtschaftlichkeitsgebot des Art. 87f Abs. 2 GG nicht.36 Anders liegt der Fall bei der Frage, ob Kommunen darüber hinausgehende TK-Dienstleistungen erbringen dürfen. Die Verfassung selbst verwehrt den Kommunen die Gründung von und die Beteiligung an privatrechtlichen TK-Unternehmen nicht, solange das Unternehmen dem Erfordernis der Privatwirtschaftlichkeit genügt, d. h. keiner das vorrangige Gewinnerzielungsziel überlagernden Sonderbindung an Zwecke der Daseinsvorsorge und Leistungsverwaltung unterliegt (keine Verwaltung in Privatrechtsform).37 Im Licht des jeweils geltenden kommunalen Wirtschaftsrechts kann das Privatwirtschaftlichkeitsgebot des Art. 87f Abs. 2 GG die Zulässigkeit kommunaler Tätigkeiten im TK-Bereich allerdings einschränken. Schließlich wäre eine vorrangige Bindung der kommunalen Tätigkeiten an öffentliche Zwecke, so wie sie das kommunale Wirtschaftsrecht grundsätzlich voraussetzt,38 mit diesem Gebot nicht zu vereinbaren und die kommunale Erbringung von TK-Dienstleistungen daher unzulässig.39 Um dieses gegebenenfalls im konkreten Einzelfall bestehende Problem für die Zulässigkeit entsprechender kommunaler Tätigkeiten zu lösen, müsste der kommunalrechtliche 32 Windthorst, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 15). Art. 87f Rn. 27. 33 Ruge, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 16). Art. 87f Rn. 22. 34 So Möstl, Markus (2010). A. a. O. (Fn. 22). Art. 87f Rn. 35. 35 Ruge, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 16). Art. 87f Rn. 13. 36 Möstl, Markus (2010). A. a. O. (Fn. 22). Art. 87f Rn. 35, 61; insbesondere den kommunalen Infrastrukturausbau von Breitbandnetzen thematisierend Ruge, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 16). Art. 87f Rn. 22a ff. 37 Möstl, Markus (2010). A. a. O. (Fn. 22). Art. 87f Rn. 60. 38 Vgl. dazu etwa § 107 Abs. 1 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO-NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.07.1994 (GV. NW. S. 270), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2018 (GV. NW. S. 738). Link: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=2320021205103438063 (letzter Abruf: 06.02.2019). 39 Umfassend dazu Ruge, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 16). Art. 87f Rn. 13 m. w. N. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 004/19 Seite 11 Landesgesetzgeber den Landeskommunen die Erbringung privatwirtschaftlicher Tätigkeiten im TK-Bereich im Sinne des Art. 87f Abs. 2 GG gestatten.40 2.3. Unmittelbare und mittelbare Verwaltungskompetenzen des Bundes Nach Art. 87f Abs. 2 S. 2 GG ist der Bund Verwaltungsträger für Hoheitsaufgaben im TK-Bereich (unmittelbare Bundesverwaltung). Zu diesen Hoheitsaufgaben gehören etwa Fragen der Standardisierung und Normierung, die Zuteilung und Verwaltung von Funkfrequenzen, die Erteilung von Genehmigungen für Funkanlagen, die Erteilung von Betriebserlaubnissen bzw. Lizenzen oder die Vorsorge für den Krisen- und Katastrophenfall.41 Neben diese klassischen Hoheitsaufgaben tritt die Gewährleistung flächendeckend angemessener und ausreichender Dienstleistungen im Sinne von Art. 87f Abs. 1 GG und die Förderung des Wettbewerbs.42 Diese Aufgaben nimmt vor allem die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation , Post und Eisenbahnen (BNetzA) wahr.43 Die Kompetenz für diese Verwaltungstätigkeiten im Sinne des Art. 87f Abs. 2 S. 2 GG liegt ausschließlich beim Bund, Landesverwaltung ist ausgeschlossen.44 Und auch den Kommunen fehlt damit die Kompetenz zur Wahrnehmung entsprechender hoheitlicher Aufgaben.45 Daneben führt der Bund einzelne Aufgaben nach Art. 87 Abs. 3 GG in mittelbarer Bundesverwaltung durch eine bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts aus. Die insofern zuständige Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsch Bundespost wurde durch ein entsprechendes Gesetz errichtet46 und erfüllt nach Maßgabe dieses Gesetzes Folgeaufgaben, die sich aus der Privatisierung für die Beschäftigten ergeben (dienst-, personalrechtliche, soziale Aufgaben und Angelegenheiten der Postversorgungskasse).47 * * * 40 Dazu Möstl, Markus (2010). A. a. O. (Fn. 22). Art. 87f Rn. 60. Als Beispiel wird hier immer wieder die Privilegierung für kommunale TK-Unternehmen durch § 107 Abs. 1 Nr. 3 GO-NRW angeführt. 41 Ruge, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 16). Art. 87f Rn. 26. 42 Wieland, Joachim (2018). A. a. O. (Fn. 14). Art. 87f Rn. 22. 43 Gesetz über die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 07.07.2005, BGBl. I S. 1970, 2009; zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.07.2017, BGBl. I S. 2503. 44 Ruge, Kay (2018). A. a. O. (Fn. 16). Art. 87f Rn. 27. 45 So auch Neumann, Andreas (2012). A. a. O. (Fn. 13). S. 164, 166. 46 Gesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vom 14.09.1994, BGBl. I S. 2325; zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016, BGBl. I S. 3234. 47 Wieland, Joachim (2018). A. a. O. (Fn. 14). Art. 87f Rn. 22.