© 2018 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 003/18 Die US-Tax Reform aus außenwirtschaftlicher Sicht Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 003/18 Seite 2 Die US-Tax Reform aus außenwirtschaftlicher Sicht Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 003/18 Abschluss der Arbeit: 15.01.2018 Fachbereich: WD 5 Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 003/18 Seite 3 1. Einleitung Die vorliegende Dokumentation erörtert kurz den Werdegang des am 22.12.2017 durch Präsident Donald Trump unterzeichneten Gesetzes zur US-Steuerreform. Eine der Fragestellung entsprechende Analyse der Auswirkungen auf die WTO kann im Rahmen der kurzen Bearbeitungszeit sowie auch der bislang vorliegenden Quellenlage nur überblicksartig erfolgen. Eine vertiefte Darstellung der US-Steuerreform und der Konfliktfelder zum deutschen Steuerrecht erarbeitet der Fachbereich WD 4, Haushalt und Finanzen. 2. Quellenlage Der Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat im Vorfeld der Verabschiedung eine Bewertung der US-Steuerreform abgegeben und dabei die Gesetzentwürfe der beiden Kammern des US-Kongresses, des US-Repräsentantenhauses und des US-Senats („House-Bill“ vom 16.11.2017 und „Senate-Bill“ vom 2.12.2017) gegenübergestellt, abweichende Positionen hervorgehoben und eine abschließende Einschätzung der Auswirkungen abgegeben (Anlage 1): DIHK, DIHK-Bewertung der US-Steuerreform“Tax Cuts and Jobs Act” (TCJA) https://www.duesseldorf.ihk.de/blob/dihk24/Aussenwirtschaft/downloads /3925168/011a770e1b396e66f84bf4d8e0eeed05/M2-USA-DIHK-Bewertung-der-US-Tax-Reform -Entwuerfe-data.pdf (Letzter Abruf: 11.01.2018) Die Neue Züricher Zeitung (NZZ) führt in einem Artikel vom 12.12.2017 zur Steuerreform wie folgt aus1: „Die Finanzminister der fünf größten Volkswirtschaften Europas haben in einem Brief an ihren amerikanischen Amtskollegen Steven Mnuchin erhebliche Bedenken gegen die von den USA geplante Steuerreform angemeldet. In dem am Montag den Medien zugespielten Schreiben2 (Anlage 2) halten die Minister aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien unter anderem fest, die «Aufnahme von gewissen weniger üblichen internationalen Steuervorschriften » in die Vorlage könnte gegen die Doppelbesteuerungsabkommen der USA mit Drittstaaten verstoßen und den internationalen Handel stark verzerren. Zudem erheben sie Bedenken bezüglich der Vereinbarkeit mancher dieser Pläne mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO).“ Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) kommentiert den Werdegang, die Zielsetzung und die abschließende Fassung der US-Steuerreform wie folgt3: „Nach der Zustimmung von Senat (18.12.2017) und Repräsentantenhaus (20.12.2017) hat die 1 https://www.nzz.ch/wirtschaft/eu-finanzminister-schiessen-trump-vor-den-bug-ld.1338319 (Letzter Abruf: 11.01.2018) 2 https://files.static-nzz.ch/2017/12/12/e8a90191-5245-4776-8b63-de48d1cd7cf4.pdf (Letzter Abruf: 11.01.2018) (Anlage 2) 3 http://www.ey.com/de/de/services/tax/about-our-global-tax-services/ey-us-tax-reform (Letzter Abruf: 11.01.2018) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 003/18 Seite 4 US-Steuerreform die entscheidenden Hürden genommen. Am 22.12.2017 hat US-Präsident Donald Trump das Gesetz und somit vor Weihnachten unterschrieben. Damit wird die größte Steuerreform des US-Steuersystems seit 1986 plangemäß zum 01.01.2018 wirksam. Zielsetzung der Reform im Bereich der Unternehmenssteuern ist es, die USA als Investitionsstandort attraktiver zu machen und Kapital sowie Investitionen anzuziehen. Gleichzeitig soll es erschwert werden, Einkünfte aus den USA heraus zu verlagern. Der „Tax Cuts and Jobs Act“ senkt die Steuern für Wirtschaft und Privatpersonen um ca. 145 Mrd. US-Dollar pro Jahr. Der Großteil der Regelungen tritt für Steuerjahre in Kraft, die nach dem 31.12.2017 beginnen.“ EY verweist auf weitere ausführliche Informationen zu den Regelungen der abschließenden Fassung der US-Steuerreform (Anlage 3): https://emeia.ey-vx.com/660/69822/landing-pages/ey-global-tax-alert-us-tax-reform-15-12- 2017.pdf (Letzter Abruf: 11.01.2018) Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 20.12.2017 kommentiert die Steuerreform bezüglich der Auswirkungen auf deutsche Unternehmen, internationale Konzerne, den Standort Deutschland, das deutsche Außensteuerrecht sowie die Bilanzen ausführlich (Anlage 4). http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/steuerreform-in-den-usa-die-wichtigsten-fragen-und-antworten -15351951-p2.html (Letzter Abruf: 11.01.2018) Die Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft4 gibt die wesentlichen Ergebnisse der US- Steuerreform wieder http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/internationales-steuerrecht/us-steuerreform-gesetzwurde -verabschiedet.html (Letzter Abruf: 11.01.2018) und verweist auf einen Webcast zur US-Steuerreform - Auswirkungen für die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) in deutscher Sprache, der am 17.01.2018 ab 13:00 Uhr stattfinden soll (beide Links in Anlage 5): https://www2.deloitte.com/de/de/pages/tax/events/webcast-us-steuerreform.html (Letzter Abruf: 11.01.2018) Die Wirtschaftswoche vom 20.12.2017 führt u.a. zur US-Steuerreform wie folgt aus5: „Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) äußerte sich erleichtert, dass die sogenannte Excise Tax, eine Art Importsteuer, im endgültigen Gesetzentwurf wohl nicht mehr enthalten ist. Das Bundesfinanzministerium (BMF) wollte indes noch keine Entwarnung geben und verwies auf eine Regelung, die eine Mindeststeuer für den Transfer von Leistungen von US-Unternehmen an Firmen im Ausland vorsieht. Bundesfinanzminister Peter Altmaier und vier seiner EU-Kollegen hatten in einem Brief an US-Ressortchef Steven Mnuchin unter anderem diese Mindestabgabe (BEAT) kritisiert. DIHK-Experte Treier warnte vor einer solchen Besteuerung in Höhe von zehn Prozent, wenn die 4 Mitgliedsgesellschaft von Deloitte Touch Tohmatsu Limited (DTTL) 5 http://www.wiwo.de/politik/ausland/deutsche-politik-unter-druck-trumps-steuerreform-ist-beschlossen /20763724.html (Letzter Abruf: 11.01.2018) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 003/18 Seite 5 Wertschöpfung nicht in den USA stattfinde. In Berlin wird bereits geargwöhnt, dass die Vorschrift gegen das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den USA sowie Regeln der Welthandelsorganisation WTO verstoßen könnte.“ Die Welt bemerkt dazu in einem bereits am 17.12.2017 erschienenen Artikel6: „Die von Altmaier und Kollegen befürchteten „Verzerrungen“ wird es dann tatsächlich geben. So wird beim Import von konzerninternen Dienstleistungen, Lizenz- oder Zinszahlungen künftig eine Steuer von zehn Prozent fällig. Diese neu geschaffene „Base erosion and anti-abuse tax“ (BEAT) dient vorgeblich dem Kampf gegen Steuervermeidungsstrategien – ist aber faktisch auch eine „America-first“-Klausel. Denn getroffen werden nicht zuletzt ausländische Konzerne, deren US-Produktionsstätten sich Vorleistungen aus dem Ausland liefern lassen. Eine Dienstleistung wie ein Softwareupdate, das von der Konzernmutter aus dem Ausland bereitgestellt wird, wäre dann steuerpflichtig. Dagegen bliebe dasselbe Softwareupdate steuerfrei, wenn es auf dem US-Markt eingekauft würde. In genau dieser Ungleichbehandlung sehen Wirtschaftsvertreter und Finanzminister aus Europa verkappten Protektionismus. Noch weiter gehende Pläne, die etwa auch konzerninterne Warenlieferungen umfasst hätten, sind in Washington zwar offenkundig vom Tisch. Aber auch schon das bestehende Maßnahmenpaket könnte eine beträchtliche Sogwirkung in Richtung Amerika ausüben.“ Eine Studie des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW)7 sieht in der US-Steuerreform den Steuerwettbewerb zwischen den USA und der EU angeheizt, wobei auch der Wettbewerb zwischen den EU-Mitgliedern zunehmen werde. Die Konsequenzen für die Direktinvestitionsströme zwischen Europa und den USA könnten so erheblich sein, dass mit einer Ausweitung der Direktinvestitionen allein deutscher Unternehmen in den USA in Höhe von etwa 39 Milliarden Euro zu rechnen sei. Die Studie gelangt zu der Einschätzung, dass die US-Steuerreform die gegenwärtigen Bemühungen der EU zur Bekämpfung von Steuervermeidung konterkariere, somit Investitionen in Europa dämpfe, da das Risiko einer Doppelbesteuerung steige. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) bemerkt ergänzend in einem am 28.12.2017 erschienenen Artikel8 (Auszug): „Und auch aus Europa könnte derweil eine Reaktion auf Amerikas Steuerreform bevorstehen, denn ein Detail enthält nach Meinung von Experten durchaus Sprengkraft. Juristen fühlen sich mit Blick auf die beschlossenen Sonderregelungen für die Versteuerung von Lizenzeinkünften an ein System erinnert, das um die Jahrtausendwende den größten transatlantischen Handelsstreit der vergangenen Jahrzehnte ausgelöst hatte. Durch die neuen Regeln könnte demnach für einige 6 https://www.welt.de/wirtschaft/article171679950/US-Steuerreform-trifft-auslaendische-Konzerne-hart.html (Letzter Abruf: 11.01.2018) 7 ZEW, 2017, Analysis of US Corporate Tax Reform Proposals and their Effects for Europe and Germany Final Report http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/gutachten/US_Tax_Reform_2017.pdf (Letzter Abruf: 11.01.2018) 8 http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/nicht-nur-china-wehrt-sich-gegen-amerikas-steuerreform-15361571.html (Letzter Abruf: 11.01.2018) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 5 - 3000 - 003/18 Seite 6 amerikanische Konzerne im internationalen Geschäft doppelt so viel Geld herausspringen wie im Rahmen der früheren Regelung für ausländische Vertriebsgesellschaften („Foreign Sales Corporation Scheme“, FSC). Die Finanzminister Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Spaniens äußerten sich deshalb bereits Anfang Dezember in einem Brief an ihren amerikanischen Kollegen Steven Mnuchin besorgt. Ähnlich äußerte sich in einem zweiten Schreiben die EU-Kommission wegen der neuen amerikanischen Regel, die einen reduzierten Steuersatz von 12,5 Prozent vorsieht. So unterschiedliche Unternehmen wie Microsoft oder die Bank of America könnten durch die Lizenzregelung Milliarden sparen. Anwälte sowie Experten in der EU-Kommission sehen darin eine unerlaubte Subvention für Exporte. Die Welthandelsorganisation WTO senkte im Jahr 2000 den Daumen über das alte System, das von 1984 bis etwa 2006 in Kraft war und von dem große Produzenten wie der Airbus-Konkurrent Boeing oder der Siemens-Rivale General Electric profitierten. Demnach konnten die amerikanischen Firmen ihre Gewinne so strukturieren , dass sie beim Export von Produkten oder Dienstleistungen ihre zu zahlenden Steuern effektiv um 15 Prozent verringerten. Die genaue Höhe der Entlastung war abhängig davon, welche Steuerpläne ein Unternehmen bereits hatte und wie viele der Gewinne aus dem Export als immaterielle Werte anerkannt wurden. (…) >Wir scheinen einer weiteren, neu verpackten Version der FSC-Saga gegenüberzustehen<, sagt der WTO-Experte Folkert Graafsma von der Anwaltskanzlei VVGB in Brüssel. >Die Vereinigten Staaten haben anscheinend nicht dazugelernt.< Auf den ersten Blick seien die neuen Vorschriften nicht mit den WTO-Regeln in Einklang zu bringen. Eine Studie von zwölf amerikanischen Steuer- und Rechtsexperten teilt diese Ansicht. Ernst-Ulrich Petersmann von der Universität Florenz sieht es als sehr wahrscheinlich an, dass die EU wegen der neuen amerikanischen Lizenzregel wieder vor die WTO zieht. Dagegen bezeichnet ein Sprecher des zuständigen Ausschusses im amerikanischen Senat die Regel im Einklang mit den Vorgaben: „Das Gesetz sorgt einfach für Chancengleichheit, so dass amerikanische Firmen überall in der Welt sowie zuhause konkurrieren und gewinnen können.“ ***