© 2017 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 003/17 Linienverkehrsgenehmigungen nach Personenbeförderungsgesetz im Lichte der VO (EG) Nr. 1370/2007 Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 2 Linienverkehrsgenehmigungen nach Personenbeförderungsgesetz im Lichte der VO (EG) Nr. 1370/2007 Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 003/17 Abschluss der Arbeit: 10. Mai 2017 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Linienverkehrsgenehmigungen nach § 13 PBefG als ausschließliche Rechte im Sinne des Art. 2 lit. f) VO (EG) Nr. 1370/2007 – Problemaufriss und Meinungsstand 4 2.1. Regelungen des PBefG und der VO (EG) Nr. 1370/2007 4 2.1.1. Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit bei ÖPNV-Verkehrsleistungen und Vorgaben der VO (EG) Nr. 1370/2007 4 2.1.2. Genehmigungserfordernisse im Zusammenhang mit der Erbringung von ÖPNV-Verkehrsleistungen 6 2.2. Linienverkehrsgenehmigungen im straßengebundenen ÖPNV als ausschließliche Rechte – Meinungsstand 9 2.2.1. Meinung 1: Linienverkehrsgenehmigungen gewähren keine ausschließlichen Rechte 10 2.2.2. Meinung 2: Linienverkehrsgenehmigungen gewähren ausschließliche Rechte 11 3. Stellungnahmen der Fachverbände 12 3.1. Stellungnahme des BDO – Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e. V. 13 3.2. Stellungnahme des VDV – Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. 18 3.3. Stellungnahme des Deutschen Landkreistages 20 3.4. Stellungnahme des Deutschen Städtetags 22 3.5. Stellungnahme des Deutschen Städte- und Gemeindebunds e. V. 23 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 4 1. Einleitung Der vorliegende Sachstand widmet sich der Frage, wie bestimmte Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG)1 insbesondere im Hinblick auf die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (VO (EG) Nr. 1370/2007)2 auszulegen sind. Konkret soll den Fragen nachgegangen werden, ob das Mehrfachgenehmigungsverbot im Sinne des § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 PBefG ein ausschließliches Recht im Sinne des Art. 2 lit. f) VO (EG) Nr. 1370/2007 begründet und, falls ja, welche Schlussfolgerungen sich daraus für die Bedeutung des Vorrangs der Eigenwirtschaftlichkeit von Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nach § 8 Abs. 4 S. 1 PBefG ergeben und ob jede Linienverkehrsgenehmigung nach § 13 PBefG als öffentlicher Dienstleistungsauftrag im Sinne des Art. 3 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 zu vergeben ist. Zur Beantwortung dieser Fragen, werden in einem ersten Schritt die rechtlichen Hintergründe erläutert und die unterschiedlichen Auffassungen zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen zusammengestellt (2.). Im Anschluss werden die Stellungnahmen der mit der Bitte um Beantwortung kontaktierten Fachverbände im Wortlaut wiedergegeben (3.). 2. Linienverkehrsgenehmigungen nach § 13 PBefG als ausschließliche Rechte im Sinne des Art. 2 lit. f) VO (EG) Nr. 1370/2007 – Problemaufriss und Meinungsstand 2.1. Regelungen des PBefG und der VO (EG) Nr. 1370/2007 Die nachfolgende Darstellung der rechtlichen Vorgaben widmet sich dem im PBefG definierten Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit bei ÖPNV-Verkehrsleistungen im Zusammenhang mit den maßgeblichen Regelungen der VO (EG) Nr. 1370/2007. Im Anschluss wird auf die Genehmigungserfordernisse des PBefG und deren Bedeutung für die entgeltliche oder geschäftsmäßige Erbringung von ÖPNV-Verkehrsleistungen eingegangen. 2.1.1. Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit bei ÖPNV-Verkehrsleistungen und Vorgaben der VO (EG) Nr. 1370/2007 Die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr ist eine Aufgabe der staatlichen Daseinsvorsorge.3 1 Personenbeförderungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.08.1990, BGBl. I S. 1690; zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.08.2016, BGBl. I S. 2082. 2 ABl. EU Nr. L 315 vom 03.12.2007. S. 1. 3 § 1 Regionalisierungsgesetz vom 27.12.1993, BGBl. I S. 2378, 2395; zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.2016, BGBl. I S. 3234). Umfassend dazu Linke, Benjamin (2010). Die Gewährleistung des Daseinsvorsorgeauftrags im öffentlichen Personennahverkehr. Dissertation. 2010. Baden-Baden: Nomos. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 5 Nach § 8 Abs. 4 S. 1 PBefG sind Verkehrsleistungen im ÖPNV eigenwirtschaftlich zu erbringen (Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit). Die Definition der Eigenwirtschaftlichkeit enthält § 8 Abs. 4 S. 2 PBefG. Danach sind Verkehrsleistungen eigenwirtschaftlich, „deren Aufwand gedeckt wird durch Beförderungserlöse, Ausgleichsleistungen auf der Grundlage von allgemeinen Vorschriften nach Artikel 3 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 […] und sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne, soweit diese keine Ausgleichsleistungen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 darstellen und keine ausschließlichen Rechte gewährt werden.“ Daraus folgt, dass immer dann, wenn für die Erbringung von ÖPNV-Verkehrsleistungen die Möglichkeit eines unternehmerischen Leistungsangebots gegeben ist, diesem der Vorzug vor einer alternativ stets denkbaren behördlichen Organisation des ÖPNV zu geben ist.4 In Abgrenzung zu § 8 Abs. 4 S. 1 PBefG ist § 8a Abs. 1 S. 1 PBefG zu sehen: „Soweit eine ausreichende Verkehrsbedienung […] nicht entsprechend § 8 Absatz 4 Satz 1 möglich ist, ist die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 maßgebend.“ Diese Norm stellt zum einen die Verbindung zwischen der in Deutschland unmittelbar geltenden 5 VO (EG) Nr. 1370/2007 und dem nationalen PBefG her6 und knüpft zum anderen an den genannten Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit für die Erbringung von ÖPNV-Verkehrsleistungen an: Soweit eine ausreichende Verkehrsbedienung nicht auf unternehmerischer Initiative eigenwirtschaftlich sichergestellt ist, kann lückenfüllend die zuständige Behörde die Initiative ergreifen und gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen mit finanziellem Ausgleich definieren.7 Art. 2 lit. e) VO (EG) Nr. 1370/2007 definiert die „gemeinwirtschaftliche Verpflichtung“ als „eine von der zuständigen Behörde festgelegte oder bestimmte Anforderung im Hinblick auf die Sicherstellung von im allgemeinen Interesse liegenden öffentlichen Personenverkehrsdiensten , die der Betreiber unter Berücksichtigung seines eigenen wirtschaftlichen Interesses nicht oder nicht im gleichen Umfang oder nicht zu den gleichen Bedingungen ohne Gegenleistung übernommen hätte“. 4 So Knauff, Matthias (2013). Der Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre im ÖPNV auf Grundlage des novellierten Personenbeförderungsgesetzes. Gewerbearchiv (GewArch). 59. Jahrgang (2013). S. 284. Umfassend dazu Heinze, Christian (2014). In: Heinze, Christian/Fehling, Michael/Fiedler, Lothar. Personenbeförderungsgesetz. Kommentar. 2. Auflage 2014. München: C. H. Beck. § 8 Rn. 54 ff. 5 Vgl. Art. 288 Abs. 2 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). ABl. EU Nr. C 202 vom 07.06.2016. S. 47. 6 So auch Fehling, Michael (2014). In: Heinze, Christian/Fehling, Michael/Fiedler, Lothar. Personenbeförderungsgesetz . Kommentar. 2. Auflage 2014. München: C. H. Beck. § 8a Rn. 1. 7 Fehling, Michael (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 8a Rn. 10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 6 Nach § 8a Abs. 1 S. 2 PBefG kann die zuständige Behörde zur Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung entweder gemeinwirtschaftliche Verkehre mittels Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge im Sinne der VO (EG) 1370/2007 beauftragen oder allgemeine Vorschriften zum Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erlassen.8 Der mit dieser Vorschrift in Bezug genommene öffentliche Dienstleistungsauftrag ist das zentrale Instrument der VO (EG) Nr. 1370/2007 und des PBefG für die Beauftragung von Unternehmen mit der Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Verkehren und der Festlegung ihrer Art und ihres Umfangs.9 So lautet Art. 3 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007: „Gewährt eine zuständige Behörde dem ausgewählten Betreiber ausschließliche Rechte und/oder Ausgleichsleistungen gleich welcher Art für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, so erfolgt dies im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags .“ Der Begriff der „ausschließlichen Rechte“, wie er auch in § 8 Abs. 4 S. 2 PBefG verwandt wird,10 wird durch Art. 2 lit. f) VO (EG) Nr. 1370/2007 definiert als „ein Recht, das einen Betreiber eines öffentlichen Dienstes berechtigt, bestimmte öffentliche Personenverkehrsdienste auf einer bestimmten Strecke oder in einem bestimmten Streckennetz oder Gebiet unter Ausschluss aller anderen solchen Betreiber zu erbringen“. Der obligatorische Inhalt öffentlicher Dienstleistungsaufträge wird durch Art. 4 VO (EG) Nr. 1370/2007 normiert. Vorgaben zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge enthält Art. 5 VO (EG) Nr. 1370/2007 sowie § 8a Abs. 2 – 8 PBefG. Nach § 8a Abs. 8 PBefG kann die zuständige Behörde „in dem öffentlichen Dienstleistungsauftrag ein ausschließliches Recht im Sinne von Artikel 2 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gewähren. Das ausschließliche Recht darf sich nur auf den Schutz der Verkehrsleistungen beziehen, die Gegenstand des öffentlichen Dienstleistungsauftrages sind.“ 2.1.2. Genehmigungserfordernisse im Zusammenhang mit der Erbringung von ÖPNV-Verkehrsleistungen Nach § 2 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 PBefG muss derjenige, der Personen entgeltlich oder geschäftsmäßig mit Straßenbahnen, Oberleitungsbussen (Obussen) oder Kraftfahrzeugen befördert, im Besitz einer entsprechenden Genehmigung sein. Mit Hilfe dieses Genehmigungsvorbehalts, der an 8 Siehe umfassend dazu Art. 3 VO (EG) 9 So Fehling, Michael (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 8a Rn. 21. 10 Siehe Heinze, Christian (2014). A. a. O. (Fn. 4). § 8 Rn. 69. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 7 den verfassungsrechtlichen Vorgaben für Beschränkungen der Berufsfreiheit zu messen ist,11 sollen vor allem Sicherheit und Ordnung aber auch die optimale Gestaltung des ÖPNV gewährleistet werden.12 Auch bei gemeinwirtschaftlichen Verkehren ist über die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags hinaus eine derartige Genehmigung erforderlich.13 Der jeweils vom Einzelfall abhängige Umfang einer solchen Genehmigung wird durch § 9 PBefG definiert. So wird etwa bei einem beantragten Linienverkehr14 mit Kraftfahrzeugen15 (straßengebundener öffentlicher Personennahverkehr)16 bei Vorliegen der Voraussetzungen die Genehmigung für die Einrichtung des Linienverkehrs, die Linienführung sowie den Betrieb selbst erteilt (Linienverkehrsgenehmigung). Im Falle der Genehmigungserteilung durch die zuständige Behörde unterliegt der Genehmigungsinhaber einer Reihe von gesetzlichen Pflichten wie der Betriebspflicht (§ 21 PBefG), der Beförderungspflicht (§ 22 PBefG), der Fahrplanpflicht (§§ 40, 41 Abs. 3, und § 45 Abs. 2 PBefG) sowie der Pflicht nach § 145 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch (SGB IX)17 Schwerbehinderte kostenlos zu befördern. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Linienverkehrsgenehmigungen normiert § 13 PBefG. Die Norm lautet auszugsweise: „§ 13 Voraussetzung der Genehmigung (1) Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn 1. die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebs gewährleistet ist, […] (2) Beim Straßenbahn-, Obusverkehr und Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen ist die Genehmigung zu versagen, wenn 11 Heinze, Christian (2014). A. a. O. (Fn. 4). § 2 Rn. 4 m. w. N. 12 So Heinze, Christian (2014). A. a. O. (Fn. 4). § 2 Rn. 2. 13 Fehling, Michael (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 8a Rn. 3. 14 Der Begriff ist in § 42 PBefG definiert als „eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können. Er setzt nicht voraus, dass ein Fahrplan mit bestimmten Abfahrts- und Ankunftszeiten besteht oder Zwischenhaltestellen eingerichtet sind.“ 15 Zum Begriff der „Kraftfahrzeuge“ im Sinne des PBefG siehe § 4 Abs. 4 PBefG. 16 Zur Differenzierung zwischen schienen- und straßengebundenem ÖPNV siehe Linke, Benjamin (2010). A. a. O. (Fn. 3). S. 44. 17 SGB IX vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046, 1047; zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.03.2017, BGBl. I S. 626. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 8 1. der Verkehr auf Straßen durchgeführt werden soll, die sich aus Gründen der Verkehrssicherheit oder wegen ihres Bauzustandes hierfür nicht eignen, 2. der beantragte Verkehr ein ausschließliches im Sinne von Artikel 2 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 verletzt, das von der zuständigen Behörde nach § 8a Absatz 1 in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 unter Beachtung der in § 8a Absatz 8 genannten Voraussetzungen gewährt wurde, 3. durch den beantragten Verkehr die öffentlichen Verkehrsinteressen beeinträchtigt werden, insbesondere a) der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend bedient werden kann, b) der beantragte Verkehr ohne eine wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung Verkehrsaufgaben wahrnehmen soll, die vorhandene Unternehmen oder Eisenbahnen bereits wahrnehmen, c) die für die Bedienung des Verkehrs vorhandenen Unternehmen oder Eisenbahnen bereit sind, die notwendige Ausgestaltung des Verkehrs innerhalb einer von der Genehmigungsbehörde festzusetzenden Frist und, soweit es sich um öffentlichen Personennahverkehr handelt, unter den Voraussetzungen des § 8 Absatz 3 selbst durchzuführen oder d) der beantragte Verkehr einzelne ertragreiche Linien oder ein Teilnetz aus einem vorhandenen Verkehrsnetz oder aus einem im Nahverkehrsplan im Sinne des § 8 Abs. 3 festgelegten Linienbündel herauslösen würde.“ Die Vorgaben des § 13 Abs. 2 PBefG für die Erteilung von Linienverkehrsgenehmigungen für den straßengebundenen ÖPNV sollen auch dafür Sorge tragen, das öffentliche Verkehrsinteresse zu wahren.18 Wie sich aus § 13 Abs. 2 Nr. 3 PBefG ergibt, zählt dazu insbesondere auch, im Interesse der staatlichen Daseinsvorsorge wirtschaftlich ruinösen Wettbewerbsdruck im straßengebundenen ÖPNV zu unterbinden.19 Zu diesem Zweck ordnet § 13 Abs. 2 Nr. 3 PBefG den Schutz bereits vorhandener Verkehre an, indem die Genehmigung eines „beantragten“ Verkehrs u. a. 18 Zu den einzelnen Aspekten des Begriffs des öffentlichen Verkehrsinteresses vgl. Heinze, Christian (2014). A. a. O. (Fn. 4). § 13 Rn. 2 ff.; Saxinger, Andreas (2008). Genehmigungen und Ausgleichsleistungen im Personenbeförderungsrecht vor dem Hintergrund der neuen Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.). 123. Jahrgang (2008). Köln: Wolters Kluwer. S. 690. 19 So Winnes, Michael/Schwarz, Andreas/Mietzsch, Oliver (2009). Zu den Auswirkungen der VO 1370/07 für den öffentlichen Nahverkehr in Deutschland. Europarecht (EuR). 44. Jahrgang (2009). Baden-Baden: Nomos Verlag. S. 296; Heinze, Christian (2014). A. a. O. (Fn. 4). § 13 Rn. 49; Bauer, Michael (2010). Personenbeförderungsgesetz . Kommentar. 2010. Köln: Wolters Kluwer. § 13 Rn. 30. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 9 - wegen seines Verhältnisses zu einem Verkehr, den „vorhandene Verkehrsmittel“ bedienen können, oder - wegen „Übernahme“ von „Verkehrsaufgaben“ durch den „beantragten“ Verkehr, die „vorhandene Unternehmen“ bereits wahrnehmen, oder - in dem Fall, in dem eine Lücke im Verkehrsangebot bestehen und ein konkurrierendes Unternehmen ein diese Lücke schließendes und deswegen vorzugswürdiges Angebot vorlegen sollte, die „vorhandenen Unternehmen“ die Lückenschließung selbst durchführen,20 zu versagen ist (Mehrfachgenehmigungsverbot).21 Bei Vorliegen mindestens einer der Voraussetzungen hat die zuständige Behörde die Genehmigung zu versagen. Ein Ermessen kommt ihr nicht zu.22 Die Geltungsdauer einer solchen Genehmigung ist beschränkt und ergibt sich aus den Vorgaben des § 16 PBefG. So kann beispielsweise eine Linienverkehrsgenehmigung für den straßengebundenen ÖPNV nach § 16 Abs. 2 S. 2 PBefG grundsätzlich für höchstens zehn Jahre erteilt werden. 2.2. Linienverkehrsgenehmigungen im straßengebundenen ÖPNV als ausschließliche Rechte – Meinungsstand Wie gezeigt, vermittelt das Mehrfachgenehmigungsverbot nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 PBefG somit einen weitreichenden Schutz vor Konkurrenz durch andere Unternehmen.23 In diesem Zusammenhang ist umstritten, ob Linienverkehrsgenehmigungen für den straßengebundenen ÖPNV als ausschließliche Rechte im Sinne des Art. 2 lit. f) VO (EG) Nr. 1370/2007 zu qualifizieren sind. Träfe dies zu und würden diese ausschließlichen Rechte im Gegenzug für die Erfüllung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gewährt, denen der Genehmigungsinhaber im Falle der Genehmigungserteilung unterliegt24, müsste jedwede Vergabe einer Linienverkehrsgenehmigung, 20 Zu dieser Fallgruppe siehe Heinze, Christian (2014). A. a. O. (Fn. 4). § 13 Rn. 78 ff., 91. 21 So Heinze, Christian (2014). A. a. O. (Fn. 4). § 13 Rn. 47. 22 So Bauer, Michael (2010). A. a. O. (Fn. 19). § 13 Rn. 25. 23 Zu den Grenzen dieses Mehrfachgenehmigungsverbots siehe Linke, Benjamin (2010). A. a. O. (Fn. 3). S. 173. 24 Vgl. den Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1379/2007; umfassend diskutiert und letztlich bejaht werden die damit im Zusammenhang stehenden Fragen von Linke, Benjamin (2010). A. a. O. (Fn. 3). S. 185 ff.; dazu auch Winnes, Michael/Schwarz, Andreas/Mietzsch, Oliver (2009). A. a. O. (Fn. 19). S. 296 ff.; andere Ansicht Ziekow, Jan (2009). Die Direktvergabe von Personenverkehrsdiensten nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 und die Zukunft eigenwirtschaftlicher Verkehre. Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ). 28. Jahrgang (2009). München: C. H. Beck. S. 867 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 10 unabhängig von der Frage nach der Finanzierung der ÖPNV-Verkehrsleistungen (eigen- oder gemeinwirtschaftlich ), gemäß Art. 3 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags erfolgen.25 2.2.1. Meinung 1: Linienverkehrsgenehmigungen gewähren keine ausschließlichen Rechte Die Frage, ob Linienverkehrsgenehmigungen als ausschließliche Rechte im Sinne der VO (EG) Nr. 1370/2007 zu qualifizieren sind, wird von einem Teil der Fachliteratur verneint. Dabei wird argumentiert, dass es sich nach der Intention des Gesetzgebers bei der Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung nach dem PBefG nicht um ein solches (indirekt gewährtes) ausschließliches Recht handeln könne, da ansonsten der oben zitierte § 8a Abs. 8 PBefG, der explizit die direkte Gewährung ausschließlicher Rechte in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag vorsieht , überflüssig wäre.26 Die Bundesregierung vertritt ebenfalls diese Auffassung: So heißt es in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage vom Juli 2016: „Nach Auffassung der Bundesregierung ist der eingeschränkte Schutz nach § 13 Absatz 2 Nummer 3 PBefG nicht als ausschließliches Recht im Sinne von Artikel 2 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zu bewerten.“27 Ebenso äußerte sich das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Evaluierungsbericht nach § 66 PBefG vom Februar 2017. In einer Stellungnahme im Rahmen dieser Evaluierung hatte die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände die Auffassung geäußert, dass die Liniengenehmigung mit Blick auf das Mehrfachgenehmigungsverbot nach § 13 Abs. 2 PBefG ein ausschließliches Recht und damit einen marktzugangsrelevanten Vorteil gewähre, der die Anwendung der VO (EG) Nr. 1370/2007 notwendig mache.28 Das BMVI führte im Evaluierungsbericht dazu aus: 25 So Linke, Benjamin (2010). A. a. O. (Fn. 3). S. 172; ebenso Saxinger, Andreas (2008). A. a. O. (Fn. 18). S. 694; Bauer, Michael (2010). A. a. O. (Fn. 19). § 8 Rn. 25; Heinze, Christian (2014). A. a. O. (Fn. 4). § 8 Rn. 70 sieht als Konsequenz, dass die Eigenwirtschaftlichkeit von ÖPNV-Verkehrsleistungen generell ausgeschlossen wäre. 26 So Knauff, Matthias (2013). A. a. O. (Fn. 4). S. 283. Siehe dazu auch Fehling, Michael (2014). A. a. O. (Fn. 6). § 8a Rn. 112. 27 Deutscher Bundestag (2016). Beschäftigungsübergang und Eigenwirtschaftlichkeit im kommunalen Busverkehr. Antwort der Bundesregierung vom 04.07.2016 auf die Kleine Anfrage u. a. der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN. BT-Drs. 18/9008. S. 5. 28 Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (2016). Evaluierung PBefG-Novelle: Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände vom 06.05.2016. S. 5. Link: http://www.pothmer.de/fileadmin/media/MdB/pothmer _de/brigitte_pothmer_arbeitsmarktpolitische/2012_pothmer/PDF/Politische_Initiativen/BV_Evaluierung _PBefG.pdf (letzter Abruf: 08.05.2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 11 „Nach Ansicht des BMVI ist die in § 13 Absatz 2 PBefG verankerte Schutzwirkung von eigenwirtschaftlichen Genehmigungen nicht so stark ausgeprägt, dass hierin eine Ausschließlichkeit im Sinne des Artikel 2 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gesehen werden kann. Diese Definition verlangt nämlich einen Ausschluss sämtlicher Betreiber . Demgegenüber ist die Schutzwirkung des § 13 Absatz 2 Satz 1 PBefG davon abhängig , dass der Verkehr befriedigend bedient werden kann. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Bedeutung der Frage, ob mit der Genehmigung ein ausschließliches Recht erteilt wird oder nicht, oft überschätzt wird. Aus Sicht des BMVI genügt das im Personenbeförderungsgesetz geregelte Genehmigungsverfahren im Wesentlichen den materiellen Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. So werden insbesondere die Anforderungen des Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 an das Vergabeverfahren (Offenheit, Fairness, Transparenz und Nichtdiskriminierung ) durch die gesetzlichen Vorgaben im Personenbeförderungsgesetz für das Genehmigungsverfahren erfüllt.“29 Weitere Literaturauffassungen verneinen diese Frage etwa mit den Argumenten, dass die Liniengenehmigungen keine ausschließlichen sondern lediglich besondere Rechte im Sinne des Art. 106 AEUV30 darstellten und darüber hinaus Parallelbedienungen einer Linie trotz § 13 Abs. 2 Nr. 3 PBefG möglich seien, wenn die Konkurrenzsituation lediglich hinsichtlich eines Teilabschnitts der Linie bestehe.31 2.2.2. Meinung 2: Linienverkehrsgenehmigungen gewähren ausschließliche Rechte Andere Literaturauffassungen bejahen die Frage, ob Linienverkehrsgenehmigungen ausschließliche Rechte im Sinne der VO (EG) 1370/2007 gewähren. Unabhängig von der Frage, ob eine Linienverkehrsgenehmigung ein Recht gewähre oder lediglich die Grundrechtsstellung des beantragenden Unternehmers von den Beschränkungen des Genehmigungsvorbehalts nach § 2 PBefG befreie, ergebe sich diese Schlussfolgerung aus der tatsächlichen Wirkung der Linienverkehrsgenehmigung in Verbindung mit dem Mehrfachgenehmigungsverbot : Grundsätzlich seien mit Genehmigungserteilung alle konkurrierenden Unternehmen von der Erbringung konkurrierender Verkehrsdienste ausgeschlossen. Auch werde allein diese Auffassung dem Sinn und Zweck der VO (EG) 1370/2007 gerecht, Wettbewerbsbeschränkungen 29 Deutscher Bundestag (2017). Bericht nach § 66 des Personenbeförderungsgesetzes. Unterrichtung durch die Bundesregierung vom 13.02.2017. BT-Drs. 18/11160. S. 8. 30 Siehe Fn. 5. 31 Vgl. die Übersicht bei Saxinger, Andreas (2008). A. a. O. (Fn. 18). S. 691. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 12 durch staatliche Gestaltung zu regulieren, weil auch dem Mehrfachgenehmigungsverbot eine solche Gestaltungsfunktion zukomme, da damit der Marktzugang geregelt werde.32 Auch die zeitliche sowie die sich aus der Linienbezogenheit der Genehmigung ergebende räumliche Begrenzung schließen diese Wirkung einer Linienverkehrsgenehmigung nicht aus.33 Ob sich aus der Regelung des § 8a Abs. 8 PBefG etwas Anderes ergebe, könne im Übrigen dahingestellt sein, weil nationales Recht für die Auslegung des Europarechts nicht maßgeblich sei.34 3. Stellungnahmen der Fachverbände Folgenden Fachverbänden und Interessenvertretungen wurden um Stellungnahme zu den Fragen gebeten, ob das Mehrfachgenehmigungsverbot im Sinne des § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 PBefG ein ausschließliches Recht im Sinne des Art. 2 lit. f) VO (EG) Nr. 1370/2007 begründet und, falls ja, welche Schlussfolgerungen sich daraus für die Bedeutung des Vorrangs der Eigenwirtschaftlichkeit von Verkehrsleistungen ÖPNV nach § 8 Abs. 4 S. 1 PBefG ergeben und ob jede Linienverkehrsgenehmigung nach § 13 PBefG als öffentlicher Dienstleistungsauftrag im Sinne des Art. 3 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 zu vergeben ist: BDO – Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e. V.35, VDV – Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V.36, Deutscher Landkreistag37, Deutscher Städtetag38 sowie Deutscher Städte- und Gemeindebund e. V.39. Die Antworten dieser Verbände werden nachfolgend wiedergegeben. 32 So Heinze, Christian (2014). A. a. O. (Fn. 4). § 8 Rn. 72 m. w. N.; im Ergebnis ebenso Saxinger, Andreas (2008). A. a. O. (Fn. 18). S. 691; Winnes, Michael/Schwarz, Andreas/Mietzsch, Oliver (2009). A. a. O. (Fn. 19). S. 297; ebenso Bauer, Michael (2010). A. a. O. (Fn. 19). § 8 Rn. 25. 33 So Saxinger, Andreas (2008). A. a. O. (Fn. 18). S. 691, 694; dazu auch Linke, Benjamin (2010). A. a. O. (Fn. 3). S. 174 f. 34 So Heinze, Christian (2014). A. a. O. (Fn. 4). § 8 Rn. 73. Diesen Aspekt betont auch Bauer, Michael (2010). A. a. O. (Fn. 19). § 8 Rn. 25. 35 Informationen zu diesem Verband auf dessen Internetseite. Link: http://www.bdo.org/ (letzter Abruf: 08.05.2017). 36 Informationen zu diesem Verband auf dessen Internetseite. Link: https://www.vdv.de/default.aspx (letzter Abruf : 08.05.2017). 37 Informationen zu diesem Verband auf dessen Internetseite. Link: http://www.landkreistag.de/ (letzter Abruf: 08.05.2017). 38 Informationen zu diesem Verband auf dessen Internetseite. Link: http://www.staedtetag.de/index.html (letzter Abruf: 08.05.2017). 39 Informationen zu diesem Verband auf dessen Internetseite. Link: http://www.dstgb.de/dstgb/Homepage/ (letzter Abruf: 08.05.2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 13 3.1. Stellungnahme des BDO – Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e. V. Der BDO beantwortete die Anfrage folgendermaßen: „Ist die Personenbeförderungsgenehmigung nach PBefG ein ausschließliches Recht im Sinne der VO (EG) 1370/2007? Im Rahmen der Novellierung des PBefG 2012 kam bereits die Frage auf, ob die Erteilung einer Personenbeförderungsgenehmigung nach PBefG ein ausschließliches Recht im Sinne der VO (EG) 1370/2007 beinhalten könnte. Der deutsche Gesetzgeber hat sich im Rahmen der Novelle sehr intensiv mit dem Thema befasst und ist in Absprache mit der EU-Kommission zu der Entscheidung gelangt, dass die im Genehmigungswettbewerb des PBefG erlangte Linienverkehrsgenehmigung gerade keine Ausschließlichkeitswirkung, wie Artikel 2 Buchstabe f der VO (EG) 1370/2007 es vorsieht, entfaltet. Um dieses gesetzestechnisch in den Genehmigungswettbewerb des PBefG weiter zu verankern , hat der deutsche Gesetzgeber den neuen Versagungsgrund des § 13 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 eingefügt, mit dem sicher gestellt wird, dass ein (eigenwirtschaftlicher) Genehmigungsantrag auf einen Verkehr, der in Form eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags nach der VO (EG) 1370/2007 erteilt wurde, zu versagen ist. Hiermit wird ausdrücklich klargestellt, dass nur Verkehren, denen ein öff. Dienstleistungsauftrag nach der VO (EG) 1370/2007 zugrunde liegt, ein ausschließliches Recht mit den sich daraus ergebenden Schutzfunktionen zugestanden wird. Ein solcher Versagungsgrund gilt folgerichtig für einen eigenwirtschaftlich genehmigten Verkehr gerade nicht. Hiermit wurde deutlich geregelt , dass der öff. Dienstleistungsauftrag nach der VO (EG) 1370/2007 im Gegensatz zur eigenwirtschaftlichen Genehmigung Ausschließlichkeitswirkung entfaltet. Ist einem Verkehrsunternehmen ein öff. Dienstleistungsauftrag erteilt worden, so ist dieses Unternehmen während der gesamten Laufzeit vor jeglicher Konkurrenz oder Wettbewerb geschützt. Für eigenwirtschaftliche Genehmigungen gilt dies jedoch gerade nicht. Ganz aktuell hat sich das BMVI mit seinem Bericht zur Evaluierung nach § 66 PBefG unter C I 1 mit der Frage beschäftigt und deutlich gemacht, dass die in § 13 Absatz 2 PBefG verankerte Schutzwirkung von eigenwirtschaftlichen Genehmigungen nicht so stark ausgeprägt ist, dass hierin eine Ausschließlichkeit im Sinne des Artikel 2 Buchstabe f der VO (EG) 1370/2007 gesehen werden kann, denn diese Definition verlangt den Ausschluss sämtlicher Betreiber. Demgegenüber – so der Bericht weiter – ist die Schutzwirkung des § 13 Absatz 2 Satz 1 PBefG davon abhängig, dass der Verkehr befriedigt bedient werden kann. Diese Auffassung ist zutreffend aus folgenden Gründen: Ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag ist immer abzuschließen, oder es wird davon ausgegangen , dass ein solcher vorliegt, wenn die zuständige Behörde bzw. der Aufgabenträger dem Betreiber Ausgleichsleistungen gleich welcher Art im Gegenzug für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen gewährt. Das gleiche gilt, wenn sie ihm dafür ein ausschließliches Recht verleihen möchte (Art. 1 Abs.1 Unterabs. 2, Art. 3 Abs. 1). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 14 Hierunter versteht die EGVO das Recht, Linienverkehre unter Ausschluss aller anderen Betreiber zu erbringen (Art. 2 Buchst. f). Ein solches Recht wird durch die Genehmigung nach § 13 PBefG nicht verliehen. Der Gedanke der Ausschließlichkeit ist dem PBefG fremd und gilt nur für die Auftragsvergabe bei Marktversagen, in der Regel handelt es sich dabei um Inhouse- oder und Direktvergaben (Eigenvergaben). Die Genehmigung ist lediglich ein gewerberechtliches Instrument der Gefahrenabwehr, das die ordnungsgemäße Verkehrsbedienung sicherstellen soll. So geben die Bestimmungen des § 13 Abs. 2 Nr. 3 ac die Möglichkeit zum Versagen bzw. Abwehren einer neuen Genehmigung nur für den Fall einer Konkurrenzsituation, in der jemand anders den gleichen Verkehr bedienen möchte, aber wesentliche Verbesserungen nicht vorgeschlagen werden oder der vorhandene Unternehmer sie übernimmt, indem er den Verkehr ausgestaltet. Gerade diese Regelungen zeigen deutlich, dass das PBefG gerade nicht will, dass Wettbewerb ausgeschlossen oder verhindert wird, sondern von einem stets möglichen und wirksamen Wettbewerb um dieselbe Linie ausgeht und diesen zu Verbesserungen der Verkehrsbedienung nutzt, wenn sie angeboten werden, unabhängig davon, wie lange die Genehmigung noch gültig ist. Im Interesse der Beständigkeit der Bedienung der Linie gibt es dann jedoch dem vorhandenen Unternehmer den Vorrang oder lässt ihm bei Verbesserungsvorschlägen die erste Wahl zu reagieren. Das ist der Sinn des Doppelbedienungsverbots, das das BVerwG feststellte. Hierin liegt jedoch kein Schutz vor Wettbewerb und kein Ausschluss dritter Interessenten , wie die o.a. Definition der EGVO verlangt. Auch die Vergabekammern Düsseldorf (Beschluss vom 14.05.2004, Az.: VK 7/2004 L) und Baden-Württemberg (Beschluss vom 17.03.2005, Az.: VK 5/2005) haben aus diesen Gründen abgelehnt, in der Genehmigung ein ausschließliches Recht zu sehen. Allerdings wird in der Literatur teilweise von einem „Mehrfachgenehmigungsverbot“ gesprochen . Diese Formulierung ist jedoch irreführend, da sie auf den ersten Blick auf eine Exklusivitätswirkung schließen lassen könnte. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass nach Art. 2 lit. f. VO ein „ausschließliches Recht“ ein Recht ist, das „einen Betreiber eines öffentlichen Dienstes berechtigt, bestimmte öffentliche Personenverkehrsdienste auf einer bestimmten Strecke oder in einem bestimmten Streckennetz oder Gebiet unter Ausschluss aller anderen solchen Betreiber zu erbringen“. Diese Voraussetzungen sind jedoch bei der Linienverkehrsgenehmigung nach § 13 PBefG nicht gegeben. Schon begrifflich hat die Genehmigung nichts mit der Übertragung von Rechten zu tun. Bei Genehmigungen handelt es sich um ein Instrument des Gefahrenabwehrrechts . Von diesem Mittel macht der Gesetzgeber regelmäßig dann Gebrauch, wenn er ein Verhalten für potenziell so gefährlich hält, dass eine Anzeige nicht hinreichend erscheint und deshalb eine Überprüfungsmöglichkeit geschaffen werden soll, ob Art und Umstände dieses Verhaltens nicht zu Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen. Die Genehmigung, die auch Erlaubnis genannt wird, hebt präventive Verbote auf. Sie aktiviert also eine grundsätzlich bestehende „latente“ Berechtigung, deren Ausübung lediglich bis zur Freigabe im Wege einer Genehmigung oder Erlaubnis gesetzlich zum Ruhen gebracht wurde, um überprüfen zu können, ob keine öffentlichen Interessen verletzt sind40. Die Genehmigung schafft damit kein Recht, sondern setzt dieses vielmehr voraus. 40 Fußnote im Zitat: Karnop, Recht der Gefahrenabwehr, Baden-Baden 1998, Seite 67 RdNr 88 bis 92. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 15 Lediglich dessen vorübergehende Ausübungsbeschränkung wird durch die Genehmigung aufgehoben. Dies gilt auch für die Personenbeförderung. Das Recht des Unternehmers auf Personenbeförderung fußt in der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG41 und damit eben nicht auf der Genehmigung . Somit wird mit einer Genehmigung kein Recht übertragen oder ein subjektiv-öffentliches Recht begründet42. Es wird allerdings ein subjektiv-öffentliches Recht eines Antragstellers , nämlich das Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 GG verletzt, wenn eine Genehmigung rechtswidrig versagt wird. Dementsprechend geht das PBefG von einem Genehmigungsanspruch aus, der nur dann entfällt, wenn ein im Gesetz bezeichneter Versagungsgrund vorliegt.43 Die Linienverkehrsgenehmigung vermittelt auch keine Ausschließlichkeit. Zwar erhält jeweils ein Unternehmen eine Genehmigung, den Linienverkehr zu betreiben. Allerdings kann zu jeder Zeit ein anderes Unternehmen einen Konkurrenzantrag auf diese Genehmigung stellen und wird auch Erfolg haben, dem Alteigentümer seine Genehmigung abzujagen , wenn sein Angebot wesentlich besser ist. Zudem gibt es zahlreiche Fälle in der Praxis , in denen mehrere Unternehmen auf nahezu denselben Strecken mit eigenen Genehmigungen unterwegs sind und damit Parallelverkehre erbringen. Somit findet zwar kein Wettbewerb im Markt um den Fahrgast statt; unangetastet bleibt allerdings die Möglichkeit des Wettbewerbs um den einzelnen Linienverkehr als solchen, d.h. um den Markt. Somit ist sichergestellt, dass der Betreiber eines Linienverkehrs gerade nicht berechtigt ist, bestimmte öffentliche Personenverkehrsdienste auf einer bestimmten Strecke oder in einem bestimmten Streckennetz oder Gebiet unter Ausschluss aller anderen solchen Betreiber zu erbringen. Es gibt zudem zahlreiche Linien, die zu unterschiedlichen Zeiten von verschiedenen Unternehmen bedient werden, bei gleicher Streckenführung. Ein Ausschluss aller anderen Betreiber zu Gunsten des Genehmigungsinhabers kann insbesondere nicht § 13 Abs. 2 Nr. 3a PBefG entnommen werden. Danach ist „die Genehmigung zu versagen, wenn der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigt werden kann“. Dieser Formulierung kann sogar entnommen werden, dass nach § 13 PBefG grundsätzlich auf derselben - oder in räumlicher Nähe parallelen – Linie andere Verkehre genehmigt werden können44 und auch werden. Der Gesetzgeber legt aber der Genehmigungsbehörde auf, Genehmigungen nicht zu erteilen, wenn der Verkehr durch die vorhandenen Verkehrsmittel befriedigt werden kann. Geschützt werden sollen daher nicht die einzelnen 41 Fußnote im Zitat: Werner; „Der Zugang zum Personenbeförderungsgewerbe im Lichte aktueller Entwicklungen in der Rechtsprechung, GewArch 2004, 89 ff.; BVerfG DVBl. 1960, 597 ff. 42 Fußnote im Zitat: A.A. offenbar Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Anm. 2 zu § 25. 43 Fußnote im Zitat: vgl. auch Fromm/Fey/Sellmann/Zuck; Personenbeförderungsrecht, 3. Aufl., München 2002, § 13 Rz 5; Bidinger; Personenbeförderungsrecht, Kommentar; 2. Aufl., Loseblatt Stand 05.07. § 2 Anm. 3. 44 Fußnote im Zitat: Stender-Vorwachs, Staatliche Verantwortung für gemeinverträglichen Verkehr auf Straße und Schiene nach deutschem und europäischen Recht, Baden-Baden 2005, Seite 145. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 16 Verkehrsbetreiber, sondern der Verkehr als Ganzes. Somit geht es auch hier nicht um einzelne Verkehrsunternehmen. Die Regelung schützt nicht die vorhanden Verkehrsunternehmen, sondern die „vorhandenen Verkehrsmittel“. Damit geht es um eine verkehrliche Regelung, nicht aber um die Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen. Grundlage einer solchen Regelung ist der Wunsch des deutschen Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Fahrgäste , die auch im öffentlichen Verkehrsinteresse liegen, ausreichend zu berücksichtigen. Deshalb sind grundsätzlich jederzeit Anträge auf Parallelverkehre möglich, allerdings wird die Genehmigung dieser Anträge nur dann zugelassen werden, wenn sie eine wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung darstellen (§ 13 Abs. 2 Nr.3b PBefG). Die Regelung des § 13 Abs. 2 Nr. 3a PBefG ist daher eine spezielle Form einer Auswahlentscheidung (besseres Angebot) im Wettbewerb und begründete damit gerade keine Ausschließlichkeit . Auch gewährt § 13 Abs. 2 Nr. 3 c PBefG keinen Schutz vor konkurrierenden Anträgen anderer Betreiber, sondern räumt dem vorhandenen Unternehmer nur ein Ausgestaltungsrecht ein. Nach dieser Vorschrift ist die Genehmigung (eines konkurrierenden Bewerbers) zu versagen, wenn durch den beantragten Verkehr die öffentlichen Verkehrsinteressen beeinträchtigt werden, insbesondere wenn die für die Bedienung dieses Verkehrs vorhandenen Unternehmen oder Eisenbahnen bereit sind, die notwendige Ausgestaltung des Verkehrs innerhalb einer von der Genehmigungsbehörde festzusetzenden angemessenen Frist und, soweit es sich um öffentlichen Personennahverkehr handelt, unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 PBefG selbst durchzuführen. Nach dieser Regelung hat also jeder Betreiber das Recht, auch bei bestehender Genehmigung einen „Angriffsantrag“ zu stellen, der nicht versagt werden kann, wenn der vorhandene Unternehmer von seinem Ausgestaltungsrecht keinen Gebrauch macht und kein mindestens ebenso gutes Angebot unterbreitet45. Die Linienverkehrsgenehmigung verleiht daher dem Unternehmer kein Recht, die genehmigten öffentlichen Personenverkehrsdienste auf einer bestimmten Strecke oder in einem bestimmten Streckennetz oder Gebiet unter Ausschluss aller anderen solchen Betreiber zu erbringen. Man kann daher nicht von einem ausschließlichen Recht sprechen. Diese Regelung sichert den bestmöglichen Verkehr für die Nutzer, unabhängig davon, welches Verkehrsunternehmen den Verkehr betreibt . Denn dem Neubewerber fällt entweder das ganze Linienrecht zu, wenn der bestehende Betreiber von seinem Ausgestaltungsrecht keinen Gebrauch macht, oder er kann mindestens die von ihm beantragten Verkehre neben dem bisherigen Betreiber betreiben. Im Falle eines besseren Konkurrenzangebots wird er darüber hinaus sogar seine eigene Genehmigung verlieren. Kommt es nämlich zu einer Genehmigung für den konkurrierenden 45 Fußnote im Zitat: Vgl. auch Werner, [Fn. 41], Seite 94. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 17 Bewerber, ist die Genehmigung für den bisherigen Inhaber zu widerrufen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG. § 25 PBefG erfasst diesen Fall nicht.46 Hinzu kommt, dass das Ausgestaltungsrecht nach § 13 Abs. 2 Nr. 3c PBefG lediglich dem Inhaber einer Genehmigung nach § 13 PBefG zugutekommt, nicht aber dem Inhaber eines öff. Dienstleistungsauftrages nach der VO (EG) 1370/2007. Nur der Inhaber eines öff. Dienstleistungsauftrages nach der VO (EG) 1370/2007 kann auch ohne Ausgestaltung den Neuantrag abwehren, da nur er das exklusive Recht für diesen Verkehr hat, auch wenn dadurch eine Verbesserung des Verkehrs unterbleibt. Welche Auswirkung hätte es, wenn die Linienverkehrsgenehmigung nach PBefG als ein ausschließliches Recht im Sinne des Art. 3 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 zu werten wäre? Eine solche - aus unserer Sicht, wie zuvor dargestellt, nicht zutreffende – Annahme hätte erhebliche Konsequenzen für die soziale und marktwirtschaftliche Ausgestaltung des PBefG, denn es müsste tatsächlich jede Linienverkehrsgenehmigung nach deutschem Recht mit einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag nach der VO (EG) 1370/2007 versehen werden. Das Ergebnis wäre tatsächlich die Verleihung exklusiver Rechte auf allen Liniengenehmigungen . Dies entspricht allerdings gerade nicht dem Ziel und Regelungsgedanken des PBefG und hätte negative Auswirkungen auf die Qualität des ÖPNV. Der Inhaber eines solchen Rechtes könnte über viele Jahre jegliche Verbesserung des Verkehrs verhindern , auch wenn diese objektiv geboten ist, nur weil sich seine Rendite möglicherweise etwas verschlechtert. Das PBefG ist Ausfluss der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland und einzigartig in ganz Europa. Seit Bestehen des PBefG ist Kerngedanke des Gesetzes, mithilfe des Instruments eines sozialmarktwirtschaftlichen Wettbewerbsverfahrens, dem Genehmigungswettbewerb um eigenwirtschaftliche Genehmigung gerade keine Exklusivrechte und damit „Schutzwälle“ für einzelne Unternehmen durch den grundsätzlichen Ausschluss anderer Unternehmen zu ermöglichen. Der sozialmarktwirtschaftliche Wettbewerb um diese Marktverkehre ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie sich während der gesamten Laufzeit im Wettbewerb befinden und messen lassen müssen. Hierdurch wird sichergestellt , dass sich die Qualität dieser Verkehre allein aufgrund der fehlenden Exklusivität und damit permanenten Wettbewerbssituation immer auf höchstem Niveau befindet. Mit der vorletzten Novellierung des PBefG wurde der exklusive Schutz für den Schienenpersonennahverkehr vor dem straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehr (schienenparallele Verkehre) aus dem PBefG gestrichen, was sofort zu wesentlichen Verbesserungen des ÖPNV auf der Straße geführt hat. Dieser Mechanismus ist bei der Erteilung eines öff. Dienstleistungsauftrags nach der VO (EG) 1370/2007 gerade nicht gegeben. Bei Eigenvergaben nach der VO (EG) 1370/2007 findet überhaupt kein Wettbewerb statt. Bei Preisausschreibungswettbewerben nach der VO (EG) 1370/2007 wird die Qualität der Verkehre auf 10 bis 15 Jahre zementiert. In diesem 46 Fußnote im Zitat: So auch Heinze, § 25 Anm. 1; Sigl, Personenbeförderungsgesetz Anm. 8 zu § 25; a.A. Bidinger , Anm. 2 zu § 25, Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 18 Vergabezeitraum sind keine Qualitätssprünge zu erwarten. Die Erfahrung zeigt, dass die Qualität im Laufe der Jahre nachlässt, was man mit Malusregelungen zu verhindern versucht . Allerdings in der Praxis mit wenig Erfolg. Jegliche Innovation aus dem Markt heraus unterbleibt bei diesen exklusiv geschützten Verkehren. Der europäische Gesetzgeber hat dies sehr wohl gesehen und daher die Verleihung öff. Dienstleistungsaufträge mit exklusiven Rechten nur für die Mitgliedstaaten und die Bereiche vorgesehen, in denen der ÖPNV nicht aus dem Markt heraus betrieben werden kann. In diesen Fällen können die Mitgliedstaaten über öff. Dienstleistungsaufträge exklusive Rechte verhängen, müssen diese allerdings auch mit Steuergeldern finanzieren. In Deutschland ist das dann der Fall, wenn die sozialen Marktverkehre nicht in der Lage sind, die gewünschte Qualität des ÖPNV aufrecht zu erhalten. In diesem Fall können die Aufgabenträger über die Vergabe eines öff. Dienstleistungsauftrages bestimmte Betriebe subventionieren und gleichsam vor Wettbewerb schützen. Die EU-Kommission hat auch öffentlich bekundet, dass sie den deutschen Weg in Form der sozialen Marktwirtschaft um Genehmigungsverkehre als eine „lobende Initiative“ bewertet und positiv begleitet. Wir gehen davon aus, dass eine Closed-Shop-Politik über Eigenvergaben kommunaler Unternehmen mit der Verhängung exklusiver Rechte auch nicht den Gesetzmäßigkeiten eines offenen Binnenmarktes entsprechen dürfte. In jedem Fall müsste das PBefG erneut umfangreich novelliert werden. Insbesondere das wettbewerbliche Verfahren zur Erlangung der Genehmigung, hier auch § 8b PBefG müsste an die Vorgaben der VO (EG) 1370/2007 angepasst und geändert werden. Der in Deutschland praktizierte Genehmigungswettbewerb könnte im Prinzip auch um das dann exklusive Recht weiterhin zur Anwendung kommen. Der Genehmigungswettbewerb würde in diesem Fall zu einem öff. Dienstleistungsauftrag nach der VO (EG) 1370/2007 führen, der wiederum das Recht auf eine Genehmigung auslöst. Der daraus resultierende exklusive Schutz würde keine Marktinitiativen für mindestens 10 Jahre mehr zulassen. Die Verleihung exklusiver Rechte für eigenwirtschaftliche Verkehre würde zu wesentlichen Verschlechterungen für die Nutzer des ÖPNV führen. Nicht ohne Grund wurde der Sonderstatus des schienenparallelen Verkehrs aus dem PBefG gestrichen.“ 3.2. Stellungnahme des VDV – Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. Der VDV nahm zu den aufgeworfenen Fragen wie folgt Stellung: „Der VDV hat sich noch keine abschließende Meinung darüber gebildet, ob die Liniengenehmigung nach § 13 PBefG ein ausschließliches Recht im Sinne von Art. 2 Buchstabe f) VO (EG) Nr. 1370/2007 beinhaltet. Wir möchten nachfolgend jedoch verschiedene Aspekte dieser Fragestellung und der von Ihnen gestellten Folgefrage beleuchten. Wie umstritten die Fragestellung ist, zeigt sich u. a. darin, dass im Kommentar zur VO (EG) Nr. 1370/2007 von Kaufmann/Lübbig/Prieß/Pünder (Verlag C. H. Beck, 2010) in der Einleitung von Fehling (Rn. 96) das ausschließliche Recht bejaht wird, während es bei der Kommentierung des Art. 2 von Kaufmann (Rn. 30) abgelehnt wird. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 19 Der VDV hat daher in der Diskussion vor der PBefG-Novelle zum 1.1.2013 stets gefordert, das Verfahren zur Erteilung der Liniengenehmigung so zu gestalten, dass es auf die Frage rechtlich nicht ankommt. Zu den Folgen einer eventuellen Einstufung als ausschließliches Recht: 1. Wenn man die Liniengenehmigung als ausschließliches Recht ansieht, ist zu differenzieren : a) Wenn es sich um einen gemeinwirtschaftlichen Verkehr handelt, dann basiert der Genehmigungsantrag auf einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag, der zuvor vergeben wurde. Die Genehmigungsbehörde trifft hier keine eigene Auswahlentscheidung mehr, sondern sie vollzieht die Entscheidung des Aufgabenträgers nur noch nach. Sie kann die Auswahlentscheidung des Aufgabenträgers allenfalls ablehnen, was aber nur in sehr seltenen Ausnahmefällen in Frage kommen könnte, wie z. B. bei zwischenzeitlich eingetretener Insolvenz. Die Genehmigungsbehörde kann zu diesem Zeitpunkt aber keinem anderen Unternehmen die Genehmigung erteilen als demjenigen, das die Bestätigung über den öffentlichen Dienstleistungsauftrag vorlegt. Die Erteilung der Liniengenehmigung ist daher kein gesonderter Vergabeakt mehr, so dass ein erneutes Vergabeverfahren nach der VO (EG) Nr. 1370/2007 nicht mehr erforderlich ist (vgl. Schäfer in: Schäfer/Uechtritz/Zuber, Rechtsgestaltung in der kommunalen Praxis, § 36 Rn. 17, […]). Der öffentliche Dienstleistungsauftrag im Sinne der VO (EG) Nr. 1370/2007 kann aus einem oder mehreren rechtsverbindlichen Akten zusammengesetzt sein, vgl. Wortlaut Art. 2 lit. i) VO (EG) Nr. 1370/2007. Die Liniengenehmigung ist dann nur ein Teil eines einheitlichen öffentlichen Dienstleistungsauftrags, es besteht somit kein Widerspruch zur Verordnung. b) Bei eigenwirtschaftlichen Verkehren sind mehrere Folgerungen denkbar. Teilweise wird gefolgert, dass die eigenwirtschaftliche Liniengenehmigung nach der Novelle einen geringeren Konkurrenzschutz gewähren müsse als unter der alten Rechtslage (vgl. Saxinger in: Saxinger/Winnes, Recht des öffentlichen Personenverkehrs, Losebl. Stand 12/2016, Art. 2 lit. f Rn. 32, 52). Es wird aber auch vertreten, dass das Genehmigungsverfahren für eigenwirtschaftliche Liniengenehmigung materiell alle Anforderungen an ein wettbewerbliches Vergabeverfahren nach Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1370/2007 erfüllt. Dann besteht als Abweichung von der VO (EG) Nr. 1370/2007 nur noch, dass die Veröffentlichung der auslaufenden eigenwirtschaftlichen Liniengenehmigungen nicht einzeln, sondern nur jährlich gesammelt erfolgt, vgl. § 18 PBefG. Zwar hat der Gesetzgeber mit § 8b PBefG ausdrücklich Verfahrensregeln zur Ausfüllung von Art. 5 Abs. 3 aufgestellt, die ersichtlich nicht für das Genehmigungsverfahren gedacht sind. Hier wäre aber eine verordnungskonforme Auslegung möglich. Die Transparenz- und Wettbewerbsziele der VO (EG) Nr. 1370/2007 werden auch bei der Erteilung von Liniengenehmigungen für eigenwirtschaftliche Verkehre erreicht. 2. Wenn man jede Liniengenehmigung wegen des Ausschließlichkeitsrechts als öffentlichen Dienstleistungsauftrag interpretiert, dann stellt sich die Frage, wie der Halbsatz „und keine ausschlichen Rechte gewährt werden“ in der Definition der Eigenwirtschaftlichkeit Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 20 in § 8 Abs. 4 PBefG zu verstehen ist. Damit kann nicht das eventuelle Ausschließlichkeitsrecht aus der Liniengenehmigung gemeint sein, denn dann gäbe es gar keine eigenwirtschaftlichen Verkehrsleistungen im Nahverkehr mehr. Damit hätte aber § 8 Abs. 4 PBefG schon rechtlich gesehen gar keinen Anwendungsbereich mehr. Man kann aber nicht davon ausgehen, dass der Gesetzgeber eine Norm schaffen wollte, die in keinem Fall zur Anwendung kommen kann.“ 3.3. Stellungnahme des Deutschen Landkreistages Der Deutsche Landkreistag nahm zu den oben genannten Fragen wie folgt Stellung: „In der Tat begründet bereits die Liniengenehmigung als solche ein ausschließliches Recht im Sinne von Art. 2 lit. f) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, und zwar unabhängig von der Frage, wie der zugrundeliegende Verkehr finanziert ist (gemeinwirtschaftlich oder vermeintlich „eigenwirtschaftlich“): Die Liniengenehmigung ist mehr als eine rein gewerberechtliche Zulassung. Sie heißt Liniengenehmigung , weil sie ein linienbezogenes Recht begründet, das […] Konkurrenzschutz gegen Parallelverkehre vermittelt („Verbot der Doppelbedienung“, § 13 Abs. 2 PBefG). Auch der „Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre“ setzt logisch voraus, dass der Inhaber der Liniengenehmigung einen konkurrierenden Parallelverkehr unterbinden kann; anderenfalls könnte daneben ja immer ein weiteres eigenwirtschaftliches Angebot oder ein gemeinwirtschaftliches Angebot des Aufgabenträgers initiiert werden. Nur durch das Verbot der Doppelbedienung und den Ausschließlichkeitscharakter erklärt sich, dass auch im sog. Genehmigungswettbewerb zwischen eigenwirtschaftlichen Anträgen immer nur eine Liniengenehmigung erteilt werden kann (§ 13 Abs. 2b)); für gemeinwirtschaftlich finanzierte Verkehre gilt nichts anderes. Nur aufgrund des Ausschließlichkeitscharakters der Liniengenehmigung musste im Übrigen für eine „Liberalisierung“ des Busfernverkehrs auf den linienbezogenen Konkurrenzschutz verzichtet werden, vgl. § 13 Abs. 2 Satz 2 PBefG. Ausschließlichkeit kann immer nur auf Zeit gewährt werden und muss von Voraussetzungen abhängen. Der Konkurrenzschutz besteht insofern naturgemäß nur für die Dauer der Liniengenehmigung und kann – in einem erneuten Genehmigungswettbewerb – durch Genehmigung eines konkurrierenden Antrags beendet werden, wenn der konkurrierende Antrag ein wesentlich besseres Verkehrsangebot beinhaltet (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 b) und der bisherige Inhaber der Liniengenehmigung nicht von seinem „Altunternehmerprivileg“ (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 c)) Gebrauch macht. In der politischen Diskussion ist von den Verkehrsverbänden insoweit behauptet worden, die PBefG-Liniengenehmigung begründe deshalb kein ausschließliches Recht, sondern „nur ein besonderes Recht“. Die Annahme eines „ausschließlichen Rechts“ im Sinne von Art. 2 f) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 erfordert jedoch keine absolute, dauerhafte eigentumsähnliche oder gar zukunftsfeste Position mit einem (auch zukünftig) umfassenden Konkurrenzschutz im Sinne einer „Ewigkeitsgarantie“. Entscheidend ist der Ausschluss anderer konkurrierender Linienbedienungen für die Zeit, in der ein Unternehmen die Liniengenehmigung tatsächlich innehat. Für diese Zeit besteht kein „Wettbewerb im Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 21 Markt“ und ist ein erneuter Wettbewerb um den Markt de facto ausgeschlossen und bestenfalls theoretisch möglich. Dass auch den eigenwirtschaftlichen Verkehren – im direkten Widerspruch zu der gegenteilig lautenden Definition in § 8 Abs. 4 S. 2 PBefG – durch die Liniengenehmigung ein ausschließliches Recht gewährt wird, deckt sich auch mit den Ausführungen der EU-Kommission in ihrer Mitteilung zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 (ABl. EU C 92/1 vom 29.3.2014). Dort wird unter Ziffer 2.2.6 ausführt, dass das Merkmal der Ausschließlichkeit bereits erfüllt ist, wenn Rechte gewährt werden, die „nicht-ausschließlich erscheinen, aber andere Unternehmen de facto an einer Marktbeteiligung hindern.“ Dies gelte namentlich für „Verwaltungsvereinbarungen, mit denen die Genehmigung zum Betrieb öffentlicher Verkehrsdienste erteilt wird, sofern bestimmte Kriterien bezüglich des gewünschten Umfangs und der gewünschten Qualität dieser Dienste erfüllt werden, in der Praxis zu einer Beschränkung der Zahl der Betreiber auf dem Markt führen.“ Auch die Rechtsprechung geht in mehreren Entscheidungen zumindest implizit von einer Ausschließlichkeitswirkung aus, siehe insbesondere BayVGH vom 16.8.2012 (1 C 12.1607), Rn. 63; VG Halle vom 25.10.2010 (7 A 21/10 HAL); VG Augsburg vom 24.3.2015 (Au 3 K 13.2063, Au 3 K 14.34), Rn. 112; VK Münster vom 29.5.2013 (VK 5/13); die Vergabekammer Münster leitete aus dem Umstand, dass eine eigenwirtschaftliche Liniengenehmigung die Genehmigung eines ausgeschriebenen Verkehrs verbietet, dabei irrtümlich sogar Konsequenzen auch für das – nach der derzeitigen Konstruktion des nationalen Rechtsrahmens völlig getrennte – Vergabeverfahren ab und postuliert ein angebliches Erfordernis der „Vergabereife“. Durch das ausschließliche Recht begründet die Liniengenehmigung für die Dauer ihrer Geltung ein linienbezogenes Monopol. Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 akzeptiert ein solches System des regulierten Wettbewerbs als Ausgleich für die mit einer Liniengenehmigung verbundenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen (im PBefG: Betriebs-, Beförderungs - und Tarifpflicht), verlangt im Gegenzug aber, den „Wettbewerb um den Markt“, d.h. den Marktzugang und die staatliche Verteilungsentscheidung, nach ihren Regeln zu organisieren. [Somit] ist die Liniengenehmigung damit bereits selbst öffentlicher Dienstleistungsauftrag im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 und müsste nach deren Regeln von der zuständigen Behörde, d.h. durch den Aufgabenträger, vergeben werden. Die nach dem PBefG bestehende Möglichkeit unternehmensinitiierter „eigenwirtschaftlicher“ Anträge und die Regelungen zum sog. Genehmigungswettbewerb stehen dazu im Widerspruch. Aufgrund der Rechtswirkungen, die im geltenden Recht mit einer PBefG-Liniengenehmigung verbunden sind, muss die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 umfassend auf sämtliche Linienverkehre angewandt werden, gleichgültig ob „eigenwirtschaftlich“ oder „gemeinwirtschaftlich “ finanziert. Ein Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre, so wie er derzeit rechtlich ausgestaltet ist, lässt sich mit der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 insofern nicht vereinbaren . Will man diesen Regelungswiderspruch vermeiden, müsste man § 8 Abs. 4 S. 2 PBefG zwingend ändern und bestimmen, dass mit der PBefG-Genehmigung nur eine rein gewerberechtliche Zulassung und kein linienbezogenes Ausschließlichkeitsrecht im Sinne von Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 22 § 13 Abs. 2 PBefG verbunden ist und dass ein ausschließliches Recht erst in einem weiteren Schritt und nur durch den öffentlichen Dienstleistungsauftrag der zuständigen Behörde , also durch den ÖPNV-Aufgabenträger, gewährt wird. Auch dann würde ein „Vorrang “ eigenwirtschaftlicher Verkehre allerdings mangels Ausschließlichkeit zwangsläufig entfallen, was nochmals zeigt, dass diese Vorrangregelung insgesamt nicht mit der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in Einklang zu bringen ist. Diese Rechtsaufassung spiegelt sich auch in der Kommentarliteratur wider. Eine ausführliche Subsumtion der Liniengenehmigung unter den Begriff des ausschließlichen Rechts findet sich bei Saxinger, in: Saxinger/Winnes, Recht des öffentlichen Personenverkehrs, Art. 2 Lit. f VO 1370, Rn 15ff. Die Vorrangregelung erläuternd und für die Definition der Eigenwirtschaftlichkeit in § 8 Abs. 4 nicht nur Europa-, sondern auch Verfassungswidrigkeit annehmend, vgl. Winnes, in: Saxinger/Winnes, § 8 Abs. 4, Rn. 18ff und § 8a Abs. 1 Rn 5ff und 17f.“ 3.4. Stellungnahme des Deutschen Städtetags Der Deutsche Städtetag nahm zu den aufgeworfenen Fragen wie folgt Stellung: „[D]a sich die Kollegen der anderen kommunalen Spitzenverbände schon frühzeitiger gemeldet hatten, bleibt mir lediglich ebenfalls auf die Stellungnahme der Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände zu verweisen.[47] Wir verweisen insoweit auch besonders auf die Sachdarstellung des DLT, die diese inhaltlich widerspiegelt. Sie hatten die Frage gestellt, ob das Mehrfachgenehmigungsverbot im Sinne des § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 PBefG ein ausschließliches Recht im Sinne des Art. 2 lit. f) VO (EG) Nr. 1370/2007 begründet? Zur dieser Frage dürfen wir sie auf den Kommentar Recht des öffentlichen Personenverkehrs , Saxinger/Winnes, § 12 Rdnr. 53, 2. EL Oktober 2013: "Die Vorgaben des Gesetzgebers sind erkennbar von dem Gedanken getragen, Linienverkehrsgenehmigungen nicht als ausschließliche Rechte i. S. d. Art. 2 lit. f und Art. 3 Abs. 1 VO 1370 zu qualifizieren (s. § 8a Abs. 8 PBefG). Dies steht indes in Widerspruch zu einem Großteil der vertretenen Ansichten in Rechtsprechung und juristischer Literatur ". Siehe dazu ferner Fn. 112, sowie Rdnr. 33 mit weiteren Nachweisen. Falls diese Frage zu bejahen ist, welche Schlussfolgerungen ergeben sich für die Bedeutung des Vorrangs der Eigenwirtschaftlichkeit von ÖPNV-Verkehrsleistungen nach § 8 Abs. 4 S. 1 PBefG und ist nicht jede Liniengenehmigung nach § 13 PBefG ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag im Sinne des Art. 3 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007? Folgt man der überwiegenden Meinung, dann ist die Annahme eines Zirkelschluss in der Formulierung des § 8a Abs. 1 PBefG in Bezug auf die Definition der Eigenwirtschaftlichkeit in § 8 Abs. 4 S. 2 PBefG unvermeidlich.“ 47 Siehe Fn. 28. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 23 3.5. Stellungnahme des Deutschen Städte- und Gemeindebunds e. V. In seiner Stellungnahme zu den aufgeworfenen Fragen führte der Deutsche Städte- und Gemeindebund e. V. Folgendes aus: „[G]erne beantworten wir Ihre Fragen. Es handelt sich um eine zentrale Fragestellung für die zukunftsfähige Organisation der Bereitstellung von Nahverkehrsleistungen durch die kommunalen Aufgabenträger. 1. Begründet das Mehrfachgenehmigungsverbot im Sinne des § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 PBefG ein ausschließliches Recht im Sinne des Art. 2 lit. f) VO (EG) Nr. 1370/2007? Ja. Die Versagungsgründe des § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 PbefG beziehen sich durchweg auf bestehende andere Verkehrsangebote. Neue (beantragte) Verkehrsangebote werden gesetzlich ins Verhältnis zu den bestehenden Angeboten gesetzt und daraufhin geprüft, ob es einen Bedarf für den beantragten Verkehr gibt. Dieser Bedarf wird verneint (Versagungsgrund), wenn es ein anderes Verkehrsunternehmen gibt, oder das neue Angebot keine wesentliche Verbesserung darstellt (etwas "Neues" ist). Das heißt, nur wenn der beantragte Verkehr so wesentliche Verbesserungen für das Verkehrsangebot bringt, dass nicht mehr davon gesprochen werden kann, dass das Angebot dem bestehenden gleicht, wäre es überhaupt grundsätzlich genehmigungsfähig. Das heißt, es wird ausgeschlossen, dass eine Genehmigung erteilt wird, die sich nicht wesentlich abhebt von einem bestimmten bestehenden Verkehrsdienst in einem bestimmten Streckennetz oder Gebiet entsprechend Art.2 lit. f) VO (EG) 1370/2007. Die PbefG-Regelung geht aber noch weiter und verstärkt den Schutz des mit der Genehmigung gewährten ausschließlichen Rechts: In § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchstabe c) PBefG wird dem Verkehrsunternehmen, welches einen bestehenden Verkehrsdienst erbringt die Möglichkeit eingeräumt, diesen Verkehrsdienst so zu verbessern, dass der beantragte Verkehrsdienst keine wesentliche Verbesserung mehr darstellt und deshalb zu versagen ist. Dafür ist es ausreichend, dass das die Liniengenehmigung haltende Verkehrsunternehmen die Anforderungen des Nahverkehrsplanes nach § 8 Abs. 3 des PBefG erfüllt. Der Nahverkehrsplan definiert die Anforderungen an Umfang und Qualität der Verkehrsleistungen, mit denen eine ausreichende Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen sichergestellt wird. Auch die Regelung des § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchstabe d) PBefG hat den Zweck, die wirtschaftliche Situation des Unternehmens, welches eine Liniengenehmigung hält, vor Konkurrenz zu schützen, indem Genehmigungen versagt werden, mit denen einzelne Linien aus einem Linienbündel beantragt werden, was nur sinnvoll ist, wenn es sich dabei um wirtschaftlich lukrative Linien handelt. Ein derartiges zusätzliches Angebot wird ausgeschlossen , indem das bestehende Recht zur Erbringung des Linienverkehrs (Liniengenehmigung ) anderen Antragstellern verweigert wird. 2. Was folgt daraus für die Bedeutung des Vorrangs der Eigenwirtschaftlichkeit von ÖPNV-Verkehrsleistungen nach § 8 Abs. 4 S. 1 PBefG? Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 003/17 Seite 24 Grundsätzlich sind die Fragen der Eigenwirtschaftlichkeit und die nach ausschließlichen Rechten zwei voneinander unabhängig zu betrachtende Fragen. Die EU VO (EG) 1370/2007 geht davon aus, dass die eigenwirtschaftliche Erbringung von Verkehrsleistungen auf dem Verkehrsmarkt die Normsituation ist und Eingriffe der öffentlichen Hand davon abweichen und deshalb regelbedürftige Situationen (vgl. Art. 1 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007) sind. Daraus geht gleichzeitig hervor, dass das Tätigwerden von Behörden nicht vor- oder nachrangig zum Tätigwerden von privaten Unternehmen ist, sondern sachliche Gründe haben muss. Liegen diese vor, ist ein Tätigwerden der Behörden legitimiert und hat bestimmten Regeln zu folgen, die in der VO (EG) 1370/2007 festgelegt sind. Der Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit, wie er nach dem PBefG ausgestaltet ist, ist mit der VO 1370/2007 nicht vereinbar. Nach der Systematik der VO (EG) 1370/2007 hat ein Unternehmen Anspruch auf einen Ausgleich, wenn die zuständige Behörde eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung auferlegt oder einen Auftrag erteilt, um Verkehrsleistungen zu gewährleisten, die bei einem freien Spiel des Marktes nicht angeboten würde. Die Behörde kann hierfür einen finanziellen Ausgleich leisten oder ausschließliche Rechte nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) 1370/2007 gewähren. Der Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit bedeutet damit letztlich, dass der deutsche Gesetzgeber die in der VO (EG) 1370/2007 angelegte Möglichkeit der Gewährung eines ausschließlichen Rechtes nicht wirksam werden lässt. Andererseits regelt er jedoch ausschließliche Rechte. Das ist ein Widerspruch im PBefG, der aufgelöst werden muss, da sonst nicht auszuschließen ist, dass das Mehrfachgenehmigungsverbot eine unzulässige Überkompensation zu Gunsten der Verkehrsunternehmen ist, die sowohl eine Liniengenehmigung haben, als auch auf Basis eines eigenwirtschaftlich beantragten Verkehrs einen Ausgleich für eine gemeinwirtschaftliche Leistung erhalten. 3. Ist eine Liniengenehmigung nach § 13 PBefG ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag im Sinne des Art. 3 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007? Ja, entsprechend der weiten Definition von Art. 2 Buchstabe i VO (EG) Nr. 1370/2007. Diese Definition beinhaltet ein weiteres Verständnis als das Verständnis, welches z.B. dem § 103 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) zugrunde liegt. Es muss sich danach nicht unbedingt um Verträge über die Erbringung von Leistungen handeln , sondern es kann sich z.B. auch um rechtsverbindliche Akte in Form eines Gesetzes handeln oder in der Entscheidung der zuständigen Behörde bestehen, diese Dienstleistungen selbst zu erbringen. Abschließend möchten wir zum Ausdruck bringen, dass die vorhandenen Widersprüche nur dadurch aufzulösen sind, dass die Regelung des Vorrangs eigenwirtschaftlicher Verkehre im PBefG beendet und indem die Genehmigung der Genehmigungsbehörden auf eine gewerberechtliche Genehmigung beschränkt wird, Verkehrsleistungen gemäß PBefG anzubieten. Damit wäre dann jedoch keine konkrete Liniengenehmigung, die wie dargestellt , einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag und damit ein ausschließliches Recht ist, verbunden. Ein "eigenwirtschaftlicher" Verkehr kann diese Ausschließlichkeit nicht und damit auch keinen Vorrang für sich beanspruchen.“ * * *