© 2019 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 002/19 Zuständigkeiten für das Aufspüren und Abwehren von Drohnen in Flughafennähe Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 002/19 Seite 2 Zuständigkeiten für das Aufspüren und Abwehren von Drohnen in Flughafennähe Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 002/19 Abschluss der Arbeit: 11.2.2019 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 002/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung und Fragestellung 4 2. Rechtvorschriften zum Drohnenbetrieb 5 3. Drohnen und Flughäfen 6 3.1. Aufgaben der Flugsicherung bei der Beobachtung des Luftraumes und dem Aufspüren von Drohnen 7 3.2. Gefahrenabwehr durch Entfernen von Drohnen aus dem Luftraum 8 4. Zuständigkeit für die Anschaffung von Abwehrtechniken 11 5. Literaturhinweise 12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 002/19 Seite 4 1. Einleitung und Fragestellung Als „Drohne“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch ein unbemanntes Fluggerät bezeichnet. Das deutsche Luftrecht unterscheidet zwischen unbemannten Luftfahrtsystemen und Flugmodellen.1 Gemäß § 1 Luftverkehrsgesetz handelt es sich bei unbemannten Luftfahrtsystemen um ausschließlich gewerblich genutzte Geräte.2 Flugmodelle sind hingegen private, also zum Zwecke des Sports oder der Freizeitgestaltung genutzte, Geräte.3 Hintergrund der Fragen sind die Störungen des Flugverkehrs am Flughafen London-Gatwick rund um den 20. Dezember des vergangenen Jahres.4 Im Einzelnen geht es um folgende Fragen: - Wer ist zuständig für das Aufspüren von Drohnen an Flughäfen und im Umkreis von Flughäfen (auch außerhalb der 1,5 km -Zone)? - Wer ist für die Abwehr der Drohnen an Flughäfen zuständig? - Wer ist zuständig für die Anschaffung von entsprechender Abwehrtechnik? Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages haben zum Thema Drohnen bereits gearbeitet und einen Teil der Fragen beantwortet. So heißt es in dem Sachstand WD 5 - 3000 - 055/17 wie folgt: „In Deutschland werden unbemannte Luftfahrzeuge (unmanned aircraft systems – UAS oder auch unmanned aircraft vehicle – UAV), sogenannte Drohnen, zu vielfältigen privaten und kommerziellen Zwecken eingesetzt, wie z.B. für Luftaufnahmen zur Erschließung von Grundstücken, Wartungsarbeiten, atmosphärische Untersuchungen, Unterstützung von Kommunikationsvorgängen und unterschiedliche Beobachtungseinsätze. Der zivile unbemannte Luftverkehr ist in Deutschland im Luftverkehrsgesetz (LuftVG)5 und in der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO)6 geregelt. Die Regelungen in der LuftVO zum Betrieb von unbemannten Fluggeräten vom 30. März 2017 haben die Abwehr von Gefahren für die allgemeine Sicherheit, den Schutz der Privatsphäre und den Naturschutz zum Ziel und wenden sich dabei an die Betreiber der unbemannten Fluggeräte. Die LuftVO regelt aber nicht die „Drohnenabwehr“. 1 Borsdorff, Anke, in: Möllers, Martin [Hrsg.], Wörterbuch der Polizei, Stichwort Luftsicherheit, 3. Auflage 2018. 2 https://www.gesetze-im-internet.de/luftvg/__1.html (zuletzt aufgerufen am 21.1.2019). 3 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/LF/151108-drohnen.html. 4 https://www.tagesschau.de/ausland/gatwick-drohnen-101.html (zuletzt aufgerufen am 21.1.2019). 5 https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/luftvg/gesamt.pdf (letzter Abruf am 21.1.2019). 6 http://www.gesetze-im-internet.de/luftvo_2015/ (letzter Abruf am 21.1.2019). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 002/19 Seite 5 Die Frage, unter welchen Voraussetzungen es in Deutschland zulässig ist, außer Kontrolle geratene Drohnen kontrolliert zum Absturz zu bringen, ist auf der Grundlage des allgemeinen Polizeirechts des Bundes und der Bundesländer zu beantworten.“ Auf die spezielle Situation an und im Umkreis von Flughäfen wurde dabei nicht eingegangen. In dem Sachstand findet sich auch eine Darstellung von Drohnenabwehrsystemen. Es wird geschätzt , dass es in Deutschland bereits im Jahr 2017 über 600.000 dieser Flugobjekte gab.7 Bis zum Jahr 2020 soll sich die Zahl nach Schätzung der Deutschen Flugsicherung verdoppeln.8 2. Rechtvorschriften zum Drohnenbetrieb Der Verordnungsgeber, federführend das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), hat 2017 Regeln für den Betrieb von Drohnen erlassen.9 Einschlägig ist hier die Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten vom 30. März 2017, eine umgangssprachlich als Drohnenverordnung bezeichnete Artikelverordnung 10, die die bereits existierende Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO), Luftverkehrsordnung und Kostenverordnung der Luftfahrtverwaltung (LuftKostV) geändert hat.11 Damit wurden detaillierte Regelungen des Rechtrahmens in die LuftVO aufgenommen, insbesondere die §§ 21 a-f LuftVO.12 Zu beachten sind insoweit auch die § 19 Abs. 3 sowie § 108 Abs. 1 Nr. 3 LuftVZO. Die Verordnung ist bereits am 6. April 2017 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und am 7. April in Kraft getreten. Die Regelungen bezüglich der Kennzeichnungspflicht und die Pflicht zur Vorlage eines Kenntnisnachweises gelten seit dem 1. Oktober 2017. 7 https://rp-online.de/panorama/deutschland/drohnen-wachsende-anzahl-stellt-behoerden-vor-probleme_aid- 17756595 (letzter Abruf an 5.2.2019). 8 https://rp-online.de/panorama/deutschland/drohnen-wachsende-anzahl-stellt-behoerden-vor-probleme_aid- 17756595 (letzter Abruf an 5.2.2019). 9 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/LF/151108-drohnen.html?nn=12830 (letzter Abruf an 22.1.2019). 10 BGBl. I 2017, 683, https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/LF/verordnung-zur-regelung-des-betriebs-vonunbemannten -fluggeraeten.pdf?__blob=publicationFile; https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl117s0690.pdf%27%5D #__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl117s0683.pdf%27%5D__1548146275806 (letzter Abruf am 22.1.2019). 11 Giemulla, Elmar/ Schyndel van, Heiko/ Friedl, Achim, Gewerblicher und privater Einsatz von Drohnen – Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten, 2018, S. 17. 12 Stellpflug, Timo/ Hilpert, Johannes, Novellierter Rechtsrahmen für den Betrieb unbemannter Fluggeräte, NVwZ 2017, 1490; Uschkereit, Tim/Zdanowiecki, Konrad: Rechtsrahmen für den Betrieb ziviler Drohnen, NJW 2016, 444; Giemulla, Elmar/ Schyndel van, Heiko/ Friedl, Achim, Gewerblicher und privater Einsatz von Drohnen – Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten, 2018; Giemulla, Elmar/ Schmid, Ronald [Hrsg.]: Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Loseblatt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 002/19 Seite 6 Hier relevant ist auch die Allgemeinverfügung zur Erteilung von Flugverkehrskontrollfreigaben zur Durchführung von Flügen mit Flugmodellen und unbemannten Luftfahrtsystemen in Kontrollzonen von Flugplätzen nach § 27d Abs. 1 LuftVG an den internationalen Verkehrsflughäfen mit DFS-Flugplatzkontrolle (NfL 1-1197-17).13 Das BMVI hat ein Faltblatt erstellt, in dem die Regelungen vereinfacht und verständlich dargestellt sind.14 3. Drohnen und Flughäfen Die Deutsche Flugsicherung (DFS) schreibt zum Betrieb von Drohnen in Flughafennähe auf Ihrer Internetseite15: „Für Aufstiege von Flugmodellen und unbemannten Luftfahrtsystemen ist, abhängig vom Aufstiegsort, nach § 21 LuftVO die Einholung einer Flugverkehrskontrollfreigabe bei der zuständigen Flugverkehrskontrollstelle erforderlich.16 Eine schriftliche oder telefonische Freigabe benötigen Sie für Aufstiege in der unmittelbaren Umgebung (Kontrollzone) von internationalen Verkehrsflughäfen (wie z. B. Frankfurt), Regionalflughäfen (wie z. B. Dortmund) militärischen Flugplätzen (wie z. B. Nordholz) sowie außerhalb von Kontrollzonen bei Flügen in größeren Höhen. Die Freigabe gilt für Aufstiege in den 16 von der DFS betreuten Kontrollzonen unter folgenden Auflagen generell als erteilt: Der Mindestabstand zur Flugplatzbegrenzung beträgt: 1,5 km. Der Flugbetrieb findet nur in direkter Sichtweite des Steuerers statt. (Ferngläser, On-Board Kameras, Nachtsichtgeräte oder ähnliche technische Hilfsmittel fallen nicht unter den Begriff der direkten Sichtweite.) Der Luftraum ist während des Fluges, insbesondere im Hinblick auf anderen Verkehr , ständig vom Steuerer oder einer zweiten Person, die mit dem Steuerer in Kontakt steht, zu beobachten. Bemanntem Flugverkehr ist stets auszuweichen, vorrangig durch die Verringerung der Flughöhe oder durch Landung. Maximales Gewicht der Flugmodells: 5 kg 13 https://www.dfs.de/dfs_homepage/de/Drohnenflug/Regeln/Drohnen%20in%20Flughafenn%C3%A4he/1-1197- 17.pdf (letzter Abruf 9.1.2019). 14 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/LF/flyer-die-neue-drohnen-verordnung.pdf?__blob=publication File; siehe auch: https://www.focus.de/finanzen/experten/tobias_klingelhoefer/drohnenverordnungdiese -regeln-gilt-es-zu-beachten_id_7614328.html (letzter Abruf 30.1.2019). 15 https://www.dfs.de/dfs_homepage/de/Drohnenflug/Regeln/Drohnen%20in%20Flughafenn%C3%A4he/ (letzter Abruf 9.1.2019). 16 Giemulla, Elmar/ Schyndel van, Heiko/ Friedl, Achim, Gewerblicher und privater Einsatz von Drohnen – Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten, 2018, S. 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 002/19 Seite 7 Maximales Gewicht des unbemannten Luftfahrzeugs: 25 kg Maximale Flughöhe des Flugmodells: 50 m Maximale Flughöhe des unbemannten Luftfahrzeugs: 50 m Die im Folgenden aufgeführten internationalen Verkehrsflughäfen werden von der DFS betreut: Berlin-Schönefeld, Berlin-Tegel, Bremen, Düsseldorf, Dresden, Erfurt, Frankfurt /Main, Hamburg, Hannover, Köln/Bonn, Leipzig/Halle, München, Münster/Osnabrück, Nürnberg, Saarbrücken und Stuttgart. Für Flüge mit Flugmodellen bzw. Drohnen näher als 1,5 km zur Flugplatzbegrenzung und in Höhen von mehr als 50 m kann eine Freigabe bei der örtlichen Flugplatzkontrollstelle beantragt werden. Diese Freigabe wird in der Regel mit weiteren Auflagen versehen .17 Hinweis: Es sind darüber hinaus gegebenenfalls weitere Regelungen/ Anordnungen der zuständigen Landesluftfahrtbehörden zu beachten.“ 3.1. Aufgaben der Flugsicherung bei der Beobachtung des Luftraumes und dem Aufspüren von Drohnen Das Entfernen von Drohnen aus dem Luftraum setzt zunächst voraus, dass diese bemerkt bzw. entdeckt werden (Drohnendetektion).18 Insofern stellt sich die Frage, wer für das Aufspüren von Drohnen an Flughäfen und im Umkreis von Flughäfen (auch außerhalb der 1,5 km -Zone) zuständig ist. Die Beobachtung des Luftraums ist grundsätzlich eine Aufgabe der Deutschen Flugsicherung (DFS).19 Die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH ist als ein beliehenes Unternehmen Teil der Luftverkehrsverwaltung des Bundes (Art. 87d GG). Sie steht im ausschließlichen Eigentum der Bundesrepublik Deutschland, die durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) vertreten wird.20 Auf Grundlage der europarechtlichen Definition der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2004 zur Festlegung des Rahmens für die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums (EG) Nr. 549/2004 (Rahmenverordnung, ABl. EG Nr. L 96 S. 1) ist der verfassungsändernde Gesetzgeber davon ausgegangen, dass zu den Aufgaben der Luftsicherung auch Überwachungsdienste gehören.21 17 Siehe auch dazu Giemulla, Elmar/ Schyndel van, Heiko/ Friedl, Achim, Gewerblicher und privater Einsatz von Drohnen – Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten, 2018, S. 24. 18 https://www.sicherheit.info/artikel/1140395 (letzter Abruf 5.2.2019). 19 https://www.dfs.de/dfs_homepage/de/ (letzter Abruf 5.2.2019). 20 Die DFS ging 1993 aus der Bundesanstalt für Flugsicherung (BFS) hervor. 21 Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu, Bruno/ Hofmann, Hans/ Henneke, Hans-Günter, Grundgesetz, 14. Aufl. 2018, Art. 87d Rn. 10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 002/19 Seite 8 Gemäß § 27c Abs. 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) dient die Flugsicherung der sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs. Laut Abs. 2 umfasst die Flugsicherung auch die Flugverkehrsdienste, zu denen auch Überwachungsdienste gehören (Nr. 4). Die Luftraumüberwachung ist die Erfassung aller Flugbewegungen mittels Primär- und Sekundärradar .22 Eine spezifische Behörde speziell zur Drohnenerfassung oder -abwehr existiert nicht. 3.2. Gefahrenabwehr durch Entfernen von Drohnen aus dem Luftraum Das Wörterbuch der Polizei führt zum Thema Drohnen im Luftraum wie folgt aus: „Die Abwehr von Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs erfolgt vor allem im Wege der Durchführung zahlreicher Kontrollmaßnahmen, sie schließt aber auch die Vornahme von Zuverlässigkeitsüberprüfungen, die Aufstellung eines Nationalen Luftsicherheitsprogramms (NLSP) sowie von Luftsicherheitsprogrammen, aber auch die Anordnung und Überwachung von Sicherheitsmaßnahmen seitens der Luftsicherheitsbehörden mit ein (vgl. §§ 1, 2, 5 LuftSiG23). Die innere Sicherheit des zivilen Luftverkehrs (Air Safety) bezieht sich auf die Abwehr von betriebsinternen Gefahren für die Zivilluftfahrt sowie auf die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder die öffentliche Ordnung, die durch den Luftverkehr als solchen bedingt sind. Hierbei geht es also um Gefahrenquellen, die unmittelbar aus der Zivilluftfahrt selbst herrühren und die sich sowohl auf diese (mithin nach innen) wie auch auf die Umwelt bzw. Dritte (also nach außen) auswirken können. Diese innere Luftsicherheit wird vor allem gewährleistet durch Maßnahmen auf der Grundlage des Luftverkehrsgesetzes und der damit im Zusammenhang stehenden Rechtsvorschriften. Eine aktuelle Entwicklung in diesem Zusammenhang stellen Drohnen dar.“24 Die Abwehr von Drohnen ist laut Marosi/Skobel im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung als unmittelbarer Zwang möglich:25 „Der unmittelbare Zwang erfasst u.a. jede Einwirkung auf Sachen mit Hilfsmitteln körperlicher Gewalt, wozu auch teilweise Drohnenabwehrmaßnahmen gehören. Ein vollstreckbarer Grundverwaltungsakt (etwa in Gestalt einer Aufforderung an die Drohnenpilotin, die Drohne zu landen oder wegzufliegen) ist zwar in der Regel nicht vorhanden, doch können Zwangsmittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr oder zur Verhinderung der rechtswidrigen Verwirklichung eines Straf- oder Bußgeldtatbestandes auch ohne Grundverwal- 22 http://www.radartutorial.eu/02.basics/Vergleich%20SSR%20mit%20PSR.de.html (letzter Abruf 5.2.2019). 23 LuftSiG steht hier und im Folgenden für das Luftsicherheitsgesetz. 24 Borsdorff, Anke, in: Möllers, Martin [Hrsg.], Wörterbuch der Polizei, Stichwort Luftsicherheit, 3. Auflage 2018. 25 Johannes Marosi/ Eva Skobel, Mit „Kanonen“ auf Drohnen schießen? Rechtliche Bewertung hoheitlicher Maßnahmen zur Abwehr von Drohnen, CR 2019, S. 65 [66]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 002/19 Seite 9 tungsakt angewendet werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die Behörde hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelt, ein hypothetischer Grundverwaltungsakt also rechtmäßig wäre. Die Aufforderung an die Drohnenpilotin, ihre Drohne wegzufliegen oder zu landen, könnte beim Vorliegen einer Gefahr auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden.“ Die Autoren kommen zu folgendem Ergebnis: „Drohnenabwehrmaßnahmen lassen sich mangels spezialgesetzlicher Regelungen bei hoheitlichem Einsatz auf die Vorschriften über die Verwaltungsvollstreckung stützen. Eine Ausnahme ist dabei das Jammen26 von Drohnen, jedenfalls dann, wenn sie über Mobilfunk gesteuert werden. Eine solche Unterbrechung von Telekommunikations- bzw. Mobilfunkverbindungen findet sich in mehreren Polizeigesetzen als Standardmaßnahme. Insbesondere beim Jamming und Spoofing sowie dem Einsatz von HPEM-Wellen ist zudem das Erfordernis einer Frequenzzuteilung nach § 55 TKG […] zu beachten. Handelnde Amtsträger sind, jedenfalls in ihrer persönlichen Verantwortlichkeit, bei der Drohnenabwehr ggf. durch Notwehr - und Notstandsvorschriften gerechtfertigt. Dies macht die Maßnahme selbst jedoch noch nicht rechtmäßig. Maßgeblich für die Beurteilung einzelner Drohnenabwehrmaßnahmen sind die von diesen für die Drohne, Telekommunikationseinrichtungen und unbeteiligte Dritte ausgehenden Gefahren. Letztlich bedürfen Abwehrmaßnahmen gegen Drohnen somit stets einer genauen Prüfung des Einzelfalls und einer Interessenabwägung. Pauschale Aussagen können nicht getroffen werden. Den Besonderheiten der Situation muss hinreichend Rechnung getragen werden.“ 27 Das Entfernen von Drohnen aus dem Luftraum als eine Form der Gefahrenabwehr ist grundsätzlich eine polizeiliche Aufgabe. Auf Bundesebene wird der Einsatz von Drohnenabwehrsystemen durch die Bundespolizei zum Schutz des Luftverkehrs nach §§ 4, 14 Abs. 1 Bundespolizeigesetz (BPolG) sowie § 12 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) i. V. m. dem Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG) für denkbar gehalten.28 26 Laut Daum/Boesch, ist das Jamming ist eine invasive Abwehrmaßnahme. Jammer sind Störsender, die den Kommunikationslink der Drohne stören. Die Unterbrechung der Kommunikation mit den GPS-Satelliten oder der Fernsteuerung führe zur „Orientierungslosigkeit“ der Drohne. Sie verfällt in den Fail-Safe-Modus, der je nach Hersteller unterschiedlich programmiert sei. Die meisten Drohnen würden versuchen zum Startpunkt zurückzufliegen , um dort zu landen. Es gäbe aber Modelle, deren Motoren beim Abbruch der Kommunikation einfach stoppen. Das führe dann zum Absturz. Wiederum andere schweben auf der Stelle bis der Akku leer sei und stürzen dann ab. Siehe Neue Techniken und ihre Gegenmittel: Zur Rechtmäßigkeit von Abwehrmaßnahmen gegen zivile Drohnen, CR 2018, 62-67. 27 Johannes Marosi/ Eva Skobel, Mit „Kanonen“ auf Drohnen schießen? Rechtliche Bewertung hoheitlicher Maßnahmen zur Abwehr von Drohnen, CR 2019, S. 65 [72]. 28 Johannes Marosi/ Eva Skobel, Mit „Kanonen“ auf Drohnen schießen? Rechtliche Bewertung hoheitlicher Maßnahmen zur Abwehr von Drohnen, CR 2019, S. 65 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 002/19 Seite 10 Auch die Landespolizeien sollen Drohnenabwehrsysteme auf Grundlage der Landespolizeigesetze und Landesverwaltungsvollstreckungsgesetze verwenden dürfen.29 Gemäß § 4 BPolG obliegt der Bundespolizei der Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs gemäß § 5 LuftSiG, soweit diese Aufgaben nach § 16 Abs. 3 Satz 2 und 3 LuftSiG in bundeseigener Verwaltung ausgeführt werden. Bei den nach § 4 BPolG abzuwehrenden Gefahren muss es sich um externe Eingriffe in den Luftverkehr handeln. Genannt werden insofern neben Flugzeugentführungen auch Sabotageakte.30 Nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes müssten eigentlich nur die Länder bzw. deren Polizeien zuständig sein. Insofern gilt jedoch: „Bei der Gefahrenabwehr auf dem Gebiet der Luftsicherheit handelt es sich nach den Ausführungen zwar um Polizeirecht, welches grundsätzlich gem. Art. 30, Art. 70 Abs. 1 GG der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterfalle; gleichwohl sei von einer Annexkompetenz zu Gunsten des Bundes auszugehen, da die Luftsicherheit kein Polizeirecht im engeren Sinne sei, bei welchem die Bewahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der alleinige Gesetzeszweck sei. Zudem sei eine untrennbare Verbindung zwischen Luftverkehr und Luftsicherheit gegeben.“31 Ähnlich wie bei Bahnanlagen drängt sich die Frage nach der Abgrenzung der örtlichen Zuständigkeitsbereiche von Bundespolizei und Länderpolizeien bei der Luftsicherheit geradezu auf, da Flughäfen typischerweise von Gebiet umgeben sind, das zweifelsfrei der Zuständigkeit einer Landespolizei unterliegt.32 Unstreitig dürfte sein, dass die Einflugschneisen fast vollständig außerhalb des Flughafengeländes liegen und gerade hier Drohnenflüge eine besondere Gefahr begründen . Die örtliche Zuständigkeit der Bundespolizei umfasst grundsätzlich nur das Flugplatzgelände.33 Eine Legaldefiniton von „Flughafengelände“ enthält jedoch weder das BPolG noch das LuftSiG.34 29 Johannes Marosi/ Eva Skobel, Mit „Kanonen“ auf Drohnen schießen? Rechtliche Bewertung hoheitlicher Maßnahmen zur Abwehr von Drohnen, CR 2019, S. 65 [66]. 30 Graulich, Kurt, in: Schenke, Wolf-Rüdiger/ Graulich, Kurt/ Ruthig, Josef [Hrsg.], Sicherheitsrecht des Bundes, § 4 BPolG Rn. 4. 31 Graulich, Kurt, in: Schenke, Wolf-Rüdiger/ Graulich, Kurt/ Ruthig, Josef [Hrsg.], Sicherheitsrecht des Bundes, § 4 BPolG Rn. 2; vgl. auch BVerfGE 97, 198. 32 Graulich, Kurt, in: Schenke, Wolf-Rüdiger/ Graulich, Kurt/ Ruthig, Josef [Hrsg.], Sicherheitsrecht des Bundes, § 4 BPolG Rn. 2 33 Graulich, Kurt, in: Schenke, Wolf-Rüdiger/ Graulich, Kurt/ Ruthig, Josef [Hrsg.], Sicherheitsrecht des Bundes, § 4 BPolG Rn. 6. 34 Graulich, Kurt, in: Schenke, Wolf-Rüdiger/ Graulich, Kurt/ Ruthig, Josef [Hrsg.], Sicherheitsrecht des Bundes, § 4 BPolG Rn. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 002/19 Seite 11 Vom Sinn und Zweck des § 4 BPolG soll sich die Zuständigkeit aber auch auf die Abwehr von Gefahren erstrecken, die ihren Ursprung außerhalb des Flughafengeländes haben, sich aber unmittelbar auf das zu schützende Gelände auswirken.35 Zur Abgrenzung zwischen Bund und Ländern gilt insofern jedoch: „Grundsätzlich geht die sonderpolizeiliche Zuständigkeit nach § 4 BPolG aus Spezialitätsgründen derjenigen einer Landespolizei vor. Insoweit kommt lediglich eine Eilzuständigkeit der Landespolizei gem. § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BPolG in Betracht, wonach die Landespolizei alle keinen Aufschub gestattenden Maßnahmen u. a. zur Abwehr einer Gefahr vorzunehmen befugt ist, soweit die zuständige Bundespolizeibehörde die erforderlichen Maßnahmen u. a. zur Abwehr einer Gefahr nicht rechtzeitig treffen kann. Außerhalb der sachlichen Zuständigkeit der Bundespolizei als Sonderpolizei für Luftsicherheit bleibt die Zuständigkeit der Landespolizei unberührt, und zwar auch im räumlichen Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei. Die Bundespolizei ist demnach ausschließlich auf dem Gebiet des Flughafengeländes zur Abwehr äußerer Gefahren berufen, die gegen die Luftsicherheit gerichtet sind. Insoweit ist die Zuständigkeit der Landespolizei ausgeschlossen . Die Abwehr aller Gefahren, die keine sonderpolizeiliche Gefahr darstellen, obliegt hingegen auch in den räumlichen Sonderzuständigkeitsbereichen der Bundespolizei ausschließlich der Landespolizei. Eine Zuständigkeit der Bundespolizei ist hier nicht gegeben, es kommen vielmehr lediglich bundespolizeiliche Maßnahmen des ersten Zugriffs in Frage, soweit die zuständige Landespolizei die erforderlichen Maßnahmen nicht rechtzeitig treffen kann. Diese „Eilzuständigkeit“ folgt indes nicht aus Regelungen im BPolG, sondern aus den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften.“36 4. Zuständigkeit für die Anschaffung von Abwehrtechniken Die Antwort auf Frage nach der Zuständigkeit für die Anschaffung ergibt sich aus der Zuständigkeit für die Abwehr der von Drohnen ausgehenden Gefahr für den Flugverkehr. Die für die Gefahrenabwehr zuständigen Behörden entscheiden über das ob der Anschaffung und die Auswahl zwischen den unterschiedlichen Systemen. Insofern wird auf die oben eingehend geschilderte Zuständigkeitsverteilung verwiesen. Eine umfassende Darstellung der Abwehrtechniken gegen Drohnen findet sich in einem Aufsatz von Oliver Daum und Axel Boesch.37 35 Graulich, in: Schenke, Wolf-Rüdiger/ Graulich, Kurt/ Ruthig, Josef [Hrsg.], Sicherheitsrecht des Bundes, § 4 BPolG Rn. 6. 36 Graulich, Kurt, in: Schenke, Wolf-Rüdiger/ Graulich, Kurt/ Ruthig, Josef [Hrsg.], Sicherheitsrecht des Bundes, § 4 BPolG Rn. 8. 37 Neue Techniken und ihre Gegenmittel: Zur Rechtmäßigkeit von Abwehrmaßnahmen gegen zivile Drohnen, Teil 1, Computer und Recht (CR) 2018, S. 62 [63 f.. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 5 - 3000 - 002/19 Seite 12 5. Literaturhinweise • Elmar, Giemulla/ Heiko van Schyndel/ Achim Friedl: Gewerblicher und privater Einsatz von Drohnen – Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten, 2018. • Oliver Daum/ Axel Boesch, Neue Techniken und ihre Gegenmittel: Zur Rechtmäßigkeit von Abwehrmaßnahmen gegen zivile Drohnen, Teil 1, Computer und Recht (CR) 2018, S. 62 ff. • Oliver Daum/ Axel Boesch, Neue Techniken und ihre Gegenmittel: Zur Rechtmäßigkeit von Abwehrmaßnahmen gegen zivile Drohnen, Teil 2, CR 2018, S. 129 ff. • Johannes Marosi/ Eva Skobel, Mit „Kanonen“ auf Drohnen schießen? Rechtliche Bewertung hoheitlicher Maßnahmen zur Abwehr von Drohnen, CR 2019, S. 65 ff. ***