© 2018 Deutscher Bundestag WD 5 - 3000 - 001/18 Schwarzwildjagd mit Nachtsicht- und Nachtzielgeräten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 001/18 Seite 2 Schwarzwildjagd mit Nachtsicht- und Nachtzielgeräten Aktenzeichen: WD 5 - 3000 - 001/18 Abschluss der Arbeit: 23. Februar 2018 Fachbereich: WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 001/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Jagdrechtliche Vorgaben 4 3. Die Lage in den Bundesländern 5 3.1. Bayern 5 3.2. Baden-Württemberg 6 3.3. Berlin 7 3.4. Brandenburg 7 3.5. Bremen 8 3.6. Hamburg 8 3.7. Hessen 8 3.8. Mecklenburg-Vorpommern 8 3.9. Niedersachsen 9 3.10. Nordrhein-Westfalen 9 3.11. Sachsen 9 3.12. Sachsen-Anhalt 10 3.13. Saarland 10 3.14. Rheinland-Pfalz 11 3.15. Schleswig-Holstein 11 3.16. Thüringen 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 001/18 Seite 4 1. Einleitung Die vorliegende Ausarbeitung dient der Beantwortung von Fragen zum Einsatz von Nachtsichtund Nachtzielgeräten bei der Jagd, insbesondere bei der Bejagung von Schwarzwild. Im Detail geht es um die Zulässigkeit einer baulichen Veränderung von Jagdwaffen, die Montage eines Nachtsichtgerätes. Wird ein Nachtsichtgerät durch Montage an einem Gewehr befestigt, bezeichnet man es als Nachtzielgerät. Die Frage nach der Zulässigkeit des Einsatzes von solchen Nachtsichtgeräten beurteilt sich nach Waffenrecht und Jagdrecht. Die jagdrechtlichen Regelungen werden durch die waffenrechtlichen Verbote ergänzt.1 Zu den waffenrechtlichen Rechtsgrundlagen für den Einsatz von Nachtsicht- und Nachtzielgeräten wird auf die Stellungnahme der Wissenschaftlichen Dienste, Fachbereich WD 3 – 3000 – 260/17 vom 21. Dezember 2017 verwiesen. Danach sind in der Bundesrepublik Deutschland solche Nachtzielgeräte grundsätzlich verboten. Nur Vorsatzgeräte mit BKA-Bescheid dürfen überhaupt erworben werden, diese dürfen jedoch nicht auf Zielfernrohre, sondern lediglich auf Ferngläser, Spektive und Ähnliches montiert werden . Nach § 40 Abs. 1 i. V. m. Anlage 2 Ziffer 1.2.4.2 Waffengesetz (WaffenG)2 gehören folgende Geräte zu den verbotenen Waffen: für Schusswaffen bestimmte "Nachtsichtgeräte und Nachtzielgeräte mit Montagevorrichtung für Schusswaffen sowie Nachtsichtvorsätze und Nachtsichtaufsätze für Zielhilfsmittel (z. B. Zielfernrohre) (...), sofern die Gegenstände einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen". Das waffenrechtliche Verbot reicht weiter als das jagdrechtliche, denn es erfasst nicht nur die Nutzung und Verwendung solcher Geräte, sondern umfasst gemäß § 2 Abs. 3 WaffenG den Umgang mit ihnen im Gesamten, wobei der Umgangsbegriff im Sinne des § 1 Abs. 3 WaffenG zu verstehen ist.3 2. Jagdrechtliche Vorgaben Im Jahr 2006 wurde mit der Föderalismusreform I die Gesetzgebungszuständigkeit für das Jagdwesen aus der Rahmenkompetenz des Bundes in die konkurrierende Gesetzgebung überführt. Die 1 Dietlein, Rechtsfragen zum Einsatz von Nachtzieltechnik bei der Jagd, Agrar- und Umweltrecht 2015, 281 [282]. 2 Waffengesetz vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2133). 3 Dietlein, a.a.O (Fn.1). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 001/18 Seite 5 Befugnisse der Länder bei der früheren Rahmengesetzgebung wurden durch ein Abweichungsrecht von der bundesgesetzlichen Regelung ersetzt.4 Für die Praxis heißt das, der Bund regelt das Jagdrecht für ganz Deutschland, aber die Länder dürfen abweichende Gesetze für ihr jeweiliges Gebiet erlassen. Insofern ist zunächst der Blick auf die bundesrechtlichen und dann auf die landesrechtlichen Regelungen zu richten. Das Bundesjagdgesetz (BJagdG) verbietet gemäß § 19 Abs. 1 Ziffer 5 lit. a) die Verwendung und Nutzung von künstlichen Lichtquellen, Spiegeln, Vorrichtungen zum Anstrahlen oder Beleuchten des Zieles, Nachtzielgeräte, die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen und für Schusswaffen bestimmt sind, Tonbandgeräte oder elektrische Schläge erteilende Geräte beim Fang oder Erlegen von Wild aller Art. Die Bundesländer können diese Regelung jedoch erweitern oder aus besonderen Gründen einschränken (§ 19 Abs. 2 BJagdG). 3. Die Lage in den Bundesländern Die Rechtslage und Praxis ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Eine Abfrage durch den Fachbereich WD 5 der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages bei den zuständigen Ressorts der Landesregierungen hat Folgendes ergeben: 3.1. Bayern Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mitgeteilt, dass die Bejagung des überwiegend nachtaktiven Schwarzwilds durch die Verwendung von Nachtsichttechnik optimiert werden könne. In Bayern sei dies bereits im Rahmen des Projekts „Brennpunkt Schwarzwild“ (erstellt im Auftrag der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft mit einer ca. 4-jährigen Projektlaufzeit von Oktober 2009 bis November 2013) in fünf Modellgebieten , zudem bei einem Expertenhearing am 28.11.2014 im Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten festgestellt worden.5 Infolge dieser Erkenntnisse habe der Bayerische Landtag am 3. März 2015 (LT-Drs. 17/5539) entschieden, dass die Verwendung von Nachtsichttechnik in besonderen Problemgebieten erwirkt werden solle. Nach eingehender rechtlicher Prüfung, u. a. nach Rücksprache mit dem Bundesministerium des Innern, habe das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit Schreiben vom 26. April 2016 an die höheren und unteren Jagdbehörden (Gz.: F8-7940/440) schließlich klargestellt, dass die untere Jagdbehörde das Verbot des § 19 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) BJagdG durch Einzelanordnung aus besonderen Gründen jagdrechtlich einschränken (Art. 29 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Art. 49 Abs. 1 und 2, Art. 52 Abs. 3 BayJG) und waffenrechtlich auf Grundlage des Jagdrechts eine Beauftragung im Sinne des § 40 Abs. 2 WaffG erteilen könne. Dies sei allerdings auf sog. „Dual-Use“-Geräte beschränkt, d. h. auf Nachtsichtgeräte, die für jeden Bürger ohne eine erforderliche Genehmigung erwerbbar seien und mit einem Adapter vorne auf das 4 BGBl. 2006 I S. 2034; das Föderalismusreform-Begleitgesetz (BGBl. 2006 I S. 2098) trat kurze Zeit später in Kraft; es enthält die für die Grundgesetzänderung notwendigen Folgeregelungen auf einfach-gesetzlicher Ebene. Eingehend zur Gesetzgebungskompetenzen im Jagdrecht, Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 19. November 2008, WD 3 - 3000 - 385/08. 5 Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 31. Januar 2018, Az: 7940-1/540. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 001/18 Seite 6 Zielfernrohr gesteckt werden könnten. Weiterhin beschränke sich die Erlaubnis/Auftrag auf das Revier des antragstellenden Revierinhabers, gelte ausschließlich für Schwarzwild und sei auf einen Zeitraum von maximal drei Jahren befristet. Seitdem würden in Bayern jagdrechtliche Ausnahmegenehmigungen und Aufträge im Sinne des § 40 Abs. 2 WaffG erteilt. Da die Prüfung der Voraussetzungen zur Zulassung von Nachtsichtgeräten für die Jagd auf Schwarzwild den zuständigen unteren Jagdbehörden obliege und keine Meldepflicht vorgesehen sei, liege dort keine Statistik über die bisher erteilten Erlaubnisse/behördlichen Beauftragungen vor. Der zuständige Staatsminister habe allerdings mehrfach – zuletzt im Zusammenhang mit dem Auftreten der afrikanischen Schweinepest in der Tschechischen Republik – dahingehend appelliert , die rechtlichen Möglichkeiten wie beispielsweise die Nachtsichttechnik, umfassend auszuschöpfen . Auf Antrag von Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen sei auf der Amtschefkonferenz am 17. Januar 2018 die Verwendung von Nachtsichttechnik auch unter möglichen Änderungen des Waffenrechts intensiv diskutiert worden. Mit Beschluss habe man den Bund um Prüfung gebeten, ob die derzeitigen Ausnahmeregelungen im Jagd- und Waffenrecht ausreichend seien oder ob dafür eine Gesetzesänderung erforderlich sei. Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen hätten mit Unterstützung weiterer Länder auf der o. g. Amtschefkonferenz eine Gesetzesänderung im Waffenrecht favorisiert. Dazu sei vorgeschlagen worden, parallel eine Änderung des § 40 Abs. 3 WaffG wie auch eine Änderung der Anlage 2, Punkte 1.2.4.1 und 1.2.4.2 WaffG (Liste verbotener Waffen) zu verfolgen. Im Ergebnis sollen Nachtsichtgeräte und Zielscheinwerfer aus dem Verbotstatbestand herausgenommen werden, so dass für eine Verwendung eine waffenrechtliche Genehmigung entfalle. 3.2. Baden-Württemberg Baden-Württemberg hat im Jahr 2015 von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, mit dem Jagd- und Wildtiermanagementgesetz (JWMG) ein jagdliches Vollgesetz zu erlassen. Aus diesem Grund sei nach Ansicht des zuständigen Ressorts § 19 Abs. 1 Ziffer 5 lit. a) BJagdG in Baden-Württemberg nicht anwendbar, das JWMG verfüge jedoch in § 31 Abs. 1 Nr. 10a über eine inhaltsgleiche Regelung.6 Baden-Württemberg sieht in der Durchführung revierübergreifender Bewegungsjagden eine wichtige Komponente für eine wirksame Regulierung der Schwarzwildbestände. Daneben seien angesichts der drohenden wirtschaftlichen Schäden durch die afrikanische Schweinepest auch bei den übrigen Jagdarten deren Erfolgsaussichten möglichst zu steigern. 6 Schreiben des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden-Württemberg vom 19. Januar 2018, Az.: 55-9213.21/Schwarzwild. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 001/18 Seite 7 Da es sich bei Schwarzwild um eine hauptsächlich nachtaktive Wildtierart handele, komme der jagdrechtlich zulässigen Bejagung zur Nachtzeit eine wesentliche Bedeutung zu. Daher habe Baden-Württemberg mit einigen anderen Ländern bereits den Einsatz künstlicher Lichtquellen ohne Verbindung zur Jagdlangwaffe jagdrechtlich ermöglicht, was aber aufgrund des zu erwartenden Gewöhnungseffekts bei Schwarzwild lediglich ein Baustein zur Steigerung des jagdlichen Erfolges sein könne. Ein wesentlicher Effizienzgewinn sei hingegen durch die Verwendung von Nachtsichtgeräten zu erwarten. Nachtsichtgeräte könnten in Deutschland schon jetzt legal erworben und ohne Verbindung zur Zieloptik einer Jagdlangwaffe eingesetzt werden. Waffenrechtlich verboten sei damit lediglich die Verbindung zweier für sich genommen zulässiger Geräte. Baden-Württemberg habe daher gemeinsam mit Bayern und Sachsen einen möglichen Formulierungsvorschlag für die Änderung des Waffengesetzes erarbeitet und auf der Amtschefkonferenz der Agrarressorts der Länder vorgestellt. Mit einer entsprechenden Änderung des Waffenrechts ginge weder eine Erhöhung der Anzahl der in Umlauf befindlichen verbotenen Gegenstände noch eine zusätzliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit einher, da davon begrifflich und technisch zu unterscheidende Nachtzielgeräte (Kompaktgeräte mit integrierter Zieleinrichtung) weiterhin verboten blieben. Die Verwendung von Nachtsichtgeräten gewährleiste insofern eine tierschutz- und waidgerechte Effizienzsteigerung der Jagdausübung. Sofern auf Bundesebene eine entsprechende Änderung des Waffengesetzes erfolgen würde, würde Baden-Württemberg das parallel zum waffenrechtlichen Verbot bestehende jagdrechtliche sachliche Verbot ebenfalls aufheben. 3.3. Berlin Im Land Berlin werden laut eigener Auskunft keine Genehmigungen erteilt, die die Montage von Nachtsichtgeräten bei der Ausübung der Jagd zulassen.7 3.4. Brandenburg Das Land Brandenburg hat bislang keine besonderen jagdrechtlichen Regelungen getroffen. Da die Schwarzwildproblematik dort aber auch erkannt ist, wird eine Neuregelung des Bundesrechtes begrüßt.8 7 Email der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Abteilung Naturschutz und Stadtgrün, Bereich : Jagdwesen und Landschaftsplanung vom 2. Februar 2018. 8 Schreiben vom 21. Februar 2018 und fernmündliche Auskunft vom 22. Februar 2018 des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 001/18 Seite 8 3.5. Bremen Von der Ermächtigung der Länder, die sachlichen Verbote des § 19 Abs. 1 Ziffer 5 lit. a) BJagdG zu ergänzen oder einzuschränken, hat die Freie Hansestadt Bremen bislang keinen Gebrauch gemacht . Das Bremische Jagdgesetz sieht für diese Fälle den Erlass einer Verordnung der Landesjagdbehörde vor.9 3.6. Hamburg Die Freie und Hansestadt Hamburg hat in Bezug auf die sachlichen Verbote nach § 19 Abs. 1 Ziffer 5 lit. a) BJagdG keine landesspezifischen Regelungen getroffen. Im Hinblick auf die Verwendung von künstlichen Lichtquellen wurde im Rahmen einer Allgemeinverfügung vom 12. Januar 2018 das Verbot des Einsatzes aufgehoben. Der Einsatz von Nachtsichtgeräten wird nach Ansicht der Hansestadt davon aber nicht erfasst. Eine Praxis, wonach auch mit Schusswaffen gejagt werden kann, auf denen ein Nachtsichtgerät montiert werden kann, existiert in Hamburg bislang nicht.10 3.7. Hessen Das Land Hessen hat von der Ermächtigung nach § 19 Abs. 2 BJagdG bisher keinen Gebrauch gemacht . Aktuell werden aber waffenrechtliche Möglichkeiten mit dem Ziel eruiert, derartige Zielhilfen zu genehmigen.11 3.8. Mecklenburg-Vorpommern Das Land Mecklenburg-Vorpommern sieht das sachliche Verbot des § 19 Abs. 1 Ziffer 5 lit. a) BJagdG als rechtverbindlich an. Von der Ermächtigung gemäß § 19 Abs. 2, u. a. die vorgenannte Vorschrift zu erweitern oder aus besonderen Gründen einzuschränken, wurde dort bislang kein Gebrauch gemacht. Somit existiert in Mecklenburg-Vorpommern keine entsprechende Praxis, wonach auch mit Schusswaffen gejagt werden kann, auf denen ein Nachtsichtgerät montiert ist.12 9 Scheiben des Bremer Senators für Umwelt, Bau und Verkehr vom 24. Januar 2018, Az.: 30. 10 Schreiben der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg vom 5. Februar 2018. 11 Schreiben des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 5. Februar 2018, Az.: VI 3 – 088j 14.07 – 001/2010. 12 Schreiben des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 21. Januar 2018, Az.: 746-1-421-2013/021-009. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 001/18 Seite 9 3.9. Niedersachsen Das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hält den Einsatz von Nachtsichtgeräten für eine Option zur Absenkung der Schwarzwildbestände, sieht ihn aber kritisch.13 Es gebe bislang keine Erkenntnisse darüber, ob der Einsatz nur zu kurzfristigem Erfolg bei der Bejagung führe und die überlebenden Tiere mit der Erfahrung Kirrungen vollständig meiden würden. Mit Ausbruch der afrikanischen Schweinepest müssten alle jagdrechtlichen Maßnahmen der Bestandsreduzierung genutzt werden, um den volkswirtschaftlichen Schaden zu minimieren. Zudem gewährleiste der Einsatz von künstlichen Lichtquellen und Nachtsichtgeräten eine tierschutz - und weidgerechte Schwarzwildbejagung. Deshalb werde in Niedersachsen bei der Änderung des NJagdG14 diskutiert, ob von der Ermächtigung nach § 19 Abs. 2 BJagdG Gebrauch gemacht werden solle. 3.10. Nordrhein-Westfalen In Nordrhein-Westfalen wurde bislang von den § 19 Abs. 2 BJagdG kein Gebrauch gemacht. Angesichts der aktuellen Vorkommnisse (afrikanischen Schweinepest) wird jedoch diskutiert, die Ermächtigung zu nutzen und damit die Möglichkeit des Einsatzes von künstlichen Lichtquellen wie von Nachtzielgeräten unter bestimmten Voraussetzungen zu schaffen.15 3.11. Sachsen Im Freistaat Sachsen wurden hinsichtlich der nach § 19 Abs. 1 Ziffer 5 lit. a) BJagdG bestehenden Verbote keine einschränkenden Regelungen getroffen.16 Das aktuell geltende Sächsische Jagdgesetz (SächsJagdG) enthält auch keine Ermächtigung für die Jagdbehörden, Ausnahmen von diesen Verboten zuzulassen. Der Einsatz derartiger Hilfsmittel ist demzufolge in Sachsen aktuell bereits jagdrechtlich untersagt. Am 18. Januar 2018 hat der Sächsische Landtag jedoch das Gesetz zur Änderung des SächsJagdG beschlossen. Das Gesetz wurde am 17. Februar 2018 im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet und ist am darauffolgenden Tag in Kraft getreten. 13 Schreiben des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 24. Januar 2018, Az: 406-42287-75. 14 http://www.voris.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&query=JagdG+ND&psml=bsvorisprod .psml&max=true&aiz=true. 15 Fernmündliche Auskunft des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom15. Februar 2018. 16 Stellungnahme des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft des Freistaates Sachsen vom 8. Februar 2018, Az,: 36-8543/4/1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 001/18 Seite 10 Gegenstand der Änderung ist unter anderem eine Erweiterung des § 35 SächsJagdG, nach welcher das Sächsische Staatministerium für Umwelt und Landwirtschaft zukünftig im Fall des Auftretens der afrikanischen Schweinepest innerhalb der Bundesrepublik Deutschland oder in einem an den Freistaat Sachsen angrenzenden Staat unter anderem die Verwendungs- und Nutzungsverbote des § 19 Abs. 1 Ziffer 5 lit. a) BJagdG auf dem Verordnungsweg einschränken kann, soweit die aufgeführten elektrischen und optischen Geräte der Nachtjagd auf Schwarzwild dienen . Das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft beabsichtigt, diese Verordnungsermächtigung zu nutzen und künftig die Verwendung- und Nutzungsverbote des § 19 Abs. 1 Ziffer 5 lit. a) BJagdG, soweit die Nachtjagd auf Schwarzwild betroffen ist, einzuschränken. Damit soll der Einsatz derartiger Hilfsmittel künftig allen Jägerinnen und Jägern jagdrechtlich eröffnet werden. Die Erforderlichkeitsprüfung für das entsprechende Normsetzungsverfahren wurde bereits eingeleitet. Die waffenrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon jedoch unberührt. 3.12. Sachsen-Anhalt Laut dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt wird dort von § 19 Abs. 2 BJagdG kein Gebrauch gemacht.17 Insofern gelte dort auch das Verbot nach § 19 Abs. 1 Nr. 5. a) BJagdG (künstliche Lichtquellen, Spiegel, Vorrichtungen zum Anstrahlen oder Beleuchten des Zieles, Nachtzielgeräte, die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen und für Schusswaffen bestimmt sind, … beim … Erlegen von Wild aller Art zu verwenden oder zu nutzen …) uneingeschränkt. 3.13. Saarland Im Saarland wurde bei der Novellierung des saarländischen Jagdgesetzes im Jahr 2014 kein Gebrauch von der Ermächtigung gemacht, um Nachtsichtgeräte auf Schusswaffen zu erlauben. Allerdings scheint es aus Sicht des dortigen Ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz sinnvoll , sowohl Nachtsicht- als auch Nachtzielgeräte im Zusammenhang mit der Prophylaxe zur afrikanischen Schweinepest zuzulassen.18 Die Oberste Jagdbehörde im Saarland würde es daher begrüßen , wenn auf Ebene des Bundes die gesetzlichen Weichen dafür gestellt würden. 17 Email des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt vom 19. Januar 2018, Az: 51.2-65130. 18 Email des Saarländischen Ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 14. Februar 2018. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 001/18 Seite 11 3.14. Rheinland-Pfalz Nach der Föderalismusreform I hat Rheinland-Pfalz eine Vollregelung des Jagdwesens im Landesrecht vorgenommen. Die dortigen Regelungen zum Einsatz von Nachtsichtgeräten sind aber identisch mit denen des Bundesjagdgesetzes.19 Die oberen Jagdbehörden können in Rheinland-Pfalz durch Allgemeinverfügung Ausnahmen zulassen und dies ist im letzten Jahr für den Einsatz künstlicher Lichtquellen bei der Jagd auch schon erfolgt. Es ist in Rheinland-Pfalz jedoch nicht möglich, mit dem Jagdrecht waffenrechtliche Vorgaben auszusetzen. Das Land strebt jedoch eine mit Bayern vergleichbare Regelung an. Das Vorhaben befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung zwischen dem Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten und dem Ministerium des Innern und für Sport. 3.15. Schleswig-Holstein Im Schleswig-Holsteinischen Landtag wird zurzeit eine Änderung des Landesjagdgesetzes diskutiert , um die Schwarzwildbejagung zur Seuchenprophylaxe und –bekämpfung zu erleichtern. Gegenstand des Gesetzentwurfs ist u. a. die Ermöglichung der Zulassung von Ausnahmen von den Verboten des § 19 Abs. 1 Ziffer 5 lit. a) Bundesjagdgesetz. 20 Sofern eine entsprechende Gesetzesänderung durch den Schleswig-Holsteinischen Landtag verabschiedet wird, ist seitens des zuständigen Ressorts angedacht, die Bejagung von Schwarzwild unter Zuhilfenahme künstlicher Lichtquellen, soweit es sich nicht um Waffen handelt (also keine Nachtsicht- bzw. Nachtzielgeräte), zuzulassen. 3.16. Thüringen Die Zulassung von Nachtsicht- bzw. Nachtzielgeräten wird in Absprache mit dem Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration (MILI) als oberster Waffenbehörde zurzeit in Schleswig-Holstein nicht verfolgt.21 Im konkreten Seuchenfall könnte sie aber auf der Grundlage des geänderten Landesjagdgesetzes in Abstimmung mit dem MILI u. U. für einen begrenzten Personenkreis ermöglicht werden. Der Gesetzgeber des Freistaates Thüringen hat in § 29 Abs. 4 des Thüringer Jagdgesetzes die oberste Jagdbehörde ermächtigt, im Einvernehmen mit dem für Tierschutz und Tierseuchenbekämpfung zuständigen Ministerium, durch Rechtsverordnung die Verbote des § 19 Abs. 1 Ziffer 5 19 Fernmündliche Auskunft des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz vom 14. Februar 2018. 20 Stellungnahme des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein vom 17. Januar 2018, Az.: V 54 - 3008/2018. 21 Schreiben des Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft des Freistaates Thüringen vom 24. Januar 2018, Az.: 58-7801/4-1-3952/2018. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 5 - 3000 - 001/18 Seite 12 lit. a) BJagdG zu erweitern oder aus besonderen Gründen, insbesondere zur Wildseuchenbekämpfung , aus Gründen der Landeskultur, zur Erledigung kranken oder kümmernden Wildes, zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden, zu Wissenschafts-, Lehr und Forschungszwecken oder bei Störung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes einzuschränken. Unter den gleichen Voraussetzungen können in Thüringen die Verbote auch durch Einzelanordnungen eingeschränkt werden. Die tierseuchenrechtlichen Vorschriften bleiben unberührt. Die Bestimmungen des Artikels 9 Abs. 1 der Richtlinie 2009/147/EG und die Maßgabe nach Artikel 9 Abs. 2 dieser Richtlinie seien aber zu beachten. Die oberste Jagdbehörde hat jedoch bislang von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht. Folglich existiert in Thüringen hierzu keine Jagdpraxis. ***