Deutscher Bundestag Diskussion über die Neuordnung der Kommunalfinanzen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 4 – 3000 - 247/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 247/10 Seite 2 Diskussion über die Neuordnung der Kommunalfinanzen Verfasserin: Aktenzeichen: WD 4 – 3000 - 247/10 Abschluss der Arbeit: 29. September 2010 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 247/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einrichtung der Gemeindefinanzkommission 4 2. In der Kommission diskutierte Modelle 5 2.1. Sog. Prüfmodell 5 2.2. Modell der Stiftung Marktwirtschaft 6 2.3. Modell der kommunalen Spitzenverbände 8 3. Stand der Beratungen der Gemeindefinanzkommission 9 3.1. Arbeitsgruppe Kommunalsteuern 9 3.2. Arbeitsgruppe Standards 10 3.3. Arbeitsgruppe Rechtsetzung 10 4. Haltung verschiedener Verbände 11 4.1. Deutscher Städte- und Gemeindebund 11 4.2. Deutscher Städtetag 12 4.3. Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) 12 4.4. Handelsverband Deutschland (HDE) 13 4.5. Bundesverband der Freien Berufe (BfB) 13 4.6. Die bayerische Wirtschaft (vbw) 14 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 247/10 Seite 4 1. Einrichtung der Gemeindefinanzkommission Wie im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP für die 17. Legislaturperiode vereinbart und vom Bundeskabinett am 24. Februar 2010 beschlossen, wurde eine Kommission zur Erarbeitung von Vorschlägen zur Neuordnung der Gemeindefinanzierung eingerichtet. Die konstituierende Sitzung fand am 4. März 2010 statt. Neben Vertretern des Bundesministeriums der Finanzen , dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister für Wirtschaft und Technologie nahmen an der Sitzung Vertreter der kommunalen Spitzenverbände und der Länder teil. Der Abschlussbericht der Kommission soll noch in diesem Jahr vorliegen. Grund für die Einrichtung ist die aktuelle negative Entwicklung der Kommunalfinanzen. Die kommunalen Spitzenverbände beklagen, dass die Kommunen 2010 auf ein Rekorddefizit zusteuerten , weil die Gewerbesteuereinnahmen sänken und die Sozialausgaben stiegen. Allerdings sei dies nicht allein der Finanz- und Wirtschaftskrise geschuldet, sondern liege auch in der seit Jahren vorherrschenden Unterfinanzierung der Gemeinden.1 Die Gemeindefinanzkommission beschäftigt sich deshalb mit den drei möglich Varianten einer Neuordnung der Einnahmeseite der Gemeinden: Der Abschaffung der Gewerbesteuer und einer höheren Beteiligung der Kommunen an bestehenden Steuern, an denen auch andere Gebietskörperschaften partizipieren (sog. Prüfmodell der Bundesregierung), die Abschaffung der Gewerbesteuer bei Einführung anderer Steuern (Modell der Stiftung Marktwirtschaft) und die Beibehaltung der Gewerbesteuer bei Verbreiterung der Bemessungsgrundlage (Modell der kommunalen Spitzenverbände).2 Auf der Aufgabenseite prüft die Kommission Entlastungsmöglichkeiten, die in einer Flexibilisierung der Aufgabenwahrnehmung durch die kommunale Ebene bestehen könnten. Die Gemeindefinanzkommission wird sich auch mit der Beteiligung der Kommunen an der Gesetzgebung des Bundes und dem Einfluss der EU-Rechtsetzung auf die Kommunen und deren Finanzsituation befassen und dazu Vorschläge erarbeiten und bewerten. Die Kommission hat die Arbeitsgruppen Kommunalsteuern (mit den Arbeitskreisen Administrierbarkeit, Quantifizierung3 und Strukturanalyse), Standards und Rechtsetzung gebildet . Sofern die Gruppen und Arbeitskreise Zwischenberichte zur zweiten Sitzung der Kommission am 8. Juli 2010 vorgelegt haben, sind diese auf der Internetseite des Bundesministeriums der Finanzen veröffentlicht.4 Die Kommission will sich zu ihrer dritten und letzten Sitzung im Okto- 1 Vgl. o. V.: Defizit der Kommunen fast verdoppelt, in: Die Welt, 22. September 2010. 2 Für die Reform der Grundsteuer ist eine eigene länderoffene Arbeitsgruppe unter der Federführung von Nordrhein-Westfalen und unter Beteiligung des Bundesministeriums eingesetzt worden. Sie wird voraussichtlich im Herbst 2010 zum ersten Mal tagen. 3 Für die Analyse der interkommunalen Verschiebungen wurde ein Unterarbeitskreis „Gemeindescharfe Berechnungen “ eingerichtet. 4 Bundesministerium der Finanzen: Zweite Sitzung der Gemeindefinanzkommission, unter: http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_4486/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Finanz__und__Wirtschaft spolitik/Foederale__Finanzbeziehungen/Kommunalfinanzen/20100708-Laender.html?__nnn=true, abgerufen am 24. September 2010. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 247/10 Seite 5 ber 2010 treffen. Die folgenden Ausführungen sind, wenn nicht anders angegeben, den Zwischenberichten entnommen. 2. In der Kommission diskutierte Modelle 2.1. Sog. Prüfmodell Nach dem sog. Prüfmodell soll die Gewerbesteuer abgeschafft werden. Die Gemeinden erhalten einen mit Hebesatzrecht ausgestatteten Zuschlag zur Einkommen- und zur Körperschaftsteuer. Damit werde die Reichweite des Zuschlagsrechts über die bisher Gewerbesteuerpflichtigen hinaus auf alle Ertragsteuerpflichtigen ausgedehnt. Darüber hinaus werden die Gemeinden in größerem Umfang als bisher an der Umsatzsteuer beteiligt. Die damit verbundenen Veränderungen stellen sich bei den einzelnen Steuern wie folgt dar: Mit Abschaffung der Gewerbesteuer fallen auch die dem Bund und den Ländern zustehenden Gewerbesteuer-Umlagen5 weg. Außerdem entfallen die gewerbesteuerlichen Verlustvorträge. Die Anrechnung der von Personenunternehmen entrichteten Gewerbesteuer auf die zu zahlende Einkommensteuer ihrer Inhaber oder Gesellschafter nach § 35 EStG wird ebenfalls obsolet. Der Einkommensteuertarif wird in seinem gesamten Verlauf um 15 % (bisheriger Anteil der Gemeinden an der Einkommensteuer) abgesenkt. Es ergeben sich folgende Eckwerte: - Der Eingangssteuersatz von 14 % reduziert sich auf 11,9 %, - der Einstiegssteuersatz in die Progressionszone, bisher 23,97 %, reduziert sich auf 20,37 %, - der Höchststeuersatz von 42 % reduziert sich auf 35,7 % und - der Spitzensteuersatz von 45 % reduziert sich auf 38,25 %. Auf den abgesenkten (Bund-Länder-)Einkommensteuertarif wird ein mit Hebesatzrecht ausgestatteter kommunaler Zuschlag erhoben. Für die Berechnungen in der Kommission wird ein durchschnittlicher Kommunalzuschlagssatz von 17,65 % unterstellt. Dieser entspricht dem Zuschlagsatz , der erforderlich ist, um eine im Durchschnitt gegenüber dem geltenden Recht unveränderte Einkommensteuerbelastung der Steuerpflichtigen herzustellen und der Gesamtheit der Städte und Gemeinden den bisherigen Aufkommensanteil von 15 % an der Einkommensteuer zu sichern . Im sog. Prüfmodell ist die tarifliche Einkommensteuer die Bemessungsgrundlage für den Kommunalzuschlag . Das Kindergeld und die anderen Zulagen (Altersvorsorgezulage, Eigenheimzula- 5 Nach § 6 Gemeindefinanzreformgesetz leisten die Gemeinden an den Bund und die Länder Umlagen aus der Gewerbesteuer. Die Umlage wird zum Ausgleich der Beteiligung der Gemeinden an der Einkommensteuer und den Wegfall der Gewerbekapitalsteuer gezahlt. Darüber hinaus beteiligen sich die westdeutschen Gemeinden auf diesem Weg an der Finanzierung der deutschen Einheit (zunächst befristet bis 2019). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 247/10 Seite 6 ge, Investitionszulage), die im geltenden Recht aus dem Lohn- und Einkommensteueraufkommen entnommen werden, schmälern nach entsprechender Festlegung in Abstimmung mit dem AK Administrierbarkeit nicht mehr den kommunalen Anteil an der Lohn- und Einkommensteuer. Der Kommunalzuschlag auf die Einkommensteuer hat demnach ein höheres Volumen als der auf die Gemeinden entfallende Anteil an der Einkommensteuer-Verteilungsmasse im geltenden Recht. Hieraus resultierende Verbesserungen werden bei der Bemessung des zusätzlichen Umsatzsteueranteils berücksichtigt. Der tarifliche Körperschaftsteuersatz wird von 15 % auf 24,29 % erhöht. Zusammen mit dem durchschnittlichen Kommunalzuschlag von 17,65 %, der in einheitlicher Höhe sowohl auf die tarifliche Einkommensteuer als auch auf die Körperschaftsteuer angewendet wird, und dem unveränderten Solidaritätszuschlag von 5,5 % ergibt sich eine ertragsteuerliche Gesamtbelastung von thesaurierten Gewinnen bei Kapitalgesellschaften von 29,91 %. Sie liegt um 0,08 Prozentpunkte höher als im geltenden Recht (29,83 %) und bleibt somit unter dem nach Ansicht der Kommission für den internationalen Standortwettbewerb wichtigen Signalwert von 30 %. Der Steuersatz von derzeit 25 % bei der Abgeltungsteuer/Kapitalertragsteuer wird in einen Bund-Länder-Anteil von 21,25 % und einen pauschalen Kommunalanteil von 3,75 % (entspricht 15 % von 25 %) aufgeteilt. Dies entspricht einem festen Kommunalzuschlag von 17,65 %, die Kommunen erhalten kein Hebesatzrecht. Im Ergebnis erhöht sich der Anteil der Kommunen am Aufkommen der Abgeltungsteuer/Kapitalertragsteuer auf Zinsen und Veräußerungsgewinne von derzeit 12 % auf 15 %. Die Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags ist wie bisher die tarifliche Einkommensteuer , jedoch auf Basis des auf 85 % abgesenkten (Bund-Länder)Einkommensteuertarifs bzw. die tarifliche Körperschaftsteuer mit ihrem im Prüfmodell erhöhten Körperschaftsteuersatz. Der Kommunalzuschlag gehört nicht zur Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags. Die Höhe des Solidaritätszuschlagsatzes von 5,5 % bleibt unverändert. Nach dem Prüfmodell erhalten die Kommunen einen höheren Anteil an dem Umsatzsteueraufkommen . Die zusätzliche kommunale Umsatzsteuerbeteiligung wird für Zwecke der Berechnungen nach dem Prüfmodell so bemessen, dass unter der Voraussetzung eines durchschnittlichen Zuschlagniveaus von 17,65 % die aus der Systemumstellung resultierenden Mindereinnahmen der Gemeinden zumindest rechnerisch vollständig ausgeglichen werden. Der kommunale Umsatzsteueranteil soll nach der bisherigen Festlegung im Prüfmodell nach sozialversicherungspflichtigen Entgelten verteilt werden. 2.2. Modell der Stiftung Marktwirtschaft Die Stiftung Marktwirtschaft hat bereits 2006 eine für alle Unternehmen einheitliche Steuer, die sog. Allgemeine Unternehmensteuer, vorgestellt. Damit sollte Rechtsformneutralität zwischen Einzelunternehmern, Personen- und Kapitalgesellschaften geschaffen werden. Weil die Stiftung wegen der zeitlichen Nähe zur Unternehmensteuerreform 2008 nicht von der Umsetzung ihrer umfassenden Pläne ausgeht, hat sie für die Diskussion in der Gemeindefinanzkommission ihr Säulen-Modell modifiziert. Dabei sollen die Gemeinden am Lohnsteueraufkommen (Säule 1) beteiligt und die Gewerbesteuer von zwei neuen Finanzierungselementen (Säulen 2 und 3) abgelöst Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 247/10 Seite 7 werden. Sie hält zudem auch an der vierten Säule, der Grundsteuer, fest. Diese sollte nach Ansicht der Stiftung Marktwirtschaft in der Substanz und im Gesamtaufkommen unverändert bleiben .6 Die Stiftung Marktwirtschaft verfolgt mit ihrem Ansatz die Ziele strukturelle Vereinfachungen, Transparenz und eine nachvollziehbare Systematik des Steuersystems. Die Höhe der Steuersätze solle eine politische Entscheidung bleiben. Die unabdingbare Reform der Kommunalfinanzen müsse für alle öffentlichen Haushalte zu tragen sein und allen Planungssicherheit ermöglichen. Eine ausreichende und stetige Finanzierung müsse gesichert werden, als Vergleichsmaßstab biete sich auf der Einnahmeseite das Niveau des aus kommunaler Sicht maßvoll guten Jahres 2006 an. Auf der anderen Seite solle für die tarifliche Gesamtbelastung der Wirtschaft weiterhin der Wert von 30 % angestrebt werden. Säule 1: Beteiligung am Lohnsteueraufkommen Als eine Art des Finanzausgleich und als Anreiz zur Ansiedlung und Erhaltung von Arbeitsplätzen erhält die Gemeinde, in der ein Arbeitnehmer tätig ist, unmittelbar einen Anteil an der für den Arbeitnehmer abzuführenden Lohnsteuer. Der Anteil beträgt 2 %. Bemessungsgrundlage ist der Brutto-Arbeitslohn, der auch Bemessungsgrundlage im Sinne des Lohnsteuerrechts ist. Nicht einbezogen werden solche lohnsteuerpflichtigen Zahlungen, die von dem jeweiligen Arbeitgeber an Personen gezahlt werden, die nicht mehr aktiv sind (zum Beispiel Betriebsrenten oder Pensionen ). Grund hierfür ist, dass mangels eines Aktivenverhältnisses keine Beziehung mehr zum Arbeitgeber besteht und somit auch für die jeweilige Kommune keine Lasten mehr entstehen können (zum Beispiel beim Straßenbau oder öffentlichen Personennahverkehr), für die eine Beteiligung am Lohnsteueraufkommen Anlass geben könnte. Steuerschuldner ist jeder Arbeitgeber, der lohnsteuerpflichtig Arbeitnehmer beschäftigt. Die Einbeziehung zum Beispiel von Behörden, Verbänden und Krankenhäusern und anderen nicht gewinnorientierten Unternehmungen bis hin zu den Einrichtungen der öffentlichen Hand sorgt dafür, dass sich über die Ausdehnung der Verpflichteten das Steuervolumen erhöht und eine ursachengerechte Verteilung der Lasten ermöglicht wird. Steuergläubiger ist die Kommune, in der der jeweilige Arbeitnehmer beschäftigt ist. Im Falle von Betriebsstätten in mehreren Gemeinden oder in Organschaftsfällen erfolgt eine Zerlegung nach der Lohnsumme. Der Arbeitgeber kann den an die Betriebsstättengemeinde abgeführten Betrag von seiner Lohnsteuerschuld gegenüber dem Finanzamt abziehen. Auf diese Weise werden weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber belastet. Die Wohnsitzgemeinde des Arbeitnehmers erhält wie bisher seinen Anteil an der Einkommensteuer. Aus Sicht der Stiftung Marktwirtschaft eignet sich dieser Vorschlag wegen der geringeren Konjunkturanfälligkeit für die Verstetigung kommunaler Einnahmen wesentlich besser als ein höherer kommunaler Anteil an der Umsatzsteuer. Die letztgenannte Lösung würde für Kommunen den Anreiz zur Erhaltung und Ansiedlung von Arbeitsplätzen mindern und das Band Kommune - Wirtschaft schwächen. Die Beteiligung an der Lohnsteuer habe den Vorteil, dass es sich nicht um eine willkürliche Zuweisung handelt, sondern der unmittelbare Zusammenhang mit der Wirtschaftskraft der Kommunen hergestellt wird. Mögliche Umsatzsteueranteile für die Kommunen , insbesondere auf Zeit, seien eher eine denkbare Übergangshilfe. Das gelte auch für den heu- 6 Siehe dazu: Stiftung Marktwirtschaft: Kommission "Steuergesetzbuch", unter: http://www.stiftungmarktwirtschaft .de/wirtschaft/kommission-steuergesetzbuch.html, abgerufen am 27. September 2010. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 247/10 Seite 8 tigen kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer von 2,2 %. Desweiteren biete die Verstetigung über einen Lohnsteueranteil als erwünschten Nebeneffekt die Möglichkeit eines gewissen Ausgleichs zwischen Stadt und Umland. Säule 2: Kommunale Unternehmen-/Wirtschaftsteuer Ursprünglich sollte die von der Stiftung Marktwirtschaft als ertragsorientierter Teil der Gewerbesteuernachfolge konzipierte Kommunale Unternehmensteuer mit Hebesatzrecht an die rechtsformneutrale Allgemeine Unternehmensteuer anknüpfen. Nunmehr sind für Kapitalgesellschaften die Körperschaftsteuer und für Personengesellschaften die Einkommensteuer die Bezugspunkte . Relevant sind alle Gewinneinkünfte, es gilt der Gewinnbegriff des Einkommensteuergesetzes . Alle Wirtschaftenden inklusive der Freiberufler tragen dann zur Kommunalfinanzierung bei. Kalkuliert werden könnte mit einem Satz von 8 % für die Kommunale Unternehmensteuer, darauf ist der kommunale Hebesatz anzuwenden. Die Körperschaftsteuer als international kompatible , ertragsorientierte Unternehmensbesteuerung sollte dann wieder auf 22 % angehoben werden. Im Ursprungskonzept war vorgesehen, dass die Unternehmensbesteuerung definitiv ist und keine Verrechnung mehr mit der Einkommensteuer erfolgt. Im Zusammenhang der weiter geltenden dualen Unternehmensbesteuerung wäre es nun erforderlich, bei den der Einkommensteuer unterliegenden Gewinneinkünften eine Anrechnung der Kommunalen Unternehmensteuer wegen der Progression des Einkommensteuertarifes vorzunehmen. Säule 3: Bürgersteuer Die Bürgersteuer ist als kommunale Einkommensteuer ausgestaltet und baut auf der jetzigen Einkommensteuer auf. Sie übernimmt die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer und wird somit vom zu versteuernden Einkommen erhoben. Nach Berechnungen der Stiftung Marktwirtschaft ist zur Sicherung der Aufkommensneutralität ein durchschnittlicher Steuersatz von 4 % notwendig. Vorweg ist es erforderlich, den Einkommensteuertarif so zu senken, dass der bisherige Anteil der Kommunen an der Einkommensteuer in Höhe von 15 % rechnerisch entfällt. Dazu wird die verbleibende Einkommensteuer an Bund und Länder über den gesamten Tarifverlauf gesenkt, sodass der Eingangssteuersatz bei ca. 11 % und der Spitzensteuersatz bei ca. 38 % liegen würde. Bei der Einführung der Bürgersteuer ginge es nicht um kurzfristige zusätzliche Einnahmen , sondern um Transparenz bei den Leistungen der Gemeinden, die Belebung kommunaler Demokratie und Teilhabe sowie um kommunalen Gestaltungspielraum durch das Hebesatzrecht. 2.3. Modell der kommunalen Spitzenverbände Die kommunalen Spitzenverbände wollen das bestehende Gemeindefinanzsystem beibehalten, die Gewerbesteuer jedoch modifizieren. Es bleibt beim Hebesatz der Gemeinden und bei der bisherigen Zerlegung auf die Betriebsstättengemeinden. Allerding wird die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer verbreitert. In den Kreis der Steuerpflichtigen sollen Gewerbetreibende und Selbständige i. S. des § 18 EStG (also auch Freiberufler) einbezogen werden. Landwirtschaft und Vermietung und Verpachtung bleiben außen vor. Es sollen nachstehende Hinzurechnungen erfolgen (zugrundezulegen ist die Rechtslage zum 1. Januar 2009): - Volle Hinzurechnung aller gezahlter Zinsen (100 %), Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 247/10 Seite 9 - Hinzurechnung der Mieten, Pachten und Leasingraten in Höhe des Finanzierungsanteils: = 25 % bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, = 75 % bei Immobilien des Anlagevermögens, = 100 % bei sonstigen Wirtschaftsgütern. Den Steuerpflichtigen wird ein Freibetrag von 25.000 € bezogen auf die Summe dieser Hinzurechnungen gewährt. - Vollständige Erfassung der Veräußerungsgewinne (Ausnahme: Freibetrag gemäß § 16 Abs. 4 EStG).7 Für Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften könnten die Messzahlen, die auf den Gewerbeertrag angewendet werden und die Basis für die Berechnung der eigentlichen Gewerbesteuer bilden, differenziert werden. Wegen der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage bestehe auch eventuell Potenzial für Messzahlsenkungen. 3. Stand der Beratungen der Gemeindefinanzkommission 3.1. Arbeitsgruppe Kommunalsteuern Die Arbeitsgruppe Kommunalsteuern hat sich im Wesentlichen mit dem sog Prüfmodell beschäftigt , die anderen Modelle sind aus Zeitgründen noch nicht auf ihre Auswirkungen hin überprüft worden. Der Arbeitskreis Administrierbarkeit hat das sog. Prüfmodell als umsetzbar bezeichnet. Wegen der notwendigen komplexen gesetzestechnischen Regelungen einschließlich der notwendigen Grundgesetzänderung und des erheblichen Personalaufwands bei Steuerverwaltung und Arbeitgebern ist eine Umsetzung frühestens 2014 denkbar. Der Arbeitskreis Quantifizierung beziffert den Einnahmeausfall bei Bund und Ländern auf eine Größenordnung zwischen 5,35 und 6,1 Mrd. Euro pro Jahr. Die Kommunen erhielten eine deutlich höheren Betrag an der konjunkturstabileren Umsatzsteuer, was nach Ansicht der Vertreter von Bund und einiger Länder zu einer stabileren Steuerbasis der Kommunen beitragen könnte. Andere Länder und die kommunalen Spitzenverbände hingegen befürchten, dass die Wachstumsdynamik der kommunalen Steuerbasis eingeschränkt würde. Der Arbeitskreis Strukturanalyse kommt zu dem Ergebnis, dass die Lösung der kommunalen Finanzprobleme auch auf der Ausgabenseite zu suchen sei. 7 „Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt. 2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren. Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 247/10 Seite 10 Die Kommission hat beschlossen, das sog. Prüfmodell weiterzuentwickeln. Die Aufkommensverluste für Bund und Länder sollen vermieden werden. Die Aufkommensverschiebungen zu Lasten der Betriebsstättenkommunen bei Wegfall der Gewerbesteuer und zugunsten der Wohnsitzkommunen bei Einführung eines Zuschlagsrechts auf die Einkommensteuer und damit zusammenhängende denkbare Wohnsitzverlagerungen sollen begrenzt werden. Auch soll geprüft werden, ob Module des Modells der Stiftung Marktwirtschaft übernommen werden können. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob die Kommunen anstelle eines erhöhten Anteils an der Umsatzsteuer einen Anteil am Lohnsteueraufkommen erhalten sollen. 3.2. Arbeitsgruppe Standards Die Arbeitsgruppe soll benennen, in welchen Bundesgesetzen den Kommunen die Art und Weise der Erfüllung von Aufgaben vorgeschrieben wird (Standards) und welche Auswirkungen auf die Kommunalfinanzen daraus resultieren. Sie soll Flexibilisierungen unter fachlicher Pro- und Contraabwägung vorschlagen und entsprechende Entlastungsvolumina berechnen. In der Arbeitsgruppe besteht Einigkeit, dass Standardänderungen allein die angespannte Situation der kommunalen Finanzen nicht lösen können. Die Länder und die kommunalen Spitzenverbände sind der Auffassung, dass die Gemeindefinanzen nur durch Maßnahmen im Bereich der Sozialausgaben zu erreichen sind. Als stärkste Kostenträger hätten sich dabei u. a. die Kosten für Unterkunft und Heizung, Kindertagesbetreuung und Grundsicherung im Alter herausgestellt. Die Arbeitsgruppe ist gebeten worden, die bisher gemachten Vorschläge zu bewerten und Empfehlungen zur Verbesserung der finanziellen Situation der Gemeinden unter Berücksichtigung der Höhe und der Verteilung der Sozialausgaben zu geben. 3.3. Arbeitsgruppe Rechtsetzung Die Arbeitsgruppe Rechtsetzung hat den Auftrag, die bestehende Praxis zur Beteiligung der Kommunen an der Gesetzgebung des Bundes sowie an der EU-Rechtsetzung vor dem Hintergrund der mit dem Vertrag von Lissabon und Begleitgesetzen eingeführten Verfahren darzustellen , Vorschläge zur stärkeren Berücksichtigung der kommunalen Interessen in diesem Verfahren zu unterbreiten und die Vorschläge zu bewerten. Die kommunalen Spitzenverbände fordern eine Verankerung der kommunalen Beteiligungsrechte im Grundgesetz, die Schaffung eines um die Finanzwirksamkeit erweiterten Mechanismus zur Gesetzesfolgenabschätzung, eine gesetzliche Klarstellung, um Zweifel bezüglich der Klagebefugnis bei Kommunalverfassungsbeschwerden zu beseitigen und eine rechtzeitige Beteiligung durch den Bund bei kommunalrelevanten EU-Rechtsetzungsvorhaben. Die Bundesregierung und die überwiegende Zahl der Länder lehnen eine Änderung des Grundgesetzes ab. Die Beteiligung der Gemeinden sei vorgesehen, werde aber zum Beispiel bei eilbedürftigen Gesetzgebungsvorhaben nur unzureichend angewandt. Eine Änderung des Gesetzes über die Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrats könnte nach Ansicht der Bundesregie- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 247/10 Seite 11 rung eine Verbesserung für die Kommunen mit sich bringen. Bei der Beteiligung an der EU- Rechtsetzung sehen sich Bund und Länder gegenseitig in der Pflicht. 4. Haltung verschiedener Verbände 4.1. Deutscher Städte- und Gemeindebund Die Gemeinden sehen ihre Finanzierung von der Einnahme- und der Ausgabeseite bedroht. Aktuell komme es durch die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise zu Steuermindereinnahmen. Darüber hinaus schwächten Steuerrechtsänderungen zuungunsten der Kommunen die Einnahmebasis .8 Zentrales Problem auf der Ausgabeseite seien die steigenden Soziallasten, die sich seit der Wiedervereinigung mit über 40 Mrd. Euro im Jahr 2009 fast verdoppelt hätten und dynamisch stiegen. Beides zerstöre die in Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz garantierte kommunale Selbstverwaltung . Bei der Diskussion über den Ersatz der Gewerbesteuer durch einen Zuschlag zur Einkommensteuer und einem höheren Anteil an der Umsatzsteuer verweist der Deutsche Städte- und Gemeindebund auf die Ergebnisse der im Jahr 2002 eingesetzten Gemeindefinanzkommission. Auch beim damaligen Modell wäre es zu einer Belastungsverschiebung weg von den Unternehmen hin zu den Arbeitnehmern gekommen. Diese Verschiebung sei damals wie heute nicht vermittelbar. Die Zustimmung zu einem Zuschlag zur Körperschaftsteuer hätte die Gemeinden vor noch größere Probleme gestellt, weil die Körperschaftsteuer 2009 mit über 50 % wesentlich stärker eingebrochen sei als die Gewerbesteuer. Außerdem würden sich die Gemeinden nicht auf einen Zuschlag zur Einkommensteuer einlassen, wenn, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, Steuerentlastungen in zweistelliger Milliardenhöhe geplant seien. Einem höheren Anteil an der Umsatzsteuer haftet nach Ansicht des Verbands der Makel des Zuweisungscharakters an. Die Beibehaltung der Gewerbesteuer bei gleichzeitiger Verbreiterung der Bemessungsgrundlage verringere die Abhängigkeit von den versteuerten Gewinnen nur weniger Steuerzahler vor Ort. Auch wirtschaftlich schwächere Gemeinden profitierten davon. Die Gewerbesteuer als wirtschaftskraftbezogene Steuer stelle ein Äquivalent für wirtschaftsorientierte Ausgaben der Gemeinde , beispielsweise die Bereitstellung von Infrastruktur, dar. Das rechtfertige auch die Einbeziehung von Freiberuflern in die Gewerbesteuer. Die Gemeinden sehen den Bund in der Pflicht, einen Teil der kommunalen Aufwendungen für soziale Leistungen zu übernehmen, weil es gesamtstaatliche Aufgaben seien. Sollte es zu keiner Bewegung des Bundes kommen, müsste der Versorgungsstaat auf den Sozialstaat zurückgeführt werden.9 8 Siehe dazu auch: Memorandum der Landeshauptstadt Hannover zu den Auswirkungen steuerpolitischer Entscheidungen auf den städtischen Haushalt, unter: http://www.hannover.de/data/download/lhh/buerger/steuermemorandum2010.pdf, abgerufen am 28. September 2010. 9 Landsberg, Gerd: Städte und Gemeinden im Sog der Rezession, in: Wirtschaftdienst 2010, Heft 5, S. 283ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 247/10 Seite 12 4.2. Deutscher Städtetag Der Deutsche Städtetag macht in seiner Analyse der kommunalen Finanzsituation dieselben Ursachen aus wie der Städte- und Gemeindebund. Er äußert die Sorge, dass diese Entwicklung zu einer größeren Schere zwischen armen und reichen Kommunen führe, weil in wirtschaftlich schwachen Regionen typischerweise weit überdurchschnittlich hohe kommunale Sozialausgaben mit leicht unterdurchschnittlichen Einnahmen korrelieren. Im Mittelpunkt einer Gemeindefinanzreform müsse deshalb nicht nur die Verstetigung und Verbreiterung der kommunalen Steuerbasis stehen, sondern vor allem eine Entlastung bei den kommunalen Sozialausgaben, eine Verbesserung der Mitwirkungsrechte der Kommunen an kommunalrelevanter Gesetzgebung von Bund und Ländern, die Stärkung des Konnexitätsprinzips10 und die Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen für ebenenübergreifende Kooperation. Weil diese Betrachtungen nur einen kleinen Teil der Arbeit der Kommission darstellen sollten, hat der Deutsche Städtetag sie im Vorfeld als Unternehmensteuerreformkommission bezeichnet.11 4.3. Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) Der BDI bezeichnet die Gewerbesteuer zwar als wichtigste originäre Einnahmequelle der Kommunen , gleichzeitig genüge sie jedoch vielfach nicht mehr den finanziellen Bedürfnissen: Zum einen sei das Aufkommen der Gewerbesteuer örtlich sehr stark gestreut, zum anderen stelle die Gewerbesteuer sowohl für die Unternehmen als auch für die Gemeinden eine hohe administrative Belastung dar. Der größte Teil der Gewerbesteuer werde nur von wenigen Unternehmen getragen . Mit der Umlage an Bund und Länder sei ein intransparentes und komplexes System geschaffen worden. Im internationalen Steuerwettbewerb bilde die Gewerbesteuer einen deutschen Sonderweg ab. Die Gewerbesteuer sei Hemmschuh für sämtliche Modernisierungen des (Unternehmen -)Steuerrechts. Der BDI hatte bereits im Jahr 2001 zusammen mit dem Verband der Chemischen Industrie ein Konzept vorgelegt. Es sieht die Umgestaltung der Gewerbesteuer zu einer kommunalen Einkommen - und Gewinnsteuer mit Hebesatzrecht vor, die alle Steuerbürger einer Gemeinde erfassen soll. Aktuell unterstützt der Verband das sog. Prüfmodell und setzt sich für eine Verstetigung der Kommunalfinanzen ein. Ein Ersatz der Gewerbesteuer durch ein kommunales Zuschlagsrecht auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer sei geeignet, eine Verstetigung des Steueraufkommens der Kommunen herbeizuführen und damit eine verlässlichere Finanzierung der kommunalen Ausgaben zu gewährleisten. Das Steueraufkommen der Kommunen werde durch die Einbeziehung aller natürlichen und juristischen Personen in die Gemeindefinanzierung auf mehr Schultern verteilt und weniger abhängig von der Entwicklung einiger weniger großer Unternehmen. Die Konjunkturabhängigkeit des Steueraufkommens der Gemeinden werde durch die Beteiligung 10 Danach sind die Kosten für die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe von demjenigen Aufgabenträger zu tragen sind, der über Art und Intensität der Aufgabenerfüllung entscheidet. 11 Articus, Stephan: Nachhaltige Stabilisierung der Stadtfinanzen nur durch Entlastung bei den Sozialausgaben, in: Wirtschaftsdienst 2010, Heft 5, S. 285ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 247/10 Seite 13 an den aufkommensstarken und weniger konjunkturanfälligen Steuerarten Einkommens- und Körperschaftsteuer verringert. Eine Ausweitung ertragsunabhängiger Elemente der Gewerbesteuer wie Zinsen sowie Finanzierungsanteile aus Mieten, Leasingraten und Pachten, wie im Modell der kommunalen Spitzenverbände vorgeschlagen, wird abgelehnt. Die ertragsunabhängigen Hinzurechnungen biete keine verlässliche Finanzierungsquelle. Der größte Anteil sei stark konjunkturreagibel und insbesondere aus den Zinsaufwendungen werde kein antizyklisches Aufkommen erzielt. Eine Ausweitung der ertragsunabhängigen Hinzurechnungen führe zu einer unzumutbaren Belastung der Wirtschaft , vor allem von bestimmten Branchen und Krisenunternehmen. Die Belastung aus den im Jahr 2008 eingeführten ertragsunabhängigen Hinzurechnungen sei schon jetzt erheblich.12 4.4. Handelsverband Deutschland (HDE) Der HDE hat die Vorschläge der kommunalen Spitzenverbände als existenzbedrohend für den Handel bezeichnet. Sie lüden die Last der Stabilisierung der kommunalen Einnahmen allein auf den Unternehmen ab. Dabei seien gerade die Handelsunternehmen schon durch die letzte Gewerbesteuerreform 2008 über Gebühr belastet worden: Nicht nur die Gewinne, sondern auch die Kosten wie Ladenmiete oder Leasinggebühren würden seitdem in die Berechnung der Gewerbesteuer einbezogen. Nun sollten alle Finanzierungskosten hinzugerechnet werden. Es sei nachvollziehbar , dass die Gewerbesteuer vom konjunkturellen Auf-und-Ab abgekoppelt werden müsse . Aber auch Finanzierungskosten seien konjunkturabhängig. Vor allem führe die Hinzurechnung von Kosten in wirtschaftlich schwachen Zeiten schnell zu einer Substanzbesteuerung von Unternehmen und damit zu einem Liquiditätsabzug, wie die aktuelle Krise gezeigt habe. Für die Teilhabe am Aufschwung seien die Betriebe auf Kredite angewiesen. Wenn auf diese Kredite nun noch in vollem Umfang Gewerbesteuer anfallen würde, stehe die Leistungsfähigkeit der Handelsunternehmen auf dem Spiel. Die gravierenden Strukturprobleme bei den kommunalen Einnahmen würden durch die Maßnahmen nicht beseitigt.13 4.5. Bundesverband der Freien Berufe (BfB) Der BfB wendet sich insbesondere gegen den Einbezug von Freiberuflern in die Gewerbesteuer. Er verweist zum einen auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Januar 2008 (Az: 1 12 Bundesverband der Deutschen Industrie: Gewerbesteuer, unter: http://www.bdi.eu/648.htm, abgerufen am 27. September 2010, Gewerbesteuerreform, unter: http://www.bdi.eu/666.htm, abgerufen am 27. September 2010 sowie Bundesverband der Deutschen Industrie und Verband der Chemischen Industrie: Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer, unter: http://www.bdi.eu/download_content/SteuernUndFinanzpolitik/12_BDI_VCI-Studie_Gewerbesteuerreform.pdf, abgerufen am 28. September 2010. 13 Handelsverband Deutschland (HDE): Gewerbesteuer: Pläne existenzbedrohend für Handel, unter: http://www.einzelhandel.de/pb/site/hde/node/1146553/Lde/index.html?QUERYSTRING=Gemeinden, abgerufen am 28. September 2010. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 247/10 Seite 14 BvL 2/04). Danach unterschieden sich die freien Berufe durch ihre Ausbildung, die Stellung im Sozialgefüge, die staatlichen und berufsautonomen Regelungen, die Art und Weise der Erbringung der Dienstleistungen und den Einsatz der Produktionsmittel von Gewerbetreibenden. Außerdem seien sie zum Beispiel durch die Bereitstellung von medizinischen Diensten rund um die Uhr Teil der Infrastruktur im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge. Letztlich ginge die Möglichkeit der Anrechnung der dann höheren Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer nach § 35 EStG zu Lasten der anderen Gebietskörperschaften.14 4.6. Die bayerische Wirtschaft (vbw) Nach Ansicht der vbw muss die Gewerbesteuer reformiert werden. Die Substanzbesteuerung durch ertragsunabhängige Elemente verteuere die Unternehmensfinanzierung und verschärfe Krisen. Die international schwer nachvollziehbare Gewerbesteuer werde zum Investitionshemmnis . Sie verhindere eine wachstumsgerechte Weiterentwicklung des Unternehmensteuerrechts und führe wegen ihrer eigenen Bemessungsgrundlage zu administrativen Zusatzbelastungen. Die vbw unterstützt die Weiterentwicklung des sog. Prüfmodells, das der Wirtschaft entgegenkäme . Die bisherigen Ergebnisse der Gemeindefinanzkommission hätten gezeigt, dass dieses Modell administrierbar sei, wenn auch in Teilen technisch schwierig. Es führe zu keiner wesentlichen Lastenverschiebung zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern, obwohl die Kommunen mehr von der Steuerkraft der Bürger vor Ort hätten. Die Verschiebungen zu Lasten der Betriebsstättengemeinde und die Einnahmeausfälle müssten bei der Weiterentwicklung abgebaut werden. Der vbw begrüßt die Einbeziehung neuer Module wie die Vorschläge der Stiftung Marktwirtschaft in die weitere Prüfung als zukunftsweisend und systemgerecht. Das Kommunalmodell lehnt der Verband ab. Nach seinen Berechnungen führt es zu einer Verfünffachung der Last der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Die Rolle des Fremdkapitals als Schmiermittel der Wirtschaft werde dramatisch beeinträchtigt.15 14 Mayer, Stephan: Die Stellung der Freien Berufe bei der Neuordnung der Gemeindefinanzen, in: der freie beruf, 6/2010, S. 12. 15 vbw Die bayerische Wirtschaft: Gewerbesteuer: Der Weg zu einer wachstumsgerechten Reform, unter: http://www.vbw-bayern.de/agv/vbw-Themen-Wirtschaftspolitik-Steuern_&_Finanzen-Aktuelles- Gewerbesteuer_Der_Weg_zu_einer_wachstumsgerechten_Reform--14169,ArticleID__15143.htm, abgerufen am 28. September 2010.