Kfz-Steuer auf CO2-Basis - Ausarbeitung - © 2008 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 222/08 - 2 - Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Kfz-Steuer auf CO2-Basis Sachstand WD 4 - 3000 - 222/08 Abschluss der Arbeit: 05.12.2008 Fachbereich WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. - 3 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung 4 2. Gegenüberstellung der derzeitigen und der geplanten Rechtslage hinsichtlich der Kfz-Steuer 4 3. Bemessungsgrundlagen der Kfz-Besteuerung in anderen europäischen Ländern 6 4. Überlegungen in der EU 6 5. Untersuchungen zu Auswirkungen auf den Klimaschutz bei einer Umstellung einer Kfz-Steuer auf CO2-Basis 7 6. Akteure in der Debatte und deren Positionen 7 - 4 - 1. Einleitung Die folgende Ausarbeitung setzt sich mit der geplanten Umstellung der Kfz-Steuer auf CO2-Basis auseinander. Zunächst werden die gegenwärtige Gesetzeslage und die geplanten zukünftigen Regelungen dargestellt. Dann werden Fundstellen für eine Übersicht über die gegenwärtigen Bemessungsgrundlagen bei der Kfz-Steuer in europäischen Ländern gegeben und auf die Überlegungen der EU-Kommission eingegangen. Ferner werden Literaturhinweise auf Gutachten und Studien zu den Auswirkungen auf den Klimaschutz bei einer Umstellung der Kfz-Steuer auf CO2-Basis aufgezeigt und die Positionen einiger Akteure in der Debatte dargelegt. 2. Gegenüberstellung der derzeitigen und der geplanten Rechtslage hinsichtlich der Kfz-Steuer Nach der aktuellen Rechtslage ist die Bemessungsgrundlage der Kfz-Steuer, geregelt im Kraftfahrzeugsteuergesetz1, für Pkws mit Hubkolbenmotorenantrieb der Hubraum, wobei die Steuersätze nach Schadstoffklassen (Euro 1 bis 5) differenziert werden. Zudem wird der Steuersatz nach dem verwendeten Treibstoff unterschieden. Dieselfahrzeuge werden höher besteuert als Fahrzeuge mit Otto-Motor. Bei Wohnmobilen richtet sich die Bemessungsgrundlage nach dem zulässigen Gesamtgewicht und nach den Schadstoffemissionen . Für andere Fahrzeuge werden entweder nur das zulässige Gesamtgewicht und ab 3,5 Tonnen auch Schadstoff- und Geräuschemissionen zugrunde gelegt. Daneben gibt es einige Steuerbefreiungstatbestände und Vergünstigungen. Im Rahmen des Maßnahmenpaketes „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung “ hat die Bundesregierung die steuerliche Förderung von Personenkraftwagen beschlossen . Nach dem derzeit im Plenum des Deutschen Bundestages diskutierten Gesetzesentwurf 2 ist auch eine Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vorgesehen. Alle vom 05.11.2008 bis 30.06.2009 neu zugelassenen Personenkraftwagen sollen für ein Jahr von der Kfz-Steuer befreit werden. Neu zugelassene Personenkraftwagen der Schadstoffklassen Euro 5 und 6 sollen für ein weiteres Jahr von der Kfz-Steuer befreit werden. Die Kfz-Steuerbefreiung endet in jedem Fall am 31.12.2010. Die Steuerentlastung wird also nach EU-Abgasvorschriften differenziert. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise soll diese Maßnahme der Ankurbelung des Fahrzeugabsatzes dienen. In der Gesetzesbegründung heißt es außerdem, dass diese befristete Kfz-Steuerentlastung ein- 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.09.2002 (BGBl. I S. 3818), zuletzt geändert durch Artikel 11 des Gesetzes vom 20.12.2007 (BGBl. I S. 3150). 2 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmenpakets „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung “, Drs. 16/10930. - 5 - geführt wird, „um die Kaufzurückhaltung bis zur Klarheit über die geplante Umstellung der Kfz-Steuer auf CO2-Basis aufzulösen“.3 Unabhängig von der steuerlichen Förderung aller Neufahrzeuge ist damit langfristig die Umstellung der hubraum- und schadstoffbasierten Kfz-Steuer auf eine kohlendioxidund schadstoffbasierte Kfz-Steuer vorgesehen. Auf der Homepage des hierfür zuständigen BMF heißt es, dass die Bundesregierung ab dem 01.01.2011 eine Besteuerung einführen werde, die sich am Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids ausrichtet. Je niedriger der CO2-Ausstoß, desto niedriger werde die Steuerbelastung sein. Festgelegt wurde zudem, dass „diejenigen, die in den nächsten Monaten einen Neuwagen kaufen, sicher sein können, dass sie dann höchstens eine Steuerbelastung wie nach geltendem Recht trifft. Für besonders verbrauchs- und damit CO2-arme PKW wird bei der Festsetzung der Kfz-Steuer die für die Halterinnen und Halter günstigere Regelung angewendet .“4 Dies deckt sich mit der Gesetzesbegründung zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmenpakets „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung “.5 Dort heißt es außerdem: „Die Aussetzung der Kraftfahrzeugsteuer als Sofortmaßnahme passt sich somit in die vorgesehene Gesamtreform ein“. Im Juni 2008 hatte das Bundesfinanzministerium sein Modell6 zur Umstellung der Kfz- Steuer für Personenkraftwagen auf den Ausstoß von CO2 unter der Überschrift „Gerechtes Modell zur Umstellung der Kfz-Steuer – keine größere Belastung für ältere Autos “ vorgestellt. Nach diesem Modell soll sich die Kfz-Steuer zukünftig aus den Komponenten Hubraum und CO2-Tarif zusammensetzen. Die Differenzierung in Personenkraftwagen mit Otto-Motoren und Dieselmotoren soll beibehalten werden. Für Pkw soll sich die Steuer nach einem hubraumbezogenen Sockelbetrag und einem linear ansteigenden CO2-Tarif abzüglich eines CO2-Freibetrages berechnen. Dieses neue System soll sich nur auf neu zugelassene Personenkraftwagen beziehen; das bisherige Besteuerungssystem für bereits zugelassene Personenkraftwagen solle bestehen bleiben. 3 Drs. 16/10930, S. 5. 4 Homepage des Bundesministerium für Finanzen, http://www.bundesfinanzministerium.de/DE/Buergerinnen__und__Buerger/Gesellschaft__und__Zu kunft/schutzschirm__fuer__arbeitsplaetze/001__neue__kfz__steuer.html. 5 Drs. 16/10930, S. 9, zu Artikel 2. 6 Mit diesem Modell setzt sich Welz, „Weiterentwicklung der Kraftfahrzeugsteuer – ein erster Überblick – Kommt die CO2-Besteuerung? – , UVR 2008, 304 ff. schwerpunktmäßig auseinander. Das Modell selbst ist unter der genannten Fundstelle im Internet auf der Seite des Bundesfinanzministeriums nicht mehr zu finden. - 6 - 3. Bemessungsgrundlagen der Kfz-Besteuerung in anderen europäischen Ländern Eine Studie des DIW im Auftrag des BMF, „Die Abgaben auf Kraftfahrzeuge in Europa im Jahr 2005“ aus dem Jahre 2005 enthält tabellarische Übersichten über die Bemessungsgrundlagen in Europa bei der Kraftfahrzeugsteuer. Das Gutachten ist abrufbar unter : http://www.diw.de/documents/publikationen/73/43883/diwkompakt_2005-012.pdf Informationen zur Kfz-Steuer der Mitgliedstaaten der EU finden sich auch auf den Internetseiten der Europäischen Kommission unter http://ec.europa.eu/youreurope/nav/en/citizens/living/car/tax/index_de.html 4. Überlegungen in der EU7 Die Europäische Kommission hat 2005 einen Vorschlag8 für eine Richtlinie vorgelegt mit dem Ziel, das Funktionieren des Binnenmarktes durch die Beseitigung der steuerlichen Hindernisse für die innergemeinschaftliche Verbringung von Personenkraftwagen zu verbessern. Zudem soll die Nachhaltigkeit durch die Umstrukturierung der Bemessungsgrundlagen der Zulassungssteuern und jährlichen Kraftfahrzeugsteuern gefördert werden, die zukünftig Elemente mit einem direkten Bezug auf die Kohlendioxid- Emissionen der Personenkraftwagen enthalten sollen. Der Vorschlag umfasst drei Elemente 9 : Abschaffung der Zulassungssteuern während einer Übergangszeit von fünf bis zehn Jahren. Ein System, bei dem der Mitgliedstaat, in dem ein Personenkraftwagen zugelassen ist, bis zur Abschaffung der Zulassungssteuer einen Teil davon erstatten müsste, wenn das Fahrzeug nach der Zulassung ausgeführt oder auf Dauer in einen anderen Mitgliedstaat verbracht wird. Die Bemessungsgrundlagen sowohl der jährlichen Kraftfahrzeugsteuern als auch der Zulassungssteuern sollten künftig eine Kohlendioxid-Komponente enthalten. 7 Mit dieser Initiative der EU setzen sich Kuhfeld/Kunert, „Reform der Pkw-Besteuerung überfällig: Die Initiative der EU-Kommission zeigt den richtigen Weg“ in DIW Wochenbericht 2005, 745 ff. auseinander . 8 Kom/2005/261/FINAL. Zu finden unter http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/other_taxes/passenger_car/index_de.htm. 9 Vgl. http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/other_taxes/passenger_car/index_de.htm. - 7 - 5. Untersuchungen zu Auswirkungen auf den Klimaschutz bei einer Umstellung einer Kfz-Steuer auf CO2-Basis In Vorbereitung des Vorschlags der Kommission wurde das Potential fiskalischer Maßnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen neuer Pkw untersucht. Die Studie von COWI aus dem Jahre 2002 „Fiscal Measures to Reduce CO2 Emissions from New Passenger Cars“ ist zu finden unter: http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/co2_cars_study_25-02- 2002.pdf Simulationsrechnungen hat die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung in einem Gutachten von Distelkamp/Lutz/Meyer/Wolter, „Schätzung der Wirkung umweltpolitischer Maßnahmen im Verkehrssektor unter Nutzung der Datenbasis der Gesamtrechnungen des Statistischen Bundesamtes“ aus dem Jahre 2004 durchgeführt. Diese Berechnungen sind abrufbar unter: http://www.gws-os.de/Downloads/gws-paper04-5.pdf Mit einer CO2-orientierten Kraftfahrzeugsteuer setzt sich auch der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen in einem Sondergutachten auseinander.10 6. Akteure in der Debatte und deren Positionen11 Nach einer internen Presserecherche konnten folgende Akteure und deren Positionen ausfindig gemacht werden: ADAC Der ADAC befürwortet eine am CO2-Ausstoß orientierte Kfz-Steuer. Diese müsse jedoch im Paket beschlossen werden. „Das endlose Hickhack um die Kfz-Steuer muss endlich aufhören. Wer ein Auto kaufen möchte, muss schließlich wissen, woran er ist.“ fordert ADAC-Vizepräsident für Verkehr Ulrich Klaus Becker. „Konkrete Pläne zu einer neuen Steuer auf CO2-Basis liegen längst vor. Es gibt also keinen Anlass, das Thema weiter zu verschleppen.“12 Der Club hofft zudem, dass wenn sich die Höhe der Steuer am Kohlendioxidausstoß und damit am Kraftstoffver- 10 Sondergutachten des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen, Unterrichtung durch die Bundesregierung vom 28.06.2005, Drs. 15/5900, S. 177 ff. 11 Zur Diskussion und den jeweiligen Argumenten vgl. auch Prof. Dr. Ströbele, „Kfz-Steuer: Allzweckmittel – jetzt auch für CO2?“, ifo Schnelldienst 2007, S. 3 ff. und Puls, „Eine CO2-orientierte Kfz- Steuer kann ein wirtschaftsverträgliches Instrument sein“, ifo Schnelldienst 2007, S. 6 ff. 12 Vgl. ADAC Standpunkt unter http://www.adac.de/Auto_Motorrad/autokosten/Kfz- Steuer/Steuerfrei/default.asp?ComponentID=234226&SourcePageID=132193. - 8 - brauch des Fahrzeugs orientiere, sich die Autokäufer verstärkt für sparsame Fahrzeuge entscheiden und die Autoindustrie neue Möglichkeiten zur Verbrauchssenkung entwickeln würden.13 Verband der Automobilindustrie (VDA) Für eine Besteuerung von Kraftfahrzeugen nach ihrem Kohlendioxidausstoß hat sich auch der VDA ausgesprochen. Die Steuer sollte allerdings aufkommensneutral sein. Bernd Gottschalk, der seinerzeitige Präsident des Verbandes hofft darauf, dass die Steuer neue Anreize schaffe, sich ein neues und sparsames Fahrzeug zuzulegen.14 Automobilclub AvD Der AvD hält von einer Kfz-Steuer auf Basis des CO2-Ausstoßes nichts. Jeder kleine Schaden am Motormanagement oder an der Abgasanlage mache aus einem CO2- armen Fahrzeug einen Klimasünder, der erst bei der nächsten Abgasuntersuchung auffalle. Vergleichbare CO2-Werte könnten nur durch aufwendige Flottenversuche festgelegt werden, die zudem nur für Neufahrzeuge bindend sei. Der Kohlendioxidausstoß sei daher als Besteuerungsgrundlage ein zu weiches Kriterium. Vielmehr fordere der AvD, die Kfz-Steuer ganz abzuschaffen und ausschließlich die Mineralölsteuer als Lenkungsinstrument zu nutzen.15 Otto Bernhardt, Finanzpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Statement in der VDI16 „Der klimapolitische Druck ist so groß, dass wir die CO2- basierte Kfz-Steuer nicht auf die lange Bank schieben können. Ich denke daher, dass die Reform noch unter Regie der Länder kommen wird. Der Tausch mit der Versicherungssteuer ist vom Tisch. Aktuell wird eher diskutiert, die Kfz-Steuer an den Bund zu übertragen und den Ländern dafür einen adäquaten Prozentsatz der Mehrwert - oder Einkommensteuer zu überlassen. Das wäre sinnvoll, damit der Bund alle 13 Motor-Informations-Dienst vom 29.01.2007, „Klimaschutz: ADAC fordert CO2-basierte Kfz-Steuer“. 14 Motor-Informations-Dienst vom 14.11.2006, „Autohersteller fordern neue Kfz-Steuer“ und vom 20.02.2007 „VDA begrüßt Pläne zur CO2-Steuer“. 15 Motor-Informations-Dienst vom 19.02.2007, „AvD gegen CO2-Steuer“. 16 VDI Nr. 47 vom 23.11.2007, S. 11 „Statements zur geplanten Änderung der Kfz-Steuer auf CO2- Basis“. - 9 - Steuerungsmöglichkeiten von der Maut über die Energie- bis zur Kfz-Steuer in seinen Händen hielte.“ Winfried Hermann, Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Statement in der VDI17 „Grundsätzlich begrüßen wir, dass es eine CO2-bezogene Kfz-Steuer geben soll. Allerdings wollen wir keine lineare, sondern eine progressive Besteuerung. Spritschlucker sollen deutlich stärker zur Kasse gebeten werden, um sparsame Fahrzeuge zu entlasten.“ Dr. Hermann O. Solms, Finanzpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion Statement in der VDI18 „Die FDP lehnt die Vorschläge von Finanzminister Steinbrück ab. Die Pläne zur Umstellung der Kfz-Steuer auf den Schadstoffausstoß bedeuten eine erneute Verunsicherung und wieder keine Vereinfachung für die Bürger. Statt eines komplizierten neuen Systems sollte das Kfz-Steueraufkommen auf die Mineralölsteuer umgelegt und dann die Kfz-Steuer abgeschafft werden. Damit würde der Verbrauch besteuert und so ein umweltpolitisch vernünftiges Verhalten der Autofahrer gefördert.“ 17 VDI Nr. 47 vom 23.11.2007, S. 11 „Statements zur geplanten Änderung der Kfz-Steuer auf CO2- Basis“. 18 VDI Nr. 47 vom 23.11.2007, S. 11 „Statements zur geplanten Änderung der Kfz-Steuer auf CO2- Basis“.