Deutscher Bundestag Fragen zum Umsatzsteuerbetrug in der BRD und der EU Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 4 – 3000 – 202/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 2 Fragen zum Umsatzsteuerbetrug in der BRD und der EU Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 4 – 3000 – 202/10 Abschluss der Arbeit: 25.8.2010 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkungen S. 4 2. Wie hoch sind die geschätzten Einnahmeausfälle durch Umsatzsteuerbetrug S. 4 in der BRD und in der EU? 3. Welche Formen des Umsatzsteuerbetruges treten besonders häufig auf ? S. 6 Welche Formen richten einen besonders hohen finanziellen Schaden an? 4. Welche Verfahren, Pläne und Möglichkeiten gibt es zur Bekämpfung des S. 10 Umsatzsteuerbetruges? 4.1 Verfahren und Maßnahmen zur Bekämpfung auf nationaler Ebene S. 10 4.2 Verfahren und Maßnahmen zur Bekämpfung auf europäischer Ebene S. 11 5. Welche Datenbanken zum Umsatzsteuerbetrug gibt es in der BRD und S. 14 der EU? 6. Wie teilt sich die Zuständigkeit für Umsatzsteuerbetrugsfälle zwischen S. 15 Bund und Ländern auf? Wie erfolgt die Koordinierung auf EU-Ebene? Anlagenverzeichnis S. 17 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 4 1. Vorbemerkungen Die Diskussionen über eine Änderung des Systems bei der Erhebung der Umsatzsteuer gehen bis ins Jahr 2001 zurück, weil sich das Umsatzsteueraufkommen nicht mehr im Einklang mit der wirtschaftlichen Entwicklung befand. Bis zum Jahr 2005 war nach Angaben des Ifo- Institutes ein jährlicher Anstieg der Ausfallquote am Umsatzsteueraufkommen festzustellen, 2006 war erstmalig ein Rückgang zu verzeichnen. Die Mehrwertsteuererhöhung im Jahre 2007 von 16 auf 19 Prozent, die das Umsatzsteueraufkommen insgesamt erhöhte, schlug sich aber nicht maßgeblich auf die Entwicklung der Ausfallquote nieder. Diese blieb weiterhin hoch. Die Ursachen für die Umsatzsteuerausfälle sind vielfältig, eine Ursache ist der Umsatzsteuerbetrug . Da die Umsatzsteuer etwa ein Drittel des gesamten Steueraufkommens darstellt, sind die Steuerausfälle für den Staat von nicht unerheblicher Größe. Abgesehen von den Steuerausfällen ist die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges auch im Interesse der Steuergerechtigkeit und der Wettbewerbsfähigkeit weiter zu intensivieren. Durch Änderungen des Umsatzsteuergesetzes und der Abgabenordnung wurden die Eingriffsmöglichkeiten gegen den Umsatzsteuerbetrug für die Finanzverwaltungen erheblich verbessert (siehe hierzu: Diplomarbeit der FH Münster/ Umsatzsteuerbetrug bei Karussell- und Streckengeschäften – Risiken für Unternehmer und Möglichkeiten der Bekämpfung, S.29 ff ). Entscheidend für eine erfolgreiche Betrugsbekämpfung ist die Koordinierung der Maßnahmen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene, ein intensiverer Datenaustausch aller Länder und die Verbesserung der IT-gestützten Arbeit (Software). 2. Wie hoch sind die geschätzten Einnahmeausfälle durch Umsatzsteuerbetrug in der BRD und in der EU? Umsatzsteuerausfälle in der BRD Steuerausfälle durch Umsatzsteuerbetrug werden in keiner öffentlichen Statistik ausgewiesen. Die nachfolgende Tabelle des Info-Institutes erfasst den Umsatzsteuerausfall insgesamt für die BRD. Die dort dargestellte Ausfallquote lässt sich nicht näher aufschlüsseln, da in dieser Statistik auch die durch Insolvenzen bedingten Ausfälle eingeschlossen sind. Lediglich für das Jahr 2007 ist in dem Diskussionspapier des BMF vom 29.5.2008 ein Steuerausfall durch Umsatzsteuerbetrug in Höhe von 11,3 Mrd. € genannt worden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 5 Kalenderjahr Ausfallquote in % Betrag in Mrd. € 1998 8,5 12,0 1999 7,5 11,0 2000 9,0 14,0 2001 11,5 18,0 2002 11,5 18,0 2003 11,5 18,0 2004 12,0 18,5 2005 11,5 18,0 2006 9,5 15,0 2007 9,0 17,5/11,3* 2008 9,0 17,0 * ausgewiesener Steuerausfall durch Umsatzsteuerbetrug (siehe Diskussionspapier des BMF vom 29.5.2008) Quelle: ifo Schnelldienst 12/2008, S. 55 Angaben zur Höhe der Steuerausfälle für 2009 bzw. geschätzte Daten für 2010 liegen nach derzeitigen Sachstand noch nicht vor. Auf direkte Nachfrage im Ifo-Institut wurde mitgeteilt, dass die aktualisierten Daten für 2009 voraussichtlich im September 2010 veröffentlichet werden. Umsatzsteuerausfälle in der EU Die Umsatzsteuerausfälle durch Umsatzsteuerbetrug in der EU lassen sich ebenfalls nicht beziffern . Nach Rückfrage beim Statistischen Bundesamt/Europäischen Datenservice (EDS) wurde mitgeteilt, dass Daten zum Umsatzsteuerbetrug in keiner amtlichen Statistik der EU erfasst werden und somit keine Aussage über die Entwicklung in Europa getroffen werden kann. Es liegt nur eine Schätzung des BRH aus dem Bericht über den innergemeinschaftlichen Umsatzsteuerbetrug Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 6 vor, in dem innerhalb der EU von Einnahmeausfällen durch Umsatzsteuerbetrug von jährlich ca. 100 Mrd. € gesprochen wird.1 3. Welche Formen des Umsatzsteuerbetruges treten besonders häufig auf ? Welche Formen richten einen besonders hohen finanziellen Schaden an? Aus dem Bericht des Bundesrechnungshofes vom 3. September 2003 2 wurden die nachfolgenden Formen des Umsatzsteuerbetruges und der Steuervermeidung dargestellt, wobei der Karussell-, der Kettenbetrug sowie Leasing- und Mietkaufgeschäfte reine Betrugsverfahren darstellen. Die anderen Formen für Steuerausfälle (Globalzession, Grundstücksgeschäfte, Insolvenz) müssen nicht zwangsläufig auf Betrug basieren. Der Karussellbetrug stellt eine typische Betrugsform innerhalb der EU dar. Innergemeinschaftlicher Karussellbetrug Der innergemeinschaftliche Karussellbetrug ist so angelegt, dass ein inländischer Unternehmer hochpreisige Wirtschaftsgüter liefert und diese Waren ohne nennenswerte Preisaufschläge über eine Kette von innergemeinschaftlichen Vertragspartnern, Zwischenhändlern bzw. in- und ausländischen Scheinfirmen zurückerhält. Innergemeinschaftliche Lieferungen sind von der Umsatzsteuer befreit, nur innerhalb eines EU-Mitgliedstaates wird Umsatzsteuer erhoben. Die Scheinfirmen sind zwar verpflichtet, Umsatzsteuer abzuführen, kommen dieser Verpflichtung oftmals jedoch nicht nach. Im Rahmen sogenannter Karussellgeschäfte haben Berichte von Betrugsfällen deutlich gemacht, „dass die Umsatzsteuer Schwachstellen aufweist, die gerade aufgrund der engen internationalen Verflechtung Angriffsflächen für organisierten Betrug eröffnen. Hierbei spielt die Erstattung der sogenannten Vorsteuer, also der Umsatzsteuer auf Vorleistungen eine zentrale Rolle. Die besondere Problematik in der EU besteht aber in dem Bruch der Besteuerung der Vorleistungskette bei grenzüberschreitenden Lieferungen aufgrund des Bestimmungslandprinzips. So wird beim Karussellgeschäft durch gezielte grenzüberschreitende Geschäftsmodelle die Erstattung einer Vorsteuer erreicht, ohne dass die Umsatzsteuer auf die Lieferung gezahlt wird.“3 1 BRH: Intra-Community VAT Fraud vom 12.3.2009 2 Bericht nach § 99 BHO über Steuerausfälle bei der Umsatzsteuer durch Steuerbetrug und Steuervermeidung (BT-Drs. 15/1495) 3 Stellungnahme des Ifo-Institutes zu vorliegenden Anträgen in der Sitzung des Finanzausschusses vom 25.3.2009 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 7 Nach Informationen des BMF wird das Umsatzsteueraufkommen insbesondere durch grenzüberschreitende Karussellgeschäfte geschmälert. „Das Ifo-Institut schätzte ein, dass durch Umsatzsteuerhinterziehung im Jahr 2001 Steuermindereinnahmen in Höhe von 14 Mrd. € entstanden sind. Für das Jahr 2003 geht das Institut von Mindereinnahmen in Höhe von 17,6 Mrd. € aus. In einer Pressemitteilung vom 13. April 2005 prognostiziert das Ifo-Institut nunmehr jedoch für das Jahr 2005 einen Rückgang der Steuerhinterziehungsquote. … Die deutschen Behörden, wie auch die aller anderen EU-Mitgliedstaaten, sind sich der Tatsache bewusst, dass sie es bei den grenzüberschreitenden Karussellgeschäften regelmäßig auch mit organisierter Kriminalität zu tun haben , die Täter also eine besondere Gefahr darstellen.“ 4 Nach Information der Nachrichtenagentur Reuters vom 28.4.2010 findet derzeit Umsatzsteuerbetrug auch mit Emissionsrechten statt. Deutsche Strafverfolger wollen dem groß angelegten Umsatzsteuerbetrug im Handel mit Verschmutzungsrechten in Deutschland Einhalt gebieten. „Die Fälle von Umsatzsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem Handel von Emissionsrechten für Treibhausgase häuften sich seit Frühjahr 2009. Die Frankfurter Behörde bezifferte den Schaden für den deutschen Fiskus durch das sogenannte "Umsatzsteuerkarussell" mit Hilfe der Zertifikate auf mindestens 180 Millionen Euro.“ … Reuters beschreibt das Karussell wie folgt: „Die mutmaßlichen Betrüger machen sich die Tatsache zunutze, dass auf die Emissionszertifikate, die vor allem in Amsterdam, Paris und London, aber auch an der Leipziger Strombörse EEX gehandelt werden, Umsatzsteuer anfällt. Nach Angaben der Ermittler kaufen die Beschuldigten die Zertifikate steuerfrei im Ausland. Dann werden sie sie so lange zwischen mehreren Firmen im Inland hin- und hergeschoben, ohne die fällige Umsatzsteuer zu zahlen, bis das letzte Glied der Kette sie wieder ins Ausland verkauft und sich die Umsatzsteuer vom Finanzamt wieder erstatten lässt.“5 Nach Information von Europol beläuft sich der Schaden in Milliardenhöhe. „Die europäische Polizeibehörde Europol hatte den Schaden durch den betrügerischen Handel mit CO2-Emissionsrechten Ende 2009 in Europa auf über fünf Milliarden Euro geschätzt. In einigen Staaten könnten bis zu 90 Prozent des Volumens im Markt für Verschmutzungsrechte auf Betrug zurückgehen. Europol hatte eine Ermittlungskommission eingesetzt, um der organisierten Kriminalität auf die Spur zu kommen. Es sei zu befürchten, dass die gleichen Praktiken in Kürze auf dem Gas- und Strommarkt zum Einsatz kommen könnten.“6 Kettenbetrug im Baugewerbe 4 BMF: Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges vom 2.8.2005 5 Reuters: Umsatzsteuerbetrug mit Emissionsrechten auf der Spur vom 28.4.2010 6 Reuters: Umsatzsteuerbetrug mit Emissionsrechten auf der Spur vom 28.4.2010 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 8 Kettenbetrug im Baugewerbe wird durch Werkvertragsunternehmen ermöglicht, die ihren tatsächlichen und vorgegebenen Sitz im Ausland haben sowie durch unseriös arbeitende Subunternehmen und Scheinfirmen. Beim Kettenbetrug wirken tief gestaffelte Ebenen von Unternehmen zusammen. Die Initiatoren dieser sogenannten „Ketten“ verfolgen das Ziel, die Unternehmerund Arbeitgebereigenschaft der Kolonnenführer zu verschleiern. Diese Ebene ist mit der Bauausführung beauftragt. Die Unternehmer auf der oberen Ebene der Kette bis hin zum Generalunternehmer erhalten Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis von den Subunternehmen, aus denen sie den Vorsteuerabzug und den Betriebsausgabenabzug geltend machen. Neben erheblichen Steuerausfällen führt diese Betrugsform zu Wettbewerbsverzerrungen, Verdrängung von seriöser legaler Beschäftigung und Zunahme von illegaler Beschäftigung. Globalzession Die Globalzession dient als Instrument zur Absicherung von Kreditforderungen im Kreditgeschäft . Hierbei ist der neue Forderungsinhaber nicht verpflichtet, Umsatzsteuer abzuführen. „Bei einer Globalzession tritt der Kreditnehmer (Zedent) seine gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen gegenüber Kunden zur Sicherung eines Kredites an den Kreditgläubiger (Zessionar) ab. Kommt es zum Sicherungsfall und der Zessionar zieht die Forderungen ein, so ist er nach derzeitiger Rechtslage nicht verpflichtet, die in den eingezogenen Bruttoforderungen enthaltenen Umsatzsteuerbeträge abzuführen. Der Zedent allein bleibt weiterhin verpflichtet, die in den vom Zessionar vereinnahmten Forderungen enthaltenen Umsatzsteuerbeträge beim Finanzamt anzumelden und abzuführen. Es kommt dann zu Umsatzsteuerausfällen, wenn Unternehmen nach Einziehung der abgetretenen Forderungen durch den Zessionar insolvent werden.“7 Bei der Globalzession gingen durch die begrenzte Verpflichtung zur Abführung der Umsatzsteuerbeträge auf den Kreditnehmer ebenfalls Steuerbeträge verloren. Die Ausfälle wurden hier jedoch nicht näher beziffert. Grundstücksgeschäfte Nach Auffassung des BRH werden durch umsatzsteuerpflichtige Optionen bei Grundstücksveräußerungen in Fällen von insolventen Unternehmen Umsatzsteuerausfälle verursacht. Wenn Unternehmen Zahlungsschwierigkeiten haben, veräußern sie auf Druck der Kreditinstitute häufig ihre betrieblichen Grundstücke, um die Kreditbelastung zu verringern. Zwar ist der Grundstücks- 7 Bericht nach § 99 BHO über Steuerausfälle bei der Umsatzsteuer durch Steuerbetrug und Steuervermeidung (BT-Drs. 15/1495), S. 4 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 9 verkauf grundsätzlich umsatzsteuerfrei, jedoch können die Unternehmen die umsatzsteuerpflichtige Veräußerung wählen. Nutzt der Erwerber das Grundstück für betriebliche Zwecke, hat er keinen Nachteil und kann die Umsatzsteuer auf den Kaufpreis als Vorsteuer geltend machen. Nutzer sind die Kreditinstitute, da sie den Bruttokaufpreis zur Erfüllung ihrer Forderungen aufrechnen. Bleibt kein Restbetrag übrig, können die Finanzämter ihre Forderungen nach Umsatzsteuer nicht geltend machen. Schätzungen des BRH gehen von jährlichen dreistelligen Millionenbeträgen in € aus, die verloren gehen. Leasing und Mietkauf Bei Leasing- und Mietkaufgeschäften werden immer wieder Fälle von planmäßiger Insolvenz genannt , die zu erheblichen Umsatzsteuerausfällen führen. Die Vorgehensweise gestaltet sich nach folgendem Muster: „Ein Finanzierungsinstitut kauft hochwertige Industriegüter vom Hersteller und liefert sie per Leasing oder Mietkauf weiter an dessen Kunden. Kunde und Leasingnehmer ist in der Regel eine mit Mindestkapital ausgestattete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Durch Mietkauf- oder bestimmte Leasingverträge ist – anders als bei einer Vermietung – sofort der gesamte Wert der Wirtschaftsgüter und nicht nur die jeweils einzelne Mietzahlungsrate Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Der Leasinggeber weist die Umsatzsteuer in voller Höhe gesondert aus und führt sie ans Finanzamt ab. Bei dem Leasingnehmer entstehen in gleichem Umfang erhebliche Vorsteuervergütungsansprüche. Der Leasingnehmer zahlt die Leasingraten nur wenige Monate. Deshalb kündigt der Leasinggeber das Vertragsverhältnis und holt die Wirtschaftsgüter zurück. Durch die Rückabwicklung des Geschäfts wird dem Leasinggeber seine gezahlte Umsatzsteuer erstattet. Der Leasingnehmer hat entsprechend die Vorsteuer an das Finanzamt zurückzuzahlen. Dies ist ihm aufgrund seiner „geplanten“ Zahlungsunfähigkeit jedoch nicht mehr möglich.“8 Der BRH schätzt auch hier, dass sich die Umsatzsteuerausfälle im dreistelligen Millionenbereich bewegen. Umsatzsteuerausfall in Fällen der Insolvenz Steuerrückstände und Niederschlagungen bei der Umsatzsteuer entstehen dadurch, dass Steuerpflichtige fällige Umsatzsteuern nicht mehr entrichtet werden können bzw. bereits berücksichtigte Vorsteuern nach Korrektur der Leistungen nicht mehr erstatten werden können. Im Umsatzsteuerrecht gilt das „Prinzip der Sollversteuerung, d. h. der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten . Die Bezahlung einer Rechnung ist nicht Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. Deshalb 8 Bericht nach § 99 BHO über Steuerausfälle bei der Umsatzsteuer durch Steuerbetrug und Steuervermeidung (BT-Drs. 15/1495), S. 4/5 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 10 ist es durchaus üblich, dass Unternehmen als letzten Akt ihrer gewerblichen Tätigkeit den Vorsteuerabzug aus Rechnungen geltend machen, die sie nicht mehr bezahlen können.“9 Für diese Form des Umsatzsteuerausfalles beziffert der BRH für 2001 eine Summe von 3,4 Mrd. € 4. Welche Verfahren, Pläne und Möglichkeiten gibt es zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges ? Vor dem Hintergrund, dass die bisherigen Möglichkeiten zur Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung ausgeschöpft waren, wurden 2005 die nachfolgend beschriebenen Modelle im Auftrag des BMF von einer unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft intensiv geprüft.10 4.1 Verfahren und Maßnahmen zur Bekämpfung auf nationaler Ebene Reverse-Charge-Verfahren Nach einer Einschätzung des BMF werden Steuerausfälle durch Umsatzsteuerbetrug und Insolvenzen erheblich durch das derzeitige Mehrwertsteuersystem begünstigt. Aus diesem Grunde hatte das BMF 2008 vorgeschlagen, dass Reserve-Charge-Verfahren auf die unternehmerischen Leistungsempfänger zu übertragen und setzte sich gleichzeitig dafür ein, dieses Verfahren auf EU-Ebene einzuführen. Auf EU-Ebene konnte jedoch darüber keine Einigung erzielt werden. „Das Reverse-Charge-Verfahren bezeichnet die Verlagerung der Umsatzsteuerschuld vom leistenden Unternehmer auf den unternehmerischen Leistungsempfänger bzw. die die Leistung empfangende juristische Person. Beim Leistungsempfänger fallen Steuerschuld und Vorsteuerabzug zusammen und saldieren sich direkt.“11 Vereinfacht formuliert, wird die Umsatzsteuer in eine Verbrauchssteuer überführt, die Umsatzsteuer wird beim Verkauf an den Endverbraucher (den Leistungsempfänger ) weitergegeben. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft schätzte ein (siehe Monatsbericht des BMF, 1/2006), dass mit diesem Verfahren jährlich ca. 3,8 Mrd. € mehr eingenommen werden könnten. Die Umsatzsteuerausfälle aus Karussellgeschäften könnten um etwa 2 Mrd. €, bei Insolvenzen um ca. 1,8 Mrd. € zurückgehen. Allerdings wird auch eingeschätzt, dass die Einführung des Verfahrens für Unternehmen und Finanzverwaltung mit hohen Kosten verbunden wäre. 9 Bericht nach § 99 BHO über Steuerausfälle bei der Umsatzsteuer durch Steuerbetrug und Steuervermeidung (BT-Drs. 15/1495), S. 18 10 Monatsbericht des BMF, 1/2006 11 BMF: Reverse-Charge vom 29.5.2008, Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 11 Generelle Ist-Versteuerung mit dem Kontrollverfahren des sog. Cross-Check Bei diesem Verfahren wird die Sollversteuerung (Sollversteuerung heißt: ein Unternehmer muss die auf seinen Umsatz entfallende Steuer bereits anmelden und entrichten, wenn er die Leistung erbracht hat, der Kunde kann den Vorsteuerabzug geltend machen, wenn er die Leistung für sein Unternehmen bezogen hat und die Rechnung in den Händen hält) durch die Ist-Besteuerung ersetzt . „Nach dem neuen Modell einer generellen Ist-Versteuerung wird auf die Bezahlung des Umsatzes abgestellt. Der leistende Unternehmer muss die Umsatzsteuer erst anmelden und abführen, wenn er das Geld für seinen Umsatz erhalten hat. Er muss die Steuer nicht mehr gegenüber dem Fiskus vorfinanzieren. … Zur zuverlässigen Sicherung des Umsatzsteueraufkommens wird das generelle Ist-Prinzip durch die Einführung eines elektronisch unterstützten Cross-Check-Verfahrens abgesichert . Dabei wird ein Abgleich zwischen dem Ausgangsumsatz eines leistenden Unternehmers mit dem entsprechenden Eingangsumsatz auf Seiten des Leistungsempfängers vorgenommen.“ 12 Damit verbunden ist eine generelle monatliche Steuererklärungs- und Zahlungspflicht für alle Unternehmer einzuführen. Bei der Umstellung auf dieses Verfahren ging die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft davon aus, dass im ersten Jahr mit geschätzten Mindereinnahmen von etwa 21 Mrd. € gerechnet werden müsste. Aus diesem Grund wurde dieses Verfahren in der BRD nicht weiter verfolgt (siehe Monatsbericht des BMF 1/2006). Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges in jüngster Zeit: In einem Diskussionspapier des BMF vom Mai 200813 werden folgende Maßnahmen genannt: Einführung des Reserve-Charge-Verfahren für Lieferungen von Industrieschrott/Altmetallen Verschärfung der Voraussetzungen zur Berichtigung eines unzutreffenden Steuerausweises in einer Rechnung Pflicht zur Meldung von Organschaftsverhältnissen (Organschaftsmeldeverfahren) Abschaffung der Umsatzsteuer-Jahreserklärung Weitere konkrete Maßnahmen sind im Monatsbericht des BMF von 4/2009 nachzulesen. Das Reserve -Charge-Verfahren soll nunmehr auf den Bereich Gebäudereinigungsleistungen von Subunternehmen an Gebäudereiniger ausgeweitet werden. 12 Ifo-Schnelltest 2/2004, S. 40 13 Diskussionspapier des BMF vom 29.5.2008: Wirksame Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs sichert fairen Wettbewerb und stärkt ehrliche Unternehmen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 12 4.2 Verfahren und Maßnahmen zur Bekämpfung auf europäischer Ebene Erste Aktivitäten zur Bekämpfung des Steuerbetrugs auf europäischer Ebene begannen im Jahre 2006. Die KOM verabschiedete die Mitteilung hinsichtlich der Notwendigkeit der Entwicklung einer koordinierten Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetruges (KOM(2006)254) mit den Vorschlägen für die Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten. Darauf folgte eine Entschließung des EP vom 2. September 2008 zu einer koordinierten Strategie zur Bekämpfung des Steuerbetruges, die eine Vielzahl von Vorschlägen und konventionellen Maßnahmen enthält.14 Wichtige Vorschläge dieser europäischen Strategie sind u.a. die Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten und die Änderung des derzeitigen Mehrwertsteuersystems. Im Monatsbericht des BMF vom 23. April 2009 werden weitere Maßnahmen zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges genannt.15 Das sind: Verabschiedung der Richtlinie 2008/117/EG des Rates vom 16. Dezember 2008, mit der die Richtlinie 2006/112/EG geändert wurde. Folge dieser Änderung ist, dass damit die monatliche statt bisher die quartalsweise Abgabe der Zusammenfassenden Meldungen. Erlass der ECOFIN-Verordnung EG Nr. 37/2009 vom 16. Dezember 2008, die einen zeitnäheren Austausch der mit den Zusammenfassenden Meldungen erhobenen Daten zwischen den EU-Mitgliedsstatten vorsieht. Darüberhinaus ist mit der Richtlinie 2010/23/EU Des Rates vom 16. März 2010 die Richtlinie 2006/112/EG nochmals dahingehend geändert worden, dass nunmehr eine fakultative und zeitweilige Anwendung des Reserve-Charge-Verfahrens auf bestimmte betrugsanfällige Dienstleistungen ( z. B. Handel mit Emissionszertifikaten) anwendbar ist. Man hat erkannt, dass das Problem nur zu lösen ist, wenn die Steuerverwaltungen der einzelnen Mitgliedsstaaten enger zusammenarbeiten. Bisher beruhte die Zusammenarbeit auf der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates vom 7. Oktober 2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 218/92. Diese Verordnung entspricht nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten. Deshalb hat zwischenzeitlich die Europäische Kommission einen neuen Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem gebiet der Mehrwertsteuer unterbreitet. Im Juni 2010 hat der ECOFIN-Rat hierüber eine politische Einigung erzielt und damit ist eine Verabschiedung bald zu erwarten.16 14 Vermerk von Referat PA 1 vom 11.11.2008 15 BMF: Monatsbericht vom 23.4.2009 16 Sachstandsbericht des Referates Europa vom 14.12.2009 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 13 Wesentliche Neuerungen des Verordnungsentwurfes17 sind u.a.: Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Einrichtung von EUROFISC, einer gemeinsamen operativen Struktur, die den Mitgliedstaaten ein rasches Eingreifen bei der Bekämpfung von grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrug ermöglicht; EUROFISC ist ein dezentrales Netzwerk zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges; es soll als eine Art Frühwarnsystem einen schnellen Informationsaustausch ermöglichen Ausbau der Datenbanken mit den Informationen über die Mehrwertsteuerpflichtigen und ihre innergemeinschaftlichen Umsätze (künftig sollen Informationen über die Steuerpflichtigen und ihre Umsätze aufgenommen werden) und aktuelle und verlässliche Datenerfassung Erweiterung des Datenbankensystems in der Richtung, dass auch Informationen über innergemeinschaftliche Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen erfasst werden Elektronische Speicherung und Übertragung bestimmter Daten zu Kontrollzwecken Festlegung der Verpflichtungen für jedes Mitgliedsland Einrichtung eines gemeinsamen Systems für die Informationserteilung zwischen den Mitgliedsstaaten (Gewährung von Amtshilfe) Änderung des Systems zur Bestätigung der Gültigkeit von MwSt-Identifikationsnummern Die Rechnungshöfe der Niederlande, Belgiens und Deutschlands haben ein gemeinsames Prüfungsverfahren durchgeführt und drei Bereiche: Prävention, Aufdeckung und Strafverfolgung des innergemeinschaftlichen Warenbetruges untersucht und entsprechende Schlussfolgerung und Empfehlungen abgegeben. Der BRH nennt folgende Verfahren zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges : das Umsatzsteuer-Informationsaustauschsystem (MIAS) zur Erleichterung der Verifizierung von Ust-IdNrn. bei innergemeinschaftlichen Lieferungen die Prüfung der Umsatzsteuererklärungen Risikomanagementsysteme, insbesondere in Verbindung mit MIAS und Umsatzsteuererklärungen Internationaler Informationsaustausch zwischen den Steuerverwaltungen mittels Auskunftsersuchen oder Spontanauskünften.18 17 EU-Drucksache 6481/10 vom 16.2.2010 18 BRH: Intra-Community VAT Fraud Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 14 5. Welche Datenbanken zum Umsatzsteuerbetrug gibt es in der BRD und der EU? Zentrale Datenbank zur Speicherung und Auswertung von Umsatzsteuer-Betrugsfällen und Entwicklung von Risikoprofilen (ZAUBER) Die oben genannte Datenbank wurde 2001 beim Bundeszentralamt für Steuern eingerichtet. Sie erfasst Betrugsfälle aus dem gesamten Bundesgebiet. Es werden hier jedoch nur die Betrugsfälle registriert, die aufgedeckt und angezeigt wurden. Die erfassten Daten aus dieser Datenbank spiegeln demzufolge nicht den tatsächlichen Umsatzsteuerbetrug wider. Außerdem werden die Daten nicht veröffentlicht und sind nicht verfügbar. Nach Auskunft des Bundesfinanzministeriums haben auf diese Daten nur die mit der Prüfung der Umsatzsteuer betrauten Bediensteten in den Ländern Zugriff. Meldungen und Anfragen erfolgen im Online-Verfahren. Umsatzsteuer-Länder-Online (USLO) USLO ist keine Datenbank, in der Umsatzsteuerbetrugsfälle registriert werden, sondern ermöglicht lediglich eine Abfrage über getätigte innergemeinschaftliche Lieferungen eines inländischen Unternehmers, die Bestätigung der Gültigkeit einer ausländischen USt-IdNr. sowie die Ermittlung von Namen und Anschrift des zu der USt-IdNr. gehörenden Unternehmens. Damit lässt sich noch kein Umsatzsteuerbetrug aufdecken. Die hier zur Verfügung stehenden Informationen liefern lediglich erste Ansatzpunkte für Steuerprüfungen. Länderübergreifende Namensauskunft (LUNA) Über dieses Programm können Informationen über umsatzsteuerliche Registrierungen von Neuaufnahmen und die Prüfungen von Rechnungen ausgewiesen werden. MwSt-Informationsaustauschsystem (MIAS) Mit Beginn des europäischen Binnenmarktes und der Einführung des freien Warenverkehrs 1993 wurde ein neues MwSt- Kontrollsystem für den innergemeinschaftlichen Handel - das MIAS - als Schutz gegen Mehrwertsteuerbetrug eingerichtet. Die Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten haben damit die Möglichkeit, Informationen über steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen auszutauschen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 15 Nach den gültigen MwSt-Vorschriften sind innergemeinschaftliche Lieferungen von Gegenständen an Steuerpflichtige in andere EU-Mitgliedstaaten im Abgangsmitgliedsstaat von der Mehrwertsteuer befreit, müssen jedoch in dem betreffenden Ankunftsmitgliedsstaat besteuert werden. Mit Hilfe von MIAS können die Mitgliedsstaaten abgehende und eingehende Lieferungen von Waren auf elektronischem Wege abgleichen und prüfen, ob die eingehenden Waren tatsächlich besteuert werden. Die Prüfung erfolgt über die USt-IdNr. (Umsatzsteueridentifikationsnummer). Die Registrierung der Steuerpflichtigen und die Vergabe der USt-IdNr. erfolgt in jedem einzelnen Mitgliedsstaat. Der Datenaustausch erfolgt über zentrale Behörden in den Mitgliedsstaaten. Für die Bundesrepublik ist seit 2006 das Bundeszentralamt für Steuern dafür zuständig. Es kann eingeschätzt werden, dass das MIAS zwischenzeitlich überholt ist und weiter entwickelt werden muss. Neue Ansätze sind bereits unter TOP 4 aufgezeigt worden. So soll beispielsweise die vierteljährliche auf eine monatliche Meldung umgestellt werden. 6. Wie teilt sich die Zuständigkeit für Umsatzsteuerbetrugsfälle zwischen Bund und Ländern auf? Wie erfolgt die Koordinierung auf EU-Ebene? Die Finanzverwaltung als Teil der öffentlichen Verwaltung ist für die Festsetzung und Erhebung der Steuern und somit auch der Umsatzsteuern zuständig. Sie ist zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Die Steuerverwaltung (Festsitzung und Erhebung) liegt in den Händen der Finanzämter der Länder. Die Finanzverwaltung des Bundes ist neben dem BMF als oberste Behörde in mehrere Oberbehörden, wie z. B. das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), untergliedert. Nachdem das frühere Bundesamt für Finanzen 2006 in drei Ämter - unter anderem auch in das Bundeszentralamt für Steuern - aufgeteilt wurde, wurden dem BZSt eine Vielzahl neuer Aufgaben übertragen, um die Defizite in der Zusammenarbeit zwischen den Ländern zu reduzieren und auch den Informationsaustausch zu verbessern. Zum einen handelt es sich um die schon unter TOP 5 genannte Datenbank ZAUBER, die bundesweit alle aufgedeckten Betrugsfälle im Bereich der Umsatzsteuer erfasst. Bei der Aufdeckung eines Betrugsfalles von einem Finanzamt und der Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, werden wesentliche Informationen über Betrüger nicht mehr so leicht unerkannt bleiben.19 Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Zentrale Stelle zur Koordinierung von Prüfungsmaßnahmen beim BZSt, die die Bearbeitung länder- und staatenübergreifender Umsatzsteuer-Betrugsfälle unterstützt. Sie ermöglicht einen beschleunigten Informationsaustausch zwischen den jeweiligen Finanzverwaltungen im In- und Ausland, koordiniert Umsatzsteuer-Sonderprüfungen und Steuerfahndungsprüfungen . Im Zusammenhang mit der Durchführung von länderübergreifenden Kettenprüfungen wurde in Abstimmung mit den Ländern ein weiteres Konzept erarbeitet, welches seit dem 1. November 2008 angewendet wird. Ein dritter wichtiger Bereich zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges ist die intelligente Suchmaschine namens „Xpider“, die im Internet nach Personen sucht und Unternehmen sucht, die im 19 BZST: Merkblatt zur Zusammenarbeit von Behörden und Gerichten mit den Landesfinanzbehörden Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 16 Internet Waren und Dienstleistungen anbieten. Es erfolgen entsprechende Mitteilungen an die Länder, um die Besteuerung der Umsätze im elektronischen Handel durzusetzen. Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) Das 1999 gegründete Europäische Amt für Betrugsbekämpfung hat den Auftrag, die finanziellen Interessen der EU zu schützen. Daraus ließe sich ableiten, dass darin auch Umsatzsteuerbetrugsfälle eingeschlossen sind. Fragen der Steuerhinterziehung spielen hier jedoch nur in dem Fall eine Rolle soweit sie Auswirkungen auf den EU-Haushalt habe. Allgemeine Fälle von Betrug in einem bestimmten EU-Mitgliedsland ohne finanzielle Auswirkungen auf den EU-Haushalt sind nicht Aufgabenbereich des OLAF. Deshalb wird hierzu auf weitere Ausführungen verzichtet. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 -202/10 Seite 17 Anlagenverzeichnis: 1) Bundesrechnungshof: Innergemeinschaftlicher Umsatzsteuerbetrug, 2009 2) Bericht nach § 99 BHO über Steuerausfälle bei der Umsatzsteuer durch Steuerbetrug und Steuervermeidung, BT-Drs. 15/1495, 2003 3) BMF: Diskussionspapier: Wirksame Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs sichert fairen Wettbewerb und stärkt die ehrlichen Unternehmen (A-Drs. 16(7)266) 4) ifo Schnelldienst 2/2004, 12/2008 5) BMF: Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges, 2.8.2005 6) BMF: Ergebnis der Modellstudien zu Änderungen bei der Umsatzsteuer zur Verhinderung von Steuerausfällen, 1/2006 7) BMF: Reverse-Charge, 25.5.2008 8) BMF: Die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs wird entschieden fortgeführt, 23.4.2009 9) DBT/Referat PA1: Vermerk vom 11.11.2008 10) DBT/Referat PA 1 Sachstandsbericht vom 14.12.2009 11) DBT/Sitzung des Finanzausschusses vom 25.3.2009 12) BZSt: Merkblatt zur Zusammenarbeit von Behörden und Gerichten mit den Landesfinanzbehörden 13) Fachhochschule Münster: Umsatzsteuerbetrug bei Karussell- und Streckengeschäften – Risiken für Unternehmer und Möglichkeiten der Bekämpfung