© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 200/18 Einzelfragen zum Digitalpakt Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 200/18 Seite 2 Einzelfragen zum Digitalpakt Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 200/18 Abschluss der Arbeit: 17. Dezember 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 200/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitende Bemerkungen 4 2. Finanzhilfen nach den Regelungen des Grundgesetzes 4 3. Mögliche Neuregelung von Art. 104c GG 5 4. Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91a, 91b und 91c GG 7 5. Stellungnahme des Bundesrechnungshofes 8 6. Fazit 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 200/18 Seite 4 1. Einleitende Bemerkungen Die Auftraggeberin bittet um eine rechtliche Einschätzung zu möglichen verfassungsrechtlichen Wegen zur Umsetzung des Digitalpakts. Hierbei sollen insbesondere Alternativen zu der möglichen Verfassungsänderung von Art. 104c GG erörtert werden. Der Deutsche Bundestag hat dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Grundgesetzes1 zugestimmt, mit dem es dem Bund ermöglicht werden soll, kommunale Investitionen stärker zu unterstützen. Mit der aktuell vorgelegten Grundgesetzänderung sollen dem Bund trotz des Konnexitätsprinzips weitere Kostenübernahmen ermöglicht werden. Die vom Bundestag beschlossenen Grundgesetzänderungen sind darauf ausgelegt, die Beteiligungen des Bundes an Investitionen in den Kommunen zu erleichtern. Auf Initiative der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen hat der Deutsche Bundestag im parlamentarischen Beratungsprozess eine Änderung von Art. 104c GG beschlossen. Der Bund wird danach „zur Sicherstellung der Qualität und der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens“ ermächtigt, „gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen“ sowie die „mit diesen verbundenen besonderen unmittelbaren Kosten der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur “ durch Finanzhilfen zu fördern. Bis zum Abschluss dieser Arbeit wurde diese nur vom Deutschen Bundestag beschlossen. Der Bundesrat hat auf Empfehlung seines Finanzausschusses vom 07.12.20182 für die vom Bundestag beschlossene Grundgesetzänderung den Vermittlungsausschuss angerufen. Aus Sicht der Länderkammer bedarf das Gesetz einer grundlegenden Überarbeitung.3 2. Finanzhilfen nach den Regelungen des Grundgesetzes Finanzhilfen i.S.d. Art. 104b Abs. 1 GG sind Zahlungen des Bundes an die Länder.4 Finanzhilfen des Bundes durchbrechen den Konnexitätsgrundsatz und damit ein tragendes Prinzip der föderativen Finanzverfassung.5 Finanzhilfen sind nach Art. 104b Abs. 1 S. 1 GG – anders als noch nach Art. 104a Abs. 4 aF GG – nur zulässig, soweit der Bund die Gesetzgebungskompetenz innehat.6 In Ansehung der Tatsache, 1 BT-Drs. 19/3440. 2 BR-Drs. 622/1/18. 3 Vgl. Bundesrat: Beschluss, Bundesrat schickt Grundgesetzänderung in den Vermittlungsausschuss, 14.12.2018, im Internet unter: https://www.bundesrat.de/DE/plenum/bundesrat-kompakt/18/973/973- pk.html?nn=4352766#top-41 [14.12.2018]. 4 BeckOK Grundgesetz/Kube, GG, Art. 104b, Rn. 3. 5 Bundesrechnungshof: Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages nach § 88 Abs. 2 BHO zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 104c, 104d, 125c, 143e), Bonn, 28.09.2018, S. 11. 6 BeckOK Grundgesetz/Kube, GG, Art. 104b, Rn. 5. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 200/18 Seite 5 dass Bildung zu den Kernbereichen der Befugnisse der Länder gehört, sind Finanzhilfen des Bundes zunächst eine rechtfertigungsbedürftige aber auch rechtfertigungsfähige Ausnahme.7 Die Leistung von Finanzhilfen steht im Ermessen des Bundes, das sich „nach Maßgabe seiner Finanzkraft “ zu einer Hilfeleistungspflicht verdichten kann. Das Ermessen bezieht sich jedoch ebenso auf die Einschränkung oder Abschaffung einzelner Finanzhilfen, selbst wenn deren tatbestandliche Voraussetzungen noch erfüllt sind; Art. 104b GG kennt als Ausnahmevorschrift grundsätzlich keinen Bestandsschutz.8 Nach Artikel 104b Absatz 2 Satz 5 und 6 GG darf der Bund Finanzhilfen nur vorübergehend und in begrenztem Umfang gewähren. Der Bund darf immer nur einen Teil der Investitionskosten übernehmen; dies ergibt sich aus dem Begriff der Hilfe. Aus dem Begriff folgt ebenso, dass der Bund nur Angebote unterbreiten darf, die von den Ländern ausgeschlagen werden können. Die Finanzhilfen dürfen zudem nicht von Einvernehmens -, Zustimmungs- oder Genehmigungsvorbehalten oder auch Einspruchsrechten im Einzelfall abhängig gemacht werden. Ebenso wenig ermächtigt Art. 104b GG den Bund, in eigener Regie Investitionspläne aufzustellen und bei der Auswahl von Einzelprojekten mitzuwirken.9 Die Finanzhilfen müssen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) bestimmt sein. Investitionen sind „solche Ausgaben, die bei makroökonomischer Betrachtungsweise die Produktionsmittel der Volkswirtschaft erhalten, vermehren oder verbessern.“10 Von Art. 104b GG werden deswegen nur Sachinvestitionen erfasst, welche die Länder oder Gemeinden selbst vornehmen oder bei Dritten fördern.11 Finanzinvestitionen gleich welcher Art sind nicht umfasst.12 Es muss sich um besonders bedeutsame Investitionen handeln. Das setzt voraus, dass die Investitionen in Ausmaß und Wirkung besonderes Gewicht für eine Verbesserung der gesamtstaatlichen Struktur haben. Dieses Gewicht muss sich auch in der finanziellen Größenordnung ausdrücken.13 3. Mögliche Neuregelung von Art. 104c GG Die Finanzhilfekompetenz des Bundes nach Artikel 104c GG zur „Förderung gesamtstaatlich bedeutsamer Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur“ wird nach dem interfraktionellen Änderungsantrag um die Möglichkeit zur Mitfinanzierung gewichtiger, besonderer Kosten 7 Maunz/Dürig/schwarz, GG, Art. 104c, Rn. 19. 8 BeckOK Grundgesetz/Kube, GG, Art. 104b, Rn. 15. 9 BeckOK Grundgesetz/Kube, GG, Art. 104b, Rn. 16. 10 Maunz/Dürig/Maunz, GG, Art. 104a, Rn. 43. 11 Ebenda. 12 BeckOK Grundgesetz/Kube, GG, Art. 104b, Rn. 4. 13 Maunz/Dürig/Maunz, GG, Art. 104a, Rn. 44. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 200/18 Seite 6 erweitert, die mit der Nutzbarmachung der Investition in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. In der bisherigen Fassung müssen Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur bestimmt sein. Pauschale, nicht durch diesen Zweck gebundene Zuweisungen des Bundes an die Kommunen wegen allgemeiner Finanzschwäche sind von Art. 104c GG nicht gedeckt. Investitionen in diesem Sinne sind richtigerweise nur Sach-, nicht dagegen Finanzinvestitionen. Es muss in die kommunale Bildungsinfrastruktur investiert werden. Der Tatbestand bezieht sich auf die Infrastruktur allgemeinbildender und berufsbildender Schulen. Die Investitionen müssen gesamtstaatlich bedeutsam sein.14 Nach dem Gesetzesentwurf folgt die gesamtstaatliche Bedeutsamkeit bereits aus dem Investitionsobjekt: „Die Sanierung und Modernisierung der Bildungsinfrastruktur ist ein wesentlicher Faktor, um die Zukunftsfähigkeit des Staates zu gewährleisten. Damit ist sie auch gesamtstaatlich von besonderer Bedeutung.“15 In der tatbestandlichen Struktur bleibt sie gleichwohl eigenständig zu prüfen.16 Nach Einschätzung des Bundesrechnungshofs führt die nunmehr beabsichtigte Änderung des Artikels 104c GG zu einer erheblichen Ausweitung des Wirkungsbereichs des Bundes: „Statt ausschließlich finanzschwacher Kommunen sollen zukünftig alle Kommunen und auch die Länder, soweit sie Aufgaben im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur selbst wahrnehmen, Finanzhilfen erhalten können. Eine „Notlagenunterstützung“ wird so zu einer generellen Förderung in einem Bereich, der in die ausschließliche Kompetenz der Länder fällt. Dies verstärkt die vom Bundesrechnungshof wiederholt beschriebene Gefahr, dass es auf Dauer zu weiteren Forderungen an den Bund hinsichtlich der Folgekosten der von ihm finanzierten Investitionen und damit zu einer weiteren Aushöhlung der Länderverantwortung in diesem Bereich kommt.“17 In der Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes wird darauf hingewiesen, dass „für personelle Ausstattung sowie Instandsetzung, Betrieb und Wartung die allgemeinen finanzverfassungsrechtlichen Regelungen gelten (Art. 104a Abs. 1 GG).“18 Nach der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses wären durch die geplante Erweiterung um „besondere, unmittelbare Kosten“ insoweit – zeitlich auf die Begleitphase der Investition bezogen – nur Kosten besonderer Maßnahmen nicht investiver Art, die zur Verwirklichung des Investitionszwecks erforderlich wären und der Sicherstellung der Qualität und der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens dienen, förderfähig (u. a. Aufbau einer Systemadministration, Schulung des pädagogischen Personals bei Investitionen beispielsweise in die digitale Bildungsinfrastruk- 14 BeckOK Grundgesetz/Kube, GG, Art. 104c, Rn. 3. 15 BT-Drs. 18/11131, S. 17. 16 BeckOK Grundgesetz/Kube, GG, Art. 104c, Rn. 3. 17 Bundesrechnungshof: Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages nach § 88 Abs. 2 BHO zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 104c, 104d, 125c, 143e), Bonn, 28.09.2018, S. 19. 18 BT-Drs. 19/3440, S. 10. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 200/18 Seite 7 tur, Finanzierung spezieller personeller Ausstattung, die unmittelbar zur Verwirklichung des Investitionszwecks erforderlich ist, die Entwicklung gemeinsamer Bildungsstandards im geförderten Investitionsbereich). Für die regelmäßig mit der Planung und Umsetzung eines Investitionsprogramms einhergehenden Verwaltungskosten sowie für allgemeine Folgekosten würden weiterhin die allgemeinen finanzverfassungsrechtlichen Regelungen gelten (Artikel 104a Absatz 1 und Absatz 5 Satz 1 GG).19 Darüber könnten auch Einrichtungen in freier Trägerschaft – insbesondere genehmigte Ersatzschulen und nach § 45 SGB VIII genehmigte Kinderbetreuungseinrichtungen – in den Anwendungsbereich des Artikel 104c GG auch dann fallen, wenn sie keine kommunale Infrastruktur ersetzten .20 Nach den Ausführungen des haushaltspolitischen Sprechers der CDU/CSU-Fraktion, Eckhardt Rehberg, MdB, soll der Bund weder die Möglichkeit bekommen, konkrete Bildungsinhalte vorzugeben , noch Personal- oder Betriebskosten dauerhaft mitfinanzieren. „Der Anwendungsbereich erstreckt sich, wie bisher auch, auf bedeutsame Investitionen in die Infrastruktur, wie die Digitalisierung der Schulen. Neu ist lediglich, dass auch damit unmittelbar verbundene Kosten, etwa für die Systemadministration oder die Schulung des Personals, ebenfalls berücksichtigt werden können.“21 4. Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91a, 91b und 91c GG Die Art. 91a und 91b GG regeln sogenannte Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern. Sie ermächtigen den Bund, auf den dort bezeichneten Gebieten und unter bestimmten Voraussetzungen an Aufgaben der Länder mitzuwirken.22 Inwieweit die Art. 91a und 91b GG dem Bund überhaupt Gesetzgebungskompetenzen verleihen, kann dahinstehen, da jedenfalls die Bereitstellung schulischer Infrastruktur von keiner der beiden Normen erfasst ist. Art. 91c GG ermächtigt, im Rahmen der Verwaltungszusammenarbeit, den Bund, bei der Planung, der Errichtung und dem Betrieb der für die Aufgabenerfüllung von Bund und Ländern benötigten informationstechnischen Systeme mitzuwirken. Informationstechnische Systeme im Sinne der Vorschrift sind IT- Infrastrukturen in allen Bereichen staatlicher Tätigkeit, sodass die Mitwirkung des Bundes nicht auf einzelne Verwaltungsmaterien beschränkt ist. Indes bezieht sich die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 91c Abs. 4 S. 2 GG nicht auf die IT-Infrastruktur der Landesverwaltungen, sondern lediglich auf die Errichtung und den Betrieb eines Verbindungsnetzes zwischen den informationstechnischen Netzen des Bundes und der Länder.23 Auch bele- 19 BT-Drs. 19/6144, S. 16. 20 BT-Drs. 19/6144, S. 11. 21 Frankfurter Allgemeine Zeitung: Merkwürdiges Demokratieverständnis der Ministerpräsidenten, 06.12.2018, S. 8. 22 Vgl. im Einzelnen Seckelmann, „Renaissance“ der Gemeinschaftsaufgaben in der Föderalismuskommission II?, DÖV 2009, S. 747. 23 Sieckmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 91c GG, Rn. 5. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 200/18 Seite 8 gen Entstehungsgeschichte und Telos der Vorschrift, dass nicht eine allumfassende Kooperationsmöglichkeit in allen Fragen der IT geschaffen sollte, sondern die Grundlage für eine gemeinsame Steuerung und Standardisierung der IT-Infrastruktur.24 Die Auszahlung von Finanzhilfen i.S.d. Art. 104b Abs. 1 GG wird folglich durch Art. 91a, 91b und 91c GG nicht gedeckt. 5. Stellungnahme des Bundesrechnungshofes Nach Auffassung des Bundesrechnungshofes kommt alternativ eine – gegebenenfalls zeitlich befristete – Überlassung von Steuereinnahmen des Bundes an die Länder auf Grundlage von Art. 106 Abs. 3 und Abs. 4 GG in Betracht. Art. 106 Abs. 3 und 4 GG weisen die Erträge der aufkommensstärksten Steuern, der Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer, Bund und Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftssteuern).25 Dies würde die Länder finanziell in die Lage versetzen , die notwendigen Investitionen zu tätigen, ohne in die austarierten Strukturen des föderativen Systems einzugreifen. Hierbei läge die Umsetzung der investiven Maßnahmen allein bei den kommunalen und Landes-Aufgabenträgern; Vorgaben des Bundes und deren Kontrolle entfielen hingegen. Ausschließlich die Länder blieben in der Verantwortung für die ihnen grundgesetzlich zugewiesenen Aufgaben. So wäre auch sichergestellt, dass die Länder eigene Maßnahmen ergreifen und die hierfür erforderlichen Mittel bereitstellen, um den dauerhaften Erfolg der Investitionen und deren Nachhaltigkeit sicherzustellen. Eine durch den Bund konzertierte Aktion für einen bundesweiten, abgestimmten Innovationsschub im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur ist nach der Aufgabenverteilung des Grundgesetzes hingegen nicht vorgesehen .26 Das Bundesministerium der Finanzen lehnt die vom Bundesrechnungshof mit Blick auf Art. 104c GG alternativ vorgeschlagene Erhöhung von Steuermitteln ab. Eine Erhöhung der Steuermittel ermögliche nicht die im Koalitionsvertrag vereinbarte zielgerichtete und zweckgebundene Förderung von gesamtstaatlich bedeutsamen Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur.27 Der Bundesrechnungshof vertritt jedoch die Ansicht, dass die Zielgerichtetheit und Zweckbindung der Förderung aber gerade ein Eingriff in die Aufgabenwahrnehmung der Länder ist. Folglich wäre der Weg über die Neuverteilung der Steuermittel nach Art. 106 Abs. 3 und 4 GG der verfassungssystematisch richtige und damit angemessenere Weg. Er entspräche nicht zuletzt den Ergebnissen der Föderalismusreform I. Damit entfiele zwar die Möglichkeit, gemäß Art. 104b 24 BeckOK Grundgesetz/Suerbaum, GG, Art. 91c, Rn. 9.1. 25 BeckOK Grundgesetz/Kube, GG, Art. 106, Rn. 16. 26 Bundesrechnungshof: Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages nach § 88 Abs. 2 BHO zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 104c, 104d, 125c, 143e), Bonn, 28.09.2018, S. 20. 27 Bundesrechnungshof: Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages nach § 88 Abs. 2 BHO zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 104c, 104d, 125c, 143e), Bonn, 28.09.2018, S. 20. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 200/18 Seite 9 Abs. 2 S. 4 GG die zweckentsprechende Mittelverwendung zu prüfen. Der Bund ist jedoch auch nicht Aufsichtsorgan über die Länder bei deren ureigenen Aufgaben.28 6. Fazit Mit der vom Bundestag beschlossenen Grundgesetzänderung könnte – vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrates – dem Bund die Möglichkeit eröffnet werden, stärker gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur und die damit verbundenen besonderen unmittelbaren Kosten der Länder und Kommunen zu fördern. Mit Art. 104c GG findet eine Durchbrechung des Konnexitätsgrundsatzes nach Art. 104a Abs. 1 GG statt, die jedoch rechtfertigbar ist. Insbesondere die Intentionen des Haushaltsgesetzgebers machen deutlich, dass eine dauerhafte Mitfinanzierung von Personalkosten nicht angedacht ist. Sie wären auch verfassungsrechtlich nicht vertretbar. Lediglich die Kosten, die im Zusammenhang mit den gesamtstaatlich bedeutsamen Investitionen stehen, sind förderfähig. Auch der verfassungsrechtlich erforderliche Eigenanteil der Länder wird berücksichtigt. Der in der politischen Debatte eingebrachte Vorschlag, die Auszahlung von Finanzhilfen des Digitalpaktes über Art. 91c GG zu realisieren, ist verfassungsrechtlich nicht möglich. Bei enger Auslegung der finanzverfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen erscheint die vom Bundesrechnungshof vorgeschlagene - gegebenenfalls zeitlich befristete – Überlassung von Steuereinnahmen des Bundes an die Länder auf Grundlage von Art. 106 Abs. 3 und Abs. 4 GG als verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Alternative. *** 28 Bundesrechnungshof: Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages nach § 88 Abs. 2 BHO zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 104c, 104d, 125c, 143e), Bonn, 28.09.2018, S. 21.