© 2014 Deutscher Bundestag PE 6 – 3000 – 180/14/WD 4 - 3000 – 200/14 Einzelne Fragen zur Europäischen Zentralbank und zur Deutschen Bundesbank Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand PE 6 – 3000 – 180/14/WD 4 - 3000 – 200/14 Seite 2 Einzelne Fragen zur Europäischen Zentralbank und zur Deutschen Bundesbank Verfasser/in: Aktenzeichen: PE 6 – 3000 – 180/14/WD 4 - 3000 – 200/14 Abschluss der Arbeit: 21.10.2014 Fachbereiche: PE 6: Europa/WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Wissenschaftliche Dienste Sachstand PE 6 – 3000 – 180/14/WD 4 - 3000 – 200/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Gilt für die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt am Main deutsches Recht? Wenn nein, welchem Recht untersteht die EZB? 4 2. Gelten EU-Richtlinien für die EZB/generell für EU- Institutionen? 4 3. Welche Organe oder Institutionen kontrollieren die EZB und in welchem Umfang? 5 4. In welchem Umfang und wem gegenüber ist die EZB auskunfts- und berichtspflichtig? 5 5. In wie weit hängen EZB und Bundesbank zusammen (wie ist die Bundesbank in die EZB integriert)? 6 6. Welchem Recht untersteht die Deutsche Bundesbank? 6 7. Welche Organe oder Institutionen kontrollieren die Deutsche Bundesbank und in welchem Umfang? 7 7.1. Bundesregierung 7 7.2. Deutscher Bundestag 8 7.3. Rechtsschutz Dritter 8 8. In welchem Umfang und wem gegenüber ist die Deutsche Bundesbank auskunfts-/berichtspflichtig? 9 8.1. Bundesregierung 9 8.2. Bundesrechnungshof 9 8.3. Deutscher Bundestag 9 8.4. Dritte 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand PE 6 – 3000 – 180/14/WD 4 - 3000 – 200/14 Seite 4 1. Gilt für die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt am Main deutsches Recht? Wenn nein, welchem Recht untersteht die EZB? Die EZB ist ein Organ der Union mit eigener Rechtspersönlichkeit (Art. 13 EUV, Art. 282 Abs. 3 S. 1 AEUV). Art. 282 Abs. 3 S. 3 AEUV bestimmt darüber hinaus, dass die EZB in der Ausübung ihrer Befugnisse und der Verwaltung ihrer Mittel unabhängig ist. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die EZB als EU-Organ mit Sitz in Deutschland vollständig unabhängig von deutschem Recht agiert. In dem Abkommen vom 18. September 1998 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Zentralbank über den Sitz der Europäischen Zentralbank1 wurden jedoch einzelne deutsche Rechtsgebiete ausdrücklich von der Anwendung auf die EZB ausgenommen. Dazu gehören gem. Art. 11 des Abkommens das deutsche Datenschutzrecht2 und gem. Art. 15 das deutsche Arbeits- und Sozialrecht3. Hintergrund für die arbeitsrechtliche Sonderregelung ist die weitreichende Unabhängigkeit, die der EZB durch das europäische Primärrecht eingeräumt wird.4 Man ging davon aus, dass die Fähigkeit, die Beschäftigungsbedingungen für das eigene Personal festzulegen auch die Fähigkeit der EZB stärken würde, das satzungsgemäße Ziel (Preisstabilität) zu erreichen.5 Die Frage nach der Anwendbarkeit „deutschen Rechts“ ist daher nicht pauschal zu beantworten. Vielmehr kommt es bei der Feststellung der Anwendbarkeit darauf an, welches konkrete Rechtsgebiet betroffen ist. 2. Gelten EU-Richtlinien für die EZB/generell für EU-Institutionen? Die EZB sowie sämtliche EU-Institutionen sind grundsätzlich nicht Adressaten von Richtlinien; diese richten sich vielmehr an die Mitgliedstaaten. Die Pflichten der EZB ergeben sich daher nicht aus Richtlinien, sondern aus dem Primärrecht und ihrer Satzung6. Aber „obwohl die EZB kein Adressat von Richtlinien ist, fühlt sie sich dennoch gebunden, diese zu beachten“.7 Dies 1 Bgbl. 1998 II Nr. 51 S. 2995. 2 Art. 11 Datenschutz: „Die EZB unterliegt nicht deutschem Datenschutzrecht.“ 3 Art. 15 Nichtanwendbarkeit des deutschen Arbeits- und Sozialrechts: „Im Hinblick auf Art. 36 der Satzung des ESZB unterliegen die Beschäftigungsbedingungen der Direktoriumsmitglieder und Bediensteten nicht dem materiellen und prozessualen Arbeits- und Sozialrecht der Bundesrepublik Deutschlands.“ 4 López in: von der Groeben/Schwarze. Kommentar zum EU-/EG-Vertrag. Aufl. 2003. Protokoll (Nr. 18) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank. Art. 36. Rn.1ff. 5 López (Fn 4). Rn. 4. 6 Vgl. Protokoll (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank. Abl C 83 vom 30.3.2010. 7 López (Fn 4). Rn. 12. Wissenschaftliche Dienste Sachstand PE 6 – 3000 – 180/14/WD 4 - 3000 – 200/14 Seite 5 wird besonders deutlich im Arbeitsrecht, wo die EZB die Pflicht zur Beachtung von Richtlinien explizit in ihren Beschäftigungsbedingungen anerkennt.8 3. Welche Organe oder Institutionen kontrollieren die EZB und in welchem Umfang? Da es sich bei der EZB gem. Art. 13 EUV um ein Organ handelt, ist diese (anders als die Europäische Investitionsbank (EIB)) im Rechtsschutzsystem den sonstigen europäischen Organen weitestgehend gleichgestellt. Sie ist also im Rahmen der Nichtigkeitsklage (Art. 263 AEUV), der Untätigkeitsklage (Art. 265 AEUV) und des Vorabentscheidungsverfahrens (Art. 267 AEUV) eingebunden .9 Die Handlungen und Unterlassungen der EZB unterliegen damit der Überprüfung und Auslegung durch den Gerichtshof der europäischen Union.10 Gem. Art. 35.2 der EZB-Satzung entscheiden über Rechtsstreitigkeiten zwischen der EZB einerseits und ihren Gläubigern, Schuldnern oder dritten Personen andererseits die zuständigen Gerichte der einzelnen Staaten vorbehaltlich der Zuständigkeiten, die dem Gerichtshof der europäischen Union zuerkannt sind. So ist nach Art. 35.4 EZB-Satzung der Gerichtshof der europäischen Union für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel zuständig, die in einem von der EZB oder für ihre Rechnung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag enthalten ist.11 Der Gerichtshof der europäischen Union ist auch zuständig für Streitigkeit zwischen der EZB und ihren Bediensteten (Art. 36 EZB-Satzung). 4. In welchem Umfang und wem gegenüber ist die EZB auskunfts- und berichtspflichtig? Gem. Art. 284 Abs. 3 AEUV muss die EZB dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission sowie auch dem Europäischen Rat einen Jahresbericht über die Tätigkeit des ESZB und die Geld- und Währungspolitik im vergangenen und im laufenden Jahr unterbreiten. Außerdem werden die Jahresabschlüsse der EZB und der nationalen Zentralbanken von unabhängigen externen Rechnungsprüfern geprüft (vgl. Art. 27 EZB-Satzung). Die Rechnungsprüfer sind befugt, alle Bücher und Konten der EZB und der nationalen Zentralbanken zu prüfen und alle Auskünfte über deren Geschäfte zu verlangen. 8 § 9 lit c) der Beschäftigungsbedingungen der EZB (vgl. unter https://www.ecb.europa.eu/ecb/jobs/pdf/conditions _of_employment.pdf?40bbe6fa9613716a0791e9d66e22febb): „Diese Beschäftigungsbedingungen unterliegen keinem bestimmten nationalen Recht. Die EZB wendet i) die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen Rechtsgrundsätze, ii) die allgemeinen Grundsätze des Rechts der Europäischen Gemeinschaft (EG) und iii) die Vorschriften an, die in den an die Mitgliedstaaten gerichteten Verordnungen und Richtlinien der EG über Sozialpolitik enthalten sind. Diese Rechtsakte werden von der EZB immer dann angewandt, wenn es sich als erforderlich erweist. Empfehlungen der EG auf dem Gebiet der Sozialpolitik werden angemessen berücksichtigt.“ 9 Frenz. Handbuch Europarecht. Band 6: Institutionen und Politiken. Kapitel 8: Europäische Zentralbank und Europäische Investitionsbank. S. 396 10 Frenz. (Fn 9). S. 396. 11 Frenz. (Fn 9). S. 396. Wissenschaftliche Dienste Sachstand PE 6 – 3000 – 180/14/WD 4 - 3000 – 200/14 Seite 6 Auch der Öffentlichkeit gegenüber ist die EZB auskunftspflichtig – grundsätzlich hat jeder Bürger ein Recht auf Zugang zu den Dokumenten der EZB, vgl. Art. 15 Abs. 3 AEUV und den Beschluss der Europäischen Zentralbank über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der Europäischen Zentralbank vom 4. März 2004 (Beschluss 2004/258/EG). Allerdings kann die EZB diese Auskünfte unter anderem zum Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die Wirtschaftspolitik verweigern12 (vgl. Art. 4 Beschluss 2004/258/EG). 5. In wie weit hängen EZB und Bundesbank zusammen (wie ist die Bundesbank in die EZB integriert)? Die Mitgliedstaaten haben die nationalen Zentralbanken in das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) integriert und ihre geld- und währungspolitischen Kompetenzen weitgehend auf die EU übertragen13. Geldpolitische Beschlüsse und Entscheidungen treffen insoweit allein die Organe der EZB. Der Einfluss der nationalen Zentralbanken erfolgt aber über den EZB-Rat, der sich aus den Mitgliedern des Direktoriums und den Präsidenten der nationalen Zentralbanken zusammensetzt.14 Der Präsident der deutschen Bundesbank wirkt daher mit Sitz und Stimme bei geldpolitischen Entscheidungen im EZB-Rat mit. Er agiert dabei nicht als unabhängiger Sachwalter des Unionsinteresses sondern als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland.15 Auch bei internen Angelegenheiten wirkt der Präsident der Bundesbank im EZB-Rat mit.16 6. Welchem Recht untersteht die Deutsche Bundesbank? Die Deutsche Bundesbank ist zunächst eine bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts (§ 2 Gesetz über die Deutsche Bundesbank (BBankG)). Nach § 3 Satz 1 BBankG ist sie als Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland auch integraler Bestandteil des ESZB (Europäisches System der Zentralbanken) und nimmt darüber hinaus noch weitere bedeutende Aufgaben nach dem BBankG und anderen Gesetzen wahr. Die Rechtsverhältnisse der Deutschen Bundesbank werden heute daher nicht allein durch deutsches Recht (nach dem Bundesbankgesetz und den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 88 Grundgesetz (GG)) bestimmt, sondern vor allem 12 EuG Rs. T 590/10 (Gabi Thesing und Bloomberg Finance LP / EZB) ABl. C 26 vom 26.1.2013. Gegen dieses Urteil wurde ein Rechtsmittel eingelegt, welches vom EuGH abgewiesen wurde (vgl. EuGH Rs. C-28/13 P). 13 Frenz. (Fn 9). S. 394. 14 Frenz. (Fn 9). S. 390ff. 15 Herdegen in: Maunz/Dürig. Grundgesetz-Kommentar. 71. Ergänzungslieferung 2014. Art. 88 GG. Die Stellung der Bundesbank im Europäischen System der Zentralbanken. Rn. 83. 16 Vgl. Herdegen in: Maunz/Dürig. Grundgesetz-Kommentar. 71. Ergänzungslieferung 2014. Art. 88 GG. Die Stellung der Bundesbank im Europäischen System der Zentralbanken. Rn. 83 – 92 sowie Frenz. Handbuch Europarecht . Band 6: Institutionen und Politiken. Kapitel 8: Europäische Zentralbank und Europäische Investitionsbank . S. 394ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand PE 6 – 3000 – 180/14/WD 4 - 3000 – 200/14 Seite 7 auch durch das für die ESZB geltende Recht der Europäischen Union (nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und der ESZB-Satzung).17 7. Welche Organe oder Institutionen kontrollieren die Deutsche Bundesbank und in welchem Umfang? Bundesregierung, Bundestag und Dritte haben eingeschränkte Kontrollmöglichkeiten. Ob und in wie weit die Kontrolle reicht, hängt entscheidend von der durch die Deutsche Bundesbank wahrgenommenen Aufgabe ab. 7.1. Bundesregierung Für Befugnisse, welche der Deutschen Bundesbank nach dem BBankG zustehen, garantiert die Vorschrift des § 12 Satz 1 BBankG auf einfachgesetzlicher Ebene die Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank gegenüber der Bundesregierung.18 Art. 88 GG lässt nicht eindeutig erkennen, ob hinter dieser Gewährleistung ein verfassungsrechtliches Gebot steht. Ausdrücklich ist lediglich die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank für übertragende Aufgaben und Befugnisse normiert (siehe Art. 88 GG in Satz 2).19 Nach der herrschenden Ansicht sind jedoch die rechtliche Verselbständigung und die Weisungsfreiheit der Deutschen Bundesbank seit jeher auch mit Art. 88 GG vereinbar.20 Die verfassungsrechtliche Unabhängigkeitsgewähr bedeutet zunächst einmal völlige Weisungsfreiheit im Hinblick auf gesetzlich eröffnete Gestaltungsspielräume im Bereich der währungspolitischen Aufgaben. Eine Fachaufsicht oder Rechtsaufsicht durch die Bundesregierung verbietet sich daher.21 Im Rahmen der Europäischen Währungsunion ergibt sich ein Verbot rechtsaufsichtlicher Maßnahmen auch aus Art. 130 AEUV. Dieses Verbot gilt aber nur im Bereich geld- und währungspolitischer Aufgaben. Bei sonstigen Funktionen 17 Henning Berger/Katrin Rübsamen, Bundesbankgesetz, 1. Auflage 2013, Einleitung, Rn. 2. 18 § 12 BBankG: „Die Deutsche Bundesbank ist bei der Ausübung der Befugnisse, die ihr nach diesem Gesetz zustehen , von Weisungen der Bundesregierung unabhängig. Soweit dies unter Wahrung ihrer Aufgabe als Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken möglich ist, unterstützt sie die allgemeine Wirtschaftspolitik der Bundesregierung.“ 19 Herdegen, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar 71. Ergänzungslieferung 2014, Art. 88, Rn. 62. 20 BVerwGE 41, 334 (354 ff.); Kämmerer in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. 3, 5. Aufl. 2003, Art. 88 Rn. 16; Hahn, Währungsrecht, 1990, S. 263 ff.; Herdegen, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar 71. Ergänzungslieferung 2014, Art. 88, Rn. 62; R. Schmidt, Geld und Währung, HStR III, 2. Aufl. 1996, § 82 Rn. 24; Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, 1981, S. 354 ff.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1988, S. 505 ff. 21 Herdegen, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar 71. Ergänzungslieferung 2014, Art. 88, Rn. 65; anders Breuer, VVDStRL 44 (1986), 239. Wissenschaftliche Dienste Sachstand PE 6 – 3000 – 180/14/WD 4 - 3000 – 200/14 Seite 8 (etwa der Bankenaufsicht) lassen sowohl das Grundgesetz als auch die Unionsverträge eine Fachund Rechtsaufsicht über die Deutsche Bundesbank zu.22 7.2. Deutscher Bundestag Wegen des Gleichlaufs von parlamentarischer Verantwortung mit bestehenden Einwirkungsbefugnissen der Bundesregierung wird der Umfang der parlamentarischen Kontrolle, durch die Autonomie der Deutschen Bundesbank im Verhältnis zur Bundesregierung, reduziert. Bei der Regelung von Organisation und Aufgaben der Deutschen Bundesbank (nach Art. 73 Nr. 4, 74 Nr.11 und 88 GG) muss auch der parlamentarische Gesetzgeber die Eigenverantwortlichkeit der Deutschen Bundesbank in Bezug auf währungspolitsche Zuständigkeiten achten.23 Obwohl sich auch eine Einflussnahme durch Gesetz oder Parlamentsbeschlüsse auf konkrete geldpolitsche Entscheidungen verbietet, ist die Ausübung von parlamentarischer Kontrolle nicht ausgeschlossen. Der Deutsche Bundestag ist berechtigt die Tätigkeit der Deutschen Bundesbank zu erörtern und sich mit Petitionen aus dem Aufgabenbereich der Deutschen Bundesbank (nach Art. 17, 45c GG) zu befassen.24 Auch Untersuchungsausschüsse (nach Art. 44 GG) sind nicht von vorneherein unzulässig, müssen allerdings immer den „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung “ wahren und reichen in Bezug auf geldpolitische Sachentscheidungen nicht so weit wie bei dienstrechtlichen Missständen. 7.3. Rechtsschutz Dritter25 Die Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank (nach § 12 BBankG bzw. den verfassungs- und unionsrechtlichen Bestimmungen) steht einem Rechtsschutz Dritter gegen Akte der Bank aufgrund von Art. 19 Abs. 4 GG (effektives Rechtsschutzgebot) nicht entgegen. Die Haftung der nationalen Zentralbanken innerhalb des ESZB bestimmt sich gem. Art. 35 Abs. 3 Satz 2 ESZB-Satzung nach dem jeweiligen nationalen Recht. Damit sind beispielsweise bei Streitigkeiten zwischen der Bundesbank und ihren Geschäftspartnern deutsche Zivil- beziehungsweise Verwaltungsgerichte zuständig. 22 Herdegen, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar 71. Ergänzungslieferung 2014, Art. 88, Rn. 65. 23 Herdegen, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar 71. Ergänzungslieferung 2014, Art. 88, Rn. 69. 24 Siebelt, Der juristische Verhaltensspielraum der Zentralbank, 1988, S. 188 ff.; Herdegen, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar 71. Ergänzungslieferung 2014, Art. 88, Rn. 69. 25 Henning Berger/Katrin Rübsamen Bundesbankgesetz, 1. Auflage 2013, § 12, Rn. 31-40. Wissenschaftliche Dienste Sachstand PE 6 – 3000 – 180/14/WD 4 - 3000 – 200/14 Seite 9 8. In welchem Umfang und wem gegenüber ist die Deutsche Bundesbank auskunfts-/berichtspflichtig ? 8.1. Bundesregierung Der § 13 Abs. 1 BBankG sieht vor, dass die Deutsche Bundesbank der Bundesregierung bei „Angelegenheiten mit wesentlicher währungspolitischer Bedeutung“ auf Verlangen Auskunft zu geben hat. Allerdings ist die Reichweite dieser Auskunftspflicht streitig. Nach Henning/Rübsamen 26 enthält sie bei besonders wesentlichen Angelegenheiten auch Einzelheiten. Eine zu weite Auskunftspflicht könnte allerdings die Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank in Bezug auf währungs- und geldpolitische Fragen gefährden (siehe oben unter 2.1). Zurzeit sieht das Gesetz keine Rechtsfolgen vor, wenn die Deutsche Bundesbank ihre Pflichten zur Beratung und Auskunftserteilung gegenüber der Bundesregierung verletzt.27 Soweit die Deutsche Bundesbank das Verlangen für unberechtigt hält, kann sie gegen ein Beratungs- oder Auskunftsverlangen der Bundesregierung mittels verwaltungsgerichtlicher Unterlassungsklage oder Feststellungsklage vorgehen .28 Die Deutsche Bundesbank hat gemäß § 26 Abs. 5 BBankG den Jahresabschluss, die Plankostenrechnung , den Investitionsplan, die Plan/Ist-Analyse und die Prüfungsberichte des Wirtschaftsprüfers dem Bundesministerium der Finanzen zuzuleiten. 8.2. Bundesrechnungshof Der Bundesrechnungshof erhält wie das Bundesministerium der Finanzen gemäß § 26 Abs. 5 BBankG den Jahresabschluss, die Plankostenrechnung, den Investitionsplan, die Plan/Ist-Analyse und die Prüfungsberichte der Wirtschaftsprüfer. Die Wirtschaftsprüfer werden vom Vorstand im Einvernehmen mit dem Bundesrechnungshof bestellt. Sie prüfen und veröffentlichen den Jahresabschluss der Deutschen Bundesbank. Der Prüfungsbericht der Wirtschaftsprüfer dient dem Bundesrechnungshof dann als Grundlage für die von ihm durchzuführende Prüfung (§ 26 Abs. 3 BBankG). 8.3. Deutscher Bundestag Der Deutsche Bundestag erhält ebenfalls den Jahresabschluss, die Plan/Ist-Analyse und die Prüfungsberichte des Wirtschaftsprüfers (§ 26 Abs. 5 BBankG). Zudem berichtet der Bundesrechnungshof dem Deutschen Bundestag (Haushaltsausschuss/ Rechnungsprüfungsausschuss) über die Feststellungen seiner Prüfung gemäß § 26 Abs. 3 BBankG. 26 Henning Berger/Katrin Rübsamen, Bundesbankgesetz, 1. Auflage 2013, § 13, Rn. 7; andere Ansicht: v. Spindler /Becker/Starke, S. 269 f. 27 Henning Berger/Katrin Rübsamen, Bundesbankgesetz, 1. Auflage 2013, § 13, Rn. 9. 28 Henning Berger/Katrin Rübsamen, Bundesbankgesetz, 1. Auflage 2013, § 13, Rn. 10; Gramlich, Bundesbankgesetz , § 13, Rn. 20. Wissenschaftliche Dienste Sachstand PE 6 – 3000 – 180/14/WD 4 - 3000 – 200/14 Seite 10 Die Deutsche Bundesbank oder ihr Präsident können vom Parlament zur regelmäßigen Berichterstattung aufgefordert werden. Dabei müssen allerdings die vertraglichen Geheimhaltungspflichten Beachtung finden (siehe Art. 37 ESZB-Satzung). Konsultations- und Informationspflichten der Deutschen Bundesbank gegenüber dem Parlament wären vor Beschlussfassung dagegen aufgrund des unabhängigen Status der nationalen Zentralbanken mit Unionsrecht unvereinbar.29 8.4. Dritte Nach dem BBankG ist die Deutsche Bundesbank gegenüber Dritten nicht zu Auskünften oder Ähnlichem verpflichtet.30 Es besteht jedoch eine Befugnis zur Öffentlichkeitsarbeit. Außerdem ist sie teilweise den Informationspflichten nach dem im Jahr 2005 geschaffenen Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG) unterworfen.31 Die besondere Funktion und Rechtsstellung der Deutschen Bundesbank führt indes zu einer differenzierten Anwendung des IFG. Nicht jede Aufgabe der Deutschen Bundesbank ist eine öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgabe im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG, für die ein Anspruch auf Informationszugang gegeben ist.32 Soweit die Deutsche Bundesbank dem IFG unterliegt, ist sie verpflichtet, den Anspruchsstellern Zugang zu den bei ihr verfügbaren amtlichen Informationen zu gewähren, es sei denn es greift ein Versagungsgrund nach §§ 3 ff IFG ein.33 29 Herdegen, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar 71. Ergänzungslieferung 2014, Art. 88, Rn. 69; so auch Deutsche Bundesbank, Informationsbrief zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, Nr. 10 (Februar 1998), S. 7. 30 Henning Berger/Katrin Rübsamen, Bundesbankgesetz, 1. Auflage 2013, Einleitung, Rn. 22. 31 Henning Berger/Katrin Rübsamen, Bundesbankgesetz, 1. Auflage 2013, Einleitung, Rn. 8. 32 Henning Berger/Katrin Rübsamen, Bundesbankgesetz, 1. Auflage 2013, Einleitung, Rn. 25. 33 Henning Berger/Katrin Rübsamen, Bundesbankgesetz, 1. Auflage 2013, Einleitung, Rn. 27.