Deutscher Bundestag Die Besteuerung der gemeinnützigen GmbH und der Anstalt des öffentlichen Rechts Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 4 – 3000 - 199/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 199/10 Seite 2 Die Besteuerung der gemeinnützigen GmbH und der Anstalt des öffentlichen Rechts Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 4 – 3000 - 199/10 Abschluss der Arbeit: 12.08.2010 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 199/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Die Besteuerung der gGmbH 4 2.1. Ertragsteuern: Steuerbefreiung 4 2.2. Umsatzsteuer: fehlende Steuerbarkeit/ermäßigter Steuersatz 5 2.3. Sonstige Steuern 6 3. Die Besteuerung der AöR 7 3.1. Ertragsteuern: Besteuerung nur der Betriebe gewerblicher Art 7 3.2. Umsatzsteuer: fehlende Steuerbarkeit 9 3.3. Sonstige Steuern 9 4. Fazit 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 199/10 Seite 4 1. Einleitung Die Besteuerung der gemeinnützigen GmbH (gGmbH) entspricht der Besteuerung jeder anderen gemeinnützigen Körperschaft im deutschen Steuerrecht1. Da die gGmbH keine eigenständige Rechtsform darstellt, folgt ihre Besteuerung den allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung der GmbH einerseits und der Besteuerung gemeinnütziger Einrichtungen andererseits. Grundlage für die besondere steuerliche Behandlung der gGmbH ist die Bejahung der allgemeinen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit2. Im Folgenden wird auf die besonderen steuerrechtlichen Konsequenzen eingegangen, die sich aus der Gemeinnützigkeit einer GmbH ergeben3. Bei der Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) handelt es sich demgegenüber um ein Sondervermögen der öffentlichen Hand, das einer bestimmten Zielsetzung gewidmet ist. Sie stellt eine Zusammenfassung von Verwaltungsvermögen und von Verwaltungsbediensteten zum Zwecke der Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Aufgaben außerhalb der Staatsverwaltung dar4, deren Besteuerung grundsätzlich wie bei jeder anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts erfolgt. 2. Die Besteuerung der gGmbH 2.1. Ertragsteuern: Steuerbefreiung Als Körperschaft unterliegt die gGmbH mit ihren Erträgen dem Körperschaftsteuergesetz (KStG). Körperschaften, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, sind jedoch von vornherein von der Körperschaftsteuer befreit, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG5. Gleiches gilt für die Gewerbesteuer , § 3 Nr. 6 Gewerbesteuergesetz (GewStG). Beide Regelungsbereiche verweisen jeweils auf die allgemeinen Normierungen des Gemeinnützigkeitsrechts in §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung (AO). Die Einzelsteuergesetze schließen die Steuervergünstigungen jedoch aus, soweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten wird6, es sei denn, es handelt sich um einen sog. Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO). Letzterer liegt vor, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dazu dient, die gemeinnützigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen und diese nur durch einen solchen Betrieb erreicht werden können (§ 65 AO). Somit sind für die Besteuerung der gGmbH (1.) der gemeinnützige Sektor i.e.S., (2.) der Sektor der nicht steuerschädli- 1 Weidmann/Kohlhepp, Die gemeinnützige GmbH, Wiesbaden 2009, S. 107. 2 Dazu Birk, Steuerrecht, 12. Aufl., Heidelberg 2009, Rn. 355ff. 3 Über die Frage, ob eine Körperschaft die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG erfüllt und ob und inwieweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt, wird weder in einem besonderen Verfahren noch durch besondere Anerkennung einer Behörde, sondern für jede in Betracht kommende Steuerart und für jeden Veranlagungszeitraum im Veranlagungsverfahren entschieden, Anwendungserlass zur AO Nr. 3 zu § 59 AO. Ist jedoch für eine Steuer darüber entschieden, ob und ggf. in welchem Bereich die Körperschaft steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, wird die Finanzverwaltung diese Entscheidung grundsätzlich auch auf andere Steuerarten übertragen, vgl. Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 9. Aufl., Achim 2008, S. 449. 4 Wallenhorst, in: Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., München 2009, Kapitel A Rn. 83. 5 Die Befreiung von der Körperschaftsteuer setzt voraus, dass die in den §§ 51 bis 68 AO aufgestellten Voraussetzungen während des gesamten Veranlagungszeitraums vorgelegen haben, Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht , 9. Aufl., Achim 2008, S. 449. 6 § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG, § 3 Nr. 6 Satz 2 GewStG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 199/10 Seite 5 chen Vermögensverwaltung, (3.) der Sektor des steuerbelasteten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und (4.) der Sektor des nicht steuerbelasteten Zweckbetriebs zu unterscheiden7. Die Körperschaft, die auch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält, verliert die Steuervergünstigung nicht gänzlich, sondern nur bezüglich des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. In diesem Umfang wird die Steuervergünstigung eingeschränkt, und es greift die allgemeine Körperschaftsteuerpflicht 8. Die wirtschaftliche Tätigkeit wird aber erst dann steuerpflichtig, wenn sie die Grenzen der steuerunschädlichen Vermögensverwaltung (§ 14 AO)9 und eine jährliche Einnahmengrenze i.H. von 35.000 € überschreitet10. Ein Verlust des Gemeinnützigkeitsstatus der Körperschaft als ganzer tritt erst dann ein, wenn die wirtschaftliche Betätigung der Körperschaft die Verfolgung des gemeinnützigen Zwecks in den Hintergrund drängt11. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb gilt kraft gesetzlicher Fiktion stets als Gewerbebetrieb für Zwecke der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 3 GewStG)12. Bei Körperschaften, die nach § 3 Nr. 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit sind und damit nur mit ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben der partiellen Gewerbesteuerpflicht unterliegen, ist der ermittelte Gewerbeertrag um einen Freibetrag i.H. von 5.000 € zu kürzen (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GewStG). Durch § 5 Abs. 2 KStG wird der Umfang der Steuerbefreiung weiter eingeschränkt13. Danach gilt die Steuerbefreiung u.a. nicht für inländische Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen (z.B. Zinsen und Dividenden) – auch dann, wenn sie außerhalb eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes anfallen14. Mit dem Steuerabzug ist die Körperschaftsteuer für diese Einkünfte grundsätzlich abgegolten (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG). 2.2. Umsatzsteuer: fehlende Steuerbarkeit/ermäßigter Steuersatz Anders als das Ertragsteuerrecht kennt das Umsatzsteuerrecht keine persönliche Steuerbefreiung für Körperschaften, die gemeinnützige Zwecke verfolgen. Die gGmbH ist grundsätzlich ein unternehmerfähiges Wirtschaftsgebilde15 und kann daher die Unternehmereigenschaft i.S. des § 2 des 7 Rohde/Engelsing, Gemeinnützige GmbH, Bonn 2006, S. 12ff.; Hey, in: Tipke/Lang, 20. Aufl., Köln 2010, § 20 Rn. 7; Weidmann/Kohlhepp, Die gemeinnützige GmbH, Wiesbaden 2009, S. 107. 8 Vgl. Rohde/Engelsing, Gemeinnützige GmbH, Bonn 2006, S. 13; Halaczinsky, in: Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., München 2009, Kapitel I Rn. 3; Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 9. Aufl., Achim 2008, S. 449. Der Steuerpflicht des Gewinns aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb steht auch nicht entgegen, dass die steuerbegünstigte Körperschaft den Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben für satzungsmäßige Zwecke verwendet , BFH v. 21.08.1985, BStBl. II 1986, 88. 9 Eine Vermögensverwaltung liegt in der Regel vor, wenn Vermögen genutzt, zum Beispiel Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird, § 14 Satz 3 AO. 10 § 64 Abs. 3 AO. Die Einkünfte jedes wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes sind grundsätzlich getrennt zu ermitteln , Steuersubjekt ist aber die gGmbH insgesamt. Für Angaben in der Steuererklärung werden daher die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe dem Ergebnis nach zusammengefasst. Da dies auch für Zwecke des Gemeinnützigkeitsrechts gilt (§ 64 Abs. 2 AO), ist ein defizitärer wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nicht gemeinnützigkeitsschädlich , wenn der Saldo aller wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe positiv ist, Weidmann/Kohlhepp, Die gemeinnützige GmbH, Wiesbaden 2009, S. 108. 11 Hey, in: Tipke/Lang, 20. Aufl., Köln 2010, § 20 Rn. 6. 12 Die Mindestgrenze des § 64 Abs. 3 AO gilt aber auch hier. 13 Dies führt zu einer Gleichbehandlung mit den Körperschaften des öffentlichen Rechts, Twickel, in: Blümich, KStG, Stand: 105. EL (März 2010), § 5 Rn. 290. 14 Halaczinsky, in: Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., München 2009, Kapitel I Rn. 3. 15 Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 9. Aufl., Achim 2008, S. 497. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 199/10 Seite 6 Umsatzsteuergesetzes (UStG) erfüllen, wenn sie Leistungen gegen Entgelt ausführt16. Ihre Umsätze , d.h. Ausgangslieferungen und -leistungen, können daher trotz der Anerkennung der GmbH als steuerbegünstigt umsatzsteuerpflichtig werden. Eine steuerpflichtige unternehmerische Tätigkeit kann dabei nicht nur im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, sondern auch im Rahmen eines Zweckbetriebs und bei der Vermögensverwaltung17 vorliegen. Ausgenommen ist der ideelle Bereich, dessen Einnahmen nicht steuerbar sind18. Die gGmbH muss als Endverbraucher die ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer – ohne Möglichkeit des Vorsteuerabzugs – zahlen , soweit sie nicht hinsichtlich der Eingangslieferung bzw. –leistung Unternehmer ist, d.h. wenn es sich um Lieferungen und Leistungen handelt, die im nichtunternehmerischen Bereich verwendet werden19. Für Umsätze im steuerbegünstigten Bereich – insbesondere im Bereich eines Zweckbetriebs – ermäßigt sich die Umsatzsteuer auf 7% (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a UStG)20. Auch Umsätze im Rahmen der vermögensverwaltenden Tätigkeit der gGmbH unterliegen dem ermäßigten Steuersatz21. Der volle Vorsteuerabzug ist dennoch möglich22. Die Steuerermäßigung gilt zwar nicht für Leistungen , die im Rahmen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden 23. Für diese Leistungen kann aber u.U. eine Steuervergünstigung nach anderen Vorschriften in Betracht kommen. 2.3. Sonstige Steuern Für den Grundbesitz von steuerbegünstigten Institutionen ist grundsätzlich Grundsteuer zu zahlen . Allerdings sieht das Grundsteuergesetz (GrStG) für steuerbegünstigte Einrichtungen verschiedene Steuerbefreiungen vor. Insbesondere besteht eine Steuerbefreiung, die sich auf alle Grundstücke erstreckt, die unmittelbar für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke benutzt werden (§ 3 Satz 1 Nr. 3 lit. b GrStG)24. Steuerfrei ist auch Grundbesitz, auf dem ein steuerunschädlicher Zweckbetrieb unterhalten wird; wird jedoch auf dem Grundstück ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb betrieben, besteht insoweit Grundsteuerpflicht. 16 Rohde/Engelsing, Gemeinnützige GmbH, Bonn 2006, S. 14. Es reicht allein die Absicht, Einnahmen zu erzielen. Auf das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kommt es nicht an, Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht , 9. Aufl., Achim 2008, S. 498. 17 Die Leistungen müssen dann aber nachhaltig erbracht werden. 18 Twickel, in: Blümich, KStG, Stand: 105. EL (März 2010), § 5 Rn. 185; Rohde/Engelsing, Gemeinnützige GmbH, Bonn 2006, S. 13; Halaczinsky, in: Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., München 2009, Kapitel L Vorbem. 19 Halaczinsky, in: Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., München 2009, Kapitel L Vorbem. 20 Bei Zweckbetrieben ermäßigt sich die Steuer nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a Satz 3 UStG. 21 Twickel, in: Blümich, KStG, Stand: 105. EL (März 2010), § 5 Rn. 185. Die Steuerermäßigung ist von Vorteil bei Leistungen an Endverbraucher, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. 22 Halaczinsky, in: Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., München 2009, Kapitel L Rn. 5. 23 § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a Satz 2 UStG. Umsätze, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden, sind voll steuerpflichtig (19%). 24 Keine „Benutzung“ ist die Vermietung oder Verpachtung, Halaczinsky, in: Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., München 2009, Kapitel O Rn. 28. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 199/10 Seite 7 Die Grunderwerbsteuer knüpft an einen Rechtsträgerwechsel an inländischen Grundstücken und damit an einen speziellen Erwerbsvorgang an25. Für Grundstückserwerbe von steuerbegünstigten Einrichtungen bestehen keine besonderen Steuerbefreiungen. Bei Grundstücksübertragungen sieht das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) jedoch insgesamt zahlreiche Ausnahmen von der Besteuerung (§ 4 GrEStG) und weitere Steuerbefreiungen (§ 3 GrEStG) vor. Steuerfrei sind grundsätzlich etwa Grundstücksübergänge aufgrund von Erwerben von Todes wegen oder Schenkungen nach dem Erbschaftsteuergesetz (ErbStG), § 3 Nr. 2 GrEStG. Erhält eine gGmbH Zuwendungen in Form von Erbschaften, Vermächtnissen oder Schenkungen, sind diese von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit (§ 13 Abs. 1 Nr. 16 lit. b ErbStG). Die Befreiung kann jedoch nachträglich verlorengehen, wenn die Gesellschaft innerhalb von zehn Jahren nach der Zuwendung die Gemeinnützigkeit verliert und das Vermögen für nicht steuerbegünstigte Zwecke verwendet. 3. Die Besteuerung der AöR 3.1. Ertragsteuern: Besteuerung nur der Betriebe gewerblicher Art Die Besteuerung der AöR folgt grundsätzlich der Besteuerung der anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Für diese ist die Art der jeweils ausgeübten Tätigkeit maßgeblich. Körperschaften des öffentlichen Rechts werden nur insoweit besteuert, als sie mit ihren Betrieben gewerblicher Art mit privaten Unternehmen konkurrieren26. Daher sind unter steuerlichen Gesichtspunkten (1.) der hoheitliche Bereich, (2.) die Vermögensverwaltung und (3.) Betriebe gewerblicher Art zu unterscheiden27. Soweit juristische Personen des öffentlichen Rechts hoheitlich tätig werden, d.h. in Ausübung öffentlicher Gewalt handeln, sind die hieraus erzielten Einnahmen nicht steuerbar. Dies gilt für Tätigkeiten, die sich aus der Staatsgewalt ableiten und staatlichen Zwecken dienen28. Entscheidendes Merkmal für einen Hoheitsbetrieb ist daher die überwiegende Ausübung öffentlicher Gewalt29. Keine hoheitliche Tätigkeit liegt demgegenüber vor, wenn sich die AöR durch ihre Einrichtungen in den allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr einschaltet und in größerem Umfang Aufgaben übernimmt, wie sie auch Privatunternehmer aus- 25 Halaczinsky, in: Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., München 2009, Kapitel N Rn. 1. 26 Hey, in: Tipke/Lang, 20. Aufl., Köln 2010, § 11 Rn. 28; Halaczinsky, in: Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., München 2009, Kapitel I Rn. 6. 27 Vgl. Steffen, Neuregelungen der Unternehmenssteuerreform für die Ertragsbesteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, DStR 2000, 2025; Kessler/Fritz/Gastl, Ertragsteuerliche Behandlung wirtschaftlicher Betätigungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, BB 2001, 961. 28 Dabei ist zu prüfen, ob es sich um solche Tätigkeiten handelt, die aufgrund ihres Wesens und ihrem Gegenstand nach nicht von privaten Anbietern durchführbar sind, bei denen folglich kein Wettbewerbsverhältnis zu privatwirtschaftlichen Anbietern anzunehmen ist; dazu im Einzelnen Hey, in: Tipke/Lang, 20. Aufl., Köln 2010, § 11 Rn. 28. Dies entspricht der Intention des Gesetzgebers, dass eine Besteuerung nur insoweit vorzunehmen ist, als ein Wettbewerbsverhältnis zu privatwirtschaftlichen Anbietern besteht, Kessler/Fritz/Gastl, Ertragsteuerliche Behandlung wirtschaftlicher Betätigungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, BB 2001, 961 Fußn. 6; Wallenhorst, in: Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., München 2009, Kapitel H Rn. 1a. 29 Forster, Umsatzsteuerliche Einordnung der Leistungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Abfallsektor, DStR 1996, 651, 652. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 199/10 Seite 8 üben, auch wenn sie dadurch nur ungewollt in Wettbewerb zur privaten Wirtschaft treten30. Eine steuerliche Zusammenfassung der Ergebnisse von Hoheitsbetrieben und Betrieben gewerblicher Art ist nicht (§ 4 Abs. 6 Satz 2 KStG), eine Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art nur unter engen Voraussetzungen möglich31. Grundsätzlich nicht steuerbar sind auch die Einnahmen, die dem Bereich der Vermögensverwaltung zuzuordnen sind32. Dabei handelt es sich um Einnahmen, die eine juristische Person des öffentlichen Rechts dadurch erzielt, dass sie ihr Vermögen im Sinne einer reinen Fruchtziehung, etwa durch verzinsliche Anlage von Kapitalvermögen bzw. Vermietung oder Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, nutzt33. Es besteht jedoch eine beschränkte Körperschaftsteuerpflicht (§ 2 Nr. 2 KStG), soweit von den hier erzielten inländischen Einkünften ein Steuerabzug erfolgt34. Die Steuer ist in diesem Fall durch den Abzug abgegolten (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG)35. Die Vermögensverwaltung begründet in der Regel keine Gewerbesteuerpflicht, da sie nicht als Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG zu qualifizieren ist36. Soweit juristische Personen des öffentlichen Rechts hingegen Tätigkeiten ausüben, die die Voraussetzungen für die Annahme eines Betriebs gewerblicher Art i.S. des § 4 KStG erfüllen, unterliegen sie der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG). Betriebe gewerblicher Art sind alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KStG)37. Nicht erforderlich sind das Vorhandensein einer Gewinnerzielungsabsicht und die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Soweit ein Betrieb gewerblicher Art darüber hinaus die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs erfüllt, besteht zusätzlich eine Gewerbesteuerpflicht (§ 2 Abs. 1 GewStG)38. Während im Bereich der Körperschaftsteuer gilt, dass für die Steuerpflicht eines Betriebes gewerblicher Art Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist, sondern Einnahmeerzielungsabsicht ausreicht (§ 4 Abs. 1 KStG, § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG), besteht eine Gewerbesteuerpflicht nur, wenn die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen 30 Forster, Umsatzsteuerliche Einordnung der Leistungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Abfallsektor, DStR 1996, 651, 652. 31 Eine Zusammenfassung der Ergebnisse verschiedener Betriebe gewerblicher Art ist nur unter den folgenden Voraussetzungen möglich: (1) gleichartige Geschäftsbereiche oder (2) enge wechselseitige technischwirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht oder (3) Zusammenfassung von Versorgungs-/Verkehrs- /Hafenbetrieben, § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG. 32 Vgl. Hey, in: Tipke/Lang, 20. Aufl., Köln 2010, § 11 Rn. 30; Steffen, Neuregelungen der Unternehmenssteuerreform für die Ertragsbesteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, DStR 2000, 2025. 33 Kessler/Fritz/Gastl, Ertragsteuerliche Behandlung wirtschaftlicher Betätigungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, BB 2001, 961. 34 S. bereits unter 2.1. 35 Eine gesonderte Veranlagung dieser Einkünfte wird daher nicht vorgenommen. 36 Steffen, Neuregelungen der Unternehmenssteuerreform für die Ertragsbesteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, DStR 2000, 2025; Kessler/Fritz/Gastl, Ertragsteuerliche Behandlung wirtschaftlicher Betätigungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, BB 2001, 961. 37 Die Abgrenzung zwischen einem Betrieb gewerblicher Art und einem Hoheitsbetrieb bereitet oftmals Schwierigkeiten . Als Hilfestellung bietet sich die Frage an, ob die zu beurteilende Tätigkeit auch von einem Privatunternehmen ausgeübt werden könnte. 38 § 2 Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 199/10 Seite 9 Verkehr erfolgt39. Juristische Personen des öffentlichen Rechts zielen jedoch tendenziell auf Kostendeckung ab, so dass dieser Fall eher selten sein dürfte40. Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GewStG ist der auf volle 100 € nach unten abgerundete Gewerbeertrag um einen Freibetrag i.H. von 5.000 €, höchstens jedoch i.H. des abgerundeten Gewerbeertrags, zu kürzen. Dienen die wirtschaftlichen Betätigungen zugleich dem Gemeinwohl, d.h. steuerbegünstigten Zwecken i.S. der §§ 51ff. AO, können auch juristische Personen des öffentlichen Rechts die steuerlichen Begünstigungen für gemeinnützige Körperschaften in Anspruch nehmen41. 3.2. Umsatzsteuer: fehlende Steuerbarkeit AöR sind Unternehmer nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art sowie ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (§ 2 Abs. 3 UStG). Bei Erfüllung hoheitlicher Aufgaben erbringen sie nicht steuerbare Leistungen. Die Gesamtheit aller Betriebe gewerblicher Art, land- und forstwirtschaftlichen Betriebe und weiteren umsatzsteuerbaren Tätigkeiten bildet das Unternehmen der juristischen Person des öffentlichen Rechts42. Betriebe gewerblicher Art können Unternehmer nach § 2 Abs. 3 UStG sein, so dass sie der Umsatzbesteuerung unterliegen, soweit die einzelnen Lieferungen oder Leistungen nicht steuerbefreit sind. 3.3. Sonstige Steuern Hinsichtlich der Belastung mit Grundsteuer gilt wie bei den Körperschaften des privaten Rechts, dass der Grundbesitz nur dann steuerfrei bleibt, wenn eine ausdrückliche Befreiungsvorschrift existiert. Wie bei einer Körperschaft des privaten Rechts ist bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts der Grundbesitz befreit, der unmittelbar für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke benutzt wird. Darüber hinaus ist die Körperschaft des öffentlichen Rechts bei der Benutzung von Grundbesitz für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch von der Grundsteuer befreit (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 3 GrStG). Erwerb und Veräußerung/Übertragung von Grundstücken unterliegen grundsätzlich der Grunderwerbsteuer . Wird ein Grundstück aus Anlass des Übergangs von öffentlichen Aufgaben zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts übertragen, ist dieser Vorgang nach § 4 Nr. 1 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen. Voraussetzung ist, dass der Erwerb des Grundstücks durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts erfolgt, der Grundstücksübergang sich aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben vollzieht und das Grundstück nicht überwiegend einem Betrieb gewerblicher Art dient. Als Schenkung unter Lebenden gilt grundsätzlich jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Unentgeltliche Vermögensübertragungen zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung fal- 39 Steffen, Neuregelungen der Unternehmenssteuerreform für die Ertragsbesteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, DStR 2000, 2025; Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 9. Aufl., Achim 2008, S. 490. 40 Kessler/Fritz/Gastl, Ertragsteuerliche Behandlung wirtschaftlicher Betätigungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, BB 2001, 961, 962. 41 Hey, in: Tipke/Lang, 20. Aufl., Köln 2010, § 20 Rn. 4; Wallenhorst, in: Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., München 2009, Kapitel H Vorbem. 42 A 23 Abs. 2 UStR 2008. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 199/10 Seite 10 len nicht unter diese Vorschrift, da sie regelmäßig nicht freiwillig erfolgen; vielmehr ist im Regelfall anzunehmen, dass Träger der öffentlichen Verwaltung in Wahrnehmung der ihnen obliegenden Aufgaben und somit nicht freigebig handeln43. 4. Fazit Auch wenn es sich bei der gGmbH um eine Körperschaft des privaten Rechts und bei der AöR um eine solche des öffentlichen Rechts handelt, weisen die jeweiligen Besteuerungsmechanismen Parallelen auf. Die Nutzbarmachung der steuerlichen Vorteile der gGmbH und der AöR hängt davon ab, welchem Bereich ihre Tätigkeit jeweils zugeordnet werden kann. Erfolgt eine Zuordnung zu dem ideellen Bereich – mitsamt Vermögensverwaltung und Zweckbetrieb – (gGmbH) bzw. zu dem hoheitlichen Bereich (AöR), kommen grundsätzlich die Steuerbefreiungen bzw. die fehlende Steuerbarkeit im Körperschaft- und Gewerbesteuerrecht sowie die Vergünstigung bzw. fehlende Steuerbarkeit im Bereich der Umsatzsteuer zum Tragen. Demgegenüber greift die reguläre – auch für die übrigen Körperschaften geltende – Besteuerung ein, soweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (gGmbH) bzw. ein Betrieb gewerblicher Art (AöR) unterhalten wird. 43 Oberfinanzdirektion Münster, Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts – Arbeitshilfe, S. 204, abrufbar unter http://www.ofd-muenster .de/die_ofd_ms/Arbeitshilfen__Leitfaeden__Praxishilfen/PDF_Arbeitshilfen/2007_Jur_pers_oeff_Recht.pdf. Nur wenn die übertragende juristische Person des öffentlichen Rechts den Rahmen ihrer Aufgaben eindeutig überschreitet, kommt eine freigebige Zuwendung i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Betracht.