Deutscher Bundestag Griechenlands Verpflichtungen im Zusammenhang mit den Hilfspaketen des Internationalen Währungsfonds Sachstand Wissenschaftliche Dienste WD 4 – 3000 - 197/12 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 – 3000 - 197/12 Seite 2 Griechenlands Verpflichtungen im Zusammenhang mit den Hilfspaketen des Internationalen Währungsfonds Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 4 – 3000 - 197/12 Abschluss der Arbeit: 12.September 2012 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 – 3000 - 197/12 Seite 3 1. Welche Verpflichtungen ist Griechenland im Zusammenhang mit den Hilfspaketen des Internationalen Währungsfonds eingegangen und welche Konsequenzen/Sanktionen sind im Zusammenhang mit ihrer Nichteinhaltung im Rahmen der Verträge möglich? Angesichts einer drohenden Insolvenz beantragte Griechenland im April 2010 ein internationales Hilfsprogramm. Am 2. bzw. 9. Mai 2010 wurden 110 Mrd. € Finanzhilfe für Griechenland durch die Eurogruppe und vom Exekutivdirektorium des Internationalen Währungsfonds (IWF) bewilligt . Gleichzeitig vereinbarte die griechische Regierung mit dem IWF, der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Europäischen Kommission ein dreijähriges Anpassungsprogramm und verpflichtete sich zu umfangreichen Konsolidierungsschritten. Das Darlehen bestand aus 80 Mrd. € Darlehen der Euro-Mitgliedsstaaten, zentral gebündelt von der Europäischen Kommission, und aus 30 Mrd. € des IWFs (als „Stand-by arrangement“). Die Vereinbarungen mit dem IWF bedeuteten einen außergewöhnlichen Zugang zu IWF-Mitteln im Umfang von 3.200 Prozent der griechischen Quote1. Die erste „Nottranche“ von 20 Mrd. € (von der EU 14,5 Milliarden und vom IWF 5,5 Milliarden Euro) wurde im Mai 2010 ausbezahlt. Die Zahlung des restlichen Kredites war in zwölf Tranchen geplant, über den Zeitraum von 36 Monaten. Diese Tranchenzahlungen sind an die Erfüllung von Bedingungen durch Griechenland geknüpft, die die griechische Regierung im Antrag auf das Rettungspaket selbst aufgestellt hatte. Die Bedingungen der Vereinbarungen wurden in drei Dokumenten geregelt: Im „Memorandum of Understanding on Specific Economic Policy Conditionality“ (MoU, eine Absichtserklärung unter künftigen Vertragspartnern) wurden der Zeitplan der Umsetzung der Reformen, die „review-missions“ und die spezifischen Ziele im Hinblick auf die Auszahlung der einzelnen nächsten Tranche des Rettungspaketes vereinbart. Im „Memorandum of Economic and Financial Policies“ (MEFP) wurden die festgelegten Ziele und die Ziele des wirtschaftlichen Reformprogramms, die von der griechischen Regierung vorgeschlagen wurden, festgehalten. Im „Technical Memorandum of Understanding“ (TMoU) wurden die „MoU“ und die „MEFP“ erläutert, sowie die anzuwendenden Methoden beschrieben, wie die Kriterien bei der Absichtserklärungen erfüllt werden sollen2. Die griechische Regierung verpflichtete sich z. B. in der ersten Auszahlungsphase u. a. zu folgenden Maßnahmen3: 1 Vgl. Internationaler Währungsfonds, Jahresbericht 2010, S. 24. 2 Vgl. Visvizi, Anna, “The crisis in Greece and the EU-IMF rescue package: determinants and pitfalls”, in Acta Oeconomica, Vol. 62 (1) pp. 15-39 (2012). 3 Vgl. International Monetary Fund, Greece: Request for Stand-By Arrangement, IMF Country Report No. 10/111, May 2010, S. 47ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 – 3000 - 197/12 Seite 4 Für die Haushaltskonsolidierung sollten 2,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) eingespart werden . Im Juni 2010 wurde ein Gesetz bezüglich struktureller Steuerreformen erlassen, welches die monatliche Veröffentlichung der Staatseinnahmen und Staatsausgaben sowie der Staatsfinanzierung vorschreibt. Weiter wurde die Regelung und Aufsicht des Finanzsektors reformiert. Dies geschah durch die Einrichtung eines unabhängigen Finanzstabilitätsfonds. Daneben wurde auch die Bankenaufsicht intensiviert. Auch allgemeine strukturelle Reformen sind Teil der Maßnahmen . Hierunter fallen z. B. Reformen, die die Transparenz in der öffentlichen Verwaltung und die Arbeitsmarktinstitutionen betreffen. Daneben werden Reformen dahingehend gefordert, dass Griechenland mehr Mittel aus den Struktur- und Kohäsionsfonds der Europäischen Union nutzt. Die Einhaltung der Bedingungen wird von der Europäischen Kommission, der EZB und dem IWF, der sogenannten Troika, überwacht. Am 11. März 20114 wurde die Laufzeit der Kredite der Euromitgliedstaaten an Griechenland von drei auf 7,5 Jahre verlängert, dies im Einklang mit dem Teil des Paketes des IWFs. Da das erste Rettungspaket nicht ausreichend war, wurde im Juli 2011 ein zweites Rettungspaket beschlossen. Dieses hat einen Umfang von 109 Milliarden Euro und bietet günstigere Zins- und Rückzahlungsmodalitäten. Der IWF beteiligt sich daran mit 28 Milliarden Euro im Rahmen seiner Erweiterten Fondsfazilität. Von dieser Summe stammen 10 Milliarden Euro aus dem ersten Hilfspaket des IWF für Griechenland, die noch nicht ausgezahlt wurden. Die restlichen 18 Milliarden Euro sind neue Kredite. Das Arrangement mit Griechenland läuft bis zum 14. März 2016. Die Auszahlung des Kredits ist wiederum an die Erfüllung eines umfangreichen Anpassungsprogramms gebunden5. Werden die Auflagen nicht erfüllt, stoppt die Auszahlung der Hilfskredite. Weitere Konsequenzen/Sanktionen sind nach den hier vorliegenden Informationen (die Verträge sind nicht öffentlich zugänglich) nicht bekannt. 4 Vgl. http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Europa/Stabilisierung_des_Euro /2010-06-04-chronologie-euro-stabilisierung.html, (zuletzt abgerufen am 11.09.2012). 5 Vgl. International Monetary Fund, Greece: Request for Extended Arrangement Under the Extended Fund Facility , IMF Country Report No. 12/57, March 2012, S. 105ff.