© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 195/18 Gemeindlicher Anteil am Aufkommen der Umsatzsteuer Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 195/18 Seite 2 Gemeindlicher Anteil am Aufkommen der Umsatzsteuer Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 195/18 Abschluss der Arbeit: 06. Dezember 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 195/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Gemeindlicher Anteil am Ertrag der Umsatzsteuer 4 3. Verteilschlüssel 4 4. Aktuelle Diskussion 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 195/18 Seite 4 1. Fragestellung Der Auftraggeber bittet um Darstellung der aktuellen fachlichen Diskussion um den Verteilungsschlüssel bzw. die Verteilungskriterien beim Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer. 2. Gemeindlicher Anteil am Ertrag der Umsatzsteuer Seit 01.01.1998 erhalten die Gemeinden nach Art. 106 Abs. 5a GG einen obligatorischen Vorweganteil am Gesamtaufkommen der Umsatzsteuer. Dieser wird den Gemeinden von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels weitergeleitet (Art. 106 Abs. 5a S. 2 GG).1 Die Höhe des Gemeindeanteils und die Einzelheiten der Verteilung sind durch zustimmungsbedürftiges Bundesgesetz (ausschließliche Bundesgesetzgebungskompetenz ) zu regeln (Art. 106 Abs. 5a S. 3 GG). Der Gemeindeanteil liegt nach § 1 FAG bei rund 2 von Hundert des Umsatzsteueraufkommens. Zusätzlich erhalten die Gemeinden einen Festanteil in Höhe von 2,4 Mrd. Euro.2 3. Verteilschlüssel Die Entwicklung der Verteilschlüssel seit 1998 können der Publikation „Die Beteiligung der Gemeinden am Aufkommen der Umsatzsteuer“ vom Bundesministerium der Finanzen (Stand: Juni 2018) entnommen werden. Anlage 1 Seit dem 1. Januar 2018 gilt allein der endgültige, fortschreibungsfähige und bundeseinheitliche Verteilungsschlüssel für die Beteiligung der Gemeinden am Aufkommen der Umsatzsteuer. Der endgültige Schlüssel setzt sich wie folgt zusammen: - zu 25 % aus der Summe des Gewerbesteueraufkommens der letzten sechs verfügbaren Jahre des Realsteuervergleichs nach § 4 Nr. 2 des Finanz- und Personalstatistikgesetzes, - zu 50 % aus der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (ohne öffentlichen Dienst im engeren Sinne) jeweils am 30. Juni der letzten drei verfügbaren Jahre nach § 281 SGB III, - zu 25 % aus der Summe der sozialversicherungspflichtigen Entgelte (ohne öffentlichen Dienst im engeren Sine) der letzten drei verfügbaren Jahre nach § 281 SGB III. Die Merkmale „Beschäftigte“ und „Entgelte“ werden mit der Abweichung des gewogenen durchschnittlichen örtlichen Hebesatzes vom gewogenen durchschnittlichen bundesweiten Gewerbesteuer -Hebesatz im jeweiligen Erfassungszeitraum gewichtet. Zur Abgrenzung bei Beschäftigten und Entgelten zwischen nicht-öffentlichen Beschäftigungsverhältnissen und solchen im öffentlichen Dienst wird die Wirtschaftszweigsystematik WZ 2008 der Bundesagentur für Arbeit herangezogen , die um die entsprechenden Wirtschaftsgruppen bereinigt wird. Die Schlüsselzahlen 1 BeckOK Grundgesetz/Kube, GG, Art. 106, Rn. 34. 2 Maunz/Dürig/Seiler, GG, Art. 106, Rn. 170. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 195/18 Seite 5 werden auf der Grundlage des Gewerbesteueraufkommens der Jahre 2010 bis 2015, der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der Jahre 2013 bis 2015, der sozialversicherungspflichtigen Entgelte der Jahre 2012 bis 2014 sowie der Gewerbesteuerhebesätze der Jahre 2012 bis 2015 errechnet . Der Verteilungsschlüssel gilt für die Jahre 2018 bis 2020.3 Die rechtlichen Regelungen hierzu sind in den neu gefassten §§ 5a bis 5d des Gemeindefinanzreformgesetzes im Gesetz vom 21. November 2016 (BGBl. I S. 2613) niedergelegt. Sie umfassen die Ausgestaltung des Verteilungsschlüssels (§ 5a), Bestimmungen zur Übermittlung für die Berechnung der Schlüssel notwendiger statistischer Ergebnisse (§ 5b), die Rechtsverordnungsermächtigung für das Bundesministerium der Finanzen (§ 5c) und Bestimmungen über die Überweisung des Gemeindeanteils an die Länder (§ 5d). Die Länderschlüsselzahlen, nähere Ausführungsbestimmungen zur Berechnung der Gemeindeschlüsselzahlen, zur Handhabung von Gebietsstandsänderungen und weitere für die Festsetzung der Schlüsselzahlen erforderliche Regelungen sind in der Verordnung über die Festsetzung der Länderschlüsselzahlen und die Ermittlung der Schlüsselzahlen für die Aufteilung des Gemeindeanteils am Aufkommen der Umsatzsteuer nach § 5a des Gemeindefinanzreformgesetzes vom 2. Januar 2018 (BGBl. I, S. 50) enthalten.4 Für die Jahre 2021 bis 2023 erfolgt eine Aktualisierung auf der Grundlage des Gewerbesteueraufkommens der Jahre 2013 bis 2018, der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der Jahre 2016 bis 2018, der sozialversicherungspflichtigen Entgelte der Jahre 2015 bis 2017 sowie der Gewerbesteuerhebesätze der Jahre 2015 bis 2018. Diese Aktualisierungen werden dann im Drei-Jahres- Turnus zukünftig fortgeführt.5 4. Aktuelle Diskussion Bei der Debatte um die zielgenaue Entlastung der Kommunen für die Integrationskosten der Flüchtlinge, die insbesondere 2015 in Deutschland Zuflucht gesucht haben, wurde durch den Bundesrat festgestellt, dass eine Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft (KdU) Kommunen mit hohen Soziallasten zugutekommt, und bei der Umsatzsteuer wirtschaftstarke Gemeinden überproportional entlastet werden.6 Ferner wird konstatiert, dass der der Umsatzsteuerverteilung zugrundeliegende Verteilungsschlüssel einer soziallastenorientierten Verteilung fernliegt und zudem eine zielgenaue landesinterne Korrektur der Verteilungswirkung nicht zulässt.7 Hennecke schlägt daher vor, Art. 106 Abs. 5a GG zu modifizieren. „Beseitigt werden muss dazu die Beschränkung : „auf Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels“ und hinzugefügt 3 Bundesministerium der Finanzen: Die Beteiligung der Gemeinden am Aufkommen der Umsatzsteuer, Stand: Juni 2018, S. 8f. 4 Ebenda, S. 9. 5 Ebenda, S. 10. 6 BR-Drs. 501/1/18, S. 3. 7 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 195/18 Seite 6 werden muss der Begriff „Kreise“ bzw. im sprachlichen Kontext des Grundgesetzes „Gemeindeverbände “.“8 *** 8 Hennecke Hans-Günter: Den „rechten“ Weg zur Sicherung der Kommunalentlastung freimachen, in: Der Landkreis 12/2018, S. 780.