Deutscher Bundestag Rechtliche Aspekte einer kommunalen Waffenbesitzsteuer Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 4 – 3000 - 195/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 195/10 Seite 2 Rechtliche Aspekte einer kommunalen Waffenbesitzsteuer Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 4 – 3000 - 195/10 Abschluss der Arbeit: 05.08.2010 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 195/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Hintergrund 4 2. Steuersatzungsrecht der Gemeinden 4 2.1. Zulässigkeit einer Waffenbesitzsteuer als kommunale Aufwandsteuer? 5 2.1.1. Einordnung der Waffenbesitzsteuer als Aufwandsteuer 5 2.1.2. Kriterium der Örtlichkeit 6 2.1.3. Gleichartigkeitsverbot 7 2.1.4. Vereinbarkeit mit Bundesrecht 7 2.1.5. Bagatellsteuerverbot 8 3. Fazit 8 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 195/10 Seite 4 1. Hintergrund Mit den am 25. Juli 2009 in Kraft getretenen Änderungen des Waffengesetzes (WaffG)1 wurde auch § 36 Abs. 3 WaffG geändert. Nunmehr sind die zuständigen Behörden berechtigt, die Aufbewahrung von Waffen und Munition zu kontrollieren. Von der Möglichkeit, für diese Kontrollen über eine Satzung Gebühren zu erheben, haben viele Landkreise bislang keinen Gebrauch gemacht . Vielmehr erwägen einzelne Kommunen, den privaten Besitz von Schusswaffen durch eine kommunale Waffenbesitzsteuer zu besteuern. Zielsetzung dieser Besteuerung ist neben der Erzielung von Einnahmen die Verringerung der Anzahl von Schusswaffen im Privatbesitz. Mit der Frage der Zulässigkeit einer kommunalen Waffenbesitzsteuer befassen sich zwei gutachterliche Arbeiten, die zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. Während das durch den Städtetag Baden-Württemberg in Auftrag gegebene Gutachten von Rechtsanwalt Dr. Volker Stehlin vom 28. Juni 20102 zu einer – an bestimmte Voraussetzungen gebundenen – Zulässigkeit der Einführung einer kommunalen Waffenbesitzsteuer kommt, nimmt Prof. Dr. Johannes Dietlein in seiner im Auftrag des Forums Waffenrecht in Verbindung mit dem Deutschen Jagdschutz-Verband e.V., dem deutschen Schützenbund sowie dem Verband der Hersteller von Jagd- und Sportwaffen erstellten gutachterlichen Stellungnahme vom 23. Juli 20103 an, dass die Erhebung einer Waffenbesitzsteuer in Gestalt einer kommunalen Aufwandsteuer unzulässig sei. 2. Steuersatzungsrecht der Gemeinden Nach der Finanzverfassung des Grundgesetzes (GG) kommt den Gemeinden eine eigene Steuergesetzgebungshoheit nicht zu. Das den Gemeinden und Gemeindeverbänden in Art. 28 Abs. 2 GG eingeräumte Recht der kommunalen Selbstverwaltung umfasst zwar auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG). Art. 105 GG, der eine Aufteilung der steuerrechtlichen Gesetzgebungskompetenzen zwischen dem Bund und den Ländern vornimmt, trifft jedoch eine abschließende Regelung, so dass die Kommunen aus dem Selbstverwaltungsrecht keine Befugnis zur Erschließung eigener Steuerquellen herleiten können4. Die Länder haben die – zunächst allein ihnen zustehende – Befugnis zur Erschließung der örtlichen Verbrauchund Aufwandsteuern (Art. 105 Abs. 2a GG) jedoch vielfach in den Kommunalabgabengesetzen auf die Gemeinden übertragen5. Grundsätzlich ist die Einführung einer neuen örtlichen Verbrauch - und Aufwandsteuer durch die Gemeinden daher möglich, wenn die in den Kommunalabgabengesetzen der Länder genannten Voraussetzungen erfüllt und diese Steuern bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig sind6. Eine darüber hinausgehende Befugnis der Gemeinden zur Erschließung neuer Steuerquellen besteht nicht. Da es sich um eine abgeleitete Steuergesetzgebungskompetenz der Kommunen handelt, steht sie unter dem Vorbehalt anderweitiger 1 Gesetz v. 17.07.2009 (BGBl. I S. 2062). 2 Abrufbar unter http://www.dsb.de/media/PDF/Recht/Waffenrecht/Aktuelles/Gutachten_Waffenbesitzsteuer.pdf. 3 Abrufbar unter http://www.dsb.de/media/PDF/Recht/Waffenrecht/Aktuelles/20100725_Dietlein_Gutachten _Waffensteuer.pdf. 4 Birk, Steuerrecht (12. Aufl.) Rn. 144; Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht (20. Aufl.), § 3 Rn. 53. 5 So z.B. in § 9 Abs. 4 KAG BW. 6 Birk, Steuerrecht (12. Aufl.) Rn. 144; s. auch § 9 Abs. 4 KAG BW. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 195/10 Seite 5 Bundes- oder Landesgesetzgebung7. Das Mittel der Gemeinden zur Erschließung einer Steuer ist die Steuersatzung8. 2.1. Zulässigkeit einer Waffenbesitzsteuer als kommunale Aufwandsteuer? 2.1.1. Einordnung der Waffenbesitzsteuer als Aufwandsteuer Bei der geplanten kommunalen Waffenbesitzabgabe könnte es sich um eine Steuer handeln9. Steuern sind einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand (hier: Besitz einer Waffe) zutrifft , an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft, vgl. § 3 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO)10. Die geplante Abgabe für den Waffenbesitz wird von einem steuererhebungsberechtigten Gemeinwesen ohne unmittelbare Gegenleistung erhoben. Zwar stehen Zwecksteuern, d.h. Steuern, deren Aufkommen für einen bestimmten Zweck verwendet werden soll, – im Gegensatz zu den allgemeinen Steuern – zu bestimmten Leistungen und Verwaltungszwecken des Abgabeberechtigten in Beziehung. Die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben, zu deren Finanzierung Zwecksteuern dienen , hat aber nicht den Charakter einer Gegenleistung des Abgabeberechtigten zugunsten des Abgabepflichtigen 11. Die ausgeweiteten Waffenkontrollen dienen dem Ziel, eine ordnungsgemäße Aufbewahrung von Waffen zu gewährleisten, und sollen den Abgabepflichtigen nicht besser stellen . Eine Gegenleistung für eine Kontrolle sollte die Waffenbesitzabgabe daher nicht darstellen12. Dem Steuercharakter der Abgabe steht, wenn dieser Ansicht gefolgt wird, auch nicht entgegen, dass mit der Einführung der Abgabe beabsichtigt ist, den privaten Waffenbesitz in stärkerem Maße zu steuern13. Die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein (§ 3 Abs. 1 AO)14. Eine Einordnung der kommunalen Waffenbesitzsteuer als kommunale Verbrauchsteuer scheidet aus, da die Besteuerung nicht an den Verbrauch vertretbarer, regelmäßig zum kurzfristigen Verbrauch bestimmter Güter des ständigen Bedarfs anknüpft15. Vielmehr könnte die Waffenbesitzsteuer eine Aufwandsteuer darstellen16. Aufwandsteuern zielen darauf ab, den Einsatz finanzieller Mittel für die Aufrechterhaltung eines tatsächlichen oder rechtlichen Zustandes zu belasten17. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich bei Aufwandsteuern um „Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf 7 Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht (20. Aufl.), § 3 Rn. 54. 8 § 2 Abs. 1 KAG BW. 9 So das Gutachten Stehlin, S. 3. Auch das Gutachten Dietlein geht von dem Vorliegen einer Steuer aus. 10 Gebühren stehen demgegenüber in spezifischem Zusammenhang mit einer Gegenleistung der Verwaltung. In Abgrenzung zu Beiträgen werden Gebühren nur dann geschuldet, wenn die Leistung der Verwaltung tatsächlich in Anspruch genommen oder eine öffentliche Einrichtung tatsächlich genutzt wird, Siegel, JuS 2008, 1071, 1075. 11 Vgl. BVerfG v. 06.12.1983 – 2 BvR 1275/79, NJW 1984, 785. 12 So das Gutachten Stehlin, S. 4. 13 So das Gutachten Stehlin, S. 3. 14 Lediglich reine Lenkungsabgaben, deren alleiniger Zweck auf die Beeinflussung eines bestimmten Verhaltens und auf die Nichterfüllung des Steuertatbestandes gerichtet ist, sind – mangels dauerhafter Einnahmeerzielungsabsicht – keine Steuern im Rechtssinne, Gössl/Reif, KAG BW, § 9 Nr. 4.1 m.w.N. 15 So das Gutachten Dietlein, S. 9; auch das Gutachten Stehlin, das die Frage nach dem Vorliegen einer Verbrauchsteuer nicht ausdrücklich verneint, geht nicht von einer Verbrauchsteuer aus (S. 5); vgl. Birk, Steuerrecht (12. Aufl.) Rn. 84; Gössl/Reif, KAG BW, § 9 Nr. 4. 16 So das Gutachten Stehlin, S. 5. 17 Birk, Steuerrecht (12. Aufl.) Rn. 88. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 195/10 Seite 6 zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“18. Die für eine Aufwandsteuer erforderliche , über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Verwendung von Einkommen oder Vermögen kann nach teilweise bestrittener Ansicht darin bestehen, sich einen Gegenstand für den persönlichen Lebensbedarf zu leisten19. Im Hinblick auf die Waffenbesitzsteuer wird vertreten, dass sich in dem Besitz von Schusswaffen diese besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ausdrückt20. Zudem wird daraus abgeleitet, dass juristische Personen nicht Steuerschuldner der Waffenbesitzsteuer sein können21. Die Gegenansicht kritisiert, dass unklar bleibe, welcher Konsumaufwand überhaupt in jährlicher Regelmäßigkeit anfalle und damit Grundlage der Besteuerung sein solle. Der bloße Besitz einer Schusswaffe reiche nicht aus. Als Besteuerungsgrundlage sei ausschließlich ein von dem bloßen Besitz zu trennender typischer – laufender – Konsumaufwand möglich. Es sei insbesondere unzulässig , als Besteuerungsgrundlage den mit dem kommerziellen Erwerb einer Schusswaffe verbundenen Aufwand heranzuziehen. Vielmehr stelle die Waffenbesitzsteuer eine formell und materiell unzulässige „Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion“ dar, da die Gruppe der Waffenbesitzer in die Finanzierungsverantwortung für die Kosten einer „verdachtslosen“ Waffenkontrolle genommen werde22. 2.1.2. Kriterium der Örtlichkeit Wird die Waffenbesitzsteuer als kommunale Aufwandsteuer eingeordnet, muss sie dem Kriterium der Örtlichkeit genügen, das für die den Gemeinden übertragene Befugnis zur Erschließung von Verbrauch- und Aufwandsteuern kompetenzbegründend wirkt (Art. 105 Abs. 2a GG)23. Gemeint sind Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis24. Erforderlich ist, dass die Besteuerung an einen örtlichen Tatbestand, insbesondere an die Belegenheit einer Sache oder einen Vorgang im Gebiet der steuererhebenden Gemeinde, anknüpft25. Die Steuer muss örtlich radizierbar sein26. Ob die Merkmale der örtlichen Bezogenheit des Steuertatbestandes und der örtlichen Begrenzung der Steuerwirkung vorliegen, ist anhand der Umstände des Einzelfalles, vor allem der Vorschriften der kommunalen Abgabensatzung, zu prüfen27. Das Kriterium der örtlichen Radizierbarkeit muss sich aus der normativen Gestaltung des Steuertatbestandes selbst ergeben; nicht ausreichend ist, dass sie aus der natürlichen Beschaffenheit des Gegenstandes abgeleitet werden kann, dessen Verbrauch der Steuer unterworfen ist28. 18 BVerfG v. 07.05.1963 – 2 BvL 8, 10/61, BVerfGE 16, 64, 74. 19 Gössl/Reif, KAG BW, § 9 Nr. 4.2; kritisch das Gutachten Dietlein, S. 11. 20 So auch das Gutachten Stehlin, S. 5. 21 So das Gutachten Stehlin, S. 6 und Gössl/Reif, KAG BW, § 9 Nr. 4.2. 22 So das Gutachten Dietlein, S. 10f. und S. 23. Es fehle in formeller Hinsicht an einer formalgesetzlichen Rechtsgrundlage und in materieller Hinsicht sowohl an einer Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung der Waffenbesitzer als auch an einer gruppennützigen Verwendung. 23 „Örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern“ i.S. des Art. 105 Abs. 2a GG sind begrifflich identisch mit den in der bis 1970 geltenden Fassung des Art. 105 Abs. 2 GG genannten „Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis “, Gössl/Reif, KAG BW, § 9 Nr. 4.1. 24 Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht (20. Aufl.), § 3 Rn. 52. 25 BVerfG v. 06.12.1983 – 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, 349. Darüber hinaus dürfen sie nicht wegen der Begrenzung ihrer unmittelbaren Wirkungen auf das Gemeindegebiet zu einem die Wirtschaftseinheit berührenden Steuergefälle führen können, BVerfG v. 23.07.1963 – 2 BvL 11/61, BVerfGE 16, 306, 327. 26 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, § 105 Rn. 56; Gössl/Reif, KAG BW, § 9 Nr. 4.3. 27 Gössl/Reif, KAG BW, § 9 Nr. 4.3. 28 Gössl/Reif, KAG BW, § 9 Nr. 4.3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 195/10 Seite 7 Das Erfordernis der Örtlichkeit könnte gewahrt sein, wenn die Waffenbesitzsteuer auf sämtliche Waffen erhoben wird, die bei der zuständigen Waffenbehörde in einem bestimmten Gemeindegebiet besessen werden29. Aufgrund der Registrierung wird der Besitz der Waffe in dem betreffenden Gemeindegebiet bekanntgegeben30. Demgegenüber ist der örtliche Bezug einer Waffenbesitzsteuer nicht ähnlich eindeutig wie derjenige der Unterhaltung einer Zweitwohnung oder des Abstellens eines Campingwagens auf fremdem Grund31. Die Gegenansicht weist daher darauf hin, dass die ständige Aufbewahrung einer Waffe auch außerhalb der Heimatgemeinde des Waffenbesitzers möglich sei, wenn die gesetzlichen Sicherheitsvorkehrungen beachtet würden32. Sie sieht das Kriterium der Örtlichkeit bei einer an den Erstwohnsitz des Waffenbesitzers anknüpfenden Waffenbesitzsteuer nicht als erfüllt an, solange nicht dem Waffenbesitzer die Möglichkeit eines „Gegenbeweises“ zugestanden werde33. 2.1.3. Gleichartigkeitsverbot Die örtliche Verbrauch- oder Aufwandsteuer darf einer bundesgesetzlich geregelten Steuer nicht gleichartig sein. In ihren Haupterscheinungsformen darf sie daher nicht dieselben Merkmale aufweisen wie die bundesrechtlich geregelte Steuer34. Eine örtliche Steuer ist einer Bundessteuer gleichartig, wenn die steuerbegründenden Tatbestände, d.h. insbesondere Steuergegenstand und Besteuerungsmaßstab, übereinstimmen und die gleiche Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit beansprucht wird35. Bei dieser Beurteilung ist die Wirkungsstruktur der Steuernorm maßgeblich ; Belastungs- und Gestaltungswirkungen der Vorschrift müssen miteinander verglichen werden 36. Das Vorliegen einer bundesrechtlichen Steuer, die nach Gegenstand, Bemessungsgrundlage , Erhebungstechnik oder wirtschaftlicher Auswirkung der Waffenbesitzsteuer gleichartig wäre, wird von einer Ansicht verneint37. Die Gegenansicht verweist auf eine (von ihr für unzulässig gehaltene) Anknüpfung der Besteuerung an den Beschaffungsvorgang der Schusswaffe (dazu bereits unter 2.1.1.) und sieht eine Vergleichbarkeit mit der Umsatzsteuer38. 2.1.4. Vereinbarkeit mit Bundesrecht Neben dem Zweck, Erträge zu erzielen, dient die Einführung der Waffenbesitzsteuer auch dem Ziel, die Anzahl von Schusswaffen im privaten Besitz zu reduzieren. Solche Lenkungssteuern sind verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig39. Auch wenn durch eine Steuernorm das Verhalten des Steuerpflichtigen beeinflusst werden soll und damit zugleich eine Sachregelung getroffen wird, genügt es, wenn der betreffende Gesetzgeber die Steuergesetzgebungskompetenz innehat . Nicht erforderlich ist, dass ihm die Sachkompetenz (Art. 70ff. GG) zusteht40. 29 So das Gutachten Stehlin, S. 10. 30 So das Gutachten Stehlin, S. 10. 31 So das Gutachten Dietlein, S. 16. 32 Vgl. § 36 WaffG i.V.m. § 13 Abs. 6 AWaffV, wonach die Lagerung von bis zu drei Langwaffen in nicht dauernd bewohnten Gebäuden außerhalb der Wohnsitzgemeinde des Waffenbesitzers zulässig ist. 33 So das Gutachten Dietlein, S. 17f. 34 Gössl/Reif, KAG BW, § 9 Nr. 4.4. 35 BVerfG v. 06.12.1983 – 2 BvR 1275/79, NJW 1984, 785, 787. 36 Birk, Steuerrecht (12. Aufl.) Rn. 138. 37 So das Gutachten Stehlin, S. 11. 38 So das Gutachten Dietlein, S. 15. 39 S. die Nachweise bei Birk, Steuerrecht (12. Aufl.) Rn. 206. 40 BVerfG v. 07.05.1998 – 2 BvR 1991-95 u. 2004-95, NJW 1998, 2341, 2342. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 195/10 Seite 8 Einschränkend gilt jedoch, dass der Steuergesetzgeber nur insoweit lenkend in den Kompetenzbereich eines Sachgesetzgebers eingreifen darf, als die Lenkung weder der Gesamtkonzeption der sachlichen Regelung noch konkreten Einzelregelungen zuwiderläuft. Der kommunale Gesetzgeber darf nicht durch eine Lenkungssteuer in den Regelungsbereich des Bundesgesetzgebers einwirken , wenn dieser den steuerlich verfolgten Lenkungszweck ausgeschlossen oder gegenläufige Lenkungswirkungen oder Handlungsmittel vorgeschrieben hat41. Ein solcher Konflikt ist möglich, wenn die Waffenbesitzsteuer unterschiedslos bei allen Waffenbesitzern erhoben wird. In diesem Fall würde sich der kommunale Gesetzgeber über die differenzierenden Vorschriften des WaffG hinwegsetzen. Das Waffengesetz schreibt ausdrücklich fest, dass ein Bedürfnis für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen und der dafür bestimmten Munition bei Personen anerkannt wird, die Inhaber eines gültigen Jagdscheins sind (§ 13 Abs. 1 WaffG). Eine vergleichbare Wertung enthält § 14 Abs. 2 WaffG, wonach ein Bedürfnis für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen und der dafür bestimmten Munition bei Mitgliedern eines Schießsportverbandes anerkannt wird. Das WaffG differenziert daher zwischen bestimmten Gruppen von Waffenbesitzern und stellt teilweise abweichende Voraussetzungen für die Erlaubnis zum Waffenbesitz auf. Eine kommunale Aufwandsteuer wird auf diese Wertungen des Bundesgesetzgebers – insbesondere durch die Einfügung von Ausnahmetatbeständen für bestimmte Personengruppen (z.B. Jäger, Sportschützen)42 – Rücksicht zu nehmen haben. Bei der Anwendung einer Waffenbesitzsteuer auf Jäger ergibt sich neben dem Gebot, die Wertungen des Bundesjagdgesetzes zu berücksichtigen, die Gefahr einer partiellen Doppelbesteuerung, wenn parallel eine kommunale Jagdsteuer erhoben wird43. 2.1.5. Bagatellsteuerverbot Sollte zwischen Ertragslage und durch die Waffenbesitzsteuer verursachtem Verwaltungsaufwand ein Missverhältnis entstehen, besteht die Möglichkeit, dass die Waffenbesitzsteuer eine unzulässige Bagatellsteuer darstellt44. Steuern sollen grundsätzlich so erhoben werden, dass der mit der Erhebung der Steuer verbundene Verwaltungsaufwand in einem vernünftigen Verhältnis zum Steuerertrag steht. Wenn eine Steuer nicht zur Einnahmeerzielung führt, entfällt deren Rechtfertigung , und sie darf von der Gemeinde nicht erhoben werden. Eine Waffenbesitzsteuer wird daher in einer Weise zu bemessen sein, die insgesamt einen angemessenen Steuerertrag sicherstellt45. Dies wäre gegebenenfalls vorab zu prüfen. 3. Fazit Ob die Einführung einer kommunalen Waffenbesitzsteuer als Aufwandsteuer grundsätzlich möglich ist, wird nicht einheitlich beurteilt. Sofern eine solche Möglichkeit angenommen wird, wird es bei der Beurteilung ihrer Zulässigkeit darauf ankommen, ob ein örtlicher Bezug der Steuer gewahrt ist und die Steuer im Einklang mit bundesrechtlichen Wertungen (insbesondere des 41 BVerfG v. 07.05.1998 – 2 BvR 1991-95 u. 2004-95, NJW 1998, 2341, 2342; Siegel, JuS 2008, 1071, 1074. 42 Dazu ausführlich das Gutachten Stehlin, S. 6ff. 43 Dazu das Gutachten Dietlein, S. 18. 44 Dies bejahend das Gutachten Dietlein, S. 21f. 45 Andererseits darf die Steuer keine erdrosselnde Wirkung für den Waffenbesitz haben; dazu Gössl/Reif, KAG BW, § 9 Nr. 4.6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 195/10 Seite 9 WaffG) ausgestaltet ist. Schließlich ist sicherzustellen, dass ein angemessener Steuerertrag entsteht .