Deutscher Bundestag Fragen zur steuerlichen Behandlung der Kirchen und deren Finanzen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 4 – 3000 - 188/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 2 Fragen zur steuerlichen Behandlung der Kirchen und deren Finanzen Verfasserin: Aktenzeichen: WD 4 – 3000 - 188/10 Abschluss der Arbeit: 2. August 2010 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Besteuerung 4 1.1. Besteuerung der evangelischen Kirche 4 1.2. Besteuerung der katholischen Kirche 6 1.3. Begründung für steuerliche Begünstigungen 7 1.4. Gegenwert der Steuerbefreiungen 8 1.5. Parlamentarische Debatten zu den Steuerbefreiungen 8 2. Kapitalvermögen 8 2.1. Angaben der evangelischen Kirche 8 2.2. Angaben der katholischen Kirche 9 2.3. Angaben aus der Literatur 10 3. Kirchensteuereinnahmen 11 4. Staatsleistungen 11 5. Personal 13 5.1. Angaben der Evangelischen Kirche 13 5.2. Angaben der Katholischen Kirche 14 6. Aufstellung der Haushaltspläne 15 6.1. Mitspracherecht in der evangelischen Kirche 15 6.2. Mitspracherecht in der katholischen Kirche 15 7. Steuerliche Abzugsmöglichkeit der Kirchensteuern und weiterer Beiträge 17 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 4 1. Besteuerung 1.1. Besteuerung der evangelischen Kirche Nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 WRV sind Religionsgesellschaften Körperschaften des öffentlichen Rechts. Abgesehen von ihren inneren Angelegenheiten agieren sie innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Zu den Religionsgesellschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts gehören auch die evangelischen Kirchgemeinden sowie die übergemeindlichen Zusammenschlüsse, mithin mehr als 15.500 Körperschaften. Sofern ein staatliches Gesetz von Körperschaften des öffentlichen Rechts oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts spricht, werden hiervon alle Körperschaften umfasst, die unter diesen Tatbestand zu subsummieren sind. Hierzu gehören neben den Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden, Industrie- und Handelskammern, Landwirtschaftskammern, Steuerberaterkammern , Steuerberaterversorgungswerk, Universitäten etc. auch die kirchlichen Körperschaften , sofern sie die Voraussetzungen des Art. 137 WRV erfüllen. Für den Bereich der Ertragsteuern und der Umsatzsteuer ergibt sich die Steuerbarkeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts aus § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG bzw. § 2 Abs. 3 S. 1 UStG. Danach ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts nur mit ihrem Betrieb gewerblicher Art körperschaftsteuerpflichtig bzw. wird sie nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art gewerblich oder beruflich tätig. Sofern ein Betrieb gewerblicher Art nicht vorliegt, findet das Gewerbesteuergesetz tatbestandlich keine Anwendung. Lieferungen und Leistungen sind nach § 4 UStG ausdrücklich von der Umsatzsteuer befreit, sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Für juristische Personen des öffentlichen Rechts trifft dies bspw. auf § 4 Nr. 16 lit. a UStG zu. Ein Steuervergütungsverfahren ist in § 4a Abs. 1 S. 1 UStG für gewisse Lieferungen normiert. Für die Grundsteuer hat der Gesetzgeber die Steuerbefreiung bestimmter Rechtsträger definiert, so für juristische Personen des öffentlichen Rechts in § 3 Abs. 1 Nr. 3, 5, 6 GrStG. Bei der Grunderwerbsteuer sind von der Besteuerung gesetzlich definierte Erwerbsvorgänge durch juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgenommen (§ 4 GrEStG). Diese Beispiele verdeutlichen, dass es grundsätzlich keine auf kirchliche öffentlich-rechtliche Körperschaften zugeschnittene Besteuerungstatbestände gibt. Ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts von einem staatlichen Steuergesetz tatbestandlich erfasst, treffen sie auch die Rechtsfolgen, im Positiven wie im Negativen. Von diesem Grundsatz gibt es einige wenige Ausnahmen, die u.a. Kirchen oder Religionsgesellschaften , auch in der Rechtsform der Köperschaft des öffentlichen Rechts, expressiv verbis benennen . Zu benennen sind z.B. § 3 Abs. 1 Nr. 4 und 5 GrStG, § 4 Nr. 25 lit. a UStG, § 13 Abs. 1 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 5 Nr. 16 lit. a ErbStG (zugunsten des Verfügenden). Die jüdischen Kultusgemeinden sind dabei den Religionsgesellschaften gleichgestellt. Für Kirchen oder Religionsgesellschaften, die nicht in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bzw. juristischen Personen des öffentlichen Rechts organisiert sind, gelten steuerliche Befreiungstatbestände, sofern der Gesetzgeber dies normiert hat. Zu nennen sind z.B. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b GrStG, § 3 Nr. 6 GewStG, § 4 Nr. 25 lit. a, § 4a Abs. 1 S. 1 UStG, § 13 Abs. 1 Nr. 16 lit. b ErbStG ggfs. i.V.m. §§ 51 ff. AO.1 Körperschaften des öffentlichen Rechts sind steuerpflichtig im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (s.o.), d.h. soweit sie sich außerhalb ihrer hoheitlichen Aufgabe am Markt betätigten. Auch im Bereich der evangelischen Kirche gibt es Betriebe gewerblicher Art. Ihre Besteuerung richtet sich nach den allgemein für die Betriebe gewerblicher Art geltenden Vorschriften. Es existiert allerdings kein Nachweis, wie viele Betriebe gewerblicher Art von den mehr als 15.500 kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts betrieben werden. Ein solcher Nachweis ist auch nicht möglich, da Betriebe keine dauerhafte Einrichtung darstellen müssen. So ist z.B. der Basar einer Kirchengemeinde für ein aktuelles Projekt ein Betrieb gewerblicher Art, der nur zur Unterstützung dieses Projektes durchgeführt wird. Ein anderes Beispiel ist die Unterhaltung eines Friedhofes; hier ist jedoch insofern zu trennen zwischen der hoheitliche Aufgabe der Bestattung und der gewerblichen Tätigkeit durch Übernahme der Grabpflege. Die Installation und der Betrieb einer Photovoltaikanlage – etwa auf dem Dach eines Kirchengebäudes - stellt dagegen nach Auffassung des FG Niedersachsen einen Betrieb gewerblicher Art einer Kirchengemeinde dar (v. 22.3.2010, 16 K 11189/08). Der Steuerabzug von im Gesetz definierten Kapitalerträgen wird nicht vorgenommen, sofern der Gesetzgeber dies in § 44a EStG bestimmt hat. So wird u.a. in Abs. 4 und 7 bestimmt, dass der Steuerabzug nicht vorzunehmen ist, sofern es sich beim Gläubiger der Kapitalerträge um eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts oder von der Körperschaftsteuer befreite inländische Körperschaft handelt. Da unter den Begriff der inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts auch kirchliche Körperschaften zu subsummieren sind (s.o.), gelten auch für sie diese Vorschriften. Die kirchlichen Versorgungswerke sind in der Regel Körperschaften öffentlichen Rechts. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 KStG sind allerdings Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig – das gilt dann auch für den kirchlichen Bereich. Aus Gründen der steuerlichen Förderung der Altersvorsorge hat der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG einige abschließend aufgezählte Tatbestände geschaffen, die zur Befreiung von der Körperschaftsteuer führen. Sofern ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit in kirchlicher Trägerschaft diese Voraussetzungen erfüllt, gelten für ihn die Befreiungstatbestände – wie für alle anderen - ebenfalls. Ist der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit eine von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaft , wird bei Kapitalerträgen vom Steuerabzug Abstand genommen, sofern die Voraussetzungen des § 44a EStG i.Ü. vorliegen. 1 Es werden nach § 52 AO gemeinnützige und nach § 53 AO mildtätige Zwecke steuerlich gefördert. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 6 1.2. Besteuerung der katholischen Kirche Kirchliche juristische Personen treten in unterschiedlichen Rechtsformen auf. Zunächst ist zwischen den kirchlichen juristischen Rechtspersonen des öffentlichen Rechts und den kirchlichen juristischen Rechtspersonen des Privatrechts zu unterscheiden: Zahlreiche kirchliche juristische Personen verfügen über einen öffentlich-rechtlichen Status. Im Wesentlichen lassen sich folgende drei Rechtsformen finden: Körperschaften des öffentlichen Rechts: Die Diözesen und Kirchengemeinden sowie manche Ordensgesellschaften oder Klöster verfügen über diesen Rechtsstatus. Auch die Zusammenschlüsse von Kirchengemeinden und der Verband der Diözesen Deutschlands sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt. Stiftungen des öffentlichen Rechts: Nach vorsichtigen Schätzungen existieren in der Bundesrepublik Deutschland ca. 20.000 öffentlich-rechtliche Stiftungen der katholischen Kirche. Diese Kirchenstiftungen sind teilweise als örtliche Kirchenstiftungen gegründet, teilweise dienen sie überörtlichen Zwecken und Aufgaben. Eine Sondersituation besteht für den bayerischen Rechtskreis . Hier liegt die Vermögensträgerschaft und -verwaltung auf örtlicher Ebene regelmäßig bei Kirchenstiftungen und nicht bei den Kirchengemeinden. Anstalten des öffentlichen Rechts: Hierzu zählt z. B. die katholische Soldatenseelsorge als Vermögensträger im Bereich der katholischen Militärseelsorge. Neben die öffentlich-rechtlich verfassten juristischen Personen der Kirche existieren kirchliche Umfeld- und Tochterorganisationen. Diese gelten als kirchlich, ohne selbst der Kirche institutionell eingeordnet zu sein. Die Zuordnung zur Kirche beruht nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien vor allem darauf, dass neben der kirchlichen Zwecksetzung der kirchlichen Autorität Einflussmöglichkeiten auf das Wirken dieser Organisationen zugestanden sind. Die kirchliche Zuordnung erfolgt ohne Rücksicht auf die Rechtsform. Demnach können rechtsfähige und nicht rechtsfähige Vereine, privatrechtliche Stiftungen, privatrechtliche Gesellschaftsformen (z.B. gGmbH) oder andere Rechtsformen grundsätzlich kirchliche Organisationen sein. Die steuerliche Behandlung dieser verschiedenen Vermögensträger knüpft größtenteils an die Rechtsform an, insofern siehe Kapitel 1.1. Auch vor Einführung der Abgeltungsteuer war von den inländischen Körperschaften, die von der Körperschaftsteuer befreit sind, keine Kapitalertragsteuer einzubehalten. Dies gilt auch fort, nachdem die Kapitalertragsteuer in eine Quellensteuer umgewandelt wurde, die Abgeltungsteuer genannt wird. Insoweit liegt keine spezielle Behandlung der kirchlichen Vermögensträger im Rahmen der sog. Abgeltungsteuer vor. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 7 1.3. Begründung für steuerliche Begünstigungen Steuerrechtlich sollen Steuern auf das Einkommen jene Steuersubjekte belasten, deren Tätigkeit auf die Erzielung von Einkommen, Gewinn bzw. Ertrag durch die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gerichtet ist. Soweit die Kirchen nicht an der Herstellung von wirtschaftlichen Gütern und der Erbringung von wirtschaftlichen Dienstleistungen beteiligt sind, können sie deshalb nicht steuerpflichtig sein.2 Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist der den Religionsgemeinschaften in Art. 137 Abs. 5 S. 2 WRV (im Kontext von Art. 140 GG) angebotene Status eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit. Der Status soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften unterstützen. Die korporierten Religionsgemeinschaften unterscheiden sich in einem Staat ohne Staatskirche oder Staatsreligion von den Körperschaften des öffentlichen Rechts im sonstigen Rechtsgebrauch: Sie nehmen keine Staatsaufgaben wahr, sind nicht in die Staatsorganisation eingebunden, unterliegen keiner staatlichen Aufsicht,3 sondern haben einen öffentlich-rechtlichen Status eigener Art. Zu den besonderen Rechten, die den Gemeinschaften verliehen werden, gehört u. a. das Recht zum Steuereinzug bei ihren Mitgliedern (Art. 137 Abs. 6 WRV). Der Gesetzgeber hat mit dem Körperschaftsstatus für Religionsgemeinschaften eine Reihe von Einzelvergünstigungen wie steuerliche Begünstigungen verbunden („Privilegienbündel“), um sie zu fördern.4 Die herrschende Meinung hält diese Begünstigungen für verfassungsresistent.5 Sie seien (negative) Staatsleistungen (vgl. Kapitel 4) im Sinne des Art. 138 Abs. 1 WRV.6 Die Leistungen des Staates stellten keine einseitigen Wohltaten des Staates dar, sondern Ausgleichszahlungen , auf die die Kirchen teilweise sogar Rechtsansprüche hätten. Die Steuerbefreiungen bedeuteten einen konkreten wirtschaftlichen Wert, auch wenn er nicht in einer direkten Geldleistung, sondern in einem bloßen Verzicht auf einen Steueranspruch bestehe. Sollten sie vom Schutz des Art. 138 Abs. 1 WRV ausgenommen sein, hätte dies ausdrücklich erwähnt werden müssen. Damit Staatsleistungen verfassungsrechtlich gewährleistet sind, müssen sie darüber hinaus Bestandteil der historisch gewachsenen finanziellen Beziehungen zwischen Staat und Kirche sein. Die Freiheit der Kirchen von staatlichen Abgaben lässt sich bis ins Mittelalter verfolgen. Diejenigen, die Steuerbegünstigungen nicht in den Schutzbereich des Art. 138 Abs. 1 WRV stellen, führen u. a. an, dass die Steuerbegünstigungen entgegen der Intention der Verfassung die finanzielle Belas- 2 Hammer, Gerhard: Steuer- und Gebührenbefreiungen der Kirchen, in: Listl, Joseph; Pirson, Dietrich (Hrsg.): Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, 1994, S. 1065. 3 Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 19. Dezember 2000, 2 BvR 1500/97. 4 Bundesministerium des Innern: Rechtsfolgen des Status der Körperschaft öffentlichen Rechts für Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, unter: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Standardartikel/DE/Themen/PolitikGesellschaft/ohneMarginalspalte/Rec htsfolgen_der_Koerperschaftsanerkennung.html?nn=268184, abgerufen am 27. Juli 2010. 5 Czermak, Gerhard: Die Ablösung der historischen Staatsleistungen an die Kirchen, in: Die öffentliche Verwaltung 2004, S. 112. 6 „Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst. 2Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 8 tung des Staates auf der einen und die finanzielle Abhängigkeit der Religionsgemeinschaften auf der anderen Seite erhöhen.7 Sofern Kirchen oder Religionsgemeinschaften steuerlich auf Grundlage von § 51ff. AO begünstigt werden, geschieht das vor dem Hintergrund der Anerkennung der Unterstützung und Entlastung des Staates. Es wird davon ausgegangen, dass die Mittel zweckgerichtet ausschließlich für Aufgaben verwendet werden, die ansonsten dem Gemeinwesen zur Last fallen würden. Der Staat müsste in weit größerem Umfang Steuern einsetzen als dies durch die Steuerbegünstigungen geschieht . Das Aufkommen der Besteuerung ideell tätiger Körperschaften wäre ohnehin sehr begrenzt , weil, wie oben erläutert, allein die Vermögensverwaltung und wirtschaftliche Geschäftsbetriebe dem Tatbestand der Einkommenserzielung unterfielen.8 1.4. Gegenwert der Steuerbefreiungen Der monetäre Wert der Steuer- und Abgabenbefreiungen konnte bisher nicht „auch nur annäherungsweise “ ermittelt werden.9 1.5. Parlamentarische Debatten zu den Steuerbefreiungen In der 16. Wahlperiode wurden im Deutschen Bundestag keine Debatten zur Steuerbefreiung der Kirchen geführt. 2. Kapitalvermögen 7 Axer, Peter: Die Steuervergünstigungen für die Kirchen im Staat des Grundgesetzes, in: Archiv für katholisches Kirchenrecht, 156. Band 1987, S. 461ff. 8 Koenig, in Pahlke/Koenig: Kommentar zu § 51 Abgabenordung 2009, Randnummer 2. 9 Haupt, Johann-Albrecht: Ewige Rente für die Kirchen?, in: vorgänge, Heft 1/2010, S. 86. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 9 Für folgende drei Bistümer wurden die öffentlich zugänglichen Daten zusammengetragen: Das Erzbistum Köln veröffentlicht im Internet für 2010 sonstige Einnahmen (z. B. aus dem Betrieb von Bildungshäusern sowie Mieten, Pachten und Zinserträge) in Höhe von 78 062 057 Euro. Das Erzbistum Berlin geht in seinem Haushaltsplan 2010 von „Einnahmen aus Kapitalien und Beteiligungen, Einnahmen aus Grundvermögen“ in Höhe von 1 754 400 Euro aus.10 Das Bistum Rottenburg-Stuttgart hat in seinem Haushaltsplan 2009/2010 unter sonstigen Einnahmen Zinseinnahmen in Höhe von 5,6 Mio. Euro veranschlagt.11 10 Erzbistum Berlin: Haushalt 2010, Einnahmen, unter: http://www.erzbistumberlin.de/erzbistum/haushalt/einnahmen/, abgerufen am 30. Juli 2010. 11 Diözese Rottenburg-Stuttgart: Haushaltsplan 2009/2010, unter: http://www.drs.de/fileadmin/09_Bilder/Dioezese_in_Zahlen/DHH_2009_2010.pdf, S. 19, abgerufen am 30. Juli 2010. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 10 2.3. Angaben aus der Literatur Untersuchungen, die sich mit dem Vermögen der Kirchen auseinandersetzen, beziehen sich vor allem auf die Darstellungen von Carsten Frerk in seinem 2002 erschienenen Buch „Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland“. Allerdings weist er selber darauf hin, dass er auf Schätzungen angewiesen ist und dass sich in der Bewertung des Vermögens auch unveräußerliche Kirchengebäude befinden. Aus den verschiedenen Literaturquellen ergeben sich folgende Werte: Das Gesamtvermögen der kirchlichen Institutionen Deutschlands schätzt Frerk auf 350 bis 500 Mrd. Euro.12 Darunter soll sich kapitalisierbares Vermögen in Höhe von 351 Mrd. Euro befinden .13 Der kommerzialisierbare Grund- und Immobilienbesitz soll sich auf 298 Mrd. DM belaufen .14 Die zur katholischen Kirche gehörenden Institutionen allein verfügten über ein Vermögen von 270 Mrd. Euro.15 Die laufenden Erträge aus dem gesamten Kirchenvermögen deckten 15 Prozent der Einnahmen.16 Das Vermögen der Kirchenbanken liege bei 16 Mrd. Euro, jedem Euro bei diesen Geldhäusern stünden aber Stichproben zufolge drei weitere bei „weltlichen“ Instituten gegenüber, sodass sich ein Vermögen von knapp 65 Mrd. Euro ergebe. 1993 hätten die katholische und die evangelische Kirche 2,6 Mrd. Euro aus Kapitalvermögen offengelegt. Bei einer Verzinsung von fünf Prozent liege dem ein Kapitalvermögen von rund 52 Mrd. Euro zugrunde.17 Schwarz veranschlagt in einer Untersuchung aus dem Jahr 2005 das Gesamtvermögen der Kirchen auf rund 500 Mrd. Euro. Nach seinen Schätzungen erzielen die Kirchen mit ihren 1,3 Mio. Beschäftigten einen jährlichen Umsatz in Höhe von 125 Mrd. Euro. Die Bilanzsumme der Kirchenbanken belaufe sich auf fast 30 Mrd. Euro.18 Nach einer weiteren Quelle wird das angelegte Kapital der Kirchen in Deutschland auf 100 Mrd. Euro geschätzt.19 12 Knauer, Sebastian; Neumann, Conny; Schwarz, Ulrich; Wensierski: Das Kreuz mit dem Geld, in: DER SPIEGEL vom 11. Oktober 2004, S. 64. 13 Fabianek, Birgit-Sara; Seiterich-Kreuzkamp, Thomas: Und vergib uns unsere Schulden, Oberursel 2006, S. 39. 14 Czermak, Gerhard: Die Ablösung der historischen Staatsleistungen an die Kirchen, in: Die öffentliche Verwaltung 2004, S. 114. 15 Kröger, Michael: Der geheime Milliardenschatz des Klerus, SPIEGEL ONLINE vom 6. April 2010, unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,686793,00.html, abgerufen am 27. Juli 2010. 16 Dowideit: Anette: Soziale Wirtschaftsmacht – Die katholische Kirche ist mit 125 Mrd. Euro Umsatz eines der größten Unternehmen Deutschlands, in: Die Welt vom 18. August 2005, S. 12. 17 Kröger, Michael: Der geheime Milliardenschatz des Klerus, SPIEGEL ONLINE vom 6. April 2010, unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,686793,00.html, abgerufen am 27. Juli 2010. 18 Schwarz, Friedhelm: Wirtschaftsimperium Kirche, Frankfurt/New York 2005, S. 13 und 73f. Das Zitat über das Gesamtvermögen stammt aus der Zeitung Welt am Sonntag. 19 Katzensteiner, Thomas; Klesse, Hans-Jürgen; Welp, Cornelius: Ein Viertelprozent mehr, in: Wirtschaftswoche Nr. 51 vom 14. Dezember 2009, S. 66. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 11 3. Kirchensteuereinnahmen Tabelle 1: Kirchensteuereinnahmen in den Jahren 2000 bis 2009 in 1 000 Euro20 Jahr evangelisch Katholisch (inkl. Verwaltungskosten ) 2000 4 249 982 4 685 228 2001 4 080 630 4 499 832 2002 4 069 649 4 443 321 2003 4 012 489 4 498 911 2004 3 689 383 4 158 455 2005 3 649 815 4 106 651 2006 3 883 508 4 387 534 2007 4 198 818 4 804 123 2008 4 585 500 5 224 802 2009 4 359 900 4 903 000 (abzüglich Verwaltungskosten) 4. Staatsleistungen Staatsleistungen im engen Sinne haben ihre Grundlage darin, dass im Rahmen der Säkularisierung kirchliche Güter, namentlich im Reichsdeputationshauptschluss im Jahre 1803, umfangreich enteignet wurden. Diese Güter sind meistenteils noch heute in staatlichem Eigentum. Damals übernahmen die Landesherren zugleich die Verpflichtung, die Besoldung und Versorgung der Pfarrer - sofern erforderlich - sicherzustellen. Es handelt sich also um eine Art von Pachtersatzleistungen . Diese Staatsleistungen sind daher durch Artikel 140 des Grundgesetzes mit dem dadurch geltenden Artikel 138 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung verfassungsrechtlich verbürgt. Für die vor dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung im Jahre 1919 begründe- 20 Statistisches Bundesamt: Statistische Jahrbücher 2002 bis 2009; Zahlen der evangelischen Kirche für 2009: Evangelische Kirche Deutschlands: Kirchensteuer 2009, unter: http://www.ekd.de/kirchenfinanzen/815.php, abgerufen am 13. Juli 2010; Zahlen der katholischen Kirche für 2009: Deutsche Bischofskonferenz: Katholische Kirchensteuer 1991 bis 2009 im gesamten Bundesgebiet (Nettoaufkommen), Tabelle, unter: http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/Zahlen%20und%20Fakten/Kirchensteuer/Kirchensteuer_1991- 2009.pdf, abgerufen am 14. Juli 2010. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 12 ten Staatsleistungspflichten besteht ein Ablösungsauftrag für den Staat. Die regelmäßigen Zahlungen sollen gegen eine angemessene Entschädigung aufgehoben werden. Da diese Ablösung in Form der endgültigen einseitigen Aufhebung der Staatsleistungen eine erhebliche Einmalleistung bedeuten würde, ist es bisher nicht dazu gekommen.21 Alle Bundesländer haben Kirchenverträge und Konkordate mit den christlichen Kirchen abgeschlossen, in denen sie den Kirchen in der Regel beitragsmäßig die Staatsleistungen zusichern. Die kontinuierliche Erhöhung nach Maßgabe der Entwicklung der Beamtenbesoldung wird festgeschrieben.22 Tabelle 2: Staatsleistungen der Länder an die evangelische und katholische Kirche ab 2000 (nach den Ansätzen der Haushaltspläne der Länder. Angaben bis 2001 in Mio. DM, ab 2002 in Mio. Euro)23 Land 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Baden- Württemberg 185,7 193,8 100,0 101,3 96,7 99,3 100,5 97,5 98,9 98,9 Bayern 160,9 164,4 83,0 85,2 85,3 80,3 80,7 81,4 81,7 86,7 87,2 Berlin 22,5 22,4 11,7 11,7 11,7 11,7 10,5 10,5 10,6 10,6 Brandenburg 18,8 18,8 10,3 10,5 10,7 10,8 11,0 11,1 11,1 11,2 11,3 Hessen 76,9 78,3 40,6 41,3 40,6 41,9 41,7 41,7 42,0 43,1 Mecklenburg- Vorpommern 17,3 17,8 9,2 9,4 9,5 9,7 9,5 9,5 9,6 9,8 11,0 Niedersachsen 71,7 73,0 37,5 38,3 37,5 36,5 36,5 37,3 37,4 38,2 39,1 Nordrhein- Westfalen 39,0 38,6 20,1 20,3 20,3 20,3 20,5 20,5 20,5 20,7 21,0 Rheinland- Pfalz 84,8 86,1 44,4 44,9 44,8 44,6 44,6 47,1 47,8 47,8 48,4 Saarland 1,1 1,1 0,6 0,6 0,6 0,6 0,7 0,6 0,6 0,7 Sachsen 34,0 34,2 18,3 18,8 19,1 20,1 20,5 20,1 19,8 19,3 20,5 Sachs.-Anhalt 45,1 45,2 23,0 23,6 24,5 25,3 26,3 24,7 25,2 26,3 28,7 21 Evangelische Kirche Deutschland: Staatsleistungen, unter: http://www.ekd.de/kirchenfinanzen/528.html, abgerufen am 26. Juli 2010. 22 Haupt, Johann-Albrecht: Ewige Rente für die Kirchen? in: vorgänge Heft 1/2010, S. 88. 23 Haupt, Johann-Albrecht: Ewige Rente für die Kirchen? in: vorgänge Heft 1/2010, S. 87. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 13 Land 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Schleswig- Holstein 21,5 21,8 11,1 11,4 11,3 11,5 11,6 11,1 11,3 11,5 12,0 Thüringen 35,5 33,6 18,0 18,2 19,1 18,9 19,2 19,5 18,7 19,1 Summe 814,8 829,1 427,8 438,2 431,7 431,5 433,8 432,6 435,2 443,9 Exemplarisch sind die Werte von drei Bistümern genannt: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 15 Das Erzbistum Köln geht für 2010 bei einer Steigerungsrate von 2,5 Prozent von Personalkosten in Höhe von 266 921 727 Euro aus. Darin nicht enthalten sind Personalkosten in Form von Zuweisungen vor allem an Gemeinden und die Caritas für Küster und Sekretariate.24 Das Erzbistum Berlin hat in seinem Haushaltsplan 2010 Personalkosten in Höhe von 82 352 700 Euro veranschlagt. Das Bistum Rottenburg-Stuttgart hat für 2009 Personalkosten in Höhe von 177 263 400 Euro ausgewiesen ,für 2010 sind 183 867 500 Euro angesetzt.25 6. Aufstellung der Haushaltspläne 6.1. Mitspracherecht in der evangelischen Kirche In der evangelischen Kirche entscheiden die Synoden, Kirchenvorstände, Gemeindekirchenräte oder Presbyterien über die Verwendung der kirchlichen Mittel ("Etathoheit"). Dazu werden alljährlich Haushaltspläne von und für jede einzelne kirchliche Körperschaft erstellt. Erst der Beschluss des zuständigen Gremiums über den Haushalt (bei Landeskirchen in einem besonderen Haushaltsgesetz) legitimiert den Einsatz der finanziellen Mittel. Bestandteil der Haushaltspläne sind auch Stellen- bzw. Stellenbesetzungspläne. Damit sind die wichtigsten zukünftigen Kosten (wegen der langfristigen Bindungswirkung von Personalkosten) Bestandteil der Beschlüsse. Kirchliche Haushaltspläne sind zu veröffentlichen und/oder zur Einsicht auszulegen. Im Zuge der Novellierung des kirchlichen Rechnungswesens soll der Haushaltsplan künftig durch das Haushaltsbuch abgelöst werden. Bei der Darstellung der kirchlichen Arbeitsbereiche sind im Haushaltsbuch jeweils auch die Ziele der kirchlichen Arbeit zu beschreiben und Ausgaben zur Zielerreichung zu machen sowie die dafür zu erbringenden Leistungen und der erforderliche Ressourceneinsatz darzustellen.26 6.2. Mitspracherecht in der katholischen Kirche 24 Erzbistum Köln: Wirtschaftsplan 2010, unter: http://www.erzbistumkoeln .de/erzbistum/bistumsverwaltung/hauptabteilungen/finanzen/kirchensteuer/wirtschaftsplan/, abgerufen am 30. Juli 2010. 25 Diözese Rottenburg-Stuttgart: Haushaltsplan 2009/2010, unter: http://www.drs.de/fileadmin/09_Bilder/Dioezese_in_Zahlen/DHH_2009_2010.pdf, S. 2322, abgerufen am 30. Juli 2010. 26 Evangelische Kirche Deutschland: Haushalt, unter: http://www.ekd.de/kirchenfinanzen/532.html, abgerufen am 26. Juli 2010. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 16 Ein weiteres Gremium der Finanzverwaltung auf der Ebene der Diözese ist der Kirchensteuerrat bzw. die Kirchensteuervertretung. Mittlerweile bestehen in allen Diözesen solche Gremien. Grundlage sind eigene kirchliche Regelungen. Das Gremium besteht mehrheitlich aus frei gewählten Kirchensteuerpflichtigen und damit aus Laien. Es hat u. a. die Aufgabe, den Haushalt zu beschließen, die Jahresrechnung zu genehmigen und die Höhe der Kirchensteuer festzusetzen. Gegen Beschlüsse dieses Gremiums, dem der Ortsbischof nicht angehört, kann dieser nach den jeweiligen diözesanen Bestimmungen Einspruch einlegen. Die Zusammensetzung der jeweiligen Räte ist in den einzelnen Diözesen unterschiedlich, sie richtet sich u. a. nach dem Entstehungszeitpunkt der Räte. So setzt sich beispielsweise die sog. Diözesansteuervertretung des Bistums Rottenburg-Stuttgart aus dem Bischof oder seinem Vertreter , dem Generalvikar, die zehn Vertreter der Regionen sowie fünf Vertretern der Pfarrer und Pfarrverweser im Diözesanpriesterrat, die gewählten Laienvertreter aus den Dekanaten, die sieben Vertreter der Arbeitsgemeinschaft katholischer Organisationen und Verbände der Diözese, zwei Vertreterinnen der Arbeitsgemeinschaft der weiblichen Ordensgemeinschaft der Diözese sowie die zwei Vertreter der katholischen ausländischen Mitbürger zusammen. Der Diözesanbischof kann den Haushaltsplan an den Diözesanrat zur erneuten Beratung zurückverweisen. Der Beschluss wird aber ohne Zustimmung des Bischofs rechtskräftig, wenn er von zwei Dritteln der Mitgliedern bestätigt wird.27 27 Jurina, Josef: Die Kirchsteuerräte der deutschen Diözesen, in: Wilhelm Rees, Sonderdruck aus Recht in Kirche und Staat, Berlin 2004. S. 683ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 17 7. Steuerliche Abzugsmöglichkeit der Kirchensteuern und weiterer Beiträge Nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 kann die gezahlte Kirchensteuer als Sonderausgabe unbeschränkt vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Damit sollen anerkannte Religionsgemeinschaften und ihnen gleichgestellte Religionsgemeinschaften aus kirchen- und sozialpolitischen Erwägungen begünstigt werden. Verfassungsrechtlich wird der Abzug der Kirchensteuer mit Art. 3 und 4 GG begründet. Ein für der Kirchensteuer verwendetes Einkommen steht nicht mehr zur Verfügung und kann deshalb nicht mit Einkommensteuer belastet werden. Eine derartige Doppelbesteuerung verstößt gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und benachteiligt die Mitglieder einer Religionsgemeinschaft gegenüber Nichtmitgliedern derart, dass Art. 4 Abs. 1 GG (Benachteiligungsverbot) verletzt ist.28 Für den Staat ergeben sich durch den Abzug folgende Mindereinahmen (in Mio. Euro)29: Tabelle 4: Steuermindereinnahmen durch Abzugsmöglichkeit der Kirchensteuer Jahr insgesamt darunter Bund 2000 3 480 1 480 2001 3 200 1 360 2002 3 350 1 420 2003 3 600 1 530 2004 3 200 1 360 2005 3 000 1 275 2006 3 100 1 320 2007 3 070 1 305 2008 3 150 1 339 2009 2 940 1 250 2010 2 790 1 186 28 Axer, Peter: Die Steuervergünstigungen für die Kirchen im Staat des Grundgesetzes, in: Archiv für katholisches Kirchenrecht, 156. Band 1987, S. 483f. 29 Bundesregierung: 18. Subventionsbericht, Bundestags-Drucksache 14/6748, S. 107; 19.:15/1635, S. 113; 20.: 16/1020, S. 111; 21.: 16/6275, S. 94; 22.: 17/465, S. 79. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 18 Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 AO können nach § 10b Abs. 1 Nr. 1 EStG insgesamt bis zu 20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte oder in Höhe von 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter als Sonderausgaben abgezogen werden. Das Finanzamt muss von Amts wegen den höheren Betrag zugrunde legen. Vom Abzug ausgenommen sind Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die den Sport, kulturelle Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, die Heimatpflege und Heimatkunde oder beispielsweise Tier- oder Pflanzenzucht fördern.30 Spenden können nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden. Spenden sind Ausgaben, die von Steuerpflichtigen freiwillig und ohne Gegenleistung zur Förderung der gesetzlich festgelegten Zwecke geleistet werden. Für ihre Abgrenzung von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten ist allein die Motivation des Zuwendenden entscheidend (BFH vom 9. August 1989, I R 4/84 und BFH vom 12. September 1990, I R 65/86). Umstritten ist die Frage, ob der Spendenabzug als negative Staatsleistung durch Art. 138 Abs. 1 WRV verfassungsrechtlich abgedeckt ist. Die Gegner stellen darauf ab, dass der Staat selbst einen Vermögensvorteil gewähren muss. Die Befürworter argumentieren, dass die mittelbare Privilegierung eines Dritten, in diesem Fall des Spenders, ausreiche. Denn der Wegfall der Abzugsmöglichkeit wirke direkt auf die Finanzen der Kirchen, indem sich die Einnahmen aus Spenden verringerten . Darüber hinaus gab es, wenn auch mit Friktionen und Unterschieden, bereits vor 1919 eine steuerrechtliche Begünstigung für Spenden Dritter an die Kirchen, sodass von einem historisch gewachsenen System der finanziellen Beziehungen zwischen Staat und Kirche gesprochen werden kann.31 Zuwendungen an politische Parteien im Sinne des § 2 des Parteiengesetzes sind bis zur Höhe von insgesamt 1 650 Euro und im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten bis zur Höhe von insgesamt 3 300 Euro im Kalenderjahr als Sonderausgaben abzugsfähig (§ 10bAbs. 2 EStG). Sie können jedoch nur insoweit abgezogen werden, als für sie nicht eine Steuerermäßigung nach § 34g EStG gewährt worden ist. Nach dieser Vorschrift wird die tarifliche Einkommensteuer um 50 Prozent der Zuwendungen an politische Parteien gekürzt, höchstens jeweils 825 Euro (Zusammenveranlagung 1 650 Euro). Die Regelung des § 34g EStG soll die Bereitschaft fördern, politische Parteien finanziell zu unterstützen . Die Höhe der Ermäßigungen ist progressionsunabhängig und dient der Chancengleichheit der politischen Vereinigungen. Es beugt zudem der Gefahr vor, dass Einkommensteu- 30 Die analoge Vorschrift im Körperschaftsteuergesetz lautet: Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung sind bis zur Höhe von insgesamt 20 Prozent des Einkommens oder 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter abziehbar (§9 Abs. 1 Nr. 2 KStG). 31 Axer, Peter: Die Steuervergünstigungen für die Kirchen im Staat des Grundgesetzes, in: Archiv für katholisches Kirchenrecht, 156. Band 1987, S. 475ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 – 3000 - 188/10 Seite 19 erpflichtige mit höherem Einkommen einen größeren Einfluss auf den Prozess der politischen Willensbildung erlangen als andere Bürger.32 Gewerkschaftsbeiträge stellen Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 EStG dar. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind in voller Höhe bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Speziell zur Frage der Leistungen an Gewerkschaften bestätigte der Bundesfinanzhof, dass Aufgabe der Gewerkschaften die Verbesserung der Arbeits- und Lohnbedingungen ihrer Mitglieder sei. Diese Art der Interessenvertretung sei neben der individuellen Leistung im Beruf das wirksamste Mittel zur Erzielung von Einkommenssteigerungen des Arbeitnehmers. Auch wenn die erzielten Vorteile allen betroffenen Arbeitnehmern zugute kämen, sei der innere und enge wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Aufwendungen und beruflichem Vorteil, den§ 9 Abs. 1 Nr. 3 EStG unterstellt, gewährleistet (BFH vom 28.11.1980, VI R 193/77). 32 Hofmeister, Ferdinand, in: Blümich, Kommentar zur Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer, unter: http://beckonli - ne.beck.de/Default.aspx?vpath=bibdata%2Fkomm%2FBluemich_105%2FEStG%2Fcont%2FBluemich.EStG.P3 4g.T4.htm, abgerufen am 23. Juli 2010.