© 2018 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 176/18 Steuerbefreiung für Anschlussgebühren bei Schmutzwasser- Sammelanlagen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 176/18 Seite 2 Steuerbefreiung für Anschlussgebühren bei Schmutzwasser- Sammelanlagen Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 176/18 Abschluss der Arbeit: 16. November 2018 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 176/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Erstmalige Herstellung von Schmutzwasseranlagen als haushaltsnahe Dienstleistung? 4 2.1. BFH-Urteil vom 20.3.2014 4 2.2. BFH-Urteil vom 21.2.2018 5 3. Zusammenfassung 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 176/18 Seite 4 1. Fragestellung Der Auftraggeber erkundigt sich nach den rechtlichen Möglichkeiten für den Grundstückseigentümer die Gebühr für die erstmalige Herstellung einer zentralen öffentlichen Schmutzwasseranlage steuermindernd geltend zu machen. 2. Erstmalige Herstellung von Schmutzwasseranlagen als haushaltsnahe Dienstleistung? In der Rechtsprechung wird die steuermindernde Absetzbarkeit von Gebühren zur erstmaligen Herstellung einer zentralen öffentlichen Schmutzwasseranlage vor allem im Hinblick auf die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen in § 35a Einkommensteuergesetz (EStG) diskutiert. Hierbei ist insbesondere das Vorliegen eines räumlich-funktionalen Zusammenhanges gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 EStG umstritten. Das Finanzgericht Sachsen1 ging bspw. davon aus, dass es sich bei dem in Rechnung gestellten Baukostenzuschuss für die „Herstellung einer Mischwasserleitung“ um Aufwendungen der Steuerpflichtigen für den Hausanschluss an das öffentliche Versorgungsnetz handele. Zur Begründung verwies das Finanzgericht zudem auf die BFH-Entscheidung vom 20.3.20142. 2.1. BFH-Urteil vom 20.3.2014 Darin hatte der Bundesfinanzhof (BFH) die räumlich-funktionale Auslegung des Tatbestandsmerkmals „im Haushalt“ des § 35a EStG betont. Die Grenzen des Haushalts im Sinne des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG würden nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenze abgesteckt. „Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen .“3 Hiervon sei insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen werde. Zwar handele es sich bei Hausanschlüssen um Betriebsanlagen des Wasserversorgungsunternehmens . Gleichwohl sei der Hausanschluss insgesamt und damit auch, soweit er im öffentlichen Straßenraum verläuft, zum Haushalt i.S. des § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG zu zählen. Denn über diesen werde der auf dem Grundstück gelegene Haushalt des Steuerpflichtigen über das öffentliche Versorgungsnetz mit den für eine Haushaltsführung notwendigen Leistungen der Daseinsfürsorge versorgt. Ein Hausanschluss stelle sich damit als notwendige Voraussetzung eines Haushalts dar. „Werden die Hausanschlusskosten seitens des Zweckverbandes durch Bescheide über Kostenersatzbeträge festgesetzt, kann das Finanzgericht grundsätzlich die begünstigten Arbeitskosten 1 FG Sachsen , Urteil vom 12.11.2015, Az: 8 K 194/15 2 BFH, Urteil vom 20.3.2014, Az: VI R 56/12, BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882, 3 BFH, Urteil vom 20. März 2014 – VI R 56/12 –,Rn. 15 (juris) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 176/18 Seite 5 schätzen.“4 Der BFH hat die vom Finanzgericht in der Vorinstanz vorgenommene Aufteilung der Gesamtkosten mit 60% Arbeits- und 40% Materialkosten nicht beanstandet. 2.2. BFH-Urteil vom 21.2.2018 In seinem Urteil vom 21.2.2018 hat der BFH die Voraussetzungen einer Steuermäßigung gemäß § 35a EStG dagegen für den Anschluss an das öffentliche Wasser-Verteilungs- oder Sammelnetz verneint. „Anders als der Haus- oder Grundstücksanschluss ist das öffentliche Wasser-Verteilungs - oder Sammelnetz nicht mehr zum Haushalt im Sinne des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG zu zählen . Insoweit fehlt es an einem räumlich-funktionalen Zusammenhang der Leistung mit dem Haushalt des einzelnen Grundstückseigentümers, da die Zahlung für den Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes erfolgt, das – im Unterschied zum Hausanschluss – nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern vielmehr allen Nutzern des Versorgungsnetzes zugutekommt .“5 3. Zusammenfassung Nach der Rechtsprechung des BFH ist „zwischen Handwerkerleistungen, welche das öffentliche Wasserverteilungs- oder Sammelnetz betreffen, und jenen Handwerkerleistungen, mit denen der Haushalt an das öffentliche Versorgungsnetz durch Wasseranschlüsse, Abwasser, Elektrizität, aber auch durch eine Zulegung an das öffentliche Straßennetz angeschlossen werden soll, zu unterscheiden .“6 Nur für den direkten Anschluss des Haushalts kann die Steuerermäßigung des § 35a EStG in Anspruch genommen werden. „Sollte eine Leistung abgerechnet werden, die sowohl begünstigte als auch nicht begünstigte Handwerkerleistungen umfasst, können die begünstigten Leistungen steuerlich wohl nur berücksichtigt werden, wenn in den Rechnungen eine entsprechende Aufteilung und Zuordnung der Kosten vorgenommen wird.“7 Die fehlende Aufteilung der Material- und Arbeitskosten im Gebührenbescheid kann dagegen durch Schätzung der Kostenverteilung nachgeholt werden und stellt kein Hindernis für die Gewährung der Steuerermäßigung dar. *** 4 BFH, Urteil vom 20. März 2014 – VI R 56/12 –, dritter Orientierungssatz (juris) 5 BFH, Urteil vom 21.2.2018, Az: VI R 18/16, Rn. 19 (juris) 6 Dorn/Riel: „BFH zu Handwerkerleistungen „im Haushalt““ in: NWB 46/2018, S. 3376-3385 (3381 f.) 7 Dorn/Riel: ebenda