© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 167/19 Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Geldwäsche in Deutschland und Großbritannien Verwaltungsstrukturen und verfassungsrechtliche Aspekte einer Kompetenzneuordnung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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Weitere Regelungen zur Bekämpfung der Steuervermeidung in Großbritannien 8 5. Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 9 5.1. Organisation der Zollverwaltung 9 5.2. „Financial Intelligence Unit“ (FIU) 10 5.3. Zollamtliche Überwachung des Barmittelverkehrs 12 5.4. Zollfahndungsdienst 12 5.5. Aufsichtsbehörden 13 5.6. Transparenzregister 14 5.7. Zuständigkeiten bei der Strafverfolgung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 14 5.8. Internationale Institutionen und Gremien 15 5.8.1. EU 16 5.8.2. Financial Action Task Force (FATF) 16 5.8.3. Europarat 17 6. Steuerfahndung 17 6.1. Bundesfinanzverwaltung 17 6.2. Zuständigkeit des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) 18 6.2.1. Country-by-Country Reporting (CbCR) 18 6.2.2. Common Reporting Standard (CRS) 18 6.2.3. Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen 19 6.2.4. Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA) 19 6.3. Landesfinanzbehörden 20 6.3.1. Risikokontrolle durch Steueraufsicht 20 6.3.1.1. Niedersachsen 21 6.3.1.2. Schleswig-Holstein 21 6.3.1.3. Bremen 22 6.3.1.4. Hamburg 22 6.3.1.5. Mecklenburg-Vorpommern 22 6.3.1.6. Saarland 22 6.3.1.7. Bayern 22 6.3.1.8. Baden-Württemberg 23 6.3.1.9. Hessen 24 6.3.1.10. Sachsen 24 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 4 6.3.1.11. Nordrhein-Westfalen 25 6.3.2. Länderübergreifende Koordination und Vernetzung 26 6.4. Internationale Kooperation 26 6.4.1. Standard für den internationalen Informationsaustausch „Auf Anfrage“ 26 6.4.2. Standard für einen automatischen Informationsaustausch über Finanzkonteninformationen 26 6.4.3. BEPS-Projekt 27 6.4.4. Bekämpfung von Steuerkriminalität 27 7. Strukturen im Kampf gegen Steuerbetrug und Finanzkriminalität in Großbritannien 28 7.1. Überblick 28 7.2. Strategischer Ansatz des HMRC 29 7.3. Befugnisse des HMRC 30 7.4. HMRC´s bedarfsgerechter Ansatz 30 7.4.1. Kleine und mittlere Unternehmen und Einzelpersonen 31 7.4.2. Vermögende Privatpersonen 31 7.4.3. Große Unternehmen 31 7.4.4. Ansatz der britischen Regierung im Bereich von Steuervermeidungsmodellen 32 7.4.5. Ansatz der britischen Regierung im Bereich von Off-Shore Strukturen 33 7.4.6. Weitere geplante Maßnahmen 34 8. Verfassungsrechtliche Vorgaben und Möglichkeiten für eine Funktionsverlagerung der Steuerfahndung an den Bund 34 8.1. Verfassungsrechtliche Vorgaben aus Art. 108 GG 34 8.2. Einfachgesetzliche Abweichungsmöglichkeiten für eine erweiterte Bundeszuständigkeit 35 9. Datenübermittlung zwischen den Ländern und an andere europäische Mitgliedsstaaten 37 9.1. Datenübermittlungsbefugnisse zwischen den Landesfinanzbehörden 37 9.2. Mitteilungspflichten von anderen Behörden zu Steuerstraftaten 38 9.3. Datenübermittlungsbefugnisse an EU-Behörden und andere Mitgliedsstaaten 38 9.3.1. Mitteilungen in Steuerstrafsachen 38 9.3.2. Mitteilungen zu (Verdachts-)Fällen der Geldwäsche 40 10. Grundgesetzänderungen zur Umsetzung von Kompetenzverlagerungen an den Bund 40 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 5 1. Fragestellung Gefragt wurde nach einer Sondereinheit in Großbritannien, die ähnliche Aufgaben wahrnimmt wie die aktuell vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) geplante Task Force gegen Steuervermeidung und Finanzkriminalität in Deutschland . Die Auftraggeberin möchte die organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen hierzu in Großbritannien und Deutschland vergleichsartig dargestellt bekommen. Ferner sollen die rechtlichen Möglichkeiten für Kooperationen zwischen Landes- und Bundesbehörden sowie für Aufgabenverlagerungen an den Bund in diesem Themenfeld aufgezeigt werden. 2. Britische Task Force gegen Steuervermeidungsmodelle unter DOTAS Nach vorliegenden Informationen der britischen Parlamentsverwaltung bezieht sich die Frage auf die Regelungen unter der Bezeichnung "Disclosure of Tax Avoidance Schemes" (DOTAS), d. h. Regelungen zur Offenlegung von Steuervermeidungsmodellen. Diese wurden im Jahr 2004 eingeführt und im Laufe der Jahre ausgeweitet, um mehr Steuerarten und Vermeidungsmodelle einzubeziehen . Die Steuer- und Zollbehörde des Vereinigten Königreichs (HM Revenue & Customs (HMRC)) definiert dabei Steuervermeidung als Nutzung der Steuergesetze in der Art, dass ein Steuervorteil erlangt wird, den das Parlament nie beabsichtigte. Gemäß der Regelungen unter DOTAS sind Berater, die Modelle zur Steuervermeidung verkaufen, verpflichtet, über jedes neue Steuervermeidungsmodell, das sie Steuerzahlern anbieten, die HMRC zu informieren. Jedes Steuervermeidungsmodell erhält eine Referenznummer, die von den Steuerzahlern in ihrer Steuererklärung angegeben werden muss. Die HMRC verwendet diese Informationen , um die Inanspruchnahme von Steuervermeidungsmodellen zu verfolgen, aber auch um einzelne Modelle vor Gericht anzufechten. Letzteres erfolgt, wenn die Steuerbehörde zu der Auffassung gelangt ist, dass das genannte Modell anders funktioniert als der Berater behauptet oder um unbeabsichtigte Gesetzeslücken zu schließen, die einige Steuervermeidungsmodelle auszunutzen versuchen. Die gesamten DOTAS-Regelungen1 beziehen sich auf verschiedene Steuerarten, die sich wiederum auf Regelungsbereiche unter den folgenden Bezeichnungen verteilen: VADR (Umsatzsteuer, vor 1. Januar 2018) DASVOIT (Umsatzsteuer und andere indirekte Steuern, ab 1. Januar 2018) DOTAS Für den DOTAS genannten Regelungsbereich werden die folgenden Steuerarten aufgelistet: Einkommensteuer Körperschaftsteuer Kapitalertragsteuer Grunderwerbsteuer Erbschaftsteuer Annual Tax on Enveloped Dwellings (Steuer für Unternehmen, die Immobilien im Wert von über 1 Million Britische Pfund (GBP) besitzen) 1 Vgl. https://www.gov.uk/guidance/disclosure-of-tax-avoidance-schemes-overview, abgerufen am 5. Februar 2020. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 6 Sozialversicherungsbeiträge Ausbildungsabgabe Die Beantwortung der folgenden Fragen dient dabei der Beurteilung, ob ein Modell offengelegt werden muss: 1. Gibt es darin Arrangements, die einen Steuervorteil erhoffen lassen? 2. Ist der Steuervorteil der Hauptvorteil des Modells? 3. Treffen auf das Modell mehrere Kennzeichen eines bestimmten Katalogs zu? Die Kennzeichen des genannten Katalogs können sich beispielsweise auf neuartige Modelle zu den aufgeführten Steuerarten beziehen oder dazu dienen, spezielle Ziele zu verfolgen, wie zum Beispiel bei Verlustmodellen. Berater sind verpflichtet, ein von ihnen angebotenes oder verwendetes Steuervermeidungsmodell innerhalb von 5 Tagen an die Steuerbehörde zu melden. Nach der Meldung an die Behörde sendet diese ein auszufüllendes Formular zurück, zusammen mit einer Referenznummer für das benutzte Steuervermeidungsmodell. Die Referenznummer und weitere Unterlagen muss der Berater an diejenigen Klienten aushändigen, die dieses Modell benutzen. Diese sind später verpflichtet, in ihrer Steuererklärung die Referenznummer anzugeben. Arbeitgeber, die von ihrem Berater eine Referenznummer für ein Vermeidungsmodell in Bezug auf das Thema Beschäftigung bekommen haben, müssen diese den betroffenen Beschäftigten innerhalb von 30 Tagen mitteilen. Durch das Modell begünstigte Beschäftigte müssen vom Arbeitgeber an die Behörde gemeldet werden, wobei sowohl Angaben zum Arbeitgeber inklusive Steuernummer als auch Angaben zu den Beschäftigten mit Sozialversicherungsnummer erforderlich sind. Die Steuerbehörde muss ebenfalls informiert werden, wenn der Arbeitgeber einen Steuervorteil erlangt. Abgefragt werden auch Name und Adresse des Beraters sowie gegebenenfalls der Name des verwendeten Modells. Falls Berater oder Nutzer der Steuervermeidungsmodelle der Verpflichtung, die entsprechenden Informationen der Behörde mitzuteilen, nicht nachkommen, können Geldstrafen verhängt werden . Die Höhe beträgt beispielsweise für Berater, die das Inverkehrbringen eines Steuervermeidungsmodells nicht innerhalb von 5 Tagen melden, pro Tag 600 GBP. Falls es zur Abschreckung notwendig erscheint, kann die Geldstrafe bis zu 1 Million GBP betragen. Aber auch für jeden Klienten , dem sie die Referenznummer nicht weitergegeben haben, müssen Berater 5 000 GBP Strafe zahlen. Klienten, die wiederum die Referenznummer in ihrer Steuererklärung nicht angeben, werden beim ersten Versuch mit einer Strafe in Höhe von 5 000 GBP belegt, bei weiteren Versuchen steigt diese. 3. Ergebnisse seit Einführung von DOTAS Es folgen einige Ergebnisse der Vergangenheit unter DOTAS, die in einem Bericht des National Audit Office vom 21. November 20122 aufgeführt wurden: 2 Vgl. https://www.nao.org.uk/wp-content/uploads/2012/11/1213730es.pdf, abgerufen am 6. Februar 2020. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 7 Durch die DOTAS-Regelungen konnte die HMRC den Gesetzgeber über Steuerlücken schneller informieren und Änderungen in der Steuergesetzgebung empfehlen. Seit 2004 wurden dadurch 93 Änderungen in der Steuergesetzgebung angestoßen. In den Jahren 2008 bis 2011 wurden jeweils über 100 neue Steuervermeidungsmodelle offengelegt - darunter viele, die aufgrund von Gesetzesänderungen von Beratern weiterentwickelt wurden. Leider gab es keine Anzeichen dafür, dass die Benutzung von Vermeidungsmodellen rückläufig war. Trotzdem stellten Experten fest, dass durch die erfolgten Gesetzesänderungen die Gelegenheiten zur Vermeidung reduziert wurden und inzwischen eher kleinere als große Beratungsfirmen in dem Bereich aktiv waren und sich ihre Gesamtzahl von mehreren Hundert auf 50 bis 100 reduziert hat. Die Steuerbehörde ging davon aus, dass die meisten zu der Zeit angebotenen Steuervermeidungsmodelle vor Gericht nicht standhalten würden, wobei sie darauf hinwies, dass grundsätzlich der Zeitraum der Aufdeckung und Verfolgung dieser Taten teilweise mehrere Jahre dauere und häufig mit einem Gerichtsprozess verbunden sei. Auch wenn die meisten Berater die DOTAS-Regelungen einhielten, so gab es doch eine kleine Minderheit, die nicht zu einer Offenlegung ihres Steuervermeidungsmodells bereit war. Wenn ein Berater ein Rechtsgutachten erstellen ließ, das einen hinreichenden Grund zur Nichtoffenlegung bzw. einen Widerspruch enthielt, konnte keine Geldstrafe verhängt werden. So hat die HMRC in 365 derartigen Fällen seit 2007 (bis 2012) bei den meisten keine Pflicht zur Offenlegung festgestellt. Auf der anderen Seite wurden in dieser Zeitspanne 11 Geldstrafen in Höhe von jeweils 5 000 GBP verhängt. In Bezug auf kleine Unternehmen und weniger vermögende Steuerpflichtige hatte die HMRC zum Zeitpunkt des Berichts 41 000 offene Fälle. Die HMRC schätzte, dass es zum gleichen Zeitpunkt 30 000 Nutzer von Beteiligungsverlustmodellen sowie von Arbeitsvermittlungsmodellen zum Zwecke der Steuervermeidung gab. Nach Aussagen der Steuerbehörde war es auch nach der Verhandlung von bestimmten Leitfällen schwierig, vergleichbare Ergebnisse in ähnlichen Fällen zu erzielen. Die Steuerbehörde hatte jedoch für die Zukunft vor, Einfluss darauf zu nehmen, dass vergleichbare Fälle von der Rechtsprechung auch gleich behandelt würden. Im Zeitraum von April 2010 bis November 2012 wurden in 110 Steuervermeidungsfällen Gerichtsprozesse eröffnet, wobei in 51 von 60 Fällen im genannten Zeitraum bereits zugunsten der HMRC geurteilt worden war. Die Regierung hat aufgrund dieser Ergebnisse beraten, ob die Informationsrechte der HMRC unter DOTAS noch ausreichen bzw. wie die Hürden für Widersprüche erhöht werden könnten. Aufgrund der Ergebnisse einer Risikoeinschätzung (in Bezug darauf, dass bestimmte Vermeidungsaktivitäten entweder nicht unter die DOTAS-Regelungen fielen oder die Regelungen nicht eingehalten wurden), sei es laut dieses Berichts gängige Praxis, dass die britische Steuerbehörde Relationship Manager zu den größten Unternehmen und reichsten Steuerpflichtigen entsendet. Außerdem habe die HMRC eine besondere Einheit (High Net Worth Unit) mit 390 Mitarbeitern in dem Bereich der sehr vermögenden Steuerpflichtigen (mit einem Vermögen von mehr als 20 Mio. GBP) eingesetzt. In den Jahren 2011-2012 soll die Arbeit der Einheit zusätzliche Steuereinnahmen in Höhe von 200 Mio. GBP ermöglicht haben, wobei sich diese Summe auch auf Fälle von Steuerhinterziehung bezieht. Im gleichen Zeitraum sei eine zusätzliche Einheit gebildet worden, die sich wiederum auf Steuerpflichtige mit einem Vermögen von mindestens 2 Mio. GBP konzentriert. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 8 In einer Publikation des britischen Finanz- und Wirtschaftsministeriums vom März 20193 wird in Bezug auf Steuervermeidung großer Unternehmen angegeben, dass zwischen 2014 und 2018 die Erfolgsquote der HMRC in Gerichtsprozessen 86% betragen haben soll. Durch die getroffenen Maßnahmen sowohl gegen Steuervermeidung als auch –hinterziehung sollen im Zeitraum 2017 bis 2018 zusätzliche Steuereinnahmen in Höhe von über 9 Billionen GBP von großen Unternehmen erzielt worden sein. Auch die Einstellung großer Unternehmen zu Steuervermeidungspraktiken soll sich in der Art gewandelt haben, dass seit 2013 nur noch 21% der Aussage zustimmten, dass Steuervermeidung akzeptabel sei (vorher 45%). Darüber hinaus hat der britische Finanzminister am 30. April 20194 in einer Antwort auf eine Parlamentsanfrage angegeben, dass seit 2014 über 60 Steuervermeidungsmodelle offengelegt worden seien. Die HMRC habe gegen 10 nicht kooperierende Beratungsunternehmen, die Modelle zur Steuervermeidung angeboten hatten, rechtliche Schritte eingeleitet, während sich etwa 20 andere dieser Unternehmen zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten nachträglich für eine Offenlegung entschieden hätten. Von den 10 genannten Fällen seien bisher sechs vor einem Gericht angehört worden, wobei in jeder der drei bisher ergangenen Entscheidungen zugunsten der HMRC entschieden worden sei. 4. Weitere Regelungen zur Bekämpfung der Steuervermeidung in Großbritannien Im Jahr 2014, also ein Jahrzehnt nach der Einführung der DOTAS-Regelungen, hat die britische Regierung zwei weitere wichtige Regelungen zur Bekämpfung der Steuervermeidung eingeführt: die sogenannten „Follower Notices“ sowie die „Accelerated Payment Notices“5. Wird ein Steuervermeidungsmodell benutzt, das auf denselben oder vergleichbaren Aktivitäten basiert wie ein Modell, das die HMRC bereits erfolgreich vor Gericht angefochten hat, kann die Behörde eine Folgemitteilung (Follower Notice) ausstellen. Die Steuerzahler sind daraufhin verpflichtet , dieses Vermeidungsmodell aufzugeben und ihre Steuerangelegenheiten zu regeln oder müssen eine Strafe zahlen. Darüber hinaus kann die HMRC aber auch eine Mitteilung für eine beschleunigte Zahlung ausstellen, so dass der Steuerzahler noch bevor sein Fall endgültig entschieden wurde, die strittige Summe im Voraus zahlen muss. Dabei kann er entweder der Bewertung der HMRC zustimmen oder das Gericht in seinem Fall ein Urteil fällen lassen. Auch hier sind Geldstrafen vorgesehen, wenn die beschleunigte Zahlung nicht getätigt wird. Gegen die beiden Mitteilungsarten kann der Steuerzahler nicht gerichtlich vorgehen, wohl aber gegen die daraus resultierenden Geldstrafen bei Nichtbefolgung. Nach Angaben der britischen Parlamentsverwaltung kündigte die Regierung bei der Einführung an, dass diese Regelungen auch für ausstehende Streitigkeiten der vergangenen Steuerjahre gelten 3 Vgl. https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment _data/file/785551/tackling_tax_avoidance_evasion_and_other_forms_of_non-compliance_web.pdf, S. 9 f, abgerufen am 11. Februar 2020. 4 Vgl. https://www.parliament.uk/business/publications/written-questions-answers-statements/written-question /Commons/2019-04-25/247724, abgerufen am 7. Februar 2020. 5 Vgl. https://www.gov.uk/guidance/follower-notices-and-accelerated-payments--2, abgerufen am 11. Februar 2020. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 9 würden und dass die HMRC auch Forderungen nach beschleunigten Zahlungen im Zusammenhang mit den unter DOTAS offengelegten Vermeidungsprogrammen stellen würde. 5. Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Die Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wird in Deutschland von Behörden auf Bundes- und Landesebene wahrgenommen. Dabei spielen die Zollbehörden eine zentrale Rolle6. 5.1. Organisation der Zollverwaltung Der Aufbau der Zollverwaltung als Bundesfinanzverwaltung ist dreistufig und beruht im Wesentlichen auf dem Finanzverwaltungsgesetz (§ 1 FVG). Oberste Bundesbehörde ist das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit seiner Zollabteilung (Abteilung III). Dem BMF obliegt die politische und strategische Steuerung der Zollverwaltung7. Als Oberbehörden dienen die Generalzolldirektion (GZD) mit ihren Direktionen (darunter das Zollkriminalamt - ZKA) sowie das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Die GZD wurde im Geschäftsbereich des BMF zum 1. Januar 2016 als Bundesoberbehörde eingerichtet und ist für die operative Steuerung der Zollverwaltung zuständig8. Sie gliedert sich in neun Direktionen. Das Zollkriminalamt (ZKA, Direktion 8) ist als funktionale Behörde innerhalb der GZD für den Zollfahndungsdienst zuständig (§ 5a Abs. 2 FVG). Innerhalb des ZKA ist als funktionale Behörde die FIU eingerichtet (§ 5a Abs. 2 FVG), mit ihren Aufgaben und Kompetenzen nach dem Geldwäschegesetz 9. Die FIU fungiert als Zentralstelle für geldwäscherechtliche Verdachtsmeldungen10. Nach § 27 Abs. 2 Geldwäschegesetz (GwG) ist die FIU organisatorisch eigenständig und arbeitet 6 Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 230. 7 Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 230. 8 Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 230. 9 Küchenhoff, in Wabnitz/Janovsky/Schmitt, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 5. Auflage 2020, 23. Kapitel, Zollstraftaten, Rn. 40. 10 Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 230ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 10 im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse fachlich unabhängig11. Sie hat insoweit eine Sonderstellung . Nach § 28 Abs. 2 GwG ist die FIU jedoch der - je nach Aufgabenbereich der Rechts- oder auch Fachaufsicht des BMF unterstellt12. Als Ortsbehörden auf der Ortsebene eingerichtet sind die Hauptzollämter (HZÄ), einschließlich ihrer Dienststellen (Zollämter) sowie die Zollfahndungsämter (ZFÄ)13. Die HZÄ als örtliche Bundesbehörden sind für ihren jeweiligen Bezirk örtlich zuständig. Derzeit gibt es in Deutschland 41 Hauptzollämter, deren Bezirk und Sitz aufgrund von § 12 Abs. 1 FVG per GZD-Verfügung festgelegt wurde14. Die Zollämter sind unselbständige Teildienststellen der HZÄ, sie übernehmen vor Ort u.a. verschiedene Kontroll- und Verwaltungsaufgaben15. 5.2. „Financial Intelligence Unit“ (FIU) Die zum 26. Juni 2017 unter das Dach der GZD - zum ZKA - überführte FIU nimmt eine tragende Rolle als zentrale Akteurin der nationalen und internationalen Strategie im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ein16(§ 27 Abs. 1 GwG). Grundlage für ihre Errichtung ist die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie, die mit dem neuen GwG in nationales Recht umgesetzt wurde. In Art. 32 Abs. 1 der EU-Geldwäscherichtlinie17 war vorgesehen, dass jeder EU-Mitgliedstaat eine zentrale Meldestelle zur Verhinderung, Aufdeckung und wirksamen Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einrichtet. Die Aufgaben der FIU sind laut § 28 Abs. 1 GwG die „Erhebung und Analyse von Informationen im Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung und Weitergabe dieser Informationen an die zuständigen inländischen öffentlichen Stellen zum Zwecke der Aufklärung, Verhinderung oder Verfolgung solcher Taten“. Dabei nimmt die FIU nach § 30 GwG Verdachtsmeldungen nach dem GwG zentral entgegen, analysiert diese und leitet sie bei einem Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung an die zuständigen öffentlichen Stellen weiter. Hierin 11 Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 232. 12 Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 232. 13 Küchenhoff, in Wabnitz/Janovsky/Schmitt, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 5. Auflage 2020, 23. Kapitel, Zollstraftaten, Rn. 39. 14 Küchenhoff, in Wabnitz/Janovsky/Schmitt, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 5. Auflage 2020, 23. Kapitel, Zollstraftaten, Rn. 41. 15 Küchenhoff, in Wabnitz/Janovsky/Schmitt, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 5. Auflage 2020, 23. Kapitel, Zollstraftaten, Rn. 41. 16 Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 235. 17 Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 11 wird eine wichtige „Filterfunktion“ gesehen, die die Strafverfolgungsbehörden entlastet, da von der FIU nur die tatsächlich werthaltigen Fälle „herausgefiltert“ werden18. Strafrechtliche Ermittlungen im Bereich der Geldwäsche werden allerdings ausschließlich durch die dafür zuständigen Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden des Bundes und der Länder, ggf. auch durch Zolloder Steuerfahndung durchgeführt19. Die Kooperation der FIU mit nationalen Behörden umfasst im Wesentlichen20: - Die zuständigen Strafverfolgungs- und Justizbehörden (Polizeien des Bundes und der Länder , Staatsanwaltschaften, Finanzkontrolle Schwarzarbeit, Zollfahndungsdienst, Steuerfahndung ) - Die zuständigen Aufsichtsbehörden (u.a. BaFin, verschiedene Aufsichtsbehörden der Länder im Nicht-Finanzsektor) - Die Behörden der Finanzverwaltung (BZSt, Landesfinanzbehörden) - Das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst Mit Blick auf die Zusammenarbeit innerhalb der EU findet ein Datenaustausch zwischen der FIU und den zentralen Meldestellen der anderen EU-Mitgliedstaaten statt, die für Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständig sind21 (vgl. § 33 GwG, EU-FIU-Plattform22). Die FIU beteiligt sich ferner an internationalen Arbeitsgruppen, v.a. der EGMONT-Group (einem Zusammenschluss von 158 FIUs)23 und den Sitzungen der Financial Action Task Force (FATF)24. 18 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 39; Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 233. 19 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 39. 20 Jahresbericht 2018, Financial Intelligence Unit, vom 9. Juli 2019, abrufbar unter https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/FIU/Aktuelles-FIU-Meldungen/2019/fiu_jahresbericht.html 21 Herzog, Geldwäschegesetz, 3. Auflage 2018, Vorbemerkungen zu Abschnitt 5, § 33 GwG, Rn. 5. 22 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 39. 23 Jahresbericht 2018, Financial Intelligence Unit, vom 9. Juli 2019, S. 47. 24 Herzog, Geldwäschegesetz, 3. Auflage 2018, Vorbemerkungen zu Abschnitt 5, § 28 GwG, Rn. 21. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 12 5.3. Zollamtliche Überwachung des Barmittelverkehrs In Ergänzung zu den Maßnahmen des GwG im Rahmen der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, gibt es die zollamtliche Überwachung des Barmittelverkehrs durch Bargeldkontrollen 25. Rechtliche Grundlage ist das Zollverwaltungsgesetz (ZollVG), das die Rahmenbedingungen für die Überwachung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs durch den Zoll u.a. im Bereich der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorsieht26. Auf Grundlage von § 1 Abs. 4 ZollVG wird demnach der Verkehr von Barmitteln und gleichgestellten Zahlungsmitteln im Umfang der zollamtlichen Überwachung über die Binnengrenzen Deutschlands und über die Außengrenzen der EU unterstellt27. 5.4. Zollfahndungsdienst Als Besonderheit in der Zollverwaltung besteht das Zollkriminalamt (ZKA) mit seiner Zuständigkeit für den Zollfahndungsdienst (§ 5a Abs. 2 FVG)28. Das ZKA ist die Zentrale des deutschen Zollfahndungsdienstes (ZKA und Zollfahndungsämter), dessen Hauptaufgabe in der Verfolgung und Verhütung der mittleren, schweren und organisierten Zollkriminalität besteht29. Das ZKA ist für die Koordination und Lenkung der Ermittlungen der angeschlossenen acht Zollfahndungsämter als örtliche Bundesbehörden zuständig, kann die Ermittlungen aber auch selber führen30. Nach § 1 Abs. 5 ZollVG erforschen und verfolgten die Behörden des Zollfahndungsdienstes die Geldwäsche, sofern diese im Zusammenhang steht mit dem grenzüberschreitenden Verkehr von Barmitteln und gleichgestellten Zahlungsmitteln oder Straftaten, die in die Ermittlungszuständigkeit der Zollbehörden fallen31. 25 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 42; Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 233. 26 Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 233. 27 Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 233. 28 Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 234. 29 Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 234. 30 Küchenhoff, in Wabnitz/Janovsky/Schmitt, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 5. Auflage 2020, 23. Kapitel, Zollstraftaten, Rn. 42; Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 234. 31 Hütwohl, Zur Zuständigkeit der Zollbehörden im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, ZfZ, 2017, Nr. 9, S. 234. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 13 5.5. Aufsichtsbehörden Im Bereich von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Aufsichtsbehörde für die Verpflichteten des Finanzsektors. Sie hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Institute eine angemessene Geldwäscheprävention betreiben und den gesetzlichen Anforderungen gerecht werden32. Die BaFin hat zu diesem Zweck die Abteilung „Geldwäscheprävention“ eingerichtet33. Die BaFin führt die laufende Aufsicht über Banken, Versicherungen, Kapitalverwaltungsgesellschaften und Agenten im Bereich des Finanztransfergeschäfts durch. Zudem werden eigene Prüfungen - aufgrund der BaFin-Risikobewertung des Verpflichteten, als auch anlassbezogen - durchgeführt34. Die Abteilung Geldwäscheprävention wurde zum 1. Januar 2018 neu organisiert. So hat die BaFin die Geldwäscheaufsicht über die Institute und Unternehmen des Nichtbankenfinanzbereichs in einem Referat gebündelt35. Die BaFin hat die Aufsicht über diese Unternehmen neu ausgerichtet , um auf dem Gebiet der Geldwäscheprävention einen vertieft risikobasierten Aufsichtsansatz einzuführen36. Erstmalig hat die BaFin im Bereich der Geldwäscheprävention im September 2018 zudem bei der Deutschen Bank AG einen Sonderbeauftragten eingesetzt37. Zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ordnete die BaFin gegenüber der Bank an, in bestimmten Bereichen angemessene interne Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, wobei die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG als Sonderbeauftragter zur Überwachung der Anordnung eingesetzt ist38. Im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Geldwäscheskandal unter dem Schlagwort „Dankse Bank“ prüfte die BaFin, inwieweit Transaktionen über deutsche Banken ausgeführt wurden und ob daraus Hinweise auf Defizite in der Geldwäscheprävention abzuleiten sind, v.a. mit Blick auf die allgemeinen Anforderungen an Korrespondenzbankbeziehungen39. Im Jahr 2019 legte die 32 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jahresbericht 2018, S. 29. 33 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 38. 34 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 38. 35 Zu diesem Bereich zählen Wertpapierfirmen, sonstige Finanzdienstleistungsinstitute, Zahlungsinstitute, E-Geld- Institute, Kapitalverwaltungsgesellschaften Versicherungsunternehmen, Agenten und E-Geld-Agenten. 36 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jahresbericht 2018, S. 54. 37 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jahresbericht 2018, S. 28. 38 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jahresbericht 2018, S. 28. 39 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jahresbericht 2018, S. 52. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 14 BaFin bei ihren Geldwäsche-Prüfungen einen Schwerpunkt auf die Einhaltung der geldwäscherechtlichen Anforderungen an das Korrespondenzbankgeschäft bei international tätigen Banken 40. Im Bereich des Nicht-Finanzsektors liegt die Aufsicht im Wesentlichen bei den Aufsichtsbehörden der Bundesländer sowie bei den Kammern41. 5.6. Transparenzregister Mit dem neuen Geldwäschegesetz wurde im Dezember 2017 u.a. ein Transparenzregister beim Bundesverwaltungsamt eingerichtet42. Die Einrichtung des Registers erfolgte auch in Reaktion auf die Steuertricks, die durch die Veröffentlichung der „Panama Papers“ publik wurden. Mit dem Register sollen Hintermänner verschachtelter Unternehmenskonstruktionen sichtbar werden, auch wenn diese im Ausland sind. Dabei müssen Gesellschaften oder sonstige juristische Personen Angaben zum wirtschaftlichen Eigentümer machen, sofern sich diese Angaben nicht bereits aus Eintragungen und Dokumenten aus bestimmten anderen öffentlichen Registern ergeben43. Im Zuge der Umsetzung zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie44 ist das Transparenzregister jetzt für die Öffentlichkeit zugänglich45. 5.7. Zuständigkeiten bei der Strafverfolgung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Bei der Strafverfolgung im Bereich der Geldwäsche liegt die Verantwortung im Wesentlichen bei den Bundesländern und wird durch die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften bearbeitet, unterstützt durch die Polizeibehörden und die Zollfahndung46. Originäre Geldwäscheermittlungen 40 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jahresbericht 2018, S. 53. 41 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 38. 42 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 36; vgl. Bundesverwaltungsamt, https://www.bva.bund.de/DE/Das-BVA/Aufgaben /T/Transparenzregister/transparenz_node.html 43 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 36; vgl. Bundesverwaltungsamt, https://www.bva.bund.de/DE/Das-BVA/Aufgaben /T/Transparenzregister/transparenz_node.html 44 Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission. 45 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 36, 37. 46 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 41. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 15 werden dabei oft durch Gemeinsame Finanzermittlungsgruppen (GFG) geführt, die aus dem jeweiligen Landeskriminalamt und dem zuständigen Zollfahndungsamt bestehen47. Darüber hinaus gibt es eine beim Bundeskriminalamt (BKA) angesiedelte GFG auf Bundesebene, die aus Bediensteten des BKA und des ZKA besteht. Bei großen und komplexen, grenzüberschreitenden Ermittlungsverfahren werden die Ermittlungen häufig von dieser GFG geführt48. Zudem klärt der Bundesnachrichtendienst (BND) im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags geldwäscherelevante Sachverhalte auf und wertet diese aus. Weiterhin analysiert der BND regelmäßig die Rahmenbedingungen der Geldwäsche und identifiziert neue Geldwäschemethoden, -typologien und Entwicklungen auf den internationalen Finanzplätzen und den Offshore-Regionen49. Gleichermaßen sind im Bereich der Terrorismus(finanzierungs)bekämpfung Staatsanwaltschaften und Polizeien auf Bundes- und Landesebene aktiv50. Auf Seiten der Polizeibehörden ist das BKA die nationale Zentralstelle der Polizei und ist auch für die internationale Zusammenarbeit zuständig . Neben der Abteilung Staatsschutz des BKA, die u.a. für die Terrorismusbekämpfung zuständig ist, bestehen in den Landeskriminalämtern vergleichbare Aufbauorganisationen51. Zudem generieren BND, Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sowie die Landesämter für Verfassungsschutz (LfV) wichtige Erkenntnisse zur Terrorismusfinanzierung52. 5.8. Internationale Institutionen und Gremien Deutschland ist auf internationaler Ebene in verschiedenen Gremien und Institutionen bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung engagiert. Dies sind insbesondere die Vereinten Nationen, die EU, die Ebene der G7 und G20, der Europarat und die OECD53. 47 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 41. 48 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 41. 49 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 43. 50 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 52. 51 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 52. 52 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 53. 53 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 16 5.8.1. EU Auf Ebene der EU ist v.a. die Umsetzung der EU-Geldwäscherichtlinien in nationales Recht von zentraler Bedeutung54. Mit Blick auf die europäischen Aufsichtsbehörden ist die Initiative der EU-Kommission zu nennen, wonach die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) im Kampf gegen die Geldwäsche gestärkt werden soll55. Danach werden die Geldwäschekompetenzen der drei Europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs) für den gesamten Finanzmarkt bei der EBA gebündelt und erweitert56. So soll die EBA u.a. Untersuchungen auf nationaler Ebene erzwingen können . Darüber hinaus sollen die Bemühungen der nationalen Aufsichtsbehörden bei der Bekämpfung der Geldwäsche überprüft werden57. Im Zuge der Änderungen an der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie 58 wurden die nationalen Geldwäscheaufsichtsbehörden und die Europäische Zentralbank (EZB) außerdem verpflichtet, ein multilaterales Abkommen für den Austausch von Informationen zu schaffen. Das Abkommen wurde im Januar 2019 von der BaFin unterzeichnet59. 5.8.2. Financial Action Task Force (FATF) Deutschland ist zudem Gründungsmitglied der Financial Action Task Force (FATF), die als internationaler Standardsetzer im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung fungiert60. Die FATF ist das wichtigste internationale Gremium zur Bekämpfung und Verhinderung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Proliferationsfinanzierung. Das zwischenstaatliche Gremium wurde 1989 gegründet und ist der OECD in Paris angegliedert. Es umfasst aktuell 35 Mitgliedstaaten sowie die EU-Kommission und den Golf-Kooperationsrat. 54 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 17. 55 Verordnung (EU) 2019/2175 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde ), der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 über Märkte für Finanzinstrumente, der Verordnung (EU) 2016/1011 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und der Verordnung (EU) 2015/847 über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers. 56 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jahresbericht 2018, S. 22. 57 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jahresbericht 2018, S. 22. 58 Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU (sog. Fünfte EU- Geldwäscherichtlinie). 59 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jahresbericht 2018, S. 50, 51. 60 Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2018/2019“, S. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 17 Von der FATF wurden zahlreiche Empfehlungen zur Geldwäschebekämpfung und zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung verabschiedet61. Obwohl diese Standards als „soft law“ nicht unmittelbar bindendes Recht sind und keine unmittelbare Wirkung entfalten, haben sie bisher mehr als 170 Länder für sich als verbindlich anerkannt62. Die FATF verabschiedet ferner regelmäßig verschiedene Auslegungsgrundsätze, insbesondere „Guidance“ und „Best-Practice“-Papiere63. 5.8.3. Europarat Das Warschauer Abkommen des Europarates (2005 zur Unterzeichnung aufgelegt) ist ein umfassendes internationales Übereinkommen über Geldwäsche64. Demnach sind die Vertragsparteien gehalten, legislative Maßnahmen zur Erleichterung der Verhinderung, Ermittlung und Strafverfolgung von Geldwäsche sowie zur Erleichterung der wirksamen Sicherstellung und Einziehung von Erträgen und Tatwerkzeugen aus Straftaten zu erlassen. Die Konvention geht in mehrfacher Hinsicht über die Vorgaben der FATF-Empfehlung hinaus. Die Warschauer Konvention wurde von 25 EU-Mitgliedstaaten (darunter Deutschland) unterzeichnet65. 6. Steuerfahndung Nach § 208 Abs. 1 AO ist Aufgabe der Steuerfahndung die Erforschung von Steuerstraftaten (u.a. Steuerhinterziehung, § 370 AO), die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen bei Steuerstraftaten sowie die Ermittlung und Aufdeckung unbekannter Steuerfälle. Mit Blick auf die Behördenstruktur gehören zur Steuer- und Zollfahndung die Zollfahndungsämter und die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden (§ 404 S. 1 AO)66. 6.1. Bundesfinanzverwaltung Mit Blick auf die Organisation der Zollfahndung wird auf Punkt 1.1. und 1.4. verwiesen. 61 Vgl. Information der BaFin, abrufbar unter: https://www.bafin.de/DE/Internationales/GlobaleZusammenarbeit /FATF/fatf_node.html 62 Vgl. Information der BaFin, abrufbar unter: https://www.bafin.de/DE/Internationales/GlobaleZusammenarbeit /FATF/fatf_node.html 63 Vgl. Information der BaFin, abrufbar unter: https://www.bafin.de/DE/Internationales/GlobaleZusammenarbeit /FATF/fatf_node.html. vgl. Information der FATF, abrufbar unter: http://www.fatf-gafi.org/publications/fatfrecommendations /?hf=10&b=0&s=desc(fatf_releasedate) 64 Vgl. Website des Europarates, abrufbar unter: https://rm.coe.int/168008371f 65 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 16. 66 Stahlschmidt, Steuerstrafrecht, 1. Auflage 2017, S. 149. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 18 6.2. Zuständigkeit des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) Das BZSt ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des BMF und nimmt zentrale steuerliche Aufgaben mit nationalem und internationalem Bezug wahr. Mit Blick auf die Bekämpfung von Steuerbetrug sind als Funktion des BZSt u.a. zu nennen: 6.2.1. Country-by-Country Reporting (CbCR) Das Verfahren CbCR basiert auf dem BEPS-Projekt der OECD (s. Punkt 2.4.3.)67. Ziel ist es, den Finanzbehörden zusätzliche Informationen zu grenzüberschreitenden Konzernstrukturen an die Hand zu geben. Durch die Erstellung länderbezogener Berichte für multinational tätige Unternehmen und deren automatischer Austausch, sollen die Finanzbehörden besser in der Lage sein, diese zu prüfen. Zu den anzugebenden Konzerndaten gehören u.a. eine nach Steuergebieten gegliederte Übersicht wie sich die Geschäftstätigkeit des Konzerns auf die Steuerhoheitsgebiete verteilt , in denen der Konzern durch Unternehmen oder Betriebsstätten tätig ist68. Das BZSt leitet den länderbezogenen Bericht an die jeweils beteiligten Teilnehmerstaaten weiter. Im Gegenzug erhält das BZSt Daten von den Teilnehmerstaaten. Die beim BZSt vorliegenden Daten werden anschließend an die zuständigen Landesfinanzbehörden übermittelt69. 6.2.2. Common Reporting Standard (CRS) Grundlage des CRS ist ein multilaterales Abkommen von 51 OECD-Partnerstaaten über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen70 (s. Punkt 2.4.2.). Aufgrund dieser Vorgaben versenden Finanzinstitute (i.d.R. Banken und Versicherungen) sog. Selbstauskünfte an ihre Kunden . Die von den Finanzinstituten erhobenen Informationen werden anschließend an die zentral zuständige Behörde weitergeleitet. In Deutschland ist das BZSt für die Annahme und Weiterleitung der Finanzkontendaten zuständig. Gleichzeitig empfängt das BZSt die Informationen aus dem Ausland und übermittelt diese dann an die zuständigen deutschen Finanzämter. Die Auswertung der Daten erfolgt in den Finanzämtern bzw. den jeweiligen Steuerbehörden im Ausland 71. 67 Vgl. Information des BZSt, abrufbar unter: https://www.bzst.de/DE/Unternehmen/Intern_Informationsaustausch /CountryByCountryReporting/Country_by_Country_Reporting/cbcr_node.html 68 Vgl. Website des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt), abrufbar unter: https://www.bzst.de/DE/Unternehmen /Intern_Informationsaustausch/CountryByCountryReporting/Country_by_Country_Reporting /cbcr_node.html?lv2=90768 69 Vgl. Website des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt), abrufbar unter: https://www.bzst.de/DE/Unternehmen /Intern_Informationsaustausch/CountryByCountryReporting/Country_by_Country_Reporting /cbcr_node.html?lv2=90768 70 Vgl. Information der OECD, abrufbar unter: https://www.oecd.org/berlin/presse/automatischer-informationsaustausch -von-steuerinformationen.htm 71 Vgl. Website des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt), abrufbar unter: https://www.bzst.de/DE/Privatpersonen /Selbstauskuenfte/CommonReportingStandard/commonreportingstandard_node.html#js-toc-entry1 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 19 6.2.3. Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen Auf Grundlage der EU-Richtlinie 2018/822 vom 25. Mai 2018 (sog. DAC 6)72 wurden die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, Regelungen zu schaffen, nach denen bestimmte grenzüberschreitende Steuergestaltungen den Finanzbehörden der Mitgliedstaaten mitzuteilen und dann zwischen diesen automatisch auszutauschen sind. Die Vorgaben der Richtlinie wurden in Deutschland mit Wirkung vom 1. Januar 2020 in nationales Recht umgesetzt (vgl. §§ 138d ff. AO)73. Nach § 138d AO hat demnach „wer eine grenzüberschreitende Steuergestaltung…vermarktet, für Dritte konzipiert, organisiert oder zur Nutzung bereitstellt oder ihre Umsetzung durch Dritte verwaltet (Intermediär) die grenzüberschreitende Steuergestaltung dem BZSt…mitzuteilen“. Intermediär können natürliche und juristische Person bzw. auch Personengesellschaften sein (z.B. Angehörige der steuerberatenden Berufe, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Finanzdienstleister oder sonstige Berater, eingeschlossen Banken, Kapitalverwaltungsgesellschaften, Fondsinitiatoren und Asset Manager)74. Betroffen sind grenzüberschreitende Steuergestaltungen, bei denen der erste Schritt der Umsetzung nach dem 24. Juli 2018 erfolgt ist. Mitteilungen über grenzüberschreitende Steuergestaltungen sind ab dem 1. Juli 2020 zu übermitteln. Diese Mitteilungen werden in ein EU-Zentralverzeichnis eingestellt, um den automatischen zwischenstaatlichen Informationsaustausch zu ermöglichen 75. 6.2.4. Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA) Beim BZSt besteht eine Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA), die mit der Informationsbeschaffung bei Auslandssachverhalten bzw. der Unterstützung der Steuerfahndungsdienste betraut ist76. 72 Richtlinie (EU) 2018/822 des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen vom 25. Mai 2018 (ABl. L 139/1 vom 5. Juni 2018). 73 Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen, BGBl. I 2019, 2875 vom 21. Dezember 2019. 74 Tipke/Kruse, AO/FGO, 158. Lieferung 10.2019, § 138d AO, Rn. 6, 7. 75 Vgl. Website des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt), abrufbar unter: https://www.bzst.de/DE/Unternehmen /Intern_Informationsaustausch/Steuergestaltungen/steuergestaltung_node.html?lv2=90800 76 Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Auflage 2015, § 404 AO, Rn. 15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 20 6.3. Landesfinanzbehörden Die Steuerfahndung ist in den Finanzverwaltungen der Länder unterschiedlich organisiert77. Überwiegend ist die Steuerfahndung (unselbständige) Dienststelle eines Finanzamts oder sie ist Teil eines Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung („Spezialfinanzämter“)78. In Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg und Berlin sind die Steuerfahndungsstellen Teil eines selbständigen Finanzamts (in Nordrhein-Westfalen „Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung“, in Niedersachsen und Berlin „Finanzamt für Fahndung und Strafsachen“). In allen anderen Bundesländern sind die Steuerfahndungsstellen Teil eines allgemeinen Finanzamts 79. Als Teil der Landesfinanzverwaltung darf die Steuerfahndung innerhalb des jeweiligen Bundeslandes ermitteln80. In der Fahndungspraxis erfolgt die Steuerfahndung über Bundesländergrenzen hinweg im gesamten Bundesgebiet81. 6.3.1. Risikokontrolle durch Steueraufsicht Zwischenzeitlich bestehen in zahlreichen Bundesländern Sondereinheiten im Bereich der Steueraufsicht . Als Leitbild diente die bei der Oberfinanzdirektion Niedersachsen 2002 eingerichtete „Task Force“, die als Konzept von den anderen Bundesländern übernommen wurde82. Die Kerntätigkeit der Sondereinheiten liegt in der überregionalen Aufdeckung und Ermittlung bislang unbekannter Steuerfälle. Die Finanzverwaltung sieht die Sondereinheiten als Teil eines modernen, IT-gestützten Risikomanagements („Risikokontrolle durch Steueraufsicht“). Die Sonderstellen setzen sich in der Regel aus Juristen, Betriebsprüfern, Steuerfahndern und IT-Experten zusammen83. Beispielhaft sind im Folgenden zu nennen: 77 Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Auflage 2015, Einleitung, Rn. 113. 78 Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Auflage 2015, Einleitung, Rn. 113; Franke-Roericht, in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, Heidelberger Kommentar, 2016, § 404, Rn. 49, 50. 79 Stahlschmidt, Steuerstrafrecht, 1. Auflage 2017, S. 149. 80 Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Auflage 2015, § 404 AO, Rn. 14; Franke-Roericht, in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, Heidelberger Kommentar, 2016, § 404, Rn. 62. 81 Franke-Roericht, in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, Heidelberger Kommentar, 2016, § 404, Rn. 63. 82 Franke-Roericht, in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, Heidelberger Kommentar, 2016, § 404, Rn. 158ff. 83 Franke-Roericht, in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, Heidelberger Kommentar, 2016, § 404, Rn. 162. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 21 6.3.1.1. Niedersachsen Die im Jahr 2002 eingerichtet Task-Force ist ein Sonderreferat der Abteilung Steuer (St) im Landesamt für Steuern Niedersachsen (LStN) in Oldenburg84. Kernbereich ihrer Tätigkeit ist die „Aufdeckung neuer Fallkonstellationen“ mit dem Ziel, die dabei ermittelten Einzelfälle den zuständigen Finanzämtern als „qualifiziertes Kontrollmaterial“ zur Verfügung zu stellen85. Weiterhin hat die Task Force die Aufgabe, einheitliche Aktionen der niedersächsischen Finanzverwaltung zentral zu steuern („Koordinierung von Aktionen“)86. Außerdem soll die Sondereinheit Daten und Informationen zu den bearbeiteten Prüffeldern zu beschaffen87. Als interdisziplinäres Arbeitsteam setzt sich das Referat aus Juristen, Betriebsprüfern, Steuerfahndern und Informatikern zusammen88. 6.3.1.2. Schleswig-Holstein Im Juli 2016 wurde das Finanzamt für Zentrale Prüfdienste (ZPD) in Kiel errichtet89. Es handelt sich um ein eigenständiges Finanzamt, in dem die Aufgabenbereiche der Steuerfahndung, der Bußgeld- und Strafsachenstellen sowie der Groß- und Konzernbetriebsprüfung landesweit gebündelt sind. Im ZPD wurden organisatorisch zusammengefasst: - Die vier Strafsachen- und Fahndungsstellen des Landes - Die Sachgebiete für Strafsachen, Fahndung und Steueraufsicht - Die Groß- und Konzernbetriebsprüfungsstelle Zudem sind die Sachgebiete für Steueraufsicht Teil des ZPD, die für die Ermittlung unbekannter Steuerfälle - insbesondere durch die Analyse von Massendaten - zuständig sind90. Diese umfassen 84 Vgl. Information des Landesamts für Steuern Niedersachsen, abrufbar unter: https://lstn.niedersachsen.de/startseite /wir_ueber_uns/aufgaben/abteilung_steuer_st/taskforce/die-task-force-in-der-niedersaechsischen-steuerverwaltung -68030.html 85 Franke-Roericht, in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, Heidelberger Kommentar, 2016, § 404, Rn. 168. 86 Vgl. Information des Landesamts für Steuern Niedersachsen, abrufbar unter: https://lstn.niedersachsen.de/startseite /wir_ueber_uns/aufgaben/abteilung_steuer_st/taskforce/die-task-force-in-der-niedersaechsischen-steuerverwaltung -68030.html 87 Vgl. Information des Landesamts für Steuern Niedersachsen, abrufbar unter: https://lstn.niedersachsen.de/startseite /wir_ueber_uns/aufgaben/abteilung_steuer_st/taskforce/die-task-force-in-der-niedersaechsischen-steuerverwaltung -68030.html 88 Vgl. Information des Landesamts für Steuern Niedersachsen, abrufbar unter: https://lstn.niedersachsen.de/startseite /wir_ueber_uns/aufgaben/abteilung_steuer_st/taskforce/die-task-force-in-der-niedersaechsischen-steuerverwaltung -68030.html 89 Vgl. Information der Landesregierung Schleswig-Holstein, abrufbar unter: https://www.schleswig-holstein .de/DE/Landesregierung/VI/Presse/PI/2016/160701_zpd.html 90 Vgl. Information der Landesregierung Schleswig-Holstein vom 1. Juli 2016, abrufbar unter: https://www.schleswig -holstein.de/DE/Landesregierung/VI/Presse/PI/2016/160701_zpd.html Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 22 auch die vormalige Sondereinheit „Servicestelle Steueraufsicht“, die 2008 gegründet worden war und die Analyse von Massendaten im Rahmen von Vorfeldermittlungen zur Aufgabe hatte91. 6.3.1.3. Bremen In Bremen nimmt das Finanzamt Bremerhaven die Aufgaben der Steuerfahndungs- und Strafsachenstelle (SteuStra) sowie der Servicestelle Steueraufsicht (Servista) im norddeutschen Verbund für das ganze Land Bremen wahr92. 6.3.1.4. Hamburg Hamburg bündelt seine Aktivitäten zur Steuerbetrugsbekämpfung im Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen, das im Jahr 2005 gegründet wurde93. 6.3.1.5. Mecklenburg-Vorpommern Für die Wahrnehmung einer systematischen Steueraufsicht sowie die Optimierung der Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung wurde 2008 die Stabsstelle Steueraufsicht MV zentral beim Finanzamt Schwerin eingerichtet94. 6.3.1.6. Saarland Im Saarland wurde im Jahr 2014 eine spezielle kleine Einheit im Bereich der Steueraufsicht eingerichtet , die sich im regelmäßigen Erfahrungsaustausch mit den Sondereinheiten der anderen Bundesländer befindet. Die Sondereinheit soll weiter ausgebaut werden95. 6.3.1.7. Bayern In Bayern wurde im Juni 2013 auf der Ebene des Bayerischen Landesamtes für Steuern (BayLfSt) die Sondereinheit „Zentrale Steueraufsicht“ (SZS) eingerichtet. Sie ist der Abteilung „Querschnittsaufgaben Steuer“ (St Q) im Bereich „Steuer“ zugeordnet, die dem Vizepräsidenten des 91 Franke-Roericht, in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, Heidelberger Kommentar, 2016, § 404, Rn. 179. 92 Vgl. Jahresbericht 2017 der Steuerverwaltung des Landes Bremen, S. 32; https://www.service.bremen .de/dl__die_senatorin_fuer_finanzen_9279/dl__finanzamt_bremerhaven_9060-9060 93 Vgl. https://www.hamburg.de/fb/pruestra-start/; Pressemitteilung der Freien Hansestadt Bremen vom 28. August 2008, abrufbar unter: https://www.senatspressestelle.bremen.de/pressemitteilungen/detail.php?gsid=bremen 146.c.21755.de&asl=bremen146.c.25714.de 94 vgl. Information des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Mai 2011, abrufbar unter: https://www.regierung -mv.de/Landesregierung/fm/Aktuell?id=28063&processor=processor.sa.pressemitteilung 95 Information des Ministeriums für Finanzen und Europa Saarland, Stand 20. Februar 2020. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 23 BayLfSt untersteht96. Das Tätigkeitsfeld der SZS umfasst die Aufdeckung und Analyse systematischer Steuerausfallrisiken und Steuerbetrugsmuster durch verbesserte Nutzung interner und externer Daten, spezielle Aufgaben im Bereich der Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung, die Informationssammlung , -bündelung und -weitergabe an andere Stellen und Behörden sowie die Unterstützung von Qualitätssicherung/Risikomanagement, Controlling und Geschäftsprüfung durch neue Auswertungsmöglichkeiten97. Ausweislich des Jahresberichts 2018 des BayLfSt wurden durch die Tätigkeiten der SZS bisher Mehrsteuern in Höhe von 188 Mio. Euro generiert98. Mit Blick auf die Bekämpfung schwerer Steuerhinterziehung in Verbindung mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wurde in Bayern außerdem im Jahr 2013 die „Sonderkommission Schwerer Steuerbetrug“ (SKS) eingerichtet und seither personell erheblich ausgebaut. Die SKS hat ihren Sitz in Nürnberg und München. Sie ist zentraler Ansprechpartner der Sicherheitsbehörden , wie LKA, Verfassungsschutz oder ausländische Steuer- und Sicherheitsbehörden99. Seit 2017 ist zudem ein Spezialkräfteteam der SKS für die Aufarbeitung der sog. Cum-Ex-Fälle zuständig 100. 6.3.1.8. Baden-Württemberg In Baden-Württemberg wurde im Jahr 2014 die „Sondereinheit für Steueraufsicht“ (SES) gegründet . Als zentrale Einheit bei der Steuerfahndung hat sie die Aufgabe, bislang nicht geregelte oder erkannte Fallkonstellationen und Branchen mit erhöhtem Steuerausfallrisiko zu identifizieren und diesbezüglich überregionale Vorfeldermittlungen zu führen101. Sie ist Ansprechpartnerin für alle Finanzämter in Baden-Württemberg in Sachen Steuerhinterziehung und überwacht auch den Internethandel102. 96 Vgl. Jahresbericht des BayLfSt 2018, S. 7; Franke-Roericht, in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, Heidelberger Kommentar, 2016, § 404, Rn. 180. 97 Vgl. Jahresbericht des BayLfSt 2018, S. 10. 98 Vgl. Jahresbericht des BayLfSt 2018, S. 10. 99 S. Pressemitteilung der Bayerischen Staatsregierung vom 8. Januar 2016, abrufbar unter: https://www.bayern .de/soeder-neue-stellen-fuer-terrorismusbekaempfung-sonderkommission-schwerer-steuerbetrug-wird-ausgebaut / 100 Vgl. Redaktion beck-aktuell vom 20. November 2019, becklink 2014765. 101 Franke-Roericht, in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, Heidelberger Kommentar, 2016, § 404, Rn. 182; vgl. Information des Landes Baden-Württemberg, abrufbar unter: https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service /presse/pressemitteilung/pid/sondereinheit-zur-bekaempfung-von-steuerhinterziehung-hat-arbeit-aufgenommen -1/ 102 Vgl. Information des Landes Baden-Württemberg, abrufbar unter: https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service /presse/pressemitteilung/pid/sondereinheit-zur-bekaempfung-von-steuerhinterziehung-hat-arbeit-aufgenommen -1/ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 24 6.3.1.9. Hessen In Hessen wird die Steueraufsicht durch zwei Stellen wahrgenommen: die Zentralstelle zur Bekämpfung schwerer Steuerkriminalität (ZBS) bei der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main und die Steueraufsichtsstelle Wetzlar (StAufs Wetzlar) innerhalb der Steuerfahndungsstelle des FA Wetzlar. Die ZBS trifft die Entscheidung darüber, an welchen Prüffeldern im Bereich der Steueraufsicht das Land Hessen sich beteiligt und koordiniert den hierzu erforderlichen Datenaustausch . Darüber hinaus koordiniert die ZBS die Bearbeitung von eingehendem Kontrollmaterial aus Steueraufsichtsmaßnahmen anderer Bundesländer in enger Zusammenarbeit mit der operativ tätigen StAufs Wetzlar. Die ZBS ist zentraler Ansprechpartner für die Steueraufsichtsstellen anderer Bundesländer und vertritt das Land Hessen bei Leiter- und Bundestagungen im Bereich der Steueraufsicht. Die ZBS koordiniert, berät und beaufsichtigt auch die Arbeit spezieller, bei den Finanzämtern angesiedelter , operativ tätiger Ermittlungsgruppen (EGen). EGen werden temporär anlass- und fallbezogen eingerichtet, um besonders umfangreiche Fälle von Steuerhinterziehungen steuerlich und (steuer-)strafrechtlich aufzuarbeiten. EGen kommen aktuell insbesondere bei der Aufarbeitung der sog. Cum/Ex-Fälle zum Einsatz. In der Vergangenheit wurden EGen z.B. im Themenkomplex des Umsatzsteuerkarussellbetruges (bspw. mit Emissionszertifikaten) eingesetzt. Die StAufs Wetzlar besitzt die hessenweite Zuständigkeit für die Vorprüfung von eingehendem Kontrollmaterial aus Steueraufsichtsmaßnahmen anderer Bundesländer. Sollte im Rahmen dieser Prüfungen ein steuerstrafrechtlicher Anfangsverdacht zu bejahen sein, werden diese Fälle an die örtlich zuständigen Steuerfahndungsstellen abgegeben103. 6.3.1.10. Sachsen In Sachsen ist beim Landesamt für Steuern und Finanzen eine Steueraufsichtsstelle eingerichtet. Diese hat die Aufgabe, landesweit einheitliche und praxistaugliche Lösungen für nicht geregelte oder entdeckte Fallkonstellationen mit einem erheblichen, über den konkreten Einzelfall hinausgehenden Risikopotential für den Fiskus zur erarbeiten und den sächsischen Finanzämtern zur Verfügung zu stellen. Der Steueraufsichtsstelle obliegt die Analyse häufig auftretender Fallkonstellationen bei Finanzermittlungen mit steuer(strafrecht)lichem Bezug und die Entwicklung entsprechender Strategien zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung. Sie soll insbesondere dazu beitragen, die Flexibilität der Finanzverwaltung in Bezug auf die ständige und rasante Fortentwicklung wirtschaftlicher Gegebenheiten bzw. deren steuerlicher Auswirkungen zu erhöhen. Die Steueraufsichtsstelle arbeitet eng mit den Steueraufsichtsstellen der übrigen Bundesländer zusammen104. 103 Information des Hessischen Ministeriums der Finanzen mit Stand vom 12. Februar 2020. 104 Information des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen mit Stand vom 17. Februar 2020. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 25 6.3.1.11. Nordrhein-Westfalen Als Sonderstellen bei der Bekämpfung von Steuerbetrug besteht in Nordrhein-Westfalen u.a. die Task Force „Ressortübergreifende Bekämpfung von Finanzierungsquellen Organisierter Kriminalität und Terrorismus“105. Mit der Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung zwischen den Ressorts Finanzen, Inneres und Justiz wurde im Dezember 2018 diese gemeinsame Einheit zur Bekämpfung der internationalen Kriminalität ins Leben gerufen. Die Task Force ist organisatorisch an das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Düsseldorf angegliedert und arbeitet eng mit Polizei und Justiz zusammen. Ziele der verstärkten Zusammenarbeit sind neben der gemeinsamen operativen Tätigkeit u.a. die Durchführung von interdisziplinär ausgerichteten Auswerte- und Analyseprojekten zur Entdeckung neuer Modi Operandi und die Entwicklung ressortübergreifender Bekämpfungskonzeptionen im Bereich der Schwerstkriminalität, insbesondere das Erkennen von Transaktionen zur Finanzierung des internationalen Terrorismus, Geldwäsche und Organisierter (Wirtschafts-)Kriminalität106. Weiterhin gibt es in Nordrhein-Westfalen die „Analyseeinheit für Risikoorientierte Ermittlungen im Bereich der Steueraufsicht“ (ARES). Die Einheit beim Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Hagen soll der zunehmenden Komplexität von Steuerstraftaten wirkungsvoll entgegentreten. Hauptzielrichtung ihrer Ermittlungen ist es, bislang unbekannte, möglicherweise straf- und bußgeldrechtlich problembehaftete Sachverhalte zu entdecken, systematisch zu analysieren und das Risiko eines möglichen Steuerausfalls abzuschätzen107. Die Zentralstelle für Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung (ZEUS) ist angesiedelt beim Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung in Bonn. Ein Schwerpunkt der Zentralstelle ist die Koordinierung der Ermittlungsmaßnahmen der verschiedenen auf dem Gebiet der Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung tätigen Dienststellen. Durch die Strukturierung und die Analyse der vorhandenen und weiteren Informationen sollen Grundmuster erkannt werden, die zur Aufdeckung noch unbekannter Betrugsfälle führen und zur Entwicklung von Bekämpfungsstrategien verwendet werden können108. Die ZekoX (Zentrale Ermittlungs- und Koordinierungsstelle Xpider NRW) nimmt zentrale Aufgaben bei Ermittlungen und Koordinierungen im Zusammenhang mit dem Internethandel wahr. Die Stelle ist beim Finanzamt für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen in Bonn angesiedelt109. 105 Vgl. Information der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen, abrufbar unter: https://www.finanzverwaltung .nrw.de/de/steuerhinterziehung/zahlen-daten-fakten 106 Information des Ministeriums der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen mit Stand vom 19. Februar 2020. 107 Information des Ministeriums der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen mit Stand vom 19. Februar 2020. 108 Information des Ministeriums der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen mit Stand vom 19. Februar 2020. 109 Information des Ministeriums der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen mit Stand vom 19. Februar 2020. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 26 6.3.2. Länderübergreifende Koordination und Vernetzung Um die Steuerbetrugsbekämpfung auf norddeutscher Ebene zu verbessern, wurde im Jahr 2008 ein „Norddeutscher Verbund“ ins Leben gerufen, der die zentralen Aufsichtsstellen der Länder Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Berlin miteinander vernetzt. Die Steuerung erfolgt über eine „Lenkungsgruppe“ als Koordinierungs - und Entscheidungsgremium mit dem Ziel gemeinsam geplanter Steueraufsichtsmaßnahmen und einer länderübergreifenden Kooperation, um nicht oder unzutreffend erklärte Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln110. Außerdem haben sich die einzelnen Sondereinheiten der Länder im Jahr 2013 vernetzt. Es finden jährlich gemeinsame Konferenzen für einen länderübergreifenden Wissens- und Erfahrungsaustausch statt111. 6.4. Internationale Kooperation Mit dem Ziel der Bekämpfung grenzüberschreitender Steuerflucht wurden von der OECD globale Standards und Programme geschaffen, um die internationale Kooperation zu verbessern. Beispielhaft sind zu nennen: 6.4.1. Standard für den internationalen Informationsaustausch „Auf Anfrage“ Der Standard zum Informationsaustausch „Auf Anfrage“ dient einer besseren Vernetzung der nationalen Steuerbehörden. Dafür werden von diesen zunächst in ihrem Einflussbereich steuerlich relevante Daten etwa zu Firmenbeteiligungen, Anteilen an Gesellschaften oder Trusts und Kontoinformation gesammelt. Andere Steuerbehörden erhalten diese Informationen dann auf Anfrage 112. 6.4.2. Standard für einen automatischen Informationsaustausch über Finanzkonteninformationen Der Standard zum automatischen Informationsaustausch legt fest, dass Finanzinstitute Informationen zu ausländischen Kontoinhabern mit den Steuerbehörden teilen müssen. Auf Grundlage des Standards werden Informationen über Konten bzw. Vermögensanlagen zwischen den teilnehmenden Staaten und Gebieten automatisch ausgetauscht. Das „Verstecken“ von Einkünften wird 110 Vgl. Information des Landesamts für Steuern Niedersachsen, abrufbar unter: https://lstn.niedersachsen.de/startseite /wir_ueber_uns/aufgaben/abteilung_steuer_st/taskforce/die-task-force-in-der-niedersaechsischen-steuerverwaltung -68030.html; Franke-Roericht, in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, Heidelberger Kommentar, 2016, § 404, Rn. 176. 111 Franke-Roericht, in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, Heidelberger Kommentar, 2016, § 404, Rn. 183; s. Information des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Mai 2011, abrufbar unter: https://www.regierungmv .de/Landesregierung/fm/Aktuell?id=28063&processor=processor.sa.pressemitteilung 112 Vgl. Information der OECD, abrufbar unter: http://www.oecd.org/berlin/themen/steuervollzug/ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 27 damit erheblich erschwert113. Mithilfe dieses globalen Standards der OECD konnten z.B. im Jahr 2014 Offshore-Anlagen erstmals zurückverfolgt werden114. An dem automatischen Datenaustausch sind über 100 Länder und Wirtschaftsräume, darunter namhafte Finanzzentren, beteiligt 115. Die Einhaltung der Standards für den internationalen Informationsaustausch wird vom „Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes“ überwacht, das ein eigenständiges Sekretariat bei der OECD unterhält. Dem Global Forum gehören über 120 Staaten und Gebiete, darunter Deutschland an116. 6.4.3. BEPS-Projekt Das BEPS-Projekt der OECD dient der Bekämpfung der Steuervermeidung durch multinationale Unternehmen. Hintergrund ist die Praxis, dass Unternehmen ihre Einkünfte mit dem Ziel der Steuervermeidung auf Gesellschaften in Steueroasen verschieben (Base Erosion and Profit Shifting - BEPS)117. Auf Grundlage des BEPS-Projekts wurde unter der Mitarbeit von mehr als 100 Ländern und Wirtschaftsgebieten u.a. eine standardisierte länderbezogene Berichterstattung eingeführt . Danach gilt für multinationale Unternehmen mit Einkünften von mind. 750 Mio. Euro im Jahr eine Berichtspflicht. Sie sind verpflichtet, in allen Staaten, in denen sie geschäftlich tätig sind, die Steuerverwaltung über ihre Aktivitäten und Steuerzahlungen informieren118. 6.4.4. Bekämpfung von Steuerkriminalität Mit der OECD-Task Force Steuerkriminalität und andere Straftaten (TFTC) wird das Ziel verfolgt, die Zusammenarbeit zwischen den Steuer- und Strafverfolgungsbehörden, insbesondere den Geldwäschebekämpfungs- und Korruptionsbekämpfungsbehörden zu verbessern, um Finanzstraftaten wirksamer zu bekämpfen. Die Arbeit der TFTC erfolgt in Verbindung mit dem Dialog von Oslo, einem ressortübergreifenden Ansatz zur Bekämpfung von Steuerstraftaten und anderen Finanzstraftaten . In „Zehn zentralen Grundsätzen zur Bekämpfung der Steuerkriminalität“119 werden wesentliche Prinzipien zur wirksamen Bekämpfung von Steuerstraftaten beschrieben. Auf 113 Pressemitteilung des BMF vom 30. September 2017, „Informationsaustausch in Steuersachen“, abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Weitere_Steuerthemen /Informationsaustausch/2018-07-11-Informationsaustausch.html 114 Vgl. Information der OECD, abrufbar unter: http://www.oecd.org/berlin/themen/steuervollzug/ 115 Vgl. Information der OECD, abrufbar unter: http://www.oecd.org/berlin/themen/steuervollzug/ 116 Pressemitteilung des BMF vom 30. September 2017, „Informationsaustausch in Steuersachen“, abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Weitere_Steuerthemen /Informationsaustausch/2018-07-11-Informationsaustausch.html 117 Vgl. Information der OECD, abrufbar unter: http://www.oecd.org/berlin/themen/steuervollzug/ 118 Vgl. Information der OECD, abrufbar unter: http://www.oecd.org/berlin/themen/steuervollzug/ 119 „Bekämpfung der Steuerkriminalität: Die zehn zentralen Grundsätze“, abrufbar unter: http://www.oecd.org/berlin /themen/steuervollzug/Bekaempfung-der-Steuerkriminalitaet-die-zehn-zentralen-Grundsaetze.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 28 diese Weise soll den Staaten ermöglicht werden, ihre rechtlichen und operativen Handlungsrahmen miteinander zu vergleichen120. 7. Strukturen im Kampf gegen Steuerbetrug und Finanzkriminalität in Großbritannien 7.1. Überblick An der Spitze der zentralstaatlichen Finanzverwaltung in Großbritannien steht das Ministerium für Finanz- und Steuerpolitik (Treasury). Für die Verwaltung der meisten Steuerarten ist ihr die Behörde „Her Majesty´s Revenue and Customs“ unterstellt121: - Inland Revenue (Ertragsteuern und Sozialabgaben) und - Customs & Excise (Umsatzsteuer, Zoll und Verbrauchsteuern) Im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung sind die beiden einst selbständigen Behörden seit April 2005 organisatorisch zu einem Amt, dem „Her Majesty Inland Revenue and Customs“ (HMRC) zusammengelegt worden122. Die Steuerverwaltung spielt in Großbritannien bei der Bekämpfung von Steuerbetrug eine wichtige Rolle. Es existieren gemeinsame Steuer- und Zollverwaltungen123. Mit Blick auf die Zuständigkeit für die Bekämpfung der Steuerkriminalität ist die Steuerverwaltung für die Leitung und Durchführung von Ermittlungen zuständig124. Dabei hat „Her Majesty´s Revenue & Customs (HMRC)“ in Großbritannien seit 2016 einen spezifischen Fraud Investigation Service (FIS), der sich mit Steuerkriminalität im Zusammenhang mit zivilrechtlicher und strafrechtlicher Expertise befasst. HMRC ist keine Strafverfolgungsbehörde, sondern arbeitet mit unabhängigen Staatsanwälten zusammen. In Großbritannien existieren zudem gesonderte Stellen, die mit der Einhaltung der Steuervorschriften durch Personen in hohen Einkommensklassen betraut sind125. Zur Strafverfolgung von Steuerkriminalität besteht in Großbritannien eine zentrale Strafverfolgungsbehörde126. Großbritannien setzt Steuerzahlern, die ihren Steuerpflichten nicht nachgekommen sind, zudem Anreize 120 Vgl. Information der OECD, abrufbar unter: http://www.oecd.org/berlin/themen/steuervollzug/ 121 Altmann, in Mennel/Förster, Steuern, 110. Lieferung 2017, Großbritannien, Rn. 8ff. 122 Altmann, in Mennel/Förster, Steuern, 110. Lieferung 2017, Großbritannien, Rn. 8ff. 123 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 34. 124 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 35. 125 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 37. 126 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 38. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 29 zur Selbstanzeige. So setzt HMRC bei Steuerhinterziehung und Steuerunehrlichkeit auf eine stufenweise Intervention, die das Angebot zur Selbstanzeige umfasst127. Weiterhin setzt HMRC in Großbritannien auf eine gütliche Regelung der Steuerstreitigkeiten mit dem Steuerzahler, bei dem es darum geht, das für den Fiskus bestmögliche Ergebnis zu erreichen. So lässt sich HMRC generell nur dann auf einen Steuerstreit ein, wenn die potenziellen Gesamteinnahmen , um die es geht, dies rechtfertigen128. Seitens HMRC wird betont, dass die Minimierung des Spielraums für Dispute und das Bemühen um gütliche Lösungen dazu beitragen, die Streitbeilegungskosten des HMRC zu senken129. Die Zentrale Meldestelle für Geldwäsche-Verdachtsanzeigen (Financial Intelligence Unit - FIU) ist in Großbritannien dem Bereich der Strafverfolgung zuzuordnen und hat eine besondere Rolle bei der Bekämpfung der Geldwäsche. Mit Blick auf die Funktion der FIU, Meldungen verdächtiger Transaktionen an die zuständigen Behörden (Steuer- und Strafverfolgungsbehörden) weiterzuleiten , besteht in Großbritannien ein System der Mehrfachmeldungen, wonach die betroffenen Stellen ihren Bericht gleichzeitig sowohl an die FIU, als auch den zuständigen Behörden übermitteln . Im Zusammenhang mit Steuerstraftaten kann eine Analyse der Verdachtsmeldungen daher von verschiedenen Einrichtungen vorgenommen werden130. In Großbritannien ist die nationale Finanzaufsichtsbehörde für die Beaufsichtigung der Anti- Geldwäsche-Aktivitäten der Finanz/Bankinstitute zuständig. Die Aufsicht wird von einer unabhängigen Stelle durchgeführt131. 7.2. Strategischer Ansatz des HMRC Der strategische Ansatz des HMRC geht davon aus, dass zutreffende und verlässliche Informationen , die die Steuerpflichtigen dem HMRC übermitteln, die Grundlage eines erfolgreich funktionierenden Steuersystems sind. HMRC setzt dabei eine Reihe verschiedener Instrumente ein, um die erforderlichen steuerlichen Informationen zu erlangen. Das „Strategic Picture of Risk“ (SPR) ist das wichtigste Instrument zur Einschätzung von Steuerbetrugsrisiken und beruht auf Daten, 127 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 49. 128 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 50. 129 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 50. 130 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 39. 131 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 40. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 30 Analysen und (internen) Unternehmensinformationen.132 Es wird eingesetzt, um Risiken wie kriminelles Verhalten, Risiken, die aus der Änderung von Geschäftsmodellen erwachsen und weiteren wirtschaftlichen Risiken, z.B. im Zusammenhang mit Online-Marktplätzen, zu begegnen133. Ein zentraler Ansatz des HMRC, Unternehmen die Erfüllung ihrer steuerlichen Verpflichtungen zu erleichtern, ist die Digitalisierung („Making Tax Digital“). Hintergrund ist, dass Nachlässigkeiten seitens der steuerpflichtigen Unternehmen, wie z.B. der Verlust von Rechnungen, erheblich zum Steuerausfall beitragen (9,2 Mrd. GBP im Zeitraum 2016-2017). Um Unternehmen die korrekte Erfüllung ihrer Steuerpflichten zu erleichtern, setzt HMRC auf digitale Instrumente („digital tools“), statt manueller Eingaben oder Informationen in Papierform. Z.B. sind bei der Mehrwertsteuer Unternehmen, deren steuerbarer Umsatz 85.000 GBP übersteigt, seit 1. April 2019 verpflichtet , digitale Instrumente zu benutzen, um ihre Geschäftszahlen anzugeben bzw. Steuerrückerstattungen zu beantragen134. 7.3. Befugnisse des HMRC Bei der Bekämpfung von Steuerbetrug basiert die Strategie des HMRC auf den Prinzipien der Unparteilichkeit und Verhältnismäßigkeit. Sanktionen werden von HMRC bei Nichterfüllung von Steuerpflichten verhängt; im Fall von Steuerbetrug erwägt HMRC die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen. Letztere werden von HMRC nur in Fällen eingesetzt, bei denen ein starkes Signal der Abschreckung erforderlich ist, oder solchen Fällen, bei denen nur eine Strafmaßnahme angemessen erscheint135. Generell wendet HMRC für alle Steuerpflichtigen, von Einzelpersonen bis zu den größten Unternehmen, eine Strategie der Streitbeilegung an, die Steuerstreitigkeiten in fairer, offener und eindeutiger Weise löst („Litigation and Settlement Strategy“)136. 7.4. HMRC´s bedarfsgerechter Ansatz HMRC verfolgt - je nach Gruppen von Steuerpflichtigen - auch basierend auf dem unterschiedlichen Risikoniveau, unterschiedliche Ansätze. Dabei kommt eine Mischung von zivilrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen zum Einsatz137. 132 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 4. 133 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 4. 134 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 5. 135 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 6. 136 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 6. 137 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 31 7.4.1. Kleine und mittlere Unternehmen und Einzelpersonen Bei der Gruppe der Einzelpersonen und KMUs sind die häufigsten Probleme mit Blick auf eine korrekte Besteuerung Irrtümer und Nachlässigkeiten. HMRC setzt daher bei dieser Gruppe darauf, eine korrekte Besteuerung so unkompliziert wie möglich zu machen. Insbesondere die Digitalisierung des Besteuerungssystems spielt dabei eine große Rolle138. Bei Einzelpersonen erfolgt die Besteuerung in den meisten Fällen mithilfe des „Pay As You Earn“ (PAYE) Systems. 7.4.2. Vermögende Privatpersonen Maßnahmen der britischen Regierung, die angemessene Besteuerung vermögender Privatpersonen sicherzustellen sind u.a. eine Reform der Dividendenbesteuerung, mit dem Ziel einer höheren Besteuerung sehr großen Aktienbesitzes. Weiterhin wurde die Höhe der steuerbegünstigten Altersrückstellungen, die über die Gesamtlebensdauer von einer Person angespart werden können , von 1, 8 Mio. GBP im Zeitraum 2011-2012 auf 1, 055 Mio. GBP im Zeitraum 2019-2020 abgesenkt 139. HMRC setzt eine Reihe von Maßnahmen ein, um sicherzustellen, dass vermögende Privatpersonen ihren Steuerpflichten nachkommen. So gibt es spezielle Teams, die die Finanzangelegenheiten , das Verhalten und das Risikoprofil vermögender Privatpersonen ins Auge fassen, unterstützt durch starke datenbasierte Risikoanalyse. Im Zeitraum 2017-2018 konnten durch Maßnahmen des HMRC zusätzliche Steuereinnahmen bei der Gruppe der vermögenden Privatpersonen in Höhe von über 1 Mrd. GBP gesichert werden140. Der spezifische „Fraud Investigation Service“ (FIS) des HMRC, der seit 2016 besteht, konnte in den vergangenen drei Jahren die Zahl der strafrechtlichen Ermittlungen in der Gruppe der vermögenden Privatpersonen versechsfachen141. 7.4.3. Große Unternehmen HMRC unterzieht große Unternehmen in bedeutsamen Umfang der steuerlichen Überprüfung. Untersuchungen und Überprüfungen des HMRC betreffen konstant etwa die Hälfte der größten britischen Unternehmen. Dabei setzt HMRC einen erfahrenen Steuerspezialisten („Senior Tax Specialist“) oder einen „Customer Compliance Manager“ (CCM) für jedes dieser Unternehmen 138 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 8. 139 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 8. 140 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 8. 141 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 32 ein. Aufgabe der genannten Spezialisten ist es sicherzustellen, dass die Unternehmen ihre Steuerpflichten korrekt und fristgerecht erfüllen142. Mit Blick auf die Bekämpfung der Praxis von Unternehmen, ihre Einkünfte mit dem Ziel der Steuervermeidung auf Gesellschaften in Steueroasen verschieben (Base Erosion and Profit Shifting – BEPS), setzt HMRC verschiedene, von der britischen Regierung beschlossene Maßnahmen ein143. Im Bereich grenzüberschreitender Steuergestaltungen durch multinationale Unternehmen hat die britische Regierung u.a. 2015 die „Diverted Profits Tax“ (DPT) eingeführt, um Steuergestaltungen multinationaler Unternehmen zu begegnen, die ihre Gewinne aus Großbritannien weg verlagern, um die Steuerlast zu minimieren. Seit der Einführung bis April 2018 wurden durch DBT 700 Mio. GBP zusätzliche Steuereinnahmen erzielt.144 Die Untersuchungen und Prüfungen von großen Unternehmen durch HMRC führten im Zeitraum 2017-2018 dazu, dass über 9 Mrd. GBP zusätzlicher Steuereinnahmen sichergestellt werden konnten (seit 2010 belief sich die Summe auf über 62 Mrd. GBP). Steuerstreitigkeiten werden - wo erforderlich - auf dem Rechtsweg gelöst, wobei im Zeitraum 2014-2018 in Gerichtverfahren gegen große Unternehmen wegen Steuervermeidung der Erfolg von HMRC 86% aller Fälle betrug 145. 7.4.4. Ansatz der britischen Regierung im Bereich von Steuervermeidungsmodellen Die britische Regierung hat seit dem Jahr 2010 verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Vermarktung und Nutzung von Steuervermeidungsmodellen zu bekämpfen. So wurden höhere Sanktionen und Bußgelder für die Konzeption und Nutzung solcher Modelle eingeführt, um einen damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteil verhindern146. Die Maßnahmen beinhalteten zudem u.a.: - Die erstmalige Einführung einer gesetzlichen Allgemeinen Anti-Missbrauchsregelung im Jahr 2013 (General Anti-Abuse Rule - GAAR). - Die Einführung von sog. „Follower Notices“ und „Accelerated Payment Notices“ (s. Gliederungspunkt 4.). Seit 2014 wurden von HMRC über 81.000 „Accelerated Payment Notices “ (Mitteilungen für eine beschleunigte Zahlung) ausgestellt, die über 8, 7 Mrd. GBP zusätzliche Steuereinnahmen eingebracht haben. 142 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 9. 143 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 9. 144 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 15. 145 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 10. 146 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 33 - Seit dem Jahr 2014 wurde den die DOTAS-Regelungen verstärkt und erweitert (s. Gliederungspunkte 2. und 3.). - 2017 wurde die Veröffentlichung von Steuervermeidungsmodellen für Umsatzsteuer und andere indirekte Steuern eingeführt. Auch der spezifische „Fraud Investigation Service“ (FIS) des HMRC spielt bei der Bekämpfung von Steuervermeidungsmodellen eine wichtige Rolle147. 7.4.5. Ansatz der britischen Regierung im Bereich von Off-Shore Strukturen Großbritannien verweist auf seine Vorreiterrolle bei der Entwicklung neuer internationaler Standards für Steuertransparenz im Rahmen der Arbeiten der OECD (u.a. dem Common Reporting Standard/CRS über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen). Verschiedene Maßnahmen wurden seit 2015 zur Bekämpfung von Steuerbetrug durch Off-Shore Strukturen eingeführt, u.a.: - Verschärfte Strafen und Sanktionen, auch für Personen, die vorsätzlich anderen dabei Hilfe leisten, Steuern durch Off-Shore Strukturen zu hinterziehen, - Die Einführung eines Straftatbestands für juristische Personen, die die Erleichterung von Steuerhinterziehung durch ihre Organe und Vertreter nicht verhindern, - 2017 wurde die Verpflichtung eingeführt, jedwede vergangene Steuerhinterziehung durch Off-Shore Strukturen zu korrigieren („any past offshore tax non-compliance“). Andernfalls werden erheblich erhöhte Sanktionen angedroht, u.a. eine Pflicht zur Zahlung von 200% der geschuldeten Steuern. Seit 2015 erhielt HMRC über 18.000 Mitteilungen von Steuerpflichtigen betreffend die Korrektur von Steuervermeidung durch Off-Shore Strukturen. In der aktualisierten Strategie der britischen Regierung zur Bekämpfung von Off-Shore Steuervermeidungsstrukturen („No Safe Havens 2019“) werden die verschiedenen (geplanten) Maßnahmen aufgezeigt148. In Reaktion auf die Veröffentlichung der Panama-Papiere setzte die britische Regierung am 10. April 2016 eine Panama-Papers-Taskforce unter Leitung der nationalen Steuerbehörde (HMRC) und der National Crime Agency (NCA) ein149. Zudem wurde die Überwachung der Aufsichtsbehörden und der Vollstreckung eingeführt150. Außerdem wurde Ende Juli 2016 das „Joint 147 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 12. 148 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 15. 149 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 63. 150 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 58. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 34 Financial Analysis Centre (JFAC) der Taskforce eingerichtet151. Aufsichtsmaßnahmen wurden indes nicht veranlasst152. 7.4.6. Weitere geplante Maßnahmen Die britische Regierung hat seit dem Jahr 2010 über 100 Maßnahmen gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung eingeführt, mit denen 200 Mrd. GBP zusätzlicher Steuereinnahmen generiert werden konnten153. Mit dem Haushalt 2018 hat die britische Regierung weitere 21 Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung angekündigt. Es wird geschätzt, dass mit diesen Maßnahmen insgesamt zusätzlich Steuern in Höhe von 21 Mrd. GBP im Zeitraum 2023-24 generiert werden können154. Die Differenz zwischen den Steuern, die eingenommen werden sollten, und den tatsächlichen Steuereinnahmen („tax gap“) befindet sich in Großbritannien laut HMRC derzeit nahe einem Rekordtief , und auf dem niedrigsten Stand seit fünf Jahren, was auf die nachhaltigen Bemühungen von HMRC gegen Steuerbetrug zurückzuführen ist155. 8. Verfassungsrechtliche Vorgaben und Möglichkeiten für eine Funktionsverlagerung der Steuerfahndung an den Bund 8.1. Verfassungsrechtliche Vorgaben aus Art. 108 GG Art. 108 Grundgesetz (GG) regelt die Verwaltungszuständigkeit zwischen Bund und Ländern im Bereich der Steuern und Abgaben. Art. 108 Abs. 1 GG weist dem Bund die Verwaltungszuständigkeit für die Zölle, Finanzmonopole, die bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern zu. Den Ländern obliegt die Verwaltung der übrigen Steuern (Abs. 2). Bei Steuern, die ganz oder zum Teil dem Bund zufließen, werden die Länder in Form der Bundesauftragsverwaltung für den Bund tätig (Abs. 3). Die hier relevanten Aufgabenfelder der Bekämpfung von Steuerhinterziehung werden von den Steuerfahndungsstellen und den Straf- und Bußgeldstellen (StraBu) wahrgenommen. Während die Steuerfahndung mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet ist (§ 404 S. 1 AO), nehmen die 151 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 63. 152 Die Kapazität der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Steuerstraftaten, Studie EPRS, Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments, Juli 2017, S. 62. 153 S. Übersicht aller Maßnahmen in Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 22ff. 154 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 2. 155 Tackling tax avoidance, evasion, and other forms of non-compliance, HM Treasury, HM Revenue & Customs, March 2019, S. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 35 BuStra-Stellen staatsanwaltliche Ermittlungsbefugnisse wahr (§ 386 Abs.2 AO). Sachlich zuständig ist die Finanzbehörde, welche die betroffene Steuer verwaltet (§ 387 S. 1 AO). Die einfachgesetzliche Regelung des § 387 AO nimmt insoweit Bezug auf die Verteilung der Verwaltungszuständigkeit in Art. 108 GG. „Nach dem Willen des Gesetzgebers sind die Steuerfahndungsstellen keine selbstständigen Behörden , sondern – wie die Bußgeld- und Strafsachenstellen – unselbstständige Dienststellen der Landesfinanzbehörden (§§ 208 Abs. 1 S. 2, Abs. 2; 404 AO sprechen von mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden).“156 8.2. Einfachgesetzliche Abweichungsmöglichkeiten für eine erweiterte Bundeszuständigkeit Art. 108 Abs. 4 Satz 1 GG enthält eine Abweichungsmöglichkeit von den Verwaltungszuständigkeitsregelungen der Art. 108 Abs. 1 bis 3 GG. Demnach kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bei der Verwaltung von Steuern ein Zusammenwirken von Bundes- und Landesfinanzbehörden sowie für andere Steuern die Verwaltung durch Bundesfinanzbehörden vorgesehen werden, wenn und soweit dadurch der Vollzug der Steuergesetze erheblich verbessert oder erleichtert wird. „Die Kompetenzverteilung des Art. 108 Abs. 1 bis 3 GG ist nicht starr, sondern kann in erheblichem Umfang durch zustimmungsbedürftiges Bundesgesetz modifiziert und ergänzt werden. Die Regelung bringt eine ungewöhnliche Flexibilität in die Ordnung der Kompetenzverteilung hinein . Art. 108 Abs. 4 Satz 1 GG ermächtigt zu drei Formen der Modifikation, nämlich zur Regelung des Zusammenwirkens von Bundes- und Landesfinanzbehörden bis hin zur Mischverwaltung, zur Übertragung von Verwaltungskompetenzen des Bundes auf die Länder und umgekehrt von den Ländern auf den Bund. Die 1969 neu eingeführten Vorschriften sollten bereits bestehende Regelungen verfassungsrechtlich absichern und zugleich künftige Zusammenarbeit und technische Rationalisierungsmaßnahmen (zentrale Betriebsprüfungen, Datenverarbeitung) ermöglichen. Trotz ihrer organisatorischen Gesetzesvorbehalte begründen Art. 108 Abs. 1, 2 und 4 GG keine Parlamentsvorbehalte im Sinne genereller Delegationsverbote. Modifikationen nach Art. 108 Abs. 4 Satz 1 GG dürfen allerdings nicht die Grundstruktur der Zuständigkeitsverteilung des Art. 108 Abs. 1 bis 3 GG umstoßen, vielmehr müssen Durchbrechungen auf Teilbereiche beschränkt bleiben. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit derartiger Regelungen ist zudem an die Bedingung geknüpft, dass der Vollzug der Steuergesetze dadurch erheblich verbessert oder vereinfacht wird. Richtigerweise und entgegen der Auffassung in der Vorauflage ist dabei ein Beurteilungs- und Einschätzungsspielraum des Bundesgesetzgebers anzuerkennen , der der Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht entzogen ist.“157 „Die Kooperations- und Delegationsklausel des Art. 108 Abs. 4 GG wurde durch die Finanzverfassungsreform der ersten Großen Koalition im Jahre 1969 eingeführt, um Ordnung in einen parakonstitutionell gewachsenen kooperativen Föderalismus zu bringen. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat bewusst einen „Beweglichkeitsfaktor“ in die Steuerverwaltungshoheit eingebaut. 156 Tipke/Kruse, AO, § 208 AO Rn. 4 157 Dreier/Heun/Thiele, 3. Aufl. 2018, GG Art. 108 Rn. 23, 24 (beck-online); so auch v. Mangoldt/Klein/Starck/ Kirchhof, 7. Aufl. 2018, GG Art. 108 Rn. 63-65 (beck-online); Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 36 Die Neufassung des Art. 108 Abs. 4 GG im Jahr 1969 sollte mehr, nicht weniger Flexibilität als vorher verfassungsrechtlich ermöglichen oder jedenfalls absichern. Der Verfassungsgesetzgeber wollte verhindern, dass eine „rationelle und neuzeitliche Verwaltung an der verfassungsrechtlichen Trennung der Aufgabenbereiche durch Ländergrenzen scheitert“. Das verfassungsrechtlich anvisierte Ideal ist danach das Bundesgebiet als einheitlicher Verwaltungsraum (oder einheitliches Vollzugsgebiet) für bundeseinheitliche Steuergesetze. Art. 108 Abs. 4 GG eröffnet dazu eine kompetenzrechtliche Flexibilität im Bund-Länder-Verhältnis, die ganz im Dienste der „Verbesserung oder Erleichterung des Vollzugs der Steuergesetze“ steht und der Gewähr der Besteuerungsgleichheit dient. Darauf gestützt sehen §§ 18-21a FVG einfachgesetzlich zahlreiche Formen des Zusammenwirkens von Bund und Ländern und Ländern untereinander vor.“158 Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) betonte in seiner Entscheidung zu den Oberfinanzdirektionen , dass die Neufassung des Art. 108 Abs. 4 GG im Jahr 1969 mehr Flexibilität als vorher verfassungsrechtlich ermöglichen oder jedenfalls absichern sollte.159 Bei der materiellen Voraussetzung der erheblichen Verbesserung oder Erleichterung des Steuergesetzvollzugs handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Kostenersparnisse sollen hierbei schon ausreichen, um diese Voraussetzungen zu erfüllen.160 Das BMF plant derzeit die Einrichtung einer Task Force gegen Steuergestaltungsmodelle am Kapitalmarkt beim BZSt einzurichten. Diese soll Informationen und Daten zu Steuerbetrug zentral sammeln und auch Ansprechpartner für Länderbehörden sein. Die Einrichtung einer derartigen TaskForce wäre von Art. 108 Abs. 4 GG gedeckt. Der Bundesgesetzgeber könnte eine gemeinsame TaskForce zur Bekämpfung besonders schwerer Fälle der Steuerhinterziehung bspw. mit Auslandsbezug einrichten und hierzu punktuelle Fahndungskompetenzen bei einer Bundesfinanzbehörde wie bspw. dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bündeln. Hierbei würde es sich dann um einen Anwendungsfall der Mischverwaltung handeln. Die Öffnungsklausel des Art. 108 Abs. 4 GG wäre ferner auch auf eine Übertragung von Ermittlungsbefugnissen der Steuerfahndung für besondere Personengruppen oder Fallkonstellationen auf die Bundesfinanzbehörden anwendbar. Denkbar sind hier u.a. Ermittlungsbefugnisse für Steuerpflichtige mit besonders hohen Einkünften oder mit (hohen) ausländischen Einkünften. Die verfassungsrechtliche Grenze des Art. 108 Abs. 4 GG würde erst dann überschritten, wenn die grundsätzliche Aufgabenverteilung des Art. 108 Abs. 1 bis 3 GG unterlaufen würden oder die Anforderungen des Absatz 4 durch die Übertragung nicht erfüllt wären. So können unter Berufung auf Art. 108 Abs. 4 GG keine Übertragung von Verwaltungskompetenzen für den Vollzug ganzer Steuerarten vorgenommen werden. Auch bei einer Übertragung von Kompetenzen für spezielle Aufgabenfelder sind die Grenzen des Art. 108 GG zu beachten. So reicht der Anwendungsbereich der Öffnungsklausel des Absatzes 4 158 Drüen; Klaus-Dieter: „Verfassungsvorgaben für die Organisation der Finanzverwaltung“ in: Die Organisation des Verfassungsstaats : Festschrift für Martin Morlok zum 70. Geburtstag; herausgegeben von Julian Krüper, S. 596 f. 159 BVerfG, Beschluss vom 27. Juni 2002 – 2 BvF 4/98 –, BVerfGE 106, 1-28, Rn. 100 (juris) 160 Kloepfer, Michael: „Finanzverfassungsrecht mit Haushaltsverfassungsrecht“, S. 209, Rn. 35 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 37 nur soweit, wie die Verwaltung für Steuern im Sinne der Finanzverfassung des GG es erfordert. Etwaige Kompetenzverlagerungen im Zuständigkeitsbereich der Justiz, der Geldwäschebekämpfung oder allgemeiner polizeilicher Aufgaben können daher nicht gestützt auf Art. 108 Abs. 4 GG auf den Bund verlagert werden. 9. Datenübermittlung zwischen den Ländern und an andere europäische Mitgliedsstaaten 9.1. Datenübermittlungsbefugnisse zwischen den Landesfinanzbehörden Mit dem Steuermodernisierungsgesetz vom 18.7.2016 wurde § 118b AO neu in die Abgabenordnung aufgenommen. Darin ist die Ermächtigung enthalten für Zwecke eines Verwaltungsverfahrens in Steuersachen, eines Strafverfahrens wegen einer Steuerstraftat oder eines Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit von Finanzbehörden gespeicherte Daten zum gegenseitigen Datenabruf bereitstellen zu dürfen. Diese dürfen dann von den zuständigen Finanzbehörden zur Verhütung, Ermittlung oder Verfolgung von länderübergreifenden Steuerverkürzungen, Steuerverkürzungen von internationaler Bedeutung oder Steuerverkürzungen von erheblicher Bedeutung untereinander abgerufen werden, im Wege des automatisierten Datenabgleichs überprüft , verwendet und gespeichert werden, auch soweit sie durch das Steuergeheimnis geschützt sind. Dabei sind die Anwendungsvoraussetzungen des § 118b AO gegenüber den strafrechtlichen Voraussetzungen der Steuerhinterziehung deutlich reduziert worden, da die Steuerverkürzung in § 118b AO lediglich den objektiven Tatbestand des § 370 AO abbildet. Die Datenübermittlung ist somit nicht an den Nachweis des Vorsatzes gekoppelt. „Dieser Terminus ist aber nicht inhaltsgleich mit dem Begriff der Steuerstraftat bzw. Steuerordnungswidrigkeit : Die Steuerverkürzung ist objektives Tatbestandsmerkmal von § 370 AO, welches vorliegt, soweit Steuern nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Der Begriff Steuerverkürzung stellt mithin allein auf den objektiven Taterfolg ab, nicht aber – wie es zur Verwirklichung von Steuerstraftaten oder Steuerordnungswidrigkeiten grundsätzlich notwendig wäre – auf eine subjektive Komponente. Im Ergebnis kann es damit für die Übermittlung der Daten gemäß § 88b Abs. 1 AO nach dem Wortlaut der Norm tatbestandlich ausreichen, dass ein anlassloses präventives Interesse zur Verhinderung von vorsatzlosen Steuerminderzahlungen in erheblichem Maße vorliegt. Bemerkenswert ist schließlich der Umfang der Datenverwendungsmöglichkeiten durch die Finanzverwaltung. § 88b Abs. 1 AO gestattet neben dem Abruf auch die vollumfängliche und vorbehaltlose Überprüfung, Verwendung und Speicherung der Daten. Die Vorschrift differenziert nicht nach Art der Daten, sondern bezieht sich auf sämtliche Daten, die zu den in § 88 Abs. 1 S. 1 AO aufgezählten Zwecken gespeichert wurden. Die Finanzverwaltung -erhält so auf Anfrage ein ausdifferenziertes Datenbild des Steuerpflichtigen und kann durch die umfassende Verwendungsmöglichkeit dieser Daten bestimmte Suchalgorithmen etablieren, mit dem ein Abgleich nach bestimmten Wesensmerkmalen möglich wird.“161 161 Beckmann, Christian: „Verfassungswidrigkeit des länderübergreifenden Abrufs und der Verwendung von Daten gemäß § 88b AO“ in DStR 2017, 971 (972) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 38 An der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des weiten Anwendungsbereichs des § 88b AO wurden in der Literatur bereits Zweifel geäußert162, da das Recht auf informationelle Selbstbestimmung unverhältnismäßig stark eingeschränkt werde. Es wird in diesem Zusammenhang eine teleologische Reduktion der Norm163 angeregt. Der Handlungsspielraum des Gesetzgebers für eine weitere Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 88b AO für länderübergreifende Kooperationen dürfte daher kaum vorhanden sein. Die Norm ist bereits jetzt so gefasst, dass auch für länderübergreifende Kooperationsprojekte und punktuelle Aufgabenverlagerungen an Bundesfinanzbehörden ein Datenaustausch für Zwecke der Verfolgung von Steuerstraftaten möglich wäre. 9.2. Mitteilungspflichten von anderen Behörden zu Steuerstraftaten § 116 AO sieht eine Mitteilungspflicht von Verdachtsfällen einer Steuerstraftat anderer Behörden an das BZSt vor. Gerichte und die Behörden von Bund, Ländern und kommunalen Trägern der öffentlichen Verwaltung, die nicht Finanzbehörden sind, haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die auf eine Steuerstraftat schließen lassen, dem Bundeszentralamt für Steuern oder, soweit bekannt, den für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden mitzuteilen. Soweit die für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden nicht bereits erkennbar unmittelbar informiert worden sind, teilt das Bundeszentralamt für Steuern ihnen diese Tatsachen mit. Für Verdachtsfälle der Geldwäsche sieht § 32 Abs. 6 GwG eine Mitteilungspflicht der Strafverfolgungsbehörden an die Finanzämter vor. Für die Etablierung einer bundesweiten Steuerfahndung wären die bestehenden Datenübermittlungsverpflichtungen somit ausreichend. Da die Mitteilungsverpflichtungen für Bundesbehörden wie die Bafin vorrangig gegenüber dem BZSt bestehen, wäre sichergestellt, dass die bundesweiten Verdachtsmeldungen zunächst hier eingehen würden. Die Weiterleitung an die zuständigen Landesfinanzbehörden würde sodann dem BZSt obliegen. 9.3. Datenübermittlungsbefugnisse an EU-Behörden und andere Mitgliedsstaaten 9.3.1. Mitteilungen in Steuerstrafsachen § 117a AO regelt „die personenbezogene Übermittlung von Daten durch deutsche Steuerfahndungsstellen an Strafverfolgungsstellen in anderen EU-Staaten bzw. in Schengen-assoziierten Staaten zwecks Verhütung einer Straftat. Hingegen regelt § 117b die Verwendung von Daten, die die deutsche Steuerfahndung von Strafverfolgungsbehörden aus anderen EU-Staaten erhalten hat. Zweck des § 117a ist die Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von vorhandenen oder verfügbaren Informationen zwecks Verhütung von Straftaten, und zwar nicht nur die Verhütung von Steuerstraftaten, sondern von jeglichen Straftaten. 162 Beckmann: ebenda 163 Beckmann, S. 975 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 39 § 117a wurde durch Art 10 des Gesetz über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 21.7.2012164 eingeführt und gilt ab dem 26.7.2012. Ursprünglich sollte lediglich in einem neuen Absatz 5 des § 117 eine grenzüberschreitende Datenübermittlung ermöglicht werden165. Auf Anregung des Bundesrats wurde jedoch der weitergehende § 117a verabschiedet .166 Hintergrund der Neuregelung ist der Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Europäischen Rates über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 18.12.2006167, sogenannte Schwedische Initiative. Danach soll die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität im Wege einer engeren Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten herbeigeführt werden. Der Beschluss ist eine Reaktion auf den Wegfall der Binnengrenzen. Da im Steuerrecht strafrechtlich relevante Informationen (zum Beispiel über Schwarzgelder, Drogengeschäfte) nicht bei den einzelnen Finanzämtern, sondern bei der Steuerfahndung gesammelt werden, werden nach § 117a die Steuerfahndungsstellen mit der Übermittlung der Informationen betraut. Vergleichbare Übermittlungspflichten sind durch das Gesetz vom 26.7.2012 für die Behörden des Zollfahndungsdienstes (§ 34a ZFdG) und der Zollverwaltung (§ 11a ZollVG sowie § 6a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ) sowie für Polizeibehörden (§ 92 IRG), für das Bundeskriminalamt (§ 14a Bundeskriminalamtgesetz) und für die Bundespolizei (§ 32a BPolG) eingeführt worden.“168 „§ 117a hat folgenden Inhalt: Absatz 1 und 2 regeln die Übermittlung personenbezogener Daten durch deutsche Steuerfahndungsstellen an Strafverfolgungsbehörden in anderen EU-Staaten; dies wird einerseits durch Absatz 7 und 8 ergänzt und andererseits durch Absatz 5 und 6 eingeschränkt. Absatz 3 und 4 ermöglichen Spontanauskünfte durch deutsche Steuerfahndungsstellen, wobei Absatz 5 und 6 ebenfalls Einschränkungen enthalten.“169 Die Mitteilungen aus Deutschland an die Steuerbehörden anderer EU-Mitgliedsstaaten erfolgen im Rahmen des § 117a AO jedoch nur auf entsprechende Auslandsanfrage. Eine proaktive Mitteilungspflicht für Steuerstraftaten an eine europäische (Aufsichts-)Behörde oder ein europaweites Register existiert bislang noch nicht. Die Einrichtung eines derartigen steuerstrafrechtlichen Datenverbundsystems begegnet im Hinblick auf das Steuergeheimnis in § 30 AO auch rechtlichen Bedenken, denn die Informationen über die betroffenen Steuerpflichtigen würde bei einer europaweiten Datennutzung nicht mehr anlassbezogen von den deutschen Finanzbehörden bereitgestellt, sondern dauerhaft ausländischen Behörden zur Verfügung gestellt. Die Einrichtung eines derartigen Datenverbundes würde daher eine gesetzliche Regelung erfordern, die § 30 AO explizit hierfür einschränkt. 164 BGBl I 2012, 1566 165 BT-Drs. 17/5096, S. 13 166 BT-Drs. 17/5096, S. 35 167 ABl. EU 2006 Nr L 386, 89, berichtigt im ABl. EU 2007 Nr L 75, 26 168 Klein/Rätke, 14. Aufl. 2018, AO § 117a Rn. 1 169 Klein/Rätke, 14. Aufl. 2018, AO § 117a Rn. 4 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 167/19 Seite 40 9.3.2. Mitteilungen zu (Verdachts-)Fällen der Geldwäsche Das Geldwäschegesetz sieht in den §§ 18ff. GwG ein nationales Transparenzregister und in § 26 GwG die Bereitstellung bestimmter national registrierter Fälle und personenspezifischen Daten im Zusammenhang mit der Geldwäschebekämpfung in einem europäischen Register vor. § 26 Abs. 2 GwG sieht zudem die europaweite Vernetzung des deutschen Transparenzregisters vor. Gemäß § 27 GwG ist die Zentrale Meldestelle zur Verhinderung, Aufdeckung und Unterstützung bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nach Artikel 32 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2015/849 die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen. Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen ist organisatorisch eigenständig und arbeitet im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse fachlich unabhängig. Für eine Kooperation zwischen Bund und Ländern im Bereich der Geldwäschebekämpfung wären somit die notwendigen Datenübermittlungsbefugnisse sowohl national als auch in einem europäischen Datenverbund vorhanden. 10. Grundgesetzänderungen zur Umsetzung von Kompetenzverlagerungen an den Bund Wie bereits festgestellt wurde, eröffnet Art. 108 Abs. 4 GG dem Gesetzgeber eine weitgehende Abweichungsmöglichkeit für die punktuelle Neuordnung von Verwaltungskompetenzen in Steuerangelegenheiten . Eine Änderung des GG wäre erst dann notwendig, wenn die Verwaltung für Steuerarten in Gänze von den Ländern an den Bund verlagert werden sollen oder die Voraussetzungen des Art. 108 Abs. 4 GG in Bezug auf die erhebliche Verbesserung des Steuervollzugs offensichtlich nicht vorliegen würden. ***