© 2019 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 165/19 Umsatzsteuerpflicht für Abgeordnete mit Sonderfunktionen? Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 165/19 Seite 2 Umsatzsteuerpflicht für Abgeordnete mit Sonderfunktionen? Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 165/19 Abschluss der Arbeit: 20. Dezember 2019 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 165/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Umsatzsteuerpflicht für Abgeordnete mit Sonderfunktionen? 4 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 4 - 3000 - 165/19 Seite 4 1. Fragestellung Der Auftraggeber erkundigt sich nach der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Fraktionszulagen , u.a. für die Funktion des Justiziars, der als Abgeordneter juristische Leistungen für seine Fraktion erbringt. 2. Umsatzsteuerpflicht für Abgeordnete mit Sonderfunktionen? Laut Verfügung der OFD Berlin vom 2.5.1979 besteht die Tätigkeit der Abgeordneten nicht aus Leistungen im wirtschaftlichen Sinne und ist daher nicht umsatzsteuerpflichtig. „Die Bezüge der Abgeordneten können nicht als Entgelte für geleistete Dienste und damit nicht als Gegenleistung im wirtschaftlichen Sinne angesehen werden, weil die Abgeordneten nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 des Grundgesetzes keinerlei Weisungen unterliegen und auch keine Dienstleistungen schulden.“1 Ähnlich wird diese Rechtsfrage im Kommentar von Rau/Dürrwächter/Flick eingeschätzt: „Abgeordnete in Parlamenten erbringen mit ihrer dortigen Tätigkeit keine Dienstleistungen, denen ihre Bezüge, Aufwandsentschädigungen usw. als Gegenleistungen gegenüberstehen könnten. Sie üben keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSysRL) aus und sind (insoweit) nicht Unternehmer.“2 Die Zulagen für Parlamentarische Geschäftsführer und Fraktionsvorsitzende werden ebenfalls als nicht umsatzsteuerpflichtig behandelt, da sie in Ausübung des Mandats erfolgen.3 Überträgt man diese Grundgedanken auf die Tätigkeit von Justiziaren, die als Mitglieder des Deutschen Bundestages ihre Fraktion juristisch beraten, so liegt auch hier eine umsatzsteuerfreie Leistung vor. Die Tätigkeit des Justiziars wird von Abgeordneten ebenfalls weisungsfrei ausgeübt, denn es wird hierfür kein Arbeitsvertrag zwischen dem Justiziar und der Fraktion abgeschlossen. Die Tätigkeiten beziehen sich zudem auf rein innerparlamentarische Vorgänge. Werden die Zulagen unabhängig von der konkreten Tätigkeit des Justiziars gezahlt, so kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass hier eine (konkrete) Gegenleistung mittels Entgelt entlohnt werden soll. Zu einer anderen Beurteilung könnte man dagegen kommen, wenn der Justiziar für die Fraktion als Prozessbevollmächtigter auftreten würde und hierfür eine Zahlung erhielte. Es handelte sich bei der Vertretung vor Gericht sodann um eine wirtschaftliche Leistung, die auch von einem Rechtsanwalt außerhalb der Bundestagsfraktion erbracht werden könnte. In diesem Fall würde der Justiziar seine Prozessvertretung nach den Weisungen der Fraktion/des Vorstands ausrichten. Ein derartiges Entgelt für Prozessvertretungen wäre daher umsatzsteuerpflichtig. *** 1 OFD Berlin, Verfügung vom 2.5.1979, St 436 – S 7100 – 6/79; UStR 1980, S. 78 2 Rau/Dürrwächter/Flick/Geist: UStG, § 2 Rn. 267 3 Wissenschaftliche Dienste: Infobrief Steuerrecht für Abgeordnete (2017); https://www.bundestag.de/resource /blob/531172/1124e9ab20791ef7ea471cca805bb7ae/Steuerrecht-fuer-Abgeordnete-data.pdf [zuletzt abgerufen am 20.12.2019]