© 2020 Deutscher Bundestag WD 4 - 3000 - 163/19 Verfassungsrechtliche Aspekte der Rentenbesteuerung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 2 Verfassungsrechtliche Aspekte der Rentenbesteuerung Aktenzeichen: WD 4 - 3000 - 163/19 Abschluss der Arbeit: 27. Januar 2020 Fachbereich: WD 4: Haushalt und Finanzen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung und Einführung 4 2. Systemumstellung von vorgelagerter Rentenbesteuerung zur nachgelagerten Rentenbesteuerung 4 2.1. Vorgelagerte Rentenbesteuerung als Referenzpunkt 4 2.2. Nachgelagerte Rentenbesteuerung (Konsumsteuer) als Referenzpunkt 5 3. Verfassungsrechtlich bereits geklärte Fragestellungen der reformierten Rentenbesteuerung 6 3.1. Verfassungsmäßigkeit der nachgelagerten Besteuerung der Renten 6 3.2. Verfassungsmäßigkeit der (dauerhaften) Begrenzung der Abziehbarkeit der Beiträge 6 3.3. Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelung 7 3.3.1. Gleicher Besteuerungsanteil für alle Rentner trotz erheblich unterschiedlicher Vorbelastung der Beiträge 7 3.3.2. Unterschiedliche Besteuerung von Renten der Basisversorgung und Renten aus privaten Rentenversicherungen trotz der bis Veranlagungszeitraum 2004 identischen Abzugsmöglichkeit der Beiträge 7 3.3.3. Voller Steuerzugriff auf Rentenerhöhungen auch in der Übergangszeit 8 3.3.4. Vertrauensschutz, Rückwirkungsverbot und Übermaßbesteuerung 8 4. Offene verfassungsrechtliche Fragen 8 4.1. Merkmale der Doppelbesteuerung in Rechtsprechung und Literatur 9 4.2. Intention des Gesetzgebers zur Vermeidung der Doppelbesteuerung 12 4.3. Einschätzungen in der Literatur zur Doppelbesteuerung in der Übergangsphase 13 4.4. Begutachtung der verfassungsrechtlichen Zweifelsfragen in der Dissertation von Hopf 14 4.4.1. Doppelte Besteuerungen bei Bestandrentnern? 14 4.4.2. Doppelte Besteuerungen bei künftigen Rentenkohorten 15 5. Parlamentarische Anfragen zur Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung 17 6. Aussagen des BVerfG zur doppelten Besteuerung in der Übergangsphase des Alterseinkünftegesetzes 18 7. Zusammenfassung 22 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 4 1. Fragestellung und Einführung Der Auftraggeber erkundigt sich nach der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Rentenbesteuerung insbesondere für die Übergangsjahrgänge von einer vorgelagerten hin zur nachgelagerten Rentenbesteuerung. Hierzu verweist er auf die aktuelle Presseberichterstattung zur Kommentierung des Richters am Bundesfinanzhof Kulosa, der die Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelungen zur nachgelagerten Rentenbesteuerung in einem Gesetzeskommentar in Frage gestellt hatte. Der Auftraggeber möchte zu dieser Thematik ferner die aktuellen Antworten der Bundesregierung zusammengestellt erhalten. Im Nachfolgenden wird zunächst ein Überblick über die wesentlichen Unterschiede der vor- und nachgelagerten Rentenbesteuerung gegeben (2.). Sodann werden die bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärten Aspekte skizziert (3.). Daran anschließend wird der Diskussionsstand in der Literatur zu offenen verfassungsrechtlichen Aspekten des Alterseinkünftegesetzes referiert (4.), bevor die Antworten der Bundesregierung auf aktuelle parlamentarischen Anfragen zu dieser Thematik dargestellt werden (5.). Abschließend werden die wesentlichen Inhalte des BVerfG-Nichtannahmebeschlusses zum Übergangsrecht der Rentenbesteuerung wiedergegeben (6.). 2. Systemumstellung von vorgelagerter Rentenbesteuerung zur nachgelagerten Rentenbesteuerung „Um einen Maßstab zur Identifizierung einer Doppelbesteuerung in der Übergangsphase zur nachgelagerten Rentenbesteuerung zu entwickeln, kann auf zwei Referenzsteuersysteme abgestellt werden: Den Vermögensvergleich und damit ein Einkommensteuersystem oder die nachgelagerte Besteuerung und damit ein Konsumsteuersystem.“1 2.1. Vorgelagerte Rentenbesteuerung als Referenzpunkt „In einem Einkommensteuersystem dient der Vermögensvergleich dazu, Rückflüsse aus der Ersparnis bzw. Investition in steuerpflichtige und steuerlich irrelevante Zahlungen aufzuteilen. Steuerlich unbeachtlich ist die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals, da dieses aus bereits versteuertem Einkommen stammt. Hingegen stellt die über das eingesetzte Kapital hinausgehende Vermögensmehrung steuerliches Einkommen dar.2 Im Beschluss des BVerfG vom 6.3.2002, der den Ausgangspunkt für die Umstellung auf die nachgelagerte Rentenbesteuerung darstellt, führt das Gericht aus: „Nach gegenwärtig geltendem Einkommensteuerrecht gilt grundsätzlich: Steuerbares Einkommen ist nur der erstmalige Zufluss (die erstmalige Realisierung) einer Vermögensmehrung , nicht dagegen der erfolgsneutrale Vermögenstausch“. Wird dagegen Vermögen, das bereits der Einkommensteuer unterlegen hat, ein zweites Mal besteuert, liegt eine verfassungsrecht- 1 Chirvi, Malte und Maiterth, Ralf: „Doppelbesteuerung beim Übergang zur nachgelagerten Besteuerung gesetzlicher Renten?“ in: StuW 2019, 130 – 143 (131) 2 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.9.2015 – 2 BvR 1066/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 5 lich zu beanstandende Doppelbesteuerung vor. Falls die aus der Ersparnis/Investition resultierenden gesamten Rückflüsse niedriger als das eingesetzte Kapital ausfallen, entsteht ein steuerlicher Verlust. Bezogen auf die (Einkommens-)Besteuerung von Renten bedeutet dies, dass Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet werden müssen und von den Rentenrückflüssen lediglich die Verzinsung der angesparten Rentenbeiträge besteuert werden darf. Dies entspricht dem System der sogenannten „vorgelagerten Besteuerung“, welches Musil als “klassische Einkommensbesteuerung “ bezeichnet. Dieses System stand bei der Besteuerung gesetzlicher Renten bis einschließlich 2004 Pate, wenngleich es nur unvollkommen umgesetzt war. Die (teilweise) Steuerfreistellung von Rentenbeiträgen durch § 3 Nr. 62 EStG (gesamter Arbeitgeberanteil) und § 10 EStG (Teile des Arbeitnehmeranteils) stellte eine Steuervergünstigung dar, wohingegen die Ertragsanteilsbesteuerung in der Rentenphase zumindest konzeptionell lediglich eine pauschalierte Zinsbesteuerung bedeutete.“3 2.2. Nachgelagerte Rentenbesteuerung (Konsumsteuer) als Referenzpunkt „Das System der „nachgelagerten Besteuerung“ hat die vollständige Steuerfreistellung der während der Rentenanwartschaftsphase geleisteten Beiträge und korrespondierend die vollständige Besteuerung der in der Rentenbezugsphase erhaltenen Renten zum Inhalt. Damit folgt auch die nachgelagerte Besteuerung dem Leitbild der Einmalbesteuerung. Jedoch ist diese Form der Besteuerung gesetzlicher Renten keine Einkommen-, sondern eine Konsumsteuer in Form einer „sparbereinigten Einkommensteuer“. Eine sparbereinigte Einkommensteuer zeichnet sich dadurch aus, dass gespartes Einkommen von der Bemessungsgrundlage abziehbar und damit steuerfrei gestellt ist; das Einkommen wird um die Ersparnisbildung „bereinigt“. Korrespondierend dazu werden sämtliche spätere Rückflüsse (= ersparte Mittel inklusive der darauf anfallenden Zinsen) voll versteuert. Aus diesem Grunde handelt es sich bei der „sparbereinigten Einkommensteuer“ nicht um eine Einkommen- sondern eine Konsumsteuer, welche lediglich den konsumierten Teil des Einkommens erfasst. Anders als in einem Einkommensteuersystem ist ein Vergleich der gesparten Beträge mit den später daraus resultierenden Rückflüssen entbehrlich. Ob die kumulierten Rückflüsse höher oder niedriger ausfallen als die kumulierte Ersparnis, ob also ein Gewinn oder ein Verlust erzielt wird, ist irrelevant . Da das gesparte Einkommen bereits im Zeitpunkt der Ersparnisbildung steuermindernd abgezogen wird, wird ein „Verlust“ unabhängig von etwaigen Rückflüssen steuerlich immer „realisiert “.4 3 Chirvi/Maiterth: aaO., S. 131 f. 4 Chirvi/Maiterth: aaO., S. 132 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 6 3. Verfassungsrechtlich bereits geklärte Fragestellungen der reformierten Rentenbesteuerung 3.1. Verfassungsmäßigkeit der nachgelagerten Besteuerung der Renten In ständiger Rechtsprechung geht der Bundesfinanzhof (BFH) davon aus, dass die grundlegende Systemumstellung von der vorgelagerten auf die nachgelagerte Besteuerung der Sozialversicherungsrenten und vergleichbarer Bezüge verfassungsgemäß ist.5 Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich dem angeschlossen.6 „Dies war auch nicht anders zu erwarten, da es gerade das BVerfG war, das die gesetzliche Neuregelung angestoßen hatte.7“8 3.2. Verfassungsmäßigkeit der (dauerhaften) Begrenzung der Abziehbarkeit der Beiträge „Obwohl die künftigen Rentenbezüge nach Abschluss der Übergangszeit in vollem Umfang einkommensteuerpflichtig sein werden, sieht der Gesetzgeber die Beitragszahlungen nicht als Erwerbsaufwendungen an, sondern hat sie den Sonderausgaben zugeordnet. Dies kann in bestimmten Fällen ungünstig für den Steuerpflichtigen sein, zum Beispiel in Verlustjahren sowie beim Abzug von außergewöhnlichen Belastungen. Gleichwohl haben BFH und BVerfG diese Zuweisung gebilligt, auch wenn sie die Altersvorsorgeaufwendungen „ihrer Rechtsnatur nach“ als vorweggenommene Werbungskosten zu den Einkünften aus § 22 Nr. 1 EStG ansehen.9“10 „Auch die dauerhafte Begrenzung des Sonderausgabenabzugs auf – für den Normalfall recht großzügig bemessene – Höchstbeträge wurde höchstrichterlich gebilligt.11 Dies gilt ungeachtet dessen, dass auch diejenigen Teile der künftigen Rentenbezüge, die auf Beiträgen beruhen, die wegen Überschreitens der Höchstbeträge nicht abziehbar waren, in vollem Umfang steuerpflichtig sein werden.“12 5 Mit ausführlicher Begründung z.B. BFH v. 26.11.2008 – X R 15/07, BStBl. II 2009, 710, DStR 2009, 32, unter II.2.a. 6 BVerfG v. 29.9.2015 – 2 BvR 2683/11, BStBl. II 2016, 310, DStR 2015, 2757 Rn. 34. 7 BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, DStRE 2002, 349. 8 Kulosa, Egmont: „Verfassungsfragen der Rentenbesteuerung – bereits geklärte und noch offene Fragen“ in DStR 2018, 1413 – 1417 (1413) 9 Zuletzt BFH v. 23.11.2016 – X R 41/14, BStBl. II 2017, 773, DStRE 2017, 835 Rn. 33; BVerfG v. 14.6.2016 – 2 BvR 290/10, BStBl. II 2016, 801, BeckRS 2016, 48687 Rn. 44 ff. 10 Siehe Fn. 4 11 BFH v. 18.11.2009 – X R 34/07, BStBl. II 2010, 414, DStRE 2010, 85, unter B.I.2.c; BVerfG v. 14.6.2016 – 2 BvR 290/10, BStBl. II 2016, 801, BeckRS 2016, 48687 Rn. 50 ff. 12 Siehe Fn. 4 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 7 3.3. Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelung „Die eigentlichen Probleme liegen daher nicht in der Zulässigkeit der Systemumstellung als solcher oder in der Begrenzung der Abzugsmöglichkeiten der Altersvorsorgeaufwendungen, sondern in den außerordentlich komplexen und sehr langfristig wirkenden Übergangsregelungen. Auch wenn diese nur sehr grob typisieren und sicherlich auch bessere Ausgestaltungen denkbar gewesen wären, hat die Rechtsprechung die Grundkonzeption gebilligt.13 Dies gilt insbesondere hinsichtlich der folgenden Problembereiche: 3.3.1. Gleicher Besteuerungsanteil für alle Rentner trotz erheblich unterschiedlicher Vorbelastung der Beiträge „Der in § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG genannte Besteuerungsanteil (anfänglich 50 % bei einem Renteneintritt bis einschließlich 2005; bei einem Renteneintritt im Jahr VZ 2018 beträgt der Besteuerungsanteil bereits 76 %) ist unabhängig davon, in welchem Umfang die früheren Altersvorsorgeaufwendungen steuerfrei gestellt waren. Der Umfang der Steuerfreistellung der Beiträge weist jedoch in Abhängigkeit von der Erwerbsbiographie des jeweiligen Steuerpflichtigen erhebliche Unterschiede auf. So waren bei Arbeitnehmern stets mindestens 50 % der Beiträge (nämlich der Arbeitgeber-Anteil) steuerfrei; hinzu kam der Sonderausgaben-Abzug für den Arbeitnehmer-Anteil. Demgegenüber mussten frühere Selbständige ihre gesamten Altersvorsorgeaufwendungen aus eigenen Mitteln entrichten und konnten hierfür ebenfalls nur den – früher sehr begrenzten – Sonderausgabenabzug in Anspruch nehmen. BFH und BVerfG haben diese Gleichbehandlung verschiedener Sachverhalte aber mit der weiten Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers 14 gerechtfertigt.“ 3.3.2. Unterschiedliche Besteuerung von Renten der Basisversorgung und Renten aus privaten Rentenversicherungen trotz der bis Veranlagungszeitraum 2004 identischen Abzugsmöglichkeit der Beiträge Renten der Basisversorgung werden mit mindestens 50 % (Neurentner des Veranlagungszeitraums (VZ) 2018 sogar bereits mit 76 %) besteuert. Renten aus privaten Rentenversicherungen sind hingegen dauerhaft nur mit dem niedrigen Ertragsanteil des § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst . bb EStG steuerpflichtig, der bei einem Renteneintritt mit 65 Jahren nur 18 % beträgt. In Altfällen (Vertragsschluss vor 2005) bleiben Kapitalauszahlungen aus derartigen Verträgen sogar steuerfrei (§ 52 Abs. 28 S. 5 iVm § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG aF). Diese Benachteiligung der Basis- Rentner ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aber nicht beanstandet worden.15 13 BFH v. 18.11.2009 – X R 34/07, BStBl. II 2010, 414, DStRE 2010, 85, unter B.I.2.c; BVerfG v. 14.6.2016 – 2 BvR 290/10, BStBl. II 2016, 801, BeckRS 2016, 48687 Rn. 50 ff. 14 BFH v. 26.11.2008 – X R 15/07, BStBl. II 2009, 710, DStR 2009, 32, unter II.2.b aa; v. 6.4.2016 – X R 2/15, BStBl. II 2016, 733, DStR 2016, 1794 Rn. 46; BVerfG v. 29.9.2015 – 2 BvR 2683/11, BStBl. II 2016, 310, DStR 2015, 2757 Rn. 26 ff. 15 BFH v. 4.2.2010 – X R 52/08, BFH/NV 2010, 1253, BeckRS 2010, 25016191 Rn. 35 ff.; BVerfG v. 30.9.2015 – 2 BvR 1066/10, FR 2016, 78, BeckRS 2015, 55596 Rn. 44 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 8 Gleiches gilt für die unterschiedliche Behandlung der Renten der Basisversorgung einerseits und Renten aus Pensionskassen (insbesondere den Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes) andererseits, die ebenfalls nur mit dem geringen Ertragsanteil besteuert werden.16 3.3.3. Voller Steuerzugriff auf Rentenerhöhungen auch in der Übergangszeit Weil der in § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa) EStG genannte Besteuerungsanteil nicht dauerhaft als Prozentsatz der jeweiligen Jahresrente gilt, sondern für die gesamte Dauer des Rentenbezugs ein Absolutbetrag als steuerfreier Rententeil festgeschrieben wird, unterliegen Rentenerhöhungen seit 2005 auch bei Bestandsrentnern in vollem Umfang der Einkommensteuer. Auch dies hat der BFH aber gebilligt.17 3.3.4. Vertrauensschutz, Rückwirkungsverbot und Übermaßbesteuerung Ebenfalls bis hin zum BVerfG entschieden ist, dass die schlagartig erhöhte Besteuerung von Bestandsrenten mit Beginn des Jahres 2005 weder gegen den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Vertrauensschutz – insbesondere das Rückwirkungsverbot – verstößt noch eine verfassungswidrige Übermaßbesteuerung darstellt.18“19 4. Offene verfassungsrechtliche Fragen Weiterhin offen sind jedoch die Einzelfälle einer möglichen Doppelbesteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen. Das BVerfG hatte in seiner Entscheidung vom 6.3.2002 eine Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen und von Bezügen aus dem Ergebnis dieser Vorsorgeaufwendungen gefordert, die so aufeinander abzustimmen sei, dass „in jedem Fall“ eine doppelte Besteuerung vermieden werde.20 In der Literatur werden gegenwärtig die geltenden Regelungen zur Besteuerung der Übergangsjahrgänge bis zum Erreichen der Vollbesteuerung der Versorgungsbezüge ab dem Renteneintrittsjahr 2040 (§ 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG) bezüglich des Verbots der Doppelbesteuerung diskutiert: „Bereits geklärt ist in diesem Zusammenhang, dass ein eventueller Verstoß gegen das Verbot einer doppelten Besteuerung nicht schon in demjenigen Veranlagungszeitraum gerügt werden kann, in dem aufgrund der Übergangsregelung des § 10 Abs. 3 EStG der volle Abzug der Beiträge versagt wird, sondern erst dann, wenn die späteren Altersbezüge in zu großem Umfang als steuerpflichtige Einnahmen erfasst werden sollten. Dies hätte man im Hinblick auf den Rechtscharakter 16 BFH v. 21.6.2016 – X R 44/14, BFHE 254, 545, DStR 2016, 2575 Rn. 49 mwN. 17 BFH v. 26.11.2008 – X R 15/07, BStBl. II 2009, 710, DStR 2009, 32, unter II.3.b aa. 18 BFH v. 19.1.2010 – X R 53/08, BStBl. II 2011, 567, DStRE 2010, 537 Rn. 39 ff.; BVerfG v. 29.9.2015 – 2 BvR 2683/11, BStBl. II 2016, 310, DStR 2015, 2757 Rn. 55. 19 Siehe Fn. 4, S. 1414 ff. 20 BVerfG vom 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, unter D.II. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 9 der Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten durchaus auch anders sehen können. Immerhin muss der Steuerpflichtige aber nicht warten, bis die Summe der ihm bereits zugeflossenen Rentenzahlungen die bei ihm zuvor steuerfrei gestellten Altersvorsorgeaufwendungen übersteigt; er kann eine doppelte Besteuerung vielmehr bereits zu Beginn des Rentenbezugs rügen .“21 Ebenfalls geklärt wurde, „dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird, wenn die Summe der steuerunbelastet bleibenden Teile der voraussichtlichen künftigen Rentenbezüge des jeweiligen Steuerpflichtigen die Summe der von ihm aus versteuertem Einkommen geleisteten entsprechenden Altersvorsorgeaufwendungen übersteigt.22 Zudem entspricht es ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass diese Vergleichsrechnung auf der Grundlage des Nominalwertprinzips vorzunehmen ist.23 Trotz der sehr langen Zeiträume, die zwischen der ersten Beitragszahlung und dem letzten Rentenbezug liegen können, ist daher keine Auf- oder Abzinsung vergangener Beiträge oder künftiger Rentenzahlungen vorzunehmen. Schon dieses Berechnungsdetail trägt in den einschlägigen Vergleichsrechnungen in erheblichem Maße dazu bei, dass die Hürden für die Annahme einer verfassungswidrigen doppelten Besteuerung sehr hoch hängen.“24 4.1. Merkmale der Doppelbesteuerung in Rechtsprechung und Literatur Siepe betont in seinem Aufsatz, dass das BVerfG den Begriff „doppelte Besteuerung“ weder begrifflich noch rechnerisch explizit konkretisiert habe. „Nach der Gesetzesbegründung wird eine doppelte Besteuerung vermieden, wenn Rentenzahlungen in einem Umfang steuerunbelastet zufließen , der mindestens dem Umfang der aus versteuertem Einkommen geleisteten Beiträge entspricht . Diese Auslegung steht nicht im Einklang mit den steuerrechtlichen Leitbildern, dass die aus versteuertem Einkommen aufgebauten Rentenansprüche nach dem System der vorgelagerten Besteuerung zwar nicht in vollem Umfang steuerunbelastet bleiben dürfen, aber nur mit dem Ertragsanteil (Erträge des Rentenstammrechts) zu versteuern sind. Lediglich die aus nicht versteuerten Einkommen aufgebauten Rentenansprüche sind nach dem System der nachgelagerten Besteuerung in vollem Umfang zu versteuern. Eine Doppelbesteuerung wird folglich nur dann vermieden , wenn der zu versteuernde Rentenbetrag (gesetzlicher Besteuerungsanteil) nicht höher ist als der Gesamtbetrag aus einer Ertragsanteilsbesteuerung der mit den versteuerten Beiträgen korrespondieren Rentenanteile und einer Vollversteuerung der mit unversteuerten Beiträgen und beitragsfreien Zeiten korrespondierenden Rentenanteile.“25 21 Kulosa: DStR 2018, 1413, 1415 f. 22 BFH v. 19.1.2010 – X R 53/08, BStBl. II 2011, 567, DStRE 2010, 537 Rn. 69; v. 27.5.2015 – X B 168/14, BFH/NV 2015, 1369, BeckRS 2015, 95364 Rn. 11. 23 BFH v. 19.1.2010 – X R 53/08 (Fn. 23), Rn. 70 ff.; v. 21.6.2016 – X R 44/14 (Fn. 22), Rn. 48; BVerfG v. 29.9.2015 – 2 BvR 2683/11, BStBl. II 2016, 310, DStR 2015, 2757 Rn. 51 24 Kulosa: S. 1416 25 Siepe, Günter: „Systemgerechte kombinierte Ertragsanteils- und Vollversteuerung im Übergangszeitraum zur nachgelagerten Rentenbesteuerung“ in DStR 2019, 2568 – 2573 (2569) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 10 So verlangen beispielsweise Chirvi und Maiterth26, „dass in der Übergangszeit zwischen vorgelagerter und nachgelagerter Besteuerung zwei Besteuerungssysteme aufeinandertreffen, die es abzustimmen gilt“. „Bei diesem Systemwechsel hatte der Gesetzgeber die Aufgabe, den „vorgefundenen Rechtszustand gleitend in eine neue gesetzgeberische Konzeption zu überführen“. Das BVerfG hat in seinem Beschluss betont, dass die Ertragsanteilsbesteuerung ihre Berechtigung als eine systemkonforme Erfassung von Einkünften hat, soweit das Leitbild des Kaufs einer Leibrente durch eine aus versteuertem Einkommen geleisteten Zahlung trage. Dass nach dem Konzept der nachgelagerten Besteuerung statt der Erträge des Rentenstammrechts die tatsächlichen Rentenzuflüsse als Einkommen besteuert werden, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, „soweit die Rentenansprüche aus unversteuertem Einkommen aufgebaut werden konnten oder nur der Teil der Rentenbezüge besteuert wird, der nicht auf Beiträgen beruht oder mit Beiträgen korreliert, die aus versteuertem Einkommen geleistet worden sind“. Folglich dürfen Rentenzuflüsse, die mit Beiträgen korrelieren, die aus versteuertem Einkommen geleistet worden sind, nur mit ihrem Ertragsanteil besteuert werden, weil die Ertragsanteilsbesteuerung ihre Berechtigung als eine systemkonforme Erfassung von Einkünften aus dem Rentenstammrecht hat. Die vom BVerfG geforderte Abstimmung der Besteuerung der Rentenbeiträge mit der Besteuerung der Rentenbezüge durfte daher nicht auf einen bloßen Vergleich der steuerunbelastet zufließenden Rentenzahlungen mit den aus versteuertem Einkommen geleisteten Beiträgen bezogen werden , sondern musste für den Zeitraum, in dem die Systeme der vorgelagerten und nachgelagerten Besteuerung ineinander übergreifen, Regelungen vorsehen, die eine Höherbesteuerung im Vergleich zu einer systemgerechten kombinierten Ertragsanteilsbesteuerung (für die aus versteuertem Einkommen aufgebauten Rentenansprüche) und Vollversteuerung (für die aus unversteuertem Einkommen aufgebauten Rentenansprüche) ausschließt.“27 „In der Rechtsprechung und im ganz überwiegenden Teil der Literatur wird die Auffassung vertreten , „dass eine Rentenzahlung nicht in die steuerliche Bemessungsgrundlage eingerechnet werden darf, soweit sie aus vorgelagert besteuerten Beiträgen stammt“28. Anderenfalls wird ein nicht hinzunehmender Verstoß gegen das Nettoprinzip gesehen. Zur Identifikation einer Doppeloder Mindestbesteuerung werden die in der Rentenanwartschaftsphase geleisteten und aus versteuertem Einkommen stammenden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (versteuerte Beiträge) aufsummiert und der Summe der während der Rentenbezugsphase steuerfrei vereinnahmten Renten (steuerfreie Renten) gegenübergestellt. […] Wenngleich dieser Maßstab zumindest auf den ersten Blick zweckmäßig erscheint, offenbart er bei genauerer Betrachtung erhebliche Schwächen. Eine diagnostizierte Doppelbesteuerung variiert erheblich mit einer Veränderung exogener und damit nicht vom Steuergesetzgeber beeinflussbarer Parameter. Gleiches gilt 26 Chirvi, Malte und Maiterth, Ralf: „Doppelbesteuerung beim Übergang zur nachgelagerten Besteuerung gesetzlicher Renten?“ in: StuW 2019, 130 – 143 (133) 27 Siepe: aaO., S. 2570 28 Rürup, Bert; Altehoefer, Klaus; Bareis, Peter; Rische, Herbert; Schreiber, Hans; Söhn, Hartmut (2003): Abschlussbericht der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen, herausgegeben vom Bundesministerium der Finanzen, März 2003, http://www.sozialpolitik-aktuell.de/tl_files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Alter-Rente/Dokumente/Abschlussbericht -der-Sachverstaendigenkommission.pdf [zuletzt abgerufen am 15.1.2020] Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 11 mit umgekehrten Vorzeichen für eine Mindestbesteuerung. Dies sei exemplarisch anhand der bezogenen Renten dargestellt: 1. Rentenhöhe: Die Rentenhöhe wird von folgenden Größen beeinflusst: a) Inflationsanpassung: Diese wirkt nominal rentenerhöhend, so dass weniger Doppelbesteuerung konstatiert wird. b) „Reallohnentwicklung: Eine positive Reallohnentwicklung wirkt (über den Rentenwert) rentenerhöhend, so dass weniger Doppelbesteuerungsfälle identifiziert werden. c) Einmalige Maßnahmen, wie die Erhöhung der Mütterrente: Auch dies vermindert potentielle Doppelbesteuerungsfälle. d) Riester- und Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenanpassungsformel: Wenn hierdurch das Rentenniveau beispielsweise sinkt, erhöht sich die Anzahl der Doppelbesteuerungsfälle. 2. Rentenbezugsdauer: Die Rentenbezugsdauer wird von folgenden Größen beeinflusst: a) Renteneintrittsalter: Maßnahmen zur Verkürzung des Renteneintrittsalters, wie die „Rente mit 63“, reduzieren und gegenteilige Maßnahmen, wie die „Rente mit 67“ erhöhen die Doppelbesteuerungsproblematik . b) Lebenserwartung: i. Aufgrund der im Zeitablauf steigenden Lebenserwartung wird eine Doppelbesteuerung unwahrscheinlicher. ii. Für Frauen wird auf Grund ihrer längeren Lebenserwartung in weniger Fällen eine Doppelbesteuerung konstatiert als für Männer. Damit besitzt die Doppelbesteuerungsproblematik eine Genderkomponente. iii. Personen mit hohen Einkommen haben eine (signifikant) höhere Lebenserwartung als solche, die nur über ein geringeres Einkommen verfügen. Daher wird eine Doppelbesteuerung bei niedrigen Einkommen wahrscheinlicher.“29 „Aufgrund des erheblichen Einflusses dieser nicht vom Steuergesetzgeber beeinflussbaren Parameter auf die Ergebnisse […] kann der Gesetzgeber keine zielgerichteten Maßnahmen treffen, um Doppel- bzw. Minderbesteuerungsprobleme zu adressieren. Beispielsweise müsste der Besteuerungsanteil von Renten bei Männern niedriger als bei Frauen ausfallen und wäre aufgrund regelmäßiger Rentenanpassungen sowie einer sich ändernden Lebenserwartung ständig neu zu kalibrieren . Da die Ausgestaltung der Rentenbesteuerung von der notwendigen Schätzung der zukünftigen (steuerfreien) Renten abhängt, werden Renten ex post praktisch immer „falsch“ besteuert. Um dies zu vermeiden, bleibt dem Gesetzgeber lediglich die Möglichkeit einer, fiskalisch gesehen , übermäßig großzügigen Ausgestaltung des Übergangs zur nachgelagerten Besteuerung, indem er bei der Bestimmung der Besteuerungsanteile von einem im Zweifelsfall deutlich zu niedrigen Rentenwachstum ausgeht.“30 29 Chirvi, Malte und Maiterth, Ralf: „Doppelbesteuerung beim Übergang zur nachgelagerten Besteuerung gesetzlicher Renten?“ in: StuW 2019, 130 – 143 (133) 30 Chirvi/Maiterth: ebenda Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 12 4.2. Intention des Gesetzgebers zur Vermeidung der Doppelbesteuerung Der Gesetzgeber entschied sich im Jahr 2005 für eine Umstellung von der vorgelagerten zur nachgelagerten Rentenbesteuerung um den Vorgaben des BVerfG zur gleichheitskonformen Besteuerung von gesetzlichen Renteneinkünften und Beamtenpensionen zu entsprechen. Gleichzeitig sollte das verfassungsrechtliche Verbot der Doppelbesteuerung beachtet werden. Im Gesetzentwurf 31 ging der Gesetzgeber davon aus, dass der anfängliche Besteuerungsanteil von 50 Prozent sich am typischen Fall des rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmers orientiert, „bei dem in der Erwerbsphase bis 2004 mindestens die Hälfte der Altersvorsorgeaufwendungen (Arbeitgeberanteil ) steuerunbelastet waren; eine Zweifachbesteuerung wird damit typisierend ausgeschlossen . Da die jährliche Anhebung des Besteuerungsanteils bis auf 100 Prozent im Jahre 2040 mit einer entsprechenden Anhebung der Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen korrespondiert , ist der Grundsatz des Verbots der Zweifachbesteuerung bis zum Ende der Übergangsphase in jedem Jahr typisierend gewahrt (BVerfGE 105, 73 [127]).“32 Zu der möglichen Doppelbesteuerung bei Selbstständigen, die Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung beziehen und bei Nichtpflichtversicherten, soweit ihnen in der Beitragsphase kein steuerfreier Arbeitgeberanteil zustand, sei der Besteuerungsanteil für Leibrenten beginnend mit 50 Prozent für die Bestandsrenten und Neuzugänge im Jahre 2005 gerechtfertigt . „Dieser Personenkreis erhält seit 1961 – anders als Arbeitnehmer – beim Sonderausgabenabzug einen ungekürzten Vorwegabzug, der einen Ausgleich dafür schaffen soll, dass die Altersvorsorgebeiträge in voller Höhe aus eigenen Mitteln aufgebracht werden müssen. Diese Leibrenten beruhen auch deshalb zu einem bestimmten Anteil auf Beiträgen, die aus unversteuertem Einkommen geleistet wurden. Zudem liegen typischerweise auch bei zeitlich überwiegend selbständig Tätigen und Nichtpflichtversicherten gemischte Rentenerwerbsbiographien vor. Dies begründet es, die Leibrenten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, auch soweit sie auf zusätzlich zu den Pflichtbeiträgen geleisteten freiwilligen Beiträgen beruhen, nach Doppelbuchstabe aa zu besteuern. Würden für diese Personengruppe abweichende oder gar individuelle Besteuerungsanteile festgelegt, käme es bei der Prüfung einer möglichen Zweifachbesteuerung auf die frühere steuerliche Behandlung von Beiträgen jedes einzelnen Steuerpflichtigen etwa in den letzten 35 Jahren an. Diese Ermittlungsarbeit kann die Finanzverwaltung nicht leisten. Allein auf die Selbsteinschätzung des Steuerpflichtigen darf im Interesse der Verifikation ebenfalls nicht abgestellt werden (s. BVerfGE 84 ,239). Gewisse Härten, die sich im Einzelfall bei Umsetzung dieser Regelung ergeben können, müssen deshalb hingenommen werden (BVerfGE 105, 73 [127]).“33 31 BT-Drs. 15/2150 32 BT-Drs. 15/2150, S. 40 f. 33 Ebenda, S. 41 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 13 4.3. Einschätzungen in der Literatur zur Doppelbesteuerung in der Übergangsphase Siepe34 überzeugen die Ausführungen in der Gesetzesbegründung nicht. „Auf eine sachgerechte Rentenaufteilung durfte wegen des Doppelbesteuerungsverbots jedenfalls nicht steuervereinfachend verzichtet werden, ohne die Auswirkungen der systemgerechten Ertragsanteils- und Vollversteuerung hinreichend bei der Festlegung der pauschalen Besteuerungsanteile zu berücksichtigen . Es hätte zudem durchaus die Möglichkeit bestanden, zum Rentenbeginn ein (prozentuales) Aufteilungsverhältnis für die Ertragsanteils- und Vollversteuerung […] vorzusehen, das bei regelmäßigen Rentenanpassungen unverändert geblieben wäre. Eine derartige Berechnung hätte weder zu einer erheblichen Komplizierung des Besteuerungsverfahrens noch zu einem großen Verwaltungsaufwand geführt.“35 Chirvi/Maiterth36 weisen darauf hin, dass eine Besteuerung in der Übergangsphase dann sachgerecht ist, wenn die mit den steuerfreien Beiträgen korrespondierenden Rentenanteile voll und die aus versteuerten Beiträgen stammenden Rentenanteile mit dem Ertragsanteil besteuert werden. Sie bemängeln, dass im Alterseinkünftegesetz keine „(teilweise) Ertragsanteilsbesteuerung und damit eine Kombination aus vor- und nachgelagerter Besteuerung wie bei den Rentenbeiträgen“ vorgesehen ist, weil das in der Gesetzesbegründung genannte Argument der Steuervereinfachung „nicht trägt“. Kulosa37 sieht eine evidente Zweifachbesteuerung bei Renteneintritt um das Jahr 2040. „Es bedarf keiner komplizierten mathematischen Übungen, um bei Angehörigen der heute mittleren Generation , die um das Jahr 2040 in den Rentenbezug eintreten werden, eine Zweifachbesteuerung nachzuweisen, denn diese Personen werden ihre Rentenbezüge in vollem Umfang versteuern müssen, können ihre Beiträge aber nur 15 Jahre lang - von 2025 bis 2039, und auch dann nur bis zum Höchstbetrag des Abs. 3 - ohne prozentuale Beschränkung abziehen. Die Verfassungswidrigkeit einer solchen doppelten Besteuerung, die vom Einzelnen angesichts der gesetzlichen Pflicht zur Leistung laufender Rentenversicherungsbeiträge nicht vermieden werden kann, erscheint evident .“38 Für Kulosa wird die verfassungswidrige Doppelbesteuerung auch nicht durch den in der BVerfG- Entscheidung eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers für die Neugestaltung des Systems der Altersbesteuerung legitimiert. „Die Sachverständigenkommission39 bezieht den 34 Siepe, Günter: siehe Fn. 25, S. 2569 35 Siepe: ebenda 36 Chirvi/Maiterth: siehe Fn. 30 37 Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 10 EStG, Rz. 340 38 Kulosa: ebenda 39 BMF-Schriftenreihe Band 74, Seite 58 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 14 vom BVerfG zugestandenen weiten Gestaltungsspielraum und die - an anderer Stelle der Entscheidung enthaltene40 - Aufforderung zu Typisierungen auch auf den Übergangszeitraum. Das BVerfG hat jedoch ausgesprochen, dass die Vermeidung einer Doppelbesteuerung „in jedem Fall“ sichergestellt werden müsse, und nur „im Übrigen“ – das heißt bei der Ausgestaltung der unabhängig von den Übergangsregelungen geltenden Abzugs- und Besteuerungstatbestände - ein weiter Entscheidungsspielraum eröffnet sei. Daraus folgt, dass an die Eignung der gesetzlichen Übergangskonzeption zur Vermeidung von Zweifachbesteuerungen ein strenger Maßstab anzulegen ist.“41 Zusätzlich stellt für Kulosa die Doppelbesteuerung einen Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit dar. „Darüber hinaus stellt eine doppelte Besteuerung auch einen Verstoß gegen das Gebot folgerichtiger Ausgestaltung steuerlicher Tatbestände dar. Danach muss der Gesetzgeber die Maßstäbe , die er selbst im Steuerrecht setzt, auch angemessen umsetzen. Der Umfang der späteren Besteuerung (der vom Jahr des Rentenbeginns – das heißt in der Regel vom Geburtsjahrgang - abhängig ist) ist mit dem Umfang des Abzugs der Beiträge (der unabhängig vom jeweiligen Geburtsjahrgang in jedem Veranlagungszeitraum um zwei Prozentpunkte steigt) noch nicht einmal ansatzweise abgestimmt. Damit ist die Übergangsregelung weder zur Vermeidung von Zweifachbesteuerungen noch zur Vermeidung von - ebenfalls gleichheitswidrigen - Keinmalbesteuerungen geeignet. So wird ein Steuerpflichtiger, der im Jahr 2006 in den Rentenbezug eingetreten ist und 52% der Rentenzahlungen zu versteuern hat, bereits durch den für das Jahr 2005 vorgesehenen Sonderausgabenabzug von 60% der Beiträge übermäßig begünstigt; es kommt zu Besteuerungslücken . Derselbe Abzugssatz von 60% stellt sich jedoch für einen jungen Steuerpflichtigen, der erst im Jahr 2040 in den Rentenbezug eintreten und dann 100% der Rentenzahlungen zu versteuern haben wird, als viel zu gering dar.“42 4.4. Begutachtung der verfassungsrechtlichen Zweifelsfragen in der Dissertation von Hopf Hopf43 untersuchte ebenfalls das verfassungsrechtliche Kriterium der Doppelbesteuerung für die Übergangsphase von der vorgelagerten zur nachgelagerten Rentenbesteuerung. Sie identifizierte dabei zwei Betroffenengruppen einer möglichen Doppelbesteuerung: die Bestandsrentner von 2005 als vormals selbstständig Pflichtversicherte oder freiwillig Versicherte und als zweiten Personenkreis die künftigen Rentenkohorten. 4.4.1. Doppelte Besteuerungen bei Bestandrentnern? Hopf geht davon aus, dass „im Unterschied zu den vormals abhängig Beschäftigten […] damit doppelte Besteuerungen für die Versichertengruppe der selbstständig Pflichtversicherten oder freiwillig Versicherten, deren Renten 2005 oder früher zu laufen begannen, nicht vollständig aus- 40 BVerfG v. 6.3.2002 - 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 [127] 41 Kulosa: ebenda 42 Kulosa: ebenda 43 Hopf, Nadine: „Das Verbot der doppelten Besteuerung bei Alterseinkünften“ [Diss., 2009] Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 15 zuschließen (sind). Als maßgebliche Determinanten haben sich nach den vorstehenden Ausführungen die Dauer des vom abhängig Versicherten abweichenden Versichertenstatus, die Höhe der erbrachten Beitragsleistungen sowie der Zeitpunkt der Beitragszahlung erwiesen. Die Regelungen des Alterseinkünftegesetzes können insoweit im Ausmaß erhebliche doppelte Besteuerungen zur Folge haben, wenn die Rente von Rentenbeziehern, die langjährig allein Höchstbeiträge in die Gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben, mit einem pauschalen Besteuerungsanteil von 50 v.H. belastet wird.“44 Hopf untersucht im Anschluss an die Feststellung der Doppelbesteuerung für bestimmte Bestandsrentner die Möglichkeit einer diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Im Mittelpunkt steht dabei das Typisierungserfordernis, auf das sich auch der Gesetzgeber in der Begründung der Neuregelungen berufen hatte.45 Dabei steht das Typisierungserfordernis bei mehr als 4 Millionen betroffenen Versicherungsverläufen nicht in Frage. „Allerdings bestehen Zweifel, ob die Fiktion eines durchgängig abhängig Beschäftigten, auf der der Besteuerungsanteil von 50 v.H. fußt, tatsächlich den Regeltypus erfasst, sodass Abweichungen zuungunsten der Versicherten aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung hinzunehmen sind. Vergegenwärtigt man sich die […] Typisierungsgrenzen, so fällt auf, dass das Bundesverfassungsgericht benachteiligende Abweichungen vom Regelfall nur dann toleriert, wenn sie auf eine kleine Anzahl von Personen beschränkt bleiben. Zudem darf das Abstellen auf einen Regeltypus nur zu geringen Mehrbelastungen Einzelner führen.“46 Letztlich wurde diese Frage jedoch durch die Entscheidung des BVerfG vom 29.9.201547 zur Verfassungsmäßigkeit der steuerlichen Gleichbehandlung unterschiedlich hoher Besteuerungsanteile von Rentenbeiträgen durch das Alterseinkünftegesetz von 2005 abschließend geklärt.48 4.4.2. Doppelte Besteuerungen bei künftigen Rentenkohorten Hopf geht davon aus, dass die Rentenzugangslösung für die „Übergangsjahrgänge“ bis zur Vollbesteuerung der Rentenbezüge sich unter Beachtung der rentenrechtlichen Determinanten für die Besteuerung der Alterseinkünfte als untaugliches Mittel erweise, einer doppelten Besteuerung in der Umstellungsphase wirkungsvoll entgegenzutreten. „Maßgeblich für den steuerfrei zu belassenden Rententeil ist die Höhe der versteuerten Beiträge in der Erwerbsphase. Mit dem Rentenzugangsmodell ignoriert der Gesetzgeber die beitragsrechtlichen Vorgaben für eine verfassungskonforme Besteuerung, indem er Besteuerungsunterschiede, die auf die Vielgestaltigkeit der Erwerbsbiographien zurückzuführen sind, durch die alleinige Re- 44 Hopf: S. 196 45 Siehe oben unter 46 Hopf: S. 198 47 BVerfG v. 29.9.2015 – 2 BvR 2683/11, BStBl. II 2016, 310 48 Siehe oben unter 3.3.1. der Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 16 levanz des Rentenerstbezuges nivelliert. Er verkennt den Umstand, dass die versicherungsrechtlichen Bestimmungen für den Bezug einer Regelaltersrente nach § 35 SGB VI keine durchgängige Erwerbstätigkeit voraussetzen. Das Gesetz verlangt vielmehr lediglich die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit gemäß §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 SGB VI mit 60 Beitragsmonaten. Diese Beitragsleistungen können zu irgendeinem Zeitpunkt der versicherungsrechtlichen Erwerbsphase erbracht worden sein. Bezieht ein Versicherter erstmals im Jahr 2040 eine gesetzliche Rente, können Beiträge voll, teilweise oder überhaupt nicht der Einkommensteuer unterlegen haben, abhängig vom Zeitpunkt der Entrichtung: vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes, in der Übergangsphase bis 2024 oder im Endzustand der vollständigen Abzugsfähigkeit ab 2025.“49 Das BVerfG50 hat diese pauschalierende Besteuerungssystematik jedoch im Hinblick auf die weite Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Hopf vergleicht ferner die unterschiedlichen Besteuerungswirkungen innerhalb der Gruppe der Rentenbezieher miteinander. Hier bestehe auch die Gefahr einer ungleichen Besteuerung. „Zum einen werden Versicherte bevorzugt, die Renten der Gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund günstiger rentenrechtlicher Rahmenbedingungen vorzeitig beanspruchen können. Zum anderen geraten solche Versichertengruppen ins Hintertreffen, die von der verbesserten Abzugsmöglichkeit wiederum aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen nicht oder nur bedingt Gebrauch machen können. Der Steuergesetzgeber hat hier die rechtsgebietsübergreifende Verquickung mit dem Sozialrecht verkannt. Besonders deutlich wird dies bei der vorzeitigen Inanspruchnahme von Altersrenten. Der Sozialgesetzgeber versucht seit Jahren, aufgrund der demographischen Entwicklung dem Trend der Frühverrentung durch Rentenabschläge bei Eintritt in die Rentenbezugsphase vor Vollendung des 65. Lebensjahres entgegenzuwirken. Dieses Konzept wird mit der steuerrechtlichen Rentenzugangslösung insoweit unterlaufen, als über die Kopplung des Besteuerungsanteils an das (Folge)jahr des Rentenbeginns ein früherer Renteneintritt steuerlich privilegiert wird. Dabei ist perspektivisch mit einer zunehmenden Verschärfung de Unstimmigkeiten zwischen den beiden Rechtsordnungen bei Aufrechterhaltung der Übergangsregelung durch die geplante schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf das 67. Lebensjahr zu rechnen.“51 Den „verfassungsrechtlichen Notanker“ von ergänzenden Härtefallklauseln betrachtet Hopf ebenfalls skeptisch. „Dieses Vorhaben scheitert jedoch bereits an der Definierbarkeit der von den Härteregelungen zu begünstigenden Versichertenkreise. Es müssten unzählige Ausnahmeregelungen mit unterschiedlichen Geltungsbereichen und –zeiträumen geschaffen werden, um alle versicherungsbedingten Kombinationsmöglichkeiten, die erhebliche Mehrfachbelastungen hervorrufen können, zu erfassen. Denkbare Härteklauseln, die ihrer verfassungsrechtlichen Konzeption nach darauf beschränkt sind, gravierende Härten in Einzelfällen auszugleichen, müssten hier nicht nur atypische Fallkonstellationen erfassen, sondern würden als verfassungsrechtlicher Notanker für 49 Hopf: S. 204 50 BVerfG v. 29.9.2015 – 2 BvR 2683/11, BStBl. II 2016, 310 51 Hopf: S. 207 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 17 regelhaft auftretende doppelte Besteuerungen in Erscheinung treten. Die vom Alterseinkünftegesetz vorgesehene kohortenbezogene Anhebung des Besteuerungsanteils würde dann angesichts des breiten Ausnahmespektrums leer laufen.“52 5. Parlamentarische Anfragen zur Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung Die Suche mit dem Schlagwort „Rentenbesteuerung“ unter „Drucksachen und Plenarprotokolle“ der 18 und 19. Wahlperiode ergab folgende Antworten, in denen sich die Bundesregierung zu einer möglichen Doppelbesteuerung äußert: „Das System der mit dem Alterseinkünftegesetz eingeführten Übergangregelung zur nachgelagerten Besteuerung der Rente ist so konzipiert, dass es zu keiner doppelten Besteuerung von Altersvorsorgebeiträgen und Alterseinkünften kommt. Denn auch ein Besteuerungsanteil von 100 Prozent legt nur fest, in welcher Höhe die Altersrente zu steuerbaren Einkünften zählt, dies führt aber nicht dazu, dass die Rente auch zu 100 Prozent steuerbelastet ist. Die Bundesregierung sieht in der besseren steuerlichen Abzugsmöglichkeit der Vorsorgeaufwendungen für die jüngere Generation eher einen Vorteil, da die damit erzielte steuerliche Entlastung in der Regel höher sein dürfte, als die spätere steuerliche Belastung in der Rentenphase.“53 „Nach Auffassung der Bundesregierung sieht im Grundsatz auch der Richter am BFH Egmont Kulosa die derzeit bestehende gesetzliche Regelung zur Rentenbesteuerung als zulässig und verfassungskonform an. So führt er im einschlägigen Text aus: „Nach jetzigen Erkenntnissen aufgrund der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich die Situation, dass sowohl der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung als solcher als auch die grundsätzliche Ausgestaltung der […] Übergangsregelungen verfassungsrechtlich zulässig ist.“ Die darüber hinaus von Herrn Kulosa vertretene Auffassung , dass es „evident“ zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Zweifachbesteuerung von Altersbezügen kommen wird, teilt die Bundesregierung nicht. Herr Kulosa spricht hier auch nicht für den Bundesfinanzhof, sondern vertritt seine eigene Position.“54 „Gemäß Definition des Bundesfinanzhofes (BFH) wäre eine zu vermeidende doppelte Besteuerung dann gegeben, wenn der aus versteuertem Einkommen geleistete Teil der Altersvorsorgeaufwendungen höher ist als die voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge . Bei der Beantwortung der Frage, ob und wann es zu einer Doppelbesteuerung von Sozialversicherungsrenten kommen kann, spielen damit rechtliche Bewertungen bestimmter steuerlicher Sachverhalte eine wesentliche Rolle. Festzulegen ist, von welchen Faktoren die tatsächliche Steuerbelastung der Altersbezüge und der Altersvorsorgeaufwendungen abhängt. 52 Hopf: S. 207 f. 53 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP, Bundestags-Drucksache 19/12079 vom 16. August 2019. 54 Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 9. Dezember 2019 eingegangenen Antworten der Bundesregierung , Bundestags-Drucksache 19/15931, Frage 11, Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Sarah Ryglewski vom 10. Dezember 2019. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 18 Diese Faktoren hat der BFH in seiner Entscheidung vom 21. Juni 2016 (X R 44/14) in Fragen gefasst, von deren Beantwortung u. a. abhängt, wie die steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge zu ermitteln sind. Abhängig von der Beantwortung dieser Fragen fließt auch der steuerpflichtige Teil der Rente in hinreichendem Maße steuerunbelastet zu. Eine ‚Doppelbesteuerung ‘ von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen ist damit ausgeschlossen.“55 6. Aussagen des BVerfG zur doppelten Besteuerung in der Übergangsphase des Alterseinkünftegesetzes Das BVerfG hatte mit Beschluss vom 14. Juni 201656 über die Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtberücksichtigung von Arbeitnehmerbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung als vorweggenommene Werbungskosten für zukünftige sonstige Einkünfte aus § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG zu entscheiden. Die Kammer wies die Verfassungsbeschwerde als unbegründet zurück, und äußerte sich hierbei auch zum Verbot der Doppelbesteuerung im Rahmen der nachgelagerten Rentenbesteuerung. „Nach Maßgabe des Verbots der Doppelbesteuerung kann die höhenmäßige Beschränkung des Sonderausgabenabzugs für Altersvorsorgeaufwendungen in der Vorsorgephase verfassungsrechtlich nicht gerügt werden, auch wenn der Gesetzgeber in der endgültigen Ausgestaltung des Alterseinkünftegesetzes zugleich den Besteuerungsanteil für Renten im Sinne von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG auf 100 % festgesetzt hat. Ein Besteuerungsanteil von 100 % legt nur fest, in welcher Höhe die Altersrente zu steuerbaren Einkünften zählt, und ist nicht gleichbedeutend damit, dass im Ergebnis die Rente zu 100 % zu versteuern ist. Die Steuerlast in der Versorgungsphase hängt vielmehr davon ab, welche steuerlichen Abzugsmöglichkeiten dann bestehen und in welchem Umfang sie für die Frage der Doppelbesteuerung Berücksichtigung finden. Die Sachverständigenkommission ist davon ausgegangen, dass eine Rentenzahlung nicht in die steuerliche Bemessungsgrundlage eingerechnet werden darf, soweit sie aus vorgelagert besteuerten Beträgen stammt; sie hat deshalb zur Ermittlung der steuerfreien Rente den (aktuellen) Werbungskosten- und Sonderausgaben-Pauschbetrag sowie den Sonderausgabenabzug für Kranken- und Pflegebeiträge der Renten im jeweiligen Steuerjahr berücksichtigt. Demgegenüber ist im Gesetzgebungsverfahren zusätzlich der Grundfreibetrag in die Berechnungen eingegangen. Im Schrifttum ist die Frage umstritten.“57 Welche Faktoren im Einzelnen bei der Prüfung einer Doppelbesteuerung von Verfassungs wegen Berücksichtigung finden dürfen und müssen, bedarf jedoch derzeit keiner Entscheidung. Denn die Frage der Doppelbesteuerung kann erst in den Veranlagungszeiträumen der Rentenbesteue- 55 Schriftliche Fragen mit den in der Zeit vom 23. Dezember 2019 bis 3. Januar 2020 eingegangenen Antworten der Bundesregierung, Bundestags-Drucksache 19/16264, Frage 4, Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Sarah Ryglewski vom 23. Dezember 2019. 56 BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2016, Az: 2 BvR 290/10 57 BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2016, Az: 2 BvR 290/10, Rn. 57 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 19 rung zum Gegenstand der verfassungsrechtlichen Beurteilung gemacht werden. Die dafür maßgebenden steuerrechtlichen Zusammenhänge ergeben sich erst aus einer Gesamtbetrachtung der steuerlichen Vorschriften der Aufbau- und der Rückflussphase.“58 […] „Das gilt gleichermaßen für die Beurteilung des Zusammenwirkens der durch das Alterseinkünftegesetz neu eingeführten Regelungen der Aufbauphase mit denen der Versorgungsphase. Für eine Verweisung der gerichtlichen Überprüfung des Doppelbesteuerungsverbots in die Veranlagungszeiträume des Rentenbezugs spricht in systematischer Hinsicht vor allem, dass eine etwaige Grundrechtsbeeinträchtigung in Gestalt der Doppelbesteuerung letztlich erst dann bewirkt wird, wenn beim Rentenbezug ein zu hoher Besteuerungsanteil angesetzt und damit aufgrund des Zusammenspiels von nur eingeschränkter Entlastung in der Aufbauphase und der Belastung in der Rückflussphase ein nochmaliger steuerlicher Zugriff auf das Steuersubstrat erfolgt. Die von der Beschwerdeführerin genannten Nachteile, die durch eine Verweisung der Prüfung auf die Rentenbezugsphase entstehen können, wie der Verlust einer möglicherweise höheren Progressionswirkung und des Zinseffekts bei einer Steuerersparnis schon in der Aufbauphase sowie die Ungewissheit darüber, ob der Steuerpflichtige das Renteneintrittsalter erreicht, betreffen nicht die Frage einer Doppelbesteuerung. Die Überprüfung des Verbots der Doppelbesteuerung schon in der Aufbauphase wäre zudem mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Es müssten die derzeit gültigen gesetzlichen Regelungen für die Besteuerung der Rückflussphase zum Gegenstand verfassungsrechtlicher Prüfung gemacht werden, obwohl sie bezogen auf den jeweiligen Steuerpflichtigen gegebenenfalls erst dreißig oder sogar vierzig Jahre später zur Anwendung kommen würden und möglicherweise in ihrer jetzigen Ausgestaltung dann gar nicht mehr gelten. Auch in tatsächlicher Hinsicht müsste mit zahlreichen Annahmen gearbeitet werden, von denen sich erst in der Rentenbezugsphase herausstellt, ob sie zutreffen. Eine Überprüfung des Doppelbesteuerungsverbots erst in den Veranlagungszeiträumen der Rentenbezugsphase vermeidet diese Unsicherheiten. […]“59 Auch die Übergangsregelung des § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG stehen für das BVerfG mit verfassungsrechtlichen Anforderungen in Einklang. „Sie sieht - beginnend ab dem Jahr 2005 - eine begrenzte und in den Folgejahren allmählich steigende prozentuale Berücksichtigung von Altersvorsorgeaufwendungen bis zu deren vollen Abzugsfähigkeit innerhalb der Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 Satz 1 EStG ab dem Jahr 2025 vor, wobei die danach anzusetzenden Beträge um den nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeberanteil zu kürzen sind. Das führt dazu, dass ein Arbeitnehmer, wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorträgt, im Jahr 2005 nur 20 % seiner Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung als Sonderausgaben steuermindernd geltend machen kann, auch wenn seine Rentenbezüge voraussichtlich zu 100 % der Besteuerung unterliegen, weil er erst nach dem Jahr 2039 das derzeit geltende Renteneintrittsalter erreicht. Die Übergangsregelung in § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG folgt damit anderen Regeln, als sie § 22 58 BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2016 – 2 BvR 290/10 –, BStBl II 2016, 801, Rn. 57 59 BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2016 – 2 BvR 290/10 –, BStBl II 2016, 801, Rn. 60 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 20 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG für die stufenweise Steigerung der nachgelagerten Besteuerung von Rentenbezügen vorsieht. Während letztere sich nach dem Kohortenprinzip richtet, dafür also jeweils das Jahr des Renteneintritts maßgeblich ist, stellt § 10 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 EStG darauf ab, in welchem Jahr die Aufwendungen geleistet werden. Deren steuerliche Freistellung ist also unabhängig davon, in welchem Umfang der Steuerpflichtige seine spätere Rente versteuern muss.“60 Ungleichbehandlungen, die durch eine damit einhergehende unvollständige Abstimmung des Umfangs der abziehbaren Altersvorsorgeaufwendungen mit dem voraussichtlichen Besteuerungsanteil der künftigen Rentenzuflüsse entstünden, seien für die Übergangszeit - bis zur Grenze einer verbotenen Doppelbesteuerung - verfassungsrechtlich hinnehmbar. „Wegen des Verbots der Doppelbesteuerung war es dem Gesetzgeber verwehrt, sämtliche Alterseinkünfte unmittelbar ab Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes zu 100% der nachgelagerten Besteuerung zu unterwerfen, weil diese nach Maßgabe des bis dahin geltenden Rechts in erheblichem Umfang aus bereits vorgelagert besteuerten Beiträgen stammen. Korrespondierend dazu hat der Gesetzgeber die von ihm gewählte Stufenlösung für die steuerliche Entlastung der Vorsorgeaufwendungen damit gerechtfertigt, dass eine sofortige vollständige Abziehbarkeit der Beiträge zu einer Minderung der Steuereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe geführt hätte, so dass die Finanzierbarkeit der öffentlichen Haushalte gefährdet gewesen wäre. Der Gesetzgeber verfolgte dabei nicht das Ziel der Einnahmenvermehrung, das für sich betrachtet ungleiche Belastungen durch konkretisierende Ausgestaltung der steuerrechtlichen Grundentscheidungen nicht zu rechtfertigen vermag.61 Zielrichtung der Übergangsregelung war vielmehr eine schrittweise Überführung der früheren verfassungswidrigen Besteuerung von Alterseinkünften in eine verfassungskonforme Ausgestaltung der Regelungen zur steuerlichen Berücksichtigung von Altersvorsorgeaufwendungen einerseits und zur Besteuerung von Alterseinkünften andererseits.“62 „Es handelte sich um eine vollständige Neugestaltung dieses steuerlichen Regelungskomplexes, für die das Bundesverfassungsgericht betont hat, der Gesetzgeber dürfe dabei auch die "Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen" berücksichtigen . Das Bundesverfassungsgericht hat den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Schaffung einer Übergangsregelung bis zum Erreichen des endgültigen Rechtszustandes lediglich insoweit begrenzt, als es "in jedem Fall" die Vermeidung einer Doppelbesteuerung gefordert hat. Es hat betont, dass "im Übrigen", das heißt jenseits dieser strikten Vorgabe, ein "weiter gesetzgeberischer Entscheidungsraum" eröffnet sei63. Aus der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers für den Wechsel zu einer nachgelagerten Besteuerung lässt sich für die Übergangsphase nicht ableiten, schon in diesem Zeitraum sei aus Gründen der Folgerichtigkeit eine vollständige steuerliche Freistellung der Aufwendungen geboten. Denn die Übergangsphase dient gerade dazu, den Systemwechsel erst nach und nach zu vollziehen. Dabei ist unvermeidlich, dass während des Übergangszeitraums auch Nachteile 60 BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2016 – 2 BvR 290/10 –, BStBl II 2016, 801, Rn. 64 61 vgl. BVerfGE 105, 17 (45); 116, 164 (182); 122, 210 (233) 62 BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2016 – 2 BvR 290/10 –, BStBl II 2016, 801, Rn. 64 63 BVerfGE 105, 73 (135) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 21 fortdauern, die mit der früheren (teilweise) vorgelagerten Besteuerung der Alterseinkünfte verbunden waren, wie der Verlust einer möglicherweise höheren Progressionswirkung und des Zinseffekts gegenüber einer vollständigen Steuerentlastung schon in der Aufbauphase sowie die Ungewissheit darüber, ob der Steuerpflichtige das Rentenalter erreicht.“64 Die unvollständige Abstimmung des Umfangs der abziehbaren Altersvorsorgeaufwendungen mit dem voraussichtlichen Besteuerungsanteil der künftigen Rentenzuflüsse sei für den Übergangszeitraum durch die der Regelung zugrundeliegenden Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse verfassungsrechtlich gerechtfertigt. „Eine aufwendige Berechnung des abziehbaren Prozentsatzes der Altersvorsorgebeiträge nach den Verhältnissen des jeweiligen Steuerpflichtigen hätte bewirkt, dass ebenso wie im Rahmen der Besteuerung der zufließenden Rente nach dem Kohortenprinzip für jeden Altersjahrgang die Höhe des abziehbaren Betrags mit unterschiedlichen Prozentsätzen anzusetzen gewesen wäre, was - wie der Bundesfinanzhof zu Recht hervorgehoben hat - die verwaltungsmäßige Handhabung im Massenverfahren der Rentenbesteuerung deutlich erschwert hätte. Zudem hätte der Gesetzgeber zur Vermeidung von Systembrüchen den Umfang des Abzugs der Altersvorsorgeaufwendungen auf den Teil beschränken müssen, der im Jahr des Rentenbezugs der Besteuerung unterliegt . Nach dem Rechtsgedanken des § 3c Abs. 1 EStG dürfen Aufwendungen, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Dies hätte erhebliche Praktikabilitätsprobleme mit sich gebracht, denn da im Jahr der Beitragsleistung regelmäßig noch nicht sicher feststeht, wie hoch die Besteuerungsquote im Jahr der Rentenleistung sein wird, hätten in den Fällen, in denen sich die Prognose über den Zeitpunkt des erwarteten Renteneintritts als nicht zutreffend herausstellt - zum Beispiel weil der Berechtigte die Rente früher als erwartet in Anspruch nimmt -, die entsprechenden Einkommensteuerbescheide früherer Veranlagungszeiträume rückwirkend korrigiert werden müssen, was angesichts der langjährigen Laufzeiten der Rentenbesteuerung kaum praktikabel gewesen wäre. Auch hätte ein korrespondierender Ansatz - wie der Bundesfinanzhof zu Recht ausführt - nur eine scheinbare Genauigkeit bewirkt. Denn es wäre zu berücksichtigen gewesen, dass in die künftigen Renteneinnahmen auch Beitragszahlungen eingeflossen sein können, die in - gegebenenfalls zahlreichen - Jahren vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes geleistet wurden und die daher bei einer konkreten Bemessung der Höhe der abziehbaren geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen ebenfalls hätten ermittelt werden müssen . Von Verfassungs wegen war dies angesichts der besonderen Komplexität des Alterseinkünftegesetzes sowie aus Gründen der Praktikabilität nicht geboten. Der Gesetzgeber hat sich insoweit zu Recht nicht in der Lage gesehen, diese zum Teil weit in die Vergangenheit reichenden Verhältnisse zu ermitteln. Das gilt auch für erst nach 2039 in die Rentenbezugsphase eintretende Steuerpflichtige wie die Beschwerdeführerin, deren Rentenbezüge nach derzeitigem Stand zu 100 % steuerbare Einkünfte darstellen. Hätte der Gesetzgeber eine Sonderregelung gerade für diese Steuerpflichtigen geschaffen , hätte er sich von seinem typisierenden und pauschalierenden Ansatz gelöst, die Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen generell nicht nach dem Kohortenprinzip auszurichten, und damit neue Abgrenzungsprobleme geschaffen. Eine abweichende Regelung hätte dann etwa 64 BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2016 – 2 BvR 290/10 –, BStBl II 2016, 801, Rn. 68 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 4 - 3000 - 163/19 Seite 22 die Frage aufgeworfen, warum gerade diese Gruppe von Steuerpflichtigen, nicht aber andere, deren Rente voraussichtlich im Jahr 2039 beginnen und daher mit 99 % der Besteuerung unterworfen werden wird, abweichend behandelt werden.“65 Abschließend ließ es das BVerfG offen, ob die unvollständige Abstimmung des Umfangs der abziehbaren Altersvorsorgeaufwendungen mit dem voraussichtlichen Besteuerungsanteil der künftigen Rentenzuflüsse zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung führt. 7. Zusammenfassung Durch das BVerfG und den BFH wurden in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Zweifelsfragen zur Umstellung von der vorgelagerten auf die nachgelagerte Rentenbesteuerung geklärt. Im Bereich des Übergangsrechts hat sich das BVerfG gegen eine Entscheidung der verfassungsrechtlichen Fragen der Doppelbesteuerung bereits im Beitragszahlungszeitraum entschieden. Das BVerfG betonte in seinem Beschluss zur Rentenbesteuerung, dass es der Einschätzung der Sachverständigenkommission zur möglichen Doppelbesteuerung für die Arbeitnehmerjahrgänge, die in den Jahren 2039 bis 2043 in die Rentenbezugsphase eintreten, durchaus folgen könnte. Eine Doppelbesteuerung könne jedoch, „soweit sie durch die Übergangsregelung verursacht werden sollte, erst in den Veranlagungszeiträumen der Rentenbesteuerung zum Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung gemacht werden.“66 Mit einer zeitnahen Entscheidung des BVerfG über die verfassungsrechtlichen Zweifel an Einzelaspekten des Übergangsrechts ist daher nicht zu rechnen. Das BVerfG machte zudem deutlich, dass eine pauschale Aussage über die Verfassungsmäßigkeit des Übergangsrechts kaum möglich sei, da sich die maßgebenden steuerrechtlichen Zusammenhänge erst aus einer Gesamtbetrachtung der steuerlichen Vorschriften und tatsächlichen Verhältnisse sowohl in der Aufbau- als auch in der Rückflussphase ergäben. *** 65 BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2016 – 2 BvR 290/10 –, BStBl II 2016, 801, Rn. 71 66 BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2016 – 2 BvR 290/10 –, BStBl II 2016, 801, Rn. 75